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Design Thinking macht Schule

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Der Pionier

Der Pionier

Für komplexe Probleme finden sich nur mühsam gute Lösungen. Design Thinking ist ein Konzept, das dabei hilft.

Design Thinking macht komplexe Probleme anschaulich, Lösungen werden gemeinsam erarbeitet.

Klimawandel und Nachhaltigkeit sind komplexe Themen und schwer zugänglich. Wer sich neu damit beschäftigt, ist schnell überfordert. Design Thinking ist eine Methode, die durch einen strukturierten Prozess an kreative Lösungen heranführt. In Wirtschaft und Forschung wird die Methode insbesondere dann eingesetzt, um sich einem neuen Produkt oder einer Dienstleistung aus Sicht der Nutzerin und des Nutzers zu nähern und es in Form und Funktion danach auszurichten.

Im Schulunterricht ist die Methode nicht nur nützlich, sondern bricht auch den lehrerzentrierten Unterricht auf. Der Prozess des Design Thinking führt Gruppen in Schleifen durch verschiedene Phasen, in denen sie sich schrittweise einer möglichen Lösung annähern. Der Prozess lässt sich in vier Phasen gliedern.

Prozessphasen im Design Thinking

In der Vorbereitungsphase stellt die Lehrkraft das Konzept vor. Schülerinnen und Schüler bilden Projektgruppen und einigen sich auf Rollen und Verantwortlichkeiten. Jede Gruppe wählt ein Problem, beispielsweise verschmutztes Trinkwasser, für das sie eine Lösung entwickeln möchte. Am Ende der Vorbereitungsphase haben die Gruppen die Herausforderung skizziert: Warum und wie treten die Probleme auf? Wer ist in welcher Form betroffen? Welche Aspekte und Entwicklungen stehen im Kontext dazu? Alle Argumente und Sichtweisen werden aufgenommen.

In der Verständnisphase stehen die Nutzerin und der Nutzer im Mittelpunkt. Schülerinnen und Schüler sollen sich in die Personengruppe hineinversetzen, der geholfen werden soll: Über welche Ressourcen verfügt sie? Was braucht sie, was sind ihre Ängste und Sorgen? Wie sieht ihr kultureller, geografischer oder infrastruktureller Kontext aus? Je umfassender und empathischer sich die Schüler in die Personen hineinversetzen, desto greifbarer wird das Problem, dem sich die Projektgruppe widmet.

In der Prototypen-Phase denken Schülerinnen und Schüler über mögliche Lösungen nach. In Gruppen sammeln sie Ideen, basierend auf den bisherigen Erkenntnissen. Kreativität und Offenheit werden als Schlüssel zur Lösung erlebt. Die besten Lösungsansätze veranschaulichen die Schülerinnen und Schüler zum Beispiel anhand von Modellen, Skizzen und Rollenspielen.

In der Umsetzungsphase werden den anderen Teams die Prototypen vorgestellt und diskutiert. Alles Erlernte und Erfahrene soll in eine Präsentation über den gesamten Prozess einfließen: Jeder einzelne Schritt wird festgehalten, vorgetragen und von der Klasse und der Lehrkraft kritisch hinterfragt. Weist der Prototyp Lücken oder Unstimmigkeiten in Bezug auf die Situation der Nutzergruppe auf, kann dies sogar zu einem Neuanfang führen.

Probleme eigenständig anpacken

Der schnelle Abgleich erster Prototypen mit der Problemstellung ist ein großer Vorteil der Methode. Er bietet die Chance, Ideen zeitnah weiterzuentwickeln und Schritt für Schritt eine schlüssige Lösung im Sinne der Nutzenden zu entwickeln.

VORBEREITUNG

VERSTÄNDNIS

PROTOTYP

UMSETZUNG

Die Arbeit in Gruppen und die offene Herangehensweise helfen im Unterricht aber vor allem dabei, bestimmte Denkweisen zu fördern. Schülerinnen und Schüler sollen erkennen, dass es möglich ist, selbst Verantwortung zu übernehmen. Sie sollen Empathie, kreative Problemlösung, Innovationsfähigkeit und kritisches Denken entwickeln – Fähigkeiten, die grundlegend sind, um Veränderungen offen zu begegnen und Zukunft verantwortungsvoll zu gestalten. Der Erwerb solcher Kompetenzen ist ein wichtiger Aspekt der Klimawandelbildung.

Design Thinking im STEM-Unterricht

Gerade die STEM-Fächer können von Design Thinking profitieren. Die Methode fördert das interdisziplinäre Arbeiten, macht abstrakte Probleme greifbar und unterstreicht gleichzeitig die Relevanz im Alltag der Schülerinnen und Schüler.

Erste Workshops im Rahmen des Projekts „Design Thinking in STEM“ führte die Siemens Stiftung in Kooperation mit der dänischen Organisation The Index Project, Expertinnen und Experten auf diesem Gebiet, in Chile und Südafrika durch. Dort bearbeiteten die Projektgruppen Aspekte der 17 Nachhaltigkeitsziele (SDG) der Vereinten Nationen, für die konkrete Lösungen auf lokaler und globaler Ebene entwickelt werden sollen. Ein guter Ausgangspunkt für den fächerübergreifenden Unterricht.

Visualisierung durch Modelle, Skizzen oder Rollenspiel

© Siemens Stiftung, Fotograf: Cristóbal Saavedra

Design Thinking: Einüben einer idealen Methode für den STEM-Unterricht

Die Pontificia Universidad Católica (PUC) in Chile ist eine der wichtigsten Universitäten im Partnernetzwerk der Siemens Stiftung in Lateinamerika. Ein Schwerpunkt in der Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften ist die Vermittlung neuer didaktischer Methoden für den STEM-Unterricht.

Die Universität mit ihrem Netzwerk an Lehrkräften verbreitet die Methode des Design Thinking im Rahmen des Projekts „Design Thinking in STEM“ weiter. Ende 2019 lernten die ersten 30 Lehrkräfte sowie weitere Multiplikatorinnen und Multiplikatoren das Konzept auf einem zweitägigen Workshop in Villarrica kennen, 2020 fand aufgrund von Corona ein vertiefender Workshop im virtuellen Raum statt. Die Lehrkräfte erprobten die Methode anhand von regionalen Problemstellungen, wie etwa nachhaltige Stadtentwicklung in den anliegenden Gemeinden oder Zugang zu sauberem Wasser in der Seenregion um Villarrica. Sie vermitteln ihr Wissen an ihre Kolleginnen und Kollegen sowie ihre Netzwerke und können auf diese Weise in den kommenden fünf Jahren rund 10.000 Kinder in Lateinamerika erreichen. Geplant ist eine Ausweitung in die Länder Mexico, Peru und Kolumbien.

Lehrkräfte üben im Workshop Techniken, die sie später Schülerinnen und Schülern beibringen.

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