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Anhalt

Ein groĂ&#x;es kleines Land. Portrait.

Anhalt

A Big Small Country. Portrait.



Anhalt Ein groĂ&#x;es kleines Land. Portrait.

A Big Small Country. Portrait.

Herausgegeben von

Herausgegeben von

Cornelia Ackermann

Cornelia Ackermann

Dieter Orzessek Severin Wucher

Klaus Pollmeier

Dieter Orzessek Severin Wucher

Klaus Pollmeier


Inhaltsverzeichnis

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Vorwort Vor der Tür: viel los.  Prof. Dr. Cornelia Ackermann

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Shrinking Anhalt Demografischer Wandel und Urbanismus  Emma-Leigh J. Lawrence

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„Hauptsache, man glaubt dran“ Stadtentwicklung nach homöopathischen Grundsätzen in Köthen  Pierre Hertzsch

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Viele Räume zum schöner Wohnen  Antonia Mothes, Johanna Ruhla Häuser zu verkaufen auf Internet-Kleinanzeigen

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Aus Brachen werden Gärten  Jeanette Schmidt Urban Gardening in Dessau

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Helden der Halme  Tino Schmidt Modernste Landwirtschaftstechnik setzt Maßstäbe

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Nachhaltige Vielfalt  Jeanette Schmidt Biodiversitätsforschung an der Hochschule Anhalt in Bernburg

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Weißt du noch, wie Oma gekocht hat?  Constanze Woehlert Rezepte aus Anhalt

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Tragkraft für die Windkraft  Tino Schneider Eine Windkraftanlage geht auf Reisen

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Historisches Anhalt in der Gegenwart  Andrea Seiler Burgen und Schlösser in Anhalt

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Begehbare Bildungs­lektüre  Antonia Mothes, Johanna Ruhla Eine Tour zu den Brücken des Dessau-Wörlitzer Gartenreiches

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Auf stillen Wassern  Masihne Rasuli Unterwegs auf den Flüssen Anhalts

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Winzig. Aber Riesigk.  Olga Miroshnikov Kuriose Ortsnamen in Anhalt

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„Vermeinete daselbst meine Lebenszeit zu beschließen“  Antonia Mothes Johann Sebastian Bach in Köthen

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Initiative „Pro Holzweg“  Andrea Seiler, Jeanette Schmidt Ein Theaterprojekt am Anhaltischen Landestheater

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Voll verfranzt in Leopolds Land  Constanze Woehler, Andrea Seiler Mit dem Rad unterwegs

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Deutschlands internationalste Provinz-Hochschule  Olga Miroshnikov Hochschule Anhalt in Zahlen und Fakten

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Tod der Toten Hose  Masihne Rasuli Der Fachbereich Design und seine Initiative VorOrt als Stadtentwicklungs-Motor

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Old Krempel  Bryan Friedenberger Besuch in einem kuriosen Trödelladen

Internationales Anhalt I: Zerbst und Russland 132 Ein Treffen mit Katharina  Olga Miroshnikov Internationales Anhalt II: Oranienbaum und die Niederlande 136 „Wir freuen uns, hier zu sein“  Antonia Mothes, Johanna Ruhla 140 Das Ampelhaus  Bryan Friedenberger Internationales Anhalt III: Weltstararchitekten am Bauhaus 146 Bau-Bewegung  Paul Bowen 152

Sind Sie das Bauhaus?  Paul Bowen Ein Besuch im Baumarkt mit Missverständnissen

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Land der Träume(r)  Christian von Anhalt

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Impressum

Den Auftakt und den Abschluss des Buches – Blicke ins Land Anhalt – gestalteten Masihne Rasuli und Jeanette Schmidt.

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Vor der Tür: viel los.

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eutsch als Wissenschaftssprache, das Nagelklavier und Verkehrsflugzeuge aus Metall, Pulmotin, eine Rübenreibemaschine und das Kalorimeter, Architektur und Design der Moderne, philantropische Pädagogik, der Bahnknotenpunkt, Malzkaffee und die Schusterpfanne, „Am Brunnen vor dem Tore“ und die Bockwurst, die elfjährige Sonnenfleckenperiodizität, der Hochspannungsanzeiger, die erste Druckausgabe heiliger Texte des Hindusimus, das Wohltemperirte Clavier I und die Revoution industrieller Zementherstellung, die Bogendachkonstruktion, eins der bedeutendsten Rechtswerke unserer Geschichte, die Sportart Speedminton, regelbare Windenergieräder, entscheidende Konzepte der homöopathischen Lehre, Teenager-UnternehmerHochstapeleien, die Theorie des Strahltriebwerks und Ossian-Vertonungen, der Käse-Döner und die Trockenbatterie und die Taschenlampe mit Ventilator, dazu jede Menge Worte von Augenblick über Leidenschaft bis Weltall – was wurde und wird in

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Vor der Tür: viel los.

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eutsch als Wissenschaftssprache, das Nagelklavier und Verkehrsflugzeuge aus Metall, Pulmotin, eine Rübenreibemaschine und das Kalorimeter, Architektur und Design der Moderne, philantropische Pädagogik, der Bahnknotenpunkt, Malzkaffee und die Schusterpfanne, „Am Brunnen vor dem Tore“ und die Bockwurst, die elfjährige Sonnenfleckenperiodizität, der Hochspannungsanzeiger, die erste Druckausgabe heiliger Texte des Hindusimus, das Wohltemperirte Clavier I und die Revoution industrieller Zementherstellung, die Bogendachkonstruktion, eins der bedeutendsten Rechtswerke unserer Geschichte, die Sportart Speedminton, regelbare Windenergieräder, entscheidende Konzepte der homöopathischen Lehre, Teenager-UnternehmerHochstapeleien, die Theorie des Strahltriebwerks und Ossian-Vertonungen, der Käse-Döner und die Trockenbatterie und die Taschenlampe mit Ventilator, dazu jede Menge Worte von Augenblick über Leidenschaft bis Weltall – was wurde und wird in

Vorwort | Preface  7


Anhalt oder von Anhaltern nicht schon alles geschaffen, erfunden, gestaltet! Anhalt, einst winziges, aber durchaus mächtiges Patchwork-Fürstentum, gemütlich geborgen zwischen Harz und Fläming, ist eine außerordenlich fruchtbare Kulturlandschaft. Ein Epizentrum, von dem nachhaltige Wirkungen und Einflüsse ausgingen und noch immer ausgehen: auf Deutschland, Europa, die Welt.

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ie mehr als 800 Jahre Geschichte des Ländleins sind gut aufgearbeit. Aber eine kleine, handliche Publikation, die aus junger, frischer Perspektive die Geschichte verknüpft mit einem Blick auf seine Gegenwart und Ausblicken in seine Zukunft, stand bislang noch aus. Im Wintersemester 2014/15 hat sich dies geändert. Der Präsident der Hochschule Anhalt und Vorstandsmitglied im Verein Anhaltische Landschaft e. V., Professor Dr. Dieter Orzessek, regte an, dem Thema ein Gestaltungsprojekt im Fachbereich Design zu widmen. Und so fand sich unter der Leitung von Professor Severin Wucher eine Gruppe von 14 Studierenden zusammen und recherchierte, schrieb, fotografierte, zeichnete und layoutete das Buch, das Sie, liebe Leserin und lieber Leser, jetzt in Händen halten. „Für den Verein »Anhaltische Landschaft e. V.« wird eine Publikation entstehen, die die Region Anhalt und ihre Bewohner vorstellt, ihre Geschichte erzählt, ihre Gegenwart beschreibt und mögliche Zukunft erträumt“, hatte es in der Seminar-Aufgaben­ stellung geheißen; es galt, ein aussagekräftiges Por-

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Anhalt


Anhalt oder von Anhaltern nicht schon alles geschaffen, erfunden, gestaltet! Anhalt, einst winziges, aber durchaus mächtiges Patchwork-Fürstentum, gemütlich geborgen zwischen Harz und Fläming, ist eine außerordenlich fruchtbare Kulturlandschaft. Ein Epizentrum, von dem nachhaltige Wirkungen und Einflüsse ausgingen und noch immer ausgehen: auf Deutschland, Europa, die Welt.

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ie mehr als 800 Jahre Geschichte des Ländleins sind gut aufgearbeit. Aber eine kleine, handliche Publikation, die aus junger, frischer Perspektive die Geschichte verknüpft mit einem Blick auf seine Gegenwart und Ausblicken in seine Zukunft, stand bislang noch aus. Im Wintersemester 2014/15 hat sich dies geändert. Der Präsident der Hochschule Anhalt und Vorstandsmitglied im Verein Anhaltische Landschaft e. V., Professor Dr. Dieter Orzessek, regte an, dem Thema ein Gestaltungsprojekt im Fachbereich Design zu widmen. Und so fand sich unter der Leitung von Professor Severin Wucher eine Gruppe von 14 Studierenden zusammen und recherchierte, schrieb, fotografierte, zeichnete und layoutete das Buch, das Sie, liebe Leserin und lieber Leser, jetzt in Händen halten. „Für den Verein »Anhaltische Landschaft e. V.« wird eine Publikation entstehen, die die Region Anhalt und ihre Bewohner vorstellt, ihre Geschichte erzählt, ihre Gegenwart beschreibt und mögliche Zukunft erträumt“, hatte es in der SeminarAufgaben­stellung geheißen; es galt, ein aussagekräf-

Vorwort | Preface  9


trait in Bild und Text zu entwerfen: „Es wird keine Imagebroschüre sein, kein Bildband und kein Magazin. Stattdessen wird eine spannende und kurzweilige Mischung aus allen drei Formaten entstehen. Umfangreich illustriert und opulent bebildert, mit allen erzählerischen Mitteln, die uns sinnlich und sinnvoll scheinen. Wir spannen den Bogen des Editorial Designs weit aus, gründen eine Redaktion, sammeln Fakten, gehen Fährten nach, finden Käuze, erzählen Storys.“ Und um dergleichen zu entdecken, muss man sich im kleinen Anhalt nicht weit fortbewegen. Folgerichtig lautete der Titel des Seminars: Vor der Tür.

D

as Semester fleißiger gemeinsamer Arbeit überrascht mit Ergebnissen, deren Reichtum und Vielfalt wohl kaum jemand von außerhalb der so kleinen Region ohne weiteres zugetraut hätte. Das Spektrum der geschilderten Sachlagen ist weit gefächert, reicht von entzückend bis bedrückend. Verbunden wird all das durch eine neugierige, frische, mal kritische, selten distanzierte, meist wertschätzende, gelegentlich sogar liebevolle Darstellung, mit der junge Menschen Land und Leute anderen näherbringen wollen. Freuen Sie sich auf das, was sie vor der Tür für Sie entdeckt haben!

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Anhalt


tiges Portrait in Bild und Text zu entwerfen: „Es wird keine Imagebroschüre sein, kein Bildband und kein Magazin. Stattdessen wird eine spannende und kurzweilige Mischung aus allen drei Formaten entstehen. Umfangreich illustriert und opulent bebildert, mit allen erzählerischen Mitteln, die uns sinnlich und sinnvoll scheinen. Wir spannen den Bogen des Editorial Designs weit aus, gründen eine Redaktion, sammeln Fakten, gehen Fährten nach, finden Käuze, erzählen Storys.“ Und um dergleichen zu entdecken, muss man sich im kleinen Anhalt nicht weit fortbewegen. Folgerichtig lautete der Titel des Seminars: Vor der Tür.

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as Semester fleißiger gemeinsamer Arbeit überrascht mit Ergebnissen, deren Reichtum und Vielfalt wohl kaum jemand von außerhalb der so kleinen Region ohne weiteres zugetraut hätte. Das Spektrum der geschilderten Sachlagen ist weit gefächert, reicht von entzückend bis bedrückend. Verbunden wird all das durch eine neugierige, frische, mal kritische, selten distanzierte, meist wertschätzende, gelegentlich sogar liebevolle Darstellung, mit der junge Menschen Land und Leute anderen näherbringen wollen. Freuen Sie sich auf das, was sie vor der Tür für Sie entdeckt haben!

Vorwort | Preface  11





Mir wurde ganz märchenhaft zumut ... Das verwunschene Schloß; kein Laut, keine Spur der Menschen; nur die Mücken zirpen im Grase, und um den Turm kreist langsam eine Schwalbe in der heißen, schweren Luft ... Karl Emil Franzos: Durch Anhalt und Thüringen

Mir wurde ganz märchenhaft zumut ... Das verwunschene Schloß; kein Laut, keine Spur der Menschen; nur die Mücken zirpen im Grase, und um den Turm kreist langsam eine Schwalbe in der heißen, schweren Luft ... Karl Emil Franzos: Durch Anhalt und Thüringen

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Hier ists ietzt unendlich schön. Mich hats gestern Abend wie wir durch die Seen Canäle und Wäldgen schlichen sehr gerührt wie die Götter dem Fürsten erlaubt haben einen Traum um sich herum zu schaffen. Johann Wolfgang von Goethe an Charlotte von Stein während seines Besuchs in Wörlitz, Mai 1778

Hier ists ietzt unendlich schön. Mich hats gestern Abend wie wir durch die Seen Canäle und Wäldgen schlichen sehr gerührt wie die Götter dem Fürsten erlaubt haben einen Traum um sich herum zu schaffen. Johann Wolfgang von Goethe an Charlotte von Stein während seines Besuchs in Wörlitz, Mai 1778

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Dir aber wollte ich rathen, nach Dessau zu fahren ... Du brauchst vier bis fünf Tage zu dieser Tour, wenn du alles sehen und mit einiger Ruhe genießen willst ... Die Kosten musst du nicht scheuen ... ! Johann Wolfgang von Goethe 1803 in einem Brief an Christiane Vulpius

Dir aber wollte ich rathen, nach Dessau zu fahren ... Du brauchst vier bis fünf Tage zu dieser Tour, wenn du alles sehen und mit einiger Ruhe genießen willst ... Die Kosten musst du nicht scheuen ... ! Johann Wolfgang von Goethe 1803 in einem Brief an Christiane Vulpius

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Shrinking Anhalt

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Anhalt


Deurbanisation for Shrinking Cities (Illustration: Tina Berning)

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Wie kann eine Gemeinschaft zusammenarbeiten, um das Schrumpfen einer Region umzukehren?

a community come together to reverse the shrinking of a region?

D

T

as Schrumpfen der Städte, ein unerwünschtes städtischen Wandel und weltweites Phänomen, in den letzten Jahrzehnten werden in Anhalt sehr offensichtlich. Das Schrumpfen Anhalt wird schnell ein irreversibler Wandel. Die Bevölkerung hat sich von 2.580.626 auf 2.244.577 allein in den letzten 10 Jahren zurückgegangen, und zeigt keine Anzeichen einer Verlangsamung. Ganze Stadtviertel scheinen aufgegeben werden die Gebäude bröckelt und die Fenster in vielen Wohnblocks sind gebrochen. Schulen, Unternehmen und Wohngebäude liegen leere in der gesamten Region.

Jene geraten. Verlangt sollte Weg auf nicht, gleich man immer, bearbeitet Meinung schon hat darf Heim weite. Brauerei Str. Dessau-Roßlau. Image courtesy of Steffi Reichert, URBAN ARTefackte.

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Anhalt

Shrinking Anhalt How can

he shrinking of cities, an unwanted urban change and worldwide phenomenon, has become very apparent in Anhalt in recent decades. The shrinking of Anhalt is quickly becoming an irreversible change. The population has decreased from 2,580,626 to 2,244,577 in the past 10 years alone and shows no sign of slowing down. Whole neighbourhoods appear abandoned, the buildings are crumbling and the windows in many of the apartment blocks are broken. Schools, businesses and residential buildings lie empty across the region. Anhalt is a historically rich region with an innovative past. The diverse cities and


Anhalt ist eine historisch reiche Region mit einem innovativen Vergangenheit. Die verschiedenen Städten und Gemeinden haben eine wichtige Rolle bei der Entstehung und Entwicklung von vielen Ideen, die dazu beigetragen haben, Europa zu gestalten, wie wir es heute kennen, gespielt. Allerdings ist SachsenAnhalt leidet derzeit unter einer sehr geringen Bevölkerungsdichte. Es hat nur 113 Einwohner pro Quadratkilometer, während der nationale Durchschnitt ist 229. Die Bevölkerung wird mit einer Rate von 10,4%, der höchste aller deutschen Staat zurückgeht. Dies ist vor allem auf Desinteresse, mangelnde berufliche Perspektiven und unterdurchschnittliche Löhne in der Region, vor allem in ländlichen Gebieten. Viele Beispiele für schrumpfende Städte in Anhalt und Umgebung zu finden. Dessau, Halle, Leipzig und Bitterfeld-Wolfen sind alle Hauptbeispiele von dieser negativen Entwicklung. Wie ist Anhalt Anpassung und welche kreativen Möglichkeiten für Innovationen, die in den Städten eingeführt werden?

Stoppen Sie das Schrumpfen! Auswerten, Abriss, Sanierung, Sanierung; es gibt viele Stufen auf eine urbane Intervention. Wie können wir diese Entscheidungen? Und wer ist die Einleitung dieser Projekte? Die Folgen der schrumpf gehen über rein wirtschaftliche Auswirkungen, können sie die kulturellen und sozialen Struktur einer Stadt zu ersetzen. Schrumpfstädte kann durch viele verschiedene Faktoren verursacht werden; von einer hohen Arbeitslosigkeit und niedrige Löhne, um einen Mangel an Interesse und Investitionen in der Stadt. Einige Städte werden „intelligente Rückgänge“ zu initiieren; ein ermutigt Rückgang auf die Verbesserung der aktuellen Bürgerinnen und Bürger die Lebensqualität konzentriert, aber ohne ihren Bedürfnissen Rechnung. Diese Städte erleben einen Rückgang in den Schulen und Bildungseinrichtungen, Kürzung der öffentlichen Verkehrssysteme, verlassene Gebiete und Gebäude

Deurbanisation für Schrumpfende Städte. Deurbanisation for Shrinking Cities. Illustrations courtesy of Tina Berning.

communities have played a vital role in the generation and development of many ideas that have helped to shape Europe as we know it today. However, Sachsen-Anhalt is currently suffering from a very low population density. It has only 113 inhabitants per square kilometre, while the national average is 229. The population is declining at a rate of 10.4%, the highest of any German state. This is mainly due to disinterest, a lack of career prospects and below average wages in the region, particularly in rural areas. Many examples of shrinking cities can be found in Anhalt and its surrounding area. Dessau, Halle, Leipzig and Bitterfeld-Wolfen are all prime examples of this negative development. How is Anhalt adapting, and what creative opportunities for innovation are being introduced throughout the cities?

Stop the shrinking! Evaluating, demolishing, restructuring, redeveloping; there are many stages to an urban intervention. How do we make these decisions? And who is initiating these projects?

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in der Nachbarschaft, Änderungen im Tempo der Stadt und das Lebensgefühl der Bewohner zurückgelassen. Es gibt viele Fälle von kreativen Innovation und Intervention Anhalt. Vor allem in der historischen Stadt Dessau, die eine breite Palette von Maßnahmen im letzten Jahrzehnt erlebt hat. Dessau ist Bürger mit einer Rate von 3,2% zu verlieren und hat über 20.000 seit der Wiedervereinigung Deutschland im Jahr 1990 verloren, so dass es ein extrem schnell schrumpfenden Stadt. So begeistern, wie eine Reihe von Maßnahmen, einschließlich der Zusammenführung von Dessau und Rosslau, Zerstörungen und sogar Urban Gardening. Die Bewohner haben kleine Kräutergärten oder Blumenbeete gepflanzt, um das Leben zurück in die stille Bereiche der Stadt zu bringen, bringen sie den Geist der Gartenreich Dessau-Wörlitz in die Stadt. Andere Interventionen in der Stadt Dessau gehören die Renovierung und kulturellen Neugestaltung der alten Brauerei, ein Projekt von Thomas Busch eingeleitet. Die ehemaligen Schultheiss-Brauerei liegt versteckt in den Straßen von Dessau Westen. Das Gebäude wurde nach Jahren des Verfalls gewesen Opfer und auf den ersten Blick erscheinen könnte aufgegeben werden. Es ist schwer zu glauben scheinen die Brauerei noch im Geschäft war bis in die frühen 90er Jahre. Seit Jahren wurde

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Anhalt

The consequences of shrinking go beyond purely economical effects, they can change the cultural and social structure of a city. Shrinking cities can be caused by many different factors; from a high unemployment rate and low wages to a lack of interest and investment in the city. Some cities will initiate ‘smart declines’; an encouraged decline focused on improving the current citizens quality of life, but without taking their needs into account. These cities experience a reduction in schools and education facilities, cutbacks in public transport systems, abandoned areas and buildings in neighbourhoods, changes in the pace of the city, and the attitude to life of the residents ‘left behind’. There are many cases of creative innovation and intervention within Anhalt. Especially within the historic city of Dessau, which has witnessed a diverse range of interventions over the past decade. Dessau is losing citizens at a rate of 3.2% and has lost over 20,000 since the reunification of Germany in 1990, making it an extremely rapidly shrinking city. Thus inspiring such a range of interventions, including the merging of Dessau and Roßlau, demolitions and even urban gardening. Residents have planted small herb gardens or flower beds to bring life back to the silent areas of the town, they are distributing the spirit of the Garden Kingdom of Dessau-Wörlitz into the city. Other interventions within the city of Dessau include the renovation and cultural redevelopment of the old brewery, a project initiated by Thomas Busch.


das Gebäude übersehen und von den Anlegern zurückgewiesen, bis die Begeisterung der Thomas Busch, ehemaliger Mitarbeiter der Stiftung Bauhaus Dessau, erwarb das Gebäude und schlug eine dramatische Veränderung. Der Plan für die Brauerei war es, ein Zentrum zu schaffen konzentrierte sich auf die Einführung neuer Künstler, kleine Unternehmen, soziale Projekte, Cafés und Restaurants und Freizeiteinrichtungen. Es sollte eine multifunktionale kulturellen Zentrum in der Stadt geworden. Zunächst wurde

Künstler, Archi­ tekten und Designer immer Umstände Wachstum reagiert. Jetzt haben wir eine Stagnation. Wir haben eine andere Weise zu denken. Prof. Dr. Omar Akbar, von 1998 bis 2008 Direktor der Stiftung Bauhaus Dessau

Artists, architects and designers always reacted to circumstances of growth. Now we have stagnation. We have to think another way. Professor Omar Akbar, Bauhaus Dessau Foundation director from 1998 to 2008.

The former Schultheiß Brewery lies tucked away in the streets of Dessau West. The building has been victim to years of decay and at first glance, could appear to be abandoned. It can seem hard to believe the brewery was still in business until the early 90s. For years the building was overlooked and rejected by investors, until the enthusiasm of Thomas Busch, former employee of the Bauhaus Dessau Foundation, acquired the building and proposed a dramatic change. The plan for the brewery was to create a centre focused on introducing new artists, small businesses, social projects, cafes and restaurants, and recreational facilities. It was to become a multifunctional cultural hub within the city. Initially, the project was heavily supported by both the city council and potential investors, such as Dessau’s Hochschule Anhalt. However, another location for renovation quickly replaced the brewery to become the favourite for investment. Retaining their pioneering spirit, Thomas Busch and his team continued with their renovation and made good progress, achieving many of their initial goals. The building has now been attractively restored and contains a restaurant and several workshops. The sugar tower was also converted into the highest indoor climbing tower in east Germany. The project has created a broad range of job opportunities for the town, many architects, engineers and artists all work here. As far as interventions go, it could be considered a great success. Examples of successful interventions within Dessau can also be seen in article ‘Aus Brachen werden Gärten’, exploring processes such as Urban Gardening. While this article does not offer a clear solution to the shrinking of cities, it demonstrates the potential for new developments and redevelopments within our local communities. The future of Anhalt is looking bleak, and to

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Jene geraten. Verlangt sollte Weg auf nicht, gleich man immer, bearbeitet Meinung schon hat darf Heim weit. From darkness to light, former Schultheiß Brewery area. Brauerei Str. Dessau-Roßlau. Image courtesy of Steffi Reichert, URBAN ARTefakte.

das Projekt stark von sowohl der Stadtverwaltung und potenziellen Investoren wie Dessau Hochschule Anhalt unterstützt. Doch ein anderer Standort für die Renovierung schnell ersetzt die Brauerei der Favorit für Investitionen geworden. Beibehaltung der Pioniergeist, Thomas Busch und sein Team setzten ihre Renovierung und machte gute Fortschritte und erzielte viele ihrer ursprünglichen Ziele. Das Gebäude wurde nun schön restauriert und enthält ein Restaurant und mehrere Workshops. Der Zucker Turm wurde auch in der höchsten Kletterturm im Osten Deutschland umgesetzt. Das Projekt hat eine breite Palette von Beschäftigungsmöglichkeiten für die Stadt, viele Architekten, Ingenieure und Künstler, alle arbeiten hier erstellt. Soweit Eingriffe gehen, könnte es als großer Erfolg werden. Beispiele für erfolgreiche Interventionen in Dessau auch im Artikel „Aus Brachen Werden Gärten ‚zu sehen ist, zu erkunden Prozesse wie Urban Gardening. Während dieser Artikel bietet keine klare Lösung für das Schrumpfen von Städten, zeigt er das Potenzial für neue Entwicklungen und Sanierungen innerhalb unserer Gemeinden. Die Zukunft ist düster Anhalt suchen und ein Jahrzehnt alt Trend der steigenden Arbeitslosigkeit, Migration und Suburbanisierung umkehren können zu sein scheinen fast unmöglich. Wir sind jedoch von Interventionsmöglichkeiten umgeben. Anhalt wird an den Nähten mit

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Geschichte und Kultur platzen, wobei jede Stadt etwas Einzigartiges in die Region zu bringen. Mit solchen Verbänden wie der Stiftung Bauhaus Dessau und leidenschaftliche Menschen wie Thomas Busch im Mittelpunkt dieser Projekte ist der Fortschritt in Reichweite. Wie werden sie uns einst blühende Region wieder aufgebaut? Und was können wir tun, um ihnen zu helfen? Die Zukunft der Anhalt liegt in unseren Händen.

reverse a decade old trend of rising unemployment, migration and suburbanisation can appear to be near impossible. However, we are surrounded by opportunities for intervention. Anhalt is bursting at the seams with history and culture, with each city bringing something unique to the region. With such associations as the Bauhaus Dessau Foundation, and passionate individuals like Thomas Busch at the core of these projects, progress is within reach. How will they rebuilt our once thriving region? And what can we do to help them? The future of Anhalt is in our hands.

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„Hauptsache, man glaubt dran.“

Ob und wie man mit alter­ nativmedizinischen Methoden dem Schrumpfen von Städten begegnen kann Whether and how alternative medical methods can be used to cope with shrinking cities

I

n Teilen der Region Anhalt grassiert eine Krankheit, der sich nicht Herr werden lässt. Sie hinterlässt Tristesse, leere Straßen und ratlose Politiker. Die Rede ist von der Abwan­ derung. Bei Weitem nicht nur ein anhaltisches Prob­ lem, ist sie hier dennoch sehr weit verbreitet. Das lässt Ideen entstehen, wie denn mit schrump­ fenden Städten umzugehen sei. Die kleine Stadt Köthen sah ihre Chance in den Lehren Samuel Hahnemanns, des Vaters der Homöopathie. Seine wichtigsten Arbeiten entstanden hier. Ließen sie sich vielleicht stadtplanerisch anwenden, um zu ver­meiden, dass Köthen eine unansehnliche Geister­stadt wird?

„Hauptsache, man glaubt dran.“ | “A likely story!”  29


Ganz im Sinne der homöopathischen Erstver­ schlimmerung musste man unter den Bürgern zuerst einmal ein Bewusstsein für die Erkrankung ihrer Stadt schaffen. Im Rahmen der Internationa­ len Bauausstellung 2010 fanden sich daher Archi­ tekten, Stadtplaner, Designer, Politiker sowie auch Homöopathen zusammen, um in der anhaltischen Kleinstadt die notwendigen Impulse zu setzen, die eine Selbstheilung bewirken sollten. Es wurde begonnen, leerstehende Häuser mit Flugblättern zu versehen, um bei den Anwohnern Interesse für eine Umnutzung zu schüren... Nichts geschah. Die Ankündigung der Sprengung ein­ zelner Objekte förderte ebenfalls kaum Reaktionen zu Tage. Bis man sich entschloss, die betref­ fenden Immobilien des Nachts markant zu beleuchten, um den Eindruck zu erwecken, es würde langsam ernst. Innerhalb kurzer Zeit gingen diverse Vorschläge ein, wie mit den leerstehenden Häusern auf dem Testfeld Ludwigstraße zu verfahren sei. Heute finden sich dort, wo vorher graue Ruinen standen, kleine Erholungsinseln mit Sitzgelegenheiten, nutzbar gemachte Parkplätze für ein ortsansässiges Hotel, und in einige Häuser ist nach einer Sanierung auch bereits neues Leben eingekehrt. Und nicht nur in der Ludwigstraße ist einiges passiert, viele leerstehende Häuser machten in Köthen Platz für kleine Grünflächen und auch die Europäische Bidbliothek für Homöopathie ist von Hamburg ins kleine Köthen „zurückgekehrt“. Scheint also geholfen zu haben!

I

n parts of Anhalt region rife a disease that can not be master of himself. She leaves behind sadness, empty streets and clueless po­ liticians. We are talking about the brain drain. Far from being just a Anhaltisches problem, it is still common here very much. This gives rise to ideas on how to deal with unless shrinking cities. The small town of Köthen saw their chance in the teachings of Samuel Hahnemann, the father of ho­ meopathy. His most important works were created here. Did they perhaps urban planning to apply to prevent an unsightly Köthen ghost town is? In the spirit of homeopathic aggravation you had to Citizens First of all an awareness of the disease create their city. As part of the International Building 2010, therefore, architects, urban planners, designers, politicians as well as homeopaths came to­ gether to put in the small town of Anhalt the necessary pulses that should lead to a self-healing. It was started to provide vacant houses with leaflets to stir up interest for a conversion with the locals ... Nothing happened. The announcement of the demolition of individual objects also promoted hardly reac­ tions to light. Until you decided to highlight the relevant properties of the night, striking, to give the impression that it would seriously slow. Within a short time received several suggestions on how to deal with the empty houses on the test field Ludwig road. Today, there are places where pre­ viously gray ruins were small islands with seating recovery, harnessed parking for by a local hotel, and in some homes, after a remediation already new life into versa. And not only in the Ludwig road a lot has happe­ ned, many empty houses made in Köthen accom­ modate small green areas. All very tidy.

Gleiches soll mit Gleichem behandelt werden.

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Anhalt


Give equal treatment.

Samuel Hahnemann * 10. April 1755, † 2. Juli 1843 born 10th April, 1755, died 2nd July, 1843

„Hauptsache, man glaubt dran.“ | “A likely story!”  31



Viele Räume zum schöner Wohnen Wie schön kann man in der Region Anhalt wohnen? Wird einem hier gutes Wohngefühl geboten – oder endet man bei der Suche nach einem Domizil mit Lebensqualität schließlich doch nur in einem Plattenbau mit Nachbarn, die einen des Nachts mit lauter Musik ­wecken?

Much space for a better living

P

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lattenbausiedlungen oder alte, fast vor dem Verfall stehende Häuser: So etwas findet man überall in Anhalt. Doch nur weil man so etwas häufig in dieser Region vorfindet, bedeutet das nicht gleich, dass man sich hier kein schönes Zuhause schaffen kann. Statt vorschnell zu urteilen, sollte man lieber erst einmal hinter die Fassaden blicken. Denn hinter einigen von ihnen verbergen sich wunderschöne Gebäude oder Wohnungen die nur darauf warten, dass die richtigen Leute vorbei kommen und ihren Charme und ihr Potential erkennen. Zugegeben, bei einigen von diesen Gebäuden muss durchaus noch viel getan werden. Einige sind vielleicht auch tatsächlich nicht mehr zu retten.

Wie schön kann man in der Region Anhalt wohnen? Wird einem hier gutes Wohngefühl geboten – oder endet man bei der Suche nach einem Domizil mit Lebensqualität schließlich doch nur in einem Plattenbau mit Nachbarn, die einen des Nachts mit lauter Musik wecken?

lattenbausiedlungen oder alte, fast vor dem Verfall stehende Häuser: So etwas findet man überall in Anhalt. Doch nur weil man so etwas häufig in dieser Region vorfindet, bedeutet das nicht gleich, dass man sich hier kein schönes Zuhause schaffen kann. Statt vorschnell zu urteilen, sollte man lieber erst einmal hinter die Fassaden blicken. Denn hinter einigen von ihnen verbergen sich wunderschöne Gebäude oder Wohnungen die nur darauf warten, dass die richtigen Leute vorbei kommen und ihren Charme und ihr Potential erkennen. Zugegeben, bei einigen von diesen Gebäuden muss durchaus noch viel getan werden. Einige sind vielleicht auch tatsächlich nicht mehr zu retten.

Viele Räume zum schöner Wohnen | Much space for a better living  33


Doch das ist kein Grund, gleich die Flinte ins Korn zu werfen, den bequemeren Weg zu wählen und in einen der vielen fertig renovierten Plattenbauten zu ziehen. An dieser Stelle muss gesagt werden: Diese Überlegungen stellen weder eine grundsätzliche Ablehnung noch Abwertung von Neubauten dar. Die Autorin selbst lebt in einem solchen Gebäude und hat dort eine gemütliche kleine Wohnung. Doch wenn man sich kreativ ausleben möchte, wenn man wünscht, seine Wohnung von Grund auf selbst zu gestalten und sogar zu bestimmen, wo welche Zimmer liegen sollen, ist solch eine Plattenbauwohnung eben nicht das Richtige. Um seinen Traum von etwas Eigenem zu verwirklichen, sind etwas ältere und vielleicht sogar sanierungsbedürftige Gebäude, die es überall in Anhalt zu finden gibt, viel, viel besser geeignet! In solche Objekte muss man zugegebenermaßen viel hineinstecken, und oft reicht das Geld

Plattenbausiedlungen oder alte, fast vor dem Verfall stehende Häuser: So etwas findet man überall in Anhalt. Doch nur weil man so etwas häufig in dieser Region vorfindet, bedeutet das nicht gleich, dass man sich hier kein schönes Zuhause schaffen kann. Statt vorschnell zu urteilen, sollte man lieber erst einmal hinter die Fassaden blicken. Denn hinter einigen von ihnen verbergen sich wunderschöne Gebäude oder Wohnungen die nur darauf warten, dass die richtigen Leute vorbei kommen und ihren Charme und ihr Potential erkennen. Zugegeben, bei einigen von diesen Gebäuden muss durchaus noch viel getan werden. Einige sind vielleicht auch tatsächlich nicht mehr zu retten. Doch das ist kein Grund, gleich die Flinte ins Korn zu werfen, den bequemeren Weg zu wählen und in einen der vielen fertig renovierten Plattenbauten zu ziehen. An dieser Stelle muss gesagt werden: Diese Überlegungen stellen weder eine grundsätzliche

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haben wir den originalen Formulie-

den originalen Formulierungen aus Da-

rungen aus Datenschutzgründen nach-

tenschutzgründen nachempfunden.

empfunden.

nicht aus, um solche Bauwerke komplett wieder herzustellen. Aber es gibt in der Region durchaus einige Gebäude, aus denen man mehr machen kann als simple Wohnungen. Einige von ihnen könnten auch für einen gewerblichen Zweck ausgebaut und genutzt werden – so zum Beispiel das große, leerstehende Gebäude in Coswig. Es eignet sich sowohl für einen Gewerbebetrieb wie für privaten Wohnraum. Insbesondere wenn man beides miteinander kombinieren kann, dürfte es im Bereich des Möglichen liegen, dass Renovierung und Sanierung

Ablehnung noch Abwertung von Neubauten dar. Die Autorin selbst lebt in einem solchen Gebäude und hat dort eine gemütliche kleine Wohnung. Doch wenn man sich kreativ ausleben möchte, wenn man wünscht, seine Wohnung von Grund auf selbst zu gestalten und sogar zu bestimmen, wo welche Zimmer liegen sollen, ist solch eine Plattenbauwohnung eben nicht das Richtige. Um seinen Traum von etwas Eigenem zu verwirklichen, sind etwas ältere und vielleicht sogar sanierungsbedürftige Gebäude, die es überall in Anhalt zu finden gibt, viel, viel besser geeignet!

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solcher Häuser sich nach und nach finanzieren lassen. In anderen Fällen können für den Ausbau auch Fördergelder beantragt werden. So gibt es zum Beispiel mitten im Köthener Stadtzentrum ein sanierbedürftiges Mehrfamilienhaus, bei dem dies möglich ist. Insbesondere für Studenten, die gern etwas Eigenes schaffen möchten, liegt dieses Wohnhaus genau richtig: Von dort aus sind es gerade einmal 100 Meter bis zum Campus in Köthen. Wenn das nicht mal ein schöner, kurzer „Schulweg“ ist! Solche und andere Objekte gibt es überall in dieser Region zu finden. Man muss nur einmal ganz genau hinschauen und vielleicht auch hin und wieder seine Vorstellungskraft einsetzen, um zu erkennen, dass sich hier sehr wohl gute Wohn-

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Häuser sich nach und nach finanzieren lassen. In anderen Fällen können für den Ausbau auch Fördergelder beantragt werden. So gibt es zum Beispiel mitten im Köthener Stadtzentrum ein sanierbedürftiges Mehrfamilienhaus, bei dem dies möglich ist. Insbesondere für Studenten, die gern etwas Eigenes schaffen möchten, liegt dieses Wohnhaus genau richtig: Von dort aus sind es gerade einmal 100 Meter bis zum Campus in Köthen. Wenn das nicht mal ein schöner, kurzer „Schulweg“ ist! Solche und andere Objekte gibt es überall in dieser Region zu finden. Man muss nur einmal ganz genau hinschauen und vielleicht auch hin und wieder seine Vorstellungskraft einsetzen, um zu erkennen, dass sich hier sehr wohl gute Wohnmöglichkeiten schaffen lassen. Aber es gibt auch Alternativen für


möglichkeiten schaffen lassen. Aber es gibt auch Alternativen für all diejenigen, die keine Lust verspüren, sich auf die Suche nach solchen interessanten Gebäuden zu begeben und die Werkzeugbox auszupacken. Etwa wunderschöne Ferienhäuser, in denen man die Seele baumeln und den Alltagsstress einfach hinter sich lassen kann. Liebe Leser: Nehmen Sie sich doch einfach einmal die kleine Mühe auf sich und verwenden Sie einen Tag darauf, Anhalt von seiner architektonischen Seite zu erforschen. Wer weiß, womöglich entdecken Sie Ihre nächste Wohnung oder ein Traumhäuschen…

all diejenigen, die keine Lust verspüren, sich auf die Suche nach solchen interessanten Gebäuden zu begeben und die Werkzeugbox auszupacken. Etwa wunderschöne Ferienhäuser, in denen man die Seele baumeln und den Alltagsstress einfach hinter sich lassen kann. Liebe Leser: Nehmen Sie sich doch einfach einmal die kleine Mühe auf sich und verwenden Sie einen Tag darauf, Anhalt von seiner architektonischen Seite zu erforschen. Wer weiß, womöglich entdecken Sie Ihre nächste Wohnung oder ein Traumhäuschen…

Die Fotos auf dieser Seite, einschließlich das Aufmacherfoto, wurden von Peter Seidel aufgenommen und zeigen ein Gebäude in Coswig, in dem mehere Räume gemietet werden können. Die Fotos auf dieser Seite, einschließlich das Aufmacherfoto, wurden von Peter Seidel aufgenommen und zeigen ein Gebäude in Coswig, in dem mehere Räume gemietet werden können.

Viele Räume zum schöner Wohnen | Much space for a better living  37


## Zitat Wohnen Autor, Quelle

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## Quote Living Author, source

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Aus Brachen werden Gärten

Zwischen grauen Plattenbauten und verwahrlostem Gelände versteckt sich jede Menge Potential. Man muss nur mal einen aufmerksamen Stadtspaziergang durch Dessau unternehmen – schon entdeckt man genügend Platz und Möglichkeiten, wieder Frische und Leben in die Stadt zu bringen.

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From fallows to gardens

Has one one and made to become, who from book wanted and this so names sober but, ­finally as to fact full under away. Has one one and made to become, who from book wanted and.


Aus Brachen werden Gärten | From fallows to gardens  41


„Wo Gebäude fallen, entsteht Landschaft“, so die Stadtplanerin Heike Brückner „Wo Gebäude fallen, entsteht Landschaft“, so die Stadtplanerin Heike Brückner

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Qualmende Fabrikschornsteine und platzsparende Wohnblöcke prägten einst das Dessauer Stadtbild. Ein geführter Stadtspaziergang durch Dessau an einem grauen Dezembertag: Wir flanieren zwischen leerstehenden Gebäuden, baufällig Platten, betrübten Bürgern. Denn die Stadt schrumpft. Durch eine älter werdende Bevölkerung, eine sinkende Geburtenrate und eine hohe Abwanderungsrate verlor Dessau über ein Drittel der einstmals 100 000 Bewohner. Nun stehen etwa 6000 Wohnungen leer, und die Abwanderungsprognosen nennen weitere erschreckende Zahlen. Durch den Abriss von leerstehenden Wohnungen wirken einige Stadtteile in Dessau verwahrlost. Von „Rückbau“ ist die Rede. Hinter dem negativ behafteten Wort verbirgt sich jedoch eine große Chance. Denn: „Wo Gebäude fallen, entsteht Landschaft“, so die Stadtplanerin Heike Brückner,

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uf nicht, gleich man immer, bearbeitet Meinung schon hat darf Heim weit. Soll könnte darin seltener nun Hand wie gewiss, suchen man wo Ton kaum sprechende. Nicht noch auskommen um hier kurz hatten Wirkung getäuscht. Sagen zu Grund, gar unterscheidet lernen das damit Platz nein verschafft können? Gemachten zu werden, der von Buch wollen und diesen also Namen schlichte sondern, endlich weil zu Sache vollem unter auch vorbei. Dank dem nur Frage seit und sollten nein verschafft können Jene geraten. Verlangt sollte Weg auf nicht, gleich man immer, bearbeitet Meinung schon hat darf Heim weit. Soll könnte darin seltener nun Hand wie gewiss, suchen man wo Ton kaum sprechende. Nicht noch auskommen um hier kurz hatten Wirkung getäuscht. Sagen zu Grund unterscheidet lenernen das damit Platz nein verschafft können? Hat einer und gemachten zu werden, der von Buch wollen und diesen also Na


Leerstehende Wohnungen werden abgerissen, in der Stadtlandschaft entstehen Lücken und Löcher. Leerstehende Wohnungen werden abgerissen, in der Stadtlandschaft entstehen Lücken und Löcher.

Aus Brachen werden Gärten | From fallows to gardens  43


die zusammen mit der Stadt und der Stiftung Bauhaus Dessau das Projekt „Urbane Farm Dessau“ ins Leben gerufen hat. Ziel ist es, mit Hilfe der Bürger die Stadt zu einem urbanen Gartenreich umzugestalten. Dessau wird oft mit der amerikanischen Stadt Detroit verglichen. Wirtschaftlicher Niedergang und Finanzkrise machten aus der absoluten Boomstadt einen trostlosen, verlassenen Ort. Viel Leerstand und hohe Arbeitslosigkeit prägen die heutige Geisterstadt. Aus Not schufen die verbliebenen Einwohner von Detroit kleine Farmen in der Stadt, um sich selbst mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Dessau fand für die entstandenen Freiflächen keine Nutzer oder Investoren. Also suchte die Stadt nach Paten zur Pflege der Brach-Areale, unterteilt in abgesteckte Flächen der Größe 20 mal 20 Meter. Die Gestaltung der 400 Quadratmeter StadtLand steht den Paten frei. Eine Apothekerin pflegt liebevoll einen Heilpflanzengarten, der Imkerverein pflanzte für seine Tiere eine Bienenweide, ein Garten der Sinne entstand, und der Verein von der Rolle e.V. baute eine coole BMX Strecke. Das Konzept zum Stadtumbau ist flexibel und bietet viel Raum für eigene Ideen, lässt nachhaltige Entwicklungen und schrittweise Veränderungen zu.

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die zusammen mit der Stadt und der Stiftung Bauhaus Dessau das Projekt „Urbane Farm Dessau“ ins Leben gerufen hat. Ziel ist es, mit Hilfe der Bürger die Stadt zu einem Urbanen Gartenreich umzugestalten. Dessau wird oft mit der amerikanische Stadt Detroit verglichen. Wirtschaftlicher Niedergang und Finanzkrise machten machte aus der absoluten Boomstadt einen trostlosen, verlassenen Ort. Viel Leerstand und hohe Arbeitslosigkeit prägen die heutige Geisterstadt. Aus Not brachten die verbliebenen Einwohner von Detroit kleine Farmen in die Stadt, um sich selbst mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Dessau fand für die entstandenen Freiflächen keine Nutzer oder Investoren. Also suchte die Stadt nach Paten zur Pflege der Brach-Areale, unterteilt in abgesteckte Flächen der Größe 20 mal 20 Meter. Die Gestaltung der 400 Quadratmeter StadtLand steht den Paten frei. Eine Apothekerin pflegt liebevoll einen Heilpflanzengarten, der Imkerverein pflanzte für seine Tiere eine Bienenweide, ein Garten der Sinne entstand, und der Verein von der Rolle e.V. baute eine coole BMX Strecke. Das Konzept zum Stadtumbau ist flexibel.


Dass das Grüne wieder in die Stadt geholt wird, lässt sich nicht nur in Detroit und Dessau beobachten. Zwischen Klimawandel und Lebensmittelskandalen boomt die Selbstversorgung in den Städten der Welt. In Großstädten wie Berlin sind Nachbarschaftsgärten zu einem Trend geworden und nicht mehr wegzudenken. Auf Brachland und Freiflächen wird Obst- und Gemüse angebaut, oft selten gewordene Sorten, die es im Supermarkt so nicht zu kaufen gibt. Auch ich packe nicht wahllos den Einkaufswagen voll, sondern greife immer mehr zu regionalen Produkten und suche nach guter Qualität. Ein neues Bewusstsein für Lebensmittel entwickelt sich. Diese Bewegung trägt dazu bei, den ökologischen Fußabdruck von Städten zu verbessern und ökonomische Wertschöpfung mit Bildungs- und Sozialarbeit zu verknüpfen. Der Weltagrarbericht erklärte, dass die industrielle Landwirtschaft allein nicht in der Lage sein wird, die gesamte Weltbevölkerung auf Dauer zu ernähren. Die meisten Lebensmittel werden momentan von Kleinbauern produziert, die fast zwei Drittel der weltweiten Agrarflächen bewirtschaften. Kleinbäuerliche Strukturen müssen also erhalten bleiben. Allerdings wird an Orten der Überversorgung verlernt, wie unsere Nahrungsmittel produziert werden. Kinder sollen verstehen, wo das Essen auf ihrem Teller herkommt.

Dass das Grüne wieder in die Stadt geholt wird, lässt sich nicht nur in Detroit und Dessau beobachten. Zwischen Klimawandel und Lebensmittelskandalen boomt die Selbstversorgung in den Städten der Welt. In Großstädten wie Berlin sind die Nachbarschaftsgärten zu einem Trend geworden und nicht mehr wegzudenken. Auf Brachland und Freiflächen wird Obst- und Gemüse angebaut, oft selten gewordene Sorten, die es im Supermarkt so nicht zu kaufen gibt. Auch ich packe nicht wahllos den Einkaufswagen voll, sondern ich greife immer mehr zu regionalen Produkten und suche nach guter Qualität. Ein neues Bewusstsein für Lebensmittel entwickelt sich. Diese Bewegung trägt dazu bei, den ökologischen Fußabdruck von Städten zu verbessern und ökonomische Wertschöpfung mit Bildungs- und Sozialarbeit zu verknüpfen. Der Weltagrarbericht erklärte, dass die industrielle Landwirtschaft allein nicht in der Lage sein wird, die gesamte Weltbevölkerung auf Dauer zu ernähren. Die meisten Lebensmittel werden momentan von Kleinbauern produziert, die fast zwei Drittel der weltweiten Agrarflächen bewirtschaften.

400 qm Dessau – Claims für Akteure zur freien Gestaltung 400 qm Dessau – Claims für Akteure zur freien Gestaltung

Jene geraten. Verlangt sollte Weg auf nicht, gleich man immer, bearbeitet Meinung schon hat darf Heim weit. Soll könnte darin seltener nun Hand wie gewiss, suchen man wo Ton kaum sprechende. Nicht noch auskommen um hier Hat einer und gemachten zu werden, der von Buch wollen und diesen also Namen schlichte sondern, endlich weil zu.

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Verwilderte Flächen und Brachen prägen das Dessauer Stadtbild. Durch den Abriss von Gebäuden entsteht neuer Raum für neue Ideen. Verwilderte Flächen und Brachen prägen das Dessauer Stadtbild. Durch den Abriss von Gebäuden entsteht neuer Raum für neue Ideen.

Mangold und Kartoffeln aus eigenem Anbau machen die Stadtbewohner stolz. Sie bringen damit jede Menge neues Leben in die Stadt.

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Mangold und Kartoffeln aus eigenem Anbau machen die Stadtbewohner stolz. Sie bringen damit jede Menge neues Leben in die Stadt.


Hier wurde aus eigener Kraft ein kleines Kartoffelfeld angelegt und gepflegt. Hier wurde aus eigener Kraft ein kleines Kartoffelfeld angelegt und gepflegt.

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Mit urbanen Gärten wird Wissen rund um Lebensmittel weitergegeben und das Bewusstsein geschult. Das zeigt auch das Dessauer Projekt: Hier konnten benachteilige Jugendliche lernen, wie man Pflege, Bildung und Wertschöpfung miteinander verbindet. Die Jugendlichen gründeten eine Stadtteilfirma auf Zeit und konnten sich mit neuen beruflichen Perspektiven vertraut machen. Eine Biogasanlage, die liebevoll „Gärda“ genannt wurde, füllten sie mit Speiseresten. Die jungen Leute mussten sich auch am Wochenende um ihre Gärda kümmern und lernten dabei, Verantwortung zu übernehmen. Zurück zu unserem Spaziergang, da blieben zwei besonders im Gedächtnis: die Ziegen „Esel“ und „Kira“. Sie gingen an der Leine mit uns

Mit Urbanen Gärten wird das Wissen und Bewusstsein rund um Lebensmittel geschult und weitergegeben, so wie auch das Dessauer Projekt zeigt: Hier konnten benachteilige Jugendliche lernen, wie man Pflege, Bildung und Wertschöpfung miteinander verbindet. Die Jugendlichen gründeten eine Stadtteilfirma auf Zeit und konnten sich mit neuen beruflichen Perspektiven vertraut machen. Eine Biogasanlage, die liebevoll „Gärda“ genannt wurde, füllten sie mit Speiseresten. Die jungen Leute mussten sich auch am Wochenende um ihre Gärda kümmern und lernten dabei, Verantwortung zu übernehmen. Zurück zu unserem Spaziergang, da blieben zwei besonders im Gedächtnis: die Ziegen „Esel“ und „Kira“. Sie gingen an der Leine mit

Bei Bepflanzung und Pflege der Beete werden Bildungs- und Sozialarbeit miteinander verbunden. Bei Bepflanzung und Pflege der Beete werden Bildungs- und Sozialarbeit miteinander verbunden.

Das Pflanzen neuer Bäume holt die Anwohner aus ihren Wohnungen und lässt Kontakte entstehen. Das Pflanzen neuer Bäume holt die Anwohner aus ihren Wohnungen und lässt neue Kontakte entstehen.

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spazieren und erregten großes Aufsehen. Im Sommer beweiden die zwei putzigen Ziegen mit ihrer Herde eine große Wiese in Dessau. Die Tiere fressen selektiv, das heißt sie fressen das überschüssige Gestrüpp und vernichten alles, was zu viel da ist. So können wenig ausgeprägte Pflanzen besser wachsen, die Artenvielfalt wird gestärkt. Gleichzeitig wird die Fläche emissionsfrei gepflegt, besser, als es ein Rasenmäher könnte. Die tägliche Betreuung der Ziegen übernehmen benachbarte Vereine wie zum Beispiel das Frauenzentrum. Heike Brückner betont erfreut, dass neben ansässigen Vereinen und mit der Hilfe der Dessauer Wohnungsbaugesellschaft DWG sich das Netzwerk der Akteure immer weiter ausbaut. Eine lebenswertere Heimat sollen sich die Bürger hier schaffen, damit sie gern in Dessau bleiben. Um Dessau nicht auseinander fallen zu lassen, möchte man die Stadt und ihre Bürger mit belebter Landschaft zusammen halten. Was also auf dem Dessauer Miniacker oder in angelegten Hochbeeten wächst, wird ins Stadtgeschehen mit eingebunden. Selbst geernteten Mangold und eine blaue Kartoffelsorte findet man saisonal auf den Speisekarten des Regionalladens oder des Restaurants „Heilmanns“.

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uns spazieren und erregten großes Aufsehen. Im Sommer beweideten die zwei putzigen Ziegen mit ihrer Herde eine große Wiese in Dessau. Die Tiere fressen selektiv, das heißt sie fressen das überschüssige Gestrüpp und vernichten alles, was zu viel da ist. So können wenig ausgeprägte Pflanzen besser wachsen, die Artenvielfalt wird gestärkt. Gleichzeitig wird die Fläche emissionsfrei gepflegt, besser, als es ein Rasenmäher könnte. Die tägliche Betreuung der Ziegen übernahmen benachbarte Vereine wie zum Beispiel das Frauenzentrum. Heike Brückner betont freudig, dass neben ansässigen Vereinen und mit der Hilfe der Dessauer Wohnungsbaugesellschaft DWG sich das Netzwerk der Akteure immer weiter ausbaut. Eine lebenswertere Heimat sollen sich die Bürger hier schaffen, damit sie in Dessau bleiben. Um Dessau nicht auseinander fallen zu lassen, möchte man die Stadt und ihre Bürger mit belebter Landschaft zusammen halten. Was also auf dem Dessauer Miniacker oder in angelegten Hochbeeten wächst, wird ins Stadtgeschehen mit eingebunden. Selbst geernteten Mangold und eine


Dessau nimmt sich ein Bespiel an Detroit und macht die Freiflächen für urbane Landwirtschaft nutzbar. In Detroit entwickelte sich eine eigenständige Bürgerbewegung von unten heraus. Doch in Dessau gibt die Stadt zusammen mit der Stiftung Bauhaus immer wieder Impulse von oben für die Gestaltung der einschneidenden Veränderungen und setzt offensiv auf das Engagement der Bürger. So kann auch Detroit noch von Dessau etwas lernen. Heike Brückner berichtet, dass sich die Atmosphäre seitdem deutlich gebessert hat. Die nachhaltige Nutzung der Flächen zeichnet das Projekt „Urbane Farm Dessau“ besonders aus und lässt die Stadt wieder lebendiger werden.

Dessau nimmt sich ein Bespiel an Detroit und macht die Freiflächen für urbane Landwirtschaft nutzbar. In Detroit entwickelte sich eine eigenständige Bürgerbewegung von unten heraus. Doch in Dessau gibt die Stadt zusammen mit der Stiftung Bauhaus immer wieder Impulse von oben für die Gestaltung der einschneidenden Veränderungen und setzt offensiv auf das Engagement der Bürger. So kann auch Detroit noch von Dessau etwas lernen. Heike Brückner berichtete, dass sich die Atmosphäre seitdem deutlich gebessert hat.

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Helden der Halme

Über die Hälfte der Bodenfläche in Anhalt wird für landwirtschaftliche Zwecke genutzt. Die Region bietet wegen ihrer fruchtbaren Böden beste Voraussetzungen für großflächige Landwirtschaft. Heros of Straws

Über die Hälfte der Bodenfläche in Anhalt wird für landwirtschaftliche Zwecke genutzt. Die Region bietet wegen ihrer fruchtbaren Böden beste Voraussetzungen für großflächige Landwirtschaft.

Helden der Halme | Heros of Straws  53


Tablets an Bord der Erntefahrzeuge informieren die Landwirte über den Füllstand der Tankbehälter, Getreidefeuchtigkeit und den Ertrag pro Hektar. Die Informationen können kabellos und in Echtzeit übermittelt werden. Tablets an Bord der Erntefahrzeuge informieren die Landwirte über den Füllstand der Tankbehälter, Getreidefeuchtigkeit und den Ertrag pro Hektar.

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ie Nahrungsmittelproduktion muss aufgrund des Bevölkerungswachstums immer weiter gesteigert werden, um möglichst alle Menschen ernähren zu können. Dabei soll die Landwirtschaft auch noch effektiv und nachhaltig sein. Die Landwirte werden damit vor eine große Aufgabe gestellt. Der technische Fortschritt und die Schonung der biologischen Artenvielfalt , wie im Artikel „nachhaltige Vielfalt“ zu lesen ist, spielen bei der Bewältigung eine wichtige Rolle. Die Landwirtschaftliche Genossenschaft APH Hinsdorf aus Quellendorf, einer der größten und modernsten Agrarbetriebe in Deutschland, setzt auf die Hilfe moderner Technik und investiert hier kräftig, unter anderem auch in Methoden wie Precision-Farming und Fernerkundung mittels Drohnen. Was früher anstrengende Handarbeit war, kann heute vollautomatisch bewältigt werden: die sogenannte vierte industrielle Revolution. In Form eines Pilotprojekts der APH Hinsdorf und der Telekom wurden derartige Feldlogistiken getestet. So können beispielsweise Mähdrescher dank GPS

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mit dem Überladefahrzeug, ein Traktor, der das Korn zu den Silos transportiert, kommunizieren und unnötige Leerfahrten vermeiden. Tablets an Bord der Erntefahrzeuge informieren die Landwirte über den Füllstand der Tankbehälter, Getreidefeuchtigkeit und den Ertrag pro Hektar. Die Informationen können kabellos und in Echtzeit übermittelt werden. So ist es möglich, in kürzester Zeit eine große Menge Getreide zu verarbeiten. Im Vergleich zu herkömmlichen Methoden lassen sich auf diese Weise 15 Prozent der benötigten Zeit einsparen. Bedenkt man, dass eine Betriebsstunde eines Mähdreschers ca. 1000 Euro kostet, ist die Investition in dieses Pilotprojekt durchaus lohnenswert und stößt auf internationales Interesse. Der Leiter des Geschäftsbereichs Industrie 4.0 der deutschen Telekom, Thomas Schiemann, erklärt: „Wir haben damit auch ein Stück Industriegeschichte geschrieben, denn in Sachsen-Anhalt haben wir das erste funktionierende 4.0 Projekt auf die Beine gestellt.“


Große Flächen können durch die digitalen Methoden schnell bearbeitet werden. Große Flächen können durch die digitalen Methoden schnell bearbeitet werden.

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ie Nahrungsmittelproduktion muss auf Grund des Bevölkerungswachstums immer weiter gesteigert werden, um möglichst alle Menschen ernähren zu können. Dabei soll die Landwirtschaft auch noch effektiv und nachhaltig sein. Die Landwirte werden damit vor eine große Aufgabe gestellt. Der technische Fortschritt und die Schonung der biologischen Artenvielfalt , wie im Artikel „nachhaltige Vielfalt“ zu lesen ist, spielen bei der Bewältigung eine wichtige Rolle. Die Landwirtschaftliche Genossenschaft APH Hinsdorf aus Quellendorf, einer der größten und modernsten Agrarbetriebe in Deutschland, setzt auf die Hilfe moderner Technik und investiert hier kräftig, unter anderem auch in Methoden wie Precision-Farming und Fernerkundung mittels Drohnen. Was früher anstrengende Handarbeit war, kann heute vollautomatisch bewältigt werden: die sogenannte vierte industrielle Revolution. In Form eines Pilotprojekts der APH Hinsdorf und der Telekom wurden derartige Feldlogistiken getestet.

Auch bei Dunkelheit und schlechter Sicht können die Landwirte mithilfe der Technik effizient arbeiten. Auch bei Dunkelheit und schlechter Sicht können die Landwirte mithilfe der Technik effizient arbeiten.

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A

uch die Hochschule Anhalt schließt sich diesem Trend mit einem Forschungs­ gyrocopter an. Das Gerät wurde unter der Regie der Professoren Lutz Bannehr und Lothar Koppers vom Institut für Geoinformation und Vermessung am Standort Dessau angeschafft und durch den Einbau modernster Messsensorik zu einem für Forschungsprojekte einsetzbaren Sensorträger entwickelt. In diesem Gyrocopter sind eine 36 Megapixel RGB Kamera, eine Thermalkamera sowie ein hyperspektrales Spektrometer verbaut. Diese Technik erlaubt vielseitige Anwendungen in den Bereichen Umweltmonitoring und Landwirtschaft. Darüber hinaus lassen sich sogar Daten für die 3D-Objekterfassung für Stadt- und Landschaftsmodelle aufnehmen. Besonders interessant für die Landwirtschaft: Mit der Sensorik können unter anderem Ertragsabschätzungen von Feldern, Informationen über Wasserinhaltsstoffe und der Gesundheitszustand von Pflanzen ermittelt werden. Das macht eine differenzierte und ressourcenschonende Landwirtschaft möglich.

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Der Gyrocopter steht nicht nur der Verwendung durch Studierende und Lehrende der Hochschule Anhalt zur Verfügung, sondern auch für Forschungsaufgaben außerhalb der Hochschule. So wurden Einsatzmöglichkeiten und technische Rahmenbedingungen mit potentiellen Auftraggebern aus dem In- und Ausland diskutiert. Bereits mehrere namhafte Institutionen sind von der Idee begeistert und haben reges Interesse angemeldet.

An weiteren innovativen Anwendungsfeldern wird gearbeitet.

An weiteren innovativen Anwendungsfeldern wird gearbeitet.

Prof. Lutz Bannehr

Prof. Lutz Bannehr


A

uch die Hochschule Anhalt schließt sich diesem Trend mit einem Forschungsgyrocopter an. Das Gerät wurde unter der Regie der Professoren Lutz Bannehr und Lothar Koppers vom Institut für Geoinformation und Vermessung am Standort Dessau angeschafft und durch den Einbau modernster Messsensorik zu einem für Forschungsprojekte einsetzbaren Sensorträger entwickelt. In diesem Gyrocopter sind eine 36 Megapixel RGB Kamera, eine Thermalkamera sowie ein hyperspektrales Spektrometer verbaut. Diese Technik erlaubt vielseitige Anwendungen in den Bereichen Umweltmonitoring und Landwirtschaft. Darüber hinaus lassen sich sogar Daten für die 3D-Objekterfassung für Stadt- und Landschaftsmodelle aufnehmen. Besonders interessant für die Landwirtschaft: Mit der Sensorik können unter anderem Ertragsabschätzungen von Feldern, Informationen über Wasserinhaltsstoffe und der Gesundheitszustand von Pflanzen ermittelt werden. Das macht eine differenzierte und ressourcenschonende Landwirtschaft möglich. Darüber hinaus lassen sich sogar Daten für die 3D-Objekterfassung für Stadt- und Landschaftsmodelle aufnehmen. Besonders interessant für die Landwirtschaft: Mit der Sensorik können unter anderem Ertragsabschätzungen von Feldern, Informationen über Wasserinhaltsstoffe und der Gesundheitszustand von Pflanzen ermittelt werden. Das macht eine differenzierte und ressourcen-

3D-Modelle von Dessau 3D models of Dessau

Mit dem Gyrocopter lassen sich gegenüber konventionellen Flugzeugen sehr niedrige sowie sehr flugstabile Flüge durchführen. Das Ergebnis ist eine hochwertige Datenerfassung. Mit dem Gyrocopter lassen sich gegenüber konventionellen Flugzeugen sehr niedrige sowie sehr flugstabile Flüge durchführen. Das Ergebnis ist eine hochwertige Datenerfassung.

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Nachhaltige Vielfalt Moderne Landwirtschaft nutzt Flächen effizient und erhält die biologische Diversität

Sustainable Diversity

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ank des technischen Fortschritts kann die Nahrungsmittelproduktion zukünftig gesteigert und effektiv bewältigt werden. Doch wächst die Weltbevölkerung immer weiter an, und etwa im Jahr 2050 wird der Bedarf an Nahrungsmitteln um siebzig Prozent höher sein als heute. Die immer intensivere Nutzung der Flächen stört die Lebensräume von Pflanzen und Tieren. Das hat dazu geführt, dass die Artenvielfalt in den letzten Jahren zurückgegangen ist. Die biologische Vielfalt, auch Biodiversität genannt, schützt jedoch unser Ökosystem, der Mensch profitiert auf vielfache Weise davon, und die Nahrungsmittelproduktion

Modern agriculturefor efficient land use and the conservation of biological diversity

ittels des technischen Fortschritts kann die Nahrungsmittelproduktion zukünftig gesteigert und effektiv bewältigt werden. Doch wächst die Weltbevölkerung immer weiter an, und etwa im Jahr 2050 wird der Bedarf an Nahrungsmitteln um siebzig Prozent höher sein als heute. Die immer intensivere Nutzung der Flächen stört die Lebensräume von Pflanzen und Tieren. Das hat dazu geführt, dass die Artenvielfalt in den letzten Jahren zurückgegangen ist. Die biologische Vielfalt, auch Biodiversität genannt, schützt jedoch unser Ökosystem, der Mensch profitiert auf vielfache Weise davon, und die Nahrungsmittelproduktion

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Könnten keine Bienen mehr die Blüten bestäuben, wäre unsere Ernährung nicht mehr gesichert, und Flora und Fauna würden verarmen.

Könnten keine Bienen mehr die Blüten bestäuben, wäre unsere Ernährung nicht mehr gesichert, und Flora und Fauna würdenverarmen.

ist darauf angewiesen. Die Bestäubung der Blüten durch die Bienen ist hier nur ein Beispiel von vielen. Eine Fülle von kleinen unauffälligen Organismen, wie Insekten, Würmer, Pilze und Bakterien, dienen uns als ökologische Dienstleister. Sie sind unverzichtbar und es gilt, sie zu schützen. Für die Landwirte ist die Balance zwischen steigender Nachfrage und Schutz der biologischen Vielfalt eine große Herausforderung. Ein Lösungsansatz ist eine möglichst effektive Flächennutzung: Ertragreiche Agrarflächen dienen der Produktion von Lebensmitteln, ertragsarme Flächen dienen der Erhaltung von Lebensräumen, um die Biodiversität zu fördern. Quirin Forster, Geschäftsführer der APH e.G.

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ist darauf angewiesen. Die Bestäubung der Blüten durch die Bienen ist hier nur ein Beispiel von vielen. Eine Fülle von kleinen unauffälligen Organismen, wie Insekten, Würmer, Pilze und Bakterien, dienen uns als ökologische Dienstleister. Sie sind unverzichtbar, und es gilt, sie zu schützen. Für die Landwirte ist die Balance zwischen steigender Nachfrage und Schutz der biologischen Vielfalt eine große Herausforderung. Ein Lösungsansatz ist eine möglichst effektive Flächennutzung: Ertragreiche Agrarflächen dienen der Produktion von Lebensmitteln, ertragsarme Flächen dienen der Erhaltung von Lebensräumen, um die Biodiversität zu fördern. Quirin Forster, Geschäftsführer der APH e.G.


Hinsdorf GbR, erläutert: „Das Gleichgewicht zwischen ökonomischen Ansprüchen moderner Landwirtschaft, dem Erhalt natürlicher Ressourcen und gesellschaftlicher Verantwortung ist der Schlüssel für eine nachhaltige Wirtschaftsweise“. In Quellendorf führt der Landwirtschaftsbetrieb zusammen mit der BASF und Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Naturschutzorganisationen ein auf mindestens 10 Jahre angelegtes Biodiversitätsprojekt durch. Das Aussäen von Blühstreifen, die Pflege von Hecken und Obstbäumen, die Schaffung von „Lerchenfenstern“ sowie das Aufstellen von Sitzstangen und Nistkästen sind Teil des Projekts. Sechs von sieben bedrohten Vogelarten der Agrarlandschaft sind bereits in Quellendorf beheimatet. Extra angelegte „Lerchenfenster“ dienen den Vögeln als Landeplatz imbewachsenen Feld, um im dichten, geschützten Feldbestand brüten zu können.

Hinsdorf GbR, erläutert: „Das Gleichgewicht zwischen ökonomischen Ansprüchen moderner Landwirtschaft, dem Erhalt natürlicher Ressourcen und gesellschaftlicher Verantwortung ist der Schlüssel für eine nachhaltige Wirtschaftsweise“. In Quellendorf führt der Landwirtschaftsbetrieb zusammen mit der BASF und Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Naturschutzorganisationen ein auf mindestens 10 Jahre angelegtes Biodiversitätsprojekt durch. Das Aussäen von Blühstreifen, die Pflege von Hecken und Obstbäumen, die Schaffung von „Lerchenfenstern“ sowie das Aufstellen von Sitzstangen und Nistkästen sind Teil des Projekts. Sechs von sieben bedrohten

Das Aufstellen von Nistkästen ist Teil des Biodiversitätsprojekts in Quellendorf. Das Aufstellen von Nistkästen ist Teil des Biodiversitätsprojekts in Quellendorf.

Ein Lerchenfenster stärkt die Population der bedrohten Feldlerche. Ein Lerchenfenster stärkt die Population der bedrohten Feldlerche.

Nachhaltige Vielfalt | Sustainable Diversity  61


Im Rahmen des Projekts „ProSaum“ der Hochschule Anhalt und der Hochschule Osnabrück werden Blühstreifen mit verschiedenen Wildpflanzen an Ackerrändern angelegt. Diese Streifen dienen den Tieren als wertvolle Rückzugs-, Nahrungs-, Brut- und Überwinterungsflächen. Von der vielfältigen Zusammensetzung der Pflanzen profitieren viele Insektenarten, etwa Wildbienen, Hummeln und Schwebfliegen. Hinter dem Namen „SALVERE“ („Naturnahe Begrünung als Ressource zur Verbesserung der Artenvielfalt“) verbirgt sich ein EU-Projekt, an dem die Hochschule Anhalt in Bernburg unter der Leitung von Prof. Dr. Sabine Tischew teilgenommen hat. Ganze Wiesen wurden zum Zweck der

Das Gleichgewicht ist der Schlüssel für eine nachhaltige Wirtschaftsweise. Querin Forster, Geschäftsführer APH e.G. Hinsdorf GbR

Im Rahmen des Projekts „ProSaum“ der Hochschule Anhalt und der Hochschule Osnabrück werden Blühstreifen mit verschiedenen Wildpflanzen an Ackerrändern angelegt. Diese Streifen dienen den Tieren als wertvolle Rückzugs-, Nahrungs-, Brut- und Überwinterungsflächen. Von der vielfältigen Zusammensetzung der Pflanzen profitieren viele Insektenarten, etwa Wildbienen, Hummeln und Schwebfliegen. Hinter dem Namen „SALVERE“ („Naturnahe Begrünung als Ressource zur Verbesserung der Artenvielfalt“) verbirgt sich ein EU-Projekt, an dem die Hochschule Anhalt in Bernburg unter der Leitung von Prof. Dr. Sabine Tischew teilgenommen hat. Ganze Wiesen wurden zum Zweck der Biodiversitätsförderung neu und artenreich angelegt. Infolge der Nutzungsintensivierung der Landwirtschaft gelten Wiesen in Mitteleuropa mittlerweile als stark gefährdete Biotope – mit großen negativen Auswirkungen auf Flora und Fauna. Ein wichtiges Ziel des Projektes ist die Entwicklung von Methoden zur Nutzung des Samenpotenzials von noch vorhandenen artenreichen Wiesen, um artenarme Wiesen damit aufzuwerten. Zahlreiche Projekte und Versuchsreihen zeigen, wie sich eine moderne und nachhaltige Landwirtschaft mit der Erzielung von hohen Erträgen in Einklang bringen lässt. Die Ergebnisse lassen auf eine positive Zukunft hoffen.

Die Wiesenglockenblume auf eine Versuchsfläche Die Wiesenglockenblume auf eine Versuchsfläche

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Das ist Feldforschung: Studenten forschen zur Biodiversität. This is what field research looks like: Students conduct research on biodiversity.

Forschungsgebiet: Ein Blühstreifen am Feldrand Research Area: A flower strip at the field edge

Biodiversitätsförderung neu und artenreich angelegt. Infolge der Nutzungsintensivierung der Landwirtschaft gelten Wiesen in Mitteleuropa mittlerweile als stark gefährdete Biotope – mit großen negativen Auswirkungen auf Flora und Fauna. Ein wichtiges Ziel des Projektes ist die Entwicklung von Methoden zur Nutzung des Samenpotenzials von noch vorhandenen artenreichen Wiesen, um artenarme Wiesen damit aufzuwerten. Zahlreiche Projekte und Versuchsreihen zeigen, wie sich eine moderne und nachhaltige Landwirtschaft mit der Erzielung von hohen Erträgen in Einklang bringen lässt. Die Ergebnisse lassen auf eine positive Zukunft hoffen.

Balance  is the key to a sustainable economy. Querin Forster, Geschäftsführer APH e.G. Hinsdorf GbR

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Anhalt ist das Land der Hasen, der Mittelmäßigkeit und des Obstes. Heinrich Laube, Reisenovellen

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Anhalt is the land of rabbits, mediocrity, and fruit. Heinrich Laube, Reisenovellen

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Weißt du noch, wie Oma gekocht hat? Zwiwwelfleesch, Schotenklump, Kirschmichel, Appelbettelmann, Milchreis mit Bratwurst. Die wenigsten unter uns vermuten hinter diesen Wörtern wohl leckere Speisen aus den Kochbüchern der Anhalter Küche.

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ie Rezeptsammlung der Großmütter ist voll mit diesen und vielen anderen Spezialitäten aus der Heimat, hinter deren Namen sich Gerichte verbergen, die über Generationen hinweg in der Region zubereitet werden. Die meisten Gerichte in Anhalt waren eng gebunden an bestimmte Wochentage. So waren Dienstag, Donnerstag und Sonntag Fleischtage, an denen es Rauch- oder Pökelfleisch gab und als Beilage Klump (Klöße). Am Montag, Mittwoch und Freitag gab es Kohl, Mohrrüben oder Hülsenfrüchte. Der Spruch „Kartoffelbrei, die Woche ist vorbei!“ kommt vermutlich daher, dass es üblich war am Samstag den Kartoffelbrei zu servieren. Ein kleiner Einblick in die Kochtöpfe Anhalts lässt den Zahn tropfen.

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Do you remeber gran’ma cooking?

Zwiwwelfleesch, Schotenklump, Kirschmichel, Appelbettelmann, Milchreis mit Bratwurst. Die wenigsten unter uns vermuten hinter diesen Wörtern wohl leckere Speisen aus den Kochbüchern der Anhalter Küche.

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ie Rezeptsammlung der Großmütter ist voll mit diesen und vielen anderen Spezialitäten aus der Heimat, hinter deren Namen sich Gerichte verbergen, die über Generationen hinweg in der Region zubereitet werden. Die meisten Gerichte in Anhalt waren eng gebunden an bestimmte Wochentage. So waren Dienstag, Donnerstag und Sonntag Fleischtage, an denen es Rauch- oder Pökelfleisch gab und als Beilage Klump (Klöße). Am Montag, Mittwoch und Freitag gab es Kohl, Mohrrüben oder Hülsenfrüchte. Der Spruch „Kartoffelbrei, die Woche ist vorbei!“ kommt vermutlich daher, dass es üblich war am Samstag den Kartoffelbrei zu servieren. Ein kleiner Einblick in die Kochtöpfe Anhalts lässt den Zahn tropfen.


Milch in einen Topf geben. Salz, Butter und Zucker zufügen und die Milch zum Kochen bringen. Anschliessend Reis zugeben und unter Rühren kurz aufkochen lassen. Herd auf niedrigste Temperaturstufe stellen. Einen Deckel auf den Topf legen und den Milchreis ca. 30 Minuten ausquellen lassen. In einem Topf die Butter schmelzen und leicht goldbraun werden lassen. Milchreis auf Teller verteilen und mit der Butter begießen. Zucker mit Zimt vermischen und über den Milchreis streuen. Die Bratwürste schräg in Scheiben schneiden, in Öl kurz anbraten und auf den fertigen Milchreis legen.

Weißt du noch, wie Oma gekocht hat? | Do you remember gran’ma cooking?  67


Die Kartoffeln kochen und pellen. Währenddessen die Tomaten einschneiden, in heißes Wasser legen und warten bis sich an der Schnittstelle die Haut abhebt. Anschließend enthäuten und in kleine Würfel schneiden, dann beiseite stellen. Nun das Dörrfleisch in kleine Würfel schneiden. Zwiebeln schälen und klein würfeln. Die Pilze putzen und in dünne Scheiben schneiden. Die abgekühlten Kartoffeln ebenfalls in Scheiben schneiden. Jetzt in einer Pfanne circa 2 EL Butter­ schmalz erhitzen. Das Dörrfleisch darin auslassen, die Zwiebeln dazugeben und glasig dünsten. Salzen, pfeffern und warm stellen. Die Steaks im heißen Butterschmalz kurz von beiden Seiten goldbraun anbraten, pfeffern und salzen. In Alufolie packen und warm stellen. Die geschnittenen Pilze im Bratenfett gar dünsten, den Weinbrand anzünden und brennend darüber gießen (flambieren), circa 20 Sekunden warten, mit dem Bratenfond auffüllen, die klein gewürfelten Tomaten hinein geben und gut durchkochen, nach eigenem Geschmack würzen. Zwischendurch vier Keramiktöpfe aufheizen, die Bratkartoffeln aufteilen, die Steaks auf die Kartoffeln setzen und mit der Pilzsoße bedecken.

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Die vorbereiteten Tauben innen und außen salzen, mit Kräuterbutter füllen und mit Speck umwickeln. In heißem Fett goldbraun braten und mit kochender Brühe auffüllen. Die Pilze, Zwiebeln und Rotwein zugeben und zugedeckt garen. Die Soße mit dem Stärkemehl binden, kräftig würzen und abschmecken. Zu den Bernburger Täubchen passen Petersilienkartoffeln und Bohnengemüse perfekt.Kleiner Tipp: Die Soße mit Tomatenmark verfeinern.

Weißt du noch, wie Oma gekocht hat? | Do you remember gran’ma cooking?  69


Anhalt gehört zu den VorreiExceptional load Anhalt tern der Energiewende. Die gehört zu den Vorreitern der Windbranche ist hier ein wich- Energiewende. Die Windbrantiger Bestandteil der Erneuerche ist hier ein wichtiger Bebaren Energien und bietet Arstandteil. Doch wie kommen beitsplätze für viele Menschen. die gigantischen Bauteile der Doch wie kommen die giganti- Windräder an ihren Bestimschen Bauteile der Windräder mungsort? an ihren Bestimmungsort? Wir begleiten einen SchwerWir begleiten einen Schwertransport. transport. Es beginnt im Metallwerk der gsd GmbH in Dessau. Hier entstehen die einzelnen Metallzylinder für die Windräder. Es beginnt im Metallwerk der gsd GmbH in Dessau. Hier entstehen die einzelnen Röhren.

Tragkraft für die Windkraft

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Anhalt

Klaus Hoffmann

Wenn es eng wird, ist Teamar-

41 Jahre

beit gefragt. Klaus muss die

Seit 17 Jahren als Schwer-

Funkbefehle seiner Kollegen

transportfahrer tätig.

millimetergenau umsetzen.

41 Jahre

Wenn es eng wird, ist Teamar-

Seit 17 Jahren als Schwer-

beit gefragt. Klaus muss die

transportfahrer tätig.

Funkbefehle umsetzen.


Nach dem Verladen setzt sich der Konvoi in Bewegung. Diesem gehören mehrere Begleitfahrzeuge sowie polizeiliche Unterstützung an. Nach dem Verladen setzt sich der Konvoi in Bewegung. Diesem begleiten Fahrzeuge.

Fahrzeuge mit Überbreite

Fahrzeuge mit Überbreite

dürfen nur in der Verkehrs-

dürfen nur in der Verkehrs-

armen Zeit auf die Straße.

armen Zeit auf die Straße.

Das bedeutet zwischen 22 und

Das bedeutet zwischen 22 und

6 Uhr. Entsprechend knapp ist

6 Uhr. Entsprechend knapp ist

das Zeitfenster. Eine Verzö-

das Zeitfenster.

gerung kann teuer werden. Am Zielort angekommen, wird das Transportgut entladen. Auch hier arbeitet das Team um Klaus, Hand in Hand. Derartige routinearbeiten werden mit größter sorgfalt durchgeführt, da hier am häufigsten Probleme auftreten. Am Zielort angekommen, wird das Transportgut entladen. Derartige routinearbeiten werden mit größter sorgfalt durchgeführt, da hier am häufigsten Probleme auftreten.

Tragkraft für die Windkraft | Exceptional load   71


Historisches Anhalt in der Gegenwart In der Region Anhalt haben viele Orte ihre Geschichte wieder­entdeckt und laden in alte Zeiten ein.

Wasserburg Roßlau: Überschäumende Lebens­ freude und Feierlaune

D

ie Burgmauern, umgeben von drei Wassergräben, wurden um 1400 auf den Trümmern einer slawischen Siedlungsburg von den Lindauer Grafen errichtet. 1348 kam die Burg als „Rozlowe dat hus“ in den Besitz der Fürsten von Anhalt und wurde ab da immer wieder ausgebaut. Nach dem Aussterben der Fürstenlinie brannte die Burg 1870 vollständig aus. Erst nach 50 Jahren wurde sie wieder bewohnbar hergerichtet. Inzwischen wohnt dort allerdings niemand mehr. Stattdessen lässt man das Mittelalter auf dem Burggelände wieder aufleben. Viele bunte historische Märkte locken mit fröhlicher Gauklerei, heißem Honigwein und traditionellem Handwerk Besucher an. Die Gruppe „Saltatio Burgus“ begeistert mit Tänzen im Stil der Renaissance und des Frühbarock. Der festliche Höhepunkt ist das Burgtheater mit eigenen Inszenierungen in der Sommerzeit. Der Verein „TheaterBurg Roßlau“ wurde von kreativen Schauspielern, Regisseuren und Kulturschaffenden gegründet.

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Anhalt

Historical Anhalt in the present In the region Anhalt

many places have rediscovered their history and invite to the old times …


Moated Castle Roßlau: Exuberant life and festive mood

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he castle walls, umgeben von drei Wassergräben, wurden um 1400 auf den Trümmern einer slawischen Siedlungsburg von den Lindauer Grafen errichtet. 1348 kam die Burg als „Rozlowe dat hus“ in den Besitz der Fürsten von Anhalt und wurde ab da immer wieder ausgebaut. Nach dem Aussterben der Fürstenlinie brannte die Burg 1870 vollständig aus. Erst nach 50 Jahren wurde die Burg wieder bewohnbar hergerichtet. Inzwischen wohnt dort allerdings niemand mehr. Stattdessen lässt man das Mittelalter auf dem Burggelände wieder aufleben. Viele bunte historische Märkte locken mit fröhlicher Gauklerei, heißem Honigwein und traditionellem Handwerk Besucher an.

Burgruine Hundeluft: Betörender Duft von Diesel und Bratwurst

D

ie im Jahr 1280 errichtete Wasserburg war im Lauf ihrer Geschichte immer wieder umkämpft, Raubritter und Fürsten rangen um ihren Besitz. Ende des 18. Jahrhunderts wurden die geschichtsträchtigen Reste der im Dreißigjährigen Krieg zerstörten Burg abgetragen. Sie dienten als Baumaterial für umliegende Bauten. Im Jahr 1943 wurde das Konstruktions­büro der Junkers Flugzeug- und ­Motorenwerke kriegsbedingt nach Hundeluft verlegt. Einmal im Jahr findet heute an der Burgstelle eine kleine Schlacht zwischen „echten Männern“ statt. Dann hallt´s in der Luft nur so von Puffen, Knallen, Knattern, Röcheln, Tuckern und Schnurren. Beim Stationärmotortreffen wird der am besten restaurierte Motor gekürt. Die Stationärmotoren stammen von landwirtschaftlich genutzten Maschinen, die zum Teil jahrzehntelang vergessen in alten Scheunen lagerten. Im Zuge der technischen Entwicklung wurden sie mit der Zeit von Elektromotoren abgelöst. Die Ausstellung der historischen Antriebstechnik begeistert die fachsimpelnden Fans. Man redet sich die Köpfe heiß, die Kohlenglut vom Grill treibt auch noch so manchen Schweißtropfen auf die Stirn, Männergespräche und Motoren laufen auf Hochtouren.

Castle Ruins Hundeluft: Smell of diesel and sausage

B

uild in 1280 wat die Wasserburg im Lauf ihrer Geschichte immer wieder umkämpft, Raubritter und Fürsten rangen um ihren Besitz. Ende des 18. Jahrhunderts wurden die geschichtsträchtigen Reste der im Dreißigjährigen Krieg zerstörten Burg abgetragen. Sie dienten als Baumaterial für umliegende Bauten. Im Jahr 1943 wurde das Konstruktions­büro der Junkers Flugzeug- und ­Motorenwerke kriegsbedingt nach Hundeluft verlegt.

Historisches Anhalt in der Gegenwart | Historic Anhalt today  73


Schloss Ballenstedt: Das Märchenschloss des Großen Bären

I

n der Chronik wird das auf Klostermauern erbaute Schloss 1030 erstmals erwähnt. Auf der dreiflügligen spätbarocken Schlossanlage sind viele geschichtsträchtige Gebäude anzufinden. Das Schlosstheater, 1788 eröffnet, ist das älteste bespielte Theater in Mitteldeutschland. Die letzte Ruhestätte des Markgrafen ­A lbrecht der Bär, der Gründer des Fürstentums Anhalt, und seiner Gemahlin Sophie befindet sich in der ehemaligen Klosterkirche im Westwerk des Schlosses. Wenn man im Schlosspark die imposante Treppenanlage hinabgeht, der Wasserachse mit der Drachenfontäne folgt und an den herrlich alten Bäumen vorbei bis hin zum Schwanenteich spaziert, scheint sich die Zeit zurück zu drehen. Dieses märchenhafte Ambiente lockt besonders Besucher an, die „Ja“ zueinander sagen. Noch mehr Einblicke in vergangene Zeiten bieten die wechselnden Ausstellungen und Schlossführungen. Im Nordflügel heißt es dann „Film ab!“ für eine faszinierende Vorstellung der Kino- und Filmgeschichte der vergangenen 100 Jahre.

Castle Ballenstedt: The fairytale castle of the Big Bear

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n Chronicles wird das auf Klostermauern erbaute Schloss 1030 erstmals erwähnt. Auf der dreiflügligen spätbarocken Schlossanlage sind viele geschichtsträchtige Gebäude anzufinden. Das Schlosstheater, 1788 eröffnet, ist das älteste bespielte Theater in Mitteldeutschland. Die letzte Ruhestätte von dem Markgrafen ­A lbrecht des Bären, der Gründer des Fürstentums Anhalt, und seiner Gemahlin Sophie befindet sich in der ehemaligen Klosterkirche im Westwerk des Schlosses.

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Wenn man im Schlosspark die imposante Treppenanlage hinabgeht, der Wasserachse mit der Drachenfontäne folgt und an den herrlich alten Bäumen vorbei bis hin zum Schwanenteich spaziert, scheint sich die Zeit zurück zu drehen.


Schloss Bernburg: Eulenspiegel und „Die Krone Anhalts“

D

ie 961 erstmals urkundlich erwähnte Burg „civitas brandenburg“ diente Eilika Billung von Sachsen, der Mutter Albrechts des Bären, als Witwensitz. Nachdem die Burg bei einer kriegerischen Auseinandersetzung niedergebrannt wurde, ließ Albrecht sie wieder an der gleichen Stelle errichten.

Der heutige Eulenspiegelturm, wo der Schelm seinen Dienstherrn an der Nase herumgeführt haben soll, stammt noch aus jener Zeit. Ab dem 16. Jahrhundert erfolgte der Ausbau zu einem eindrucksvollen Renaissanceschloss. 1860 wurde im ehemaligen Burggraben ein Gehege für Braunbären angelegt: die Wappentiere von Anhalt. Das Schlossmuseum hat die geschichtlichen Ereignisse spannend aufbereitet. Im Kellergewölbe gibt es eine Ausstellung über die Hexenprozesse, mittelalterliche Folterpraktiken und die frühe Rechtsprechung. Kleine Besucher klettern begeistert hoch in die Türmerstube zu Eulenspiegel „höchstpersönlich“. Im ehemaligen Marstall wird heute zeitgenössische Kunst von regionalen und international bekannten Künstlern gezeigt.

Castle Bernburg: Eulenspiegel and “Anhalt’s Crown”

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he castle wurde 961 erstmals urkundlich erwähnt als „civitas brandenburg“ und diente Eilika Billung von Sachsen, der Mutter Albrechts des Bären, als Witwensitz. Nachdem die Burg bei einer kriegerischen Auseinandersetzung niedergebrannt wurde, ließ Albrecht sie wieder an der gleichen Stelle errichten. Der heutige Eulenspiegelturm, wo der Schelm seinen Dienstherrn an der Nase herumgeführt haben soll, stammt noch aus jener Zeit. Ab dem 16. Jahrhundert erfolgte der Ausbau zu einem eindrucksvollen Renaissanceschloss. 1860 wurde im ehemaligen Burggraben ein Gehege für Braunbären angelegt. Das Schlossmuseum hat die geschichtlichen Ereignisse spannend aufbereitet.

Historisches Anhalt in der Gegenwart | Historic Anhalt today  75


Schloss Oranienbaum: Das Land, wo die Orangen blühen

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ie barocke Schlossanlage wurde ab 1683 im Auftrag der Fürstin Henriette Catharina von Anhalt-Dessau als Sommerresidenz erbaut. Symbol ihrer niederländischen Herkunft ist der Orangenbaum, der auch den Ort benennt. Später gestaltete ihr Urenkel Fürst Franz zahlreiche Räume in chinesischem Stil um und verwandelte die Gartenanlage in den ältesten englisch-chinesischem Garten Deutschlands. Ab 1812 entstand die übrige Orangerie, in der bis heute mediterrane Zitrusfrüchte gedeihen. Schritt für Schritt erstrahlt das Schloss in altem und in neuem Glanz. In dieser Restaurierungsphase kann betrachtet werden, wie sich Historisches sich mit der Moderne verbindet. Besonders spannend sind die Kontraste zwischen den Materialien in den Ausstellungsräumen. Da gibt es einen Ledertapetensaal mit edler Porzellanschauwand, die Kunstinstallation in der Spiegelkristallgalerie oder den Sommerspeisesaal im Keller mit bemalten Wandfliesen. Und wenn man besonders viel Glück hat, brennt gerade ein ­Herdfeuer in der Schwarz­küche im Nebengebäude des Schlosses, dem Haus des Sammlers. Dort kann man sich auf Chesterfieldsofas bequem zurücklehnen und die würzige Atmosphäre der Ausstellung über die Fabrikation von Tabak auf sich wirken lassen.

Castle Oranienbaum: The land where the oranges bloom

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he baroque palace complex wurde ab 1683 im Auftrag der Fürstin Henriette Catharina von Anhalt-Dessau als Sommerresidenz erbaut. Symbol ihrer Herkunft ist der Orangenbaum, der auch

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den Ort benennt. Später gestaltete ihr Urenkel Fürst Franz zahlreiche Räume in chinesischem Stil um und verwandelte die Gartenanlage in den ältesten englisch-chinesischen Garten Deutschlands. Schritt für Schritt erstrahlt das Schloss in altem und in neuem Glanz. In dieser Restaurierungsphase kann betrachtet werden, wie sich Historisches sich mit der Moderne verbindet.


Schloss Mosigkau: Wo Flora flirrt und flirtet

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n der Blütezeit des Rokoko wurde von 1752 bis 1757 für die Prinzessin Anna Wilhelmine von Anhalt-Dessau eine Sommerresidenz erbaut. In späteren Jahren wurde in diesem „kleinen Sanssouci“ ein Hochadeliges Fräuleinstift eingerichtet, das bis 1945 bestand. Viele Räumlichkeiten blieben, teilweise sogar mit der Originalausstattung, erhalten oder

konnten rekonstruiert werden. Was schon in der ­Rokokozeit ein gewitztes Gesellschaftsspiel war, macht heute immer noch Spaß: Kulturgenuss und Spiele im Freien. Man genießt das Grün der Hecken des Irrgartens, den Zauber des Zufalls, um sich schließlich bei der Kegelbahnlaube oder am Fischteich wiederzufinden. Die Stubenhocker unter den Besuchern lassen sich im Galeriesaal von den lückenlos aneinandergereihten Werke flämischer und holländischer Meister beeindrucken. Oder bei Schlossführungen die anhaltinischen Fürsten-Bildnissen beobachten… Die anmutige Stille wird ab und zu unterbrochen – durch klassische Konzerte von musikalisch Hochbegabten oder durch das Kratzen von Schreibfedern beim Erlernen der Kunst des Briefeschreibens.

Castle Mosigkau: Where Flora shimmers and flirts

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n the heyday des Rokoko wurde von 1752 bis 1757 für die Prinzessin Anna Wilhelmine von Anhalt-Dessau eine Sommerresidenz erbaut. In späteren Jahren wurde in diesem „kleinen Sanssouci“ ein Hochadeliges Fräuleinstift eingerichtet, das bis 1945 bestand. Viele Räumlichkeiten blieben, teilweise sogar mit der Originalausstattung, erhalten oder konnten rekonstruiert werden. Was schon in der R ­ okokozeit ein gewitztes Gesellschaftsspiel war, macht heute immer noch Spaß: Kulturgenuss und Spiele im Freien. Man genießt das Grün der Hecken des Irrgartens, den Zauber des Zufalls, um sich schließlich bei der Kegelbahnlaube oder am Fischteich wiederzufinden.

Historisches Anhalt in der Gegenwart | Historic Anhalt today  77


Begehbare Bildungs­lektüre Da sie in Dessau wohnen und der Wörlitzer Park nicht weit entfernt ist, hatten die Autorin­ nen dieses Artikels schon einige Male die Möglichkeit genutzt und den wunderschönen Land­ schaftspark besucht. Für diese Reportage unternahmen sie eine kleine Bildungsreise durch den Park und beteiligten sich an einer Führung, die alle Aufmerksamkeit auf die Brü­ cken des Parks richtete.

English Headline als Fließtext Has one one and made

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m Landschaftsgarten Wörlitz finden sich neben zahlreichen kunsthistorischen Bauwer­ ken auch verschiedenste Brückenbauformen. Insgesamt führen 21 Brücken in unterschied­ lichsten Stilrichtungen und Konstruktionen über die Gewässer des Parks. Fürst Leopold von Anhalt wollte damit für die Einwohner seines Landes Entwicklung und Vielfalt der Brückenbaukunst zeigen und erlebbar machen. So entstand auch für die Nachwelt ein einzigartiges begehbares „Lehr­ werk“. Während der Führung haben wir acht Brücken überquert, die unterschiedlicher nicht sein könn­ ten. Es war eine abenteuerliche Reise durch die Geschichte des Brückenbaus.

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Anhalt

to become, who from book wanted and this so names sober but, ­finally as to fact full under away. Has one one and made to become, who from book wanted and this so names sober but, ­finally as to fact full under away. Has one one and made to become, who from book wanted and this so names

m Landschaftsgarten Wörlitz finden sich neben zahlreichen kunsthistorischen Bauwer­ ken auch verschiedenste Brückenbauformen. Insgesamt führen 21 Brücken in unterschied­ lichsten Stilrichtungen und Konstruktionen über die Gewässer des Parks. Fürst Leopold von Anhalt wollte damit für die Einwohner seines Landes Entwicklung und Vielfalt der Brückenbaukunst zeigen und erlebbar machen. So entstand auch für die Nachwelt ein einzigartiges begehbares „Lehr­ werk“. Während der Führung haben wir acht Brücken überquert, die unterschiedlicher nicht sein könn­ ten. Es war eine abenteuerliche Reise durch die Geschichte des Brückenbaus.


1

Wie der Name schon sagt, besitzt die Weiße Brücke einen auffälligen weißen Anstrich und hebt sich so eindrucksvoll von ihrer grünen Umgebung ab. Schon von weitem faszi­ niert ihre einzigartige Bauform, sie wirkt sehr romantisch. Schon auf den ersten Blick fallen die Stufenabstände auf. Beim Betreten der Brücke sind die Abstände der Stufen zunächst sehr groß und werden zur Mitte hin immer kleiner. Der Tourgui­ de kennt die Erklärung: Die Stufenabstände stehen als Symbol für das menschliche Leben. Als junger Mensch machen wir eine bedeutende Entwicklung durch, die Stufenabstände sind am größten. Im Laufe der Zeit finden wir unsere Bestimmung und erreichen peu à peu in gemessenen Schritten die höchste Stelle der Brücke.

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Wie der Name schon sagt, besitzt die Weiße Brücke einen auffälligen weißen An­ strich und hebt sich so eindrucksvoll von ihrer grünen Umgebung ab. Schon von weitem faszi­ niert ihre einzigartige Bauform, sie wirkt sehr romantisch. Schon auf den ersten Blick fallen die Stufenabstände auf. Beim Betreten der Brücke sind die Abstände der Stufen zunächst sehr groß und werden zur Mitte hin immer kleiner. Der Tourgui­ de kennt die Erklärung: Die Stufenabstände stehen als Symbol für das menschliche Leben. Als junger Mensch machen wir eine bedeutende Entwicklung durch, die Stufenabstände sind am größten.

Begehbare Bildungslektüre | Take a walk on the bright side  79


2 Friederikenbrücke

3 Hornzackenbrücke

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Kaum ist man auf dem Parkplatz des Wörlitzer Parks angekommen, wird man schon von der ersten Brücke begrüßt. Die Friederiken­brücke dient den Besuchern als Zufahrt zum Park. Es lohnt sich, die steinerne Brückenkonstruktion auch von der Seite zu betrachten. Dann offenbart sich ein beeindruckender Landschaftsausschnitt aus Brückenrahmen, Wörlitzer See und Wörlitzer Schloss mit all der umgebenden Landschaft. Die­ ses auf besondere Art gerahmte Landschaftsbild mussten wir unbedingt als fotografische Auf­ nahme festhalten!

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Kaum ist man auf dem Parkplatz des Wörlitzer Parks angekommen, wird man schon von der ersten Brücke begrüßt. Die Friederikenbrücke dient den Besuchern als Zufahrt zum Park. Es lohnt sich, die steinerne Brückenkonstruktion auch von der Seite zu betrachten. Dann offenbart sich ein beeindruckender Landschaftsausschnitt aus Brückenrahmen, den Wörlitzer See und dem

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Neben den ganzen modernen und konven­ tionellen Brückenbauformen findet sich auf dem Weg durch den Park auch eine der Urformen des Brückenbaus: Ein geteilter Eichenstamm mit astigem Geländer ermöglicht das Überqueren des Wolfskanals. Diese mächtige umgestürzte Eiche wird Hornzackenbrücke genannt.

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Neben den ganzen modernen und konven­ tionellen Brückenbauformen findet sich auf dem Weg durch den Park auch eine der Urformen des Brückenbaus: Ein geteilter Eichenstamm mit astigem Geländer ermöglicht das Überqueren des Wolfskanals. Diese mächtige umgestürzte Eiche wird Hornzackenbrücke genannt.


4 Eisenhart

5 Kettenbrücke

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Der Eisenhart war die nächste Station der Führung. Hier fallen sofort die zwei kleinen Gebäude auf, die sich auf dem Eisenhart befin­ den. Das eine ist ein Bibliothekspavillon, der eine Vielzahl Landschaftsbücher beherbergt. Das zweite Gebäude ist der Südseepavillon. Hier ist eine einmalige, von Georg Forster zusammengetragene Sammlung ethnografischer Objekte aus dem pazifischen Raum ausgestellt. Sobald die letzten Restaurierungsarbeiten des Eisenharts abgeschlossen sind, können die Pavillons auch von innen besichtigt werden.

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Die schwankende Kettenbrücke ist nicht jedermanns Sache. Doch für wagemutige Besucher wird das Überqueren der Konstruktion aus Tragketten und Holztafeln zu einem aufregen­ dem Erlebnis. Es braucht schon ein bisschen Mut, diese schwankende, aber dennoch stabile Brücke zu passieren. Auf der anderen Seite gelangt man zu einem verzweigtem Höhlensystem mit zahlreichen Grotten und tunnelartigen Gängen.

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Die schwankende Kettenbrücke ist nicht jedermanns Sache. Doch für wagemutige Be­ sucher wird das Überqueren der Konstruktion aus Trageketten und Holztafeln zu einem aufregendem Erlebnis. Es braucht schon ein bisschen Mut, diese schwankende, aber dennoch stabile Brücke zu pas­ sieren. Auf der anderen Seite gelangt man zu

Der Eisenhart war die nächste Station der Führung. Hier fallen sofort die zwei kleinen Gebäude auf, die sich auf dem Eisenhart befinden. Das eine ist ein Bibliothekspavillon, der eine Viel­ zahl Landschaftsbücher beherbergt. Das zweite Gebäude ist der Südseepavillon. Hier ist eine einmalige Sammlung ethnografischer Objekte aus dem pazifischen Raum von Georg Förtser ausge­ stellt. Sobald die letzten Restaurierungsarbeiten des Eisenharts abgeschlossen sind Begehbare Bildungslektüre | Take a walk on the bright side  81


6 Hohe Brücke

6 Hohe Brücke

7 Sonnenbrücke

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Auf der steinernen Hohen Brücke wird man Zeuge eines witzigen Schauspiels. Die Hohe Brücke befindet sich nur unweit der Kettenbrücke und ist so hoch, dass man den Boden der Ketten­ brücke nicht mehr sehen kann. Wenn nun jemand die Kettenbrücke überquert, sieht es so aus, als würde die Person über diese Brücke schweben, da die Füße nicht sichtbar sind. Das mussten wir natürlich sofort selbst ausprobieren.

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Auf der steinernen Hohen Brücke wird man Zeuge eines witzigen Schauspiels. Die Hohe Brücke befindet sich nur unweit der Kettenbrücke und ist so hoch, dass man den Boden der Ketten­ brücke nicht mehr sehen kann. Wenn nun jemand die Kettenbrücke überquert, sieht es so aus, als würde die Person über diese Brücke schweben, da die Füße nicht sichtbar sind.

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Das nächste Ziel der Führung: die Sonnenbrücke. Sie wirkt besonders elegant mit ihren vergoldeten, in den Himmel ragenden Sonnen­ strahlen. So um die hundert dürften es sein, die die Brücke als leuchtendes Kleid umhüllen. Bei besonderem Sonnenstand zeichnet spiegelt sich der Strahlenbogen auf der Wasseroberfläche wider – das muss ein erstaunliches Schauspiel für den Besucher sein. Das nächste Ziel der Führung: die Sonnen-

brücke. Sie wirkt besonders elegant mit ihren

vergoldeten, in den Himmel ragenden Sonnen­ strahlen. So um die hundert dürften es sein, die die Brücke als leuchtendes Kleid umhüllen. Bei besonderem Sonnenstand zeichnet spiegelt sich der Strahlenbogen auf der Wasseroberfläche wider


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Am Georgenkanal gelangt man über die aus Schmiedeeisen gefertigte Eiserne Brücke. Vom Tourguide ist zu erfahren, dass diese Brücke eine verkleinerte Nachbildung der englischen Iron Bridge ist. Wer beeindruckt von diesem riesigem eisernen Konstrukt den Weg über die Eiserne Brücke wagt, betritt eine der modernsten Brücken­ bauformen in Wörlitz.

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Am Georgenkanal gelangt man über die aus Schmiedeeisen gefertigte Eiserne Brücke. Vom Tourguide ist zu erfahren, dass diese Brücke eine verkleinerte Nachbildung der englischen Iron Bridge ist. Wer beeindruckt von diesem riesigem eisernen Konstrukt den Weg über die Eiserne Brücke wagt, betritt eine der modernsten Brücken­ bauformen in Wörlitz.

8 Eiserne Brücke

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Auf stillen Wassern Unterwegs auf den Flüssen Anhalts

A

nhalt gilt gemeinhin als Land der neuen Strömungen. Mit Elbe, Saale und Mulde durchströmen aber auch gleich drei bedeutende alte Fließgewässer diese geschichtsträchtige Landschaft. Welch herrliches Vergnügen ist es, das Land Fürst Leopolds vom Schiff aus zu erkunden! Und wenn man im Wörlitzer Winkel dessen prächtiges Gartenreich an sich vorüberziehen lässt, meint man fast, ihn zu sehen: am Schilfufer stehend, wartend auf Nach-

richten aus jenen fernen Erdteilen, deren Samen hier im Dreistromland in seinem Garten keimen und Früchte tragen sollen. Besteigen wir also einen Kahn und lassen wir uns vom Wasser davontragen und uns von der Landschaft alte und neue Geschichten aus den Annalen dieses Fürstentums zuraunen. Zugleich wollen wir die Farben dieses Fleckens sammeln und festhalten, denn sie sollen auch in den nächsten Jahrhunderten nicht ver­ blassen …

Mulde

Vergangenheit einladen: Angeblich soll von der alten Kirche im Wald ein unterirdischer Gang bis nach Muldenstein hinunter bestanden haben. Eine alte Legende berichtet von einem Mönch, der, von seinen Mitbrüdern wegen Ungehorsams bestraft, mit einem Licht und einer Trommel in den Tunnel unter die Mulde geschickt und hernach nie wieder gesehen wurde. Des Nachts ist aber noch manches Mal leise vom Grunde her sein Trommeln zu vernehmen. Eine andere Sage gibt Kunde von

Es wird allseits empfohlen, seine Reise am östlich von Bitterfeld gelegenen Muldenstausee zu beginnen. Von dort schippern wir also zunächst westwärts, bis die Mulde schließlich in einer engen Rechtskurve die Grenze Anhalts bei dem Dorf Muldenstein übertritt. Nun fließt sie in weitem Bogen durch den Salegaster Forst, eine Gegend voller sagenumwobener Orte, die zum Blick in die

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Anhalt


On still water.

On tour by the rivers of Anhalt

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nhalt gilt gemeinhin als Land der neuen Strömungen. Mit Elbe, Saale und Mul­ de durchströmen aber auch gleich drei bedeutende alte Fließgewässer diese geschichtsträchtige Landschaft. Welch herrli­ ches Vergnügen ist es, das Land Fürst Leopolds vom Schiff aus zu erkunden! Und wenn man im Wörlitzer Winkel dessen prächtiges Gartenreich an sich vorüberziehen lässt, meint man fast, ihn zu sehen: am Schilfufer stehend, wartend auf Nach­

richten aus jenen fernen Erdteilen, deren Samen hier im Dreistromland in seinem Garten keimen und Früchte tragen sollen. Besteigen wir also einen Kahn und lassen wir uns vom Wasser davontra­ gen und uns von der Landschaft alte und neue Geschichten aus den Annalen dieses Fürstentums zuraunen. Zugleich wollen wir die Farben dieses Fleckens sammeln und festhalten, denn sie sollen auch in den nächsten Jahrhunderten nicht ver­ blassen …

Mulde

Vergangenheit einladen: Angeblich soll von der alten Kirche im Wald ein unterirdischer Gang bis nach Muldenstein hinunter bestanden haben. Eine alte Legende berichtet von einem Mönch, der, von seinen Mitbrüdern wegen Ungehorsams bestraft, mit einem Licht und einer Trommel in den Tunnel unter die Mulde geschickt und hernach nie wieder gesehen wurde. Des Nachts ist aber noch manches Mal leise vom Grunde her sein Trommeln zu vernehmen. Eine andere Sage gibt Kunde von

Es wird allseits empfohlen, seine Reise am östlich von Bitterfeld gelegenen Muldenstausee zu beginnen. Von dort schippern wir also zunächst westwärts, bis die Mulde schließlich in einer engen Rechtskurve die Grenze Anhalts bei dem Dorf Muldenstein übertritt. Nun fließt sie in weitem Bogen durch den Salegaster Forst, eine Gegend voller sagenumwobener Orte, die zum Blick in die

Auf stillen Wassern | On still water  85


zwei Liebenden, die sich vor den Eltern fliehend bei einem Gewitter am Schlangenberg versteckten. Auch sie waren seitdem verschwunden, doch neigen sich seit jenem Tage zwei Eichen am selben Orte zueinander hin. Der Fluss aber verlässt alsbald diesen dunklen Wald und betritt eine grüne Auenlandschaft, inmitten derer das Städtchen Jeßnitz gelegen ist. Eine besondere Sehenswürdigkeit verbirgt sich hier im nördlichen Ortsteil Altjeßnitz: Im Gutspark des barocken Schlosses ließ im 18. Jahrhundert Leopold Nicolas Freiherr von Ende einen Irrgarten aus mannshohen Hainbuchenhecken anlegen, der fortan dem Adel zur Belustigung diente und insgesamt 2600 Meter im Quadrat zählt. Bis heute besteht dieses Denkmal der Gärtnerkunst; es bildet sowohl den ältesten als auch den größten Irrgarten in deutschen Landen. Von Jeßnitz über Raguhn führt uns die Flussfahrt weiter nach Norden, und hier nun wird auch die Mulde zum Grenzfluss Anhalts, denn die Gegend um das Dörfchen Schierau ist eine Enklave mitten im Anhaltischen, die dem Fürstentum nicht angehörig ist. Sein berühmtester Sohn aber, Philipp von Zesen, der Schriftsteller war und unter dem Namen „Der Wohlsetzende“ Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft, verbrachte viel Zeit am Anhaltischen Hof zu Dessau, als Gesellschafter des gelähmten Fürsten Johann Kasimir. Nun zeichnen sich am Horizont schon die hohen Häuser der großen Stadt Dessau ab, und langsam trägt der Fluss den Reisenden zur einstigen Residenz Fürst Leopolds. Vom Boot aus lässt sich wunderbar das Stadtschloss bestaunen, das heute durch eine anmutige weiße Bogenbrücke mit dem Hinteren Tiergarten verbunden ist. Nicht weit davon mündet die Mulde schließlich in die Elbe und strebt nun, vereint mit ihr, der Nordsee entgegen. Verheerend waren die großen Fluten der Jahre 2002 und 2013, bei denen die Wassermassen der beiden Flüsse Dessau und seine Dörfer gleichsam in die Zange nahmen. Aber emsig beseitigten die Dessauer rasch alle Schäden. Die Launen der Ströme sind sie gewohnt, aber ebenso die fleißige Arbeit und die gegenseitige Hilfe bei der Rettung ihrer schönen Heimatstadt.

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Anhalt

Saale Einen völlig anderen Landstrich, nämlich das ehemalige Anhalt-Bernburg, durchquert nun die Saale. Aus Thüringen kommend, fließt sie, klares Wasser führend, bei Plötzkau in die Ländereien des Fürstentums. Fruchtbare Auenlandschaften säumen hier das Ufer; im dichten Laub der Ulmen und Eschen zieht der Rotmilan seine Jungen heran, während in den dahinter liegenden Heidewiesen Adonisröschen und Wiesensalbei beheimatet sind. Diese wunderbare Wildnis steht seit langem unter Schutz, doch offenbart sie sich dem Betrachter in ganzer Herrlichkeit allein durch den Anblick ihrer Urwüchsigkeit und Artenvielfalt. Treten wir doch eine weitere kleine Zeitreise an: Das kleine Plötzkau war lange Zeit selbst Residenzstadt, seit nämlich August von Anhalt das Amt anno 1611 für 100 000 Taler seinem Halbbruder Christian I. von Anhalt-Bernburg abkaufte und in das hiesige Schloss einzog. Sogar eine eigene Münze wurde hier eingerichtet, doch half sie dem Fürsten nicht, die Erträge der winzigen Herrschaft zu vergrößern, so dass er auf die Künste von Alchemisten hoffen musste, die ihm sein eigenes Gold herstellen sollten. Tatsächlich fand man später ein Dreidukatenstück eigentümlicher Zusammensetzung in seinem Nachlass, doch falls es sich dabei wirklich um „chymisches“ Gold gehandelt haben sollte, so hat August das Geheimnis mit ins Grab genommen. Nach seinem Tode retteten die Nachkommen ihr Vermögen durch die Erbschaft des Fürstentums Anhalt-Köthen, dessen Linie vorher ausgestorben war. Doch wenden wir uns ab von Plötzkau und setzen die Flussfahrt fort Richtung Norden, denn nun tun die weiten Ackerflächen des Salzlandes auf, die landwirtschaftlich ertragreichsten in deutschen Landen. Wo sich zu früherer Zeit ein günstiger Flussübergang befand, gründeten Siedler einst die Stadt Bernburg; der Anleger im Krumbholz lädt hier zu einem kurzen Landgang ein. Wahrhaft majestätisch erhebt sich das Renaissanceschloss Bernburg über rotem Sandgestein; von weithin schon können wir seinen berühmten Eulenspiegelturm betrachten, wo der Narr einst den Fürsten zu Anhalt seinen Schalk spüren ließ. Zu Ruhm brachte es weiterhin Fürst Christian I. zu Anhalt-Bernburg. Der gewandte Diplomat und


zwei Liebenden, die sich vor den Eltern fliehend bei einem Gewitter am Schlangenberg versteckten. Auch sie waren seitdem verschwunden, doch neigen sich seit jenem Tage zwei Eichen am selben Orte zueinander hin. Der Fluss aber verlässt alsbald diesen dunklen Wald und betritt eine grüne Auenlandschaft, inmitten derer das Städtchen Jeßnitz gelegen ist. Eine besondere Sehenswürdigkeit verbirgt sich hier im nördlichen Ortsteil Altjeßnitz: Im Gutspark des barocken Schlosses ließ im 18. Jahrhundert Leopold Nicolas Freiherr von Ende einen Irrgarten aus mannshohen Hainbuchenhecken anlegen, der fortan dem Adel zur Belustigung diente und insgesamt 2600 Meter im Quadrat zählt. Bis heute besteht dieses Denkmal der Gärtnerkunst; es bildet sowohl den ältesten als auch den größten Irrgarten in deutschen Landen. Von Jeßnitz über Raguhn führt uns die Flussfahrt weiter nach Norden, und hier nun wird auch die Mulde zum Grenzfluss Anhalts, denn die Gegend um das Dörfchen Schierau ist eine Enklave mitten im Anhaltischen, die dem Fürstentum nicht angehörig ist. Sein berühmtester Sohn aber, Philipp von Zesen, der Schriftsteller war und unter dem Namen „Der Wohlsetzende“ Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft, verbrachte viel Zeit am Anhaltischen Hof zu Dessau, als Gesellschafter des gelähmten Fürsten Johann Kasimir. Nun zeichnen sich am Horizont schon die hohen Häuser der großen Stadt Dessau ab, und langsam trägt der Fluss den Reisenden zur einstigen Residenz Fürst Leopolds. Vom Boot aus lässt sich wunderbar das Stadtschloss bestaunen, das heute durch eine anmutige weiße Bogenbrücke mit dem Hinteren Tiergarten verbunden ist. Nicht weit davon mündet die Mulde schließlich in die Elbe und strebt nun, vereint mit ihr, der Nordsee entgegen. Verheerend waren die großen Fluten der Jahre 2002 und 2013, bei denen die Wassermassen der beiden Flüsse Dessau und seine Dörfer gleichsam in die Zange nahmen. Aber emsig beseitigten die Dessauer rasch alle Schäden. Die Launen der Ströme sind sie gewohnt, aber ebenso die fleißige Arbeit und die gegenseitige Hilfe bei der Rettung ihrer schönen Heimatstadt.

Saale Einen völlig anderen Landstrich, nämlich das ehemalige Anhalt-Bernburg, durchquert nun die Saale. Aus Thüringen kommend, fließt sie, klares Wasser führend, bei Plötzkau in die Ländereien des Fürstentums. Fruchtbare Auenlandschaften säumen hier das Ufer; im dichten Laub der Ulmen und Eschen zieht der Rotmilan seine Jungen heran, während in den dahinter liegenden Heidewiesen Adonisröschen und Wiesensalbei beheimatet sind. Diese wunderbare Wildnis steht seit langem unter Schutz, doch offenbart sie sich dem Betrachter in ganzer Herrlichkeit allein durch den Anblick ihrer Urwüchsigkeit und Artenvielfalt. Treten wir doch eine weitere kleine Zeitreise an: Das kleine Plötzkau war lange Zeit selbst Residenzstadt, seit nämlich August von Anhalt das Amt anno 1611 für 100 000 Taler seinem Halbbruder Christian I. von Anhalt-Bernburg abkaufte und in das hiesige Schloss einzog. Sogar eine eigene Münze wurde hier eingerichtet, doch half sie dem Fürsten nicht, die Erträge der winzigen Herrschaft zu vergrößern, so dass er auf die Künste von Alchemisten hoffen musste, die ihm sein eigenes Gold herstellen sollten. Tatsächlich fand man später ein Dreidukatenstück eigentümlicher Zusammensetzung in seinem Nachlass, doch falls es sich dabei wirklich um „chymisches“ Gold gehandelt haben sollte, so hat August das Geheimnis mit ins Grab genommen. Nach seinem Tode retteten die Nachkommen ihr Vermögen durch die Erbschaft des Fürstentums Anhalt-Köthen, dessen Linie vorher ausgestorben war. Doch wenden wir uns ab von Plötzkau und setzen die Flussfahrt fort Richtung Norden, denn nun tun die weiten Ackerflächen des Salzlandes auf, die landwirtschaftlich ertragreichsten in deutschen Landen. Wo sich zu früherer Zeit ein günstiger Flussübergang befand, gründeten Siedler einst die Stadt Bernburg; der Anleger im Krumbholz lädt hier zu einem kurzen Landgang ein. Wahrhaft majestätisch erhebt sich das Renaissanceschloss Bernburg über rotem Sandgestein; von weithin schon können wir seinen berühmten Eulenspiegelturm betrachten, wo der Narr einst den Fürsten zu Anhalt seinen Schalk spüren ließ. Zu Ruhm brachte es weiterhin Fürst Christian I.

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Reformator fand als „früher Europäer“ Eingang in die Geschichtsbücher der Region. Schnell eilt nun der Fluss auf die Grenze Anhalts zu, doch sollten wir nicht versäumen, auf unserem Wege noch Nienburg kennenzulernen. Sehr alt ist dieses Örtchen – schon der jüdische Reisende Ibrahim Ibn Yaqub erwähnte es im Jahre 962 nach Christi Geburt in einem Bericht an den Kalifen von Córdoba: „das ist eine Burg aus Steinen und Mörtel gebaut, und sie liegt am Fluss Saale, in den der Fluss Bode mündet. Von der Nienburg bis zur Salzsiederei der Juden, welche ebenfalls an der Saale liegt, sind es 30 Meilen.“ Bis heute zeugt mit dem jüdischen Friedhof ein Denkmal von der jüdischen Kultur in diesem Landstrich. Auch der Hafen der Stadt war einst von großer Bedeutung, galt er doch als einziger Weg, unter Umgehung des preußischen Zolls Waren aus Anhalt nach Hamburg und Übersee zu verschiffen. Klar und gerade fließt die Saale dahin. Kurz hinter Nienburg das Anhaltische verlassend, besucht sie noch das kleine Calbe, ehe sie schließlich bei Barby in die Elbe mündet. Bereichert durch unvergessliche Erlebnisse steigen wir Reisende hier vom Schiff und wenden uns kühn dem letzten und größten der drei anhaltischen Ströme zu – der Elbe.

Elbe Den längsten Weg durch Anhalt nimmt schließlich die Elbe, die größte der drei anhaltischen Lebensadern. Wir begeben uns in Wittenberg auf einen Dampfer der Weißen Flotte und reisen stromabwärts in Richtung der Stadt Dessau. Liegen die Fischerhäuschen von Kleinwitten­ berg hinter uns, so passieren wir nach etwa einer Stunde die Grieboer Schweiz, einen in seiner Ursprünglichkeit bezaubernden Flecken Natur, dessen Schönheit sich der Betrachter schwerlich entziehen kann. Nun sind wir in Anhaltischen Gefilden angekommen. Ein langes Steilufer begrenzt zum Norden hin das Flussbett. Dahinter erstrecken sich dichte Auenwälder; goldene Sandstrände spiegeln sich anmutig im klaren Wasser. Man hätte Lust, sich hier ein wenig zur Rast legen. Aber der Fluss und ebenso der Reiz neuer Ausblicke

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Anhalt

treiben den Schiffsreisenden stetig weiter, und bald eröffnet sich uns ein weiteres erbauliches Naturschauspiel: die weiten Auenwiesen der Mittelelbe, welche einzig sind in ihrem Artenreichtum. Hier nistet der Graureiher im Geäst uralter Eichen; Rotund Schwarzwild zieht durch die Wälder nahe dem Apollensberg und im Nixkraut am seichten Ufer tummeln sich Plötzen und Rotfedern. Nicht vergessen darf man den Elbbiber, dessen Jagdrecht sich der hiesige Adel schon im Jahre 1547 sicherte und der zum Symboltier der umliegenden Gemeinden wurde. Nun beschreibt der Fluss einen majestätischen Bogen, und all diese Eindrücke mitnehmend, gelangen wir schließlich im Städtchen Coswig an. Von weitem schon grüßen die drei Türme der Wahrzeichen Rathaus, Schloss und Nikolaikirche den müden Gast, und wenn sich auf der Steuerbordseite schließlich das prachtvolle Barockschloss der Fürstenwitwe Friederike auftut, wünscht man sich doch ein wenig deren weiches Federbett zum Ausruhen. Aber geschwind geht die Reise weiter und der Nachen folgt dem Stromverlauf in Richtung Süden, wo wir alsbald das frühere Fischerdörfchen Vocke­ rode erreichen, das erst seit dem neunzehnten Jahrhundert durch den Deichbau vor der Überflutung seiner Sandinseln gefeit ist. Noch früher soll es hier sogar eine Schiffsmühle gegeben haben, jedoch zeugen heute keine Überreste mehr davon, wohingegen der Name des Nelsonhügels nach wie vor von der Landung Admiral Nelsons am selbigen Ufer kündet. Hinter Vockerode wendet sich die Elbe wieder nach Norden hin, und freudig erwarten wir nun die Ankunft in der großen Residenzstadt Dessau und ihrer kleinen Schwester Roßlau auf dem anderen Ufer. Schon anno 1583 errichteten die Gebrüder Niuroni an dieser Stelle die erste Elbbrücke aus Holz – sie zählte wie die nächsten vier Elbbrücken stets zum Fürstentum Anhalt-Dessau; das Brückengeld war demnach auf Roßlauer Seite zu entrichten. Als wichtiger Knotenpunkt verschiedener Handels- und Heerstraßen wurde die Dessauer Elbbrücke zum Beispiel 1626 der Austragungsort einer großen Schlacht des Dreißigjährigen Krieges, bei der General Wallenstein einen Sieg über das protestantische Heer Ernsts von Mansfeld errang. Auf Roßlauer Seite ist das


zu Anhalt-Bernburg. Der gewandte Diplomat und Reformator fand als „früher Europäer“ Eingang in die Geschichtsbücher der Region. Schnell eilt nun der Fluss auf die Grenze Anhalts zu, doch sollten wir nicht versäumen, auf unserem Wege noch Nienburg kennenzulernen. Sehr alt ist dieses Örtchen – schon der jüdische Reisende Ibrahim Ibn Yaqub erwähnte es im Jahre 962 nach Christi Geburt in einem Bericht an den Kalifen von Córdoba: „das ist eine Burg aus Steinen und Mörtel gebaut, und sie liegt am Fluss Saale, in den der Fluss Bode mündet. Von der Nienburg bis zur Salzsiederei der Juden, welche ebenfalls an der Saale liegt, sind es 30 Meilen.“ Bis heute zeugt mit dem jüdischen Friedhof ein Denkmal von der jüdischen Kultur in diesem Landstrich. Auch der Hafen der Stadt war einst von großer Bedeutung, galt er doch als einziger Weg, unter Umgehung des preußischen Zolls Waren aus Anhalt nach Hamburg und Übersee zu verschiffen. Klar und gerade fließt die Saale dahin. Kurz hinter Nienburg das Anhaltische verlassend, besucht sie noch das kleine Calbe, ehe sie schließlich

bei Barby in die Elbe mündet. Bereichert durch unvergessliche Erlebnisse steigen wir Reisende hier vom Schiff und wenden uns kühn dem letzten und größten der drei anhaltischen Ströme zu – der Elbe.

Elbe Den längsten Weg durch Anhalt nimmt schließlich die Elbe, die größte der drei anhaltischen Lebens­ adern. Wir begeben uns in Wittenberg auf einen Dampfer der Weißen Flotte und reisen stromabwärts in Richtung der Stadt Dessau. Liegen die Fischerhäuschen von Kleinwittenberg hinter uns, so passieren wir nach etwa einer Stunde die Grieboer Schweiz, einen in seiner Ursprünglichkeit bezaubernden Flecken Natur, dessen Schönheit sich der Betrachter schwerlich entziehen kann. Nun sind wir in Anhaltischen Gefilden angekommen. Ein langes Steilufer begrenzt zum Norden hin das Flussbett. Dahinter erstrecken sich dichte Auenwälder; goldene Sandstrände spiegeln sich anmutig im klaren Wasser. Man

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Elbewerk eine Erwähnung wert, welches um 1890 herum die Spitze der europäischen Flussschiffswerften bildete und bis heute produziert, wenngleich in geringerem Ausmaße. In Dessau ist nun wahrhaftig Zeit für eine kurze Rast und so landen wir denn im Leopoldshafen an. 1850 angelegt, diente dieser früher den böhmischen Braunkohlehändlern als Umschlagsplatz; gleich zwei Waagehäuser wurden gar errichtet. Heute liegen hier die Boote der Dessauer Bürger vertäut, die sich – so wird berichtet – auch gerne in Bootsrennen miteinander messen. Nachdem der Schiffsreisende die Städte Dessau und Roßlau hinter sich gelassen hat, führen ihn verwegene Stromschnellen rasch an die Grenze Anhalts. Einer dieser Grenzorte ist Brambach, und auch von diesem Winkel gibt es einiges zu berichten. Wie ein silbernes Seidenband auf grünem Samt liegt hier der Fluss in der Landschaft und in diesem paradiesischen Winkel befinden sich die Elbterrassen, wo Verpflegung und Ruhe alle munteren Abenteurer zum Verweilen empfangen. Eine Gierseilfähre verbindet hier noch wie in früheren

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Anhalt

Zeiten die beiden Ufer – gerne lassen sich erschöpfte Radfahrer vom Fährmann übersetzen und sich dabei den kühlen Flusswind um die Nase wehen. Das Klima dieser Gegend gilt als so mild, dass zu früherer Zeit sogar Maulbeerseide hier gewonnen werden konnte, bis Napoleons Truppen die zarten Bäumchen letztlich vernichteten. Lange folgen wir nun dem Grenzverlauf des Fürstentums, passieren unterwegs Aken und seinen großen Industriehafen, um dann wie die Binnenschiffer, Anhalt für ein Weilchen zu verlassen. Die Saalemündung und das Örtchen Barby lassen wir backbords liegen, danach dauert es noch eine gute Stunde, bis unser Schiff ein letztes Mal durchs Anhaltische kreuzt – nämlich in der Ex­klave Dornburg im Jerichower Land. Die Elbe dient hier dem herrschaftlichen Schloss Dornburg als Spiegel seiner Pracht. Keine geringere als Johanna Elisabeth von Anhalt-Zerbst, Mutter Katharinas der Großen, war seine Bauherrin, und wenn die Schlossmauern golden in der Abendsonne leuchten, so mag man wohl versucht sein, den Vergleich mit Sankt Petersburg zu ziehen.


hätte Lust, sich hier ein wenig zur Rast legen. Aber der Fluss und ebenso der Reiz neuer Ausblicke treiben den Schiffsreisenden stetig weiter, und bald eröffnet sich uns ein weiteres erbauliches Naturschauspiel: die weiten Auenwiesen der Mittelelbe, welche einzig sind in ihrem Artenreichtum. Hier nistet der Graureiher im Geäst uralter Eichen; Rotund Schwarzwild zieht durch die Wälder nahe dem Apollensberg und im Nixkraut am seichten Ufer tummeln sich Plötzen und Rotfedern. Nicht vergessen darf man den Elbbiber, dessen Jagdrecht sich der hiesige Adel schon im Jahre 1547 sicherte und der zum Symboltier der umliegenden Gemeinden wurde. Nun beschreibt der Fluss einen majestätischen Bogen, und all diese Eindrücke mitnehmend, gelangen wir schließlich im Städtchen Coswig an. Von weitem schon grüßen die drei Türme der Wahrzeichen Rathaus, Schloss und Nikolaikirche den müden Gast, und wenn sich auf der Steuerbordseite schließlich das prachtvolle Barockschloss der Fürstenwitwe Friederike auftut, wünscht man sich doch ein wenig deren weiches Federbett zum Ausruhen. Aber geschwind geht die Reise weiter und der Nachen folgt dem Stromverlauf in Richtung Süden, wo wir alsbald das frühere Fischerdörfchen Vocke­rode erreichen, das erst seit dem neunzehnten Jahrhundert durch den Deichbau vor der Überflutung seiner Sandinseln gefeit ist. Noch früher soll es hier sogar eine Schiffsmühle gegeben haben, jedoch zeugen heute keine Überreste mehr davon, wohingegen der Name des Nelsonhügels nach wie vor von der Landung Admiral Nelsons am selbigen Ufer kündet. Hinter Vockerode wendet sich die Elbe wieder nach Norden hin, und freudig erwarten wir nun die Ankunft in der großen Residenzstadt Dessau und ihrer kleinen Schwester Roßlau auf dem anderen Ufer. Schon anno 1583 errichteten die Gebrüder Niuroni an dieser Stelle die erste Elbbrücke aus Holz – sie zählte wie die nächsten vier Elbbrücken stets zum Fürstentum Anhalt-Dessau; das Brückengeld war demnach auf Roßlauer Seite zu entrichten. Als wichtiger Knotenpunkt verschiedener Handels- und Heerstraßen wurde die Dessauer Elbbrücke zum Beispiel 1626 der Austragungsort einer großen Schlacht des Dreißigjährigen Krieges, bei der General Wallenstein einen Sieg

über das protestantische Heer Ernsts von Mansfeld errang. Auf Roßlauer Seite ist das Elbewerk eine Erwähnung wert, welches um 1890 herum die Spitze der europäischen Flussschiffswerften bildete und bis heute produziert, wenngleich in geringerem Ausmaße. In Dessau ist nun wahrhaftig Zeit für eine kurze Rast und so landen wir denn im Leopoldshafen an. 1850 angelegt, diente dieser früher den böhmischen Braunkohlehändlern als Umschlagsplatz; gleich zwei Waagehäuser wurden gar errichtet. Heute liegen hier die Boote der Dessauer Bürger vertäut, die sich – so wird berichtet – auch gerne in Bootsrennen miteinander messen. Nachdem der Schiffsreisende die Städte Dessau und Roßlau hinter sich gelassen hat, führen ihn verwegene Stromschnellen rasch an die Grenze Anhalts. Einer dieser Grenzorte ist Brambach, und auch von diesem Winkel gibt es einiges zu berichten. Wie ein silbernes Seidenband auf grünem Samt liegt hier der Fluss in der Landschaft und in diesem paradiesischen Winkel befinden sich die Elbterrassen, wo Verpflegung und Ruhe alle munteren Abenteurer zum Verweilen empfangen. Eine Gierseilfähre verbindet hier noch wie in früheren Zeiten die beiden Ufer - gerne lassen sich erschöpfte Radfahrer vom Fährmann übersetzen und sich dabei den kühlen Flusswind um die Nase wehen. Das Klima dieser Gegend gilt als so mild, dass zu früherer Zeit sogar Maulbeerseide hier gewonnen werden konnte, bis Napoleons Truppen die zarten Bäumchen letztlich vernichteten. Lange folgen wir nun dem Grenzverlauf des Fürstentums, passieren unterwegs Aken und seinen großen Industriehafen, um dann wie die Binnenschiffer, Anhalt für ein Weilchen zu verlassen. Die Saalemündung und das Örtchen Barby lassen wir backbords liegen, danach dauert es noch eine gute Stunde, bis unser Schiff ein letztes Mal durchs Anhaltische kreuzt – nämlich in der Exklave Dornburg im Jerichower Land. Die Elbe dient hier dem herrschaftlichen Schloss Dornburg als Spiegel seiner Pracht. Keine geringere als Johanna Elisabeth von Anhalt-Zerbst, Mutter Katharinas der Großen, war seine Bauherrin, und wenn die Schlossmauern golden in der Abendsonne leuchten, so mag man wohl versucht sein, den Vergleich mit Sankt Petersburg zu ziehen.

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Dort nun endet unsere Reise auf dem Elbestrom, und hier verlässt der Fluss schließlich Anhalt, um sich seinen Weg zur Nordsee zu suchen. Wir aber sind reich an Farben außergewöhnlicher Geschichten, und erfüllt von den Eindrücken eines ganz besonderen Landstriches, in dem die Menschen gelernt haben, im Einklang mit der, Natur zu leben und deren Schönheit zu würdigen verstehen.

Exkurs ins Kunkellehen Als Kunkellehen bezeichnet man ein mütter­ licherseits vererbtes Lehen, und eben so verhält es sich mit der Herrschaft Jever in Friesland, welche im Jahre 1793 Katharina der Großen zufiel, der Letzten des Geschlechtes Anhalt-Zerbst, dem dieses Stückchen Land einst durch ein verzwicktes Erbe zuteil geworden war. So kam es, dass der kleine Flecken nahe der friesischen Nordseeküste für Jahrzehnte über Russland regiert wurde. Trotzige Bürger bevölkern dieses Städtchen; einst sagte man ihnen sogar Handelsgeschäfte mit den berüchtigten Vitalienbrüdern um Klaus Störtebeker nach. Gleichwohl für ihren kühlen herben

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Anhalt

Charakter bekannt, begrüßen einen die Jeveraner stets freundlich in ihrem Städtchen. Unweit von diesem Orte nun mündet die Elbe ins Meer, deren Wasser schon durchs Zerbster Mutterland floss, jedoch ist die Nordsee weit näher als die „fernen Fürsten“, wie die Jeveraner ihre Regenten nannten, und sie bestimmt hier über das Wetter und das Leben der Einwohner. Bis heute ist nicht vergessen, wie am Weihnachtsabend anno 1717 der Landstrich von einer schrecklichen Sturmflut heimgesucht wurde, die tausende von Menschenleben forderte und fast die gesamte friesische Küste verschlang. Inzwischen schützen Deiche die Eingesessenen vor der Flut; mehrere Tiefs wie das Moorlandtief oder das Mühlentief umgeben die Stadt und leiten das Wasser von jenseits der Deiche zurück ins Meer. Ihre Heimat haben die Menschen hier der See mühsam abgetrotzt, und doch rühmen sie die raue, ungestüme Schönheit des Meeres in ihren Liedern und Sagen. Ein Gewässer aber gibt es in Jever, das kein Einheimischer fürchtet: Das Jever-Bier, seit Jahrhunderten hergestellt im Friesischen Brauhaus zu Jever!


Dort nun endet unsere Reise auf dem Elbestrom, und hier verlässt der Fluss schließlich Anhalt, um sich seinen Weg zur Nordsee zu suchen. Wir aber sind reich an Farben außergewöhnlicher Geschichten, und erfüllt von den Eindrücken eines ganz besonderen Landstriches, in dem die Menschen gelernt haben, im Einklang mit der, Natur zu leben und deren Schönheit zu würdigen verstehen.

Exkurs ins Kunkellehen Als Kunkellehen bezeichnet man ein mütterlicherseits vererbtes Lehen, und eben so verhält es sich mit der Herrschaft Jever in Friesland, welche im Jahre 1793 Katharina der Großen zufiel, der Letzten des Geschlechtes Anhalt-Zerbst, dem dieses Stückchen Land einst durch ein verzwicktes Erbe zuteil geworden war. So kam es, dass der kleine Flecken nahe der friesischen Nordseeküste für Jahrzehnte über Russland regiert wurde. Trotzige Bürger bevölkern dieses Städtchen; einst sagte man ihnen sogar Handelsgeschäfte mit den berüchtigten Vitalienbrüdern um Klaus Störtebeker nach. Gleichwohl für ihren kühlen herben

Charakter bekannt, begrüßen einen die Jeveraner stets freundlich in ihrem Städtchen. Unweit von diesem Orte nun mündet die Elbe ins Meer, deren Wasser schon durchs Zerbster Mutterland floss, jedoch ist die Nordsee weit näher als die „fernen Fürsten“, wie die Jeveraner ihre Regenten nannten, und sie bestimmt hier über das Wetter und das Leben der Einwohner. Bis heute ist nicht vergessen, wie am Weihnachtsabend anno 1717 der Landstrich von einer schrecklichen Sturmflut heimgesucht wurde, die tausende von Menschenleben forderte und fast die gesamte friesische Küste verschlang. Inzwischen schützen Deiche die Eingesessenen vor der Flut; mehrere Tiefs wie das Moorlandtief oder das Mühlentief umgeben die Stadt und leiten das Wasser von jenseits der Deiche zurück ins Meer. Ihre Heimat haben die Menschen hier der See mühsam abgetrotzt, und doch rühmen sie die raue, ungestüme Schönheit des Meeres in ihren Liedern und Sagen. Ein Gewässer aber gibt es in Jever, das kein Einheimischer fürchtet: Das Jever-Bier, seit Jahrhunderten hergestellt im Friesischen Brauhaus zu Jever!

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Winzig. Aber Riesigk. In Anhalt ist Grimme kein Preis, sondern ein Ort. Und Giersleben alles andere als zügellose Existenz. Woanders streicht man sich Buko aufs Brot – in Anhalt wohnt man da. Während in Bullen­ stedt nicht besonders viele Polizisten zu Hause sind. Adria finden Sie nicht vor südlichen Küsten, sondern südlich von Dessau. Kurzum: Die Ortsnamen in Anhalt verweigern sich den üblichen Assoziationen. Probieren Sie’s doch mal selbst und finden Sie die anhaltischen Ortsnamen, die in unseren Cartoons stecken.

Winzig. But Riesigk. In Anhalt ist Grimme kein Preis, sondern ein Ort. Und Giersleben alles andere als zügellose Existenz. Woanders streicht man sich Buko aufs Brot – in Anhalt wohnt man da. Während in Bullen­ stedt nicht besonders viele Polizisten zu Hause sind. Adria finden Sie nicht vor südlichen Küsten, sondern südlich von Dessau. Kurzum: Die Ortsnamen in Anhalt verweigern sich den üblichen Assoziationen. Probieren Sie’s doch mal selbst und finden Sie die anhaltischen Ortsnamen, die in unseren Cartoons stecken.

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„Vermeinete daselbst meine Lebenszeit zu beschließen“ Der Komponist Bach liebte es, in Köthen zu leben und zu ­arbeiten. Was bewegte ihn dazu, nach Anhalt in diese Stadt zu kommen?

Jene geraten. Verlangt sollte Weg auf nicht, gleich man immer, bearbeitet Meinung schon hat darf Heim weit. Soll könnte darin seltener nun Hand wie gewiss, suchen man wo Ton kaum sprechende. Nicht noch auskommen um hier Hat einer und gemachten zu werden, der von Buch wollen und diesen also Namen schlichte sondern, endlich weil zu.

“Wanted to end my life here in Coethen.” Der Komponist

Bach liebte es, in Köthen zu leben und zu ­arbeiten. Was bewegte ihn dazu, nach Anhalt in diese Stadt zu kommen?

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u seinen Lebzeiten reiste Johann Sebastian Bach, einer der berühmtesten Komponisten des Barock, viel umher. Er lebte und arbeitete in vielen Städten Deutschlands, unter anderem in Weimar und Leipzig. Was viele jedoch nicht wissen: Kurze Zeit war er auch in Köthen tätig und komponierte dort Stücke für eine Kapelle. Unter anderem entstanden in Köthen bedeutende Kammermusikwerke, Suiten für Klavier und Konzerte für Violine. Doch was bewegte Bach dazu ausgerechnet nach Anhalt zu kommen, wo er doch sonst vorzugsweise in großen Städten wie in Sachsen und Thüringen

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u seinen Lebzeiten reiste Johann Sebastian Bach, einer der berühmtesten Komponisten des Barock, viel umher. Er lebte und arbeitete in vielen Städten Deutschlands, unter anderem in Weimar und Leipzig. Was viele jedoch nicht wissen: Kurze Zeit war er auch in Köthen tätig und komponierte dort Stücke für eine Kapelle. Unter anderem entstanden in Köthen bedeutende Kammermusikwerke, Suiten für Klavier und Konzerte für Violine. Doch was bewegte Bach dazu ausgerechnet nach Anhalt zu kommen, wo er doch sonst vorzugsweise in großen Städten wie in Sachsen und Thüringen


tätig war? Die Antwort: Johann Sebastian Bach wollte damals die Nachfolge des Reinhard Augustin Stricker am Fürstenhof Anhalt-Köthen antreten, da er als dritter Mann in der Hierarchie der Hofkapelle von Weimar keine Chance sah, dort das höchste Amt zu bekleiden. Also trat Bach die Nachfolge des Hofkapellmeisters am Fürstenhof von Köthen an und wollte sich ursprünglich dort sogar auf Lebenszeit niederlassen. Trotzdem lebte er aus verschiedenen Gründen dann doch nur von 1717 bis 1723 in der Stadt. Er blieb ihr aber weiterhin und bis zum Tode des Fürsten Leopold – diesem laut Bach „Musik so wohl liebenden als

tätig war? Die Antwort: Johann Sebastian Bach wollte damals die Nachfolge des Reinhard Augustin Stricker am Fürstenhof Anhalt-Köthen antreten, da er als dritter Mann in der Hierarchie der Hofkapelle von Weimar keine Chance sah, dort das höchste Amt zu bekleiden. Also trat Bach die Nachfolge des Hofkapellmeisters am Fürstenhof von Köthen an und wollte sich ursprünglich dort sogar auf Lebenszeit niederlassen. Trotzdem lebte er aus verschiedenen Gründen dann doch nur von 1717 bis 1723 in der Stadt. Er blieb ihr aber weiterhin und bis zum Tode des Fürsten Leopold – diesem laut Bach „Musik so wohl liebenden als

„Vermeinete daselbst meine Lebenszeit zu beschließen“  99



Jene geraten. Verlangt sollte Weg auf nicht, gleich man immer, bearbeitet Meinung schon hat darf Heim weit. Soll könnte darin seltener nun Hand wie gewiss, suchen man wo Ton kaum sprechende. Nicht noch auskommen um hier Hat einer und gemachten zu werden, der von Buch wollen und diesen also Namen schlichte sondern, endlich weil zu.

kennenden Fürsten“ – eng verbunden, reiste noch öfters nach Anhalt und lieferte Musik zu Festtagen des Fürstenhauses. Trotz seines doch recht kurzen Aufenthaltes ist der Komponist für die Stadt Köthen zum Wahrzeichen und für die Bewohner ein fester Bestandteil ihres Kulturlebens geworden. So wird Bachs auch heute noch in Köthen gedacht und sein Schaffen geehrt. Unter anderem finden ihm zu Ehren alle zwei Jahre die Köthener Bachfesttage statt, im jährlichen Wechsel mit dem nationalen Bach-Wettbewerb für junge Pianisten.

kennenden Fürsten“ – eng verbunden, reiste noch öfters nach Anhalt und lieferte Musik zu Festtagen des Fürstenhauses. Trotz seines doch recht kurzen Aufenthaltes ist der Komponist für die Stadt Köthen zum Wahrzeichen und für die Bewohner ein fester Bestandteil ihres Kulturlebens geworden. So wird Bachs auch heute noch in Köthen gedacht und sein Schaffen geehrt. Unter anderem finden ihm zu Ehren alle zwei Jahre die Köthener Bachfesttage statt, im jährlichen Wechsel mit dem nationalen Bach-Wettbewerb für junge Pianisten.

So wohnet man also in Köthen: nobel. Und ich habe Anlass zur Vermutung, dass hierselbst sich Sammlungen musikalischer Aufnahmen von Werken Johann Sebastian Bachs im CD-Regal um die Wette biegen. Christian von Anhalt besuchte anlässlich des letzten BachFestivals in Köthen einen Studienfreund und war sehr angetan von dessen Wohnung.

So wohnet man also in Köthen: nobel. Und ich habe Anlass zur Vermutung, dass hierselbst sich die Sammlungen musikalischer Aufnahmen von Werken Johann Sebastian Bachs im CD-Regal geradezu um die Wette biegen. Christian von Anhalt besuchte anlässlich des letzten BachFestivals in Köthen einen Studienfreund und war sehr angetan von dessen Wohnung.

„Vermeinete daselbst meine Lebenszeit zu beschließen“  101


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Initiative „Pro Holzweg“ Schließen Sie die Augen und stellen Sie sich vor, wie das Bundesland Sachsen-Anhalt in 100 Jahren aussieht …

Initiative Pro Holzweg

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anz schön schwierig, wenn man die aktuellen Veränderungen in der politischen Struktur des Landes bedenkt. Es wird gekürzt und eingespart. Besonders betroffen sind die Sportförderung, die Polizei, die Kultur und die Universitäten. Tim Sandweg und Martin G. Berger haben diese Perspektiven zu einer Zukunftsvision weiterentwickelt: Die Region wird sich in eine blühende Landschaft zurückverwandeln, in der es sich nicht mehr zu leben und zu arbeiten lohnt. Um diesen unumgänglichen Prozess der Renaturierung und Entvölkerung tatkräftig zu unterstützen, gründeten der Dramaturg und der Regisseur die „Initiative Pro Holzweg“ – und zwar an dem Tag, an dem Landesregierung die Sparpläne für den Kulturhaushalt bekannt gab. Sie fordern auf, alle in Bildung, Kultur und weiteren Sektoren gestrichenen Gelder zu 100 Prozent der Bewaldung des Landes und der aus dem Förderwegfall entstehenden Brachfläche zur Verfügung

Close your eyes and imagine how Saxony-­Anhalt looks like in 100 years …

retty schwierig, wenn man die aktuellen Veränderungen in der politischen Struktur des Landes bedenkt. Es wird gekürzt und eingespart. Besonders betroffen sind die Sportförderung, die Polizei, die Kultur und die Universitäten. Tim Sandweg und Martin G. Berger haben diese Perspektiven zu einer Zukunftsvision weiterentwickelt: Die Region wird sich in eine blühende Landschaft zurück verwandeln, in der es sich nicht mehr zu leben und zu arbeiten lohnt. Um diesen unumgänglichen Prozess der Renaturierung und Entvölkerung tatkräftig zu unterstützen, gründeten der Dramaturg und der Regisseur die „Initiative Pro Holzweg“ – und zwar an dem Tag, an dem Landesregierung die Sparpläne für den Kulturhaushalt bekannt gab. Sie fordern auf, alle in Bildung, Kultur und weiteren Sektoren gestrichenen Gelder zu 100 Prozent der Bewaldung des Landes und der aus dem Förderwegfall entstehenden Brachfläche zur Verfügung zu stellen.

Initiative „Pro Holzweg“ | Be on the wrong track, and love it  103


Strategische Entvölkerung mit Nachhaltigkeit

Strategic depopulation with sustainability

Die Landesregierung sei ohnehin schon auf dem richtigen Weg, meinen nicht nur Sandweg und Berger. Die Zahlen des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalts zeigen, dass der Prozess der Entsiedlung des Landes bereits begonnen hat. Seit 1990 ist die Bevölkerung um 17,1 Prozent zurückgegangen. Die 5. Regionalisierte Bevölkerungsprognose geht davon aus, dass die Bevölkerung bis zum Jahr 2025 um weitere 18,6 Prozent schrumpfen wird. Bereits 2023 wird das Land weniger als 2 Millionen Einwohner haben und die älteste Bevölkerung in ganz Europa aufweisen.

Die Landesregierung sei ohnehin schon auf dem richtigen Weg, meinen nicht nur Sandweg und Berger. Die Zahlen des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalts zeigen, dass der Prozess der Entsiedlung des Landes bereits begonnen hat. Seit 1990 ist die Bevölkerung um 17,1 Prozent zurückgegangen. Die 5. Regionalisierte Bevölkerungsprognose geht davon aus, dass die Bevölkerung bis zum Jahr 2025 um weitere 18,6 Prozent schrumpfen wird.

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Schon jetzt besteht die Landesfläche von 20.446,31 km² zu fast einem Viertel aus Wald, durch die Aufforstung von ehemalige Militär­ gelände und Bergbaugebiete. Das klingt erschreckend und beängstigend. Doch auch hier trösten die beiden Aktivisten: Es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis sich die Natur den Lebensraum zurück erobert, wenn der Mensch darin fehlt. Dort, wo einst Industrieanlagen und Wohnparks standen, Straßen und Fahrradwege die Landschaft durchschnitten und Shopping Malls die Stadtkerne bildeten, wird die friedliche Ruhe nur durchbrochen vom Flügelschlag einer Rohrdommel. Statt Autos durchstreifen Wölfe das Dickicht ost- und westseits der Elbe. Ein urwaldähnliches Paradies des Artenreichtums, die grüne Lunge der Republik.

„Endlich nicht mehr früher ­aufstehen!“

Schon jetzt besteht die Landesfläche von 20.446,31 km² zu fast einem Viertel aus Wald, durch die Aufforstung von ehemalige Militärgelände und Bergbaugebiete. Das klingt erschreckend und beängstigend. Doch auch hier trösten die beiden Aktivisten: Es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis sich die Natur den Lebensraum zurück erobert, wenn der Mensch darin fehlt. Dort, wo einst Industrieanlagen und Wohnparks standen, Straßen und Fahrradwege die Landschaft durchschnitten und Shopping Malls die Stadtkerne bildeten, wird die friedliche Ruhe nur durchbrochen vom Flügelschlag einer Rohrdommel.

“Finally ­unable to get up ­earlier!”

Initiative „Pro Holzweg“ | Be on the wrong track, and love it  105


Die zwei Kulturschaffenden vertreten ihr Konzept auch durch öffentliche Auftritte bei Protestaktionen gegen die politische Entscheidung. Besonders viel Aufruhr gab es bei der Aktion, die Grundmauern des Anhaltischen Theater Dessaus zu verankern. Ein symbolischer Ausdruck der Standhaftigkeit der Kulturstätte, die sich trotz Kürzungen ihres Etats um 6 Millionen Euro behaupten will. Am 28. Juni 2013 mischten sich Sandweg und ­B erger unter die Demonstrierenden und schlugen vor, dass das Land kein Regime-Theater mehr braucht, also auch keinen Intendanten. SachsenAnhalt müsste sowieso auch kein Bundesland mehr sein und bräuchte keinen Landesminister, lediglich einen Oberförster.

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Anhalt

Die zwei Kulturschaffenden vertreten ihr Konzept auch durch öffentliche Auftritte bei Protestaktionen gegen die politischen Entscheidungen. Besonders viel Aufruhr gab es bei der Aktion, die Grundmauern des Anhaltischen Theater Dessaus zu verankern. Ein symbolischer Ausdruck der Standhaftigkeit der Kulturstätte, die sich trotz Kürzungen ihres Etats um 6 Millionen Euro behaupte will. Am 28. Juni 2013 mischten sich Sandweg und Berger unter die Demonstrierenden und schlugen vor, dass das Land kein Regime-Theater mehr braucht, also auch keinen Intendanten. Sachsen-Anhalt müsste sowieso auch kein Bundesland mehr sein und bräuchte keinen Landesminister, lediglich nur einen Oberförster.


Diese sarkastische Sichtweise und die Direktheit der Aktion scheinen viele Menschen zu erst zu irritieren, dann aber zum Nachdenken anzuregen. Bei Umfragen, filmisch von Sandweg und Berger dokumentiert, wird analysiert, was die Menschen noch in dieser immer unattraktiver werdenden Region hält. Viele Antworten drehen sich um die Ruhe der Kleinstadt, die Heimatverbundenheit, die Familie, die man nicht zurück lassen will, oder um die Angst vor einem Neuanfang in einer fremden Stadt. Das Fazit ist, dass viele Einwohner unzufrieden sind, aber doch nichts verändern wollen und nur bereit sind wegzuziehen, wenn es gar nichts mehr gibt. Die andere Sichtweise stellt sich bei Zugezogenen und somit auch besonders im Studentenkreis ein. Zwei Drittel wollen nach Beendigung ihres Studiums aus Sachsen-Anhalt wegziehen. Das überrascht nicht, denn als Student sitzt man schon unter der Woche auf gepackten Koffern, um an den freien Tagen in die naheliegenden Großstädte wie Leipzig, Berlin oder Dresden zu flüchten.

Diese sarkastische Sichtweise und die Direktheit der Aktion scheinen viele Menschen zu erst zu irritieren, dann aber zum Nachdenken anzuregen. Bei Umfragen, filmisch von Sandweg und Berger dokumentiert, wird analysiert, was die Menschen noch in dieser immer unattraktiver werdenden Region hält. Viele Antworten drehen sich um die Ruhe der Kleinstadt, die Heimatverbundenheit, die Familie, die man nicht zurück lassen will oder die Angst vor einem Neuanfang in einer fremden Stadt. Das Fazit ist, dass viele Einwohner unzufrieden sind, aber doch nichts verändern wollen und nur bereit sind wegzuziehen, wenn es gar nichts mehr gibt. Die andere Sichtweise stellt sich bei Zugezogenen und somit auch besonders im Studentenkreis ein. Zwei Drittel wollen nach Beendigung ihres Studiums aus Sachsen-Anhalt wegziehen.

Initiative „Pro Holzweg“ | Be on the wrong track, and love it  107


Theatershow mit Augenzwinkern: "Leaving Dessau"

Theater show with a wink: "Leaving Dessau"

Unter dem Motto „Es ist nicht schwer wegzuziehen, es ist nur schwer, hierzubleiben” wurde ein Spielshowkonzept für die Zukunft entwickelt: Als Teilnehmer werden jeweils Fluchtwillige gesucht, die auf der Bühne im Alten Theater Dessau gegeneinander antreten. Zu gewinnen gibt es die ersehnte „Green Card”, ein Ticket für eine Bahnfahrt zu einer Stadt außerhalb des Landes – natürlich ohne Rückfahrschein. Die Show ist jeweils auf einer bestimmten Personengruppe zugeschnitten, die einen Bezug zum Ort hat, der für die Renaturierung angedacht ist. An den drei Abenden treten je drei Kandidaten gegeneinander an: Theaterschaffende, Studierende und Senioren. Das Finale bildet ein Endgame mit allen Vorrundengewinnern, der Top-Repräsentant der Auswanderung aus Sachsen-Anhalt wird ermittelt. Das Programm in dieser Theatershow lässt kein Auge trocken, keinen Mundwinkel unten und auch den ein oder anderen wirklichkeitsnahen Gedanken zu. Verpackt mit viel Ironie wird über die Stadt Dessau und ihre Menschen informiert, Expertenwissen eingeholt und über politische Verhältnisse debattiert. Musikalisch wird man von verwurzelten Bands, Jugendchor und durch Neuperformung bekannter Lieder begleitet. Und die Provokation erreicht ein Ziel: Plötzlich erscheint einem das Land viel zu schön, um zu verlassen – wo man so nett verabschiedet wird!

Unter dem Motto „Es ist nicht schwer wegzuziehen, es ist nur schwer, hierzubleiben” wurde ein Spielshowkonzept für die Zukunft entwickelt: Als Teilnehmer werden jeweils Fluchtwillige gesucht, die auf der Bühne im Alten Theater Dessau gegeneinander antreten. Zu gewinnen gibt es die ersehnte „Green Card”, ein Ticket für eine Bahnfahrt zu einer Stadt außerhalb des Landes – natürlich ohne Rückfahrschein. Die Show ist jeweils auf einer bestimmten Personengruppe zugeschnitten, die einen Bezug zum Ort hat, der für die Renaturierung angedacht ist. An den drei Abenden treten jeweils drei Kandidaten gegeneinander an: Theaterschaffende, Studierende und Senioren. Das Finale bildet ein Endgame mit allen Vorrundengewinnern, der Top-Repräsentant der Auswanderung aus SachsenAnhalt wird ermittelt. Das Programm in dieser Theatershow lässt kein Auge trocken, keinen Mundwinkel unten und auch den ein oder anderen wirklichkeitsnahen Gedanken zu. Verpackt mit viel Ironie wird über die Stadt Dessau und ihre Menschen informiert, Expertenwissen eingeholt und über politische Verhältnisse debattiert.

„ … und der Letzte macht das Licht aus!“

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Anhalt

„ …and the last one turns off the lights!“


Initiative „Pro Holzweg“ | Be on the wrong track, and love it  109


Voll verfranzt in Leopolds Land Zwei Studenten, ein Ziel: mit dem Rad von Dessau nach Wörlitz. Klingt nicht nach einer spannenden Story? Na, dann lesen Sie mal weiter.

Voll verfranzt in Leopolds Land

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nzählige Reisebroschüren und Internetseiten zeigen, welche verschiedenen Möglichkeiten es gibt, die Region Anhalt zu erkunden. Worauf zwei Studentinnen sich entschlossen, sich in Dessau auf den Sattel zu schwingen und in die Pedale zu treten, um am Ende der Tour in Wörlitz das Gartenreich zu bestaunen. Die Bedingungen waren mit Sonnenschein und dem Weg durch den Tiergarten sehr motivierend. Das Vertrauen in die Beschilderung des Franz-Fürst-Radrundwegs war groß.

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Anhalt

Zwei Studenten, ein Ziel: mit dem Rad von Dessau nach Wörlitz. Klingt nicht nach einer spannenden Story? Na, dann lesen Sie mal weiter.

nzählige Reisebroschüren und Internetseiten zeigen, welche verschiedenen Möglichkeiten es gibt, die Region Anhalt zu erkunden. Worauf zwei Studentinnen sich entschlossen, sich in Dessau auf den Sattel zu schwingen und in die Pedale zu treten, um am Ende der Tour in Wörlitz das Gartenreich zu bestaunen. Die Bedingungen waren mit Sonnenschein und dem Weg durch den Tiergarten sehr motivierend. Das Vertrauen in die Beschilderung des Franz-Fürst-Radrundwegs war groß.


Voll verfranzt in Leopolds Land | Gotten off the track in Leopold’s county  111


Bevor es am Mittag losging, haben wir uns mit Hilfe einiger Radwegekarten herausgesucht, wo man starten muss, um in Dessau Süd auf den Fürst Franz-Weg zu gelangen und diesem dann bis nach Wörlitz zu folgen. Schnell stellten wir fest, dass es wenige gut ausgearbeitete Karten gibt, die wirklich detailliert sind. Daher kann man nur schwer seinen eigenen Standpunkt orten. Wenn man Ortsansässige fragt, wo der beste Einstieg ist, wissen diese teilweise nicht einmal dass der Fürst Franz-Weg kreisförmig verläuft. So haben wir uns also mit Hilfe von Google Maps von der Ludwigshafener Straße aus auf den Weg gemacht, um den Radweg vom Tiergarten an zu fahren. Über die Tannengeherbrücke radelten wir so also, kaum aus Dessau raus, die Neubaublöcke hinter uns, direkt in den märchenhaften Tiergarten mit seinen weiten Wiesen, kleinen Bächen und ehrwürdigen Bäumen. Wahrscheinlich war das schon der erste große Fehler im Zeitmanagement: alle paar Meter anzuhalten, um mit dem Handy dieses sonnengeküsste Naturspektakel festzuhalten. So

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Anhalt

Bevor es am Mittag losging, haben wir uns mit Hilfe einiger Radwegekarten herausgesucht, wo man starten muss, um in Dessau Süd auf den Fürst Franz-Weg zu gelangen und diesem dann bis nach Wörlitz zu folgen. Schnell stellten wir fest, dass es wenige gut ausgearbeitete Karten gibt, die wirklich detailliert sind. Daher kann man nur schwer seinen eigenen Standpunkt orten. Wenn man Ortsansässige fragt, wo der beste Einstieg ist, wissen diese teilweise nicht einmal dass der Fürst Franz-Weg kreisförmig verläuft. So haben wir uns also mit Hilfe von Google Maps von der Ludwigshafener Straße aus auf den Weg gemacht, um den Radweg vom Tiergarten an zu fahren. Über die Tannengeherbrücke radelten wir so also, kaum aus Dessau raus, die Neubaublöcke hinter uns, direkt in den märchenhaften Tiergarten mit seinen weiten Wiesen, kleinen Bächen und ehrwürdigen Bäumen. Wahrscheinlich war das schon der erste große Fehler im Zeitmanagement: alle paar Meter anzuhalten, um mit dem Handy dieses sonnengeküsste Naturspektakel festzuhalten. So kamen


kamen wir nur sehr schleppend voran. Irritierte Hundebesitzer und ihre nervösen Vierbeiner waren auch wenig erfreut über unser ständiges Überholen, Anhalten und erneutes Überholen. Der erste Unfall ließ prompt nicht lange auf sich warten. Wer versucht, während der Fahrt Fotos zu schießen, sollte dies halt nicht tun, wenn der Boden voller nasser Laubblätter ist. Zum Glück gab’s nur ein paar Schrammen und einen blauen Oberschenkel, ansonsten ist alles heil geblieben. Wir hatten uns noch nicht wieder auf Rad geschwungen, da bog die nächste Überraschung um die Kurve. Ein Mann mit Pferdekutsche fuhr grüßend an uns vorbei. (Uns kam sofort das Bild von dem Kutscher aus dem Film „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ in den Kopf und ließ uns schmunzeln. Wer wäre vor dieser Radtour beim Gedanken an Dessau auf so einen Vergleich gekommen?) Inzwischen standen wir an der dritten Weggabelung, die uns in die Irre führte, und beschlossen, dass der richtige Weg wohl über die Muldebrücke weiter geht.

wir nur sehr schleppend voran. Irritierte Hundebesitzer und ihre nervösen Vierbeiner waren auch wenig erfreut über unser ständiges Überholen, Anhalten und erneutes Überholen. Der erste Unfall ließ prompt nicht lange auf sich warten. Wer versucht, während der Fahrt Fotos zu schießen, sollte dies halt nicht tun, wenn der Boden voller nasser Laubblätter ist. Zum Glück gab’s nur ein paar Schrammen und einen blauen Oberschenkel, ansonsten ist alles heil geblieben. Wir hatten uns noch nicht wieder auf Rad geschwungen, da bog die nächste Überraschung um die Kurve. Ein Mann mit Pferdekutsche fuhr grüßend an uns vorbei. (Uns kam sofort das Bild von dem Kutscher aus dem Film „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ in den Kopf und ließ uns schmunzeln. Wer wäre vor dieser Radtour beim Gedanken an Dessau auf so einen Vergleich gekommen?) Inzwischen standen wir an der dritten Weggabelung, die uns in die Irre führte, und beschlossen, dass der richtige Weg wohl über die Muldebrücke weiter geht.

Voll verfranzt in Leopolds Land | Gotten off the track in Leopold’s county  113


Auf der einen Seite ein kleines Stück Autobahn, nicht weit von uns, hatte man zur anderen Seite die tiefliegende Sonne über der Mulde vor sich. Nach einigen Minuten erreichten wir plötzlich einen Ort, der ein weiteres Mal unsere navigatorischen Fähigkeiten in Frage stellte. Eine ausgestellte Karte mit eingezeichneten Radwegen gab uns Rätsel auf und Anlass zu Zweifeln. Nun waren wir endgültig verwirrt und wussten weder, wo wir laut Karte her kamen, noch wohin wir jetzt weiter fahren sollten, um unser Ziel zu erreichen. Auch das Befragen von zufälligen Passanten half nicht weiter. Sie schauten nur ungläubig drein, als sie von unserem Vorhaben hörten, heute noch nach Wörlitz zu gelangen. Es war inzwischen 15 Uhr und Ende November geht die Sonne schon gegen halb vier unter. Was eine Rücktour am gleichen Tag in Dunkelheit auf unbeleuchteten Waldwegen unmöglich macht. Zwei Stunden sollte wir schon einrechnen, hieß es mitleidig. Wobei Google Maps uns nur die Hälfte der Zeit voraus sagte. Hm.

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Anhalt

Auf der einen Seite ein kleines Stück Autobahn, nicht weit von uns, hatte man zur anderen Seite die tiefliegende Sonne über der Mulde vor sich. Nach einigen Minuten erreichten wir plötzlich einen Ort, der ein weiteres Mal unsere navigatorischen Fähigkeiten in Frage stellte. Eine ausgestellte Karte mit eingezeichneten Radwegen gab uns Rätsel auf und Anlass zu Zweifeln. Nun waren wir endgültig verwirrt und wussten weder, wo wir laut Karte her kamen, noch wohin wir jetzt weiter fahren sollten, um unser Ziel zu erreichen. Auch das Befragen von zufälligen Passanten half nicht weiter. Sie schauten nur ungläubig drein, als sie von unserem Vorhaben hörten, heute noch nach Wörlitz zu gelangen. Es war inzwischen 15 Uhr und Ende November geht die Sonne schon gegen halb vier unter. Was eine Rücktour am gleichen Tag in Dunkelheit auf unbeleuchteten Waldwegen unmöglich macht. Zwei Stunden sollte wir schon einrechnen, hieß es mitleidig. Wobei Google Maps uns nur die Hälfte der Zeit voraus sagte. Hm.


Nach kurzer Krisensitzung war uns klar, dass wir unseren Plan für den Tag wohl oder übel verwerfen mussten und beschlossen, den Rückweg anzutreten. Zurück auf dem Radweg hielten wir noch kurz entgegenkommende Radfahrer an, um uns zu erkundigen, wo wir denn jetzt gerade eben eigentlich waren. „Sie wollen wissen wie das „kleine Örtchen“ heißt, in dem Sie gerade waren?“ sagte der Mann lachend. „Das „kleine Örtchen“, das heißt Dessau. Und das war der Ortsteil Törten.“ Da fiel uns die Kinnlade runter. Bei dem Versuch von Dessau nach Wörlitz zu fahren, haben wir es bis Dessau geschafft. Unglaublich, aber wahr! Trotzdem haben wir den Ausflug nicht bereut. Schließlich hat uns dieser Nachmittag erneut gezeigt, dass diese Stadt noch viel mehr zu bieten hat als Bauhaus, Plattenbauten und grummelige Rentner. Wer auch Lust hat, schöne Stunden in der Natur (oder in Dessau…) auf dem Rad zu verbringen, dem wünschen wir viel Glück beim finden einer der zahlreichen Themenrouten.

Nach kurzer Krisensitzung war uns klar, dass wir unseren Plan für den Tag wohl oder übel verwerfen mussten und beschlossen, den Rückweg anzutreten. Zurück auf dem Radweg hielten wir noch kurz entgegenkommende Radfahrer an, um uns zu erkundigen, wo wir denn jetzt gerade eben eigentlich waren. „Sie wollen wissen wie das „kleine Örtchen“ heißt, in dem Sie gerade waren?“ sagte der Mann lachend. „Das „kleine Örtchen“, das heißt Dessau. Und das war der Ortsteil Törten.“ Da fiel uns die Kinnlade runter. Bei dem Versuch von Dessau nach Wörlitz zu fahren, haben wir es bis Dessau geschafft. Unglaublich, aber wahr! Trotzdem haben wir den Ausflug nicht bereut. Schließlich hat uns dieser Nachmittag erneut gezeigt, dass diese Stadt noch viel mehr zu bieten hat als Bauhaus, Plattenbauten und grummelige Rentner. Wer auch Lust hat, schöne Stunden in der Natur (oder in Dessau…) auf dem Rad zu verbringen, dem wünschen wir viel Glück beim finden einer der zahlreichen Themenrouten.

Voll verfranzt in Leopolds Land | Gotten off the track in Leopold’s county  115


116

Anhalt

hier vertreten.

Schnongs

Firmenkontaktmesse

Plum

nationaler Studententreff.

Ähnlich wie Plum ein inter-

Studierende zusammen.

Orangerie

mit

in

(FB 5, Köthen)

Angewandte Informatik

(FB 4, Dessau)

Design

(FB 2, Bernburg)

Immobilienwirtschaft

(FB 1, Bernburg)

Landwirtschaft

(FB 1, Bernburg)

Ökotrophologie

(FB 2, Bernburg)

Weininstitut der HS-Anhalt

Ländern Hochschulen Kooperationen

OnlineKommunikation

Betriebswirtschaft

April 2013.

einmalig - seit

Europas.

litätsweinanbaugebiete

die nördlichsten Qua-

Saale-Unstrut und Elbe,

die Weinbaugebiete

Das Institut unterstützt

ca. 3270 weiblich.

Studierende, davon sind

ben. Die FH hat über 8000

Studierendenzahl gege-

mit einer solch hohen

bisher keine Hochschule

schichte Anhalts hat es

In der 800-jährigen Ge-

Deutschlandweit

Größte Fachhochschule des Landes

internationale und deutsche

Filmabende in Dessau bringen

tionale Unternehmen sind

gionale sowie interna-

43 regionale und überre-

Kurzfilme an den Start.

gingen bereits über 500

ben gerufen 2013. 2014

fimfestival, ins Le-

Ein studentisches Kurz-

Deutschlands internationalste Provinz-Hochschule

Bernburg

Köthen

Standorte

Kooperationspartner

Dessau

beliebteste Studiengänge


Deutschlandstipendien

Center of Life Sciences

lich.

Krause gegründet.

wurde 1877 von Dr. Georg

Die Chemiker-Zeitung

VorOrt

Hyperspektroskop mög-

sowie Aufnahmen mittels

Fotos, Infrarot-Bilder

sind hoch aufgelöste

Dank Spitzenausstattung

36 mpx RGB-Camera:

reich zusammen.

Buddy-Programm

schaftsgebieten erfolg-

verschiedenen Wissen-

ersten Honigernte.

85 kg Honig bei der

wickeln.

um die Stadt weiterzuent-

ander ins Gespräch kommen,

etwas erschaffen, mitein-

arbeiten und gemeinsam

ausprobieren, zusammen

Erfahrungen sammeln, sich

Seit 2012 VorOrt:

oder Hochschule.

deutschen Universität

für ein Studium an einer

lichen Voraussetzungen

fachlichen und sprach-

weisen die notwendigen

dischen Vorbildungsnach-

teressenten mit auslän-

Es vermittelt Studienin-

Eigene HochschulDruckerei

scherteams aus acht

Anhalt arbeiten For-

stitut der Hochschule

fenden Forschungsin-

le Studenten seit 2012.

treuer für internationa-

102 ehrenamtliche Be-

Landesstudienkolleg

In diesem fachübergrei-

300 € für 2 Semester: Die erste Hochschule in Sachsen-Anhalt, die Deutschlandstipendien vergeben konnte. FOUND IT!

Anhalt: Gründungszentrum

Gründergeschehens der HS-

Das Zentrum des gesamten

dien 3,3%).

5,8%, Russland 3,5%, In-

Indonesien 7%, Marokko

98 Nationen (China 48%,

ländische Studierende aus

Die FH hat über 2000 aus-

der in Mitteldeutschland:

ausländischer Studieren-

Das ist die höchste Anzahl

Gründer und Gründerteams Internationalität

Lehrimkerei

das älteste Exemplar an der HS-Bibliothek

Gyrocopter

Studieren in Anhalt | Studying in Anhalt  117


Tod der toten Hose Dessauer Designer wagen die Kulturinvasion

V

ielleicht ist es bezeichnend, dass aus­ gerechnet ein Marskrater nach Dessau benannt wurde, liegt es für viele doch weit jenseits des Mondes im Zentrum der mitteldeutschen Abwanderungszone. Dass aber gerade eine von Überalterung und Arbeitslosigkeit gebeutelte Stadt wie Dessau enormes Potenzial für den Aufbau einer lokalen Kreativwirtschaft aufweist, zeigen Dessauer Designstudierende mit der VorOrt-Initiative. In einem leerstehenden Laden in der Innenstadt und einer ehemaligen Schule erobern sie den urbanen Raum und nutzen die freie Fläche als Startrampe für kulturelle Projekte wie zum Beispiel ein studentisches Designbüro. Wintersemester 2010: Usurpation lautet das Motto der Stunde. Mit der Eröffnung des Vor­ Ort-Ladens am Dessauer Marktplatz beginnt eine kleine Erfolgsgeschichte. Brigitte Hartwig, Professorin für Visuelle Kommunikation am Fachbereich Design der Hochschule Anhalt, suchte mit Master-Studierenden nach einer Lösung für ein lange bestehendes Problem: die räumliche und ideelle Trennung von Campus und Dessauer Innenstadt. „Das studentische Leben fixiert sich auf den Hochschulcampus. VorOrt ist der Schritt in die Stadt. Wir vom Fachbereich Design möchten zeigen, was wir können, und mit Bürgern aller Generationen ins Gespräch kommen, um unsere Stadt aktiv mitzugestalten“, erklärt sie das Projekt.

118 Anhalt

Off-time, beaten off

Designers from Dessau invade their town

V

ielleicht ist es bezeichnend, dass aus­ gerechnet ein Marskrater nach Dessau benannt wurde, liegt es für viele doch weit jenseits des Mondes im Zentrum der mitteldeutschen Abwanderungszone. Dass aber gerade eine von Überalterung und Arbeitslosigkeit gebeutelte Stadt wie Dessau enormes Potenzial für den Aufbau einer lokalen Kreativwirtschaft aufweist, zeigen Dessauer Designstudierende mit der VorOrt-Initiative. In einem leerstehenden Laden in der Innenstadt und einer ehemaligen Schule erobern sie den urbanen Raum und nutzen die freie Fläche als Startrampe für kulturelle Projekte wie zum Beispiel ein studentisches Designbüro. Wintersemester 2010: Usurpation lautet das Motto der Stunde. Mit der Eröffnung des Vor­ Ort-Ladens am Dessauer Marktplatz beginnt eine kleine Erfolgsgeschichte. Brigitte Hartwig, Professorin für Visuelle Kommunikation am Fachbereich Design der Hochschule Anhalt, suchte mit Master-Studierenden nach einer Lösung für ein lange bestehendes Problem: die räumliche und ideelle Trennung von Campus und Dessauer Innenstadt. „Das studentische Leben fixiert sich auf den Hochschulcampus. VorOrt ist der Schritt in die Stadt. Wir vom Fachbereich Design möchten zeigen, was wir können, und mit Bürgern aller Generationen ins Gespräch kommen, um unsere Stadt aktiv mitzugestalten“, erklärt sie das Projekt.



Designstudenten machen die ehemalige Pestalozzischule im Zentrum Dessaus zu ihrem Reich fürs Arbeiten und Experimentieren: zum „VorOrt-Haus“. In the former Pestalozzi School design students create their own working space to experiment and simulate: the „VorOrt House“.

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122窶アnhalt


Simulation und Kommunikation

Simulation und Kommunikation

Einer EU-Studie von 2014 zufolge ist Dessau-Roßlau die drittälteste Stadt Europas. Am häufigsten wird sie jedoch in Zusammenhang mit Leerstand und kulturellem Verfall genannt, aus dem einzig der Leuchtturm Bauhaus ikonenhaft herausragt. Diesem negativen Image setzen die Designer eine Initiative entgegen. Kreative Konzepte, die an der Hochschule entstehen, werden in die Stadt getragen und bringen Bereicherung durch neue Angebote und Themen. So finden seit 2010 im VorOrt-Laden Ausstellungen, Lesungen, Konzerte, Vortragsabende und Workshops statt – organisiert und ausgerichtet von Studenten. Die Sichtbarkeit im öffentlichen Raum stellt einen Praxisbezug her, den viele Studierende im normalen Stundenplan vermissen. VorOrt schafft für sie die Basis für eine aktionsorientierte und experimentelle Arbeits­ weise. Im Sommersemester 2012 vergrößert sich die Petrischale der Design-Kultivierung mit der Erschließung des VorOrt-Hauses, einer ehemaligen Schule in der Nähe des Hauptbahnhofs. Hier entstehen eine Küche, ein Gemüsegarten und ein Coworking-Space, in dem Studenten eigene Projekte umsetzen und dabei von höheren Semestern lernen können, ganz im Zeichen der für das Projekt essenziellen Kommunikationskultur.

Einer EU-Studie von 2014 zufolge ist Dessau-Roßlau die drittälteste Stadt Europas. Am häufigsten wird sie jedoch in Zusammenhang mit Leerstand und kulturellem Verfall genannt, aus dem einzig der Leuchtturm Bauhaus ikonenhaft herausragt. Diesem negativen Image setzen die Designer eine Initiative entgegen. Kreative Konzepte, die an der Hochschule entstehen, werden in die Stadt getragen und bringen Bereicherung durch neue Angebote und Themen. So finden seit 2010 im VorOrt-Laden Ausstellungen, Lesungen, Konzerte, Vortragsabende und Workshops statt – organisiert und ausgerichtet von Studenten. Die Sichtbarkeit im öffentlichen Raum stellt einen Praxisbezug her, den viele Studierende im normalen Stundenplan vermissen. VorOrt schafft für sie die Basis für eine aktionsorientierte und experimentelle Arbeits­ weise. Im Sommersemester 2012 vergrößert sich die Petrischale der Design-Kultivierung mit der Erschließung des VorOrt-Hauses, einer ehemaligen Schule in der Nähe des Hauptbahnhofs. Hier entstehen eine Küche, ein Gemüsegarten und ein Coworking-Space, in dem Studenten eigene Projekte umsetzen und dabei von höheren Semestern lernen können, ganz im Zeichen der für das Projekt essenziellen Kommunikationskultur.

Erste Startups entstehen

Erste Startups entstehen

Alexander Lech, Absolvent des Masterstudienganges, ging noch weiter: Er gründete im Vor­OrtHaus aus einer Simulation heraus seine Designagentur BÜROHALLO, mit der er inzwischen selbstständig für regionale Unternehmen arbeitet. Anderswo hätte er diesen Schritt nicht gewagt: „VorOrt ist ein Ort, an dem du dich frei entfalten kannst. Fiktion wird hier zur Wirklichkeit und lässt dich prüfen, ob das, was du erarbeitet hast, auch funktioniert.“ Die VorOrt-Initiative befindet sich dank ihrer flexiblen Struktur stets im Wandel; neue Akteure bringen neue Ideen ein. Ein 2014 aus der Taufe gehobenes Format ist 24/7, eine Aktionswoche, in

Alexander Lech, Absolvent des Masterstudienganges, ging noch weiter: Er gründete im Vor­OrtHaus aus einer Simulation heraus seine Designagentur BÜROHALLO, mit der er inzwischen selbstständig für regionale Unternehmen arbeitet. Anderswo hätte er diesen Schritt nicht gewagt: „VorOrt ist ein Ort, an dem du dich frei entfalten kannst. Fiktion wird hier zur Wirklichkeit und lässt dich prüfen, ob das, was du erarbeitet hast, auch funktioniert.“ Die VorOrt-Initiative befindet sich dank ihrer flexiblen Struktur stets im Wandel; neue Akteure bringen neue Ideen ein. Ein 2014 aus der Taufe gehobenes Format ist 24/7, eine Aktionswoche, in

Tod der toten Hose | Off-time, beaten off  123


der der Laden 168 Stunden nonstop bespielt wurde und das gesamte Potenzial kultureller Möglichkeiten präsentierte. Reparaturcafé, Druckwerkstatt, Kleiderbörse, Filmabend. Was nach Berlin oder Leipzig klingt, kann ohne Weiteres auch in Dessau Realität werden. Wenngleich das Echo auf VorOrt weitestgehend positiv ausfällt – Kooperations­ verträge mit der Stadt sichern Strom- und Wasser­ versorgung im Haus, eine lokale Band richtet ihren Proberaum dort ein, der Oberbürgermeister nimmt am Möbel-Workshop teil – bleibt es aber weiterhin schwierig, Dessauer Bürger für gemeinsame Projekte zu aktivieren. Dass sie ihre Stadt mitgestalten können, muss man vielen stets aufs Neue vor Augen führen.

der der Laden 168 Stunden nonstop bespielt wurde und das gesamte Potenzial kultureller Möglichkeiten präsentierte. Reparaturcafé, Druckwerkstatt, Kleiderbörse, Filmabend. Was nach Berlin oder Leipzig klingt, kann ohne Weiteres auch in Dessau Realität werden. Wenngleich das Echo auf VorOrt weitestgehend positiv ausfällt – Kooperations­ verträge mit der Stadt sichern Strom- und Wasser­ versorgung im Haus, eine lokale Band richtet ihren Proberaum dort ein, der Oberbürgermeister nimmt am Möbel-Workshop teil – bleibt es aber weiterhin schwierig, Dessauer Bürger für gemeinsame Projekte zu aktivieren;. Dass sie ihre Stadt mitgestalten können, muss man vielen stets aufs Neue vor Augen führen.

Zwanzig Jahre Anlauf für neue Ideen?

Zwanzig Jahre Anlauf für neue Ideen?

Bauhausgründer Walter Gropius bemerkte einst, Bauhausgründer Walter Gropius bemerkte einst, es brauche mindestens die Zeitspanne einer Genees brauche mindestens die Zeitspanne einer Generation, ehe sich neue Ideen mit Sicherheit verbreiration, ehe sich neue Ideen mit Sicherheit verbreiteten. Solch Pessimismus ist den VorOrt-Akteuren teten. Solch Pessimismus ist den VorOrt-Akteuren allerdings fremd. Alexander Lech formuliert es allerdings fremd. Alexander Lech formuliert es so: so: „Dessau ist wie eine leere Tanzfläche. Wir vom „Dessau ist wie eine leere Tanzfläche. Wir vom VoVor­Ort-Projekt müssen eben die ersten sein, die rOrt-Projekt müssen eben die ersten sein, die auf auf die Tanzfläche gehen und mit dem Kopf nicken, die Tanzfläche gehen und mit dem Kopf nicken, damit die anderen verstehen, dass der Leerstanddamit die anderen verstehen, dass der Leerstandsong gar nicht so schlecht ist.“ song gar nicht so schlecht ist.“

124 Anhalt


Werkeln im VorOrt-Haus - was im Garten wächst, wird in der VorOrt-Küche zu leckeren Gerichten verarbeitet. Working in the VorOrt House - what grows in the garden is cooked in the kitchen oder so ähnlich.

Designmarkt im VorOrt-Haus. Design in the VorOrt House.

Im VorOrt-Laden erhalten die Dessauer Einblick in aktuelle Design-Projekte. In the VorOrt Shop people can have a glance at current design projects.

Tod der toten Hose | Off-time, beaten off  125


Old Krempel Auf der Suche nach der passenden Einrichtung für die eigene Residenz oder WG? Nach Sammler­ stücken oder Requisiten für das eine oder andere Projekt? Wer in Anhalt lebt oder leben will, stößt dann früher oder später auf den Antik- und Trödel­ händler „Old Krempel“.

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Old Krempel


Old Krempel

Auf der Suche nach der passenden Einrichtung für die eigene Residenz oder WG? Nach Sammlerstück­ en oder Requisiten für das eine oder andere Projekt? Wer in Anhalt lebt oder leben will, stößt dann früher oder später auf den Antik- und Trödelhändler „Old Krempel“.

Old Krempel

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Objekte hat seine eigene Geschichte zu erzählen. Bei einigen Antiquitäten lässt sich der historische Hintergrund kaum erraten, man wüsste gern mehr, es wäre interessant, Näheres zu erfahren. Neben alten Schätzen und Raritäten hat Old Krempel auch reichlich aktuelle Second-Hand-Wa­ ren. Das bietet den vielen Bewohnern der Umge­ bung, natürlich auch den Studenten, die Möglich­ keit, die eigene Wohnung zu attraktiven Preisen einzurichten. Von simplen Dekorationsobjekten über Schränke, Sofas, Tische bis hin zur schon erwähnten Waschmaschine ist erhältlich, womit man sein Domizil ausstatten muss oder möchte. Der Warenfundus, aus dem man auswählen kann, ist so gigantisch, dass eine Katalogisierung kaum machbar wäre, zumal der ständige Waren Ein- und Ausgang jede Erfassung sehr erschwert. Insgesamt ist das Klientel mindestens genauso bunt gemischt wie das Angebot. Studenten und Omis mit kleinem Geldbeutel gehen bei Old Krem­ pel ebenso ein und aus wie Yuppies auf der Suche nach ausgefallenen Designerstücken, oder Ausstel


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ld Krempel ist ein seit 2008 bestehender Second-Hand-Shop, der von Dessau aus Wohnungsräumungen in der Region durchführt. Was dabei an unerwarteten Schätze gefunden wird, wird direkt ins Sortiment mit aufgenommen. Was dazu führt, dass sich hier auch viele historische Objekte, Produkte und Geräte aus der Umgebung sammeln. Beim Auffahren auf das Grundstück, dessen Größe man am Anfang nicht erahnt, trifft man auf ein Gebäude, das einer blauen Lagerhalle gleicht. Wenn man sie betritt, kommt das altbekannte Gefühl auf, dass hier mal wieder eine schlichte Verpackung nicht wirklich auf das reiche Innen­ leben schließen ließ. Von alten Büchern, Möbeln, Porzellanwaren, Uniformen, Gemälden, Fahr­ rädern bis hin zu Waschmaschinen gibt es so ziem­ lich alles, was man sich vorstellen kann. Die große Halle durchzieht ein langer Gang, der sich noch mit Verbindungen zu vielen Nebenräumen kreuzt. Jeder von ihnen voll mit Objekten, und jedes dieser Objekte hat seine eigene Geschichte zu erzählen. Bei einigen Antiquitäten lässt sich der historische Hintergrund kaum erraten, man wüsste gern mehr, es wäre interessant, Näheres zu erfahren. Neben alten Schätzen und Raritäten hat Old Krempel auch reichlich aktuelle Second-Hand-Waren. Das bietet den vielen Bewohnern der Umgebung, natür­ lich auch den Studenten, die Möglichkeit, die eige­ ne Wohnung zu attraktiven Preisen einzurichten. Von simplen Dekorationsobjekten über Schränke, Sofas, Tische bis hin zur schon erwähnten Wasch­ maschine ist erhältlich, womit man sein Domizil ausstatten muss oder möchte. Der Warenfundus, aus dem man auswählen kann, ist so gigantisch, dass eine Katalogisierung kaum machbar wäre, zumal der ständige Waren-Ein- und Ausgang jede Erfassung sehr erschwert. Insgesamt ist die Klientel mindestens genauso bunt gemischt wie das Angebot. Studenten und Omis mit kleinem Geldbeutel gehen bei Old Krempel ebenso ein und aus wie Yuppies auf der Suche nach ausgefallenen Designerstücken, oder Ausstel­ lungsgestalter diverser Museen. Und egal wer sie sind und was ihr Anliegen ist: Bei Old Krempel werden sie fündig.

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ld Krempel ist ein seit 2008 bestehender Second-Hand-Shop, der von Dessau aus Wohnungsräumungen in der Region durchführt. Was dabei an unerwarteten Schätze gefunden wird, wird direkt ins Sortiment mit aufgenommen. Was dazu führt, dass sich hier auch viele historische Objekte, Produkte und Geräte aus der Umgebung sammeln. Beim Auffahren auf das Grundstück, dessen Größe man am Anfang nicht erahnt, trifft man auf ein Gebäude, das einer blauen Lagerhalle gleicht. Wenn man sie betritt, kommt das altbekannte Gefühl auf, dass hier mal wieder eine schlichte Verpackung nicht wirklich auf das reiche Innen­ leben schließen ließ. Von alten Büchern, Möbeln, Porzellanwaren, Uniformen, Gemälden, Fahr­ rädern bis hin zu Waschmaschinen gibt es so ziem­ lich alles, was man sich vorstellen kann. Die große Halle durchzieht ein langer Gang, der sich noch mit Verbindungen zu vielen Nebenräumen kreuzt. Jeder von ihnen voll mit Objekten, und jedes dieser Objekte hat seine eigene Geschichte zu erzählen. Bei einigen Antiquitäten lässt sich der historische Hintergrund kaum erraten, man wüsste gern mehr, es wäre interessant, Näheres zu erfahren. Neben alten Schätzen und Raritäten hat Old Krempel auch reichlich aktuelle Second-Hand-Waren. Das bietet den vielen Bewohnern der Umgebung, natür­ lich auch den Studenten, die Möglichkeit, die eige­ ne Wohnung zu attraktiven Preisen einzurichten. Von simplen Dekorationsobjekten über Schränke, Sofas, Tische bis hin zur schon erwähnten Wasch­ maschine ist erhältlich, womit man sein Domizil ausstatten muss oder möchte. Der Warenfundus, aus dem man auswählen kann, ist so gigantisch, dass eine Katalogisierung kaum machbar wäre, zumal der ständige Waren-Ein- und Ausgang jede Erfassung sehr erschwert. Insgesamt ist die Klientel mindestens genauso bunt gemischt wie das Angebot. Studenten und Omis mit kleinem Geldbeutel gehen bei Old Krempel ebenso ein und aus wie Yuppies auf der Suche nach ausgefallenen Designerstücken, oder Ausstel­ lungsgestalter diverser Museen. Und egal wer sie sind und was ihr Anliegen ist: Bei Old Krempel werden sie fündig.

Old Krempel

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er Old Krempel, ein seit 2008 bestehen­ der Second-Hand-Shop, in Dessau an­ gesiedelt, der von hier aus Wohnungs­ räumungen in der Region durchführt. Was dabei an unerwarteten Schätze gefunden wird, wird direkt ins Sortiment mit aufgenommen. Was dazu führt, dass sich hier auch viele historische Objekte, Produkte und Geräte aus der Umgebung sammeln. Beim Auffahren auf das Grundstück, dessen Größe man am Anfang nicht erahnt, trifft man auf ein Gebäude, das einer blauen Lagerhalle gleicht. Wenn man sie betritt, kommt das altbekannte Gefühl auf, dass hier mal wieder eine schlichte Verpackung nicht wirklich auf das reiche Innen­ leben schließen ließ. Von alten Büchern, Möbeln, Porzellanwaren, Uniformen, Gemälden, Fahrrä­ dern bis hin zu Waschmaschinen gibt es so ziem­ lich alles, was man sich vorstellen kann. Die große Halle durchzieht ein langer Gang, der sich noch mit Verbindungen zu vielen Nebenräumen kreuzt. Jeder von ihnen voll mit Objekten, und jedes dieser

Objekte hat seine eigene Geschichte zu erzählen. Bei einigen Antiquitäten lässt sich der historische Hintergrund kaum erraten, man wüsste gern mehr, es wäre interessant, Näheres zu erfahren. Neben alten Schätzen und Raritäten hat Old Krempel auch reichlich aktuelle Second-Hand-Wa­ ren. Das bietet den vielen Bewohnern der Umge­ bung, natürlich auch den Studenten, die Möglich­ keit, die eigene Wohnung zu attraktiven Preisen einzurichten. Von simplen Dekorationsobjekten über Schränke, Sofas, Tische bis hin zur schon erwähnten Waschmaschine ist erhältlich, womit man sein Domizil ausstatten muss oder möchte. Der Warenfundus, aus dem man auswählen kann, ist so gigantisch, dass eine Katalogisierung kaum machbar wäre, zumal der ständige Waren Ein- und Ausgang jede Erfassung sehr erschwert. Insgesamt ist das Klientel mindestens genauso bunt gemischt wie das Angebot. Studenten und Omis mit kleinem Geldbeutel gehen bei Old Krem­ pel ebenso ein und aus wie Yuppies auf der Suche nach ausgefallenen Designerstücken, oder Ausstel­


lungsgestalter diverser Museen. Und egal wer sie sind und was ihr Anliegen ist - bei Old Krempel werden sie fündig.

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er Old Krempel, ein seit 2008 bestehen­ der Second-Hand-Shop, in Dessau ange­ siedelt, der von hier aus Wohnungsräu­ mungen in der Region durchführt. Was dabei an unerwarteten Schätze gefunden wird, wird direkt ins Sortiment mit aufgenommen. Was dazu führt, dass sich hier auch viele historische Objekte, Produkte und Geräte aus der Umgebung sammeln.

Beim Auffahren auf das Grundstück, dessen Größe man am Anfang nicht erahnt, trifft man auf ein Gebäude, das einer blauen Lagerhalle gleicht. Wenn man sie betritt, kommt das altbekannte Gefühl auf, dass hier mal wieder eine schlichte Verpackung nicht wirklich auf das reiche Innenleben schließen ließ. Von alten Büchern, Möbeln, Porzellanwa­ ren, Uniformen, Gemälden, Fahrrädern bis hin zu Waschmaschinen gibt es so ziemlich alles, was man sich vorstellen kann. Die große Halle durchzieht ein langer Gang, der sich noch mit Verbindungen zu vielen Nebenräumen kreuzt. Jeder von ihnen voll mit Objekten, und jedes dieser Objekte hat seine


Встреча с Екатериной *

Besuch bei Katharina der Großen. Eine kleine Betrachtung aus Zerbst. Besuch bei Katharina der Großen. Eine kleine Betrachtung aus Zerbst.

*) Ein Treffen mit Katharina Meeting Catherine

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Anhalt

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er Himmel ist von Bleiwolken durchzogen, es ist kurz vor einem Regenschauer, stürmisch und kalt. Ich stehe vor einer Ruine, die man vor ein paar Jahrhunderten noch als Schloss bezeichnen konnte, in der Heimatstadt von Katharina der Großen, in Zerbst. Es wirkt isoliert, kaum Leute in der Umgebung, nur die bronzene junge Prinzessin aus dem Anhalt-Zerbster Fürstenhaus, Sophie Auguste Friederike, die vor der Stadthalle auf das Schloss blickt, das sie damals verlassen hat. Sie bietet wohl die wichtigste, vielleicht die einzige Möglichkeit, Interesse an Zerbst bei den Touristen zu wecken: Da werden Katharina-Torten ge­backen, es gibt eine Katharina-Apotheke, gegenüber der Sammlung „Katharina II.“, einer Außenstelle des Museums der Stadt Zerbst, die einen kurzen Überblick über Leben und Wirken der russischen Zarin gibt, befindet sich ein „Zarin Katharina die Große Souvenir Shop“, außerdem beginnt an der Großen Schlossfreiheit 12 die – wie es in der Werbung heißt – „bundesweit einzigartige touristische Route ,Katharina die Große‘“ mit zehn höfischen Stationen zu den Themen Leben, Familie und Stadthistorie, auch das „deutschlandweit einzige Denkmal für Katharina die Große“ im Schloss­ garten wird gepriesen. In Zerbst dreht sich also alles um nur diese eine Person, die zweifellos besonders war und sehr wichtig in der regionalen Geschichte ist, aber an manchen Stellen erhält das Ganze fast schon einen


Ein Treffen mit Katharina | Meeting Catherine  133


komischen Charakter: Katharina als Maskottchen. Was man nicht auf den ersten Blick zu sehen bekommt, ist die Tatsache, dass Zerbst neben zwei inländischen Städten noch eine ausländische, russische Stadt als Städtepartner hat. Das frühere Zarskoje Selo, heute Puschkin, ein Stadtteil von Sankt Petersburg, verbindet der geschichtliche Hintergrund mit Zerbst. Dort regierte die Prinzessin von Anhalt-Zerbst als russische Zarin Katharina II. viele Jahre bis zu ihrem Tode das russische Reich. Über 20 Jahre besteht die Partnerschaft inzwischen, und es lassen sich manche Parallelen zwischen beiden Städten ziehen, zum Beispiel gemeinsame Geschichte, ähnliche Kriegsschick­sale, kulturelle Traditionen. Diese Verbindung wird von den beiden Seiten unterstützt und spielt für die partnerschaftlichen Beziehungen eine wichtige Rolle. Vieles ist allerdings erst in den letzten Jahren passiert: gegenseitige Besuche von Kultur- und Wirtschaftsdelegationen, Lehrer- und Schüler­ austausch, Kontakt zum Katharinenpalast in Puschkin, Ausstellungen von Malern aus ­Puschkin in Zerbst. Sicher: Katharinas Lebenslauf hat diese Wege eröffnet, und sie bleibt nach wie vor die wichtigste historische Person für Zerbst – aber viel mehr kann und sollte an der öffentlich nicht so sichtbaren Beziehungsebene gearbeitet werden. Denn das Greifbare – das Zerbster Schloss etwa und das Katharina-Denkmal – hilft zwar, die Geschichte besser nachzuvollziehen und sich vor Ort ein­ bezogen zu fühlen, hat aber für die Gegenwart und die geistige Ebene des Austauschs weniger Bedeutung. Ich stehe vor einer Ruine, die man vor ein paar Jahrhunderten noch als Schloss bezeichnen konnte, in der Heimatstadt von Katharina der Großen, in Zerbst, an der Grenze von zwei Nationalitäten und nehme an dieser Geschichte in meiner eigenen Welt in umgekehrter Richtung teil: Ich bin aus Russland gekommen, meine Wahlheimat ist Deutschland, und ich bleibe hier, als ein kleiner Teil der großen Kette, die zwei mächtige Länder verbindet und ihre Beziehungen festigt.

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er Himmel ist von Bleiwolken durchzogen, es ist kurz vor einem Regen, stürmisch und kalt. Ich stehe vor einer Ruine, die man vor ein paar Jahrhunderten noch als Schloss bezeichnen konnte, in der Heimatstadt von Katharina der Großen, in Zerbst. Es wirkt isoliert, kaum Leute in der Umgebung, nur die bronzene junge Prinzessin aus dem Anhalt-Zerbster Fürstenhaus, Sophie Auguste Friederike, die vor der Stadthalle auf das Schloss blickt, das sie damals verlassen hat. Sie bietet wohl die wichtigste, vielleicht die einzige Möglichkeit, Interesse an Zerbst bei den Touristen zu wecken: Da werden Katharina-Torten gebacken, es gibt eine Katharina-Apotheke, gegenüber der Sammlung „Katharina II.“, einer Außenstelle des Museums der Stadt Zerbst, die einen kurzen Überblick über Leben und Wirken der russischen Zarin gibt, befindet sich ein „Zarin Katharina die Große Souvenir Shop“, außerdem beginnt an der Großen Schlossfreiheit 12 die – wie es in der Werbung heißt – „ bundesweit einzigartige touristische Route ,Katharina die Große´“ mit 10 höfischen Stationen zu den Themen Leben, Familie und Stadthistorie, auch das „deutschlandweit einzige Denkmal für Katharina die Große“ im Schlossgarten wird gepriesen. Alles dreht sich um nur diese eine Person, die zweifellos besonders war und sehr wichtig in der regionalen Geschichte ist, aber an manchen Stellen erhält das Ganze fast schon einen komischen Charakter: Katharina als Maskottchen. Was man nicht auf den ersten Blick zu sehen bekommt, ist die Tatsache, dass Zerbst neben zwei inländischen Städten noch eine ausländische, russische Stadt als Städtepartner hat. Das frühere Zarskoje Selo, heute Puschkin, ein Stadtteil von St. Petersburg, verbindet der geschichtliche Hintergrund mit Zerbst. Dort regierte die Prinzessin von Anhalt-Zerbst als russische Zarin Katharina II. viele Jahre bis zu ihrem Tode das russische Reich. Über 20 Jahre besteht die Partnerschaft inzwischen, und es lassen sich manche Parallelen zwischen beiden Städten ziehen, zum Beispiel gemeinsame Geschichte, ähnliche Kriegsschicksale, kulturelle Traditionen. Diese Verbindung wird von den beiden Seiten unterstützt und spielt für


die partnerschaftlichen Beziehungen eine wichtige Rolle. Vieles ist allerdings erst in den letzten Jahren passiert: gegenseitige Besuche von Kulturund Wirtschaftsdelegationen, Lehrer- und Schüleraustausch, Kontakt zum Katharinenpalast in Puschkin, Ausstellungen von Malern aus Puschkin in Zerbst. Sicher: Katharinas Lebenslauf hat diese Wege eröffnet, und sie bleibt nach wie vor die wichtigste historische Person für Zerbst, aber viel mehr kann und sollte an der öffentlich nicht so sichtbaren Beziehungsebene gearbeitet werden. Denn das Greifbare, das Zerbster Schloss etwa und das Katharina-Denkmal, hilft zwar, die Geschichte besser nachzuvollziehen und sich vor Ort einbezogen zu fühlen, hat aber für die Gegenwart und die geistige Ebene des Austauschs weniger Bedeutung. Ich stehe vor einer Ruine, die man vor ein paar Jahrhunderten noch als Schloss bezeichnen konnte, in der Heimatstadt von Katharina der Großen, in Zerbst, an der Grenze von zwei Nationalitäten und nehme an dieser Geschichte in meiner eigenen Welt in umgekehrter Richtung teil: Ich bin aus Russland gekommen, meine Wahlheimat ist Deutschland, und ich bleibe hier, als ein kleiner Teil der großen Kette, die zwei mächtige Länder verbindet und ihre Beziehungen festigt.

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„Blij om hier te zijn“* „Huis van Oranje“ im Schloss Oranienbaum – Anhalt steht im Zeichen niederländischen Designs

English Headline als Fließtext Has one one and made to

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m Sommer 2012 öffneten sich die Tore des Schlosses Oranienbaum für eine einzigartige Ausstellung. Unter dem Namen „Dutch Design – Huis van Oranje. Exzellentes Handwerk am Hofe“ präsentierten niederländische Designer ihre Werke. Zusätzlich ergänzten historische Exponate aus dem königlichen Hausarchiv die Ausstellung, eine einzigartige Bereicherung. Der ursprünglichen Funktion und Konzeption der Räume folgend wurden rund 50 Kabinette mit handwerklich erstklassigen Objekten ausgestattet. Sie waren zum Beispiel Möbeln, Schmuck, gläsernen und keramischen Gebrauchsobjekten, Accessoires, handgefertigten Couturekleidern und Gemälden aus dem Goldenen Zeitalter der Niederlande gewidmet. Inmitten von barocken Schmuckornamenten, delftblauen Fliesenwände, fürstlichen Portraits, Decken- und Wandverzierungen wurde die Blütezeit des Schlosses ganz neu lebendig und erlebbar.

* „Wir freuen uns, hier zu sein“ “We are glad to be here”

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become, who from book wanted and this so names sober

m Sommer 2012 öffneten sich die Tore des Schlosses Oranienbaum für eine einzigartige Ausstellung. Unter dem Namen „Dutch Design - Huis van Oranje. Exzellentes Handwerk am Hofe“ präsentierten niederländische Designer ihre Werke. Zusätzlich ergänzten historische Exponate aus dem königlichen Hausarchiv die Ausstellung, eine einzigartige Bereicherung. Der ursprünglichen Funktion und Konzeption der Räume folgend wurden rund 50 Kabinette mit handwerklich erstklassigen Objekten ausgestattet. Sie waren zum Beispiel Möbeln, Schmuck, gläsernen und keramischen Gebrauchsobjekten, Accessoires, handgefertigten Couturekleidern und Gemälden aus dem Goldenen Zeitalter der Niederlande gewidmet. Inmitten von barocken Schmuckornamenten, delftblauen Fliesenwände, fürstlichen Portraits, Decken- und Wandverzierungen wurde die Blütezeit des Schlossesganz neu lebendig und erlebbar.


„Wir freuen uns, hier zu sein“ | “We are glad to be here”  137


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Die Restaurierung des Schlosses Oranienbaum hat in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte gemacht. Auch wenn noch viel Zeit vergehen wird, bis der ehemalige Glanz des Hauses und des umgebenden Parks wiederhergestellt ist, bezaubert die Anlage schon heute mit einnehmendem Charme. Als Ausdruck der engen Verbundenheit der beiden Staaten hatten die damals regierende Königin der Niederlande Beatrix und der damalige Bundespräsident von Deutschland die Schirmherrschaft für die Restaurierung des Schlosses übernommen. Beim Besuch der damaligen Königin Beatrix anlässlich der Ausstellungseröffnung begrüßten die Monarchin zunächst der Bürgermeister von Oranienbaum-Wörlitz sowie die Einwohner – und dann beim Rundgang neben den Designer-Exponaten so manches bekannte Lieblingsstück. Zu den Leihgaben aus dem königlichen Hausarchiv in Den Haag gehörten Meißner Geschirr, Dia­ deme und eine königliche Wiege, die Königinmutter J­ uliana gehört hatte. Dass das Königshaus ­Oranien so Persönliches für die Ausstellung zur Verfügung stellte, hat viele Besucher der Ausstellung besonders berührt.

Die Restaurierung des Schlosses Oranienbaum hat in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte gemacht. Auch wenn noch viel Zeit vergehen wird, bis der ehemalige Glanz des Hauses und des umgebenden Parks wieder hergestellt ist, bezaubert die Anlage schon heute mit einnehmendem Charme. Als Ausdruck der engen Verbundenheit der beiden Staaten haben Ihre Majestät der Königin der Niederlande Beatrix und der Bundespräsident von Deutschland die Schirmherrschaft für die Restaurierung des Schlosses übernommen. Beim Besuch von Königin Beatrix anlässlich der Ausstellungseröffnung begrüßten die Monarchin zunächst der Bürgermeister von Oranienbaum-Wörlitz und die Einwohner – und dann beim Rundgang neben den Designer-Exponaten so manches bekannte Lieblingsstück. Zu den Leihgaben aus dem königlichen Hausarchiv in Den Haag gehörten Meißner Geschirr, Diademe und eine königliche Wiege, die Königinmutter Juliana gehört hatte. Dass das Königshaus Oranien so Persönliches für die Ausstellung zur Verfügung stellte, hat viele Besucher der Ausstellung besonders berührt.

„Wir freuen uns, hier zu sein“ | “We are glad to be here”  139


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Das Ampelhaus

Sagen Grund unterscheidet lernen dass damit Platz nein verschafft kĂśnnen? Hat einer und gemachten zu werden, der von Buch wollen und diesen also Namen schlichte sondern, endlich weil zu Sache vollem unter auch vorbei. The traffic-light house

Sagen Grund unterscheidet lernen dass damit Platz nein verschafft kĂśnnen? Hat einer und gemachten zu werden, der von Buch wollen und diesen also Namen schlichte sondern, endlich weil zu Sache vollem unter auch vorbei.

Das Ampelhaus | The traffic-light house  141


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agen Grund unterscheidet lernen dass damit Platz nein verschafft können? Hat einer und gemachten zu werden, der von Buch wollen und diesen also Namen schlichte sondern, endlich weil zu Sache vollem unter auch vorbei. Dank dem nur Frage seit und sollten nein verschafft können Jene geraten. Verlangt sollte Weg auf nicht, gleich man immer, bearbeitet Meinung schon hat darf Heim weit. Soll könnte darin seltener nun Hand wie gewiss, suchen man wo Ton kaum sprechende. Nicht noch auskommen um hier kurz hatten Wirkung getäuscht. Sagen zu

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arin seltener nun Hand wie gewiss, suchen man wo Ton kaum sprechende. Nicht noch auskommen um hier kurz hatten Wirkung getäuscht. Sagen zu Grund, gar unterscheidet lernen das damit Platz nein verschafft können? Gemachten zu werden, der von Buch wollen und diesen also Namen schlichte sondern, endlich weil zu Sache vollem unter auch vorbei. Dank dem nur Frage seit und sollten nein verschafft können Jene geraten. Verlangt sollte Weg auf nicht, gleich man immer, bearbeitet Meinung schon hat darf Heim.


Bild l.: Ausstellungsraum im Ampelhaus Tejo Remy & René Veenhuizen - Multi Vase & Accidental Carpet (2014) Bild r. oben: Ausstellungsraum im Ampelhaus (2012) Bild r. unten: Künstler bei der Aufar beitung eines Werkes an der Pforte des Ampelhauses

Das Ampelhaus | The traffic-light house  143


Grund, gar unterscheidet lernen das damit Platz nein verschafft können? Hat einer und gemachten zu werden, der von Buch wollen und diesen also Namen schlichte sondern, endlich weil zu Sache vollem unter auch vorbei. Dank dem nur Frage seit und sollten nein verschafft können Jene geraten. Verlangt sollte Weg auf nicht, gleich man immer bearbeitet.Meinung schon hat darf Heim weit.

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Grund, gar unterscheidet lernen das damit Platz nein verschafft können? Hat einer und gemachten zu werden, der von Buch wollen und diesen also Namen schlichte sondern, endlich weil zu Sache vollem unter auch vorbei. Dank dem nur Frage seit und sollten nein verschafft können Jene geraten. Verlangt sollte Weg auf nicht, gleich man immer bearbeitet. Meinung schon hat darf Heim weit.


Bild l.: Ausstellungsraum im Ampelhaus (2012) Bild r. oben:Ausstellungsraum im Ampelhaus (2012) Bild r. unten: Ampelhaus Hinterhof

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Bau Illinois Institute of Techno­ logy Chicago, S. R. Crown Hall Photo provided courtesy of Illinois Institute of Techno­ logy.

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Illinois Institute of Techno­ logy Chicago, S. R. Crown Hall Photo provided courtesy of Illinois Institute of Techno­ logy.


Bewegung

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Stiftung Bauhaus Dessau. Courtesy of Yvonne Tenschert.

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Stiftung Bauhaus Dessau. Courtesy of Yvonne Tenschert.

n der weit verbreiteten Sorge des 19. Jahrhunderts für den Verlust der Kunst der Zweck in der Gesellschaft und eine Trennung zwischen Herstellung und Design immer mehr. Inzwischen ist die Bauhaus Ethos wurde im Umbruch, nicht mehr Kunst kombiniert mit praktischen Fähigkeiten, die ein altes System vertreten. Die Zusammenführung bildenden Kunst und Kunst­ handwerk mit einer Mission, um Problem zu lösen für eine moderne Industriezeitalter und schließlich ein neues Paradigma. Der Name Bauhaus in Deutsch bedeutet „Haus des Gebäudes“. Wir werden uns auf zwei Beispiele der Architektur inspiriert von Namen wie Ludwig Mies van der Rohe und Walter Gropius. Der Aufstieg Hitlers und der national­ sozialistischen Partei war eine turbulente Zeit für das Bauhaus, aber es Funken ein neues Zeitalter der Architektur im Westen? Die Geschichte hat vorgeschlagen, dass Dessau hat einen internationalen Raum. Als Orte des Reichtums, zieht Künstler, Designer und Unternehmer, und viele talentierte Menschen auf der Suche nach neuen Geschäfts.

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n the 19th century wide spread concern for art’s loss of purpose in society, and a divide between manufacturing and design becoming greater. Meanwhile the Bauhaus ethos was undergoing change, no more fine art combined with practical skills that represented an old system. Bringing together fine art and crafts with a mission to problem solve for a modern industrial age and ultimately a new paradigm. The name Bauhaus in German means “House of building”. We will be looking at two examples of architecture inspired by names like Ludwig Mies Van Der Rohe and Walter Gropius. The rise of Hitler and the National Socialist party was a turbulent time for the Bauhaus, but did it spark a new age of architecture in the west? History has suggested that Dessau has an International footprint. Being places of wealth, attracting artists, designers and entrepreneurs, and many talented people in their search for new business. From architecture to escape plans and emigration, what exactly did these names deal with at the time? Did they leave a legacy?


The Gropius House. Photograph by David Bohl. Courtesy of Historic New England.

The Gropius House. Photograph by David Bohl. Courtesy of Historic New England.

Von der Architektur bis Pläne und Emigration, was genau hat diese Namen behandeln zu der Zeit zu entkommen? Haben sie ein Vermächtnis hinterlassen? Architekt Walter Gropius war Gründer des Bauhauses und Gegner des NS-Regimes. Mit der Unterstützung von seinem englischen Architekten und wenden Maxwell Fry, konnte er dem nationalsozialistischen deutschen verlassen Flucht vor den Nazis Mächte des Zweiten Weltkrieges durch Bewegen nach England, wo er weiterhin mit Fry zusammenarbeiten und andere, bevor er in die Vereinigten Staaten im Jahr 1937. Die Grund für seine Abreise aus Deutschland war, weil die 1930er Jahre sahen den Aufstieg Hitlers und der NSDAP, und zu diesem Zweck, wenn die Nazis schließlich gewinnen eine Mehrheit für den Stadtrat von Dessau. Von den gleichen Grundsätzen wie die Bauhaus beeinflusst, Gropius baute ein Haus der Familie in Lincoln, Massachusetts, USA Präsentation der Amerikaner mit einem der ersten Beispiele für

Architect Walter Gropius was founder of the Bauhaus and opposed to the Nazi regime. With the assistance of his English architect and contact Maxwell Fry, he was able to leave Nazi German escaping the Nazi powers of world war two by moving to England where he continued to collaborate with Fry and others before moving to the United States in 1937. The reason for his departure from Germany was because the 1930s saw the rise of Hitler and the Nazi party, and to this end when the Nazi’s would eventually win a majority vote for the city council of Dessau. Influenced by the same principles as the Bauhaus, Gropius built a family home in Lincoln, Massachusetts, U.S.A. Presenting the Americans with one of the first examples of what they would call International Style, to Gropius’ dislike. The Gropius house was one of the first examples of modernism. Avant-garde architect Ludwig Mies Van Der Rohe replaced the previous director, Hannes Meyer due to political reasons with the National Socialists

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das, was sie würden International Style aufrufen, um Gropius ‚Abneigung. Die Gropius Haus war eines der ersten Beispiele der Moderne. Avantgarde-Architekten Ludwig Mies van der Rohe, ersetzte den bisherigen Direktor Hannes Meyer aus politischen Gründen mit dem nationalsozialistischen Partei. Mit der nationalsozialistischen Partei auf dem Konzil von Dessau kamen sie bald den Druck auf die Bauhaus setzen, um es zu schließen durch die Kennzeichnung „undeutsch“ und „Entartete“. Ludwig war gezwungen, die Schule zu einem Lagerhaus in Berlin zu bewegen. Am 11. April 1933 fand die Ludwig Bauhaus umgeben, bewaffnete Wachen und eine Menge von Menschen beobachten. Die Gestapo durchwühlen das Bauhaus auf der Suche nach Verdächtigen Geheimdruckerei, die Veröffentlichung wurde Anti-Nazi-Material und Dokumente Anschluss des Bauhauses in die kommunistische Partei. Wie Walter Gropius vor ihm Mies bald eingestellt sein Augenlicht für die Vereinigten Staaten, Umzug dort in 1938 und zu einem vollständigen

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party. With the National Socialist party on the council of Dessau they soon came to put pressure on the Bauhaus to close by labelling it “un-German” and “Degenerate”. Ludwig was forced to move the school to a warehouse in Berlin. On the 11th of April 1933 Ludwig found the Bauhaus surrounded, armed guards and a crowd of people watching. The Gestapo were ransacking the Bauhaus in search of a suspecting secret printing press that was publishing anti-Nazi material and documents connecting the Bauhaus to the communist party. Like Walter Gropius before him Mies soon set his sight for the United States, Moving there in 1938 and becoming a full US citizen in 1944. In the US based in downtown Chicago he worked on many projects, Farnsworth House, IBM Plaza and Crown Hall at the Illinois institute of technology. Working for over 30 years in the US, and inviting two of his former students to come over and work. Keeping to the original Mies style, metal and glass Mies helped change the face of Chicago.


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US-Bürger im Jahr 1944 in den USA in der Innenstadt von Chicago arbeitete er an vielen Projekten, Farnsworth House, IBM Plaza und Crown Hall an das Illinois Institute of Technology. Arbeiten seit über 30 Jahren in den USA, und das Einladen von zwei seiner ehemaligen Studenten zu kommen und zu arbeiten. Die Einhaltung der ursprünglichen Stil Mies, half Metall und Glas Mies verändern das Gesicht von Chicago. Hat das Bauhauserbe durch die Aktionen von einigen Lehrern und Schülern, die Deutschland 1933 floh überlebt? Das Bauhaus in Dessau wurde zum UNESCO-Weltkulturerbe bezeichnet. War es die harten Zeiten von Dessau mit dem Druck der Nationalsozialisten in den 1930er Jahren, die zu zwei hochkarätigen Architekten verlassen Deutschland führen? Hat die Erhaltung der Bauhaus auslösen ein Dorn im westlichen Architektur? Mit dieser Geschichte des Design und Architektur ist Dessau haben einen internationalen Ruf? Und wenn nicht könnte es?

Has the Bauhaus legacy survived through the actions of a few teachers and students that fled Germany in 1933? The Bauhaus in Dessau has been designated UNESCO World Cultural Heritage sites. Was it the hard times of Dessau with the Pressure of the National Socialist party in the 1930s that lead to two high profile architects leaving Germany? Did the preservation of the Bauhaus trigger a spike in Western Architecture? With this History of Design and architecture does Dessau have an International reputation? And if not could it?

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Sind Sie das Bauhaus? Ein Architekturliebhaber aus England, der vor kurzem nach Deutschland gezogen ist, besucht das erste Mal Bauhaus. Tragikomödie in einem Akt.

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The Bauhaus, I Presume?

Ein Architekturliebhaber aus England, der vor kurzem nach Deutschland gezogen ist, besucht das erste Mal Bauhaus. Tragikomödie in einem Akt.


Sind Sie das Bauhaus? | The Bauhaus, I presume? 

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Enter the Baumarkt. Approach the woman on the desk. Me Do you speak English? Woman A little. Me Do you sell any chairs? Woman looks confused. What is chairs? I gesture the motion of sitting. Me Something you sit in? Woman No. Me Ah, ok do you by chance sell any lamps? Woman begins to look stressed. Ahm, I can’t speak English. Me Ok, no problem… do you give any tours? Woman stares at me blankly, then points to a man in a white shirt and smart trousers, possibly the floor manager: Sprich Englisch! I turn to the manager. Me Do you speak English? Manager A little. Me I have just moved to Germany, very excited to be at the Bauhaus! Manager smiles. Me I’m looking to design a home in Germany in a sort of style, could you show me your lamps? Manager Sure, follow me please. Myself and manager both turn towards light ­section of the Baumarkt and walk towards it. Manager What are you looking for? Me A table lamp, 1930s style Manager Is it LED or Bulb? Now at the light section of baumarkt. Manager shows different examples. Me Bulb, this is brilliant, who is your designer? Is he German? Manager shrugs. I dunno, some maybe German, some China I act surprised. Me China eh? That far? Manager Yes. Me Could you show me your chairs? Manager We don’t sell chairs here, but we do have… Walks to another section. I follow him. Manager shows me a selection of stools. Me No, this is not what I am looking for. Moment of awkward silence. Me Do you give any guided tours? Manager looks at me in a funny way. No, but you

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may ask questions. I’m not sure how much that will help because many here do not speak English. The Manager and I shake hands and I turn to walk out the store. Me Okay, thank you for your time. Manager I’ve been to England before, Portsmouth, Bournemouth, and London. Me Oh very nice, which did you like best? Manager Bournemouth has a lovely beach, why are you here in Germany again? Me I am a designer and I love the Bauhaus, I’ll be back, schönen Tag. Manager Ja, bis bald. Walk out the Baumarkt.


Enter the Baumarkt. Approach the woman on the desk. Me Do you speak English? Woman A little. Me Do you sell any chairs? Woman looks confused. What is chairs? I gesture the motion of sitting. Me Something you sit in? Woman No. Me Ah, ok do you by chance sell any lamps? Woman begins to look stressed. Ahm, I can’t speak English. Me Ok, no problem… do you give any tours? Woman stares at me blankly, then points to a man in a white shirt and smart trousers, possibly the floor manager: Sprich Englisch! I turn to the manager. Me Do you speak English? Manager A little. Me I have just moved to Germany, very excited to be at the Bauhaus! Manager smiles. Me I’m looking to design a home in Germany in a sort of style, could you show me your lamps? Manager Sure, follow me please. Myself and manager both turn towards light ­section of the Baumarkt and walk towards it. Manager What are you looking for? Me A table lamp, 1930s style Manager Is it LED or Bulb? Now at the light section of baumarkt. Manager shows different examples. Me Bulb, this is brilliant, who is your designer? Is he German? Manager shrugs. I dunno, some maybe German, some China I act surprised. Me China eh? That far? Manager Yes. Me Could you show me your chairs? Manager We don’t sell chairs here, but we do have… Walks to another section. I follow him. Manager shows me a selection of stools. Me No, this is not what I am looking for. Moment of awkward silence. Me Do you give any guided tours? Manager looks at me in a funny way. No, but you

may ask questions. I’m not sure how much that will help because many here do not speak English. The Manager and I shake hands and I turn to walk out the store. Me Ok thank you for your time. Manager I’ve been to England before, Portsmouth, Bournemouth, and London. Me Oh very nice, which did you like best? Manager Bournemouth has a lovely beach, why are you here in Germany again? Me I am a designer and I love the Bauhaus, I’ll be back, schönen Tag. Manager Ja, bis bald. Walk out the Baumarkt.

Sind Sie das Bauhaus? | The Bauhaus, I presume?

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Land der Träume(r)

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tadt. Land. Fluss. Buchstabe B. Bernburg. Mittelpunkt von Anhalt. „Ist Anhalt ein Land?“, werde ich gefragt. Nein, ist es nicht. Es ist eine Region, und sie beginnt mit A. Wobei das Alphabet auch mit B beginnen könnte, wo doch so viele Dinge mit B beginnen. Beginner zum Beispiel. Hätte man das Alphabet mit B beginnen lassen, würde es nicht XYZ, sondern vielleicht YZA heißen. So schnell können sich die Dinge ändern. Außer in Anhalt, da bleibt es anhaltend analog, animalisch, atroposophisch. So wie früher eben. Aber das Früher, das gibt es ja heute nicht mehr. Also ist alles so wie immer, nur früher. Stehen wir doch auch immer früher auf. Gehen früher ins Bett. Begraben früher unsere Träume in Anhalt. Halt mal! Anhalt’s Maul. Wortwitze waren früher auch irgendwie besser. Besser beginnt auch mit B. Wo waren wir? Ach ja, in Bernburg. Da stehen wir nun auf dem Acker von früher. Nahe der Börde, unweit der Bode. Bürde einer Vergangenheit, breitgetreten auf einer Fläche von zweitausend

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Land of the Dream(er)s

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tadt. Land. Fluss. Buchstabe B. Bernburg. Mittelpunkt von Anhalt. „Ist Anhalt ein Land?“, werde ich gefragt. Nein, ist es nicht. Es ist eine Region, und sie beginnt mit A. Wobei das Alphabet auch mit B beginnen könnte, wo doch so viele Dinge mit B beginnen. Beginner zum Beispiel. Hätte man das Alphabet mit B beginnen lassen, würde es nicht XYZ, sondern vielleicht YZA heißen. So schnell können sich die Dinge ändern. Außer in Anhalt, da bleibt es anhaltend analog, animalisch, atroposophisch. So wie früher eben. Aber das Früher, das gibt es ja heute nicht mehr. Also ist alles so wie immer, nur früher. Stehen wir doch auch immer früher auf. Gehen früher ins Bett. Begraben früher unsere Träume in Anhalt. Halt mal! Anhalt’s Maul. Wortwitze waren früher auch irgendwie besser. Besser beginnt auch mit B. Wo waren wir? Ach ja, in Bernburg. Da stehen wir nun auf dem Acker von früher. Nahe der Börde, unweit der Bode. Bürde einer Vergangenheit, breitgetreten auf einer Fläche von zweitausend

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und dreihundert Quadratkilometern. Seltsam dieses Gefühl. Irgendwie so: monumentalbeschaulich. So weit das Auge reicht, sehen wir Dreck und Tiere. Fruchtbarer Dreck. Kostbare Tiere. Kein Land für Kostverächter. Ja, hier lässt es sich prima leben. An den Flussläufen von Mulde und Elbe, Saale und Bode. Sofern man denn will. „Willkommen!“ möchte ­Ihnen das Land ins Gesicht brüllen. Brüllen deswegen, weil die Mähdrescher und Windräder so einen ­unsäg­lichen Lärm machen. Aber lassen Sie sich nicht davon stören. Sind es doch die Zeichen einer Zukunft, die Generationen vor Ihnen niemand haben wollte. Aber jetzt sind sie ja schon einmal hier und können sich ansehen, was sie haben könnten. Wenn sie denn wollten. Imperativ Rex. Herrscher über das Land der Träume. Und Träumer braucht es im ­Niemandsland Anhalt. Nehmen Sie sich die Freiheit. Wagen Sie etwas. Proklamieren Sie die positive Relevanz von Ehen homosexueller Pärchen für unsere Gesellschaft. Oder falls Ihnen das zu progressiv erscheint: Morgens Elmex, abends Aronal. Durchbrechen Sie Wald und Wiesen mit neuen Superlativen, ohne sich unnötig an Konventionen stören zu müssen. Stellen Sie sich vor: Ganz Anhalt sitzt im Baumhaus und erzählt den Enkeln Geschichten, die sie nicht glauben können. Geschichten aus einer Zeit, als man noch schwarze Schlacke in Metallkisten füllte, um in anderthalb Stunden von Harzgerode nach Coswig zu zuckeln. „Ach“, werden die Enkel ungläubig bemerken, „und wo liegt Coswig?“ Längst schon lebt man als

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Anhalt


und dreihundert Quadratkilometern. Seltsam dieses Gefühl. Irgendwie so: monumentalbeschaulich. So weit das Auge reicht, sehen wir Dreck und Tiere. Fruchtbarer Dreck. Kostbare Tiere. Kein Land für Kostverächter. Ja, hier lässt es sich prima leben. An den Flussläufen von Mulde und Elbe, Saale und Bode. Sofern man denn will. „Willkommen!“ möchte ­Ihnen das Land ins Gesicht brüllen. Brüllen deswegen, weil die Mähdrescher und Windräder so einen ­unsäg­lichen Lärm machen. Aber lassen Sie sich nicht davon stören. Sind es doch die Zeichen einer Zukunft, die Generationen vor Ihnen niemand haben wollte. Aber jetzt sind sie ja schon einmal hier und können sich ansehen, was sie haben könnten. Wenn sie denn wollten. Imperativ Rex. Herrscher über das Land der Träume. Und Träumer braucht es im ­Niemandsland Anhalt. Nehmen Sie sich die Freiheit. Wagen Sie etwas. Proklamieren Sie die positive Relevanz von Ehen homosexueller Pärchen für unsere Gesellschaft. Oder falls Ihnen das zu progressiv erscheint: Morgens Elmex, abends Aronal. Durchbrechen Sie Wald und Wiesen mit neuen Superlativen, ohne sich unnötig an Konventionen stören zu müssen. Stellen Sie sich vor: Ganz Anhalt sitzt im Baumhaus und erzählt den Enkeln Geschichten, die sie nicht glauben können. Geschichten aus einer Zeit, als man noch schwarze Schlacke in Metallkisten füllte, um in anderthalb Stunden von Harzgerode nach Coswig zu zuckeln. „Ach“, werden die Enkel ungläubig bemerken, „und wo liegt Coswig?“ Längst schon lebt man als

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erste Region in autarken Verbänden. Nicht weil es notwendig wäre, sondern weil es plötzlich modern geworden ist, sich neu zu definieren und zu organisieren. Nach Interessen und Werten statt nach zentralpolitisch-motivierter Gemeindereform. Stellen Sie sich das vor: Günstiges Bauland, und keiner geht hin. Was Sie über Anhalt wissen müssen, haben Sie ja schon gelesen. Was Sie aus Anhalt machen können, das kann ich ihnen auch nicht sagen. Aber beantworten Sie sich doch einfach selbst die Frage, was Sie daran machen können.

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erste Region in autarken Verbänden. Nicht weil es notwendig wäre, sondern weil es plötzlich modern geworden ist, sich neu zu definieren und zu organisieren. Nach Interessen und Werten statt nach zentralpolitisch-motivierter Gemeindereform. Stellen Sie sich das vor: Günstiges Bauland, und keiner geht hin. Was Sie über Anhalt wissen müssen, haben Sie ja schon gelesen. Was Sie aus Anhalt machen können, das kann ich ihnen auch nicht sagen. Aber beantworten Sie sich doch einfach selbst die Frage, was Sie daran machen können.

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Hier ists ietzt unendlich schön. Mich hats gestern Abend wie wir durch die Seen Canäle und Wäldgen schlichen sehr gerührt wie die Götter dem Fürsten erlaubt haben einen Traum um sich herum zu schaffen. Johann Wolfgang von Goethe, 1803

Hier ists ietzt unendlich schön. Mich hats gestern Abend wie wir durch die Seen Canäle und Wäldgen schlichen sehr gerührt wie die Götter dem Fürsten erlaubt haben einen Traum um sich herum zu schaffen. Johann Wolfgang von Goethe, 1803



Impressum Herausgeber: Prof. Dr. Dieter Orzessek, Prof. Severin Wucher, Prof. Dr. Cornelia Ackermann, Klaus Pollmeier, alle Hochschule Anhalt

© 2015 Alle Rechte vorbehalten. Sollten Rechtsinhaber trotz sorgfältiger Recherche nicht genannt sein, bitten wir sie freundlich, sich mit den Herausgebern in Verbindung zu setzen.

An diesem Buch haben mitgearbeitet: Prof. Dr. Cornelia Ackermann Christian von Anhalt alias Christian Treffler Paul Bowen Bryan Friedenberger Pierre Hertzsch Emma-Leigh J. Lawrence Erik Mayer Olga Miroshnikov Antonia Mothes Klaus Pollmeier Masihne Rasuli Johanna Ruhla Jeanette Schmidt Elisabeth Schmitt Tino Schneider Andrea Seiler Constanze Woehlert Prof. Severin Wucher

Die Herausgeber danken für die ­freundliche Unterstützung: Marion Sprenger-Hoffmann, Verein Anhaltische Landschaft e.V. Manfred Schwarz André Schlecht-Pesé ##

Bildnachweis: ## Bibliografie: ## Schriften: Sabon (Jan Tschichold) Fira Mono (Erik Spiekermann, Ralph du Carois) Druck: Hochschuldruckerei, Dessau

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