Fungus Follows Function

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Fungus Im Fokus der Arbeit steht das Myzel, die Wachstumsstruktur eines Pilzes. Es handelt sich um ein natürliches Polymer, das ein organisches Substrat zusammenhalten kann. Mit dem geeigneten Produktionsprozess erhält man ein frei formbares, in den Eigenschaften variables Material mit vielen Anwendungsmöglichkeiten. Es ist leicht, isolierend, nicht toxisch, schwer entflammbar, kreislauffähig und benötigt nur geringen Energieeinsatz. Damit kann es beispielsweise als Ersatz für Styropor verwendet werden und vermeidet die Nachteile in Toxizität, Brandschutz und Entsorgung. Die Ausgangsstoffe sind dabei Reststoffe aus verschiedenen Quellen, ihr nächster Schritt wäre die Kompostierung gewesen. Neben der Gestaltung einer Kombination aus Labor, Produktionsstätte und Lagerhalle präsentiert die Arbeit den Zwischenstand einer Forschungsarbeit aus der Sicht eines Industriedesigners.

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(04) (01) Ein organisches Substrat wird mit dem flüssigen Pilzmyzel vermischt und in eine beliebige Form gegeben. (02) Innerhalb einiger Tage bis Wochen ist das Substrat durchwachsen. Mit de mErhitzen des Materials wird der Organismus abgetötet und ist damit bereit zur weiteren Nutzung. (03) Das Mycomaterial kann in seinen Eigenschaften sehr unterschiedlich sein und eignet sich daher als vielseitiger Werkstoff. (04) Anwendungsbereiche können beispielsweise im Bau-, Möbel-, oder Verpackungsbereich liegen

Function



Fungus Follows Function von

Simon Fuchsberger

Hochschule M체nchen Fakult채t f체r Design

Betreuung Prof. Peter Naumann 2015



Index

(04) Prolog (08) Industrie Design im Wandel (18) Mycelium – Polymer der Natur (20) Der Fungus (24) Glossar (26) Design mit Biotechnologie (34) Styroporersatz (36) Fungus Follows Function (38) Thesis (40) Experimente (42) Substrat Findung (44) Ausgewählte Pilze (50) Versuchsaufbau (58) Prozess (116) Ausstellung (118) Ausblick (120) Epilog (122) Quellenverzeichnis (124) Bildverzeichnis, Literatur & Filme (127) Impressum


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Warum muss man einem Kind erklären, dass es die Ver­­pack­­ung ei­ nes Bonbons nicht einfach weg werfen darf   ? Eigentlich macht es das einzig vernünftige, denn in der Natur gibt es keinen Abfall, nur Nährstoffe. Das Kind hätte anderen damit einen Gefallen getan, ei­ nen Beitrag zu neuem Leben geleistet. Das Prinzip Abfall wurde vom Menschen erfunden, die klassische Produktentwicklung hat das wo­ her und wohin eines Produktes ausgeblendet. Die Komplexität vor­ handener und zukünftiger Materialströme wird oft nicht beachtet und zwingt uns dazu VERbraucher zu sein, anstatt GEbraucher. An­ gesichts der Katastrophen, die wir unter anderem bereits ausgelöst haben, stellt sich die Frage wer die intel­ligentere Lebensform ist, Mensch oder Ameise ? Ameisen stellen ein vielfaches der Biomasse des Menschen. Sowohl in der Anzahl der Individuen als auch im Gesamtgewicht überwiegen sie uns deutlich. → 1 Obwohl sie täglich unglaublich viel produzieren und konsumieren, gibt es bei ihnen weder ein Überbevölkerungs- noch ein Müllproblem. Selbstver­ ständ­lich sind wir einer Ameise als Individuum deutlich überlegen, im Kollektiv allerdings führt diese individuelle Beschränkt­heit zu großer Schwarmintelligenz. Umgekehrt führt unsere individuelle In­ tellingenz eher zu einer Schwarmdumm­heit. Wir haben ein System geschaffen, dass eine Einzelent­scheid­ung als vernünftig erscheinen lässt, welche im großen Kontext allerdings außerordentlich dumm sein kann. Dafür gibt es kaum ein besseres Beispiel als die geplante Obsoleszenz, die der Philosoph Michael Schmidt Salomon treffend beschreibt: »Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist die Strategie der geplan­ ten Obsoleszenz zweifellos clever – sehr clever sogar, denn sie garantiert den Erfolg des Unternehmens durch massenhaften Ab­ satz seiner Produkte. Auch aus volkswirt­schaftlicher Sicht scheint Obsoleszenz Sinn zu machen, denn nur wenn wir allesamt wie die Irrsinnigen konsu­ mie­ ren, erhalten wir zur Belohnung jenes sehnsüchtig erwartete wirtschaftliche Wachstum, für das westli­ che Politiker ebenso inbrünstig beten wie fromme Katholiken für die Vergebung ihrer Sünden. Global gesehen ist geplante Obso­ leszenz unter den gegebenen Produktionsbedingungen jedoch an Hirnrissigkeit kaum zu überbieten, sie ist geradezu ein Muster­


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beispiel für unsere fehlende Schwarmintelligenz beziehungsweise ausgeprägte Schwarmdummheit: Kein Mensch käme alleine auf den Gedanken, unter Einsatz seines Lebens wertvolle Ressourcen zu er­ obern, um sie dann innerhalb kürzester Zeit in wertlose Müllberge zu ver­wandeln. Nur in der Masse sind wir blöd genug, um ein sol­ ches Verhalten an den Tag zu legen.« → 2 Ein großer Teil der Produkte und Dienstleistungen die uns heute umgeben konterkarieren damit die zivilisatorische Entwicklung und humanitären Errungenschaften des Men­schen. Wir vergiften uns mit Vorsatz und verheizen die wertvollen Materialien die uns so viel Nutzen geben können. Unwiederbringlich. Führt man man sich vor Augen, dass 80 % der Umweltaus­wirkungen eines Produktes im Design Prozess gesteuert werden → 3, so wird eines deutlich: Wir ha­ ben ein Design Problem. Es werden nicht zwangsweise die falschen Materialien verwendet, sie werden nur falsch eingesetzt. Seit dem Erscheinen von Viktor Papaneks Klassiker Design for the real world sind 40 Jahre vergangen, der Inhalt könnte jedoch nicht aktueller sein »Es gibt Berufe, die mehr Schaden anrichten als der des Indus­ trie Designers, aber viele sind es nicht«. Seitdem hat sich der Design Prozess an sich weiter entwickelt, die Grundlage der Entscheidun­ gen wurde allerdings vernachlässigt. Dabei konzentriere mich auf das Prinzip des Cradle to Cradle. Es steht für eine fortschrittliche Denkweise, die auf wissenschaftlichen Fak­ ten basiert und den Mensch in den Mittelpunkt der Gestaltung setzt. Während sich Designer eher darauf konzentriert haben, einfach we­ niger eines »schlechten« Materials einzusetzen, arbeiten die beiden Gründer Michael Braungart und William McDonough seit den frühen 1990er Jahren an der Umsetzung ihrer Utopie einer abfallfreien Welt.


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Schafft man sich eine Grundlage seiner Entscheidungen, kann je­ des Produkt, jede Dienstleistung nun noch einmal gestaltet werden. Man wird immer wieder an Grenzen stoßen, doch alte Probleme lassen sich nur durch neues Denken lösen. Wichtig ist das definier­ te Ziel und jeder kann mit jeder Entscheidung einen Schritt in die­ se Richtung machen. Bei Gestaltern kann ein Schritt durch seine Reichweite verhältnismäßig groß sein, deshalb sollte man sich sei­ ner Verantwortung bewusst sein. Niemand weiß, wie der Weg in die Zukunft aus­sehen wird. Transformation in geschlossene Kreisläu­ fen ist dabei unabdingbar, vielleicht mit Blick auf die Intelligenz von Ameisen. Beim Gestalten von neuen Produkten und Dienstleistungen eignen sich die Hannover Grundsätze als Basis. Sie stammen von den Cradle to Cradle Gründern und gelten in Umweltkreisen bereits als Meilen­ stein: → 4


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Hannover Grundsätze: (01) Bestehen Sie auf dem Recht, dass die Menschheit und die Natur in einem gesunden, sich gegenseitig unterstützenden, vielfältigen und nachhaltigen Verhältnis existieren. (02) Erkennen Sie Abhängigkeiten an. (03) Respektieren Sie die Beziehung zwischen Geist und Materie. (04) Seien Sie sich der Verantwortung für die Konsequenzen bewusst, die Ihre Entwürfe auf das menschliche Wohlergehen, die Funktions­ fähigkeit natürlicher Systeme und deren Recht auf Koexistenz haben. (05) Schaffen Sie sichere Produkte, die lange halten. (06) Geben Sie das Konzept Abfall auf. (07) Verlassen Sie sich auf die natürlichen Energieflüsse. (08) Erkennen Sie die Begrenzungen des Designs. (09) Suchen Sie nach ständiger Verbesserung, indem Sie Ihr Wissen teilen.


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Alle Entscheidungen im Design Prozess, die mit physischen Stoffen verbunden sind nehmen in komplexem Maße Einfluss auf die Entwicklung der Menschheit. Wie im Vorwort angeschnit­ ten scheinen manche Entscheidungen einzeln betrachtet vernünftig zu sein, gesellschaftlich können sie jedoch fatal sein. Man nimmt ein oder mehrere Materialen und ordnet ihnen ei­ nen Zweck zu. Mindestens einen Zweck hat da­ bei alles womit wir uns umgeben. Egal ob es um Funktion, Form, Ästhetik oder Interaktion geht, an einem Punkt wurde entschieden: Dieses Ob­ jekt soll in dieser Form einen Zweck verrichten. Umgangsprachlich wird hierbei gerne von De­ sign gesprochen. Sicherlich gehören alle Aspek­ te auch dazu, nur ist heute ein umfassenderes Bild von Gesaltung notwendig. Die Auswahl der Materialien muss auf Grundlage von intelligen­ ten Materialströmen geschehen. Bereits vor der Produktion muss fest stehen, wie ein Material wieder in Kreisläufe gehen kann. Auch Giftstoffe müssen in einem guten Produkt tabu sein: Wie schön muss es sein um eine Vergiftung zu recht­ fertigen  ?

Sie als Designer, wenn der Gegenstand, den Sie entwerfen, Schäden verursacht, die Umwelt zer­ stört oder die Gesundheit von Kindern gefähr­ det  ? Natürlich kommen Fehler vor, das passiert jeden Tag und jedem von uns. Es ist fester Be­ standteil eines kreativen Lebens. Aber wenn Sie bei Ihrem Entwurf wissentlich einen Giftstoff oder ein fragwürdiges Material verwenden, wie ist dann Ihr Talent zu bewerten  ?«  → 5 Die Gestal­ tung von Produkten und Dienstleistungen steht direkt und indirekt in Wechselwirkung mit vie­ len Faktoren. Der Designprozess sollte das Sys­ tem berücksichtigen in dessen Kontext er steht. Nur so kann am Ende ein gutes Objekt entste­ hen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit möchte ich daher auf einige von ihnen eingehen.

Globalisierung Die Globalisierung hat viele Gesichter von de­ nen uns manche ungeahnte Möglichkeiten gebracht haben, andere stellen uns vor große Herausforderungen. Fest steht, sie hat unsere Lebensentwürfe grundlegend verändert. Die Veränderungen im Bereich der Kommunikati­ no sind enorm. Mit einer gut kommunizierten Stellen wir uns als Beispiel einen Schuh vor, Idee können neue Geschäftsmodelle entstehen heute sicherlich etliche Male in dieser Form und das ganze Massenmärkte neu definiert vorhanden. Vordergründig kann er für den Kun­ werden. So hat Dave Hakkens hat mit einem den wunderschön, gut konstruiert, bequem und rudimentären Prototypen und einem Video die sowohl für ihn als auch den Produzenten ein Entwicklung eines Grundlegend neuen Smart­ gutes Geschäft sein. Man könnte sagen, »Ein phones angestoßen, Googles Project Ara ist nun gutes Produkt«. Doch wie sieht die Bilanz aus auf dem Weg zur Marktreife im Jahr 2015. →  6 Die wenn sein Material Giftstoffe enthält, die beim späteren Kunden haben heute Einfluss auf den Schwitzen in die Haut gelangen  ? Wenn die Entstehungsprozess, beide Seiten profitieren Sohle aus einem fossilen Stoff, der nicht in die dabei von besseren Produkten. Mit der Verbrei­ Umwelt gelangen darf, gefertigt ist  ? Möglicher­ tung des 3D Drucks wird sich diese Entwicklung weise versetzt mit karzinogenen Stoffen reibt sie weiter fortsetzen. sich ab und gelangt in winziger Struktur in unser Umfeld. Die Kreislauffähigkeit ausgeschlossen. In der Wirtschaft allerdings können die Folgen Während des Tragens bleiben die Nebenwirkun­ verheerend sein. Die Auslagerung von Pro­ gen dabei für den Kunden verborgen. duktionen kann ernste Folgen für Mensch und Umwelt haben, ermöglicht durch niedrigere Ist ein solches Produkt mit Human Centered De­ Schutzstandards und Intransparenz. Bei vie­ sign vereinbar  ? Eigentlich möchte der Käufer len Produkten, vor allem im »Billig-Segment«, gut laufen und gelegentlich für seine modische steht die vergleichsweise geringe Einsparung im Auswahl bewundert werden. Bei der Auswahl Einkaufspreis in keinem Verhältnis zu den Fol­ zusätzlich die komplexen Fragen der Kreislauf­ gen ihres Zustandekommens. Ausgerechnet ein fähigkeit zu beachten scheint zu viel verlangt. großer Treiber der Globalisierung, das Internet, Gerade im Hinblick auf die Vielzahl der Produk­ scheint dagegen zu arbeiten. Firmen haben es te die wir konsumieren wäre das alleine wohl heute mit den informiertesten Kunden aller Zei­ ein Ausbildungsberuf in Vollzeit. Daher ist es ten zu tun, ein Skandal breitet sich wie ein Flä­ die Aufgabe der Gestalter auf diese Fragen zu chenbrand aus. reagieren. Die nicht sichtbaren Ebenenen sind ebenso wichtig, wenn nicht wichtiger, als das Gleichzeitig dient das Netz, das die ganze Welt offensichtliche Produkt. »Fairness im Design ist verbindet, wieder als lokale Verbindung. Men­ nicht einfach eine moralische Angelegenheit, schen organisieren sich um wieder lokalere sondern bestimmt die Qualität. Wie »gut« sind Strukturen zu formen. Denn eins scheint sicher,


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viele Probleme unserer Konsumgesellschaft 51.000 km2 betragen. Eine große Zahl, die man können durch Regionalisierung eingedämmt allerdings an einem Tag mit dem Auto umfahren kann. Im Verhältnis zum gesamten Land verhält werden. sie sich wie ein Basketball zu einem Strand­ tuch. → 10 Letztlich sollte die Energiegewinnung Energie Eine sichere Energieversorgung ist Grundvo­ jedoch immer lokal betrachtet werden. Verteilt raussetzung unserer Gesellschaft. Langfris­ man diese Flächen daher noch auf Städte und tig müssen wir uns von den alten Formen der involviert andere erneuerbare Energien, so er­ Energiegewinnung verabschieden. Atomkraft scheint das Szenario Vollversorgung nicht mehr ist eine kostenintensive, gefährliche Energie weit entfernt. Genügend Energie bekommen wir die uns hochgiftigen Abfall auf unabsehbare täglich kostenlos von der Sonne geliefert, die Zeit hinterlässt. Ohne zu wissen wie wir damit Fotosynthes beansprucht etwa das sechsfache umgehen sollen, wurde diese Energieform in des Energiebedarfs des Menschen. Es gibt nicht einer Zeit unreflektierter Fortschrittsgläubig­ DIE universelle, innovative Energiequelle. Viel keit massiv mit öffentlichen Geldern gefördert. mehr ist eine sinnvolle Verbindung von bereits Fossile Energieträger sind endlich, schmutzig, vorhandenen Technologien notwendig. Flexibel zerstören ganze Landstriche und als Stoff sollte gestaltbar, an Bedarfsstrukturen angepasst, de­ es für den Erhalt einer für den Menschen ausge­ zentral einsetzbar.  → 11 glichenen Atmosphäre im Boden bleiben. Rati­ onal betrachtet müsste eine Abkehr von diesen Hier kann man auch Grenzen von Gestaltung Energieformen logisch sein. Trotzdem drückt beobachten. Selbst wenn man die gesellschaft­ sich das selbst in Zeiten der Energiewende nicht lich bessere, günstigere Lösung anwenden will, in Zahlen aus. Jährlich werden konventionelle zwingen einen Fremdinteressen davon abzurü­ fossile Formen der Energieerzeugung mit 400- cken. Wichtig ist es, trotzdem seine Absicht zu 2600 Millarden € subventioniert wohingegen formulieren um zu gegebener Zeit sofort zur ge­ erneuerbare Energien mit lediglich 74 Milliar­ eigneten Lösung wechseln zu können und einen den € gefördert werden. → 7 Dabei übertrifft die kleinen Teil zum öffentlichen Druck auf Volks­ Entwicklung der erneuerbaren Energien regel­ vertreter zu erzeugen. mäßig alle Erwartungen. Mittlerweile haben sie in Deutschland einen Anteil von 27 % an der Wirtschaft Energieversorgung. → 8 Noch in den 1990er Jah­ Wir leben in einem linearen Wirtschaftssys­ tem. Dinge werden hergestellt um am Ende zu ren war ein Anteil von über 5 % undenkbar. Müll zu werden. Viele Unternehmen sehen sich Warum wir gesellschaftlich nicht voll auf den heute gezwungen durch maximale Diversifi­ Weg der regenerativen Energiequellen setzen zierung und kurze Produktzyklen am Markt zu lässt sich nur durch ein Geflecht an gegentei­ bestehen. Wird ein Designer ausschließlich für ligen Interessen erklären. Die großen Energie­ die Abgrenzung zur Konkurrenz eingebunden, konzerne beteiligen sich erst seit sie keine an­ wird es ihm nicht möglich sein tief auf einzelne dere Möglichkeit mehr haben. Ein Zitat aus der Bestandteile des Produktes einzugehen. So ent­ »Wirtschaftswoche« zeigt den absurden Zustand steht das gängige Bild des Designers als »Auf­ in dem wir uns gerade befinden: »Lassen sich hübscher«. Etabliert man ein Geschäftsmodell, wirklich alle Ressourcen auch bergen (was Ver­ bei dem man Eigentümer seines Materials bleibt treter der Peak-Oil-These zum Beispiel bezwei­ kann man auch auf kurzlebige Trends setzen feln), gehen der Welt erst in rund 100 Jahren die und der Zyklus kann an die Entwicklung ange­ fossilen Energieträger aus. Für die Politik ist passt werden. Bis dahin ist es auch Aufgabe des das ein Dilemma: Denn bisher argumentierten Designers, Unternehmen in eine kreislauffähige die Regierenden beim Umstieg auf erneuerbare Struktur zu bringen Energien wie Solar- und Windkraft oft damit, Allgemein muss ein Paradigmenwechsel zu in­ dass fossile Energieträger knapp werden. Jetzt telligenterem Wachstum führen. Die EU plant bleibt ihnen vorerst nur noch ein Argument: Er­ 580 000 neue Arbeitsplätze durch einen Über­ neuerbare Energieträger sind sauberer, billiger gang zur Kreislaufwirtschaft zu schaffen. → 12 und klimafreundlicher.« → 9 Bleibt man im Besitz seiner Materialien, ent­ fallen schlicht die Kosten der Anschaffung. Michael Braungart beschreibt ein Gedanken­ Man wird zum Dienstleister, der das Produkt in experiment über die Vollversorgung der USA Einzelbausteine zerlegt und neu zusammenfügt. mithilfe von Sonnenkollektoren. Die Fläche Alternativ hat man Anteil an einem intelligenten in der Wüste vor Las Vegas müsste dafür etwa Materialpool. Langfristig sollten keine Dinge


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mehr industriell verbrannt oder deponiert wer­ den, dabei geht der potentielle Nutzen verloren. Intelligente Design Strategien können Unter­ nehmen zukunftsweisend gestalten. Sicherlich werden Entscheidungen durch Kosten beein­ flusst. Doch die komplexen Preisstrukturen können in Frage gestellt werden. Die finanzielle Struktur soll nach der umfassenden Gestaltung eines Unternehmens festgelegt werden. So kön­ nen auch ganz neue Geschäftsmodelle und Ver­ triebswege erschlossen werden. Die gesamte Wertschöpfung der Wirtschaft be­ trug 2010 circa 50 Billionen €, spekulative Fi­ nanzprodukte der Finanzwirtschaft 500 Billi­ onen €. Das Verhältnis von 1:10 hat sich in den letzten 20 Jahren umgekehrt. → 13 Man muss sich als Gestalter der Entwicklungen bewusst sein, die im Hintergrund stattfinden. Momentan über­ steigt die Finanzwelt stark die Realwirtschaft, die­ se Tatsache wiederum hat durch die Preisgestal­ tung Auswirkungen auf Produktentwicklungen. Jeder braucht Geld um ein angenehmes Leben zu führen und seine Familie abzusichern. Doch es bedeutet nicht, dass man mit Geld nicht kreativ umgehen kann. Die Anekdote des Finanzjourna­ listen Lucas Zeise zeigt eine interessant Sicht auf die Thematik: »Es geschah in einem kleinen Dorf im Luberon, das ausschließlich vom Tourismus lebte, bis dieser aufgrund der weltweiten Finanz­ krise ausblieb. Kein Tourist besucht das Dörf­ chen, und jeder Bewohner muss zum Überleben bei einem anderen Geld pumpen.(…) Schließ­ lich erscheint ein Fremder und mietet ein Zim­ mer. Er zahlt beim Einchecken mit einem 100€ Schein. Der Tourist ist kaum mit seinem Trolley die Treppe hinauf, da rennt der Hotelbesitzer schon zu seinem Metzger, dem er seit Wochen 100 € schuldet. Der Metzger nimmt den Schein und läuft zum Bauern, der ihn mit Fleisch belie­ fert, was er bislang nicht bezahlen konnte. Der Bauer ergreift hocherfreut den Schein und trabt zu der einzigen Hure des Dorfes, der er noch das Geld für die letzten Besuche schuldig ist. Die Hure beeilt sich ihrerseits, ganz schnell den Hotelier aufzusuchen, bei dem sie hin und wie­ der stufenweise eine Kammer mietet, die sie seit Ausbruch der Krise nicht bezahlen konnte. Im selben Moment, in dem sie den Geldschein auf den Empfangstisch legt, kommt der Tourist die Treppe herunter, erklärt, dass ihm das Zimmer nicht gefalle, nimmt den Schein und verschwin­ det. In diesem kurzen Moment im Leben eines Dorfes wurde kein Geld ausgegeben, keiner hat etwas gewonnen und keiner verloren. Allein: alle Dorfbewohner sind plötzlich schuldenfrei.«  → 14

Mit Geld kann man sicherlich kein Glück kaufen, ganz ohne Geld wird es wohl dennoch schwierig glücklich zu sein. Letztlich sollte es Mittel zum Zweck sein. Ressourcenknappheit Es ist keine Frage ob, sondern nur wann die ers­ ten wichtigen Rohstoffe zur Neige gehen. Der Zeitpunkt lässt sich schwer festlegen und der Preis ist nicht unbedingt ein Indikator für die ver­ bleibenden Ressourcen. Er unterliegt noch vielen anderen Faktoren und Interessen. Erdöl ist das bekannsteste Beispiel, mittlerweile werden im­ mer aufwendigere Techniken zur Gewinnung von immer geringeren Mengen Öl eingesetzt. Die Prognosen zu Peak-Oil und der Restmenge variieren, das Ansteigen der Kosten ist allerdings absehbar. Gerade vor dem Hintergrund, dass Europa ein erdölarmer Kontinent ist und Öl im­ portiert werden muss, sollten die vorhandenen Ressourcen so gut wie möglich genutzt werden. Erdöl ist eines der besten Ausgangsmaterialien, das der Mensch kennt. Doch bei vielen Anwen­ dungen stehen Aufwand und Folgen nicht im Verhältnis zum geringen Nutzwert. Eine Plas­ tiktüte etwa wird im Schnitt 25 Minuten be­ nutzt, der Zersetzungsprozess dauert hingegen 100 - 500 Jahre. Werden synthetische Polymere aus Öl hergestellt, müssen sie im technischen Kreislauf bleiben um sie mit möglichst gerin­ gem Verlust als Rohstoff zu erhalten. Vor allem bei der Verbrennung verlieren wir ihn unwie­ derbringlich. Als noch dringender wird das Problem der Phosphorversorgung eingestuft.  → 15 Wir müssen jeden Tag 2g Phosphor aufnehmen und wieder abgeben, andernfalls könnten wir weder Zähne noch Knochen bilden. Momentan wird es abgebaut, in Form von Kunstdünger in unsere Lebensmittel gebracht und verschwindet nach dem Aufnehmen in Klärschlämmen. Kein Biosiegel der Welt erlaubt es derzeit, unseren Phosphor wieder auf die Felder zu bringen. Die Niederlande hat sich vorgenommen ab 2020 keinen Kunstdünger mehr zu importieren, die Abhängigkeit wird durch intelligentes Abwas­ sermanagment ersetzt. Oft wird vergessen, dass auch fruchtbarer Boden endlich ist. Die USA haben seit ihrer Gründung 75 % ihrer Humus­ schicht verloren. Um eine sichere Zukunft zu garantieren, wird ein neues Bodenmanagment unverzichtbar sein. Down-und Recycling Recycling bedeutet heute oft Downcycling. Kunststoff sind oft verunreinigt und werden in der Folge für einen niederen Nutzen verwendet


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oder thermisch verwertet. Diese Verwertung, also Verbrennung von Rohstoffen sollte eigent­ lich die letzte Option sein und den Stoffen vor­ behalten sein, die nicht mehr im Stoffkreislauf bleiben können. Die anvisierten Quoten der Europäischen Union sind ambitioniert, die pro­ zentualen Angaben sollten allerdings vorsichtig betrachtet werden. Deutschland etwa verwertet über 90 % des anfallenden Kunststoffmülles. Hierunter fällt alles, sei es Deponierung, Export, Verbrennung oder stoffliche Verwertung. Am Ende bleiben etwa 15-20 % für die werkstoffli­ che Verwertung, der Rest geht verloren. Optimal ist es, ein Produkt wieder in möglichst kleinen Teile zu zersetzen, am besten auf Molekülebe­ ne. Dann kann über einen Verwendungszweck nachgedacht werden. Unachtsames Verwenden von alten Materialien kann auch unangenehme Folgen haben. Taschen aus LKW-Planen oder Fahrradschläuchen etwa scheinen sinnvoll, da sie einen neuen Zweck erhalten. Es darf aller­ dings bezweifelt werden, ob jemals untersucht wurde welchen Ausdunstungen man sich da­ durch aussetzt.

UNEP-Berechnungen jährlich 6,4 Millionen Tonnen Müll in den Ozeanen. Auf jedem Qua­ dratkilometer der Weltmeere schwimmen dem­ nach rechnerisch 46.000 Stück Plastikmüll. → 17 Neben der bloßen Existenz des Materials belas­ ten giftige Zusatzstoffe wie Weichmacher oder Farbstoffe Ökosysteme. Als Folge lassen sich im Blut jedes Menschen dutzende Chemikalien nachweisen. Toxizität Die wenigsten Chemikalien mit denen gearbei­ tet wird sind auf ihre Auswirkungen auf den Menschen getestet. Besonders Zusatzstoff in Kunststoffen sind teilweise hochgiftig, hormo­ nell aktiv und krebserregend. Sowohl bei der Produktion, Nutzung sowie Verwertung stellen sie uns vor Probleme. Wir vergiften uns also mit Vorsatz. Die meisten Zusatzstoffe werden in PVC eingesetzt, es ist für den menschlichen Ge­ brauch nicht geeignet.  → 18 Da es außerdem eine ähnliche Dichte wie PP hat und damit in Sortier­ anlagen verwechselt wird, sollte möglichst ganz auf PVC verzichtet werden. Im Vergleich ist PP ein »besserer« Kunststoff. Paradoxerweise wur­ de PVC ursprünglich in Massenproduktion her­ gestellt, um Kreisläufe zu schließen. Bei diesen Prozessen benötigt man große Mengen an Na­ tronlauge und es entstehen riesige Mengen an Chlorrückständen. Die Industrie beschloss, aus diesen Abfallprodukten PVC herzustellen, eine Entscheidung, die zeigt, dass die vereinfachte Version eines geschlossenen Kreislaufs beim Entwerfen von Herstellungsprozessen oft nicht ausreicht. → 19

Recycling in seiner heutigen Form eignet sich nicht dazu, die Rohstoffprobleme anzugehen. Man sieht das etwa daran, dass Müllverbren­ nung als thermisches Recycling bezeichnet wird. Dabei wird unterschlagen, dass wertvolle Stoffe für immer verloren gehen. Unwiederbringlich. Ziel sollte daher das Upcycling sein: Ein Stoff wird dabei immer wieder Ausgangsmaterial für neue Produkte. Abgesehen von Verlusten bei der Aufbereitung wäre das System geschlossen. Die Verwertung kann sowohl großflächig industriell als auch regional in kleinem Maßstab  → 16 gesche­ Es wird Zeit den Menschen in den Mittelpunkt hen. Wichtig ist ein Weg hin zu geschlossenen der Gestaltung zu stellen. Bisher war Design selten wirkliches Human Centered Design. Die Stoffkreisläufen. Luft in geschlossenen Räumen ist in Städten meist etwa 10 mal schlechter als die Außenluft. Umweltverschmutzung Umweltverschmutzungen treten in vielen For­ Unser Rückzugraum wird durch schlechte Ge­ men auf, Kunststoffe sind dafür im großen staltung enorm belastet. Auch alltägliche Pro­ Maßstab mitverantworlich. Besonders hart trifft dukte wurden nie für den menschlichen Ge­ es die Weltmeere, die meisten unsachgemäß brauch entworfen. Zieht man ein Parkticket lässt entsorgten Abfälle landen irgendwann hier. In sich die Tinte unmittelbar im Blut nachweisen, manchen Bereichen unserer Meere schwimmt 6 sie ist nicht für Hautkontakt geeignet. Im Film mal so viel Mikroplastik wie Plankton. Die Öko­ »Plastic Planet« wird auf die Auswirkungen von systeme leiden bereits jetzt massiv an der riesi­ Kunststoff eingegangen. Es darf einem zu den­ ken geben, wenn Forscher auf diesem Feld etwa gen Verbreitung von Plastikabfall. »Der Ozean ist unser Lebenserhaltungssystem«, keinerlei Plastikflaschen mehr verwenden. Kein betont die Ocean- Conservancy-Präsidentin Produkt, keine Dienstleistung darf den Benut­ Vikki Spruill. »Er liefert viel von dem Sauer­ zer unwissend vergiften oder im Hintergrund stoff, den wir atmen, von der Nahrung, die Lebensgrundlagen zerstören, anderfalls ist es wir essen, und das Klima, das wir zum über­ ein schlechtes Produkt. Dafür muss man kein leben brauchen. Dennoch bedroht Müll wei­ Chemiker sein, man muss nur wissen wann man ter seine Gesundheit.« Weltweit landen nach ihn einlädt.


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Konsum Unser Konsum hat sich mit fortschreitenden Technologien stark verändert. Im Wettbewerb um Marktanteile werden Produkte in jeder Hinsicht durchgestaltet um durch eine multi­ sensorische Verstärkung zum Kauf zu verlei­ ten. Werbung und Werteversprechen sind all­ gegenwärtig. Mittlerweile verspricht fast jedes Produkt noch einen Mehrwert, so verspricht ein Wohlfühltee mehr als nur ein Heißgetränk. Andere können Erwartungen an einen selbst wecken und damit auch zu einem Art Trainer werden. Mit einem sportlichen Helm wird man ein Fahrrad schneller fahren als mit klassischem Schalenhelm. Psychologische Tricks lassen uns irrationale Dinge tun. So kann die bloße Vorstel­ lung, wie teuer ein Energy Drink ist, die geistige Leistungsfähigkeit beeinflussen. Die Inszenie­ rung von Produkten muss kritisch betrachtet werden, spielt nur noch die Verkaufsabsicht eine Rolle in der Gestaltung, so darf die Qualität angezweifelt werden. Der Wert eines Produktes wird häufig über diese Inszenierung bestimmt. Momentan gibt es dabei einen Trend zu nach­ haltiger Gestaltung. Es wird ein schlechtes Ge­ wissen inszeniert um es durch den Kauf wieder ins Reine zu bringen. Die steigende Zahl der So­ zialunternehmen und Projekte kann und muss kritisch auf ihre Absichten betrachtet werden, entscheidend aber wird die weitere Entwicklung sein. Oft wird von einem Trend gesprochen. Das impliziert, dass die Nachfrage nach nachhaltig produzierten Produkten wieder einen Gegen­ trend bekommen wird. Fraglich ist jedoch, ob man diese, vielleicht aus einem Trend entstan­ denen, Grundsätze wieder aufgeben kann, hat man sie einmal für sich gewonnen. System und Objekt beeinflussen sich gegensei­ tig. Gerade das System wurde in der Produktge­ staltung häufig vernachlässigt, die Berücksichti­ gung ist daher aktuell umso wichtiger. Bas Abels Ziel ist es, zum Beispiel das fairste Smartphone der Welt zu bauen, reparier-und recyclebar, mit tranparenten Lieferketten, vernünftigen Ar­ beitsbedingungen bei Rohstoffgewinnung und Fertigung. »Beim Fairphone haben wir alles de­ signt, nur nicht das Gerät selbst.« → 20 Ein Bedarf an umfassend guter Gestaltung ist allgegenwär­ tig, nun geht es um die richtige konzeptionelle Umsetzung.


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Der Designer im System Wo steht man als Gestalter in einem System das mit solchen Schwierigkeiten konfrontiert ist  ? Wie geht eigentlich nachhaltiges Design in einer nicht nachhaltigen Welt ? Mit jeder Materialwahl im Design Prozess beeinflusst man ein Geflecht von Zusammenhängen. Im Zuge der Industria­ lisierung ging es primär darum, dass das Ange­ bot die Nachfrage bedienen kann, langfristige Überlegungen spielten dabei selten eine Rolle. Mittlerweile wissen wir, wie sehr wir damit die Biosphäre verschmutzen und wie knapp die ver­ fügbaren Rohstoffe sind, auf welchen unsere Zi­ vilisation basiert. Es reicht nicht mehr Formen so zu gestalten, dass sie weniger Material verbrauchen. Es wird Zeit die Gestaltung unseres Umfeldes grundle­ gend neu zu definieren. Hat man die Grundla­ ge seiner Entscheidungen definiert, kann man anfangen an der Umsetzung zu arbeiten. Ge­ rade im Human Centered Design sollten die Entscheidungen den Respekt am menschlichen Leben ausdrücken und Spiegel unserer huma­ nistischen Entwicklung sein. »Man muss sehr breit, groß und visionär denken, um neue Wege zu gehen« sagt Mona Ohlendorf, die das erste Cradle to Cradle T-Shirt gestaltet hat, über ihre Arbeit. »Ich glaube, dass die Umsetzbarkeit da­ durch entsteht, dass man sich das Ziel setzt.« → 21 Cradle to Cradle Cradle to Cradle ist ein Design Konzept. Ziel ist eine vielfältige, sichere, gesunde und gerechte Welt mit sauberer Luft, sauberem Wasser, sau­ berem Boden und sauberer Energie. Wie kann man Dinge auf eine Art entwerfen und herstel­ len, die allen Nachkommen aller Arten zu allen Zeiten gutes tut ? Produkte sollen einen positiver Beitrag für die jetztige und zukünftige Generati­ onen, sowie für die ganze Welt leisten. Die Idee hinter Cradle to Cradle verbindet die Komplexität der Europäer und Handlungsfreudigkeit der Amerikaner mit asiatischem Kreislaufdenken und Südländischer Lebensfreude. Dabei geht es um ständige Bewegung, eine Ziellinie gibt es nicht. Entscheidend dabei ist, das Prinzip Abfall in Frage zu stellen. Warum gibt es überhaupt so etwas wie Müll ? In der Natur gibt es nur Nähr­ stoffe, wird etwas nicht mehr gebraucht zer­ setzt es sich und wird zu etwas neuem. Warum funktionieren unsere Dinge nicht nach diesem Prinzip ?»Cradle to Cradle« – »Von der Wiege zu Wiege« bedeutet, dass jedes Produkt eindeutig in den technischen oder biologischen Kreislauf zurück fließen kann und damit Teil einer intelli­ genten Materialbank ist.

Im Gegensatz dazu ist ein klassischer »Cradle to Grave« Entwurf ein Produkt mit Ablaufdatum. Der schlimmste Fall wäre ein Produkt, das aus fossilen Rohstoffen gefertigt ist, mit giftigen Zusatzstoffen hergestellt, bei seiner Nutzung teilweise abreibt und nach Benutzung verbrannt wird. Das bedeutet, fast alle Produkte müssen nochmal neu erfunden und völlig anders ge­ staltet werden. Basierend auf zwei getrennten Kreisläufen und angetrieben durch erneuerbare Energien gibt es dann auf einmal keinen Abfall mehr. Alles bleibt ein »Nährstoff« und zirkuliert endlos in Kreisläufen. Weniger schlecht ist nicht gut Die traditionelle Nachhaltigkeit sagt, dass der Mensch eine Bürde für den Planeten ist. Die Na­ tur wird romantisiert, unser Planet zu »Mutter Erde«. Dabei vergessen wir vor lauter Schuldge­ fühlen ihr gegenüber wie brutal die Natur sein kann. Sie ist kein Freund des Menschen, auf ihn nicht angewiesen. Die giftigsten und krebserre­ gensten Stoffe sind immer noch natürlich. Er­ fahrung und Technologie haben es ermöglicht, uns immer mehr von ihren Gefahren zu befrei­ en. Wir können viel von der Natur lernen, unsere Mutter ist sie aber nicht. Die meisten Strategien des Umweltschutzes gehen allerdings von die­ sen Schuldgefühlen aus. Wir wollen etwas weni­ ger schlecht sein, unseren Einfluss auf die Natur verringern. Zweifellos meist gut gemeint dient das eher als Beschäftigungstherapie als zur Lö­ sung der Probleme. Eigentlich geht es allerdings darum, welcher Einfluss das ist. Orientiert man sich an den Anfangs erwähnten Ameisen, so kann der Einfluss durchaus positiv sein. Auch Pilze nutzen ihrer Umgebung am meisten, wenn sie groß werden, worauf im Laufe der Arbeit eingegangen wird. Auch die später erwähnten Pilze nutzen ihrer Umgebung am meisten wenn sie groß werden. Schafft man es, einen positiven Fußabdruck zu haben, dann kann und soll er vor allem groß sein. Effektivität statt Effizienz Klassischerweise redet man von Ökoeffizienz wenn es um Umweltfragen geht. Wieder geht es darum, den Einfluss zu reduzieren. Die Strate­ gie geht allerdings nicht auf, da keine Ursache angegangen wird. Ökoeffektivität beschreibt die Design Strategie von Cradle to Cradle, die gleichzeitig ökonomische, ökologische und so­ ziale Werte berücksichtigt und die Vorausset­ zungen schafft, dass eine humane, sichere, pro­ fitable und regenerative Industrie »intelligente« und gesunde Produkte herstellen kann. Ein Bei­ spiel für fehlgeschlagene Ökoeffizienz ist, wenn


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Industrie Design im Wandel

die Recyclingquote eines Produkts erhöht wird ohne auf den Qualitätsverlust zu achten (Down­ cycling). Bei der Ökoeffektivität wird bereits an­ fangs darauf geachtet, dass das Produkt wieder demontiert und recycelt werden kann. Diese zwei Wörter klingen ähnlich und haben teilweise die gleichen Ziele. Der Unterschied aber ist entscheidend. Wie sinnvoll ist es z.B. den Benzinverbrauch um 50 % zu senken wenn die Anzahl der Autos weltweit um das dreifa­ che steigt ? Würde man es etwa schaffen, Mo­ bilität auf Sonnenenergie zu basieren, wäre es egal wie viele Menschen mobil sein wollen. Die Energie dafür wird täglich kostenlos geliefert. Mit Effizienz wird oft nur das Falsche perfekt gemacht. Ökologismus … oder wie man dem Leben die Freude nimmt. Denkfehler und Angst führen zu immer mehr Verhaltensmaßregeln, Normierungen und Vor­ schriften, die wirtschaftliches Wachstum und Wahlmöglichkeiten des Konsumenten ein­ schränken. So wenig der Sozialismus sozial war, so wenig ist der Ökologismus aber ökologisch. Auf dem ersten Cradle to Cradle Kongress in Lü­ neburg 2014 erzählte der Philosoph Michael Schmidt-Salomon aus seiner Kindheit. Seine Eltern verkauften Bio-Äpfel und hatten oftmals Probleme mit Bioläden als Abnehmern. Sie wollten keine Äpfel die einwandfrei waren, die Leute glaubten sonst nicht, dass es »Bio« ist. Sie mussten also die gleichen Äpfel als konventio­ nelle Ware verkaufen. Glücklicherweise scheint dieser Minderwertigkeitskomplex heute weni­ ger ausgeprägt zu sein. Es muss möglich sein, umfassend gute Lösungen für die Masse zu ent­ werfen und diese auch glaubhaft zu kommuni­ zieren. Geht es um Verzicht, so erreicht man den kleinen Teil der Menschen, die bereit sind sich persönlich für die Gesellschaft zurück zu neh­ men. Das kann nicht das Ziel sein. Vielmehr kommt es auf eine wissenschaftliche, rationale Sicht der Dinge an. Man muss zunächst zwischen Ver- und Gebrauchsgütern unterschei­ den. Verbrauchsgüter können ohne Probleme in die Umwelt gelangen oder kompostiert werden. Sie bleiben als Bausteine von neuem Leben im biologischen Kreislauf. Gebrauchsgüter dage­ gen müssen in einem technischen Kreislauf blei­ ben. Um dem Kunden die Bürde der Entsorgung abzunehmen empfielt es sich, dass der Herstel­ ler im Besitz des Produktes bleibt. Oft lassen sich so auch neue Geschäftsmodelle Modelle wirtschaftlich interessant gestalten.

Upcycling Statt Downcycling oder Recycling zu betreiben geht es beim Upcycling darum Produkte so zu gestalten, dass sie endlos wieder verwertet wer­ den können. Alle verwendeten Stoffe des techni­ schen Kreislaufes müssen positiv definiert wer­ den um später wieder als Baustein einer großen Anzahl anderer Produkte zu dienen. Es müssen also alle Produkte so gestaltet werden, dass sie ohne Verluste im biologischen oder technischen Kreislauf bleiben. Alle enthaltenen Stoffe müs­ sen erfasst und bewertet werden, giftige Stof­ fe müssen sofort verschwinden. Erneuerbare Energien und ein verantwortungsvoller Umgang mit Frischwasser werden vorausgesetzt und alle beteiligten Menschen und Lebewesen müssen mit Respekt behandelt werden. Als Firma kann man sich diesem Ziel verschreiben und den Pro­ zess zusammen mit verschiedenen Instituten und Fachleuten in Gang setzen. Als zusätzlichen Schritt gibt es die Möglichkeit einer Zertifizie­ rung. Sie muss allerdings genau abgewägt wer­ den und ist kein Siegel im klassischen Sinne. Ein Unternehmen kann, wenn auch selten vor­ kommend, komplett im Sinne von Cradle to Cradle arbeiten ohne jemals davon gehört zu haben. Cradle to Cradle ist ein »Mitmach Konzept«, keine Zertifizierung nimmt einem Verantwortung ab. Von Bronze bis Platin gibt es verschiedene Ab­ stufungen, je nach Stand im Prozess. Nun ist es an der Zeit die Dinge anzugehen. Manche Güter sind nicht für Kreisläufe geeignet, für sie gibt es leider nur noch die Möglichkeit eines Downcyc­ lings oder der Verbrennung. Es ist wichtig, dass wir sie zukünftig nicht mehr herstellen. Mit neuen Ideen kann man auf vorhandenen industriellen Strukturen aufbauen und damit in kurzer Zeit viel bewegen, andererseits wird auch viel Bewegung von fundamentalen Neuentwick­ lungen von Produkten ausgehen müssen. Ein Beispiel für Cradle to Cradle Transformationsde­ sign könnte sein, Styropor durch ein natürliches Produkt zu ersetzen, von Pilzen hergestellt.


Mycelium – Polymer der Natur



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Fungus Follows Function

Der Fungus Fungi [von latein. fungus = Pilz, Schwamm] ist die international verwendete Bezeichnung der »echten Pilze«, eine Gruppe von Mikroorganis­ men. Hier gibt es verschiedene Unterarten, die sich durch ihre Form der Vermehrung unter­ schieden. Bei den meisten gängigen Pilzen han­ delt es sich um Ständerpilze (Basidiomycota), welche nachfolgend beschrieben werden. Sie werden nochmals durch die Art ihrer Nahrungs­ aufnahme unterschieden. Symbiotische Sie bilden eine Einheit mit anderen Organis­ men, z.B. Algen um selbst an den entlegensten Orten zu überleben. Es kommt zu einem Aus­ tausch von Nährstoffen und Kohlehydraten zum Nutzen beider. Parasitäre Dringen meist in Bäume oder andere Lebewesen ein und zersetzen lebendiges Material. Meist sind sie unerwünscht, können aber zum Beispiel als Insektenabwehr dienen.

mit ihr. Das Mycelium bildet einen Lebensraum mit informationstauschenden Membranen. Als Kollektiv reagieren sie mit enzymatischen und chemischen Prozessen auf komplexe Aufgaben um ihre Umgebung zu unterstützen. In Myce­ lium sieht Stamets das lebende Netzwerk als Manifestierung der natürlichen Intelligenz, die James Lovelock mit seiner »Gaia-Theorie« be­ schreibt. Und es gibt Versuche, die auf natürliche Intelligenz schließen lassen. Die bahnbrechende Idee Stamets’ ist es, Kommunikation zwischen Spezies aufzubauen. Vielleicht wird es eines Tages möglich sein, große Datenmengen über unsere Umgebung von Pilzen zu erhalten. Inner­ halb von Ökosystemen funktionieren sie bereits wie unser Internet. Unter dem Begriff Mykorrhi­ za versteht man die Symbiose von Pflanzen und Myzelstrukturen. Die noch feineren Myzelfäden dringen in die Wurzeln ein und können mehr Nährstoffe aus dem Boden aufnehmen und an die Pflanzen weiter geben. Im Gegenzug er­ hält der Pilz Zucker der aus der Photosynthese kommt. Die Pflanze gibt einen Teil ihrer Ener­ gie ab um Teil eines umfassendes Netzwerkes zu sein in dem es einen Austausch von Nährstoffen und Informationen gibt. Diese Zusammenarbeit ist in der Natur die Regel, nicht die Ausnahme. Pilze können sich ihre Ökosysteme auch selbst aufbauen. Aus einem mit Schwermetallen belas­ teten, toten Erdklumpen können sie wieder ei­ nen florierenden Lebensraum schaffen. → 23

Sapotrophe Bereits abgestorbenes, organisches Material wird vom Pilz verwertet. Die meisten ihrer Art können zusätzlich als symbiotisch bezeichnet werden, da sie mit ihre Umwelt vernetzen. In der folgenden Arbeit wird mit sapotrophen Pilzen Bedeutung für den Menschen gearbeitet, die Substrat umwandeln. Durch die Funktionsweisen und ihrer Vielseitig­ keit ist die Nutzung von Fungi für den Menschen Der Fungus ist im Prinzip ein mikroskopisches sehr interessant. Einige Anwendungen kennen Chemie-Labor, der seine Umgebung zusammen­ und schätzen wir seit langem, etwa die Fermen­ hält und organisiert. Durch Enzyme lösen sie tation von Bier, Wein oder Käse oder den Frucht­ ihre Nahrung bis auf Molekülgröße auf, absor­ körper als Nahrungs- und Heilmittel. Schon Ötzi bieren sie und transportieren sie dorthin wo sie trug vor über 5000 Jahren einen Birkenpolling der Organismus gerade benötigt. Fungi sind die bei sich, vermutlich wegen seiner antibiotischen große Recycler unserer Erde und entscheidend Wirkung. Die Entdeckung und Verwendung von für die Rückführung von organischem Kohlen­ Penicillin, eine der wichtigsten Entdeckungen stoff in den Stoffkreislauf. In ihrer Mischform der Medizingeschichte, dauerte dennoch bis um zwischen Pflanzen und Tieren sind sie einzigar­ 1900 und hat seitdem unzählige Menschenleben tig und bilden die Schnittstelle zwischen Leben gerettet. Den selben Pilz, der uns diese Errunge­ und Tod. Schätzungen zufolge liegt die Arten­ schaft gebracht hat, meiden wir gewöhnlich im vielfalt allein der Ständerpilzen bei etwa 30.000. Alltag als Schimmelpilz gewöhnlich. Wie man In der Gesamtzahl sollen es 100.000 sein, die sieht ist ein bestimmter Pilz nicht zwangsläufig wenigsten ausführlich erforscht. schlecht oder gut für den Menschen, es kommt auf die Betrachtugnsweise und die Anwendung Das Internet der Natur an. Ob als Nahrungsmittel, Medizin, psychoak­ Der Mykologe Paul Stamets vertritt die These, tive Substanz, Farbstoff, Waschmittel oder zu­ dass Mycelium das Internet der Natur ist. → 22 In künftig sogar als Bio-Kraftstoff, das Potential seiner Form erinnert es an ein Nervensystem und der Pilze und ihrer Enzyme ist wohl noch lange ähnlich funktioniert es auch für seine Umgebung. nicht ausgeschöpft. Es ist in ständiger molukularer Kommunikation


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Der Fungus


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Fungus Follows Function

(a)

1 µm

(a) Hyphe Aus dieser röhrenförmige Struktur besteht der gesamte Pilz (b) Mycel Die feinen Verästelungen aus Hyphen werden als Mycelium bezeichnet (c) Fruchtkörper Der sichtbare Teil dient der Fortpflanzung


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Der Fungus

(b)

(c)


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Fungus Follows Function

Glossar Hyphe Die feinen Ästelungen des Pilzes werden als Hyphen bezeichnet. Der gesamte Pilz besteht aus ihnen, nur die Dichte und Struktur verändert sich. Sie können unterschiedliche Ausprägungen haben, normalerweise aber sind sie durch Zellwände (Septen) gegliedert und können bis zu 1 Mikrometer dünn sein (ein menschliches Haar hat etwa 50). Mycel Die Gesamtheit der Hyphen in ihrer verästelten Struktur nennt man als Mycel. Spore Eine Spore ist der reproduzierende Teil des Pilzes. Er enthält im Gegensatz zu Samen eine winzige Menge an Nährstoffen, die ein langes Überleben ermöglicht. Fruchkörper Ihn kennen die meisten als Pilz, er ist aller­dings nur ein kleiner Teil des Organismus. In ihm entstehen die Spo­ ren, die anschließend zur Fortpflanzung verbreitet werden. Er besteht aus dicht verflochtenen Hyphen, einem sogenannten »Scheingewebe«. Klonen Als Klonen bezeichnet man das Reproduzieren eines Pilzes. Man schneidet ein Stück aus dem Inneren des Fruchtkörpers und gibt es auf einen Nährboden. Anschließend vermehrt man das gewachsene Mycel auf Substrat. Kontaminieren Will man einen Pilz in Reinform kultivieren, so muss man ihn frei von Fremdorganismen halten. Sensible Arbei­ ten werden sehr schnell kontaminiert, bei bereits ausgeprägtem Wachstum verringert sich die Gefahr. Impfen Hat man sein Substrat ausgewählt und versetzt es mit dem Pilz, so spricht man von Impfen. Dies kann unter­ schiedlich durchgeführt werden. Mykologie Mykologie ist die wissenschaftliche Disziplin der Pilzkunde. Grow Box Eine Umgebung um das Wachstum von Pilzen zu optimieren. Gesteuert werden Temperatur, Luftzirkulation, die und Luft­feuch­tigkeit. Für reproduzierbare Ergebnisse muss die Umgebung definiert sein. Flow-Box Eine Flow Box ist im Prinzip ein Arbeitsraum vor einem Luftfilter. Ein Ventilator drückt Luft durch einen »HEPA«-Filter in der man arbeitet. Da 99,98 % aller Keime aus der Luft gefiltert werden, befindet sich alles davor in einem sterilen Luftstrom um Kontaminierungen zu vermeiden. Clean Room Eine abgeschottete Umgebung die möglichst sauber gehalten wird. Durch ein Gebläse mit gefiltetere Luft wird innen ein Überdruck erzeugt und die alter Luft entweicht. Mykorrhiza Die allermeisten Pflanzen leben in einer Symbiose mit einem Myzelgeflecht. Die beiden Lebewesen kommunizieren, die Pflanze gibt ihre Immunabwehr auf und der Pilz dringt in die Wurzeln ein. Damit wird sie Teil eines Netz­ werkes von Informations- und Nährstoffaustausch.


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Glossar


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Fungus Follows Function

Design mit Biotechnologie Das Chitin in Pilzen ist ein Polymer. Nutzt man seine Fähigkeiten, lassen sich kreislauffähige Alternativen zu synthetischen Polymeren pro­ duzieren. Wie der Einsatz von biotechnischen Prozessen bereits Bereiche wie Medizin oder Nahrungsmittelproduktion revolutioniert hat, so könnte auch die Welt der Industrieproduk­ te von dem Einsatz von Pilzen profitieren. Als Ersatz für Styropor funktioniert ein Material, gewonnen aus landwirtschaftlichen Reststoffen und Pilzmycel, bereits gut. Auch in der Möbelin­ dustrie, als Baumaterial oder für die Zersetzung von Kunststoff sind industrielle Prozesse denk­ bar. Erste Konzepte gibt es bereits. Momentan gilt es die Lösungen zu verfeinern, langfristig zu testen und die Kosten durch industrielle Verfah­ ren zu verringern. Als Rohstoff kann im Prinzip jedes organische Material dienen. Generell macht es Sinn Sub­ strate zu verwenden, die in der nächsten Stufe kompostiert werden würden. Sie sind kosten­ günstig oder gar umsonst und es wird ein Le­ benszyklus im biologischen Kreislauf hinzuge­ fügt. Der Pilz lässt sich einmal kultiviert beliebig vervielfältigen und Jahrzehntelang verwenden. Diese beiden Grundstoffe mit Wasser gemischt werden nun bei konstanten Temperaturen ge­ lagert. Nach einigen Tagen bis Wochen hat der Pilz das gesamte Substrat durchwachsen und nach der Trocknung ist das Werkstück fertig. Für die Massentauglichkeit müssen verschie­ dene Aspekte geklärt werden, die Eigenschaf­ ten des Materials scheinen allerdings vielver­ sprechend und die Produktion gut skalierbar. Einige Eigenschaften wurden bereits getestet und sind im Vergleich zu sythetischen Alterna­ tiven konkurrenzfähig. Unter anderem geht es um Schlagfestigkeit, Brandresistenz, Isolier­ fähigkeit, Auftrieb, Gewicht und Wasserabwei­ sende Wirkung. Andere Fragen blieben nach der Recherche noch offen, sind daher auch Gegenstand der Fragestellung. Wie nutzt sich das Material als Sitzgelegenheit ab ? Kann es Ungeziefer anlocken ? Nimmt es Schweiß auf ? Sind solche Fragen geklärt könnte es sich mit der richtigen Kombination gut für Möbelstücke eignen. Auch als Baumaterial bietet es sich auf­ grund seiner guten Isolierfähigkeit und Brand­ schutzklasse an. Die Firma Ecovative stellt verschiedene Formen eines in Form gewachsenen Materials her, → 24

Phil Ross experimentiert seit Jahrzehnten mit dem Wachstum eines solchen Materials → 25. Maurizio Montalti beschäftigt sich sowohl mit der industriellen Verwendung sowie der Rolle des Pilzes in der Betziehung zwischen Leben und Tod. → 26 Er arbeitet unter anderem mit Me­ diametic zusammen, einer kulturellen Institu­ tion aus Amsterdam. → 27 Er und ein Praktikant der Einrichtung standen für Verständnisfragen über Skype zur Verfügung. Ebenfalls aus Hol­ land stammt der Designer Eric Klarenbeek. Er verbindet in seinem Projekt 3D Druck mit einem Gemisch aus Stroh, Wasser und Pilzsporen. Es könnten ganze Häuser aus Pilzmaterial gebaut werden wie das Architekturkonzept von David Benjamin zeigt. → 28 Da Pilze bestimmte Kunst­ stoffsorten wie Polyurethan zersetzen können, sind viele Anwendungen in dieser Richtung denkbar. Da noch wenige Pilze auf diese Eigen­ schaften getestet wurden sind noch größere Po­ tentiale vorstellbar. Einen Ausblick darauf geben »The Living Studio«, die Kunststoffabfälle zu Nahrungsmittel umwandeln wollen.  → 29 Zersetzung von Kunststoffen Über die Zersetzung von Plastik durch Mikro­ organismen, im speziellen Pilzen gibt es einige Versuche die vielversprech­end sind. Es gibt Be­ richte über PU und PS, bei anderen Kunststoffen wurde nur die Verwertung der Hilfsstoffe, wie z.B. Weichmacher beobachtet. → 30 Ob eine grö­ ßere Anwendung auf Müllberge anwendbar ist, kann heute noch nicht abgeschätzt werden. Es könnte jedoch ein Teil einer Strategie sein, um den wachsenden Müllbergen zu entgegnen. Es sind spannende Konzepte vorhanden, die Entwicklung steht aber noch an ihren Anfängen. In Deutschland findet dazu noch sehr wenig statt. Mit dieser Arbeit soll daher ein Grundstein für weiterführende Projekte gelegt werden.


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Design mit Biotechnologie

Fungus + organischer Stoff = Mycomaterial


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Fungus Follows Function

(01)

(01) Architekturkonzept (02) Bodyboard aus Mycomaterial (03) Materialprobe von Ecovative


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Design mit Biotechnologie

(02)

(03)


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Fungus Follows Function

(04)

(04) Lampenschirm (05) Sitzform aus Pilzsubstrat (06) Dichte Faserplatte, gebunden durch Mycel


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Design mit Biotechnologie

(05)

(06)


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Fungus Follows Function

(07)

(07) Polystyrol vor und nach der Beimpfung (08) Zersetzung eines Plastikstuhls (09) Fungi Mutarium - Lebensmittel aus Plastik


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Design mit Biotechnologie

(08)

(09)


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Fungus Follows Function

Styroporersatz Besonders interessant ist die Anwendung als Styropor Substitut. In Energieeinsatz, Brand­ schutz, Kreislauf­fä hig­keit, Toxizität ist das My­ comaterial überlegen. Herstellungs­ kosten und Gewicht sind noch nicht abschließend geklärt, es ist jedoch zu erwarten, dass man diese Faktoren wettbewerbsfähig in den Griff bekommen kann. EPS (Expanded Polystyrene), besser bekannt als Styropor – ein klassisches Beispiel für »Cradleto-Grave« Design und nicht für den Zyklus in ein einem intelligenten Stoffkreislauf geeignet. Vergleicht man seine Nützlichkeit mit den Prob­ lemen, die es mit seiner Produktion, Entsorgung sowie während seiner gesamten Lebensdauer verursacht, lohnt sich sein Einsatz kaum. Seine

Toxizität vergiftet das Umfeld in dem es gerade ist, führt zu Reizungen und steht im Verdacht krebserregend zu sein. Im Brandfall entsteht hochgiftige Dioxine und Furane. Nach der Nut­ zung ist eine eine wirtschaftliche Wiederver­ wertung nicht möglich, die stoffliche proble­ matisch. Durch die kleinteilige Struktur gelangt es leicht in die Umwelt, man findet es heute in jedem Menschen. Tut es das nicht, nimmt es entweder viel Platz ein (Auf Deponien nimmt es in den USA 30 % des Platzes ein) oder gibt bei der Verbrennung giftige Stoffe frei. Seine bloße Existenz stellt und vor Probleme, die nicht mit Human Centered Design vereinbar sind. Der Nutzen dieses energieintesiven Materials liegt meist in der Fähigkeit, Dinge in einem Kar­ ton zu halten, warme Luft zu isolieren oder ein Flüssigkeit zu halten.


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Styroporersatz Ecovative Die Firma wurde 2007 von Eben Bayer und Ga­ vin McIntyre in New York gegründet. Damals noch Studenten experimentierten die beiden mit Pilzwachstum und reiften ihre Vision von einem gift­stofffreien, biologisch abbaubaren Material auf Mycelbasis. Mittler­weile haben sie beacht­ liche Erfolge erzielt, unter anderem 14 Mio. $ Kapital gesammelt. → 31 Mit Umwelt­preisen über­ häuft und in ein­flussreichen Zeitungen behan­ delt stehen sie für die Vision einer neuartigen, intelligenten Produk­tion. Mit ihrer Produktpa­ lette von z.B. Verpackungsecken und -formen, spanplattenähnlichen Brettern, Autoteilen und Isolie­ r­ ungen konnten sie bereits Kunden wie Steelcase, Dell und Ford ge­winnen. Neben fer­ tigen Teilen ver­treiben sie auch »Grow-It-Your­ self« Sets, um die Entwicklung und Verbreitung zu beschleunigen. Phil Ross ein U.S. amerikanischer Künstler, Erfinder und autodidaktischer Mykologe Er kann als Pionier der experimentellen Pilzforschung angesehen werden. Seit Jahrzehn­ ten experimentiert er mit Pilzen, stellt Möbel und Kunstwerke aus ihnen her und gibt Workshops zum Thema. Mediamatic Es handelt sich um eine kulturelle Institution, die sich in unter­schiedlichen Formen mit Zukunfts­ technologien beschäftigen. Bereits seit 1983 beschäftigten sie sich mit Themen wie Videoins­ tallationen und interaktiven Medien. Momentan arbeiten sie mit Aquaponics (Zusammenspiel von Pflanzen und Fischen) und Mycolabs (Pilz­ labore). Mediamatic besteht aus einem kleinen Kreis fester Mitarbeiter die mit Menschen mit unterschied­lichs­tem Hintergurnd zusammen ar­ beiten. Es geht um das sammeln und tauschen von Informationen, Ausstellungen und Work­ shops. Sie stehen hier als Beispiel einer wach­ senden Zahl von Personen und Organisationen, die sich für die Entwicklung von Biotechnik einsetzen. Unter anderem findet man Maurizio Montalti bei Mediamatic, seine Masterarbeit an der Design Academy Eindhoven inspirierte mich anfangs, das Thema weiter zu verfolgen.


Fungus Follows Function



40

Fungus Follows Function

Ziel dieser Arbeit ist es, einen biotechnischen Prozess ins Produkt Design zu übertragen. Am Ende soll man ein Material erhalten, das sich in den biologischen Kreislauf einfügt und frei von Giftstoffen ist. Der volle Prozess sollte problemlos Cradle to Cradle zertifizierbar sein. Die Machbarkeit zeigen Beispiele aus Amerika und Holland. Dennoch sind Erfahrungen allerdings noch rar, besonders in größe­ rem Maßstab, das Forschungsfeld ist noch sehr jung. Das Grundprinzip ist an sich denkbar einfach, man versetzt ein Substrat mit Pilzsporen, lässt das Myzel wachsen und trocknet das Endprodukt. Die Variabeln in und zwischen den einzelnen Schrit­ ten sind allerdings sehr hoch, daher stehen noch viele Fragen offen. Wie gestaltet man diesen Prozess konkret ? Welche Art von Impfung, welche Sporen sind geeig­net ? Welches Substrat erzeugt welche Ei­ genschaften und wie kann das Produkt in welcher Phase behandelt werden ? In der ersten Runde der Arbeit die dieses Buch umfasst sol­ len erste Erkenntnisse gewonnen werden, vor allem muss allerdings eine geeignete Umgebung geschaffen werden. Da Zeit und Budget sehr begrenzt sind und mehr Fragen auf­kommen als beantwortet werden sollen die Ergebnisse als Zwischenstand angesehen werden. Eine Forschungs- bzw. Produktionsumgebung wird daher zentraler Bestandteil der Arbeit sein. Um reproduzierbare Ergebnisse zu er­ zielen muss steril gearbeitet werden um isolierte Kul­turen zu erhal­ ten. Auf diesen Erfahrungen wird eine Produktion angedacht, die für die industrielle Herstellung von Produkten nur organische Rest­ stoffe, reproduzierbare Sporen, Wasser und etwas Energie benötigt. In der Ästhetik möchte ich mich stark von den bisherigen Beispielen abgrenzen, die Herkunft soll nicht ersichtlich sein. Das Produkt soll zuerst durch seine Qualität überzeugen, seine umfassende Nützlich­ keti nur ein Extra sein.


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Thesis


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Fungus Follows Function

Surfboard Klassischerweise sind die sogenannten »Blanks« (Kerne) aus EPS (Expanded Polystyrene) oder PU (Polyurethan) Schaum. Paradoxerweise ist das einzige Werkzeug dieses natur­verbun­denen Sports aus denkbar ungeeignetem Kunststoff. Das passt nicht in das Gesamtbild eines Sports, der für Freiheit steht. 2013 stellte Ecovative auf einer Surfermesse bereits den ersten Kern aus Mycelmaterial vor. Ziel ist, eine geeignete Form zu finden, die die Grundform erhält, in der Wachstumsphase aber möglichst viel Luft­ austausch ermöglicht. Möbelstück Möbelstücke eignen sich hervorragend für erste Anwendungen, da sie sich üblicherweise in einem vor Wetter geschütztem Umfeld befinden. Denk­ bar ist vieles, als erster Prototyp soll allerdings ein Stuhl entstehen. Jeder versteht ihn, er eignet sich also gut als Anschauungs­objekt. Stühle, So­ fas und andere Polstermöbel werden heute meist mit Schaumstoff aus Polyure­than ausgestattet. Der Prototyp ist neutral, zurückhaltend und günstig, trotzdem hat er etwas Spezielles um In­ teresse an ihm zu wecken. Auf den ersten Blick wird einem der Unterschied nämlich nicht auf­ fallen, die Ästhetik soll sich nicht auf das verwen­ dete Innenmaterial beziehen. Die Qualität soll überzeugen, die Geschichte dahinter ist nur ein

Extra. Aus Zeitgründen werden die Verbindun­ gen mit Schrauben und Stahlteilen verstärkt. Im finalen Entwurf sollen die Verbindungen aller­ dings selbst haltend sein. Die Firma Gessner stellt Cradle to Cradle zertifizierte Stoffe her, sowohl für den technischen wie den biologischen Kreislauf. Aus der Climatex Linie wird mir Probematerial für den Prototypenbau zur Verfügung gestellt. Damit bleibt der Stuhl nach seiner Nutzung voll­ ständig im biologischen Kreislauf. Schuhsohle Eine Schuhsohlen muss anspruchsvollen An­ sprüchen genügen. Einerseits soll sie robust sein, sich nicht abreiben und Grip bieten, andererseits sollen sie dämpfen und das Gehen bzw. Laufen angenehm und schonend für Gelenke machen. Besonders schwierig ist die Verbindung der Sohle mit dem Oberschuh. Bei dieser könnten sich durch einen neuen Produktionsansatz neue Möglichkeiten ergeben. Auch die Dämpfung und eine gute Isolierung von unten scheinen sich zu eignen. Wie weit man mit Robustheit gehen kann muss sich zeigen. Denkbar wäre auch ein Som­ merschuh, der nur eine Saison hält bzw. die Soh­ le wechselbar ist. Meist sind die Sohlen so konzi­ piert, dass sie sehr lange halten, der Schuh aber durch Verschleiß oder modische Trends nach einer Saison schon nicht mehr getragen wird. Auch der Abrieb des Schuhs ist momentan nicht geeignet, um in die Umwelt zu gelangen.


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Experimente


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Fungus Follows Function

Substrat Findung Die Substrate wurden aus verschiedenen Quellen zusammen getragen. Aus den ersten Versuchen lässt sich schließen, dass sowohl zu feines als auch zu grobes Substrat zu keinem guten Ergenis führt. Im Anschluss werden einige Abstufungen getestet. Neben anderen Probematerialien wer­ den Rohstoffe von zwei potentiellen Lieferanten verwendet, Brauereireste vom lokalen Giesinger Bräu sowie Kaffeesatz von Aroma Cafe. Die Mischungen werden detailliert dokumen­ tiert, um im Anschluss Rückschlüsse über Mate­ rialeigenschaften ziehen zu können.

Kork

Stroh

Vermiculit

Kokosfasern


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Substrat Findung

Reismehl

Braureste

Kaffeesatz

Moos

Weizenkleie

Holzsp채ne


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Fungus Follows Function

Name

Reishi Sopron

Beschreibung

Der Reishi braucht lange um zu wachsen, wird daf端r sehr hart als Struktur.


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xx Ausgew채hlte Pilze


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Fungus Follows Function

Name

Pleurotus Ostreatus

Beschreibung

Besser bekannt als Austernpilz. Er durchw채chst Substrat sehr schnell, ist im Vergleich leicht.


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xx Ausgew채hlte Pilze


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Fungus Follows Function

Name

noch unbekannt

Beschreibung

Besser bekannt als Austernpilz. Er durchw채chst Substrat sehr schnell, ist im Vergleich leicht.


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xx Ausgew채hlte Pilze

Tag 21


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Fungus Follows Function

Versuchsaufbau Die ersten Versuche dienten hauptsächlich dazu, Erfahrung zu sammeln und ein Gefühl für das Züchten von Pilzen zu bekommen. Fast alle Pro­ ben hatten Kontaminationen durch andere Or­ ganismen. In normaler Umgebungsluft befinden sich Millionen von kleinen Sporen. Arbeitet man mit Nährböden in Petrischalen, kann eine Sekun­ de reichen, dass Fremdorganismen in die Probe gelangen. Daher ist ein geeignetes Arbeitsumfeld unerläss­ lich um fundierte Ergebnisse zu bekommen. Da Laborzugang vor allem mit Pilzen schwierig ist, ist der Entwurf einer für meine Anwendungszwe­ cke geeignete Umgebung notwendig. Neben einer sauberen Umgebung verringert das Arbeiten in einem sterilen Luftstrom die Gefahr von Kontaminierung stark. Hierfür benötigt man eine HEPA Flow Box. Ein Gebläse drückt Luft durch einen HEPA Filter vor dem man arbeitet. Dabei wird die Luft zu 99,98 % von Keimen be­ freit. Danach wird sie genutzt um Überdruck in einem angeschlossenem Raum zu erzeugen. Da­ durch wird die alte, »schmutzige« Luft nach drau­ ßen verdrängt.Der Raum dient einerseits zum ar­ beiten, aber auch zur Lagerung unter konstanten Bedingungen und Trocknung mit Frischluftzu­ fuhr. Steht diese Umgebung, werden Substrate ausgewählt, Mischungen abgefüllt, sterilisiert und anschließend mit Pilzsporen geimpft. Auf die Form wird zumeist noch nicht geachtet, um vergleichbare Ergebnisse zu bekommen. Danach kann man auf die verschiedenen Einflüsse schlie­ ßen, gezielter Mischungen verwenden und diese weiter entwickeln.


53

Versuchsaufbau


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Fungus Follows Function

(01)

(02)


55

Versuchsaufbau

(03)

(01)

(02)

(03)


56

Fungus Follows Function

(04)

(05)


57

xx Versuchsaufbau

(06)

Petrischalen (01) Vorbereitung (02) Arbeitsutensilien (03)


58

Fungus Follows Function

(07)

Lagerbereich (04) Skalpell (05) Substrate (06)


59

xx Versuchsaufbau

(08)

(09)


60

Fungus Follows Function

(10)

verschiedene Pilze (10) Pilzst端ck in Petrischale isoliert (11) Wachstum des St端ckes (12)


61

xx Prozess

(11)

(12)


62

Fungus Follows Function

(13)

(14)


63

Prozess

(15)

Man schneidet kleine Stücke aus dem Pilz (13) Anschließend kommen sie in die Nährlösung (14) Glas kurz nach der Übertragung (15)


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Fungus Follows Function

(16)

Desinfizieren der Einstichstelle (16) In der Lรถsung gewachsener Pilz (17) Vorbereitung der Spritze (18)


65

xx Prozess

(17)

(18)


66

Fungus Follows Function

(19)

Die Kan端le wird durch das Silikon gestochen (19) Aufziehen der Fl端ssigkeit (20) Pilz-"Schlieren" (21)


67

Prozess

(20)

(21)


68

Fungus Follows Function

(22)

Beimpfen eines neuen Glases (22) Myzelspritze (23) Arbeitsplatz mit Spritzen (24)


69

Prozess

(23)

(24)


70

Fungus Follows Function

(25)

Mischen eines Substrates (25) Beimpfen des Substrates (26) "Verpacken" mit Frischhaltefolie (27)


71

Prozess

(26)

(27)


72

Fungus Follows Function

(28)

Zubereitung der Nährlösung (Malzextrakt) (28) Gläser werden befüllt (zusätzlich autoklaviert) (29) Arbeitsplatz (30)


73

xx Prozess

(29)

(30)


74

Fungus Follows Function

(31)

Arbeitsplatz (31) verschiedene Kulturen (32) Details (33)


75

xx Prozess

(32)

(33)


76

Fungus Follows Function

(34)

Arbeitsschritt Clayform (34) Detail der Clayform (35) Tiefziehform haftet an Clay (36)


77

xx Prozess

(35)

(36)


78

Fungus Follows Function

(37)

Tiefziehform mit angewachsener Kultur (37) Kondenswasser (38) Form nach dem Ansetzen (39)


79

Prozess

(38)

(39)


80

Fungus Follows Function

(40)

Herstellung einer Platte (40) Luftfilter (41) Pilz im Wachstum (42)


81

Prozess

(41)

(42)


82

Fungus Follows Function

(43)

bef端llte Formen f端r Polster (43) Vorbereitung der Formen (44) Wachstum (kontaminiert) (45)


83

xx Prozess

(44)

(45)


84

Fungus Follows Function

(46)

"Zutaten" f端r eine Kombucha Kultur (46) d端nner, getrockneter Kombucha (47) Kombucha frisch vor der Trocknen (48)


85

xx Prozess

(47)

(48)


86

Fungus Follows Function

(49)

Trocknung (49) Cubensis Equador (50) Reishi Block zerschnitten (51)


87

Prozess

(50)

(51)


88

Fungus Follows Function

(52)

Kombucha vor dem trocknen (52) Kombucha nach dem Trocknen (53) verschiedene Materialtests (54)


89

xx Prozess

(53)

(54)


90

Fungus Follows Function

(55)

Materialtest (55) Substrat mit Chlorellapulver (56) Reishi bildet Fruchtkรถrper aus (57)


91

xx Prozess

(56)

(57)


92

Fungus Follows Function

(58)

Gipstest (funktioniert nicht ohne Behandlung) (58) Organismus w채chst auf Substrat (59) Gittertest (60)


93

Prozess

(59)

(60)


94

Fungus Follows Function

(61)

(62)


95

Prozess

(63)

Substrattest (61) Substrattest (62) Substrattest (63)


96

(64)

Materialtest (64) Reishi im Wachstum (65) Materialtest mit Gitter (66)

Fungus Follows Function


97

xx Prozess

(65)

(66)


98

Fungus Follows Function

(67)

kontaminierte Box (67) kontaminierte Box (68) kontaminierter Box (69)


99

Prozess

(68)

(69)


100

(70)

Wachstum (70) kontaminierte Box (71) kontaminierter Test (72)

Fungus Follows Function


101

Prozess

(71)

(72)


102

Fungus Follows Function

(73)

erster Arbeitsplatz (73) Test mit Pistazienschalen (74) fr端her Materialtest (75)


103

Prozess

(74)

(75)


104

(76)

fehlgeschlagener Test (76) fehlgeschlagener Test (77) Reishi im Wachstum (78)

Fungus Follows Function


105

Prozess

(77)

(78)


106

Fungus Follows Function

(79)

erster Test Gebl채se (79) zweiter Test Gebl채se (80) Im aufgeblasenen "Raum" (81)


107

Prozess

(80)

(81)


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(82)

Substrat h채ckseln (82) Seitenansicht HEPA Flow Box (83) Ventilator andere Seite (84)


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Prozess

(83)

(84)


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(85)

Platte (85) Test in Petrischale (86) geschliffenes Testst端ck (87)


111

Prozess

(86)

(87)


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(88)

Stoffgitter eingewachsen (88) Block (89) Korken (90)


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xx Prozess

(89)

(90)


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(91)

Testst端ck (91) Halbkugel (92) unterer Teil geschliffen (93)


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Prozess

(92)

(93)


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(94)

Schuhsohle (94) Blumentopf unten (95) Blumentopf oben (96)

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xx Prozess

(95)

(96)


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(97)

Jahresausstellung, Hochschule M端nchen (97) Funktionsprinzip (98) "neuneuneu" Ausstellung, Lothringer 13 (99)


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Ausstellung

(98)

(99)


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Theoretisches Fernziel ist der Aufbau einer industrielle Produktion. Die wirtschaftliche Tragfähigkeit gilt es noch zu überprüfen, ange­ sichts der vergleichsweise geringen Investitions- und Betriebskos­ ten scheint eine Realisierung allerdings realistisch. Man braucht ein Labor, Maschinen zur Substratsterilisation und Arbeitsplatz zum be­ füllen und öffnen der Formen. Ob eine nachgeschaltete Bearbeitung nötig ist muss noch geklärt werden. Die genauen Prozesse müssen in weiterer Entwicklung noch heraus gearbeitet und das Produkt einigen Test unterzogen werden. Wichtig ist eine permanente Ent­ wicklung, die Einrichtung eines Labors ist daher essenziell. Optimal ist ein Arbeitsplatz mit HEPA Belüftung, ein Autoklav zur Substratund Behältnisssterilisation. Alle Flächen müssen unter Einsatz von Alkohol und UV Licht desinfizierbar sein. Zur Sterilisation von viel Substrat gibt es verschiedene Möglichkei­ ten. Wichtig ist, dass das Material eine gewisse bestimmte Zeit eine bestimmte Temperatur hält. Das Material der Formen steht auch noch offen. Je nach Komplexität der Form kann dieses variieren. Es ist wichtig, dass auch hier die Oberfläche desinfiziert werden kann und Sauerstoff ans Substrat gelangt. Sorgt man nun noch für kons­ tante Temperaturen kann aus organischen Reststoffen, Pilzsporen, Wasser und etwas Energie ein revolutionär neues Material entstehen.


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Ausblick


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Das Konzept stellt keine klassische Abschlussarbeit im Industrie­ design dar, zeigt aber sicherlich einen wichtigen Weg in die Zukunft der Aufgabenstellung für Designer auf. Bei der Wahl des Themas habe ich erst gezögert, da es speziell und nicht unbedingt leicht zugänglich ist. Inzwischen sehe ich es aller­ dings als richtige Entscheidung an, viel Zeit in dieses noch uner­ forschte Gebiet zu stecken. Es hat sich eine neue Welt mit spannen­ den Potentialen und Betätigungsfeldern eröffnet. Das Potential auf ein fundamental neues Material mit außerordentlichen Eigenschaf­ ten ist gegeben. Es ist günstig, völlig ungiftig, vollständig biologisch abbaubar und basiert auf organsichen Abfallstoffen. Potentielle Sy­ nergien sind dabei noch unerforscht. Mein Verständnis für das Ma­ terial ist nun fortgeschritten, man könnte also nächste Schritte in der Entwicklung gehen. Wichtig wäre als nächstes gezielt weitere Personen einzubinden. Es müssen Kalkulationen angestellt, For­ schungsgelder eingesammelt und das Verfahren weiter getrieben werden. Die Chance, ein zukunftsfähiges Innovationsunternehmen aufzubauen bietet sich an. Im nächsten Schritt müssen dafür fun­ dierte Kalkulationen aufgestellt werden. In meiner Arbeit wurde exemplarisch eine kleine »Fabrik« gezeigt. Im Prinzip lässt sich eine Produktion individuell skalieren. Die Prin­ zipien bleiben die gleichen, nur die verwendeten Geräte und der vor­ handene Platz müssen angepasst werden. Die Ausstattung für eine Produktion ist vergleichsweise kostengünstig, da keine komplizier­ ten Verfahren verwendet werden. Die Rohstoffe sind kostengünstig bis umsonst erhältlich. Stoffe die in der Landwirtschaft oder in der Produktion von z.B. Brauereien anfallen bieten sich hierfür an, da der nächste Schritt hier die Kompostierung wäre. Hier liegt das Potential für ein fundamental neues Material, mit den perfekten Eigenschaften für ein zukunftsfähiges Produkt !


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Epilog


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→ 1 Schmidt-Salomon, Michael; »Keine Macht den Doofen«, Seite 46 → 2 Schmidt-Salomon, Michael; »Keine Macht den Doofen«, 2012, Seite 48 → 3 Grimm, Fred - »enorm« Ausgabe 05 -Nov/Dez; Seite 18 → 4 Braungart, Michael; McDonough, William »Intelligente Verschwendung«, 2013, Seite 24 → 5 Braungart, Michael; McDonough, William »Intelligente Verschwendung«, 2013, Seite 150 → 6 Andreas Floemer in »Project Ara:(…)«; Stand: 16.04.2014, URL: http://www.giga.de/ smartphones/project-ara/news/project-ara10-fragen-und-antworten-zum-modularensmartphone-release-preis-bauweise-amp-mehr/ (abgerufen am 24.02.2015) → 7 Gero Rueter in »Fossile Energie: Subventionswahn ungebrochen«, Stand: 24.02.2014, URL: http://www.dw.de/ fossile-energie-subventionswahnungebrochen/a-17449137 (abgerufen am 27.01.2015) → 8 Rifkin, Jeremy - »enorm« Ausgabe 05 -Nov/Dez; S. 34 → 9 Thiemo Bräutigam in »Studie: Fossile Energieträger reichen noch 100 Jahre«, Stand: 04.11.2013 URL: http://green.wiwo.de/studiefossile-energietraeger-reichen-noch-100-jahre/ (abgerufen am 27.01.2015)

→ 12 Europe direct in »Umweltschutz: Höhere Recyclingziele sollen Impulse für Übergang zur Kreislaufwirtschaft mit neuen Arbeitsplätzen und nachhaltigem Wachstum geben«, Stand: 02.07.2014, URL: http://europa.eu/rapid/ press-release_IP-14-763_de.htm (abgerufen am 24.02.2015) → 13 Tilman Achtnich und Hanspeter Michel, »Die Welt auf Pump - Reißen uns die Schulden in den Abgrund  ?«, Stand: 06.07.2012 URL: http://www.3sat.de/page/  ?source=/ard/ dokumentationen/163263/index.html (abgerufen am 24.02.2015) → 14 Schmidt-Salomon, Michael; »Keine Macht den Doofen«, 2012, Seite 49 → 15 ROBIN WOOD-Magazin Nr. 104, 2010, Zeitschrift für Umweltschutz und Ökologie, Seite 9 → 16 vgl. Dave Hakkens, »Precious Plastics«, URL: http://www.preciousplastic.com/ (abgerufen am 24.02.2015) → 17 WeltN24, »46.000 Plastikteile auf einem Quadratkilometer«, Stand vom 09.06.09, URL: http://www.welt.de/wissenschaft/umwelt/ article3891742/46-000-Plastikteile-aufeinem-Quadratkilometer.html (abgerufen am 27.01.2014) → 18 Braungart, Michael; McDonough, William »Intelligente Verschwendung«, 2013, Seite 59 → 19 Braungart, Michael; McDonough, William »Intelligente Verschwendung«, 2013, Seite 59

→ 10 Braungart, Michael; McDonough, William »Intelligente Verschwendung«, 2013, Seite 111

→ 20 Grimm, Fred - »enorm« Ausgabe 05 -Nov/Dez; Seite 26

→ 11 Scheer, Hermann - »Der energethische Imperativ: 100 Prozent jetzt: wie der vollständige Wechsel zu erneuerbaren Energien zu realisieren ist«, 2010, Seite 29

→ 21 Grimm, Fred - »enorm« Ausgabe 05 -Nov/Dez; Seite 26 → 22 Stamets, Paul - »Mycelium Running«, 2005, Seite 02


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Quellenverzeichnis

→ 23 Stamets, Paul - »Mycelium Running«, 2005, Seite 91 → 24 Chris Raymond in »Ecovative Design: wiping out polystyrene with fungus and farm waste«; Stand: 23.01.12; http://www.wired.co.uk/magazine/ archive/2012/02/features/we-grew-thisheadline  ?page=all (abgerufen am 24.02.2015) → 25 Thomas, Gregory in »Phil Ross Makes Furniture Out of Fungus«, Stand:05.12.2012 URL: http://www.gregorythomas.net/2012/12/ phil-ross-makes-furniture-out-of-fungus/ (abgerufen am 24.02.2015) → 26 Maurizio Montalti in »Continous Bodies« (Master Thesis); Stand: Juni 2010; URL: http:// www.designacademy.nl/Portals/9/Documents/ grad2010new/images/Maurizio%20Montalti/ MaurizioMontaltiContinuousBodies.pdf (abgerufen am 27.01.2015) → 27 vgl. Austin, Evelin, Stand: 2014URL: http:// www.mediamatic.net/245164/en/this-ismediamatic (abgerufen am 27.01.2015) → 28 Dodge, Annie, » A Glittering Tower Built from Mushrooms Rises in the MoMA PS1 Courtyard« Stand: 28.06.2014, URL: http://www.6sqft. com/a-glittering-tower-built-from-mushroomsrises-in-the-moma-ps1-courtyard/ (abgerufen am 27.01.2015) → 29 Howarth, Dan - »Fungi Mutarium turns waste plastic into edible treats« Stand: 10.12.2014, URL: http://www.dezeen.com/2014/12/10/ livin-studio-katharina-unger-fungi-mutariumrecycle-plastic-food/ (abgerufen am 27.01.2015) → 30 Weber, Herbert - »Allgemeine Mykologie«, 1993, S.25 → 31 Pam Allen in »Ecovative Design raises $14 million in private equity funds«; Stand vom 07.11.13; URL: http://www.bizjournals.com/ albany/blog/2013/11/ecovative-design-raises14-million-in.html  ?page=all (abgerufen am 27.01.2015)


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Bildverzeichnis Seite 23 https://eddiesamaniego.files.wordpress. com/2014/02/mushroom-city-11.gif?w=1200 Seite 29 http://www.ouche.org/DesignEcologies/wpcontent/uploads/2013/12/DSC_3461.jpg Seite 30 https://eddiesamaniego.files.wordpress. com/2014/02/mushroom-city-11.gif?w=1200 http://www.detail.de/typo3temp/pics/MoMaHyFi-Kris-Graves-10_01_c1aa0f9888.jpg http://www.architects-toybox.com/wp-content/ uploads/2014/07/PS1_13.jpg Seite 31 http://www.ecovativedesign.com/images/ products-and-applications/surf/handplane2.jpg http://www.ecovativedesign.com/images/ about/history/hist05_greensulate.jpg Seite 32 http://www.corpuscoli.com/wp-content/ uploads/2010/03/The-Growing-Lab-Mycelia%C2%A9Officina-Corpuscoli-_-MaurizioMontalti-mycelium-lamp2.jpg Seite 33 http://www.ecovativedesign.com/productsand-applications/structural-biocomposites/ http://www.gregorythomas.net/wp-content/ uploads/2012/12/wheelbarrow-chair-GregThomas.jpg Seite 34 http://www.corpuscoli.com/wp-content/ uploads/2013/12/officina-corpuscoli-theephemeral-icon-from-plastic-to-fungus-1682x1024.jpg Seite 35 http://static1.squarespace.com/static/ 53d17b47e4b0d5933c1e4a4c/t/5485eda1e4b03d 0b3bf82ff5/1418063268228/?format=1000w http://www.corpuscoli.com/wp-content/ uploads/2013/11/officina-corpuscoli-theephemeral-icon-steps-composition-big704x1024.jpg

Seite 111 https://hellomaterialsblog.files.wordpress. com/2012/03/facility_07-small.jpg


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Bildverzeichnis, Literatur & Filme

Verwendete Literatur

Filme

1 Paul Stamets, »Mycelium Running«

1 »Story of Stuff« https://www.youtube.com/ watch?v=gLBE5QAYXp8 Plastic Planet 2 »Die wunderbare Welt der Pilze« https://www.youtube.com/ watch?v=ORbBE8S0n6Q https://www.youtube.com/ watch?v=TIkQDIJhLfM

2 Herbert Weber, »Mykologie« 3 Paul Stamets, »Growing Gourmet and Medicinal Mushrooms« 4 Michael Schmidt Salomon, »Keine Macht den Doofen« 5 Michael Braungart, William McDonough, »Cradle to Cradle« 6 Michael Braungart, William McDonough, »Intelligente Verschwendung«

3 »Pilze – Pioniere der Biotechnologie« https://www.youtube.com/watch? v=Vke_BraoyTw 4 »Paul Stamets« http://www.ted.com/talks/paul_ stamets_on_6_ways_mushrooms_ can_save_the_world?language=de 5 »Eben Bayer – Ecovative« http://www.ted.com/talks/eben_bayer_ are_mushrooms_the_new_plastic 6 »Slime Mould« https://www.youtube.com/ watch?v=2UxGrde1ND


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Impressum

Bachelorarbeit Simon Fuchsberger Anschrift Kapuzinerstr. 45 80469 München +49 173 36 30 278 Matrikelnummer: 01164010 Semester: 9 Hochschule München Fakultät für Design Betreuung Prof. Peter Naumann Layout und Schriftsatz Maximilian Schachtner www.maxschachtner.de Druck Druckreiz München Dank an Prof. Peter Naumann Max Schachtner Stefan Hoffmann Thomas Wolf Steven Brüningk Cradle to Cradle e.V. Korbinian Schachtner Prof. Dr. Reinhard Agerer Giesinger Bräu Aroma Cafe meine geschätzten Freunde und Kollegen der Fakultät für Design R



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