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FEURIGE DRAMEN

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BARRIEREFREIHEIT

BARRIEREFREIHEIT

Von Benjamin Fran Ois

Die in Berlin lebende südkoreanische Komponistin Unsuk Chin studierte Komposition bei Kang Suk-hi an der Seoul National Univerity sowie von 1985–88 bei György Ligeti in Hamburg. In dieser Saison ist die mehrfache Preisträgerin ‹Composer in Residence› beim Sinfonieorchester Basel.

BF Unsuk Chin, wenn Musikliebhaber*innen in Ihre Klangwelt eintauchen, werden sie überrascht und erstaunt sein, wie vielfältig und breit gefächert sie ist. Sie greifen die verschiedensten Genres und Besetzungen auf: Wo befindet sich ihre Einheit, ihre Mitte?

UC Es gibt natürlich eine durchgehende Materie, eine Suche nach den idealen, wie Diamanten leuchtenden Klängen. Von denen träume ich seit meiner Kindheit. Dennoch muss jedes Stück, um seine Daseinsberechtigung zu haben, etwas Einmaliges ausdrücken. Es gibt Komponist*innen, die ihre Sprache sozusagen gefunden haben, sie spiegelt sich in allen Werken wider. Man merkt dann sofort, von wem das Stück stammt. Ich dagegen bin immer noch auf dem Weg, eine eigene Musiksprache zu finden, deswegen probiere ich immer wieder etwas anderes aus. Der Prozess des Komponierens muss für mich interessant bleiben. Würde ich immer wieder dieselben Gedanken bedienen, würde es irgendwann langweilig. Deswegen versuche ich jedes Mal, ein neues Abenteuer zu erleben; kein Wunder, dass meine Werke ziemlich verschieden klingen und sich kritische Hörer*innen manchmal fragen, ob sie alle wirklich von derselben Komponistin geschrieben wurden.

ich beim Komponieren auszulösen. Daher gestalte ich meine Stücke sehr virtuos für die Musiker*innen. Dort spielen grosse, feurige Dramen, die ich im kompositorischen Prozess intensiv erlebe. Auch habe ich schon immer einen Sinn für sarkastischen Humor gehabt, und ich liebe Spässe, Satire. Das kommt davon, dass ich mich überhaupt nicht ernst nehme. (lacht) Zeitgenössische Musik erscheint manchmal als etwas Ernsthaftes, Dunkles. Diesen Aspekt gibt es auch bei meiner Musik, aber er steht nicht im Vordergrund. Deswegen klingt meine Musik auch ein bisschen anders.

BF Inwiefern denken Sie an die Zuhörer*innen, wenn Sie komponieren? Ist es Ihnen wichtig, die Verbindung zu Ihrem Publikum zu halten?

UC Das kann ich gleichzeitig mit ja und mit nein beantworten. Im Moment des Komponierens lasse ich mich von den Ideen und vom Material führen. Da existiert der Zuhörer noch nicht. Man muss ein Werk so konzipieren und schreiben, wie man es möchte und wie man es am besten findet. Die Kommunikation fängt erst danach an, wenn das Werk gespielt wird. So unterdrücke ich den Wunsch, ja die Pflicht, zu kommunizieren. Der Gedanke ans Publikum ist immer schon da, aber das heisst nicht, dass er den Vorgang des Komponierens irgendwie beeinflusst. Ich möchte das Stück nicht leichter verständlich machen, weil ich an das Publikum gedacht habe. Man muss ein Werk zum Besten realisieren und versuchen, das Publikum auf eine höhere Ebene zu bringen und nicht umgekehrt.

WE RKE VON UNSUK C HIN ERKLINGEN AN FOLGENDEN KONZERTEN:

ENTDECKERKONZERT ‹BEFLÜGELT›

Mi, 30. August 2023, 19.30 Uhr

Do, 31. August 2023, 19.30 Uhr

Stadtcasino Basel, Musiksaal → S. 11

KONZERT ‹DOMESTICA›

Mi, 28. Februar 2024, 19.30 Uhr

Do, 29. Februar 2024, 19.30 Uhr

Stadtcasino Basel, Musiksaal → S. 27

3. ATRIUMKONZERT

BF Ihre Stücke strotzen geradezu vor Leidenschaft für eine fantastische Welt voller Sehnsüchte, vor einem authentisch spekulativen Denken im Dienste einer schillernden Klangsprache. Gleichzeitig spürt man eine Liebe fürs Einzigartige, Humorvolle, Präzise, Rätselhafte, für Parodien und Vortäuschungen. Suchen Sie diesen Reichtum bewusst, oder lassen Sie sich einfach durch Ihre Träume inspirieren?

UC Es ist zum Teil bewusst und zu einem anderen Teil unbewusst: In meiner Kindheit wäre ich so gerne Musikerin geworden. Diese beglückende Leidenschaft beim Spielen oder beim Erleben einer grossartigen Interpretation ist die Basis meiner Musik, genau das versuche

Sa, 20. April 2024, 16 Uhr

Probezentrum Picassoplatz → S. 62

KAMMERMUSIK AM PICASSOPLATZ

So, 21. April 2024, 11 Uhr

Probezentrum Picassoplatz → S. 58

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