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CHEMIE

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VERBANDSSEITEN

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Entschwefelung von Erdöl

Salzsäure bringt Katalysatoren auf Trab

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Ein Forschungsteam der Technischen Universität München (TUM) unter der Leitung des Chemikers Johannes Lercher hat ein Syntheseverfahren entwickelt, mit dem sich die Aktivität von Katalysatoren zur Erdöl-Entschwefelung um ein Vielfaches steigern lässt. Das neue Verfahren lässt sich möglicherweise auch für Katalysatoren in Brennstoffzellen einsetzen.

Erdöl enthält sehr viel Schwefel. Um daraus Kraftstoffe zu machen, müssen die Schwefelverbindungen mithilfe von Wasserstoff entfernt werden. Hydrotreating nennen Fachleute dieses Verfahren, das erst mit entsprechenden Katalysatoren realisiert werden kann. Am Lehrstuhl für Technische Chemie II der TU München haben Forschende ein Verfahren entwickelt, mit dem sich die Aktivität dieser Katalysatoren um ein Vielfaches steigern lässt: Sie behandelten dazu die katalytisch aktiven Metallsulfide vorab mit konzentrierter Salzsäure.

Wichtig für die Umwelt

Das Hydrotreating ist einer der wichtigsten katalytischen Prozesse – sowohl im Hinblick auf die eingesetzten Katalysatormengen als auch in Bezug auf die Menge der verarbeiteten Rohstoffe. Mit Wasserstoff unter hohem Druck werden dabei Verunreinigungen wie Schwefel oder Stickstoffverbindungen möglichst vollständig aus dem Rohöl entfernt. «Derartige Verunreinigungen würden später zu Schwefeldioxid und Stickoxiden verbrennen, was negative Auswirkungen auf die Umwelt, vor allem auf die Luftqualität zur Folge hätte», sagt Manuel Wagenhofer, Erstautor der in «Science Advances» veröffentlichten Studie. Zudem würden Schwefel und Stickstoffverbindungen auch Edelmetalle in Abgaskatalysatoren moderner Fahrzeuge beschädigen und ihre Wirksamkeit drastisch verringern.

Ein erstaunlicher Effekt der Salzsäure

Die Chemiker untersuchten solche MischmetallsulfidKatalysatoren auf ihre Wirksamkeit beim Hydrotreating. Dazu synthetisierten sie in mehreren Prozessschritten zunächst NickelMolybdänSulfide, im Anschluss behandelten sie sie mit Säure. «Es war erstaunlich, wie stark die Zugabe von konzentrierter Salzsäure die katalytische Leistung erhöht», sagt Wagenhofer. «Salzsäure verbessert die Zugänglichkeit zu aktiven Zentren in den Katalysatoren, indem es weniger aktive Komponenten, vor allem Nickelsulfide, entfernt. Es entstehen reinere und damit aktivere Mischmetallsulfide.»

Grosser Nutzen für die Grundlagenforschung

Die Ergebnisse der TUMChemiker sind auch für die Grundlagenforschung von grosser Bedeutung. Die gereinigten Mischmetallsulfide lassen sich nämlich wissenschaftlich leichter untersuchen. «Wir konnten dadurch beispielsweise an den so behandelten Katalysatoren aktive Zentren identifizieren und quantifizieren», erklärt Lercher. «Das war nur möglich, weil die Oberfläche nicht mehr mit Nickelsulfid belegt war.» Prinzipiell lasse sich die Säurebehandlung als Untersuchungsinstrument für eine Reihe ähnlicher Katalysatoren nutzen, um diese zu optimieren, etwa auch für die Anwendung mit Ölen aus nachwachsenden Rohstoffen, die künftig in Raffinerien zu klimaneutralen Kraftstoffen umgewandelt werden sollen. «Wenn wir MischmetallsulfidKatalysatoren besser verstehen, können wir sie eventuell auch für den Einsatz in anderen wichtigen Zukunftsfeldern wie Wasserelektrolyse oder WasserstoffBrennstoffzellen dramatisch verbessern», sagt Johannes Lercher.

Salzsäure – die wohl bekannteste Säure der Welt.

Originalpublikation Manuel F. Wagenhofer, Hui Shi, Oliver Y. Gutierrez, Andreas Jentys, Johannes A. Lercher, «Enhancing hydrogenation activity of NiMo sulfide hydrodesulfurization catalysts», Science Advances (2020); DOI: 10.1126/sciadv.aax5331

Kontakt Prof. Dr. Johannes A. Lercher Technische Universität München Lichtenbergstrasse 4 D85748 Garching +49 89 289 13540 johannes.lercher@ch.tum.de www.tum.de

Ohne Lösungsmittel

Recycling von Seltenen Erden

Die Metalle der Gruppe der Seltenen Erden sind technologisch unverzichtbare Rohstoffe. Chemiker der Universität München haben gezeigt, dass ein Bestandteil bakterieller Enzyme einige der begehrten Elemente umweltschonend aus bestimmten Gemischen isolieren kann. Womöglich verbirgt sich hinter dieser Beobachtung ein noch verkanntes Potenzial, diese seltenen Elemente möglichst umweltfreundlich wiederzuverwerten.

Die Metalle der Seltenen Erden sind aus dem modernen Leben kaum mehr wegzudenken: Computer, Smartphones oder Elektromotoren würden ohne sie nicht funktionieren, und für viele Schlüsseltechnologien sind sie etwa als Bestandteile von Magneten, Batterien oder Katalysatoren unverzichtbar. Insgesamt gehören 17 Elemente zu dieser Gruppe, darunter Scandium, Yttrium, Lanthan und die Lanthanoide (siehe Bild 1). In der Natur kommen sie immer in Mischungen vor, oft sind sie auch mit den radioaktiven Elementen Uran und Thorium vergesellschaftet.

Seltene Erden sind auch biologisch essenziell

Da diese Elemente sich chemisch sehr ähneln, ist ihre Trennung bisher schwierig, sehr energieaufwendig und wenig nachhaltig. Ein Team um Professorin Lena Daumann vom Department Chemie hat nun gezeigt, dass ein bakterielles Molekül, der Redox-Cofaktor Pyrrolochinolinchinon (kurz: PQQ, siehe Bild 2), einige der Gemische auftrennen kann. Seit wenigen Jahren ist bekannt, dass die Elemente der Seltenen Erden auch biologisch essenziell sind. Manche Bakterien etwa nehmen Lanthanoide gezielt auf und nutzen sie für ihren Stoffwechsel. Der Cofaktor PQQ kommt in einigen bakteriellen Enzymen vor, die ihn nutzen, um Methanol mithilfe von den seltenen Elementen wie Lanthan oder Europium zu oxidieren und dadurch Energie gewinnen. Die Wissenschaftler haben nun die Eigenschaften von PQQ näher charakterisiert und in Kooperation mit Forschern aus Berlin und Münster zudem erstmals die Struktur der gebildeten PQQLanthanoid-Komplexe ausserhalb einer Proteinmatrix charakterisiert.

Bild 1: Die Elemente der Seltenen Erden im Periodensystem.

Bild 2: Der Redox-Cofaktor Pyrrolochinolinchinon ist in der Lage, aus in Wasser gelösten Mischungen einige der Seltenen Erden auszufällen.

Enzyme können Lanthanoide ausfällen

Die Forscher konnten nachweisen, dass PQQ in der Lage ist, aus in Wasser gelösten Mischungen einige der Seltenen Erden auszufällen, also ohne potenziell schädliche Lösungsmittel oder Zusätze. Dabei werden die grösseren Lanthanoide bevorzugt, dazu gehört auch das Element Neodym, das unter anderem für nachhaltige Technologien wichtig ist. «Eine Eigenschaft der Lanthanoide ist, dass in der Reihe von Lanthan bis Lutetium die Ionenradien stetig abnehmen, diese winzigen Grössenunterschiede kann man sich zunutze machen», sagt Daumann. Bisher war zudem unklar, warum Bakterien vor allem etwas grössere Lanthanoide für biologische Funktionen nutzen. Aufgrund ihrer Ergebnisse vermuten die Wissenschaftler, dass dies mit PQQ zusammenhängt, und dass das aktive Zentrum des Enzyms als Ganzes optimal für die etwas grösseren Elemente ausgelegt ist. Möglicherweise können die neuen Erkenntnisse dazu beitragen, das Recycling von Seltenen Erden mithilfe von Bakterien voranzutreiben. Die Studie ist im Fachjournal «Chemistry A European Journal» veröffentlicht und als Titelgeschichte ausgewählt worden.

Originalpublikation Henning Lumpe et al., «The Earlier the Better: Structural Analysis and Separation of Lanthanides with Pyrroloquinoline Quinone», Chem. Eur. J. (2020); https://doi. org/10.1002/chem.202003043

Medienmitteilung Universität München www.uni-muenchen.de

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