Framing Reality 2014 Programm

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Sundance to Vienna From

Framing Reality Eine Filmserie: #1

26. Juni – 3. Juli 2014 Filmcasino


präsentIert In zusammenarbeIt mIt

Gefördert von

unterstützt von/partnerInnen

hotelpartner

dank an Dóra Artner (Filmcasino), Thorsten Avenarius (MPLC), Carmen Böckle (Senator Film Verleih), Andrea B. Braidt (Akademie der bildenden Künste Wien), Anna Cholewa (Senator Film Verleih), Maria Clemente (Sony Pictures Publicity International), Christine Einöder (Ö1), Theresa Feurstein (ray Filmmagazin), Philipp Fleischmann (Unabhängige Filmschule Wien), Barbara Fränzen (BKA Kunst), Roland Fuchs (US Embassy in Vienna), Christian Gerig (BrunnerGerig), Stefan Hahn (Filmfonds Wien), Peter Heinzemann (Senator Film Verleih), Christoph Huber, Katja Jäger (Filmakademie Wien), Tilane Jones (AFFR), Franz Jud (Diagonale), Claudia Kaiser (Akademie der bildenden Künste Wien), Megan Kapler (Cabin Creek Films), Adam Kersh (Brigade Marketing), Alex Keyes (Magnolia Pictures), Hans König (Polyfilm Wien), Barbara Kopple (Cabin Creek Films), Harald Lembacher (US Embassy in Vienna), Wayne Masseck (Le Méridien Vienna), Siegfried Mattl (Uni Wien – Institut für Zeitgeschichte), Brigitte Mayr (Synema), Frank Netzband (Freiland Wien), Evelyn O’Grady (Fugu Films), Barbara Pichler, Andrea Pollach (FC Gloria), Claudia Preschl-Walkensteiner (Filmakademie Wien), Isabella Reicher, Jillian Roscoe (ID-PR), Emily Salkin (PR Works International), Hanna Schmollgruber (Dok.at), Joachim Schätz (TFM Universität Wien), Susanne Schuster (Alamode Film), Gerlinde Seitner (Filmfonds Wien), Lynn Shelton, Oliver Testor (Dok.at), Jillian Tonet (ID-PR), Anja Uecker (Telepool), Andreas Ungerböck (ray Filmmagazin), Alexa Wesner (US Embassy in Vienna), Kim Yutani (Sundance Film Festival) sowie dem gesamten Filmcasino-Team. 1


Framing Reality Eine Filmserie: #1

From Sundance to Vienna

FRAMING REALITY ist eine neue, international orientierte Filmreihe, die

thematisch miteinander verbundene aktuelle und historische Filme nach Wien bringt, die im heimischen Kinoangebot nicht (mehr) oder nach wie vor nicht vertreten sind. Ziel ist es, Bezüge zum heimischen Filmgeschehen herzustellen – z.B. bezüglich Produktionsbedingungen und Budgets – und einen Austausch zu ermöglichen. FRAMING REALITY versteht sich als Plattform für verschiedene Zugänge zu Film, mit wechselnden KuratorInnen und Gruppen, die die Reihe gestalten und programmieren werden. Verbindendes Element der ersten Ausgabe ist das Sundance Film Festival. Sundance™ steht international für junges, avanciertes Kino, für Entdeckungen und neue Stimmen im Filmgeschehen, aber auch für praktizierte Vielfalt und Inklusion bei der Filmauswahl in allen Bereichen. FRAMING REALITY #1 präsentiert Filme, die dort unter großer Beachtung aufgeführt und prämiert wurden, aber in Österreich nie zu sehen waren. Amerikanisches unabhängiges Arthouse-Kino, genre- und genderbewusst, das einer Entdeckung auf der großen Leinwand harrt. Es sind filmische Momentaufnahmen und Analysen der United States of America und eines sich stark verändernden gesellschaftlichen Gefüges, mit kritischem Blick auf das „Land of the Free“, seine Träume, seine soziale(n) und politische(n) Realität(en), seine Obsessionen, Neurosen, vor allem aber auf die Veränderungen im Kleinen und Großen, auf privater 2

und gesellschaftlicher Ebene. Von der rasanten Screwball-Comedy mit viel Wortwitz und erheblicher Stimmgewalt im eigenwilligen Voiceover-Business Hollywoods bis zum Buddy-Movie, das scheinbare Gewissheiten ins Wanken bringt; von der augenzwinkernden Komödie über den Westküsten-Esoterikwahn oder dem afroamerikanischen Emanzipationsdrama bis zur höchst erotischen, modernen Interpretation eines Buñuel-Klassikers, von Mumblecore bis Big Talent, vom kapitalismuskritischen Cinéma Vérité bis zur Celebrity-Doku – all das bietet das kompakte Programm. Zwei Personalen garantieren (Wieder-)Entdeckungen: Die zweifache Oscar-Preisträgerin Barbara Kopple ist mit ihrer beeindruckenden filmischen Erfassung US-amerikanischer Zeitgeschichte die einzige Filmkünstlerin, die in Sundance alle drei großen Preise in einem Jahr erhalten hat: den Grand Jury Prize, die Filmmaker Trophy sowie den Audience Award in der Kategorie Dokumentarfilm. Lynn Shelton, die „Queen of Indie Dramedies“ und in den USA mittlerweile eine fixe Größe im Arthouse-Film, ist in Österreich noch gänzlich unbekannt. Beide werden in Wien erwartet. In diesem Sinne: Bis demnächst im Filmcasino, jenem Kinojuwel, das seit nunmehr 25 Jahren für aktuelle und historische cineastische Highlights sorgt.

BARBARA REUMüLLER 3


DONNERSTAG 26. JUNI | 20:30

In a World...

USA 2013, DCP, Farbe, 93 Minuten, OF – Österreich-Premiere Regie, Buch: Lake Bell Kamera: Seamus Tierney; Schnitt: Tom McArdle; Musik: Ryan Miller Produktion: Lake Bell, Eddie Vaisman, Jett Steiger, Mark Roberts Mit: Lake Bell, Fred Melamed, Demetri Martin, Michaela Watkins, Ken Marino, Rob Corddry, Nick Offerman, Eva Longoria, Geena Davis, Cameron Diaz

Eine rasante, wort- und stimmgewaltige Screwball-Comedy, angesiedelt im männerdominierten Voice-over-Business Hollywoods: Carol (Lake Bell) ist eine begabte, aber wenig erfolgreiche Stimmtrainerin. Sam Sotto, ihr selbstverliebter übervater, gilt als der König des Voice-overs für Kinotrailer und ist in der Branche kaum zu übertreffen. Weil er seinen Rückzug aus dem Business plant, hat er seine Nachfolge geregelt und dabei keine Sekunde seine eigene Tochter dafür in Betracht gezogen. Damit ihr Talent endlich anerkannt wird, begibt sich Carol als einzige Frau in den harten Konkurrenzkampf um einen superprestigeträchtigen Blockbuster-Trailer. Papa bekommt Wind davon und verschiebt mal schnell den Pensionsantritt. Der familiäre Showdown kann beginnen … Lake Bell weiß, wovon sie schreibt. Sie selbst ist eine Voice-over-Besessene, die seit ihrem elften Lebensjahr Dialekte und Akzente „sammelt“ und nach dem Schauspielstudium mit Stimmtraining ihren Lebensunterhalt verdiente. Und sie kennt das Filmbusiness und die Rollen, die den Frauen zugeschoben werden. Mit trockenem Humor und Mut zur Peinlichkeit lässt sie ihre Titelheldin durch allerhand Familienschlamassel, Identitätskrisen und missglückte Romanzen stolpern, während sie echte Zuneigung, die ihr entgegengebracht wird, noch nicht einmal wahrnimmt. Kein 4

Fettnapf ist zu tief, als dass Carol nicht reintappen könnte und dabei so gar nicht gut aussieht. Aber in ihrer älteren Schwester Dani hat sie eine loyale Verbündete. Irgendwann ist dann genug mit Papas (nicht nur stimmlicher) Hybris – der übervater (grandios interpretiert von Fred Melamed) wird abmontiert. Im Kampf um die Trailer-Rolle des Jahres für den kommenden Fantasy-Blockbuster, in dem das weibliche Geschlecht das Sagen hat (die Hunger Games lassen grüßen!), zeigt die unterschätzte Tochter ihr wahres Potenzial. Die Dialoge sind smart mit viel Gefühl für Timing auf den Punkt geschrieben. Nicht umsonst wurde Lake Bell von der Presse bereits als legitime Nachfolgerin von Carole Lombard und als Hoffnung für das Genre gefeiert. Kein Wunder, dass es sich viele Hollywood-Stars – von Cameron Diaz über Eva Longoria bis Geena Davis (!) – nicht nehmen ließen, in Bells Regiedebüt mit Cameo-Auftritten subtile Seitenhiebe auf Hollywood abzuliefern. An underachieving vocal coach is motivated by her father, the king of movie-trailer voice-overs, to pursue her aspirations of becoming a voiceover star. Amidst pride, sexism and family dysfunction, she sets out to change the voice of a generation. 5


FREITAG 27. JUNI | 20:30

Touchy Feely

USA 2013, DCP, Farbe, 90 Minuten, OF – Österreich-Premiere Regie, Buch, Schnitt: Lynn Shelton Kamera: Benjamin Kasulke; Musik: Vinny Smith Produktion: Steven Schardt Mit: Rosemarie DeWitt, Ellen Page, Josh Pais, Allison Janney, Ron Livingston, Scoot McNairy, Tomo Nakayama, Mark Duplass

Esoterisch in Seattle. Abby (Rosemarie DeWitt) ist eine vielgefragte Massagetherapeutin. Sie ist ein Freigeist, ausgeglichen und im Einklang mit sich selbst. Zu ihrem Bruder Paul, dessen Zahnarztpraxis mehr schlecht als recht läuft, hat sie ein liebevolles Verhältnis. Paul lebt mit seiner Tochter Jenny im elterlichen Haus, liebt die Sicherheit und Routine. Persönliche Krisen und Familien-Problemchen werden am Esstisch gerne offenherzig und mit viel Ironie seziert. Family banter im besten Sinne des Wortes. Denn bei Abby steht ein bedeutungsvoller Schritt im Beziehungsleben an: mit ihrem attraktiven Biker-Boyfriend zusammenzuziehen. Doch genau diese Entscheidung stürzt alle in eine veritable Krise: Paul entdeckt durch Abbys Freundin Bronwyn (Allison Janney aus „The West Wing“) den „healing touch“ und dass es mehr gibt im Leben gibt als den täglichen Trott aus Verantwortung und Rollenerfüllung. Jenny (Juno-Star Ellen Page) begehrt endlich auf und findet ihre erste Liebe, die – natürlich – scheitert, während Abby eine die eigenartige Phobie entwickelt, Haut zu berühren, was ihrem Job nicht gerade zuträglich ist. Eine Phase der Neuordnung und des Nachdenkens nimmt ihren Lauf … Eine weitere schöne Variante eines cleveren und hintergründigen 6

„Dramedy“ à la Lynn Shelton: zwei Drittel quirky humor, ein Drittel soulsearching drama. Genüsslich führt Shelton in Touchy Feely ihre Charaktere mit jeder Menge Empathie und Witz durch diverse Identitätskrisen und die großen Fragen des Lebens: Wer bin ich und warum? Wer möchte ich sein? Was ist Liebe? Wie kann ich Glück finden, für mich und andere? Bei aller ernsthaften Tragweite der Krisen bleibt viel Platz für Selbstironie. Auch subtile Seitenhiebe auf die „Westküsten-Seele“ (Shelton lebt und arbeitet in Seattle) und ihre zeitweise etwas all zu begeisterte Hingabe zu Esoterik, Introspektion und Selbsterfahrung kommen nicht zu kurz. Da wird Doc Paul in seiner einsamen Praxis im Nirgendwo durch Zufall zum Guru für verzweifelte Patienten mit TMJSyndrom, einer Art dauerhafter Kieferschmerz. Doch so schnell, wie er in der fast sektengleichen Verehrung durch seine AnhängerInnen oben auf war, so rasch ist der Hype auch wieder vorbei. A massage therapist is unable to do her job when stricken with a mysterious and sudden aversion to bodily contact. Meanwhile, her uptight brother’s floundering dental practice receives new life when clients seek out his healing touch … 7


SAMSTAG 28. JUNI | 20:30

Concussion

USA 2013, DCP, Farbe, 96 Minuten, OmdU – Österreich-Premiere Regie, Buch: Stacie Passon Kamera: David Kruta; Schnitt: Anthony Cupo Musik: Barb Morrison; Produktion: Rose Troche Mit: Robin Weigert, Maggie Siff, Jonathan Tchaikovsky, Ben Shankman, Janel Moloney, Emily Kinney, Laila Robins

Eigentlich trägt Abby nur eine leichte Gehirnerschütterung davon, als sie von ihrem Sohn versehentlich einen Baseball an den Kopf geschmissen bekommt. Doch auf dem Weg ins Krankenhaus wird ihr klar, dass es sich nicht bloß um einen kleinen Zwischenfall handelt: Ein Riss geht durch das scheinbar perfekte Leben als Innenarchitektin, Ehefrau einer erfolgreichen Anwältin und Mutter zweier Kinder, die sich vorbildhaft im Elternverein engagiert und beste Freundin anderer „suburban moms“ ist. Abby beschließt eine Stadtwohnung in Manhattan zu kaufen, die sie herrichtet. In der pulsierenden Metropole fühlt sich Abby wiederbelebt und sexy. Ihre im Alltagstrott der Vorstadt vernachlässigte Libido meldet sich so lebhaft zurück, dass Bedenken und Hemmungen keine Chance mehr haben. Ihre neu entdeckte Lust ist nichts für das brave Familienleben zu Hause mit Frau, Kindern und Minivan. Also begibt sich Abby in ein Doppelleben als Belle de Jour, das sie ganz neue Seiten an sich entdecken lässt. Diese entgehen – sehr zu Abbys überraschung – auch einigen Personen in ihrer Nachbarschaft des idyllischen Kleinstädtchens nicht … Stacie Passons Debütfilm, der 2013 unter enormer medialer Aufmerksamkeit in Sundance seine Premiere feierte und neben La Vie d’Adèle einer der meist diskutierten Filme in den USA war, ist ein doppelbödiges 8

Drama über eine Midlife-Crisis. Stilsicher und mit cinephilen Referenzen auf Luis Buñuels Klassiker Belle de Jour von 1967 inszeniert Passon mit trockenem Humor den Ausbruch aus dem scheinbar wohlgeordnetem Leben in der Vorstadt. Eine explizite, sinnliche Studie über Beziehungen, Identität(en), die Befreiung von gesellschaftlichen Erwartungshaltungen und individuelles Glück. Robin Weigert ist schlichtweg großartig als Abby, die von einer Lebenskrise geschüttelt wird und deren bisherige Sicherheiten und unumstößliche moralische überzeugungen nach und dem Verlangen nach neuen Erfahrungen weichen. Sie ist noch immer kontrolliert, ausgestattet mit einer eigenwilligen Selbstreflexion, doch ihre sexuelle Neugier eröffnet ihr eine neue Sicht auf das Leben. Die Begegnung mit ihrer scheinbar wohlgesitteten Nachbarin (grandios: Maggie Siff, bekannt aus „Mad Men“) demonstriert, wie falsch wir mit unserer Wahrnehmung von Personen und Beziehungen aufgrund von Äußerlichkeiten liegen können. A sexy, shut-down family woman is stretching to bloom again. Palpably sensual and deliciously contained, Concussion is a keen observation of the complicated contours of (lesbian) midlife crisis. 9


SONNTAG 29. JUNI | 13:30

The Dixie Chicks: Shut Up and Sing

USA 2006, 35mm, Farbe, 93 Minuten, OF Regie: Barbara Kopple, Cecilia Peck Kamera: Christine Burrill, Luis Lopez, Seth Gordon, Joan Churchill Schnitt: Bob Eisenhardt, Jean Tsien, Aaron Kuhn, Emma Morris Musik: The Dixie Chicks; Produktion: Barbara Kopple, Cecilia Peck Mit: The Dixie Chicks (Martie Maguire, Natalie Maines und Emily Robison)

Natalie Maines ist eine ganz „durchschnittliche“ junge Frau im Süden der USA. Blond, hübsch, verheiratet, zwei Kinder. Sie ist aber auch die Leadsängerin der erfolgreichsten Country-Frauenband der Geschichte: über dreißig Millionen CDs haben die Dixie Chicks verkauft und nicht weniger als 13 Grammys gewonnen. Bis sie den Hass ihrer Fans auf sich zogen. 2003 erklärt Maines bei einem Konzertauftritt in London, zehn Tage vor dem völkerrechtswidrigen Einmarsch der USA in den Irak: „We’re ashamed that the President of the United States is from Texas.“ Davor hat die Band das Antikriegslied „Travelin’ Soldier“ gespielt. Natalie Maines ahnt nicht, was sie damit lostritt. Von einem Tag auf den anderen sehen sich die singenden Darlings Morddrohungen und Boykott-Aktionen der Radiosender ausgesetzt. Die durchorganisierten Kampagnen enttäuschter Fans und rechter Gruppierungen sind erfolgreich: Die Plattenverkäufe brechen ein, und die Dixie Chicks werden zu Amerikas Hassobjekt Nummer eins. Das Trio ist gezwungen, sich neu zu erfinden – von ihrer politischen Haltung rücken sie dennoch keinen Zentimeter ab. Shut Up and Sing ist eine großartige Dokumentation, die nicht nur den Weg der Dixie Chicks über einen Zeitraum von drei Jahren darstellt, 10

sondern auch einen Blick auf die US-amerikanische Gesellschaft wirft, die in weiten Teilen sehr heuchlerisch daherkommt. Man feiert sich gerne als „the Home of the Brave, the Land of the Free“, das für die freie Meinungsäußerung steht. Aber wenn das Land im Kriegsfieber ist, darf es niemand wagen, den Präsidenten zu kritisieren. Kaum ein Sender, der nicht lauthals verkünden lässt, wie dumm diese Frauen doch seien, dass sie besser singen und ansonsten still sein sollten. Die Dixie Chicks hätten zu Kreuze kriechen können, doch sie taten es nicht. Obwohl die Country-Sender ihre Songs boykottierten und KonzertbesucherInnen fernblieben, blieben sie standhaft und bei ihrer Meinung. Und das verdient Respekt. (movieman.de) Shut Up and Sing follows the Dixie Chicks, an extremely successful all-woman Texas-based country music trio, over a three-year period of intense public scrutiny, fan backlash, physical threats, and pressure from both corporate and conservative political elements in the United States after lead singer Natalie Maines publicly criticised then President of the United States George W. Bush during a live 2003 concert in London. 11


SONNTAG 29. JUNI | 15:30

Wild Man Blues

USA 1997, DCP, Farbe, 104 Minuten, OF Regie: Barbara Kopple Kamera: Tom Hurwitz; Schnitt: Larry Silk Musik: Woody Allen & The Eddy Davis New Orleans Jazz Band Produktion: Jean Doumanian Mit: Soon-Yi Previn, Letty Aronson, Nettie und Martin Konigsberg

Eine höchst unterhaltsame Studie des „Privatmenschen“ Woody Allen während einer Europatournee als Klarinettist seiner Jazz-Band. Von Madrid bis Rom, von Venedig bis London geht die Reise (im feinen Privatjet mit viel creature comfort) unter ständiger Verfolgung von recht aufdringlichen Paparazzi und Fans. Auch Wien war eine Station und Material für lakonische Kommentare über Raumhöhen und imperialen Luxus: „Wenn die (gigantisch hohe) Decke noch a bissl höher wär, wär’s perfekt.“ Der deutsche Verleih-Untertitel für den Film lautete: „Was Sie schon immer über Woody Allen wissen wollten“ und deutet schon an, dass es nicht so sehr um eine seriöse Recherche als um ein Spiel mit den vielen Images des jüdischen Künstlers geht. Kopples Einblicke in Allens Privatleben sind grandios. Da vermischen sich schon mal die Filmfigur und das „echte Leben“, wenn während einer beschaulichen Gondelfahrt (mit Ehefrau Soon-Yi Previn) bei ihm die übelkeit aufsteigt oder er in mittelalterlichen Umgebungen mit klaustrophobischen Anfällen zu kämpfen hat: „Nice town you’ve got here. With a couple of valiums I could really learn to love it.“ Ziemlich ungeschminkt ist zu sehen, wie Soon-Yi bestimmt, wo es lang geht – was Allen frühstückt und wie viele Längen im Pool er macht. Die Kamera zeigt ihn 12

neurotisch, verwöhnt, kränkelnd, mit dem Alter, vor allem aber mit sich selbst kämpfend. Da werden Augentropfen und Antibiotika gesucht, Instruktionen für Wäschebehandlung minutiös (und mit sarkastischen Vorurteilen über Effizienz in Bella Italia) festgehalten. Allen ist immer für ein Bonmot gut. Aber bei aller Begeisterung, die er sieht und erfährt, fällt es ihm sichtlich schwer loszulassen und die vielen schönen Momente der Tour in Europa zu genießen. Außer vielleicht auf der Bühne, beim Jazzen mit der Band – wenn ihn nicht gerade seine zutiefst Allen’schen Versagensängste plagen. Fast fünfzig Filme als Regisseur (u.a. Manhattan mit Mariel Hemingway) und nebenbei eine kleine Karriere als Klarinettist einer Jazzband: Woody Allen versteht es, sein Publikum zu unterhalten. Barbara Kopple und ihre Kamera dürfen Allen überall hin begleiten – und auch jenseits der Leinwand ist sein Leben voller komischer Situationen. Beinahe wie in einem typischen Woody-Allen-Film. As a teenager, Woody Allen became obsessed with New Orleans jazz. In 1996, Allen and his band embarked on a European tour – 18 cities in 23 days. Barbara Kopple and crew accompanied them every step of the way. 13


SONNTAG 29. JUNI | 20:30

Humpday

USA 2009, 35mm, Farbe, 94 Minuten, OmdU Regie, Buch, Produktion: Lynn Shelton Kamera: Benjamin Kasulke Schnitt: Nat Sanders; Musik: Vince Smith Mit: Mark Duplass, Joshua Leonard, Alycia Delmore, Lynn Shelton, Trina Willard

Andrew führt ein angenehmes Leben. Ein guter Job, ein eigenes Haus, eine reizende Ehefrau und gemeinsame Familiengründungspläne lassen alles bestens, aber nicht zu langweilig erscheinen. Bis zu jener Nacht, als plötzlich Ben, Andrews früherer College-Freund und Weltenbummler, vor der Tür steht. Man erinnert sich an die guten alten Zeiten, tauscht Geschichten und Geheimnisse aus. Andrew bewundert Bens Unabhängigkeit, doch sie macht ihm auch ein wenig Angst, während Ben unvoreingenommen Respekt für den Lebensstil seines Kumpels zeigt. Auf einer KünstlerInnenparty wollen es die beiden betrunkenen und bekifften Freunde dann aber doch wissen, sich und den anderen beweisen, dass sie es immer noch drauf haben: Sie melden sich für das „HUMP!fest“, ein Amateur- und Kunstporno-Filmfestival an, um den ultimativ subversiven Porno abzuliefern. Zwei Hetero-Männer, die miteinander Sex haben, das kommt ziemlich cool – zumindest bis zum nächsten Morgen … In ihrem dritten Spielfilm nimmt Regisseurin Lynn Shelton eine Männerfreundschaft mit ihren Posen, Phrasen, Herausforderungen und Fallstricken aufs Korn. Zum Thema Identitäten sagt sie: „I’ve always been interested in the boundaries of sexual identity and on how fluid or rigid 14

those boundaries might be. The dramatic tension – and squeamish humor – in Humpday comes from the fact that, as wild and open as they would like themselves to be, the two main characters are both so heavily invested in being straight that when they push the boundaries of their heterosexuality, it shakes them to the very core.“ Zwei heterosexuelle Freunde planen etwas Originelles: Sie wollen zusammen einen Schwulenporno drehen, um an einem Amateurpornofestival teilzunehmen. Doch abseits der mangelnden Begeisterung der Ehefrau des einen und urkomischer Situationen offenbart das Drehbuch von Lynn Shelton eine weitere, dramatische Ebene um tiefer liegende Konflikte. Diese Ebene würde man bei der Ausgangsidee, die platten SexKlamauk vermuten lässt, nicht erwarten. (Lutz Granert, moviemaze.de) It’s been a decade since Ben and Andrew were the bad boys of their college campus. Ben has settled down and found a job, wife, and home. Andrew took the alternate route as a vagabond artist, skipping the globe from Chiapas to Cambodia. When Andrew shows up unannounced on Ben’s doorstep, they easily fall back into their old dynamic of macho one-upmanship. 15


MONTAG 30. JUNI | 18:30

Harlan County, U.S.A.

USA 1976, DCP, Farbe und s/w, 105 Minuten, OF Regie, Produktion: Barbara Kopple Kamera: Hart Perry, Kevin Keating; Schnitt: Nancy Baker, Mary Lampson, Lora Hays, Mirra Bank; Musik: Hazel Dickens, Merle Travis u.a. Mit: Norman Yarborough, Houston Elmore, Phil Sparks, John Corcoran, John O’Leary, Donald Rasmussen, Hawley Wells Jr., Tom Williams u.a.

Die Geschichte eines Arbeitskampfes Anfang der 1970er-Jahre: Während die Duke Power Company jährliche Gewinnzuwächse von bis zu 170% verzeichnet, wird den Arbeitern bei ihren Gehaltserhöhungen nicht einmal die Hälfte der erheblichen Inflation von sieben Prozent abgegolten. Das Unternehmensziel heißt Profitmaximierung, Gesundheit und Lebensumstände der Grubenarbeiter sind sekundär. Ein kapitalistischer Leitsatz, der bis heute ungebrochen gilt. Das Debüt von Barbara Kopple, die zuvor an Filmen wie Winter Soldier und Hearts and Minds mitgearbeitet hatte: Dokument eines mit Gewalt ausgetragenen Bergarbeiterstreiks im Kohlestädtchen Brookside, Kentucky, 1973 begonnen, um die Minenbesitzer erstmals zu einem gemeinsamen Tarifvertrag zu zwingen. Der Kampf richtet sich freilich nicht nur gegen das Kapital, sondern auch gegen die korrupten Gewerkschaftsführer. Harlan County, U.S.A. war ursprünglich als Dokumentation über die „Miners for Democracy“-Kampagne nach dem von „Union“-Bossen in Auftrag gegebenen Mord an einem Arbeiterführer geplant gewesen, aber Kopple blieb schließlich fast drei Jahre lang bei den Arbeitern. Ihr sichtliches Einvernehmen mit ihnen und ihren Frauen verleiht dem Film seine enorme Kraft und bringt gleichzeitig das (ohnehin fragwürdige) 16

Objektivitätskriterium der vérité-Ästhetik zu Fall. (Christoph Huber, Filmmuseum) Ein Meilenstein der Dokumentarfilmgeschichte, mit formalen und technischen Neuerungen, die wegweisend waren: von der persönlichen, sichtbaren Involviertheit der Filmemacherin über das innovative Sounddesign (mit feministischen Songs von Hazel Dickens) und die Aneignung von Techniken des politischen Agitationsfilms der 1930er-Jahre zur Mobilisierung der Öffentlichkeit im Kampf um soziale Gerechtigkeit. Harlan County, U.S.A. ist eine hervorragende Analyse der sozialen Widersprüche in den USA, dem „Land of the Free“ in den 1970ern – und ebenso feministisches Gegenkino über die unsichtbaren Lebensrealitäten und historisch bedeutsamen Beiträge von Frauen in der Gesellschaft. Angesichts seiner fundamentalen Kapitalismuskritik könnte Harlan County, U.S.A. aktueller nicht sein. Barbara Kopple’s Academy Award-winning film unflinchingly documents a grueling coal miners’ strike in a small Kentucky town featuring a haunting soundtrack by legendary country and bluegrass artist Hazel Dickens, Merle Travis, Sarah Gunning, and Florence Reece. In Anwesenheit von Barbara Kopple. Q&A nach dem Film 17


MONTAG 30. JUNI | 20:30

American Dream

USA 1990, DCP, Farbe, 98 Minuten, OF Regie: Barbara Kopple Ko-Regie, Schnitt: Cathy Caplan, Thomas Haneke, Lawrence Silk Kamera: Peter Gilbert, Kevin Keating, Hart Perry, Mark T. Petersson, Mathieu Roberts Musik: Michael Small; Produktion: Barbara Kopple, Arthur Cohn Mit: Hormel-ArbeiterInnen, Jim Guyette, Ray Rogers, Lewie Anderson, John Morrison

Austin, Minnesota, 1984: Obwohl der Lebensmittelkonzern Hormel Foods einen gigantischen Jahresgewinn von dreißig Millionen Dollar verbuchen kann, beschließt er, die Stundenlöhne in der Fleischverarbeitung von 10,69 auf 8,25 US-Dollar zu senken und seine Sozialleistungen um rund ein Drittel zu kürzen. Grund: Das Unternehmen müsse „konkurrenzfähig“ bleiben. Die lokale Gewerkschaftsgruppe (P-9) setzt sich mit aller Kraft gegen die Pläne ein und heuert einen Strategen aus New York an, der Medienöffentlichkeit für die ArbeitnehmerInnen herstellen und Druck auf das Management machen soll. Allerdings ist der nationale Gewerkschaftsverband der United Food and Commercial Workers so gar nicht einverstanden mit der Strategie der aufmüpfigen Ortsvertretung. Die Fronten verhärten sich, und der ausgerufene Streik gerät aus dem Ruder. Wochen vergehen, ohne dass die Firmenleitung auch nur Verhandlungen anbietet. Nach der anfänglichen Euphorie – das Gewerkschaftszentrum ist zum Hort von Aktivität und Zusammenhalt geworden – bröckelt die Front der Solidargemeinschaft in Austin. Das Geld wird knapp, unterdessen heuert Hormel ZeitarbeiterInnen an. Als schließlich Straßenkämpfe zwischen StreikbefürworterInnen und -gegnerInnen ausbrechen, lässt der Gouverneur die Nationalgarde aufmarschieren. 18

Behutsam und mit Aufmerksamkeit zum Detail nähert sich die Regisseurin einer Konfrontation an, die die lokale Bevölkerung zutiefst gespalten hat und sogar Familien auseinanderreißt. Kopple ist stets nah dran, gibt dem Kampf um Gerechtigkeit Gesichter und Geschichten: bei den Verhandlungen mit den Bossen der Fleischindustrie; bei den Gewerkschaftstreffen und Betriebsversammlungen in der Fabrik, die letztlich in Tumulten enden; im Ort und in den Heimen der ArbeiterInnen; draußen in der Kälte, bei den demoralisierten Streikposten. Ein Dokument aus vergangener Zeit, als die Wirtschaftswelt brutaler wurde und die gewerkschaftliche Idee des starken Arbeiters zu sterben begann. Das macht diesen Film gerade heute so wichtig wie nie. (Daniel Sander, KulturSPIEGEL) American Dream is centered on unionized meatpacking workers at Hormel Foods in Austin, Minnesota between 1985 and 1986 and their historic strike. Hormel had cut the hourly wage from $10.69 to $8.25 and cut benefits by 30 percent despite posting a net profit of $30 million. The local union opposed the cut, but the national union, the United Food and Commercial Workers, disagrees with their strategy. In Anwesenheit von Barbara Kopple. Q&A nach dem Film 19


DIENSTAG 1. JULI | 20:30

Running from Crazy

USA 2013, DCP, Farbe, 100 Minuten, OF – Österreich-Premiere Regie, Produktion: Barbara Kopple Kamera: Andrew Young, Michael Call, Boone Speed, Phil Parmet Schnitt: Michael Culbya, Mona Davis; Produktion: David Cassidy Mit: Mariel, Margaux, Joan „Muffet”, Byra Louise „Puck”, Jack Hemingway, Langley Fox Hemingway, Dree Hemingway, Steve Crisman

„Tall blonde, no problems“ – so wird Mariel Hemingway meistens wahrgenommen. Sie ist die Enkelin von Nobelpreisträger Ernest Hemingway, den sie jedoch nie kennengelernt hat, denn Mariel kam wenige Monate nach dessen Selbstmord auf die Welt. über ihren berühmten Großvater – vor allem über die Umstände seines Todes, den Alkoholismus und die Depressionen – wurde in der Familie nie geredet. Mit 15 verlässt Mariel ihr Zuhause im beschaulichen Idaho. An der Seite ihrer schon berühmten Schwester Margaux macht sie in Lipstick (1976) als Schauspielerin von sich reden, mit ihrer Oscar-nominierten Rolle in Woody Allens Manhattan (1979) wird sie mit nur 18 Jahren zum Star. Die Erfolgsstory der Hemingways scheint sich in der nächsten Generation fortzusetzen. Doch was hinter den Kulissen läuft, wissen nur wenige – bis sich Margaux 1996, am 35. Jahrestag des Todes ihres Großvaters, mit einer Tablettenüberdosis das Leben nimmt. Running from Crazy ist ein beeindruckendes wie erschütterndes Familienporträt. Der Vater ist ein schüchterner Naturfreak. Die weltgewandte Mutter erkrankt schon früh an Krebs. Die älteste Schwester Muffet, Papas Liebling, ist kreativ und sprachbegabt, doch bald wird bei ihr Schizophrenie diagnostiziert. Margaux, durch Lernschwächen gehemmt, zieht nach 20

New York und erlebt einen Höhenflug als Supermodel. Mariel, die Jüngste, fühlt sich schon als Teenager dafür verantwortlich, die Familie zusammenzuhalten. Alkohol, psychische Probleme, Rivalitäten (zwischen Geschwistern und Eltern), Identitätskrisen, Erfolgsdruck und die Suche nach Glück in einem Leben im Rampenlicht bestimmten den Alltag. Einfach Spaß zu haben, kannte Mariel nicht. Running from Crazy ist ein sehr intimer Film: Mariel Hemingway lässt die Kamera nahe an sich heran, wenn sie darum kämpft, „gesund und normal“ zu bleiben, während sie ihre traumatische Familiengeschichte verarbeitet und dabei schmerzhafte Geheimnisse freilegt. Es ist aber auch ein Film, der viele zärtliche Momente birgt und Mut macht. Mariel spricht offen über Depressionen und die Wichtigkeit, Hilfe zu suchen. Exemplarisch verhandelt Barbara Kopple ein gesellschaftliches Phänomen und macht es in seiner Bedeutung für soziale Zusammenhänge greifbar. Mariel Hemingway, granddaughter of Ernest, strives for a greater understanding of her family history of suicide and mental illness. As tragedies are explored, Mariel searches for a way to overcome a similar fate. In Anwesenheit von Barbara Kopple. Q&A nach dem Film 21


MITTWOCH 2. JULI | 20:30

Your Sister’s Sister

USA 2011, DCP, Farbe, 90 Minuten, OmdU – Österreich-Premiere Regie, Buch: Lynn Shelton Kamera: Benjamin Kasulke Schnitt: Nat Sanders; Musik: Vinny Smith Produktion: Steven Schardt Mit: Emily Blunt, Rosemarie DeWitt, Mark Duplass

Emily Blunt im romantischen Liebes-Lebens-Chaos: Jack (Mark Duplass) braucht dringend eine Auszeit. Der Tod seines Bruders lässt ihn auch ein Jahr später nicht los. Da kommt das Angebot seiner besten Freundin Iris (Emily Blunt) gerade recht, und so macht er sich auf den Weg zum abgeschiedenen Ferienhaus der Familie, um aus der Trauer und dem Alltag rauszukommen. Bei seiner Ankunft bemerkt er, dass sich Iris’ Schwester Hannah (Rosemarie DeWitt) schon im Haus breitgemacht hat. Mit Gesellschaft haben beide nicht gerechnet. Nach einem unbequemen Abend und einer gemeinsam geleerten Flasche Tequila landen die beiden schließlich miteinander im Bett. Als dann auch noch Iris am nächsten Tag überraschend auftaucht, herrscht Gefühlschaos: Jack erfährt, dass Hannah eigentlich nicht auf Männer steht und nur einen Samenspender gesucht hat, und Iris wird klar, dass sie sich in Jack verliebt hat … Wie und was tun? Denn Jacks verstorbener Bruder war ihr Ex-Freund. Ein emotionsreiches Drama um Identitäten, amouröse Erwartungen und Missverständnisse nimmt seinen Lauf … Beziehungen sind zeitweise wahnsinnig kompliziert. Doch Lynn Sheltons große Kunst ist es, dieser Romantic Comedy nicht nur einen taffen GenreTwist zu verleihen, sondern ihr auch eine Riesenportion Selbstironie und 22

Humor mitzugeben. In einer Mischung aus Skript und Improvisation fliegen die Dialogpfeile zwischen den Schwestern, die so gut um die Schwächen der anderen wissen, nur so dahin. Blunt, die Warmherzige mit dem unwiderstehlichem trockenen Humor, und DeWitt, die gewitzte Denkerin mit scharfer Zunge, sind schlichtweg großartig und schenken sich nichts. Was Iris und Hannah über Beziehungen, geheime Sehnsüchte und eigene Unzulänglichkeiten loslassen, bleibt richtig schön im Gedächtnis hängen. Und dann ist da Mark Duplass als emanzipierter Softie, der dem Treiben der beiden zeitweise sprachlos zuschaut. Bis auch er in die Gänge kommt und er sich (und wir uns mit ihm) den schmerzhaften Fragen und Herausforderungen seines Lebens stellt. When Iris finds her best friend Jack is down in the dumps she suggests he spend a weekend at her family’s remote island retreat. Upon arriving Jack discovers Iris’s sister Hannah had the same idea and is in a similar emotional state of despair. The two find common ground over a large bottle of tequila and one thing leads to another. When Iris arrives the next morning unannounced she further complicates matters for Jack and Hannah as she confides to her sister she has fallen in love with Jack. 23


DONNERSTAG 3. JULI | 20:30

Middle of Nowhere

USA 2012, DCP, Farbe, 100 Minuten, OF – Österreich-Premiere Regie, Buch, Produktion: Ava DuVernay Kamera: Bradford Young Schnitt: Spencer Averick Musik: Kathryn Bostic, Morgan Rhodes Mit: Emayatzy Corinealdi, David Oyelowo, Omari Hardwick, Lorraine Toussaint

Ruby ist wieder einmal mit dem Bus unterwegs zu ihrem Mann – ins Gefängnis. Auf der Fahrt durch die Innenstadt zum Hochsicherheitstrakt am Stadtrand versucht sie mit aller Kraft, die Gedanken an Früher zu verdrängen. Noch vor wenigen Jahren war sie eine aufstrebende Medizinstudentin, die ihre große Liebe geheiratet hat. Sie hatte ein gutes Leben, es schien an nichts zu fehlen. Jetzt sitzt Derek nach einer Dummheit – als first time offender –seit fast acht Jahren hinter Stacheldraht und elf Meter hohen Betonmauern, wo das Leben von Gewalt geprägt ist. Ruby hat ihre Träume aufgegeben. Wenn sie nicht gerade Derek mit ihren Besuchen unterstützt, arbeitet sie als Krankenschwester. Eines Tages trifft sie in ihrer Arbeitsstelle, während einer der vielen Zusatzschichten, eine neue Liebe: Diese gibt ihr, trotz aller Schuldgefühle und Selbstzweifel, die Kraft, ihre Identitätskrise zu überwinden und einen Neuanfang zu wagen. Emayatzy Corinealdi ist eine wahre Entdeckung – ihre Darstellung in Ava DuVernays modernem Sozialdrama ist einfach packend. Gedreht in nur 19 Tagen und mit einem Budget von 200.000 US-Dollar setzt DuVernay mit Middle of Nowhere die Geschichte einer Emanzipation großartig in Szene: visuell bestechend und ganz auf die Bildsprache 24

konzentriert, mit reduzierten, prägnanten Dialogen. Hier eröffnet sich das ganze Spektrum der Gefühle: Rubys existenzielle Krise, ihre Kämpfe mit gesellschaftlichen Vorurteilen, mit ihrem sozialen Umfeld und ihrer Familie. Sie gehört jener Generation an, die es besser haben soll als die ihrer Mütter: die neue afroamerikanische Mittelklasse, gut ausgebildet, selbstbewusst und auf dem Weg in eine erfolgreiche Zukunft. Und doch holt sie ein allzu bekanntes Schicksal ein. Dass sie ihr Medizinstudium aufgibt, um ihrem Mann im Gefängnis beizustehen, macht ihre Mutter (großartig gespielt von Lorraine Toussaint) wütend. Aus Verzweiflung und Erinnerung an die eigenen unerfüllten Träume verweigert sie jegliches Mitgefühl. Ihre Generation muss schließlich immer noch schauen, wie sie mit dem Gehalt bis zum Monatsletzten auskommt. Die Anzahlung für eine gerichtliche Eingabe zur vorzeitigen Haftentlassung, um die sie ihre Tochter bittet, hat sie eigentlich nicht, und doch hilft sie aus … When her husband is sentenced to eight years in prison, Rudy drops out of med school in order to focus on her husband’s well being while he is incarcerated – leading her on a journey of self-discovery. 25


Spielplan

DIENSTAG 1. JULI | 18:30

donnerstaG, 26.6.

20:30 Uhr In a World..., OF

Anschließend Drinks im Filmcasino-Foyer

freItaG, 27.6.

20:30 Uhr Touchy Feely, OF samstaG, 28.6.

20:30 Uhr Concussion, OmdU sonntaG, 29.6.

13:30 Uhr The Dixie Chicks: Shut Up and Sing, OF

15:00 Uhr Dok–Nachmittag (Coffee & Cake) im Filmcasino-Foyer 15:30 Uhr Wild Man Blues, OF 20:30 Uhr Humpday, OmdU montaG, 30.6.

18:30 Uhr Harlan County, U.S.A., OF 20:30 Uhr American Dream, OF dIenstaG, 1.7.

18:30 Uhr Film Talk mit Barbara Kopple, Eintritt Frei 20:30 Uhr Running from Crazy, OF

Anschließend Drinks im Filmcasino-Foyer

mIttwoch, 2.7.

20:30 Uhr Your Sister’s Sister, OmdU donnerstaG, 3.7.

20:30 Uhr Middle of Nowhere, OF

Fassungen: OF – amerikanische Originalfassung OmdU – Originalfassung mit deutschen Untertiteln

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Film Talk mit Barbara Kopple Barbara Kopple zählt zu den arriviertesten DokumentarfilmregisseurInnen der Vereinigten Staaten. In Scarsdale, New York, aufgewachsen, studierte sie Psychologie in Boston. Gleich mit ihrem ersten Film Harlan County, U.S.A. (1976) über einen Bergarbeiter-Streik für sichere Arbeitsbedingungen und angemessene Löhne in Kentucky gewann sie den Oscar®. Dieser Film legte auch das thematische Fundament für ihre späteren unternehmenskritischen Arbeiten, die insbesondere aus der Perspektive einfacher Leute deren Kampf schilderten. Allen voran American Dream (1990), der beim Sundance Film Festival 1991 alle drei großen Preise – den Grand Jury Prize, die Filmmaker Trophy und den Audience Award – erhielt und ihr im selben Jahr den zweiten Oscar®, den Los Angeles Film Critics Award sowie zahlreiche weitere Preise einbrachte. Neben ihren vielbeachteten Kinoarbeiten zeichnet sie auch für eine große Anzahl an TV-Produktionen sowie Commercials verantwortlich. Sie ist Mitglied der Academy of Motion Picture Arts and Sciences, der Academy of Television Arts and Sciences, der Director’s Guild of America, von New York Women in Film and Television, der British Academy of Film and Television Arts und engagiert sich aktiv in Organisationen, die sich mit sozialen Anliegen und unabhängigem Filmschaffen beschäftigen. FRAMING REALITY ist stolz, Barbara Kopple in Wien begrüßen zu können. Moderiert von Maya McKechneay im Filmcasino | Eintritt Frei 27


Info Programminfo und Gratis-Newsletterbestellung office@framingreality.at Infotelefon: 0680 33 098 33 Webpage online ab 10. Juni 2014 www.framingreality.at www.facebook.com/Framing.Reality.Vienna Kartenvorverkauf ab 14. Juni 2014 Filmcasino 1050, Margaretenstr. 78 Täglich an der Kinokassa Kinokassa öffnet 30 Minuten vor der ersten Vorstellung Ticketpreise Einheitspreis: € 8,50 Mit StudentInnenermäßigung (bis 27 Jahre): € 7,50 Ö1 Club, Der Standard-Abovorteil: € 7,50 StudentInnen der Akademie der bildenden Künste, Filmakademie Wien, der TFM, der Unabhängigen Filmschule Wien sowie Mitglieder von Dok.at, FC Gloria (mit entsprechendem Ausweis): € 6,50 10er-Block (Filmcasino): € 60.— (maximal zwei Tickets/Film) 5er-Block (Filmcasino): € 35.— (maximal zwei Tickets/Film) FREIE PLATZWAHL während der Filmserie

Idee, Filmauswahl, Organisation: Barbara Reumüller. Organisiert in Zusammenarbeit mit dem Filmcasino (Dóra Artner, Annabel Müller). Presse/Social Media: Mirjam Bromundt . Digitale Filmtechnik: Andreas Eli. Redaktion Filmtexte: Vina Yun. Grafik: JD Design. Webpage: Freiland Wien www.freiland.cc

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Webpage online ab 10. Juni 2014 www.framingreality.at www.facebook.com/Framing.Reality.Vienna

Sundance to Vienna Impressum: Filmcasino Nr. 280, Zulassungsnummer: GZ 02Z 031971 S “Filmcasino” , P.b.b., Herausgeber: Filmcasino & Polyfilm BetriebsmbH, Redaktion: Framing Reality, Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt: 1050 Wien, „Sponsoring Post”, Preis pro Nummer: € 0,15. Irrtümer vorbehalten. Informationsstand 31. 5. 2014

Info und Gratis-Newsletterbestellung office@framingreality.at Infotelefon: 0680 33 098 33

From

Framing Reality Eine Filmserie: #1 / 26. Juni – 3. Juli 2014 / Filmcasino


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