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Verkehr: Blitzer in Mainz
Das Geschäft mit den Blitzern
Wie Mainz bald um noch
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eine Million reicher wird
Mr. Enforcement auf der Rheinachse hat in nur wenigen Monaten 14.000 Mal ausgelöst - mit Geldstrafen von 30 bis 70 Euro Nicht nur Impfstoffhersteller, auch Radarkontrollen können sich für Kommunen lohnen: Gleich zehn deutsche Städte haben mit ihren Blitzern 2020 mehr als eine Million Euroletten kassiert. Zu den Spitzenreitern zählen längst nicht nur Metropolen. Spitzenreiter sei Hamburg mit 17,1 Millionen Euro – dort gibt es neben Köln und Berlin auch die meisten Messgeräte, nämlich 64 – gefolgt von Leipzig, Bremen, Stuttgart und Wuppertal.
Ein lohnendes Geschäft Geblitzt werde überwiegend zur Vermeidung von Geschwindigkeitsüberschreitungen an potenziellen Unfallorten, teilt die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht mit. Deutlich weniger Blitzer würden eingesetzt, um Rotlichtverstöße zu verhindern. Für die Kommunen ist es dennoch ein lohnendes Geschäft: Fast alle teilnehmenden Städte gaben an, weitaus mehr durch Blitzer eingenommen zu haben, als ihre Aufstellung und Wartung gekostet habe. In Mainz sind die ersten drei von insgesamt neun festen Blitzeranlagen im Stadtgebiet installiert. Sie stehen in der Kreuzstraße / Höhe Am Stollhenn in Mombach, an der Kreuzung von Mainzer und Koblenzer Straße in Gonsenheim sowie in der Augustusstraße an der Kreuzung zum Kupferberg. Bei den drei Anlagen handelt sich um sogenannte „Red & Speed“-Anlagen, also kombinierte Blitzer, die sowohl Rotlicht- als auch Geschwindigkeitsverstöße registrieren. In diesem Jahr sollen drei weitere kombinierte Ampel- und Tempoblitzer folgen und zwar in der Rheinallee / Ecke Kaiserstraße, am Pariser Tor und an der Ecke Judensand / Fort Gonsenheim (Nähe SWR / Bruchwegstadion) sowie drei feste Geschwindigkeitsblitzer im Bereich Rheinstraße / Höhe Weintorstraße, in der Langenbeckstraße (Nähe Unimedizin) und in der Rheinallee / Höhe Lahnstraße (Nähe Zollhafen). Mit im Einsatz ist neben den mobilen Teams auch ein Blitzer-Trailer (Kostenpunkt 175.000 Euro). Der steht des Öfteren an der Rheinstraße, der Rheinallee sowie an der Kaiserstraße und in der Peter-Altmeier-Allee auf Höhe TheodorHeuss-Brücke. Dabei löste er 2021 knapp 14.000 Mal aus.
Das nimmt Mainz an Bußgeld ein Bekanntlich gilt seit dem 1.7.2020 in der Innenstadt eine weitreichende Tempo-30-Begrenzung, welche zur Umsetzung der Ziele des Luftreinhalteplans und im Bestreben, das drohende Dieselfahrverbot abzuwenden, eingerichtet wurde. Tempoverstöße in Tempo30-Zonen bis zu 20 km/h drüber kosten 30 bis 70 Euro, ab 21km/h mehr gibt es Punkte und ab einer Geschwindigkeit von 56 km/h droht ein Fahrverbot für mindestens einen Monat. Während 2020 also noch fast 42.800 Geschwindigkeitsverstöße registriert wurden, waren es 2021 nur 36.074 Delikte, bedingt vor allem durch Corona. Damit verzeichnete die Stadt 2021 Bußgeldeinnahmen von 789.050 Euro. Im (normalen) Jahr 2020 waren es mehr als eine Million Euro. Einen „Gewinn“ machte die Stadt damit noch nicht. So beliefen sich die Personalkosten 2020 auf nicht ganz 850.000 Euro und die damit einhergehenden Sachkosten (Verwaltungs- und Wartungskosten) auf 197.000 Euro. 2021 waren die Geschwindigkeitskontrollen sogar ein Minus-Geschäft: 789.050 Euro Einnahmen standen 971.176 Euro Personalkosten und 222.192 Euro Sachkosten gegenüber. Wenn jedoch bald alle neun kombinierten Blitzanlagen stehen, werden sich die Einnahmen gravierend erhöhen, vermutlich um das Doppelte: Denn wenn allein ein BlitzerTrailer in wenigen Monaten schon tausende Male auslöst, mit Geldbußen von um die 30 bis 40 Euro, werden die neuen Blitzanlagen der Stadt schätzungsweise eine Mio. Euro „Gewinn“ in die Kassen spülen. Bundesweit geht es längst um Milliarden, denn neben der Polizei blitzen auch Bedienstete der Städte, Gemeinden und Landkreise, deren Tätigkeit in keiner Statistik erfasst wird. Laut dem Internetwarndienst „Radarfalle.de“ blitzen in Deutschland mehr als 3.000 stationäre Tempomessgeräte – so viele wie nie zuvor. Hinzu kommen rund 10.000 mobile Messgeräte, die nicht nur von Polizei und Kommunalbeamten, sondern mancherorts auch von Privatfirmen im öffentlichen Auftrag aufgestellt werden.
Autofahrer werden zu Wutbürgern Aus Autofahrern werden Wutbürger, wie der Blick in einschlägige Foren zeigt. Aus Protest wappnen sie sich mit illegalen Radarwarnern oder füttern ihre Smartphones mit Apps, die die Standorte der Blitzer anzeigen. Ebenso nimmt seit Jahren die Zahl der Gerichtsverfahren zu, mit denen sich Autofahrer zur Wehr setzen – vor allem, weil sich in jüngster Zeit weder die Messtechnik noch die Arbeitsweise der Tempofahnder als unfehlbar erwiesen haben. Oft genügt aber auch schon ein Blick in die Richtlinien der Bundesländer, um zu überprüfen, ob die Behörden korrekt arbeiten. Denn auch für die Blitzer gibt es Regeln. So schreiben die Verordnungen mancher Bundesländer vor, dass nur an Unfallbrennpunkten oder Gefahrenstellen geblitzt werden soll oder dass Fehlertoleranzen bei Messungen mit bestimmten Gerätetypen berücksichtigt werden müssen. Auch Blitzer, die sich zu nah hinter dem Temposchild postieren, handeln vorschriftswidrig. Je nach Bundesland ist eine Entfernung von 100, 150 oder 200 Metern vorgeschrieben, damit Autofahrer genügend Zeit haben, auf das vorgeschriebene Tempo abzubremsen. Gute Fahrt also!
David Gutsche