Solidarität 2/2022

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Asbest

Solidarität 2/2022

«ES SIND DIE ARMEN, DIE KRANK WERDEN» In den meisten afrikanischen Ländern ist Asbest nicht verboten und wird weiterhin verwendet oder sogar in Minen abgebaut. Die Gewerkschaft BHI engagiert sich für ein Asbestverbot. Text: Katja Schurter, verantwortliche Redaktorin der Solidarität, Foto: Kevin Walsh

«Die Gesetze werden nicht durchgesetzt», meint Crecentia Mofokeng auf die Frage, wie es möglich sei, dass zum Beispiel in Südafrika und Moçambique Asbest trotz Verbots immer noch verwendet wird. «Doch die meisten afrikanischen Länder haben Asbest nicht einmal verboten – und Zimbabwe baut es gar weiterhin ab. Das muss aufhören.» Deshalb setzt sich die Verantwortliche der Gewerkschaft Bau- und Holzarbeiter*innen Inter­ national (BHI) für Afrika und den Mittleren Osten für ein weltweites Asbestverbot ein. Ein Stoff für die Armen Sie weiss, warum Asbest weiter verwendet wird: «Weil es billig ist. Hier gibt es eine Kluft zwischen Arm und Reich. Es sind die Armen, die krank werden.» Zum Beispiel Arbeiter*innen, aber auch ihre Familien und Gemeinschaften, die dem Staub ausgesetzt sind, den diese nach Hause bringen, oder die in asbestverseuchten Häusern wohnen. Asbest wird weiterhin in Autos, Pneus, Wasserleitungen und Zement verwendet. Die meisten Arbeiter*innen wissen nicht, wie gefährlich die Faser ist. Deshalb setzt die BHI-Kampagne auf Sensibilisierung und Informationen, wie sie sich schützen können. «Wir haben schon 10 000 Arbeiter*innen erreicht mit unseren Flyern zum Verbot und Schutz vor Asbest.

Am 28. April 2021, dem Memorial Day, haben wir mit einem Erinnerungsbaum allen gestorbenen Arbeiter*innen gedacht. Asbest ist ein Killer.» Weltweit sind 125 Millionen Menschen an ihrem Arbeitsplatz Asbest ausgesetzt, für Afrika fehlen konkrete Zahlen. «Todesfälle werden nicht gemeldet und die Arbeiter*innen nicht darüber informiert», sagt Mofokeng. Es braucht Druck Doch nicht nur die Arbeitenden wissen über die Gefährlichkeit von Asbest nicht Bescheid, sondern auch Arbeitgeber*innen und Regierungen. Deshalb engagiert sich die BHI in tripartiten Verhandlungen mit Vertreter*innen von Regierungen, Arbeitgebenden und Gewerkschaften. «Es braucht eine starke Gewerkschaftsbewegung, damit sich die Regierungen bewegen», weiss Mofokeng aus Erfahrung. «Russland, Brasilien, Kasachstan und China produzieren weiterhin Asbest und exportieren es in Entwicklungs- und Schwellenländer, die sich kein teures Material leisten können. Sie bezahlen viel Geld, um für ihre Produkte zu werben, und verbreiten Lügen über deren Ungefährlichkeit. Und unsere mit China befreundeten Regierungen lassen es zu, dass die Gesetze gebrochen werden», empört sie sich. «Dabei wäre es problemlos möglich, andere Materialien zu verwenden.» Mofokeng fordert nationale Verbote, die auch durchgesetzt werden, und dass Asbest endlich in die Rotterdam-Konvention (siehe Seite 5) aufgenommen wird, damit Arbeiter*innen informiert zustimmen müssen, wenn Asbest verwendet wird – was faktisch auf ein weltweites Verbot hinauslaufen würde. Bleibt die Frage, wie sich der Rückbau von Asbest auf sichere Weise bewerkstelligen lässt: «Wie können wir verhindern, dass dabei nicht wieder die Luft verschmutzt und Menschen gefährdet werden?» Ein Problem, das auch in der Schweiz noch nicht gelöst ist.

Asbestmine in Mashaba in Zimbabwe.


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