SKIP VIENNALE Guide 2014

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Viennale GUIDE VOLLER DURCHBLICK: Der Festival-Fahrplan mit dem kompletten Programm zum Herausnehmen

WILLEM DAFOE

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IN PASOLINI

ABEL FERRARA VIGGO MORTENSEN JESSICA HAUSNER WOODY ALLEN KAWASE NAOMI EDWARD NORTON TOMMY LEE JONES

Viennale'14 » GENIE, WAHNSINN, VISION « OPEN EYES, OPEN HEARTS, OPEN MINDS

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FOTOS: ANDREA MĂœHLWISCH

[ Berlin, Cannes, Venedig ] – und du mittendrin: Hol dir dein VIP-Ticket in den Movie-Himmel!


Du bist Cineast? Du träumst davon, die drei größten Filmfestivals Europas zu besuchen? Sky & SKIP bringen dich hin! Nutz jetzt deine Chance: Der Gewinner fliegt 2015 mit Begleitperson für jeweils ein langes Wochenende zu den Festivals von Berlin, Cannes und Venedig!

1. Etappe: 6. bis 8. Februar

BERLIN 2015

2. Etappe: 15. bis 17. Mai

CANNES 2015

3. Etappe: 4. bis 6. September

VENEDIG 2015

FLIEG MIT SKY & SKIP 2015 NACH BERLIN, CANNES UND VENEDIG

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PROMOTION Palmen, Stars und Sonnenschein: Der alljährliche Höhepunkt der Festivalsaison an der Croisette kombiniert großes Kino mit

und wenn du nicht So lange warten willSt,

FOTOS: ANDREA MÜHLWISCH

[ Dein Auftritt ] am Roten Teppich – als Star unter Stars wie Channing Tatum, Julianne Moore, Eva Green, Jessica Chastain, Viggo Mortensen, Salma Hayek, Chloë Grace Moretz und John Travolta.


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FOTOS: ANDREA MÜHLWISCH

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VON FESTI VAL ZU FESTIVAL 2015 SO GEWINNST DU Geh auf www.skip.at, beantworte unsere Frage und nimm so am Gewinnspiel teil. Oder sende eine SMS mit dem Inhalt „Festival-Tour“ an die Handynummer 0664 660 33 555. Du erhältst umgehend eine SMS zurück – mit einer Frage, zu der dir zwei Antwortmöglichkeiten angeboten werden: A und B. Entscheide dich für die richtige Antwort und sende eine SMS retour – mit dem jeweiligen Buchstaben. War die Antwort richtig, spielst du schon um den Hauptpreis mit. Falls nicht – einfach nochmal versuchen!

DEIN TRAUMGEWINN Du fliegst mit einer Begleitperson deiner Wahl von 6. bis 8. Februar nach Berlin, von 15. bis 17. Mai nach Cannes und von 4. bis 6. September nach Venedig. Flüge und Transfers sind inkludiert, genau wie jeweils zwei Nächte im Top-Hotel (DZ) mit Frühstück und Festivaltickets für die Dauer eurer Aufenthalte. Vor Ort werdet ihr vom SKIP-Team persönlich betreut.

FESTIVAL TOTAL MIT Sky & SKIP SKIP hat für den cineastischen Superpreis des Jahres – die drei Trips der Festival-Tour 2015 – den perfekten Partner gefunden: Sky ist genauso nahe dran an den besten Filmen und talentiertesten Stars wie wir. Hier siehst du deine Lieblingsschauspieler und ihre Glanzleistungen als Erster im Fernsehen – so wie du es dir immer gewünscht hast. Aber auch Sport, Serien, Dokus etc. sind drin: Was du möchtest, wann du es möchtest – Sky ist Entertainment auf höchsten Niveau.

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Gewinnspiel – SMS-Teilnahmebedingungen Für die SMS fallen die tarifmäßigen Kosten Ihres Netzbetreibers an. Teilnahmeberechtigt sind Personen ab dem 18. Lebensjahr. Rechtsweg ausgeschlossen. Barablöse des Gewinns nicht möglich. Gewinn nicht übertragbar. Datenverwendung: Ich stimme hiermit ausdrücklich der Erhebung, Verarbeitung und Verwendung meiner genannten Daten durch Sky Österreich Fernsehen GmbH, Schönbrunner Straße 297/2, 1120 Wien & SKIP Media GmbH, Grohgasse 5-7, EG, Top 1, 1050 Wien und der Aufnahme und Speicherung dieser Daten für 3 Jahre in der Gewinnspieldatenbank zu. Ich bin einverstanden, dass die Sky Österreich Fernsehen GmbH und SKIP Media GmbH mir Informationen über ihre Produkte zwecks Marketing per Post, E-Mail oder SMS zusendet oder mich telefonisch kontaktiert. Weiters bin ich damit einverstanden, dass die Sky Österreich Fernsehen GmbH meine Daten an die Sky Deutschland Fernsehen GmbH & Co KG, Medienallee 26, D-85774 Unterföhring zwecks Marketing im o. g. Rahmen übermittelt. Infos zu Datenverwendung und Widerruf unter sky.at/teilnahme. Gewinner werden telefonisch oder per E-Mail verständigt. Teilnahmeschluss: 24.12.2014

dann hol dir die StarS nach hauSe – mit Sky!


’14

Die 52. VIENNALE: 23. 10. bis 6. 11.

Viennale GUIDE

Liebe SKIP-LeserInnen, VIENNALE-BesucherInnen & FilmfreundInnen!

GEWINNEN und abheben Der langjährige FESTIVALSPONSOR AIR FRANCE verlost jeweils zwei Flugtickets nach Los Angeles und Paris: Zu gewinnen auf www.airfrance.at!

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IN PASOLINI

ABEL FERRARA VIGGO MORTENSEN JESSICA HAUSNER WOODY ALLEN KAWASE NAOMI EDWARD NORTON TOMMY LEE JONES

Viennale'14 » GENIE, WAHNSINN, VISION « OPEN EYES, OPEN HEARTS, OPEN MINDS

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EDITORIAL

VON VIENNALE-DIREKTOR HANS HURCH

Feuer und Flamme VIENNALE heißt Kinozeit. Rund 150 neue Filme in 14 Tagen, und heuer sind es zum ersten Mal tatsächlich zwei Wochen, die das Festival dauert. Es gibt einen Festival-Tag mehr und dazu ein neues Kino. Einen Saal im erweiterten Metro Kinokulturhaus, der den Namen unseres Festivalpräsidenten Eric Pleskow trägt und ein wunderbarer neuer Kino-Ort in Wien zu werden verspricht. Zum großen Hauptprogramm der aktuellen Filme gruppieren sich auch heuer wieder eine Reihe von Spezialprogrammen: Arbeiten des Schauspielers und Kinoabenteurers Viggo Mortensen; ein Programm, das auf vielfältige und verästelte Weise dem faszinierenden Filmformat 16mm nachspürt; eine Hommage an JeanLuc Godard, gesehen durch die Augen seiner Kolleginnen und filmischer Zeitgenossen; Beispiele eines neuen arabischen Kinos von Tariq Teguia und schließlich die umfassende, gemeinsam mit dem Filmmuseum veranstaltete Retrospektive des – einer muss es sein – größten aller Filmemacher: John Ford. Aufregendes Genre-Kino in den Gartenbau-Nächten, aktuelles avanciertes Dokumentarfilmschaffen, Premieren für ausgewählte neue österreichische Kinoarbeiten, ein 1-minütiger Trailer von Manoel de Oliveira und ein 338-minütiges Epos des philippinischen Regisseurs Lav Diaz. Und das ist bei Weitem nicht alles. Wenn Sie mehr wissen und erfahren wollen, lesen Sie das Filmmagazin, das Sie in Händen halten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von SKIP haben einen ausgedehnten Streifzug durchs Programm des Festivals unternommen und dabei ein paar Schneisen geschlagen und Markierungen gesetzt, Wege eröffnet und Ausblicke skizziert. Es lohnt sich, wie schon in vergangenen Jahren, ihnen zu folgen auf ihrer Entdeckungsreise in jenes seltsame Land, das den Namen VIENNALE trägt.

» IMPRESSUM: SKIP-VIENNALE-GUIDE SKIP Media GmbH, Grohgasse 5-7/1, 1050 Wien. Tel: +43/1/545 24 00, office@skip.at. Herausgeber: Michael Ginalis, Josef Hruby. Geschäftsführung: Michael Ginalis. Chefredaktion: Kurt Zechner, Gini Brenner. Fotoredaktion: Andrea Mühlwisch. Redaktion: Gini Brenner (gb), Dina Maestrelli (dm), Magdalena Miedl (mm), Christoph Prenner (cp), Julia Pühringer (jp), David Rams (dr), Kurt Zechner (kz), Christoph Zeppetzauer (cz), VIENNALE. Chef vom Dienst: Dina Maestrelli. Korrektur: Uwe Bubik. Grafik: Bettina Lasser, Grillo, Ronnie Feichtinger. Produktionsleitung: Ronnie Feichtinger. Fotos: Andrea Mühlwisch, VIENNALE. Event-Marketing: Walter Schreier. Anzeigenleitung: Oliver Dvorsky. Key Account: Robert Babel, Christian Boye, Daniel Tran. Anzeigenverwaltung & Finanzen: Andrea Permoser. Druckvorstufe: GraphicCooperation – Rudolf Huber, Bergsiedlung 139, 2571 Altenmarkt an der Triesting. Druckerei: Infopress Group, Nádas u. 6., 2600 Vác, Ungarn. Homepage: www.skip.at

6 VIENNALE 2014

FOTO: ANDREA MÜHLWISCH (1), ALEXANDER TUMA/VIENNALE (1)

Enabeling! Abel Ferrara wird bei der VIENNALE heuer seinen neuesten Film, Pasolini (siehe S. 14), höchstpersönlich präsentieren. Der New Yorker Regisseur ist berüchtigt für seine genüsslich kontroversielle Art – wir können uns also schon mal auf hochinteressante Publikumsgespräche freuen!

WILLEM DAFOE

COVER-FOTO: ANDREA MÜHLWISCH

VOLLER DURCHBLICK: Der Festival-Fahrplan mit dem kompletten Programm zum Herausnehmen

Let the Show Begin!

Kino ist wahrscheinlich die sozialste aller Kunstformen: Nicht nur die Kreation eines einzelnen Genies zählt, sondern die gemeinsame Vision aller am kreativen Prozess Beteiligten. Aber ein Kinofilm entsteht nicht nur im Kollektiv, er entfaltet seine Kraft auch erst dann wirklich, wenn er im Kollektiv konsumiert wird. Kunst als soziale Erfahrung hat natürlich auch immer eine politische Komponente – gerade in einer Zeit, in der Solidarität zum Nischenprodukt wird, kann das gemeinsame Erleben neuer, ungewohnter, revolutionärer, verunsichernder Ideen ein bisschen die Welt verbessern. Bei der 52. VIENNALE wirds dazu wieder überreichlich Gelegenheit geben!

EDITORIAL

VO R S PA N N


Großes Kino. Wir stehen dahinter. Festivalsponsor der Viennale.

Jetzt in der A1 Videothek: A1 TV Viennale Selection 2014. 14 Filme um je € 1,– Mehr auf A1.net/viennale-2014

Einfach A1.


’14

Das VIENNALE-Festivalzentrum im ehemaligen Hauptpostamt

EVENTS

PARTI E S , KON Z ERTE , D I S KU SSI ON E N

Alle posten mit! Coole Drinks, heiße Beats, spannende Erkenntnisse: Die Festivalzentrale im ehemaligen Hauptpostamt in der Innenstadt (1010 Wien, Dominikanerbastei 11 – U1, U4 Schwedenplatz) ist während der gesamten VIENNALE die standesgemäße Kulisse für Parties, Konzerte und Diskussionen – täglich von 18.00 bis 4.00 Uhr früh. Freier Eintritt bei allen Veranstaltungen und Konzerten! Gespräch mit Gerhard Heinz / DJ Cut-Ex & Alaska Al TALK & DJ-SET. MO. 27. 10., AB 21.00 UHR

VIENNALE-Eröffnungsparty

Two Door Cinema Club DJ-Set & Etepetete DJ-SET & PARTY. DO. 23. 10., AB 22.00 UHR

Two Door Cinema Club überraschen als DJs mit abwechslungsreichen Uptempo Sets von House bis Nu-Disco. Für Verstärkung sorgt das All-Girl-DJKollektiv Etepetete.

Woods of Birnam (live) KONZERT. FR. 24. 10., AB 21.00 UHR

In Hausners Amour Fou spielt Christian Friedel die Hauptrolle. Nun veröffentlicht er gemeinsam mit den Musikern von Polarkreis 18 sein Album-Debüt: Woods of Birnam – erstmals in Wien on stage!

Alex Barck (Jazzanova) / Soulparlor (Tokyo Dawn Records) DJ-SET & PARTY. FR. 24. 10., AB 22.00 UHR

Dieser Abend gehört zwei DJ-Legenden: Alex Barck prägte die Generation Nu-Jazz und ist heute als Radiohost und DJ umtriebiger denn je. Frank Jensen spielt sich mit SoulParlor durch Clubs rund um den Globus.

Konea Ra (live) / Makossa & Megablast / Sebastian Schlachter KONZERT & PARTY. SA. 25. 10., AB 22.00 UHR

Konea Ra, einer der vielversprechendsten heimischen Acts, präsentiert sein zweites Album: opulente Beats mit tiefsinnigem Gesang. Mit dabei: Sebastian Schlachter und die FM4-DJs Makossa und Megablast.

Gerhard Heinz hat über 130 Kinofilme vertont, die Soundtracks werden nun vom Label Digatone wiederveröffentlicht. Gerhard Stöger (Falter) spricht mit Heinz über sein bewegtes Leben, Alaska Al und DJ Cutex (Digatone) spielen dazu Gustostückerln aus Heinz’ Schaffen von Kasperl bis Softpornos.

G.Rizo (live) / School DJ-Set KONZERT & PARTY. DI. 28. 10., AB 21.00 UHR

G.Rizo ist ein Allroundtalent: Sängerin, DJ, Produzentin und Konzeptkünstlerin. An diesem Abend darf man sich auf einen ihrer energiegeladenen Live-Auftritte freuen. Danach heizt ein DJ-Set von School ein.

Anna Leiser & Moogle (Bebop Rodeo) DJ-SET & PARTY. MI. 29. 10., AB 21.00 UHR

Bebop Rodeo sendet Radioshows in die digitale Welt, für die internationale und heimische Größen exklusives Material bereitstellen. Der Fokus liegt auf Tanzmusik zwischen Broken Beats und Deep House.

Why Farocki Matters GESPRÄCH. DO. 30. 10., 19.00 UHR

Im Sommer diesen Jahres starb unerwartet der deutsche Filmemacher und Medientheoretiker Harun Farocki. Er zählte zu den bedeutendsten Dokumentaristen und Analytikern unserer Bilderwelt. Mit: Julian Radlmaier, Constanze Ruhm, Klaus Wyborny u. a.

FilmemacherInnen an den Plattentellern DJ-SET & PARTY. DO. 30. 10., AB 22.00 UHR

Be Sand, Not Oil

In altbewährter Tradition legen auch heuer wieder VIENNALE-Gäste ihre mitgebrachten Lieblingssongs auf. Mit dabei sind Sebastian Brameshuber, Chris Gude, Dorit Margreiter, Joel Potrykus und Nathan Silver.

BUCHPRÄSENTATION & GESPRÄCH. SO. 26. 10., 19.30 UHR

Sexy Deutsch / HAM / Vihanna / Flux

Ein Abend zur Filmschau Revolutionen in 16mm: Buchpräsentation von Be Sand, Not Oil. The Life and Work of Amos Vogel, Gespräch mit Gästen und KuratorInnen der 16mm-Filmreihe.

Hoda Mohajerani DJ-SET & PARTY. SO. 26. 10., AB 21.00 UHR

Die musikalische Inspiration der Singer-Songwriterin und Poetin Hoda Mohajerani liegt irgendwo zwischen Rumi und den Ramones. An diesem Abend gewährt sie Einblicke in ihre persönliche Musiksammlung.

DJ-SET & PARTY. FR. 31. 10., AB 22.00 UHR

Musikszene. Als DJ spielt er sich quer durch Soul, Funk und Brasil über HipHop bis hin zu House. Support: DJ Smoab (Superfly).

Malia / DJ Samir (Soulseduction) KONZERT & PARTY. SO. 02. 11., AB 21.00 UHR

Die britische Soul-Sängerin Malia steuerte zu Hubert Saupers We Come as Friends mehrere Songs bei, die sie gemeinsam mit dem Wiener Jazzpianisten Philipp Nykrin zu Gehör bringen wird. Soul-Spezialist DJ Samir sorgt für stimmige Umrahmung.

The State of Things DISKUSSION (ENGLISCH). MO. 03. 11., 20.45 UHR

Auf den Spuren des US-Independent-Kinos: Woher bezieht es seine Ideen und Stoffe, wie entsteht es? Wer steht dahinter? Und wie wird es gesehen? Mit: Debra Granik, Alex Ross Perry, Alexandre Rockwell und Peter Strickland.

Jonathan Toubin (New York Night Train) / Hannah Wagner (Swell Time Vienna) DJ-SET & PARTY. MO. 03. 11., AB 22.00 UHR

Jonathan Toubin mixt in seinen energetischen LiveSets obskure Rhythm&Blues, Rock’n’Roll und SoulPlatten und veranstaltet dazu Dance-Battles. Mit von der Partie: Hannah Wagner von Swell Time Vienna.

Free The Robots (live) / Restless Leg Syndrome KONZERT & PARTY. DI. 04. 11., AB 21.00 UHR

Schmetternde Beats, progressive Melodien, Wechsel zwischen analog und digital: Das ist elektronische Musik anno 2014. Danach: Party mit Restless Leg Syndrome.

Klub Mutti à Gogo / Mia Merano DJ-SET & PARTY. MI. 05.11., AB 21 UHR

Klub Mutti, Wiens lustigste Drag Party, bringt Eleganz und den unwiderstehlichen Charme der 60er auf die Bühne. DJ Mia Merano und Das_Em spielen Musik der 60er, Disco und alles was groovt.

Ein Querschnitt durch die Wiener Nacht: Vier Kollektive schicken vier DJs in die Zentrale. Mit dabei: Casual Clay (Vihanna), John Starks (HAM), Simke (Sexy Deutsch) und q35 (Flux). Trick or treat!

VIENNALE-Abschlussparty

Pascal Rioux (Favorite Recordings) / DJ Smoab (Rare and Well Done)

DJ-SET & PARTY. DO. 06.11., AB 22 UHR

DJ-SET & PARTY. SA. 01. 11., AB 22.00 UHR

Pascal Rioux, Label-Gründer und Mastermind des Vertriebs Pusher, ist eine Größe der Pariser 8 VIENNALE 2014

b.fleischmann / Dizzy Womack (Discobelle Records) Den Abschluss der diesjährigen VIENNALE bestreiten zwei DJs, die das ganze Spektrum elektronischer Tanzmusik abdecken: b.fleischmann ist eine Fixgröße in der ElektroSzene, Dizzy Womack produziert Clubmusik aus HipHop, House und Techno.

FOTO: VIENNALE

Frank Jensen an den Turntables


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Partner & Sponsoren V’14

Programm

Genau das war der Plan. Voll im Einsatz: Das SKIP-VIENNALEFaltprogramm mit Spielplan & Eckdaten klebt hier nicht mehr!

SPONSOREN Air France Austria Trend Hotels Canon card complete Corona Extra Julius Meinl Kaffee Philips TV5MONDE Vöslauer Mineralwasser Wiener Wohnen PRODUKTSPONSOREN all i need Albrechtsberger FedEx Film frey Logistik Gewista urban media GOMI Zelte & Mietmöbel INFOSCREEN JEEP Lusthaus Wien MMO – Media Market Observer Pannobile Plantical Reinwerfen statt Wegwerfen Remaprint-Litteradruck Schloss Gobelsburg Sektkellerei Johann Kattus Synchro Film, Video & Audio von feichtinger Blumen Weingut Bründlmayer Weingut Christoph Edelbauer Weingut Hagn Wirecard CEE RESTAURANTSPONSOREN Burgring 1 Café Ansari Café Diglas Café Prückel Comida y Ron Figlmüller Gasthaus Pfudl Glacis Beisl Himmelpforte Hollmann Salon Lusthaus Wien Stadtwirt Xpedit

Den kompletten Spielplan, umfassende Infos zu den besten VIENNALE-Filmen sowie die schönsten VIENNALE-Gewinnspiele finden Sie auch auf www.skip.at, weitere Infos gibts auf www.viennale.at!

MEDIENPARTNER SONDERPUBLIKATIONEN celluloid Filmmagazin DER STANDARD derstandard.at Falter FM4 INFOSCREEN orf.at ORF Kultur ORF Wien Ö1 ray filmmagazin SKIP – Das Kinomagazin skip.at MEDIENPARTNER 98.3 Superfly Cineplexx Constantin Film dot. FAQ Magazine Filmclicks OKTO SPIKE The Gap uni:view

MARKETING-PARTNER FILM Austrian Film Commission Berlinale Berlin Documentary Forum Cinéma du Réel Crossing Europe Diagonale Festival dei Popoli Filmarchiv Austria Forum Österreichischer Filmfestivals Kino im Kesselhaus Int. Frauenfilmfestival Dortmund/Köln Int. Kinderfilmfestival Wien Int. Kurzfilmtage Oberhausen Österreichisches Filmmuseum Punto de Vista Documentary Film Festival VIS Vienna Independent Shorts Visions du Réel MEDIEN APA biorama brand eins FILM-DIENST MALMOE onrail Reisemagazin Option – Das Magazin zum Thema Alternativen Profil springerin stadtbekannt uni:mag vice KULTUR, KUNST, NON-PROFIT 21er Haus Amnesty International Blickfang brut Büchereien Wien Institut für Theater-, Film und Medienwissenschaft Kulturreferat ÖH Uni Wien Kunsthalle Wien Kunsthistorisches Museum Wien Lateinamerika Institut Naturhistorisches Museum Wien Student Point Tanzquartier Wien Verband Wiener Volksbildung waves vienna WIEN MODERN WUK BUSINESS ARGE Fuchs/Itze/Mathoi cyledge European Youth Card Facultas Filmgalerie 8 1/2 freikarte.at Goldbach Audience KAFFEEKÜCHE Schottentor-Passage ORF OMC philiale Schüren Verlag SKY Österreich snipcard Thalia Tools at work UCI Kinowelt United Internet Media Wiener Linien ZONE Media


’14

SPIELFILME

INTERV I E W

Jessica HAUSNER

Ende in Sicht: Jessica Hausner in Cannes mit Christian Friedel, dem Darsteller ihres suizidalen Kleist.

Schöner Sterben mit Heinrich In Cannes war Jessica Hausner mit AMOUR FOU zu Gast in der Reihe Un Certain Regard, nun eröffnet ihr absurdes Historienstück über einen Doppelselbstmord aus falsch verstandenem Pathos die VIENNALE.

Amour Fou ROMANTISCHE KOMÖDIE. Österreich/Luxemburg/ Deutschland 2014. LÄNGE: 96 Min. BUCH & REGIE: Jessica Hausner. KAMERA: Martin Gschlacht. SCHNITT: Karina Ressler. MIT: Christian Friedel, Birte Schnöink.

Der junge Dichter Heinrich (Christian Friedel) lebt ein bequemes Leben. Doch es ist die Zeit der Romantik, und er strebt nach Bedeutung: Ein Selbstmord aus Liebe wäre passend, doch Cousine Marie lehnt dankend ab. Da begegnet er seiner Bewunderin Henriette (Birte Schnöink). Offenbar ist sie unheilbar krank, und Heinrichs Todessehnsucht ist ansteckend … Jessica Hausner gelingt die Nacherzählung von Kleists Tod als ironische Parabel über die Lächerlichkeit menschlicher Sehnsüchte.

»

DO. 23. 10., GARTENBAUKINO, 19.30 UHR (NUR MIT EINLADUNG) DO. 23. 10., GARTENBAUKINO, 23.00 UHR

INTERVIEW: MAGDALENA MIEDL FOTOS: ANDREA MÜHLWISCH (2), STADTKINO FILMVERLEIH (1)

SKIP: Ist es Ihnen wichtig, dass Heinrich von Kleist und Henriette Vogel tatsächlich existiert haben? JESSICA HAUSNER: Nicht sehr. Natürlich habe ich mich inspirieren lassen von dem, was ich über die beiden gelesen habe, und ich habe genau recherchiert, um auswählen zu können, welche historischen Fakten für mich wichtig sind. Aber Amour Fou ist kein biografischer Film über Kleist und auch kein authentischer historischer Film. Ich wollte eine künstliche Welt erschaffen, in der ich eine allgemeingültige Geschichte erzähle. Wo liegt für Sie der Reiz? Darin, dass ein Doppelselbstmord aus Liebe ja nur schiefgehen kann, denn jeder stirbt für sich alleine. Der Film handelt davon, dass die Menschen grundsätzlich voneinander getrennt sind, jeder hat seine eigene Wirklichkeit. Das romantische Bild der Liebe, der absoluten Zweisamkeit, ist in der Realität schwer aufrechtzuerhalten. Würde man nur die Inhaltsangabe lesen, wäre dieser Film eindeutig eine Tragödie. Woraus entstand Ihr Wunsch, das als Komödie zu erzählen? Aus der Absurdität, dass Kleist verschiedene Menschen gefragt hat, ob sie mit ihm sterben wollen: zuerst seinen besten Freund, dann seine 10 VIENNALE 2014

Cousine Marie. Und dann hat er diese Henriette gefunden, die geglaubt hat, sterbenskrank zu sein und deswegen eingewilligt hat. Diese Austauschbarkeit des Menschen, mit dem man aus Liebe sterben will, fand ich witzig, denn in diesem Moment funktioniert das ganze Konzept der wahren Liebe nicht mehr. Und damit wird die Halbherzigkeit der menschlichen Existenz deutlich. Die Sehnsucht nach Absolutheit und wahrer Liebe ist zutiefst menschlich und zugleich völlig lächerlich. Dabei ist es doch ein beruhigender Gedanke, dass man nicht die einzig wahre Liebe finden muss, weil es viele Varianten gibt, glücklich zu werden. So sehe ich das auch. Die Gefühle, die wir haben, sind veränderbar und beeinflussbar, viel mehr als wir das wahrhaben wollen und oft auch uns selbst nicht verständlich. In dem Gedicht, das Heinrich seiner Henriette zum Abschied schreibt, klingt er wie ein pathetischer 14-Jähriger. Das habe ich mir auch gedacht, und das hat mich auch ermutigt, diesen Blickwinkel zu finden. Dieses Gedicht ist tatsächlich von Kleist, das ist also nicht alles großartig und genial. Ich bin auch ganz sicher, dass er auch nur ein Mensch war.


www.tchibo.at

Jedem Film sein Happy End. PICCO

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nur


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SPIELFILME

E XKL U S I V-I N T ERV I E W

John LITHGOW

Words of Love

Big in Berlin: John Lithgow und Regisseur Ira Sachs bei der Berlinale, wo Love is Strange seine Europapremiere gefeiert hat.

Nur die Liebe zählt. In LOVE IS STRANGE spielt der großartige John Lithgow (Hinterm Mond gleich links, Dexter) einen Homosexuellen mit Eheproblemen. Klar, dass sich da auch das SKIP-Interview vor allem um Herzensangelegenheiten dreht.

Love is Strange LIEBESFILM. USA/Frankreich 2014. LÄNGE: 94 Min. REGIE: Ira Sachs. BUCH: Ira Sachs, Mauricio Zacharias. KAMERA: Christos Voudouris. SCHNITT: Affonso Gonçalves, Michael Taylor. MIT: John Lithgow, Alfred Molina, Marisa Tomei, Charlie Tahan.

Nach fast 40 Jahren Beziehung dürfen George (Molina) und Ben (Lithgow) endlich heiraten. Daraufhin verliert George seinen Job an einer katholischen Privatschule, und das Paar muss die gemeinsame Wohnung aufgeben und einstweilen getrennt leben. Auflehnung und Protest sind für die beiden älteren Herren, die es gewohnt sind, ihre Gefühle zu verstecken, keine Option mehr – und so kämpfen sie im Stillen um ihre große Liebe, und das Recht, zusammen sein zu dürfen.

» SO. 26. 10., GARTENBAUKINO, 21.00 UHR

MO. 27. 10., GARTENBAUKINO, 11.00 UHR MI. 29. 10., STADTKINO IM KÜNSTLERHAUS, 11.00 UHR

INTERVIEW: GINI BRENNER FOTOS: ANDREA MÜHLWISCH (2), VIENNALE (1)

SKIP: Wie war es, sich im Film selber altern zu sehen? JOHN LITHGOW: Enorm traurig (lacht). Ich habe wirklich geweint. Vielleicht auch deshalb, weil ich so sehr wie mein eigener Vater aussehe, der vor 10 Jahren gestorben ist. Andererseits ist es ja auch eine durchaus privilegierte Erfahrung die man da als Schauspieler machen darf – in die eigene Zukunft sehen quasi. Es ist wunderschön anzusehen, wie Sie mit Ihrem Film-Ehemann (gespielt von Alfred Molina, Anm.) umgehen. Behandeln Sie Ihre echte Ehefrau auch so liebevoll? Ich hoffe doch, ja, Ich bemühe mich jedenfalls sehr. Sicher, wenn Sie Mary jetzt selber fragen könnten, würde sie wohl was anderes sagen – aber sie widerspricht mir aus Prinzip immer (lacht). Sie ist eine sehr komplizierte Frau. Aber wir verehren einander. Jedenfalls kenne ich genau wie meine Filmfigur die Höhen und Tiefen einer langen Ehe. Aber man kann eine lange Beziehung nun mal nicht führen, ohne immer wieder mit den Schwierigkeiten des Zusammenlebens konfrontiert zu werden. Und da unterscheiden sich heterosexuelle Beziehungen nicht von homosexuellen. Genau. Wenn Leute von diesem Film hören, dann fällt ihnen ja meist als Erstes auf, dass hier 12 VIENNALE 2014

zwei Männer verheiratet sind. Dabei ist die Sexualität hier nicht wirklich Thema. Wenn man 40 Jahre zusammen ist, ist das nicht mehr so wichtig. Das Problem der beiden ist nicht, dass sie nicht miteinander schlafen können, sondern dass sie nicht beieinander schlafen können, den Alltag nicht miteinander verbringen können. Sie vermissen einander schrecklich. Und ich kann das extrem gut nachvollziehen: Ich telefoniere mindestens dreimal am Tag mit meiner Frau, wenn ich unterwegs bin. Love is Strange ist kein Film über Schwulenehe, es ist ein Film über die Ehe. Über eine Liebe nach 40 Jahren. Und in dieser Hinsicht ist es wohl wirklich ein radikaler Film. Ein sehr sanfter radikaler Film. Es zeigt, wie normal etwas ist, was viele Leute immer noch als unnormal ansehen. In manchen Gegenden der Welt trifft das ja noch viel mehr zu als in New York, wo der Film spielt. Ja, aber auch das wird sich ändern. Niemand kann ewig stehenbleiben, wenn der Rest der Welt weitergeht. Ich persönlich habe ja Homophobie nie verstanden. Homosexualität zu akzeptieren, schadet ja wirklich absolut niemandem. Nur wenn man sie ablehnt, fügt man damit anderen Schaden zu. Es ist so grausam, Leute dazu zu zwingen, aus ihrem Herzen eine Mördergrube zu machen.


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laden vom 24. Oktober bis 6. November täglich 2 mal 2 Leser zur Hauptabendvorstellung ins Gartenbaukino ein. Am Mittwoch, dem 22. Oktober, werden die Tickets für den 24. Oktober verlost; ab dann gibts täglich 2 mal 2 Karten zu gewinnen, jeweils zwei Tage im voraus. Die VIENNALE-Karten liegen dann am Tag der Vorstellung unter den Namen der Gewinner an der Abendkassa bereit. Die Gewinner werden von uns rechtzeitig telefonisch verständigt.

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E XKL U S I V-I N T ERV I E W

Abel FERRARA

Abel der Welt Weder bei der Arbeit noch privat ist VIENNALE-Stargast und notorisches Enfant terrible Abel Ferrara ein Freund der noblen Zurückhaltung. Umso erfreulicher für seine Gesprächspartner: SKIP traf ihn beim Filmfestival von Venedig, wo PASOLINI im Wettbewerb lief.

14 VIENNALE 2014


SPIELFILME

SKIP: Woran erinnern Sie sich am liebsten, wenn Sie an Pasolini und seine Zeit denken? ABEL FERRARA: Dass ich jung war (lacht). In den frühen 1970ern habe ich selber begonnen, Filme zu machen. Es war eine großartige Zeit für das Kino. Pasolini, Fellini, französische, deutsche, italienische Filme – das waren auch in den USA Blockbuster damals, das kann man sich heute ja gar nicht mehr vorstellen. In Originalfassung mit Untertiteln! Heute wäre das unvorstellbar. Filme zum Mitlesen! Ich finde es übrigens grausam, dass ihr so viele synchronisierte Filme sehen müsst. Da hört ihr ja nie die echte Stimme des Schauspielers, seine Atmung, seine Intonisation! Ich würde mir nie einen synchronisierten Film anschauen. Niemals. Was hat sie an Pasolini so fasziniert? Alles. Ich habe seine Bildsprache gesehen und mir gedacht: Heilige Scheiße. Er war einfach der Größte. Vielleicht kommt es daher, dass wir beide Italiener sind, dass ich mich ihm so nahe gefühlt habe. Ich wurde ja in sehr italienischer Tradition erzogen, mein Großvater kam 1900 aus Neapel nach Amerika und hat sein Leben lang kein Wort Englisch gesprochen. Dafür spricht Willem Dafoe als Pasolini Englisch, obwohl viele Figuren im Film Italienisch sprechen. Naja, klar, was denn sonst, wie sollte Willem denn Italienisch sprechen? Nun, er ist Schauspieler. Und deshalb soll er automatische eine Fremdsprache sprechen können? Soll er die Worte lautmalerisch nachmachen oder wie stellen Sie sich das vor? Nun, andere lernen Sprachen – Viggo Mortensen zum Beispiel ist bekannt dafür, in vielen verschiedenen Sprachen zu filmen. Ach, was lernt der denn schon. Wollen Sie mich verarschen? Der klingt doch immer wie ein Ami, egal was er sagt! Ein Schauspieler muss sich in der Sprache zu Hause fühlen, deren Geist und Bedeutung wirklich verstehen können. Er muss in seiner Muttersprache spielen, und ich muss in meiner Muttersprache Regie führen. Scorsese und DeNiro könnten doch auch keine Filme auf Französisch zusammen machen.

Freunde fürs Leben: Willem Dafoe und Abel Ferrara beim Fototermin.

Pasolinis Tod ist bis heute nicht restlos aufgeklärt. Sie haben Pino Pelosi getroffen, der als sein Mörder verurteilt wurde und neun Jahre im Gefängnis saß – konnten Sie das Geheimnis etwas lüften? Ach was. Der Typ ist eine kleine Nummer, ich habe schon Hunderte von der Art kennengelernt. Ein durchschnittlicher Straßengauner, der Glück hatte. Er war 15 Jahre alt damals, stand an einer Straßenecke und wartete auf sein nächstes Opfer, das er ausnehmen könnte. Und wissen Sie was? Er nimmt Pasolini bis heute aus. Er macht immer noch Geld mit der Geschichte. Aber für mich ist der Typ wertlos, für fünf Dollar würde der doch alles sagen was man hören will. Er hat den Mord schon in sechs verchiedenen Versionen erzählt. Mit mir hat er geredet, als wäre er Filmproduzent. Hahaha, was für ein Idiot. Er steht da in seinem orangen Arbeitsanzug, er bewässert nämlich Pflanzen neben der Autobahn, und will mir erklären, wie man einen Film dreht. Ich kenne 100 von der Art. Was ich von ihm wissen wollte, waren vor allem die Details: Was sie gegessen haben, worüber sie sich unterhalten haben an dem Abend. Sie haben viele Zeitzeugen getroffen und auch an Originalschauplätzen gedreht. Ja, und wir hatten auch viele Requisiten, die wirklich ihm gehört haben. Das Medaillon, das Willem trägt, war zum Beispiel wirklich das, das Pasolini um den Hals hatte, als er starb. Und das Buch, das man sieht, war wirklich seins, mit seiner Handschrift. Ach, es ist eine Tragödie, dass er nicht mehr am Leben ist. Das Faszinierende ist, dass keiner, der ihn persönlich getroffen hat, auch nur ein schlechtes Wort über ihn zu sagen hat. Der Mann war ein Heiliger. Stellen Sie sich mal vor, was sie über mich alles zu hören bekommen würden. 15 VIENNALE 2014

Pasolini DRAMA. Frankreich/Belgien/Italien 2014. LÄNGE: 87 Min. REGIE: Abel Ferrara. BUCH: Maurizio Braucchi. KAMERA: Stefano Falivene. SCHNITT: Fabio Nunziata. MIT: Willem Dafoe, Riccardo Scamarcio, Ninetto Davoli.

Sex, Politik, Gewalt & Schönheit: Der 1922 geborene Pier Paolo Pasolini war einer der prägenden Regisseure der Goldenen Ära des italienischen Kinos, seine Filme, von Mamma Roma über Teorema bis Salò o le 120 giornate di Sodoma sind ebenso kontroversiell wie visionär. Sein gewaltsamer Tod 1975 ist bis heute nicht restlos aufgeklärt. Ferrara folgt in assoziativer Filmsprache dem letzten Tag im Leben Pasolinis, Willem Dafoe in der Titelrolle glänzt mit Hornbrille und Charisma.

» MO. 03. 11., GARTENBAUKINO, 20.30 UHR MI. 05. 11., GARTENBAUKINO, 11.00 UHR

INTERVIEW: GINI BRENNER FOTOS: ANDREA MÜHLWISCH (2), VIENNALE (1)


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SPIELFILME

E XKL U S I V-I N T ERV I E W

Brendan GLEESON

Iren sind menschlich Nach dem grandiosen The Guard präsentiert das irische Urgestein Brendan Gleeson seine zweite Zusammenarbeit mit John Michael McDonagh: CALVARY , die Geschichte eines Priesters, der erfährt, dass ihn jemand ermorden will. SKIP: In Calvary spielen sie einen Priester, der ein zwar schroffer, aber wirklich guter Mann ist. Heutzutage ist das ja schon fast sowas wie eine Provokation … BRENDAN GLEESON: Stimmt, die Kirche und ihre Vertreter sind zur Zeit wenig angesehen. Deshalb wäre es uns auch zu einfach gewesen, einen Film über einen schlechten Priester zu machen.

Calvary DRAMA. Irland/GB 2014. LÄNGE: 101 Min. BUCH & REGIE: John Michael McDonagh. KAMERA: Larry Smith. SCHNITT: Chris Gill. MUSIK: Patrick Cassidy. MIT: Brendan Gleeson, Chris O’Dowd, Kelly Reilly, Dylan Moran, Domhnall Gleeson.

Calvary ist das englische Wort für den Kalvarienberg, auf dem laut biblischer Mythologie Christus getötet wurde. Father James (Gleeson) steht eines Tages vor seinem ganz persönlichen Kreuzweg: Ausgerechnet im Beichtstuhl erklärt ihm ein Mann aus seiner Gemeinde – den er aber nicht erkennen kann –, dass er als Kind von einem Priester missbraucht wurde und daher jetzt ihn, Father James, dafür am darauffolgenden Sonntag umbringen wird … Grandioses Kino, tiefschwarz und so gnadenlos und merkwürdig wie das Leben selbst.

»

DI. 28. 10., GARTENBAUKINO, 18.00 UHR MI. 05. 11., URANIA, 13.00 UHR

INTERVIEW: KURT ZECHNER FOTOS: ANDREA MÜHLWISCH (2), VIENNALE (1)

Wie war es, sich selbst als Priester zu sehen? Ich musste da an einen Priester denken, den ich als Kind kennengelernt habe. Der war ein wirklich, wirklich guter Mensch. Dummerweise hat er sich später umgebracht … Als ich das Messgewand zum ersten Mal anprobiert habe, habe ich mich gefühlt, als würde ich einen Panzer anziehen. Den Panzer des Guten, sozusagen. Es wog wirklich schwer auf mir. Weil es mich fühlen ließ, wie es ist, wenn man sich bereit erklärt, sein Leben für eine bestimmte Sache zu geben. Das tun ja nicht nur Priester. Auch Eltern machen das. Man bringt Leben in die Welt, und für dieses Leben setzt man sein eigenes ein, ohne jemals daran zu zweifeln. Es ist faszinierend, wenn man sieht, was Leute alles tun, wenn es um Dinge geht, die ihnen wichtiger sind als das Leben. Da bekommt dann auch der Spruch „Erst dein Tod definiert dein Leben“ erst seine richtige Bedeutung. Sie spielen in einer sehr intensiven Szene gemeinsam mit ihrem eigenen Sohn, 16 VIENNALE 2014

The lads are in town: Brendan Gleeson mit seinem Regisseur John Michael McDonagh bei der heurigen Berlinale.

Domhnall (der nächstes Jahr in Star Wars Episode VII zu sehen sein wird, Anm.). Wie war das? Spannend. Regisseur John Michael McDonaugh wollte ihn erst gar nicht casten, weil wir verwandt sind, aber er war dann einfach zu gut. Und wir haben wirklich super zusammengearbeitet. Es hat sich überhaupt nicht angefühlt wie ein Vater-Sohn-Ding, ich habe beim Spielen total vergessen, dass ich da meinem eigenen Sohn gegenüberstehe. Er ist auch mittlerweile ein echt toller Schauspieler, der gut ohne meinen väterlichen Rat auskommt. Die Welt sieht Sie als „typischen Iren“ – wie ist Ihr Verältnis zu Ihrem Vaterland? Momentan fällt es mir schwer, das Vertrauen in dieses Land zu bewahren. Wir wurden von unserer Regierung belogen und betrogen, ich kann das nicht anders sagen, und ich hatte die Dinge, die ich an Irland so schätze, ein wenig aus den Augen verloren. Allerdings bin ich voriges Jahr als Musiker durchs Land gezogen, zum ersten Mal seit 30 Jahren, und das hat mich dann doch wieder ein wenig versöhnt. Ich habe so viel Herzlichkeit und Großzügikgeit erlebt, und musste mir eingestehen: Ich steh einfach unheilbar auf diese Insel. Ich liebe sie, auch ihre schlechten Seiten. Für die wir ja leider mittlerweile nicht mehr den Briten die Schuld geben können.


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KAWASE Naomi

Heiter bis wolkig: Kawase Naomi und ihre jungen Hauptdarsteller Murakami Nijirô und Yoshinaga Jun.

Insel der Seligen Irgendwo am Schnittpunkt zwischen Dokumentarfilm und Spielfilm inszeniert Kawase Naomi (Mogari no mori) eine Geschichte um Liebe, Leben und Tod: FUTATSUME NO MADO ist der dritte Cannes-Wettbewerbsbeitrag der Japanerin.

Futatsume no mado DRAMA. Frankreich/Japan/Spanien 2014. BUCH & REGIE: Kawase Naomi. KAMERA: Yamazaki Yutaka. SCHNITT: Tina Baz, Kawase Naomi. MIT: Murakami Nijirô, Yoshinaga Jun, Matsuda Miyuki.

Kyoko (Murakami Nijirô) ist eine kluge, neugierige 16-Jährige. Kaito (Yoshinaga Jun) ist ihr schüchterner, nachdenklicher Schulfreund. Kyokos Mutter liegt im Sterben. Kaitos Eltern sind geschieden, sein Vater lebt in Tokio. Kyoko verliebt sich in Kaito. Sie werden ein Paar. Und dann kommt ein Sturm, und am Strand der Insel wird eine Leiche angespült. Futatsume no mado ist ein Film wie ein ruhiger Fluss: meditative Heiterkeit – und darunter gefährliche Stromschnellen.

»

MI. 29. 10., URANIA, 20.30 UHR MI. 05. 11., STADTKINO IM KÜNSTLERHAUS, 16.00 UHR

INTERVIEW: MAGDALENA MIEDL FOTOS: ANDREA MÜHLWISCH (2), VIENNALE (1)

SKIP: Wo spielt dieser Film, welche Bedeutung hat dieser Ort? KAWASE NAOMI: Die Geschichte spielt auf Amami, einer tropischen Insel im Süden von Japan, wo es das ganze Jahr warm ist. Es ist ein einzigartiger Ort, wo es eine eigene Kultur gibt, und wo Schamanen noch eine große Rolle spielen. Meine Familie stammt von dort, und ich habe vor acht Jahren davon erfahren und Amami für mich entdeckt. Der Film erzählt davon, dass es ein Leben nach dem Tod gibt. Wie sieht dieser besondere Glauben auf Amami aus? Die Menschen dort glauben, dass es jenseits des Meeres eine andere Insel gibt, eine Art Paradies, wo alle Verstorbenen ein friedliches Leben führen. Und es gibt auf Amami keine Sterbezimmer in den Spitälern, wie sonst überall in Japan, sondern wenn die Leute dort im Sterben liegen, werden sie von ihren Familien nach Hause geholt. Das ist sehr friedlich. Was war der Ausgangspunkt für die Geschichte? Ganz einfach: Ich fand die Idee schön, dass junge Menschen sich genau die Fragen stellen, 18 VIENNALE 2014

die wir im Grunde alle haben, was das Leben betrifft und das Sterben, warum wir sterben, und was Liebe ist. Für junge Leute sind diese Fragen noch ganz wichtig und offensichtlich. Für uns, die wir älter sind, im Grunde noch genauso, aber wir gestehen uns das nicht mehr so ein. Was waren Sie für ein Mädchen im Alter Ihrer Figur Kyoko, also mit 16? Ich war ihr sehr ähnlich, also nicht typisch japanisch. (lacht). Ich habe mich auch gefragt, warum ich warten soll, bis er mich küsst. Die Burschen sind bei uns sehr schüchtern. Warum dürfen nicht wir sagen, was wir wollen? Der Bub im Film ist so zurückhaltend und unschuldig, und als Kyoko ihm sagt „Ich liebe dich“, antwortet er nur mit „Danke“! Ich war damals auch neugierig und wollte alles erleben und sehen und fühlen. Das ist wie beim Ozean, man spürt, da ist viel unter der Oberfläche, aber man kann es nicht sehen, man muss hinuntertauchen und es anfassen. Das war auch mein Gefühl damals: Das Leben schien mir abstrakt, und ich wollte Dinge konkret erleben und verstehen. Aber ich bin jetzt 45 und will das immer noch. Und ich weiß immer noch nicht, warum Menschen sterben oder was Liebe ist (lacht).


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E XK L USIV- IN T ERV I E W

Jean-Pierre & Luc DARDENNE

Primär prekär Jean-Pierre (l.) und Luc Dardenne präsentieren stolz ihre Hauptdarstellerin Marion Cotillard in Cannes.

Deux jours, une nuit DRAMA. Belgien/Frankreich/Italien 2014. LÄNGE: 95 Min. BUCH & REGIE: Jean-Pierre & Luc Dardenne. KAMERA: Alain Marcoen. SCHNITT: Marie-Hélène Dozo. MIT: Marion Cotillard, Fabrizio Rongione, Pili Groyne, Simon Caudry, Catherine Salée, Batiste Sornin.

Familienmutter und Alleinverdienerin Sandra (Marion Cotillard) muss erfahren, dass ihr (ohnehin miserabel bezahlter) Arbeitsplatz eingespart wurde. Der Chef macht einen Vorschlag: Wenn Sandra schafft, die anderen zu überzeugen, auf ihren Tausend-Euro-Bonus zu verzichten, dann darf sie ihren Job behalten. Ein Wochenende bleibt ihr, um Kolleginnen und Kollegen umzustimmen, Menschen, die das Geld selbst dringend brauchen: Es ist der härteste Kampf, den sie jemals ausfechten musste.

» MO. 27. 10., GARTENBAUKINO, 20.30 UHR MI. 29. 10., GARTENBAUKINO, 11.00 UHR

INTERVIEW: MAGDALENA MIEDL FOTOS: ANDREA MÜHLWISCH (1) , VIENNALE (1)

Jean-Pierre und Luc Dardenne sind umjubelte Helden des sozialkritischen Cineastenkinos – und für DEUX JOURS, UNE NUIT holte sich das belgische Brüderpaar mit Oscarpreisträgerin Marion Cotillard erstmals einen internationalen Star als Hauptdarstellerin. SKIP: Hatten Sie keine Angst, dass das Publikum einer glamourösen Schauspielerin wie Marion die Rolle einer sozial Benachteiligten eventuell nicht abnimmt? LUC DARDENNE: Gerade diese Herausforderung fanden wir spannend. Wir haben ja auch wie bei uns üblich sehr lange geprobt, bevor wir zu drehen begonnen haben, um rauszufinden, wie Marion ihr fast schon ikonisches Image abschütteln könnte. Das war eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit, auf beruflicher wie persönlicher Ebene – und so können wir heute definitiv bestätigen, dass Marion nicht nur eine großartige Schauspielerin ist, sondern auch eine ausgesprochen nette Person! Können wir nach dieser Erfahrung mit einem Weltstar demnächst einen DardenneFilm z. B. gar mit Brad Pitt erwarten? JEAN-PIERRE DARDENNE: Hm, nein. Zumindest nicht sofort (lacht). Ihre Hauptfigur wird vom System bis zum Äußersten getrieben – hat am Ende aber doch zumindest etwas Positives erreicht. Dürfen wir daraus schließen, dass Sie die Hoffnung für die Menschheit noch nicht ganz aufgegeben haben? LD: In einer Situation wie im Film ist es nicht leicht, Solidarität mit Kollegen zu zeigen. Man braucht viel Mut, um jemanden in einer schwierigen Situation zu unterstützen. Wir erzählen 19 VIENNALE 2014

hier trotzdem eine positive Geschichte, weil wir zeigen, dass es auch möglich ist, eigene Ängste zu überwinden. Und dass es durchaus drin ist, auch mal seine Meinung zu ändern. Basiert die Geschichte auf einem realen Vorfall? JPD: Es waren diverse Stories, die in unserer Gegend passiert sind – und ähnliche in Italien, Frankreich und den USA, von denen wir gelesen haben. Die immer härter werdenden Lebensbedingungen durch die ökonomische und soziale Krise haben einfach eine große Angst unter den Menschen erzeugt. Die Angst vor dem Morgen, die Angst, mit dem Geld nicht bis zum Monatsende auszukommen. Und wenn man schon mal Angst hat, dann ist die natürliche Reaktion, dass man vordringlich an sich und nicht an die anderen denkt. Sie beide arbeiten jetzt schon seit über 35 Jahren zusammen, nicht einmal Wikipedia kennt Sie als Einzelpersonen – wie hat sich Ihre gemeinsame Arbeitsweise über die Jahre eigentlich entwickelt bzw. verändert? LD: Mittlerweile sind wir gemeinsam schon über 120 Jahre alt! Steht das auch so im Internet drin? (lacht) Jedenfalls ist es definitiv so, dass wir, je länger wir gemeinsam Filme machen, die Probenzeit stets erhöhen. Das ist aber so ziemlich das Einzige, das sich wirklich verändert hat über die Jahre.


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Chloë Grace MORETZ

Out of Hollywood Sie dreht Filme, seit sie 8 ist, wurde mit 13 als Hit-Girl berühmt, ist mittlerweile Hollywood-Stammgast (Carrie, The Equalizer) – nun entdeckt sie in CLOUDS OF SILS MARIA das europäische Kino für sich. SKIP hat die heute 17-jährige Chloë Grace Moretz in Cannes getroffen.

Clouds of Sils Maria DRAMA. Schweiz/Deutschland/Frankreich 2014. LÄNGE: 124 Min. BUCH & REGIE: Olivier Assayas. KAMERA: Yorick Le Saux. SCHNITT: Marion Monnier. MIT: Chloë Grace Moretz, Kristen Stewart, Juliette Binoche, Brady Corbet.

In der Rolle eines jungen Mädchens, das eine Frau zum Selbstmord treibt, feierte die heute weltberühmte Schauspielerin Maria (Binoche) ihren großen Durchbruch. Nun soll das Theaterstück wiederaufgeführt werden – allerdings mit Maria in der älteren Hauptrolle, ihren damaligen Part übernimmt Hollywood-Starlet Jo-Ann (Moretz) … Olivier Assayas’ SchauspielerGenerationendrama debütierte heuer beim Filmfestival von Cannes im Wettbewerb.

» SA. 25. 10., GARTENBAUKINO, 20.30 UHR SO. 26. 10., GARTENBAUKINO, 10.30 UHR DI. 28. 10., GARTENBAUKINO, 06.30 UHR

INTERVIEW: KURT ZECHNER FOTOS: ANDREA MÜHLWISCH (2), VIENNALE (1)

Gruppenbild mit Regisseur: Kristen Stewart, Juliette Binoche, Chloë Grace Moretz und Olivier Assayas auf den Stufen vor dem Palais du Festival in Cannes.

SKIP: Du hast in deiner jungen Karriere schon so erstaunlich viele verschiedene Erfahrungen machen dürfen – war dieses Projekt trotzdem nochmal was völlig Neues für dich? CHLOË GRACE MORETZ: Ja, total! Die Arbeitsweise bei so einem französischen Film unterscheidet sich ja schon sehr von dem, was ich gewohnt bin. In Hollywood sagt man dir zuerst ganz genau, was man von dir erwartet, und dann wird das noch gefühlte tausend Mal geprobt. In Frankreich macht man seine Proben vorab selber und springt dann beim Dreh quasi ins kalte Wasser, es gibt maximal ein bisschen konstruktive Kritik. Amerikanische Regisseure wollen streng führen und dich ganz in ihre Ideenwelt reinzwingen. Wahrscheinlich, weil das ein bisschen unsere Mentalität ist (lacht). Die Franzosen sind da viel entspannter, die lassen dich einfach dein Ding machen und wollen lieber diesen großen Tanz sehen, den quasi alle miteinander aufführen. Das ist sehr aufregend und fühlt sich sehr echt an. Du drehst einen Film nach dem anderen – gehst du eigentlich irgendwann auch in die Schule? Nein, ich habe Hausunterricht. Schon seit ich neun bin. Und nach diesem Schuljahr bin ich überhaupt fertig! 20 VIENNALE 2014

Was machst du dann, gehst du aufs College? Erst mal will ich herausfinden, wie es ist, Schauspieler zu sein und nicht jeden Tag auch Schule haben zu müssen am Set. Diese Erfahrung kenne ich noch nicht, ich hatte IMMER Schule beim Drehen. Vom Dreh einfach in den Trailer zurückgehen und nicht lernen müssen? Das wird sicher seltsam. Und ja, irgendwann möchte ich auch aufs College gehen. Überhaupt möchte ich jetzt mal erleben, wie es sich anfühlt, ein junger Erwachsener zu sein. Auch rausfinden, wie es ist, nur auf sich selbst angewiesen zu sein. Ich habe mich mein ganzes Leben lang auf andere verlassen. Ist es in Hollywood eigentlich schwerer als in der „normalen Welt“, sich als Erwachsener zu fühlen? Nein, es ist sogar leichter, weil es drängen dich ja alle, erwachsen zu werden. Leute sagen dir: „Geh aus, mach Party!“ Oder sie wollen, dass ich alle Entscheidungen treffe, ohne meine Mutter zu fragen. Ich erkläre dann immer recht geduldig: „Hey, diese Frau ist meine Managerin, die macht das ganze Business für mich. Redet mit ihr!“ Ich habe gerne meine Familie um mich, schon einfach deshalb, weil ich weiß, dass es denen nicht ums Geld geht und sie mich nie belügen würden. Für meine Familie bin ich nie einfach nur ihr Job.


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Josh CHARLES

Quergezwitschert Seit seinem Auftritt in Der Club der toten Dichter sind 25 Jahre vergangen. Inzwischen errang Josh Charles TV-Ruhm als Anwalt in The Good Wife – und erkundet als Gestrandeter in einem Pariser Flughafenhotel in Pascale Ferrans BIRD PEOPLE neues Kino-Terrain.

Keine Flugangst: Josh Charles, Regisseurin Pascale Ferran und CoStar Anaïs Demoustier.

Bird People ROMANZE. Frankreich 2014. LÄNGE: 128 Min. REGIE: Pascale Ferran. BUCH: Pascale Ferran, Guillaume Bréaud. KAMERA: Julien Hirsch. SCHNITT: Mathilde Muyard. MIT: Josh Charles, Anaïs Demoustier, Roschdy Zem.

Gary (Josh Charles) steigt auf Geschäftstrip in einem anonymen Flughafenhotel ab. Er sollte weiterreisen, aber dann lässt er den Flieger starten, ohne einzusteigen. Audrey (Anaïs Demoustier) arbeitet als Zimmermädchen im selben Hotel. Es ist ein trüber Job. Die Wege von Gary und Audrey streifen sich. Und dann ist da ein kleiner brauner Spatz … Pascale Ferran (Lady Chatterley) gelingt ein realistischer, magischer, erstaunlicher Film über das Hinter-sich-Lassen.

» SA. 25. 10., URANIA, 18.00 UHR

SO. 26. 10., GARTENBAUKINO, 18.00 UHR

INTERVIEW: MAGDALENA MIEDL FOTOS: ANDREA MÜHLWISCH (2) , VIENNALE (1)

SKIP: Es war eine Überraschung, Sie in einem Film wie Bird People zu sehen. Wie kam es dazu? JOSH CHARLES: Genau das war der Reiz, ich wollte etwas völlig anderes machen als bisher. Pascale Ferran hat mich einfach angerufen und mir dann das Drehbuch geschickt – und ich fand es großartig. Dazu kommt, dass Pascale kaum Englisch spricht und ich kaum Französisch, auch das war völlig neu für mich. War die Sprache nicht eine Barriere? Gary, dieser Typ den ich da spiele, fühlt sich einsam und isoliert, zu einem Zeitpunkt, an dem er wichtige Lebensentscheidungen trifft. Ich war beim Dreh fern meiner Familie, in einem für mich fremden Land, mit einer Crew, die großteils nicht dieselbe Sprache wie ich gesprochen hat. Und das alles hab ich als hilfreich empfunden, um in diese Rolle hineinzukommen. Das hat sogar was Meditatives, wenn alle um einen herum Französisch sprechen, und man hört nur unverständliches Geplapper (lacht). Was ist der Kern von Bird People? Es sind die eineinander verwobenen Geschichten zweier Menschen, aber im Zentrum steht die Isolation und die Einsamkeit, die wir trotz maximaler Vernetzung in unserer heutigen Welt empfinden. Und dann ist da noch ein 22 VIENNALE 2014

übernatürliches Element – aber darüber will ich jetzt eigentlich gar nichts verraten. Bei der Pressevorführung des Films in Cannes war ungewöhnlich viel Regieprominenz anwesend: die Dardenne-Brüder, Constantin Costa-Gavras, François Ozon, Laurent Cantet. Wie war das? Ich kannte mich im ersten Moment gar nicht aus, wer all diese Leute sind! (lacht) Aber dann kam Festivalpresident Thierry Frémaux auf die Bühne und hat alle vorgestellt. Das war ein Zeichen enormer Wertschätzung gegenüber Pascale, allein der Gedanke macht mir Gänsehaut, es war wirklich überwältigend. Reizt es Sie eigentlich, auch selbst einmal Regie zu führen? Sehr. Immerhin habe ich schon bei drei Folgen von The Good Wife Regie geführt, nächstes Jahr kommt noch eine Folge. Aber derzeit bin ich aktiv auf der Suche nach Stoff für einen eigenen Film, ich lese Drehbücher und auch Kurzgeschichten und Romane. Ich möchte einen persönlichen, kleinen Film machen, mit gut geschriebenen Charakteren und kleinem Budget, um größtmögliche künstlerische Freiheit zu haben. Man hat ja nur eine Chance, seinen Debütfilm zu machen, also will ich das gut hinkriegen.


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E XKL U S I V-I N T ERV I E W

Edward NORTON

Hinter den Kulissen Einst galt er als bester Jungschauspieler seiner Generation, dann wurde es nach ein paar persönlichen Krisen bedenklich ruhig um ihn – doch Edward Norton, mittlerweile 45, gehts heute besser denn je. In Alejandro González Iñárritus BIRDMAN spielt er mit viel Mut zur Selbstironie einen besessenen Method Actor, SKIP traf ihn in Venedig.

24 VIENNALE 2014


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SKIP: Sie gelten bei Ihren Rollen als extrem wählerisch, was hat Sie gerade an diesem Projekt fasziniert? EDWARD NORTON: Viele Dinge. Zunächst einmal habe ich beim Lesen des Skripts unendlich viel gelacht. Und meine Filmfigur verkörpert einfach so treffend, was sehr viele Leute durchmachen und was gemeinhin Midlife-Crisis genannt wird. Diese Verstörung, wenn man irgendwann mal draufkommt, wie weit sich das eigene Leben von der Idealvorstellung von sich selbst entfernt hat. In Birdman liegt der Vergleich zwischen der Hauptfigur und Batman nahe – schon wegen Michael Keaton. Dazu kam Ihre Superhelden-Vergangenheit mit The Incredible Hulk, The Amazing Spider-ManDarstellerin Emma Stone spielt auch eine wichtige Rolle … Oh ja, das finde ich wundervoll, wie Alejandro da mit dem Superhelden-Genre gespielt hat. Eine Satire, gemacht von Leuten, die selber Ziel dieser Satire sind (lacht) … sehr meta, das Ganze. Sie sind seit zwei Jahrzehnten in diesem Business. Können Sie immer noch mit der gleichen Leidenschaft wie zu Beginn an neue Projekte herangehen? Aber ja. Gerade Filme wie dieser sind für mich das höchste der Gefühle. Genau sowas wollte ich machen, als ich angefangen habe. Für mich ist Alejandro auf jeden Fall unter den authentischsten und originellsten Regisseure meiner Generation, mit ihm zu arbeiten ist einfach ein Genuss. Es gab ja praktisch kein Budget, jeder wusste, dass es hier nicht ums Geld geht. Aber er hat wirklich etwas Großartiges geschaffen, ich meine, alleine technisch ist dieser Film teilweise bahnbrechend, ohne damit anzugeben. Es geht Ihnen also beim Arbeiten vor allem um die gute Erfahrung mit guten Leuten bei einem Film? Ist das auch ein Grund, warum Sie gerne mit Wes Anderson arbeiten? Ja, gerade Wes ist da ein gutes Beispiel, seine Filme fühlen sich ja wirklich an wie mit einer fixen Theatergruppe. Man spielt mal einen kleineren Part in dem einen Film und einen größeren in dem anderen – ein herrlicher Spaß. Und: a) ich mag seine Filme echt und b) sind sie sehr lustig zu machen. Also perfekt für mich! Ich habe viel

Vogerltanz: Naomi Watts, Edward Norton, Emma Stone, Alejandro González Iñárritu, Michael Keaton und Andrea Riseborough vor der BirdmanPremiere in Venedig.

bei der Arbeit mit Wes gelernt. Ich habe ja gerade selber ein Projekt in Vorbereitung, wo ich Regie führen möchte, und da kann ich enorm auf die Erfahrungen mit ihm zurückgreifen. In Sachen Produktionsplanung und so Zeug ist Wes echt sehr schlau. Er weiß immer, wie man für möglichst wenig Geld Enormes rausholt. Denken Sie an Grand Budapest Hotel, der sieht doch wirklich riesig aus, er hat den aber sehr, sehr billig hinbekommen, einfach durch sehr schlaue Tricks und Kniffe, bei denen ich ihm einfach liebend gerne zusehe. Es ist schön, Sie wieder so zufrieden zu erleben. Aber es gab in Ihrer Karriere ja schon auch mal Punkte, wo Sie das Gefühl hatten, dass alles den Bach runtergeht und sie sich gefragt haben, in welche Richtung Sie sich hinbewegen sollten, oder? Natürlich. Aber hey, unser Job ist ja nicht gerade so, als würde man für die CIA in Belutschistan festsitzen. Wenn man sich als Schauspieler so furchtbar ausgelaugt fühlt, dann, mein Gott, arbeitet man halt eine Weile nicht! Die Welt wird deshalb nicht untergehen. Irgendwann wirds schon wieder klappen. Das ist auch das Schöne an meinem Beruf: Wenn man älter wird, ändern sich zwangsweise die Rollen, die man spielen kann, man kann praktisch gar nicht irgendwo stecken bleiben. Wie sehen Sie auf Filme zurück, bei denen die Erfahrung nicht so großartig war? Ich denke da etwa an The Italian Job, da haben Sie in einem Interview mal gemeint, dass Sie den wohl lieber von Ihrer Filmliste streichen würden. Ja, das lag vor allem daran, dass der Film gerichtlich erzwungen wurde. Es war eine sehr schräge Situation: Das Studio fand, dass ich Ihnen aufgrund irgendeines Kompensationsvertrages noch einen Film schuldig war. Ich war zwar anderer Meinung, aber die haben mir die Daumenschrauben angesetzt, und so wurde halt der Film draus. Aber sogar der machte Spaß beim Dreh, auch wenn er wohl eher ein überlanger Auto-Werbespot geworden ist. 25 VIENNALE 2014

Birdman TRAGIKOMÖDIE. USA 2014. LÄNGE: 119 Min. REGIE: Alejandro González Iñárritu. BUCH: Alejandro González Iñárritu, Nicolás Giacobone, Alexander Dinelaris Jr., Armando Bo. KAMERA: Emmanuel Lubetzki. SCHNITT: Douglas Crise, Stephen Mirrione. MIT: Michael Keaton, Emma Stone, Edward Norton, Naomi Watts, Zach Galifianakis, Andrea Riseborough.

Früher war Riggan Thomson (Keaton) als Darsteller des Kino-Superhelden Birdman berühmt – doch das ist lange her. Nun will er am Broadway als Regisseur und Schauspieler ein Comeback wagen. Doch nicht nur sein neuer Hauptdarsteller (Norton) nervt ihn schwerst, der ist nämlich nicht nur unerträglicher Egomane, sondern auch besessener Method Actor – Riggan hat auch mit seiner Vergangenheit und mit der Beziehung zu seiner Tochter (Stone) zu kämpfen. Dann steht eines Abends plötzlich der echte Birdman vor ihm …

» MI. 29. 10., GARTENBAUKINO, 18.00 UHR DI. 04. 11., GARTENBAUKINO, 23.00 UHR

INTERVIEW: KURT ZECHNER FOTOS: ANDREA MÜHLWISCH (2), VIENNALE (1)


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EXK LUSIV -I N T ERV I E W

Woody ALLEN

Der Unsinn des Lebens Woody Allen als trauriger Clown, der arbeitet, um sich von der Sinnlosigkeit des Daseins abzulenken. Koketterie oder Grund zur Sorge? Eine Unterhaltung mit dem Neurosenfachmann über seinen Film MAGIC IN THE MOONLIGHT und Hochstapler, Houdini und Humor.

Magic in the Moonlight KOMÖDIE. USA 2014. LÄNGE: 97 Min. BUCH & REGIE: Woody Allen. KAMERA: Darius Khondji. SCHNITT: Alisa Lepselter. MIT: Emma Stone, Colin Firth, Eileen Atkins, Marcia Gay Harden, Simon McBurney, Jacki Weaver, Hamish Linklater.

Südfrankreich in den 1920er-Jahren. Der britische Zauberkünstler Stanley (Colin Firth), ein liebenswerter Zyniker, trifft auf ein Medium, die hinreißende Amerikanerin Sophie (Emma Stone), die mit Geistern in Kontakt treten und hellsehen kann. Wider Erwarten gelingt es dem skeptischen Stanley nicht schon bei der ersten Gelegenheit, die junge Dame als Betrügerin zu überführen. Schlimmer noch, er verliebt sich in sie! Ob er es schafft, ihr trotzdem auf die Schliche zu kommen? Oder ist sie am Ende gar keine Schwindlerin?

» DO. 30. 10., GARTENBAUKINO, 20.30 UHR DO. 06. 11., GARTENBAUKINO, 11.00 UHR

INTERVIEW: DINA MAESTRELLI FOTOS: ANDREA MÜHLWISCH (1), VIENNALE (1)

SKIP: Wie sind Sie auf diese zauberhafte Filmidee gekommen? WOODY ALLEN: Ich war schon als Bub sehr an Magie und Zaubertricks interessiert, das war eine richtige Obsession damals. Später habe ich viel über sogenannte Spiritisten und deren Entlarvung gelesen. Houdini zum Beispiel hat sein Leben lang versucht, eine spirituelle Welt ausfindig zu machen. Aber er hat es mit ehrlichen, wissenschaftlichen Methoden versucht – und nie etwas gefunden. Er hat zahlreiche Hochstapler entlarvt, die gutgläubigen Menschen viel Geld aus der Tasche gezogen haben. Bis heute warten die Mitglieder der Houdini Society übrigens darauf, dass er aus dem Jenseits Kontakt mit ihnen aufnimmt. Er hat vor seinem Tod versprochen, dass er es versuchen würde. Dass Sie Atheist sind, ist ja kein Geheimnis. Das Übersinnliche, Esoterische hat bei Ihnen vermutlich auch keinen Platz, oder? Genau, ich bin ausgesprochen ungläubig in jeder Hinsicht. Ich teile die Weltanschauung von Nietzsche und Freud. Und gab es nie Leute, die versucht haben, Sie zu bekehren? Natürlich, solche gibts immer. Ich war einmal in einer TV-Diskussion mit dem Evangelikalen Prediger Billy Graham, und der hat zu mir gesagt: Selbst wenn ich – also Billy Graham – falsch liege und sterbe, und es gibt keinen Gott und kein Leben nach dem Tod, selbst dann 26 VIENNALE 2014

hätte ich ein besseres Leben gehabt als Sie, weil ich etwas habe, auf das ich mich freuen kann, weil ich glaube, dass es jemanden gibt, der sich um mich kümmert. Und, wissen Sie, das Traurige ist: Ich muss ihm da völlig recht geben! Ich hab in dieser Hinsicht ja ein sehr trauriges Leben geführt, ein Leben ohne Hoffnung, voller Angst, ein Leben ohne Sinn und Zweck und ohne Chance auf ein Leben danach. Ich sehe das alles eben sehr realistisch und damit zwangsläufig düster: Man wird geboren – völlig grundlos – und irgendwann wird die Sonne aufhören zu existieren und mit ihr die Erde, und in weiterer Folge wird das ganze Universum verschwinden. Und dann wird alles sinnlos gewesen sein. Ist Humor die beste Art, diesem Leben zu begegnen? Es gibt keine beste Art, man verliert so oder so. Man macht Witze, weil man nervös ist, weil man etwas überspielen will. Aber es gibt grundsätzlich ja kein Entkommen. Ist Filmemachen ein Versuch des Entkommens? Filmemachen lenkt mich ab, so wie Basketball schauen, Zaubertricks proben oder auf Berge klettern: Während man auf das, was man gerade tut, fokussiert ist, hat man keine Zeit, über die eigene Sinnlosigkeit zu grübeln. Wenn ich keine Filme machen würde, würde ich daheim sitzen und schreckliche Gedanken wälzen.


Der Viennale - Erรถffnungsfilm ab 7. November im Kino


’14

SPIELFILME

E XKL U S I V-I N T ERV I E W

Tommy Lee JONES

Home Alone Kinolegende Tommy Lee Jones ist bekannt als Mann weniger Worte. Umso erfreulicher für uns, dass er beim SKIP-Interview doch sein Herz geöffnet hat – aber schließlich gings auch um sein jüngstes Film-Baby, THE HOMESMAN .

The Homesman DRAMA. USA 2014. LÄNGE: 122 Min. REGIE: Tommy Lee Jones. BUCH: Tommy Lee Jones, Kieran Fitzgerald, Wesley Oliver nach dem Roman von Glendon Swarthout. KAMERA: Rodrigo Prieto. SCHNITT: Roberto Silvi. MIT: Tommy Lee Jones, Hilary Swank, Grace Gummer, Miranda Otto, John Lithgow, James Spader.

Der wilde Westen, Mitte des 19. Jahrhunderts. Die energische Pionierin Mary (Swank) ist die Einzige, die erkennt, wie schlecht es wirklich um den psychischen Zustand dreier ihrer Nachbarinnen steht – und beschließt, sie zurück in die „Zivilisation“ zu bringen. Doch die vier Frauen kommen alleine nicht weit, also bittet Mary den abgehalfterten Gauner George (Jones), sie zu begleiten. Und obwohl die beiden genau wissen, dass sie unterschiedlicher kaum sein könnten, kommen sie einander näher.

» MO. 03. 11., GARTENBAUKINO, 10.30 UHR DO. 06. 11., URANIA, 18.00 UHR

INTERVIEW: KURT ZECHNER FOTOS: ANDREA MÜHLWISCH (1) , VIENNALE (1)

SKIP: Was hat Sie just an diesem Drehbuch so fasziniert, dass Sie fast eine Dekade nach Ihrem letzten Kinofilm, The Three Burials of Melquiades Estrada, wieder auf dem Regiestuhl Platz genommen haben? TOMMY LEE JONES: So ein Typ, mit dem ich vorher schon mal zusammengearbeitet hatte, schickte mir den Roman von Glendon Swarthout und fragte mich, ob ich ihm sagen könnte, ob da ein Film drinstecken würde. Ich hab ihn gelesen, und wir sind dann sofort losgezogen, haben die Filmrechte erworben und das Drehbuch geschrieben. Was mir so daran gefiel, war die Originalität. Wir verbringen ja alle unser Leben mit dem Wunsch, so etwas wie Einzigartigkeit zu erreichen – und bei dieser Geschichte wusste ich, würde uns da ein Film gelingen, dann wäre das einer, wie ihn noch niemand gesehen hat. Die Einwanderer-Frauen im Film haben schwere psychische Schäden – sind es das Land und die rauhen Umstände, die sie krank machen? Ja, sicher. Man muss sich vorstellen, diese Einwanderer kamen mit viktorianischen Erwartungen an, die unweigerlich enttäuscht wurden. Viktorianische Frauen sollten hübsch sein, zu Hause arbeiten und Kinder aufziehen. Doch in den Grasebenen Nordamerikas gibt es kaum 28 VIENNALE 2014

Bäume, Holz war selten und teuer, also mussten sie in dreckigen Häusern aus Lehm wohnen, oder sie lebten überhaupt in einem Loch in der Erde. Diese Frauen wurden nicht nur nicht umsorgt, die mussten die ganze Zeit hart arbeiten, von der Morgendämmerung bis nach Einbruch der Dunkelheit, bei jedem Wetter, und das an einem Ort, an dem es definitiv keine Teegesellschaften gab, keinen Tanz, keinerlei Sozialleben. Also keine Freundschaften, ganz bestimmt kein Penicillin und eine Kindersterblichkeit von 65%. Es war also eine gewaltige Enttäuschung für jemanden, der mit der freudigen Absicht ankam, die Wildnis zu zivilisieren und zu christianisieren und am Ende in einem friedlichen, freien Land zu leben. Meryl Streep ist in einer Gastrolle zu sehen – wie haben Sie sie dafür gewonnen? Über ihre Tochter Grace Gummer (die eine tragende Nebenrolle in The Homesman spielt, Anm.). Bei irgendeinem beruflichen Treffen sagte Meryl zu mir: „Gracie hat mir dein Drehbuch geschickt, das ist ja schrecklich gut!“ Ich bedankte mich sehr herzlich, und sie meinte, „Gibt es eine Chance, dass ich diese alte Dame am Ende spielen könnte?“ Und ich sagte. „Nun, ich überleg mir das“, ging um die nächste Ecke und sprang heimlich in die Luft vor Freude.


EIN FILM VON SUDABEH MORTEZAI

MACONDO FIREBIRD AWARD

CICAE AWARD

Hong Kong International Festival

Sarajevo Film Festival

BESTES DREHBUCH

Jury Spezialpreis Thomas Pluch

BEST SCRIPT

Lecce Festival del Film Europeano

CINEUROPA AWARD

Lecce Festival del Film Europeano

OUTSTANDING DIRECTORIAL AWARD Scarborough Film Festival

AB 14. NOVEMBER IM KINO .

„EIN GLUCKSFALL VON EINEM FILM“ DIE PRESSE „ABSOLUT FESSELND“ HOLLYWOOD REPORTER

RAMASAN MINKAILOV / ASLAN ELBIEV / KHEDA GAZIEVA BUCH & REGIE SUDABEH MORTEZAI / KAMERA KLEMENS HUFNAGL SCHNITT OLIVER NEUMANN / TON & SOUNDDESIGN ATANAS TCHOLAKOV SZENENBILD JULIA LIBISELLER / KOSTUMBILD CAROLA PIZZINI MISCHUNG BERNHARD MAISCH / REGIEASSISTENZ BERNADETTE WEIGEL CASTING EVA ROTH / PRODUZENTINNEN OLIVER NEUMANN & SABINE MOSER WWW.MACONDO-FILM.COM

Inserat 210x230.indd 1

30/09/14 13:24


’14 Spielfilme

Macondo Macondo ist eine nuancierte, spannungsvolle Erzählung, immer auf Augenhöhe mit dem 11-Jährigen, der um die Idealvorstellung seines eigenen Lebens ringt und dabei immer wieder in Konflikt mit der Realität gerät. Und es ist das beeindruckende Spielfilmdebüt von Sudabeh Mortezai (Im Bazar der Geschlechter). MM

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MI. 29. 10., GARTENBAUKINO, 20.30 UHR (OmdU) FR. 31. 10., URANIA, 13.00 UHR (OmeU)

DRAMA. Österreich 2014. BUCH & REGIE: Sudabeh Mortezai. KAMERA: Klemens Hufnagel. SCHNITT: Oliver Neumann. MIT: Ramasan Minkailov, Aslan Elbiev, Kheda Gazieva, Rosa Minkailova.

Whiplash

Halbe Welt

Court

DRAMA. USA 2013. LÄNGE: 106 Min. BUCH & REGIE: Damien Chazelle. KAMERA: Sharon Meir. SCHNITT: Tom Cross. MIT: Miles Teller, J.K. Simmons, Melissa Benoist.

SCIFI-DRAMA. Österreich 1993. LÄNGE: 83 Min. BUCH & REGIE: Florian Flicker. KAMERA: Jerzy Palacz. SCHNITT: Bernhard Weirather. MIT: Rainer Egger, Dani Levy, Maria Schrader, Mercedes Echerer, Goran Rebic.

DRAMA. Indien 2014. LÄNGE: 116 Min. BUCH & REGIE: Chaitanya Tamhane. KAMERA: Mrinal Desai. SCHNITT: Rikhav Desai. MIT: Vira Sathidar, Vivek Gomber, Geetanjali Kulkarni, Pradeep Joshi, Usha Bane.

Andrew Neyman (Miles Teller) studiert an einer renommierten Musikschule in Manhattan Schlagzeug. Er will Karriere als Jazzdrummer machen und ist willens, dafür alles zu geben – nichts weniger fordert sein genialer wie skrupelloser Mentor Terence Fletcher (J. K. Simmons), eine Art Dr. House unter den Musikgenies, der seine Schüler gnadenlos gegeneinander ausspielt. Andrew spielt, bis ihm die Finger bluten, bis er erkennt, dass er selbst Grenzen setzen muss, bevors zur Katastrophe kommt – musikalisch und privat. JP

In Erinnerung an den heuer viel zu früh von uns gegangenen heimischen Filmemacher Florian Flicker (Der Überfall, Grenzgänger): Sein vor Ideen nur so sprühender erster Langfilm aus 1993, der von einer in einer unbestimmten Zukunft angesiedelten Welt erzählt, in der Sonne mit zerstörerischer Kraft alles Leben kostet, das sich ihr aussetzt und in der sich der Alltag der Menschen nunmehr in den Mondstunden abspielen muss. Eine Austrokino-Perle, die es lohnt, neu bzw. wieder entdeckt zu werden. CP

In Mumbai liegt ein Toter im Gully; ein Kanalarbeiter, der Suizid verübt hat. Folgewirkend wird ein Liedermacher eingekastelt, er soll mit einem Song zur Tat angestiftet haben. Ein fahler Beigeschmack begleitet die anstehende Verhandlung: Will man en passant eine oppositionelle Stimme mundtot machen? Unheiteres Bezirksgericht: Der 27-jährige Inder Chaitanya Tamhane zeichnet in seinem ersten Langfilm ein ruhiges, konzises, unangenehme Fragen aufwerfendes Bild seiner Heimat. Kafkas Prozess, ganz real. CP

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DI. 04. 11., GARTENBAUKINO, 20.30 UHR MI. 05. 11., URANIA, 23.30 UHR

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MO. 03. 11., STADTKINO IM KÜNSTLERHAUS, 21.00 UHR

30 VIENNALE 2014

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FR. 24. 10., GARTENBAUKINO, 10.30 UHR SA. 25. 10., STADTKINO IM KÜNSTLERHAUS, 21.00 UHR

FOTOS: VIENNALE (10)

DER 11-JÄHRIGE RAMASAN (Ramasan Minkailov) wächst mit seiner Mutter und seinen beiden kleinen Schwestern in der Wiener Flüchtlingssiedlung Macondo auf. Noch läuft das Asylverfahren der tschetschenischen Familie, es bräuchte einen Totenschein für den angeblich gegen die Russen gefallenen Vater. Inzwischen versucht Ramasan, den Mann in der Familie zu ersetzen: Trotz ständiger Verlockungen, Unsinn anzustellen, ist er sich seiner Verantwortung für die kleinen Schwestern bewusst, und er übernimmt für Mama die Vermittlerrolle zwischen Behörden und der segregierten Welt der Siedlung. Dann taucht Isa (Aslan Elbiev) auf, der sich als Kriegs-kamerad des Vaters vorstellt und die Freundschaft mit dem Buben sucht. Und für Ramasan ordnen sich die Karten völlig neu:


SPIELFILME

Frank

Bande des filles

Party Girl

DRAMA. GB/Irland 2014. LÄNGE: 95 Min. REGIE: Lenny Abrahamson. BUCH: Jon Ronson, Peter Straughan. KAMERA: James Mather. SCHNITT: Nathan Nugent. MIT: Michael Fassbender, Maggie Gyllenhaal, Domhnall Gleeson.

DRAMA. Frankreich 2014. LÄNGE: 112 Min. BUCH & REGIE: Céline Sciamma. KAMERA: Crystel Fournier. SCHNITT: Julien Lacheray. MIT: Karidja Touré, Assa Sylla, Lindsay Karamoh, Marietou Touré.

DRAMA. Frankreich 2014. LÄNGE: 95 Min. BUCH & REGIE: Marie Amachoukeli, Claire Burger, Samuel Theis. KAMERA: Julien Poupard. SCHNITT: Frédéric Baillehaiche. MIT: Angélique Litzenburger, Joseph Bour, Mario Theis, Samuel Theis.

Jon (Domhnall Gleeson) lebt seinen Traum von der Musik mehr auf Twitter aus als im echten Leben, er wohnt noch bei den Eltern. Per Zufall wird er Keyboarder der Band Soronprfbs, einer Gruppe Exzentriker, die in einer Hütte in der Einschicht ein neues Album aufnehmen. Frontman Frank (Michael Fassbender) hat einen Tick: Er trägt immer und überall einen überdimensionalen Papiermachékopf. Als Jon aufmuckt, beginnt, eigene Ideen zu spinnen und die Band auf Twitter entdeckt wird, droht die Band-Psyche zu zerbrechen … JP

Die 15-jährige Marieme ist selbstbewusst, stark, schnell, gefährlich. Bis sie den Rugbyplatz verlässt und ihre Teamspielerinnen weg sind. Dann sind es die Burschen, die stark sind, und sie hat sich unterzuordnen. Dann trifft sie die Schulabbrecherinnen Lady, Adiatou und Fily und alles wird anders: Nach Tomboy stellt Céline Sciamma erneut weibliche Rollenbilder infrage – mit der besten Mädchenbande seit ewigen Zeiten! MM

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FR. 24. 10., GARTENBAUKINO, 20.30 UHR SO. 26. 10., URANIA, 13.00 UHR

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» DI. 28. 10., GARTENBAUKINO, 11.00 UHR /

DI. 28. 10., GARTENBAUKINO, 23.00 UHR SA. 01. 11., URANIA, 13.00 UHR DI. 04. 11., GARTENBAUKINO, 06.30 UHR

MO. 03. 11., STADTKINO IM KÜNSTLERHAUS, 23.30 UHR

Nymph()maniac I & II

KIs¸ uykusu

(Director’s Cut)

DRAMA. Türkei/Deutschland/Frankreich 2014. LÄNGE: 196 Min. REGIE: Nuri Bilge Ceylan. BUCH: Ebru Ceylan, Nuri Bilge Ceylan. KAMERA: Gökhan Tiryaki. SCHNITT: Nuri Bilge Ceylan, Bora Göksingöl. MIT: Haluk Bilger, Melisa Sözen, Demet Akbag, Ayberk Pekcan.

FOTOS: VIENNALE (10)

Sie liebt Glitzerkostüme und ihre Arbeit als Nachtclubtänzerin, sie trinkt gern einen über den Durst und schläft bis mittags ihren Rausch aus: Angelique (Angélique Litzenburger) ist sechzig und sprüht vor Leben. Doch ihre Kinder finden, das geht so nicht. Also nimmt sie, als ein Stammgast sie heiraten will, den Antrag an ... Party Girl ist eine Ode ans verruchte Leben und eine große Liebeserklärung von Co-Regisseur Samuel Theis an seine Mutter Angelique Litzenburger. Goldene Kamera in Cannes! MM

DER EHEMALIGE SCHAUSPIELER Aydin (Haluk Bilginer) hat sich vor ein paar Jahren mit seiner jungen Frau Nihal (Melisa Sözen) in sein anatolisches Herkunftsdorf zurückgezogen. Natürlich trauert er den Zeiten vor der Kamera und auf der Bühne nach, doch auch hier ist es schön: Er führt ein kleines Hotel, parliert mit Touristen auf Englisch, und manchmal erinnert sich einer an ihn. Aber dann schmeißt ein Nachbarsbub einen Stein auf sein Auto. Woher die Feindseligkeit? Dass Aydin mit seinem Reichtum und seiner Selbstgerechtigkeit bei anderen aneckt, hat er immer noch nicht kapiert. Und auch Nihal hat allmählich die Nase voll von ihrem saturierten Mann, der findet, wer arm ist, sei daran selber schuld: Nuri Bilge Ceylan ist mit Winterschlaf, so der deutsche Titel, das fantastisch entlarvende Porträt eines Selbstzufriedenen gelungen. Dafür gab es in Cannes die Goldene Palme. MM

» DI. 04. 11., STADTKINO IM KÜNSTLERHAUS, 17.30 UHR / MI. 05. 11., GARTENBAUKINO, 17.30 UHR 31 VIENNALE 2014

ESSAY. Dänemark/Deutschland/Schweden/GB/Belgien/ Frankreich 2013. LÄNGE: 148 Min/178 Min. BUCH & REGIE: Lars von Trier. KAMERA: Manuel Alberto Claro. SCHNITT: Morten Højbjerg, Jacob Schulsinger, Molly Malene Stensgaard. MIT: Charlotte Gainsbourg, Stellan Skarsgård, Stacy Martin, Shia LaBeouf, Christian Slater, Uma Thurman, Sophie Kennedy Clark, Willem Dafoe.

Lars von Triers Director’s Cut seines schon von vornherein berüchtigten Nymph()maniac ist die nicht nur explizit pornografische, sondern vor allem wesentlich vielschichtigere Langversion des hochkomplexen Filmessays über die Natur von Begehren, Liebe, Erotik und Sucht, ein intellektueller, zugleich sinnlicher Ausnahmefilm in zwölf Kapiteln, erzählt von Charlotte Gainsbourgs charismatischer Heldin. MM

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NYMPH()MANIAC I (DIRECTOR’S CUT) MO. 03. 11., URANIA, 20.30 UHR NYMPH()MANIAC II (DIRECTOR’S CUT) MO. 03. 11., URANIA, 23.30 UHR


SPIELFILME

’14 Spielfilme

(Episode 1 + 2)

TV-DRAMA. USA 2014. LÄNGE: 113 Min/119 Min. REGIE: Lisa Cholodenko. BUCH: Jane Anderson, nach der Vorlage von Elizabeth Strout. KAMERA: Frederick Elmes. SCHNITT: Jeffrey M. Werner. MIT: Frances McDormand, Richard Jenkins, Bill Murray.

Die TV-Adaption des Romans von Elizabeth Strout handelt von den Alltagsdramen um Olive, einer sarkastischen Mathematiklehrerin, depressiv, Mutter eines Sohnes, Ehefrau. Pensionierung, psychische Krankheiten, Selbstmorde, zerbrechende Träume: Olive nimmt alles scheinbar stoisch, aber mit großer innerer Bewegung hin und brüskiert alle, die es gut meinen: Eine herzzerreißend normale Geschichte unter der Regie von Lisa Cholodenko (The Kids Are Alright). MM

» OLIVE KITTERIDGE (EPISODE 1 + 2)

DI. 04. 11., GARTENBAUKINO, 15.30 UHR OLIVE KITTERIDGE (EPISODE 3 + 4) DI. 04. 11., GARTENBAUKINO, 18.00 UHR

Turist SEASONS IN THE SNOW: Tomas und Ebba genießen mit ihren beiden Kindern den Familien-Schiurlaub in den französischen Alpen. Die Idylle wird freilich bald aus den Angeln gehoben: Als eine Lawine abzugehen droht, sucht und ruft Emma verzweifelt nach ihrem Mann, der ihr helfen soll, die Kids in Sicherheit zu bringen. Der läuft jedoch längst um sein eigenes Leben ... Wiewohl die angekündigte Katastrophe ausbleibt, erschüttert das emotionale Nachbeben von Tomas’ Verhalten die Grundfesten des Familienverbands nachhaltig. Eine der Entdeckungen des heurigen Cannes-Aufgebots ist der Abschlussfilm der heurigen VIENNALE: Wie man es etwa auch von seinem Landsmann Bergman so schätzt, seziert der Schwede Ruben Östlund mit formaler Strenge und klarem Blick kleine und große Lügen des zwischenmenschlichen Zusammenseins. Eine brillante und bildmächtige Abfahrt in menschliche Abgründe. CP DRAMA. Schweden/Dänemark/Frankreich/Norwegen 2014. LÄNGE: 118 Min. BUCH & REGIE: Ruben Östlund. KAMERA: Fredrik Wenzel. SCHNITT: Ruben Östlund & Jacob Secher Schulsinger. MIT: Johannes Bah Kuhnke, Lisa Loven Kongsli, Clara Wettergren, Vincent Wettergren, Kristofer Hivju, Fanni Metelius.

» DO. 06. 11., GARTENBAUKINO, 19.00 UHR (NUR MIT EINLADUNG) / DO. 06. 11., GARTENBAUKINO, 23.00 UHR

Happy Christmas

Phoenix

Burying The Ex

TRAGIKOMÖDIE. USA 2013. LÄNGE: 82 Min. REGIE, BUCH & SCHNITT: Joe Swanberg. KAMERA: Ben Richardson. MIT: Anna Kendrick, Melanie Lynskey, Joe Swanberg, Mark Webber, Lena Dunham, Jude Swanberg.

DRAMA. Deutschland 2014. LÄNGE: 98 Min. BUCH & REGIE: Christian Petzold.KAMERA: Hans Fromm. SCHNITT: Bettina Böhler. MIT: Nina Hoss, Ronald Zehrfeld, Nina Kunzendorf.

HORROR. USA 2014. LÄNGE: 89 Min. REGIE: Joe Dante. BUCH: Alan Trezza. KAMERA: Jonathan Hall. SCHNITT: Marshall Harvey. MIT: Anton Yelchin, Ashley Greene, Alexandra Daddario, Oliver Cooper.

Weihnachten ante portas: An sich schon genug Grund für Panik, erst recht aber, wenn man wie Jenny (Kendrick) am Ende einer Beziehung steht. Ihr Bruder erweist sich als Helfer in der Not und lässt sie bei sich einziehen. Dass Jenny nun vorrangig mit dem substanzenbeschleunigten Verdrängen beschäftigt ist, missfällt aber der ebenfalls hadernden Schwägerin ... Lustig am Leben leiden: Vorangetrieben von formidablen Darstellerinnen, erweist sich Mumblecore-Veteran Joe Swanbergs aktuelle Arbeit als seine bislang zwingendste. CP

Undurchsichtige Identitäten und „reale“ Geister: In Phoenix zelebriert Christian Petzold einmal mehr sein Kino der Doppelbödigkeiten in Perfektion. Von Anfang bis Ende penibel durchkonstruiert, schickt er seine Muse Nina Hoss als KZ-Überlebende Nelly in die Arme ihres Ehemannes, der seine eigene Ehefrau als solche aber nicht mehr erkennt und stattdessen mit der von ihm ausgemachten Doppelgängerin ein Erbe erschleichen will. Nelly lässt sich darauf ein. DR

Manchmal kommen sie eben wieder: Als Max (Yelchin) nach dem Unfalltod seiner Freundin wieder eine Beziehung mit einer Frau beginnen möchte, sieht er sich mit einer grausigen Wiederauferstehung konfrontiert: Die Ex ist zurück – und denkt gar nicht daran, Max einfach so in die Arme einer anderen ziehen zu lassen ... Schock-Maestro Joe „Gremlins“ Dantes Abstecher ins Reich der Untoten präsentiert sich als eine in viel Liebe zu Horror-B-Movie-Schandtaten von Val Lewton bis George A. Romero eingewickelte RomZomCom. CP

» FR. 24. 10., STADTKINO IM KÜNSTLERHAUS,

16.00 UHR / DO. 30. 10., GARTENBAUKINO, 13.00 UHR

» SA. 01. 11., GARTENBAUKINO, 21.00 UHR / SO. 02. 11., URANIA, 13.00 UHR

32 VIENNALE 2014

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DO. 30. 10., GARTENBAUKINO, 23.00 UHR / FR. 31. 10., GARTENBAUKINO, 11.00 UHR / DO. 06. 11., URANIA, 13.00 UHR

FOTOS: VIENNALE (5)

Olive Kitteridge


DREhBuch uND REgIE: jOhN TuRTuRRO

„WOODY ALLEN IN SEINER LuSTIgSTEN ROLLE SEIT jAhREN! “ THE TELEGRAPH

AB 7. NOVEMBER IM KINO


’14

E XKL U S I V-I N T ERV I E W

Slava FETISOV

Das Eis ist heiB Vor seiner Zeit als Putins Sportminister war Slava Fetisov Captain des legendären russischen Eishockey-Teams der 70er- und 80er-Jahre und später als Spieler und Trainer in den USA erfolgreich. Gabe Polsky widmete ihm und seiner damaligen Truppe die Doku RED ARMY , SKIP hat den mehrfachen Olympia-, Weltmeisterschafts- und Stanley-Cup-Sieger zum Gespräch getroffen.

34 VIENNALE 2014


DOKUMENTARFILME

SKIP: Der Regisseur hat uns erzählt, dass es sehr lange gedauert hat, Sie zu überreden, bei diesem Projekt mitzumachen. Wie ist es ihm dann doch gelungen? SLAVA FETISOV: Er hat mich einfach ständig angerufen, ich hab immer nein gesagt. Dann hat er mit den anderen aus dem Team gesprochen. Und immer wieder hat er es probiert. Irgendwann meinte er, er hätte jetzt alles andere im Kasten und würde morgen zusammenpacken, ob ich nicht doch noch vorbeischauen könnte. Ich hatte gerade gute Laune und sagte, ok, ich komme, für 10 Minuten. Naja, aus den 10 Minuten wurden dann gleich mal sechs Stunden (lacht). Es gibt ja schon einige Filme und Dokumentationen über Sie. Ach, es gibt schon 20 Filme, drei Bücher, und jetzt dreht das russische Fernsehen sogar einen vierteiligen TV-Spielfilm über meine Lebensgeschichte. Die haben mir viel Geld dafür bezahlt! Auch Hollywood-Produktionsfirmen wollten schon mehrmals meine Geschichte kaufen, aber da habe ich nie zugestimmt. Warum nicht? Wenn man jemandem die Rechte für seine Lebensgeschichte gibt, dann sollte man die Kontrolle darüber haben, was damit geschieht. Und wer sollte Sie in Amerika auch schon spielen? Genau, das ist das Problem! Die würden nie den richtigen Mann finden. In den 1970ern und 80ern waren Sie einer der wichtigsten Spieler und Strategen der russischen Eishockey-Mannschaft, die damals jahrelang quasi unschlagbar war. Warum, glauben Sie, hat der Rest der Welt so lange gebraucht, um das Geheimnis Ihrer Trainings- und Spielweise nur halbwegs zu durchblicken? Ach, das haben sie doch noch immer nicht! (lacht) Nein, keine Ahnung, vielleicht ist es zu unhöflich, das zu sagen, aber: Als ich ein kleines Kind war und in bitterster Armut aufge-

Cool unter Palmen: Fetisov in Cannes mit Regisseur Gabe Polsky, US-Amerikaner mit russischen Wurzeln und selbst begeisterter Eishockeyspieler.

wachsen bin, hat mir mein Vater immer schon gepredigt: Wenn du aus dem Loch herauswillst, brauchst du eine gute Ausbildung. Und deshalb war ich auch immer Musterschüler. Das Gleiche hat für alle meine Teamkollegen gegolten. Wir haben viel gelesen, haben alle Klassiker gekannt, vielleicht hat uns auch das einen gewissen Vorsprung gegeben. Wir waren einfach gebildeter. Ich habe mit Scotty Bowman (US-Hockeyprofi und -Trainerlegende, Anm.) darüber viel gesprochen. Er erzählte mir, in den 60ern und 70ern kamen in Kanada die Spieler noch direkt von den Farmen. Alles, was die je gemacht haben, war harte Landarbeit und Hockeyspielen. Und er meinte, er musste mit diesen Leuten auch in deren einfacher Sprache sprechen. Es hätte nichts gebracht, da mit irgendwas zu Kompliziertem zu kommen, weil da hätten sie nicht zugehört. Da waren wir, was ausgefeiltere Spielsysteme und kreative Spielweise betrifft, sicher im Vorteil. Also waren die anderen einfach zu dumm, um Sie zu besiegen? Das habe ich nicht gesagt, aber Sie haben mich gefragt, was unser Vorsprung war, und das war der Versuch einer Erklärung (lacht). Als ich in die USA kam, hat sich das aber ein wenig bestätigt. Sie glauben gar nicht, was mich die Leute da für einen Schwachsinn gefragt haben. Die meisten dachten, wir hätten da noch Krieg in den Straßen von Moskau oder würden die ganze Zeit nur in Atom-U-Booten rumfahren. Wie ist Ihr persönliches Verhältnis zum Sport heute? Ich habe mit 40 meine Karriere beendet und glaube irgendwie immer noch, ich könnte noch professionell spielen. Aber das ist natürlich Unsinn. Nach meiner aktiven Zeit wurde ich gleich Coach und bald darauf schon ein richtiger Bürokrat mit 20-stündiger Sitztätigkeit, und da habe ich natürlich auch ein wenig zugenommen. Aber Hockey spiele ich immer noch dreimal die Woche. Aber nur mehr zum Spaß, oder? Nein, um Bier. Das ist besser als Goldmedaillen. 35 VIENNALE 2014

Red Army DOKU. USA/Russland 2014. LÄNGE: 85 Min. BUCH & REGIE: Gabe Polsky. KAMERA: Peter Zeitlinger, Svetlana Cvetko. SCHNITT: Eli Despres, Kurt Engfehr. MIT: Vyacheslav „Slava“ Fetisov, Scotty Bowman, Anatoli Karpov, Felix Nechepore.

Manchmal gibt es im Sport Phänomene, deren Bedeutung weit über Resultate und Leistungen hinausgehen. So wie das russische Eishockeyteam, genannt Red Army, während des Kalten Krieges: Unter der Leitung von Captain Slava Fetisov holte das das Team einen Sieg nach dem anderen und wurde so in Russland ein Symbol für die Überlegenheit des Kollektivgedankens über den dekadenten westlichen Individualismus. Gabe Polsky erzählt die aufregende Geschichte dieser bemerkenswerten Mannschaft und der dahinterliegenden Politik.

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MO. 03. 11., METRO, GROSSER SAAL, 21.00 UHR MI. 05. 11., GARTENBAUKINO, 15.30 UHR

INTERVIEW: KURT ZECHNER FOTOS: 2012 POLSKY FILMS/SILVIA ZEITLINGER (1), ANDREA MÜHLWISCH (1), VIENNALE (1)


DOKUMENTARFILME

’14

E XKL U S I V – I N TE RV I EW

Iain FORSYTH, Jane POLLARD

Schwarze Magie Nick Cave mit den Regisseuren seines Vertrauens, Iain Forsyth und Jane Pollard.

20,000 Days on Earth

Mord, Musik, Melancholie. Nick Cave ist wohl der letzte Schwarze Ritter des Underground – mit der Doku 20,000 DAYS ON EARTH setzten ihm die Filmemacher Iain Forsyth und Jane Pollard nun ein würdiges filmisches Denkmal. SKIP: Nick ist eine der letzten großen Underground-Ikonen … JANE POLLARD: Ja, er ist noch einer von denen, die ein echter Mythos umgibt. Den potenziellen Stars von heute wird das ja sukzessive verwehrt, auf ganz gemeine Art: Die bekommen von den Marketingabteilungen detailreich aufbereitete Backgrounds verpasst – und die spielen mit, weil sie ein wenig Geld verdienen wollen. Aber das hat natürlich keinerlei Substanz.

Sie haben ja schon einige Musikfilme gemacht, z. B. über die Cramps. Stand bei der Idee zu 20,000 Days on Earth auch DOKUDRAMA. GB 2014. LÄNGE: 97 Min. REGIE: zunächst eher die Performance im Jane Pollard, Iain Forsyth. BUCH: Jane Pollard, Iain Forsyth, Nick Cave. KAMERA: Erik Wilsin. MIT: Nick Mittelpunkt, weniger die Person? Cave, Blixa Bargeld, Kylie Minogue, Susie Bick. IAIN FORSYTH: Bei Nick ist das gar nicht so Zum Jubiläum von Nick Caves 20 000. Tag deutlich zu entscheiden. Ich habe nicht den auf der Erde erleben wir 24 Stunden im Leben Eindruck, dass der Nick Cave, den man auf der der Kunstfigur Nick Cave: Ein ganzer (fiktiver) Bühne sieht, und der Nick Cave, den wir persönTagesablauf des Künstlers, der im verschlafenen lich erleben, so verschieden sind. Aber natürlich britischen Küstenstädtchen Brighton lebt, wird nachgezeichnet (bzw. entworfen), vom Frühstück ist er jemand, der eben recht geschickt einen über den Besuch beim Therapeuten bis zu StudioMythos um sich herum aufbaut – und alle diese aufnahmen mit seiner Band. Ein faszinierendes, Geschichten machen dann auch einen Teil der außergewöhnliches Künstlerporträt einer Ausnahme-Persönlichkeit. Figur Nick Cave aus.

» SA. 01. 11., GARTENBAUKINO, 23.30 UHR SO. 02. 11., GARTENBAUKINO, 11.00 UHR MO. 03. 11., URANIA, 15.30 UHR

INTERVIEW: KURT ZECHNER FOTOS: ANDREA MÜHLWISCH (1), CHLOÎ THOMSON (1)

Gehört dazu auch diese Quasi-Grundregel, niemals zu lächeln? IF: Nein, das ganz sicher nicht. Nick würde bei Plattenaufnahmen nicht kostbare Zeit damit verschwenden, Regeln über Gesichtsausdrücke aufzustellen – und außerdem gehören die Bad 36 VIENNALE 2014

Seeds zu den witzigsten Leuten, die ich jemals kennengelernt habe. Wie haben Sie den notorisch medienscheuen Nick Cave überhaupt dazu gebracht, diesen Film zu machen? JP: Mit Nick verbindet uns eine langjährige Freundschaft. An sich hasst er es ja, gefilmt zu werden, aber irgendwie haben wir es geschafft, eine gemeinsame Basis zu finden. Ich denke, er hat uns einfach geglaubt, als wir frech gemeint haben, wir könnten etwas ganz anderes machen als diese Standard-Musikdokumentationen, die ihn natürlich null interessieren. Was bedeutet Nick Cave für Sie persönlich? JP: Bei der Zusammenarbeit mit ihm wirst du zur bestmöglichen Version deiner selbst. Man erlebt jemanden, der hart arbeitet, der diszipliniert ist, fortschrittlich denkt, nicht zurückschaut. Er ist imponierend und sehr inspirierend. Wir hoffen, dass durch den Film etwas von diesem Gefühl vermittelt wird. Dass die Leute nach Hause gehen und denken: „So möchte ich irgendwie auch sein, ich will der Mensch werden, der ich immer sein wollte.“ IF: Nick Cave ist ein Rockstar im klassischen Sinn. Er steht heute sicher auf derselben Stufe mit Leuten wie David Bowie, auch wenn er im Mainstream vielleicht nicht so rezipiert wird. Seine Karriere und sein Werk sind wirklich außerordentlich.


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FOTO: VIENNALE / TUMA

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DOKUMENTARFILME

’14

E XKL U S I V-I N T ERV I E W

Corneliu PORUMBOIU

Spiel, Sätze und Sieg Der rumänische Filmemacher Corneliu Porumboiu (12:08 East of Bucharest) schaut sich in AL DOILEA JOC mit seinem Vater ein legendäres Fußballmatch an und erklärt damit den Untergang des Kommunismus. Uns erzählte er, was das mit Buster Keaton zu tun hat.

Al doilea joc DOKU. Rumänien 2013. LÄNGE: 97 Min. REGIE: Corneliu Porumboiu. PRODUKTION: Marcela Ursu. MIT: Corneliu Porumboiu, Adrian Porumboiu.

Das Neuschnee-Jahrhundertmatch zwischen Steaua und Dinamo Bukarest fand im Winter 1988 statt. Während Steaua der rumänischen Armee nahestand, hatte Dinamo gute Beziehungen zum Geheimdienst Securitate. Dass es das kommunistische Rumänien unter Ceausescu ein Jahr später nicht mehr geben würde, ahnte damals niemand – auch nicht Porumboius Vater Adrian, damals Schiedsrichter. Vater und Sohn lassen im retrospektiven Off-Kommentar Spiel, Land und Leben Revue passieren.

» SA. 01. 11., GARTENBAUKINO, 13.00 UHR

(OmdU) / MI. 05. 11., METRO, ERIC PLESKOW SAAL, 22.00 UHR (OmeU)

INTERVIEW: JULIA PÜHRINGER FOTOS: VIENNALE (2)

SKIP: Wie sind Sie auf die Idee für diesen Film gekommen? CORNELIU PORUMBOIU: Im Fernsehen wurde bei einem Fußballerporträt ein Ausschnitt daraus gezeigt. Ich habe mir dann die DVD besorgt und sie mitgenommen, als ich meine Eltern besucht habe. Da hatte ich zwar ein Mikro mit, aber noch keine Ahnung, was daraus werden sollte. Und jetzt sieht mein Film vielleicht ein bisschen wie ein Homemovie aus, aber letztlich gehts nicht nur um die Familiengeschichte, sondern die Geschichte unseres Landes. Es machte auch ungemein Spaß, das Spiel auf die große Leinwand zu holen: Man hat viel tougher gespielt als heute, das hat ja schon fast was von Menschenkunde, das ist ein echter Ausschnitt aus dem Leben, aus der Zeit. Und wie man versucht hat, zu mogeln, das war ein anderer Zugang. Auch wie man gefilmt hat: Damals gab es noch keine Stars, keine Zeitlupe, keine Großaufnahmen. Ein Spiel wie dieses gibt es heutzutage nicht mehr. Das war fast ein anderer Sport. Was bedeutet Fußball für Sie? Ich wollte als Kind Profispieler werden, ich habe täglich mit meinem Vater trainiert – da er selbst Schiedsrichter war, war das schon eine gute Schule, vor allem in Sachen Taktik, auch wenn ich darin nie gut war, ich habe mich mehr für 38 VIENNALE 2014

Geometrie interessiert. Ich spiele auch heute noch gern, wenn ich Zeit habe. Wie geht es Ihrem Vater damit, dass jetzt ein Kinopublikum seine Kommentare zum Spiel hören wird? Ich weiß nicht, ob ihm das so bewusst ist. Überhaupt, meine Arbeiten zählen ja in seinen Augen nicht, da gelten nur die großen Filme als Kino. Er fragt mich noch heute, wann ich endlich einmal „einen richtigen Film“ machen werde (lacht). Ihre Filme beginnen oft persönlich und werden dann politisch … Ja, das stimmt. Dafür ist meine Kindheit verantwortlich, die hat dazu geführt, dass ich die Welt eben mit bestimmten Augen sehe. Das Rumänien dieses Films ist natürlich Geschichte. Der Lauf der Geschichte ändert sich schnell, aber die Mentalität nicht, das dauert Jahre. Das wird sich wohl erst bei der Generation meiner Tochter zeigen. Im Grunde ist jeder meiner Filme eine Art Debatte, aber immer anders, ich hasse es, mich zu wiederholen. Aber alle meine Filme haben Humor, auch wenn er jedes Mal anders geschrieben ist. Manchmal habe ich den Eindruck, als ob alle meine Figuren von Buster Keaton abstammen, weil sie immer so ernsthaft bemüht sind.


Dieser Film hat Kultpotential!

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Von den Machern von

Ab 3 1. Oktober

2014 im Kino

» Flight of the Conchords «

/5ZIMMERKUECHESARG


’14 Dokumentarfilme

We Come as Friends

DOKU. Frankreich/Österreich 2013. BUCH & REGIE: Hubert Sauper. KAMERA: Hubert Sauper, Barney Broomfield. SCHNITT: Hubert Sauper, Cathie Dambel, Denise Vindevogel.

»

SO. 02. 11., GARTENBAUKINO, 18.00 UHR (OmdU) DI. 04. 11., URANIA, 13.00 UHR (OmeU)

1971

Farocki

Stray Dog

DOKU. USA 2014. LÄNGE: 79 Min. REGIE: Johanna Hamilton. BUCH: Johanna Hamilton, Gabriel Rhodes. KAMERA: Kirsten Johnson, Andreas Burgess. SCHNITT: Gabriel Rhodes.

DOKU. USA 2014. LÄNGE: 77 Min. REGIE, KAMERA & SCHNITT: James Benning.

DOKU. USA 2014. LÄNGE: 105 Min. REGIE: Debra Granik. KAMERA: Erik Phillips-Horst. SCHNITT: Victoria Stuart. MIT: Ron Hall.

US-Avantgarde-Grande James Benning und die VIENNALE verbindet eine lange Liebschaft, die sich nun insofern wieder trifft, als Benning gut mit Harun Farocki befreundet war, dem heuer ein Tribute gewidmet ist. Benning arbeitete gerade an der Idee „29 Kunstwerke für 29 Freunde“, als er eine Wolke erblickte, die er unbedingt für Farocki filmen wollte – als Geschenk. Aber als Benning mit der gefilmten Wolke in der Tasche nach Hause kam, erreicht ihn die Nachricht von Farockis Tod. Es ist erstaunlich, was im Kopf des Zuschauers vorgeht, wenn er 77 Minuten lang eine Wolke betrachtet. Lassen Sie sich das nicht entgehen. CZ

Bei den Dreharbeiten zu Winter’s Bone saß Regisseurin Debra Granik in der Bikers Church plötzlich neben Ron Hall. Und das Schicksal des „Stray Dogs“ ließ sie nicht mehr los. Unter der harten Schale des Bikers verbirgt sich nämlich der äußerst weiche Kern eines traumatisierten Vietnam-Veterans, der sich mit seiner neuen Familie eine bessere Zukunft aufbauen will. Doch im Niemandsland von Missouri drohen Lebensträume wie Seifenblasen zu platzen, was das sensible Filmporträt umso berührender macht. DR

Lange vor Snowden und Assange plante eine engagierte Gruppe von Aktivisten eine höchst gefinkelte Aktion gegen die FBI-Überwachung: Die Citizen’s Commission to Investigate the FBI brach in ein schlecht bewachtes Büro in Pennsylvania ein und förderte dabei besorgniserregendes bis skurriles Material zutage: Das FBI unter J. Edgar Hoover überwachte subversive Elemente fleißig und schrieb sogar anonyme Drohbriefe … Hamilton illustriert den Coup mit Archivaufnahmen und reinszenierten Stellungnahmen. JP

» FR. 31. 10., URANIA, 23.00 UHR / SA. 01. 11., STADTKINO IM KÜNSTLERHAUS, 23.30 UHR

»

MI. 05. 11., STADTKINO IM KÜNSTLERHAUS, 18.30 UHR / DO. 06. 11., METRO, ERIC PLESKOW SAAL, 15.00 UHR

40 VIENNALE 2014

»

MO. 03. 11., URANIA, 18.00 UHR DI. 04. 11., GARTENBAUKINO, 11.00 UHR

FOTOS: VIENNALE (10), 2013 SAGA SIG IMAGE COURTESY OF WELLHART/ ONE LITTLE INDIAN (1)

ES IST DER WOHL BEDEUTENDSTE MOMENT in der jüngeren Geschichte des Sudans: Eine Volksabstimmung soll 2011 entscheiden, ob sich der christliche Südsudan vom muslimischen Sudan trennt. Zu diesem Zeitpunkt macht sich Darwin’s Nightmare-Regisseur Hubert Sauper auf den Weg, in einer winzigen Blechdose von Zweimannflugzeug, um das Land zu erkunden: Er landet in Gebieten, wo chinesische Ölfirmen den Boden und die Menschen ausbeuten, in Gegenden, wo islamische Prediger den Frieden beschwören, in christlichen texanischen Missionen, wo den Sudanesen westliche Kleidung und das Wort Gottes überbracht werden, bei UN-Friedenstruppen und sogar bei einem Pressetermin von George Clooney. Es ist eine Reise, in der sich Sauper als Alien aus dem Weltraum zu verstehen versucht, doch er bringt unweigerlich die koloniale Geschichte seiner europäischen Herkunft mit. Und er stößt überall, wo er hinkommt, auf die bedrückenden und aberwitzigen Zeugnisse der kolonialen Vergangenheit und nicht weniger gewaltsame Gegenwart des riesigen Landes, das ewig in der Defensive gegenüber dem Rest der Welt gefangen scheint. MM


DOKUMENTARFILME

Concerning Violence DOKU. Schweden/Finnland/Dänemark 2014. LÄNGE: 85 Min. BUCH & REGIE: Göran Hugo Olsson. SCHNITT: Michael Aaglund, Daniel Jonsäter, Göran olsson, Sophie Vukovic. MIT: Thomas Sankara, Amilcar Cabral, Tonderai Makoni, Robert Mugabe.

HipHop-Legende Lauryn Hill zitiert aus dem Off aus dem Buch eines auf Martinique geborenen Intellektuellen, der darin das Ende der Kolonialisierung vorwegnahm. Dazu montiert Regisseur Olsson altes Archivmaterial, das zwischen 1966 und 1984 in afrikanischen Ländern gedreht wurde, die sich kürzlich von ihrer Kolonialmacht befreit hatten oder unmittelbar im Kampf mit ihr standen. Ein solch schwieriges Experiment wie diesen Film so gut hinzubekommen, ist eine Meisterleistung. CZ

»

FR. 24. 10., URANIA, 23.00 UHR DO. 30. 10., URANIA, 20.30 UHR

Greenwich Village:

Music That Defined a Generation DOKU. Kanada/USA 2013. LÄNGE: 92 Min. REGIE: Laura Archibald. BUCH: Laura Archibald, Rob Lindsay, Kevin Wallis. SCHNITT: Nicolas Kleiman. MIT: Kris Kristofferson, Pete Seeger, Carly Simon, Don McLean, Arlo Guthrie.

Hier waren ihre Beisl und WGs, hier traten sie auf, die Rebellen, Beatniks und Bohemiens, die im New Yorker Manhattan der 60er-Jahre den großen Traum lebten, mit ihrer (Folk-)Musik die Welt zu verändern. Man kämpfte für Bürgerrechte und gegen den Vietnamkrieg, Zeitzeugen wie Pete Seeger, Kris Kristofferson, Lucy und Carly Simon und Judy Collins erinnern sich an die blühende Szene von damals, die mit Archivmaterial illustriert wird, die Stimme aus dem Off stammt von Susan Sarandon. JP

» FR. 24. 10., GARTENBAUKINO, 13.00 UHR

Burroughs: The Movie DOKU. USA/GB 1983/2014. LÄNGE: 90 Min. REGIE: Howard Brookner. KAMERA: Tom DiCillo, James Lebovitz, Mike Southon. SCHNITT: Scott Vickrey, Ben Morris. MIT: William S. Burroughs, Lauren Hutton, Patti Smith, Allen Ginsberg, Jackie Curtis, Francis Bacon.

Ein Normalitätszersetzer, Drogenfreak und Genie wie William S. Burroughs hätte sich keinen schöneren Nachruf wünschen können: Howard Brookner zeigt ein wirklich intimes Porträt des Autors von Naked Lunch (verfilmt von Cronenberg), eines großen und manchmal schwer ergründlichen Geistes, der Wegbegleiter und Inspiration für zahlreiche Beat-Generation-Autoren war, die er – geboren 1914 – lange überlebt hat. Einige kommen auch vor – z. B. Allen Ginsberg. CZ

» FR. 24. 10., STADTKINO IM KÜNSTLERHAUS,

23.30 UHR / MO. 27. 10., GARTENBAUKINO, 15.30 UHR

FOTOS: VIENNALE (10), 2013 SAGA SIG IMAGE COURTESY OF WELLHART/ ONE LITTLE INDIAN (1)

SA. 25. 10., STADTKINO IM KÜNSTLERHAUS 16.00 UHR

Björk Biophilia Live MUSIKDOKU. GB 2014. LÄNGE: 97 Min. REGIE: Nick Fenton, Peter Strickland. KAMERA: Brett Turnbull. SCHNITT: Nick Fenton. MUSIK: Björk. MIT: Björk, Manu Delago, Matt Robertson.

National Gallery DOKU. GB/Frankreich/USA 2014. LÄNGE: 174 Min. REGIE & SCHNITT: Frederick Wiseman. KAMERA: John Davey.

Sätze wie „singing is like a celebration of oxygen“ gehören zur Avantgarde-Musikerin Björk wie das Amen in der Kirche. Kein Wunder, dass der Isländerin seit Beginn ihrer Karriere schon vermehrt der Status eines lebendigen Kunstwerks zugestanden wurde. Das unterstreicht auch der eindrucksvolle Konzertmitschnitt ihrer Live-Performance der letztjährigen Biophilia-Tour im Alexandra Palace in London: Dieser Björk-Gig ist ein absolutes Fest für alle Sinne! DR

NACHTS IM MUSEUM: Der große Dokumentarist Frederick Wiseman konnte sich den feuchten Traum eines jeden Kunstbegeisterten erfüllen. Er drehte in einer der prestigeträchtigsten Institutionen der Welt, der britischen National Gallery in London. Hier schaut er den Menschen, die ihre Kunstleidenschaft zum Beruf gemacht haben, beim Arbeiten zu: Mit feinstem Pinselstrich restaurieren sie große Meister, denen sie zuvor via Röntgenbild jahrhundertealte Geheimnisse entlockt haben. Manchmal müssen sie aber auch die rote Lackfarbe zum Verschwinden bringen, die ein Irrer draufgesprüht hat. Grenzgenial, wie hier schon Kleinkindern (und Erwachsenen und Blinden und überhaupt allen) große Kunst nahegebracht wird. Es geht eben auch bei Rubens, Picasso, Rembrandt & Co. darum, wie man eine gute Geschichte erzählt. JP

» MO. 03. 11., GARTENBAUKINO, 23.00 UHR

» SA. 25. 10., GARTENBAUKINO, 14.00 UHR / DI. 28. 10., URANIA 12.00 UHR 41 VIENNALE 2014


DOKUMENTARFILME

’14 Dokumentarfilme

Pulp: A Film About

Maidan

Life, Death and Supermarkets

MAIDAN, KIEW, WINTER: Ein Meer von grünen Zelten bevölkert den legendären Platz, brennende Tonnen werden zu Heizstätten, und zahlreiche Menschen rotten sich um die wenigen Essensstände zusammen. Als sich das ukrainische Volk Ende des vergangenen Jahres gegen das Regime von Präsident Janukovitsch erhebt, ist der russische Filmemacher Sergei Loznitsa von Anfang an vor Ort. Seine im DirectCinema-Stil gehaltenen Aufnahmen sind nicht nur ein eindrucksvolles Zeugnis eines historischen Ereignisses, sondern sondieren darüber hinaus das Verhältnis zwischen dokumentarischer Wahrheit und Realität: Als sein Kamera-Assistent plötzlich inmitten einer gewalttätigen Auseinandersetzung zwischen Polizisten und Demonstranten nicht aufhört zu filmen, scheint die Kinoleinwand die Revolution mitzutragen. DR

» SA. 25. 10., URANIA 20.30 UHR / SO. 26. 10., GARTENBAUKINO, 13.00 UHR

DOKU. GB 2014. LÄNGE: 90 Min. REGIE: Florian Habicht. BUCH: Peter O’Donoghue, Florian Habicht. KAMERA: Maria Ines Manchego. SCHNITT: Peter O’Donoghue. MIT: Jarvis Cocker, Nick Banks, Candida Doyle, Steve Mackey, Mark Webber.

Es geht um die Band – das gleich vorweg. Um jene fantastische Band, die nach Smash-Hits wie Common People oder Disco 2000 im Jahr 1998 mit This Is Hardcore das grandioseste aller Brit-Pop-Alben herausgebracht hat. Jarvis Cocker steht freilich im Zentrum, aber Florian Habichts Porträt ist sehr wohl ein Bandporträt mit LiveMitschnitten, Fan-Interviews und allem, was dazugehört. Ein Film über ein echtes Phänomen mit dem Zeug zur Legende. CZ

» FR. 24. 10., GARTENBAUKINO, 23.00 UHR

SO. 26. 10., METRO, GROSSER SAAL, 13.30 UHR

Von Caligari zu Hitler

Der Unfertige

Tourisme international

DOKU. Deutschland 2014. BUCH & REGIE: Rüdiger Suchsland. KAMERA: Harald Schmuck, Frank Reimann.SCHNITT: Katja Dringenberg

DOKU. Deutschland 2013. LÄNGE: 48 Min. REGIE, KAMERA & SCHNITT: Jan Soldat. MIT: Klaus Johannes Wolf.

DOKU. Frankreich/Nordkorea 2014. LÄNGE: 48 Min. BUCH, REGIE, KAMERA & SCHNITT: Marie Voignier.

Filmstudierenden klingt der Titel vertraut: Von Caligari zu Hitler, so heißt Siegfried Kracauers Standardwerk über das Kino der Weimarer Republik. Der Journalist Rüdiger Suchsland geht in seinem begeisternden Dokumentarfilm der Faszination für diese aufregendste Epoche des deutschen Films nach – von Regisseuren wie Murnau, Lang, Lubitsch, Pabst, Wilder, Sternberg und Ruttmann, die heute nur noch als Fußnoten vorkommen, aber in Wirklichkeit zum Besten gehören, was das Kino je hervorgebracht hat. MM

Der Diplomfilm des jungen deutschen Filmemachers Jan Soldat beobachtet Klaus Johannes Wolf in seinem Alltag. Dieser hat sich entschieden, für den Rest seiner Tage als Sklave zu leben und erläutert in langen Interview-Passagen, während er ans eigene Bett gekettet ist, wie er zu dieser Entscheidung gelangt ist. Anstatt sich in schockierenden Details zu wälzen, tritt Jan Soldat seinem Protagonisten mit größtmöglichem Respekt entgegen und zeichnet so ein Porträt, das nachhaltig in Erinnerung bleibt. DR

» MO. 27. 10., URANIA, 18.00 UHR

» FR. 24. 10., STADTKINO IM KÜNSTLERHAUS,

DI. 28. 10., METRO, ERIC PLESKOW SAAL, 14.30 UHR

18.30 UHR / SO. 26. 10., URANIA, 23.00 UHR

42 VIENNALE 2014

Ein Land stellt sich vor. Ein Land verstellt sich. In der Diktatur Nordkoreas wird haargenau gesteuert und als kunstvolle Show inszeniert, was Touristen zu sehen bekommen. Wir besichtigen Museen, Künstlerateliers, Filmstudios und eine Chemiefabrik, die uns von geschulten Reiseführern präsentiert werden – nur wurden deren Stimmen von Filmemacherin Marie Voigner bei der Neusynchronisation des Materials ausgelassen. Ein hochspannender filmischer Versuch darüber, wie man offiziellen Diskurs produziert. JP

»

SA. 01. 11., METRO, GROSSER SAAL, 18.30 UHR SO. 02. 11., METRO, ERIC PLESKOW SAAL, 22.00 UHR

FOTOS: VIENNALE (4), FRIEDRICH - WILLHELM - MURNAU STIFTUNG (1)

DOKU. Niederlande/Ukraine 2014. LÄNGE: 133 Min. BUCH & REGIE: Sergei Loznitsa. KAMERA: Sergei Loznitsa, Serhiy Stefan Stetsenko. SCHNITT: Sergei Loznitsa, Danielius Kokanauskis.



TRIBUTE TO VIGGO MORTENSEN

’14

E XKL U S I V-I N T ERV I E W

Viggo MORTENSEN

Hinterm Horizont Alle lieben Viggo. Seine Coolness steht außer Zweifel: Viggo Mortensen ist wohl einer der Schauspielstars, auf die sich weltweit so ziemlich alle einigen können. Die VIENNALE widmet dem Weltbürger, der am 20. Oktober seinen 56. Geburtstag feiert, heuer ein Tribute – SKIP traf ihn zum Gespräch.

SKIP: Wie fühlt man sich, wenn man erfährt, dass einem ein internationales Filmfestival ein eigenes Tribute widmet? VIGGO MORTENSEN: Als ich davon gehört habe, wusste ich nicht genau, was ich davon halten soll – ich finde mich nicht so wichtig, dass man mir ein Tribute widmen müsste. Aber ich freue mich natürlich sehr drüber und fühle mich wirklich geehrt. Es ist nur schade, dass ich nicht selber nach Wien kommen kann, ich habe den Terminkalender im Oktober und November leider schon komplett voll. Aber wenn sich doch noch irgendeine Lücke findet, dann komme ich auch spontan. Ich mag Wien sehr gern, ich kenne die Stadt ja ganz gut, ich habe vor und während des Drehs zu David Cronenbergs A Dangerous Method viel Zeit hier verbracht. Sie halten sich vor Drehbeginn ja generell gerne inkognito an dem Ort auf, an dem der Film spielt. Ja, wenn es möglich ist, versuche ich, den Ort des Geschehens zumindest anzusehen. Ich will den Hintergrund meiner Figuren kennenlernen. Bei Eastern Promises zum Beispiel, der in London spielt, ist meine Figur ein Russe. Und da gibt es eine Szene, in der ich Naomi Watts erzähle, wo ich herkomme. Und weil ich wissen wollte, wovon ich da spreche, bin ich halt hingefahren, an den Fuß des Ural-Gebirges, und

INTERVIEW: GINI BRENNER FOTOS: ANDREA MÜHLWISCH (1), VIENNALE (3)

am Set hab ich dann einfach beschrieben, was ich dort gesehen habe. Auch vor Jauja (läuft bei der VIENNALE im regulären Programm, Anm.) bin ich lang in der argentinischen Wüste herumgefahren, obwohl ich die Gegend eigentlich schon kannte. Sie sind auch der Schauspieler, der wahrscheinlich schon in den meisten verschiedenen Sprachen gedreht hat: Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Lakota, Russisch, Arbisch, sogar Elbisch. Ist es sozusagen Ihre Mission, mit Ihren Filmen Grenzen niederzureißen? Nein, ich hab da keine politischen Gründe – für mich ist es einfach Teil des Vergnügens. Und es ist auch ein Werkzeug, um in eine Rolle zu finden. Und je mehr Werkzeuge man hat, desto mehr Jobs kann man machen. Es ist spannend, das auszuprobieren, und es hilft, aufgeschlossen zu bleiben. Aufgeschlossenheit ist für Sie ohnehin ein wichtiges Thema. Ja, auf jeden Fall. Man bleibt so gerne hängen bei dem, womit man sich wohlfühlt. Man redet mit bestimmten Menschen, interessiert sich für bestimmte Dinge. Deshalb mache ich gerne Filme, die sich total von dem unterscheiden, was ich schon mal gemacht habe. Die mich zwingen, die Welt aus einem neuen Blickwinkel zu sehen, vor allem aus einem anderen als meinem. Ich will immer was Neues lernen. Wenn man das nicht macht, dann wird man geistig unbeweglich. Mit den Gedanken 44 VIENNALE 2014

ist es nicht anders als mit Muskeln: Wenn man sie nicht ständig bewegt, bilden sie sich zurück. Gutes Kino hat das Potenzial, Herz und Hirn zu öffnen. Sie haben nach der Der Herr der RingeTrilogie kaum mehr große Eventmovies gemacht … Ich bekomme auch so genügend Aufmerksamkeit. Zu viel für meinen Geschmack (lacht). Und es interessiert mich auch überhaupt nicht, ob ich vielleicht mehr Geld verdienen könnte. Ich möchte in Filmen mitspielen, die mich interessieren, und die passieren meist abseits von Hollywood. Es nervt mich unendlich, dass es dort ständig nur um die 20 erfolgreichsten Filme aller Zeiten geht, die 10 größten Stars, die 10 Oscar-Favoriten ... der ganze Diskurs dreht sich nur um das Box-Office. Keiner redet über Filme aus Algerien, Spanien, Neuseeland, den afrikanischen Staaten ... aber wenn man mit Leuten in diesen Ländern arbeitet, dann erkennt man, dass es dort Tausende großartige Künstler gibt. Grandiose Leute, die nie in den Hollywood-Best-of-Listen auftauchen werden – und gerade deshalb ist es so wichtig, dass es Filmfestivals gibt.

International Viggo. Der Sohn einer US-Amerikanerin und eines Dänen wuchs in Venezuela, Dänemark, Argentinien und New York auf und lebt zur Zeit auf einer Farm in Idaho.


TRIBUTE TO VIGGO MORTENSEN

Eastern Promises THRILLER. GB/USA 2007. LÄNGE: 100 Min. REGIE: David Cronenberg. BUCH: Steven Knight. KAMERA: Peter Suschitzky. SCHNITT: Ronald Sanders. MIT: Viggo Mortensen, Naomi Watts, Vincent Cassel, Sinéad Cusack, Armin Mueller-Stahl.

Anna (Watts) ist Hebamme in einem Londoner Spital. Eines Nachts wird eine junge Hochschwangere mit schweren Blutungen eingeliefert. Die Mutter stirbt, das Baby überlebt, Anna kümmert sich um das kleine Wesen – und steht plötzlich im Kreuzfeuer der russischen Mafia … Mortensen spielt in Cronenbergs beinhartem Thriller einen Elite-Killer, der sein Herz entdeckt. Legendär ist die Kampfszene in der Sauna: Viggo nackt – und perfekt ins Bild gesetzt von Kamerameister Peter Suschitzky.

» FR. 24. 10., METRO, GROSSER SAAL, 11.00 UHR

MO. 27. 10., METRO, ERIC PLESKOW SAAL, 17.00 UHR

The Indian Runner DRAMA. USA 1991. LÄNGE: 126 Min. BUCH & REGIE: Sean Penn. KAMERA: Anthony B. Richmond. SCHNITT: Jay Cassidy. MIT: Viggo Mortensen, David Morse, Patricia Arquette, Valeria Golino, Charles Bronson, Dennis Hopper.

In Sean Penns groß besetztem Regiedebüt, inspiriert von Bruce Springsteens Song Highway Patrolmen, spielt Mortensen den psychisch labilen Frank, der immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt kommt – und sich jedes Mal wieder auf seinen Bruder, den soliden Kleinstadt-Polizisten Joe (David Morse) verlassen kann. Wieder einmal kündigt Frank an, „ganz neu anzufangen“, diesmal unterstützt von seiner neuen Liebe, der quirligen Dorothy (Patricia Arquette), die sein Kind unter dem Herzen trägt.

» MI. 29. 10., METRO, ERIC PLESKOW SAAL, 22.00 UHR MI. 05. 11., METRO, GROSSER SAAL, 13.30 UHR

A Walk on the Moon LIEBESFILM. USA/Kanada 1998. LÄNGE: 107 Min. REGIE: Tony Goldwyn. BUCH: Pamela Gray. KAMERA: Anthony B. Richmond. SCHNITT: Diana Congdon. MIT: Viggo Mortensen, Diane Lane, Liev Schreiber, Anna Paquin, Tovah Feldshuh.

USA, 1969. Das Ehepaar Pearl (Diane Lane) und Marty (Liev Schreiber) will gemeinsam mit Schwiegermama und den Kids einen gemütlichen Familienurlaub in den Bergen machen – doch dann muss Fernsehmechaniker Marty wieder in die Arbeit, die TV-Übertragung der Mondlandung steht bevor! Pearl fühlt sich im Stich gelassen und beginnt eine leidenschaftliche Affäre mit dem unkonventionellen Walker (Viggo Mortensen) – und steht bald vor der großen Entscheidung: Familienglück oder heiße Liebe?

» SA. 25. 10., STADTKINO IM KÜNSTLERHAUS, 11.00 UHR 45 VIENNALE 2014


TRIBUTE TO HARUN FAROCKI

’14 T RI B U T E

Harun FAROCKI

Kunst des Realen Nachruf auf ein Aushängeschild der deutschen Filmkunst: Der im Juli verstorbene Dokumentarfilmer, Künstler und Film-Professor Harun Farocki vertraute zwischen Politik, Realismus und Bildkunst seiner schöpferischen Intuition.

Arbeiter verlassen die Fabrik

Nicht ohne Risiko

Videogramme einer Revolution

KUNSTFILM. Deutschland 1995. LÄNGE: 36 Min. BUCH & REGIE: Harun Farocki. SCHNITT: Max Reimann.

DOKU. Deutschland 2004. LÄNGE: 52 Min. REGIE: Harun Farocki. BUCH: Harun Farocki, Matthias Rajmann KAMERA: Ingo Kratisch. SCHNITT: Max Reimann.

DOKU. Deutschland/Rumänien 1992. LÄNGE: 106 Min. BUCH & REGIE: Harun Farocki, Andrei Ujica. KAMERA: Harun Farocki. SCHNITT: Egon Bunne. MIT: Nicolae Ceausescu.

In Verneigung vor den Ursprüngen der Filmkunst montiert Farocki Filmszenen aneinander, die stets dem gleichen Motiv entsprechen: Eine Kollegenschaft verlässt die Arbeitsstelle. Berühmtes reiht sich auf: Szenen aus Werken von Chaplin, Lang, Pasolini, Antonioni, Bitomsky oder Lars von Trier lassen im Verbund eine neue Geschichte entstehen – eine Art historische Entwicklung im Zeitraffer, ohne dass sich etwas zu schnell bewegt. Harun Farocki kommentiert persönlich. Er verstand den Film als fortlaufendes Werk und zeigte aktualisierte Varianten bei Ausstellungen.

Der Bedeutung des Begriffs Venture Capital geht Farocki hier auf seine ganz eigene Art nach: Er beobachtet eine Verhandlung zwischen Investoren und Fundraisern, die über zwei Tage hinweg geführt wird. Im kommentarlosen DirectCinema-Stil wird ein ur-kapitalistischer Vorgang dargestellt: Hier eine Idee und ein Konzept, wie Profite damit erwirtschaftet werden, dort das Geld für die Umsetzung. Zähe Stunden werden verbracht, die Modalitäten auszuhandeln. Es geht um 750.000 Euro.

» MO. 27. 10., STADTKINO IM KÜNSTLERHAUS,

» MO. 27. 10., STADTKINO IM KÜNSTLERHAUS,

16.00 UHR / SA. 01. 11., METRO, ERIC PLESKOW SAAL, 22.00 UHR

16.00 UHR / SA. 01. 11., METRO, ERIC PLESKOW SAAL , 22.00 UHR

46 VIENNALE 2014

Farocki und sein Co-Regisseur Ujica meinten, man könnte diesen Film als „filmisierte Geschichte“ verstehen: eine chronologische Collage jener Fernsehbilder, die zwischen der letzten TV-Rede des rumänischen Diktators Nicolae Ceausescu am 21. und Berichten seiner Hinrichtung am 26. Dezember 1989 gemacht wurden. Das von Demonstranten besetzte Staats-TV war 120 Stunden lang auf Sendung und dokumentierte bestmöglich alle Ereignisse.

» FR. 24. 10., METRO, ERIC PLESKOW SAAL ,

14.30 UHR / FR. 31. 10., METRO, GROSSER SAAL, 13.30 UHR

FOTOS: HERTA HURNAUS (2), HARUN FAROCKI FILMPRODUKTION (3)

Student, beschäftigte sich intensiv mit Krieg und Propaganda; einmal wurde er von der Akademie verwiesen. Er blieb politisch, aber mit den Jahren weniger agitativ und mehr im künstlerischen Sinn. Wenn man in seinem üppigen Schaffen, das wild durch den Themenwald fluktuiert, ein Zentrum ausmachen kann, dann ist es vielleicht sein konsequentes Sich-Verlassen auf die Kraft der Bilder. Farocki, selbst Professor an zahlreichen Filmakademien, wurde als Filmemacher vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Preis der Deutschen Filmkritik und beim DokuFestival in Locarno. Zahlreiche Museen, darunter das MUMOK und die Tate Modern in London, zeigten ihn als Künstler. Vergangenen Juli starb er 70-jährig in Berlin.

TEXT: DAVID RAMS

GROSSE VORBILDER hatte der indischdeutschstämmige, 1944 auf tschechischem Nazi-Territorium geborene Harun Farocki definitiv. Jean-Luc Godard etwa – um den herrschte der reinste Kult, als sich Farocki 1966 im allerersten Jahrgang der Deutschen Film- und Fernseh-Akademie inskribierte – gemeinsam mit u. a. Wolfgang Petersen und RAF-Terrorist Holger Meins. Er lernte Jean-Marie Straub kennen, der an der Akademie unterrichtete und prägenden Einfluss auf Farockis Schaffen hatte. Gemeinsam drehten sie später die Dokumentation Jean-Marie Straub und Danièle Huillet bei der Arbeit an einem Film nach Franz Kafkas Romanfragment „Amerika“, die beim mehr als verdienten VIENNALE-Tribute läuft. Farocki war ein wehrhafter, aufsässiger


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’14 Special Programs Sex auf 16mm KURZFILMPROGRAMM. USA 1922–1980. LÄNGE: 85 Min. REGIE: Irving Klaw, Ben Norman, D. Calderwood.

Revolutionen in 16mm

Peepshow-Filme, Klassiker der pornografischen Animation oder avantgardistische Lehrfilme: Die Bandbreite von Sex auf 16mm ist fast genauso bunt und breit gefächert wie der ominöse Akt an sich. Gerade die beachtliche Vielzahl an erotischen und pornografischen Subgenres, die das Schmalfilmformat zwischen 1922–1980 hervorgebracht hat, lässt nur eine erstaunliche Erkenntnis zu: Wir wussten doch nie ganz genau, was unsere Eltern (und Großeltern) im Schlafzimmer getan haben.

» MO. 27. 10., METRO, ERIC PLESKOW SAAL, 22.00 UHR MI. 05. 11., METRO, ERIC PLESKOW SAAL, 14.30 UHR

Zu einer anderen Geschichte des Schmalfilm-Formats

Oden an eine untergegangene Welt KURZFILMPROGRAMM. USA 1961–1965. LÄNGE: 68 Min. REGIE: Bruce Baillie.

Der Name Bruce Baillie wird nicht nur mit der essayistischen und politischen Experimentalfilm-Bewegung in den 1960ern in den USA in Verbindung gebracht, sondern vor allem mit einer einzigartigen Verschmelzung von Bild und Ton, in der sich die Sehnsüchte eines idealisierten Amerikas in jeder Einstellung manifestieren. Diese programmatische Trilogie lädt zum Loslassen, zum Abtauchen in das Fundament der amerikanischen Seele ein.

» SA. 25. 10., METRO, ERIC PLESKOW SAAL, 19.30 UHR SO. 02. 11., METRO, ERIC PLESKOW SAAL, 17.00 UHR

Das Gedächtnis des Films Fritz Kortner und das Kino

Eine Filmschau des Filmarchiv Austria

Die deutschsprachigen Bühnen lagen ihm zu Füßen: Fritz Kortners (1892–1970) Einfluss auf die goldenen Zeiten des Theaters in den 1920er-Jahren ist unbestritten. Dabei wurde der in Wien geborene Schauspieler in seinen Rollen durchaus ambivalent aufgenommen: Vom Berliner Publikum wurde er innig geliebt. Vom konservativen Publikum abgelehnt. Doch auch in der Filmgeschichtsschreibung ist Kortners Einfluss unübersehbar, angefangen von seinem Talent als einer der wenigen ausdrucksstarken Akteure in der Stummfilmzeit, wie beispielsweise in Robert Wienes Orlacs Hände (1924), über den Gebrauch seiner brillanten rhetorischen Fertigkeiten in Danton (1931), bis hin zu seinem überwältigenden komödiantischen Timing als Regisseur in Der brave Sünder (1931): Den Maßstab für die Darstellung unverfälschter menschlicher Emotionen legte er jedes Mal ein Stück höher.

Die Büchse der Pandora

Der brave Sünder

DRAMA. Deutschland 1926. LÄNGE: 119 Min. REGIE: Georg Wilhelm Papst. BUCH: Ladislaus Vajda nach den Bühnenstücken von Frank Wedekind. KAMERA: Günther Krampf. SCHNITT: Joseph R. Fieseler. MIT: Louise Brooks, Franz Lederer, Fritz Kortner.

KOMÖDIE. Deutschland 1931. LÄNGE: 119 Min. REGIE: Fritz Kortner. BUCH: Fritz Kortner, Alfred Polgar. KAMERA: Günther Krampf. SCHNITT: Géza Pollatschek. MIT: Max Pallenberg, Heinz Rühmann, Dolly Haas.

Der erfolgreiche Chefredakteur Dr. Schön (Fritz Kortner) trifft eines Tages auf die faszinierende Lulu (Louise Brooks): Er kann der erotischen Anziehungskraft des Straßenmädchens nicht entrinnen und heiratet sie. Doch Lulu ist der personifizierte Tod. In der Hochzeitsnacht trifft ihn ein tödlicher Schuss. Sie wird des Totschlags verurteilt, kann jedoch mit Dr. Schöns Sohn fliehen. Eine emotionale Flucht nimmt ihren Lauf bis zum bitteren Abgesang.

Eine eigentlich simple und doch so symbolische Geschichte: Ein Kleinbürger aus der beschaulichen Provinz begegnet ungewollt den unendlichen Versuchungen der Großstadt, verirrt sich und kommt vom rechten Weg ab. Wie Fritz Kortner in seinem formalästhetisch beachtlichen Regiedebüt gemeinsam mit dem grenzgenialen Max Pallenberg ein Lehrstück an komödiantischer Durchschlagskraft inszeniert, ist jedoch das eigentlich Sensationelle an dieser großartigen Arbeit.

» MO. 27. 10., METRO, GROSSER SAAL, 21.00 UHR

» SO. 26. 10., METRO, ERIC PLESKOW SAAL, 17.00 UHR 48 VIENNALE 2014

TEXTE: DAVID RAMS FOTOS: VIENNALE (8), HARVARD FILM ARCHIVE (1), FILMARCHIV AUSTRIA (3), ANDREA MÜHLWISCH (1)

SEINE „MINDERWERTIGKEIT“ hat seine Verfechter nie abgeschreckt: Der 16mm-Film wurde zunächst für den Hausgebrauch konzipiert und schaffte die Kehrtwende vom „billigen“ Medium für Amateurfilmer zum konzeptuellen Geschenk für die filmische Avantgarde, die das kleine Format gerade wegen seiner vielseitigen Anwendbarkeit und kostengünstigen Anschaffung als Revolution anpries. In zwölf Kapiteln versucht die VIENNALE, dem 16mm-Film einen Raum zu geben, um seine eigene Version der Filmgeschichte zu erzählen: vom dokumentarischen Realismus des SchmalfilmFormats im Krieg (Krieg auf 16mm) über seine Bedeutung für die komplexe Darstellung von Sexualität (Sex auf 16mm) bis hin zu seiner Relevanz in der gegenwärtigen Filmgeschichtsschreibung (Die 16mm-Film-Kunst der Gegenwart). Hauptsache ist, es bleibt schmal.


IN FOCUS

SPECIAL PROGRAMS

Arabian Utopia

Cinq fois Godard Jean-Luc Godard gesehen von 5 FilmemacherInnen Sein Erfindergeist scheint nie stillzustehen: Mit Adieu au langage (3D) bereicherte Jean-Luc Godard die Kinematografie in diesem Jahr um eine weitere Note. Die VIENNALE bat für den wohl unermüdlichsten Forscher des Films fünf französische Regisseurinnen und Regisseure – Agnès Varda, Olivier Assayas, Luc Moullet, Pascale Ferran und Jean-Pierre Gorin – jeweils einen besonderen Film Godards zu benennen. Eine Handvoll Genie ist das Ergebnis.

Allemagne année 90 neuf zéro DRAMA. Deutschland/Frankreich 1991. LÄNGE: 62 Min. BUCH, REGIE & SCHNITT: Jean-Luc Godard. KAMERA: Christophe Pollock, Andreas Erben, Stephan Brenda. MIT: Eddie Constantine, Hanns Zischler, Nathalie Kadem.

TEXTE: DAVID RAMS FOTOS: VIENNALE (8), HARVARD FILM ARCHIVE (1), FILMARCHIV AUSTRIA (3), ANDREA MÜHLWISCH (1)

In Focus

Godard wurde gebeten, einen Film zum Thema Einsamkeit zu machen: Er schuf stattdessen ein Porträt der Einsamkeit eines ganzen Volkes. Kurz vor dem Mauerfall inspiziert er nicht nur das Wesen der DDR und deren Auswirkungen auf ihre Bewohner, sondern stellt gewohnt assoziativ auch die gesamtdeutsche Geschichte in den Mittelpunkt.

» DO. 30. 10., METRO, ERIC PLESKOW SAAL, 17.00 UHR

Broken Sequence Drei Positionen des aktuellen, unabhängigen Kinos Nichts Gekochtes und Rohes wie im letzten Jahr, sondern zutiefst Gebrochenes: Das Special Broken Sequence verbindet experimentelles, radikales und mutiges Kino dreier völlig unabhängiger Filmemacherinnen und Filmemacher. Denn die Arbeiten von Kevin Jerome Anderson, Deborah Stratman und Dorit Margreiter laden den Zuschauer bei aller Unterschiedlichkeit doch dazu ein, den reflexiven Prozess ihrer Positionen aktiv mitzugestalten.

Filme von Deborah Stratman KURZFILMPROGRAMM. USA 2009–2013. LÄNGE: 74 Min. REGIE: Deborah Stratman.

Deborah Stratman macht sich in ihren Arbeiten zur Aufgabe, hinter den „unsichtbaren“ Vorhang zu blicken. Egal, ob es sich dabei um den symbolischen Komplex der nationalen Identität, der Zeitlichkeit von Gedrucktem oder aber der Nachvertonung von Geräuschen im Film handelt: In der Verborgenheit liegt die größte Anziehungskraft.

» DO. 30. 10., METRO, ERIC PLESKOW SAAL, 19.30 UHR

Der algerische Filmemacher Tariq Teguia Zwar stehen bisher nur drei Langfilme und einige wenige Kurzfilme in der Vita des 1966 in Algier geborenen Filmemachers, doch schon jetzt gilt Tariq Teguia als Erneuerer und Verfechter eines anderen algerischen Kinos, das sich seiner Wurzeln zu jeder Zeit bewusst ist und dennoch die stille Revolution in der Sinnlichkeit seiner Bilder feiert. Teguias Protagonisten sind Reisende und Flüchtige, die sich in den spürbaren politischen Spannungen und ihrer eigenen inneren Unruhe finden und bewegen müssen. Auch deshalb ist sein Kino aktueller denn je: Sein letztes Mammutwerk, Thwara Zanj, dessen Dreharbeiten kurz vor dem Beginn des arabischen Frühlings starteten, ist einer der eindringlichsten filmischen Kommentare zum Wesen des Fundamentalismus und zur komplexen Identitätsfindung in der arabischen Welt.

Roma wa la n’touma DRAMA. Algerien/Frankreich/ Deutschland 1996. LÄNGE: 111 Min. BUCH & REGIE: Tariq Teguia. KAMERA: Nasser Medjkane. SCHNITT: Andrée Davanture, Rodolphe Molla. MIT: Samira Kaddour, Rachid Amrani, Ahmed Benaissa.

Lieber nach Italien wollen sie aufbrechen, nicht unbedingt nach Frankreich, scherzt das junge Paar Kamel und Zina und bewahrt sich damit ein letztes Stückchen Menschlichkeit in einer Welt voller Hoffnungslosigkeit. Denn die Angst vor strikter Polizeigewalt, islamischen Fundamentalisten oder heimischer patriarchaler Repression wollen die beiden endgültig hinter sich lassen. Die Vororte von Algier sollen da das erhoffte Glück bringen …

» FR. 31. 10., STADTKINO IM KÜNSTLERHAUS, 15.30 UHR SO. 02. 11., METRO, ERIC PLESKOW SAAL, 11.30 UHR

Thwara Zanj DRAMA. Algerien/Frankreich/Libanon/Katar 2013. LÄNGE: 137 Min. REGIE: Tariq Teguia. BUCH: Tariq Teguia, Yacine Teguia. KAMERA: Nasser Medjkane, Hacène Aït Kaci. SCHNITT: Rodolphe Molla. MIT: Fethi Ghares, Diana Sabri, John W. Peake.

Ibn Battuta muss nach Beirut reisen. Er ist Journalist einer algerischen Tageszeitung und hat die Spur der Zandsch-Rebellen aufgenommen: Dabei handelt es sich um schwarze Sklaven, die sich im 9. Jahrhundert gegen das Kalifat der Abbasiden gestellt hatten. Doch typisch für Teguia, verliert sein Protagonist im Laufe der eindrucksvoll geschilderten Reise sein Ziel immer mehr aus den Augen. Stattdessen trifft er die wunderschöne Nahla.

» SO. 02. 11., URANIA, 20.00 UHR

MO. 03. 11., METRO, ERIC PLESKOW SAAL, 14.30 UHR

FR. 31. 10., STADTKINO IM KÜNSTLERHAUS, 11.00 UHR

49 VIENNALE 2014


RETROSPEKTIVE

’14

RE T R OS P E KTI V E

John FORD

Der General Sechs Jahrzehnte lang prägte John Ford den Mythos Amerikas und des Wilden Westens wie kein Zweiter: In Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Filmmuseum zollt die VIENNALE mit dieser Retrospektive einem der großen filmischen Chronisten seiner Zeit Tribut.

Stagecoach

The Iron Horse

7 Women

WESTERN. USA 1939. LÄNGE: 96 Min. REGIE: John Ford. BUCH: Dudley Nichols nach der Kurzgeschichte von Ernest Haycox. KAMERA: Bert Glennon. SCHNITT: Otho Lovering, Dorothy Spencer. MIT: John Wayne, Claire Trevor, Andy Devine.

HISTORIENDRAMA. USA 1924. LÄNGE: 122 Min. REGIE: John Ford. BUCH: Charles Kenyon, John Russell. KAMERA: George Schneiderman. SCHNITT: Hettie Gray Baker. MIT: George O’Brien, Madge Bellamy, Charles Edward Bull.

DRAMA. USA 1965. LÄNGE: 84 Min. REGIE: John Ford. BUCH: Janet Green, John McCormick nach der Kurzgeschichte von Norah Lofts. KAMERA: Joseph LaShelle. SCHNITT: Otho Lovering. MIT: Anne Bancroft, Sue Lyon, Margaret Leighton.

John Waynes wahre Geburtsstunde und John Fords endgültiger Durchbruch: Sieben Fremde, eingepfercht in einer kleinen Kutsche, reisen durch indianisches Territorium nach Lordsburg. Formal atemberaubend peitscht Ford seine konträren Individuen aus allen erdenklichen Ecken der Gesellschaft auf engstem Raum von einem Höhepunkt zum nächsten und initiiert damit nicht nur die vorläufige Wiedergeburt des Westerns, sondern auch ein Lehrwerk für die Ewigkeit.

Die simple Geschichte eines Eisenbahn-Scouts, der den Mörder seines Vaters sucht, wird zum ersten Prüfstein in der langen Karriere von John Ford: In seinem ersten big picture muss er nicht nur widrigsten Drehbedingungen trotzen, sondern zeitgleich auch 5000 Statisten und eine launische Darstellerriege zähmen. Fords unglaubliche Hingabe machte The Iron Horse dennoch zum großen Erfolg und zu einem Historiendrama par excellence!

Kein Western, kein Kriegsfilm, sondern ein wütendes, kammerspielartiges Drama in der Tiefe von Nordchina mit einem Frauenensemble im Mittelpunkt: Mit seinem letzten Film überraschte John Ford nicht nur Fans und Kritiker gleichermaßen, sondern unterstrich einmal mehr, warum ihm gerade seine filmische Wandlungsfähigkeit und sein kritisches Gespür zu weit mehr machten, als einem raubeinigen Westernregisseur mit Pistolenfaible.

» SA. 18. 10., FILMMUSEUM, 18.30 UHR SA. 29. 11., FILMMUSEUM, 21.00 UHR

» SO. 19. 10., FILMMUSEUM, 20.15 UHR SA. 08. 11. FILMMUSEUM, 16.00 UHR

50 VIENNALE 2014

» DO. 30. 10., FILMMUSEUM, 16.00 UHR FR. 14. 11., FILMMUSEUM, 18.30 UHR

FOTOS: SAMMLUNG ÖSTERREICHISCHES FILMMUSEUM

Sprung vom unterbudgetierten B-Western zum epischen Historienkino gelingt Ford mühelos. Es folgt eine Karriere. in der ein Höhepunkt den nächsten jagt: Mit Stagecoach (1939) brachte er den nicht nur den sinnbildlichen Karren (und John Waynes Karriere) endgültig zum Laufen, um dann mit solch zeitlosen Meisterwerken wie The Grapes of Wrath (1940), How Green Was My Valley (1941) und The Quiet Man (1952) seine filmische Vielseitigkeit unter Beweis zu stellen. Die VIENNALE-Retro zeigt eine dichte und repräsentative Auswahl aus ca. 50 Filmen aus allen Schaffensperioden des US-Regisseurs, die auch Peter Bogdanovichs eindringliches Interview-Porträt Directed By John Ford (1971) einschließt.

FOTOS: DAVID RAMS

WENN EIN FILMEMACHER nach über 140 Filmen mit seinem finalen Werk noch überraschen kann, dann gehört er zweifellos zu den ganz Großen: Als John Ford 7 Women (1965) in die Kinos bringt, setzt er ein letztes Ausrufezeichen hinter eine Karriere, für die es nicht genug Superlative gibt und die dennoch oft unterschätzt wird. Denn ein ausgewiesener Westernregisseur ist der 1894 in Mayne geborene Sohn einer irischen Einwandererfamilie zwar schon in seiner Stummfilmphase, wie Bucking Broadway (1917), Just Pals (1920) oder die einzig verbliebene Filmrolle von The Last Outlaw (1919) beweisen, doch spätestens mit The Iron Horse (1924) legt er die obligatorische Genreumklammerung eindrucksvoll ab: Der


PRIME Das österreichische Serienmagazin

OKTOBER 2014

TIME

CLIVE OWEN Aufschneider

EVA GREEN Augenweide

TIMOTHY OLYPHANT

Aufräumer

JUSTIN THEROUX Außenseiter

THE WALKING DEAD ZOMBIES PFLASTERN SEINEN WEG: ANDREW LINCOLN IM EXKLUSIV-INTERVIEW

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