Stadträume : Skateräume – Wouter Mikmak

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TU Dortmund | Fakultät Raumplanung | SoSe 2014

Abgabedatum: 30.07.2014

Masterarbeit

Stadträume : Skateräume Handlungsempfehlungen zum Umgang mit Skateboarding in der Stadtplanung

Im Rahmen des Masterstudienganges Raumplanung im 3. Fachsemester vorgelegt von: Wouter Mikmak | Matrikelnummer: 123733 | Wouter.Mikmak@uni-dortmund.de Betreuung:

Dr. Nina Schuster | Fachgebiet Stadt- und Regionalsoziologie Dipl.- Ing. Päivi Kataikko | Fachgebiet Städtebau, Stadtgestaltung und Bauleitplanung i


Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis ..................................................................................................................................... i Abbildungsverzeichnis ..............................................................................................................................ii Tabellenverzeichnis ..................................................................................................................................ii Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................................................iii 1. Einleitung ............................................................................................................................................. 1 2. Methodik ............................................................................................................................................. 4 3. Skateboarding...................................................................................................................................... 6 3.1 Wie alles begann – von den Wellen auf die Straße....................................................................... 7 3.2 Skateboarding in Deutschland..................................................................................................... 12 3.3 Modernes Streetskateboarding .................................................................................................. 13 3.4 Abriss: Sexismus im Skateboarding ............................................................................................. 19 4. Skateboarding und Stadträume ........................................................................................................ 22 4.1 Streetskateboarding und Spots ................................................................................................... 23 4.2 Skateparks und Skateplaza .......................................................................................................... 34 4.3 D.I.Y.-Spots .................................................................................................................................. 42 5. Die Diskussion über den öffentlichen Raum ..................................................................................... 46 5.1 Skateboarder als Raumpioniere .................................................................................................. 48 5.2 Verfolgung und Verdrängung von Skateboardern im öffentlichen Raum .................................. 55 6. Worst-Practice und Best-Practice Beispiele vom Umgang der Städte mit Skateboarding ............... 60 6.1 Negativ-Beispiele für den Umgang von Städten mit Skateboarding ........................................... 60 6.2 Positiv-Beispiele für den Umgang von Städten mit Skateboarding ............................................ 64 7. Direkte und indirekte Potentiale in der Skateboardszene für die Stadt ........................................... 70 7.1 Berufliche Orientierung in der Skateboardszene ........................................................................ 70 7.2 Zusammenhänge zwischen Skateboarding und Kunst ................................................................ 72 7.3 Skateboardvereine ...................................................................................................................... 74 8. Handlungsempfehlungen für den Umgang mit Skateboarding in der Stadtplanung ........................ 76 9. Fazit ................................................................................................................................................... 85 Literatur ................................................................................................................................................... iv Anhang ................................................................................................................................................... xii

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Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Ausschnitt aus der Skatemap New York in der MSM Nr.278 .......................................... 26 Abbildung 2: Konzept der zentralen Orte nach Christaller ................................................................... 27 Abbildung 3: Katalog-Skatepark in Hannover ....................................................................................... 41 Abbildung 4: Integrierter moderner Skatepark: LGS Giessen ............................................................... 41 Abbildung 5: D.I.Y. Skatepark in Hannover ........................................................................................... 45 Abbildung 6: Skateboarder in Köln werden beim Skaten beobachtet .................................................. 52 Abbildung 7: Skatestopper in Form eines Seesterns............................................................................. 61 Abbildung 8: Skateskulptur „1000 Plateaus“ in Berlin .......................................................................... 65 Abbildung 9:The Skateboarding Art ...................................................................................................... 72 Abbildung 10: Theoretisches Konzept eines skateboardbezogenen Rahmenplans in Anlehnung an Christallers Konzept der zentralen Orte ................................................................................................ 81 Abbildung 11: Wirkungskreis der Raumplanung in der Skateleitplanung und bisherigen skateboardbezogenen Planung ............................................................................................................. 84

Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Merkmalskatalog für Skateboardspots................................................................................. 28 Tabelle 2: Anhaltspunkte für Abstände von Skateanlagen zu Wohnbebauung .................................... 82 Tabelle A: Entwicklung des Skateboardsports mit raumplanerischem Bezug………………………..……..…..xv

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Abkürzungsverzeichnis DDS:

Dachverband Deutscher Skateboarder

IOC:

International Olympic Committee

ISF:

International Skateboarding Federation

MBFJ: Ministerium für Bildung, Frauen und Jugend MSM: Monster Skateboard Magazine

Gendererklärung: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen

verzichtet.

Die

gewählten

männlichen

Wortwendungen

implizieren

jedoch

selbstverständlich auch die weiblichen und alle anderen Formen von Geschlecht. Die Begriffe Skater und

Skateboarder werden somit synonym auch für Skateboarderinnen oder Skaterinnen verwendet. Besonderer Bezug zur Geschlechterthematik in der Skateboardszene wird in Kapitel 3.4 vorgenommen.

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1. Einleitung Skateboarding prägt die Sichtweise eines Menschen auf die Stadt. Diese spezielle Sichtweise als Skateboarder führte nach meinem Abitur zur Motivation, das Studium der Raumplanung zu beginnen, um nachvollziehen zu können Wie, Warum und für Wen in der Stadt geplant wird. Als Abschluss des Studiums greife ich nun auf die Gedanken und Fragestellungen zu Beginn des Studiums, vor einem fachlichen Hintergrund, zurück und erörtere das Wie und Warum für Skateboarding geplant wird. Skateboarder sind heutzutage ein fester Bestandteil der Jugendkultur und Skateboarding wird inzwischen auf der ganzen Welt betrieben. Die Preisgelder, Werbeverträge und Einnahmen von Sponsoren für professionelle Skateboarder steigen aufgrund der stetig wachsenden Popularität zunehmend. Dies wird unter anderem durch den Einstieg von großen und bekannten Herstellerfirmen von Schuhen und sonstigen Kleidung in die Skateboardindustrie ermöglicht, die neue massentaugliche und medienwirksame Formate zur Vermarktung von Skateboarding entwickeln. Auch in der Werbung wird das junge und frische Image von Skateboardern zunehmend zur Verbesserung des Firmenimages eingesetzt. Dass in der medialen Inszenierung als konfliktfrei dargestellte Image der Skateboarder, steht dabei im Gegensatz zu der tatsächlichen, alltäglich erfahrenen Ablehnung von Skateboardern im öffentlichen Raum. Anwohner beschweren sich über Lärm und Zerstörung öffentlichen Eigentums durch Skateboarder. Die Städte verhindern Skateboarding auf öffentlichen Plätzen durch Anbringung von Skatestoppern und im Allgemeinen gelten sie als Unruhestifter. Planungen für Skateboarder beziehen sich ausschließlich auf Skateparks und werden vielmals ohne fachlichen Hintergrund vorgenommen. Die Skateparks dienen dabei oftmals lediglich als Vorwand zur Verdrängung aus dem öffentlichen Raum. Die Kommunikation zwischen Skateboardern, der Politik und der Planung ist vielerorts aufgrund beidseitigen Argwohns eingefroren. Die aktuellen Entwicklungen in der deutschen Raumplanung der Städte und innerhalb der Skateboardszene zeigen jedoch, dass das Eis an manchen Stellen beginnt zu brechen. Durch die Bündelung von Ressourcen in modern organisierten Skateboardvereinen, ergeben sich neue Möglichkeiten zur Kommunikation und Partizipation in der Planung und dem Bau von Skateparks. Die D.I.Y.Bewegung im Skateboarding birgt großes Potential und schafft in Eigeninitiative, nicht nur in Deutschland, skatebare Räume von Skateboardern für Skateboarder. Die Untersuchung dieser bereits vorhandenen Potentiale in der Planung sowie in der Skateboardszene, liegt im Fokus der vorliegenden Arbeit. Dabei wird die Entwicklung eines Planungsinstrumentes angestrebt, dass die vorhandenen Potentiale durch Hinzuziehung von theoretischen und praktischen Konzepten und Instrumenten der Raumplanung, mit den aus der Arbeit gewonnenen Erkenntnissen, über die Sichtweise von Skateboardern auf den urbanen Raum, verbindet. Die bisherigen Grenzen von skateboardbezogenen Planungen werden dabei überschritten und öffnen den Weg für neue, gesamtstädtische Steuerungsformen für Skateboarding. 1


Die Literaturrecherche zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema Skateboarding in der Raumplanung sowie die eigenen Erfahrungen als Skateboarder haben zu der Erkenntnis geführt, dass Skateboarding in der bisherigen Planung lediglich in Bezug auf Skateparks oder der Verhinderung von Skateboarding im öffentlichen Raum eine Rolle spielt. Dabei stehen in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung seitens der Planung, die finanziellen Aspekte bei der Errichtung von Skateparks sowie die negativen Auswirkungen von Skateboarding im Vordergrund, wodurch die Potentiale oftmals ausgeblendet werden. Planung in Bezug auf Skateboarding war in der Vergangenheit vielmals durch Missverständnisse und Vorurteile geprägt und führte infolgedessen zu Fehlplanungen, Fehlinvestitionen und daraus wachsendem gegenseitigen Unverständnis. Gesamtstädtische und integrierte Planungsansätze sind bislang nur vereinzelt vorhanden. Die in den letzten fünf bis zehn Jahren zu beobachtenden Entwicklungen innerhalb der Skateboardszene zeigen jedoch, dass erhebliche Potentiale im Skateboarding für die Städte und umgekehrt vorhanden sind. Die vorliegende Arbeit zielt zum einen darauf ab, die Missverständnisse zwischen Planung und Skateboarding zu identifizieren und aufzuklären und zum anderen aufzuzeigen, wie die Potentiale innerhalb eines gesamtstädtischen und integrierten Planungsansatzes zum Vorteil der Städte, als auch der Skateboarder, aktiviert werden können. Die Forschungsfrage lautet somit: Welche Potentiale liegen für eine Stadt im Skateboarding und wie

können diese mithilfe der Stadtplanung aktiviert werden? Anhand der Kombinierung des planerischen Konzeptes der zentralen Orte von Christaller und dem Instrument der Spielleitplanung, wird vor dem Hintergrund der Sichtweise von Skateboardern auf den Raum, das Konzept der Skateleitplanung entwickelt. Die in Skateboarding inhärenten Mechanismen der Wahrnehmung des Raumes, der Neu-Interpretation, sowie der kreativen Umgestaltung und Umwidmung von räumlichen Elementen, schaffen, innerhalb des Konzeptes der Skateleitplanung, die Grundlage für eine gesamtstädtische Steuerung von Skateboarding. Hierzu ist zunächst die Betrachtung der Hintergründe des Skateboardings unabdingbar. Kapitel 2 erläutert zunächst das methodische Vorgehen bei der Aufarbeitung der wissenschaftlichen Literatur und der Ergänzung dieser durch Experteninterviews, durch Zeitungsartikel und Szenemagazine, wie auch dem persönlichen Austausch mit dem Vorsitzenden eines Skateboardvereins. Im anschließenden Kapitel 3 werden die für die Raumplanung relevanten historischen Hintergründe des modernen Skateboardings aufgezeigt. Das Kapitel dient vor allem der Aufklärung von grundsätzlichen Missverständnissen in Bezug auf die Ambitionen und Hintergründe des Handelns von Skateboardern. Nur wer die Vergangenheit kennt und versteht, kann auch für die Zukunft planen. Kapitel 4 ist als Fortführung von Kapitel 3, im Sinne der Aufklärung von Missverständnissen zu begreifen, da es im Detail auf die von Skateboardern genutzten Orte und Räume eingeht. Eine differenzierte Betrachtung der von Skateboardern genutzten Räume und Orte, den sogenannten Spots, erfolgt bislang in 2


der wissenschaftlichen Auseinandersetzung seitens der Planung nicht und hat in der Vergangenheit zur Beschränkung auf die Planung von Skateparks geführt. Kapitel 5 gibt zunächst einen kurzen Überblick über die fachliche Diskussion um den öffentlichen Raum, um anschließend auf die Rolle des Skateboarding in diesem einzugehen. Der öffentliche Raum ist als „natürliche Umwelt― der Skateboarder anzusehen, welcher die Streetskateboarder als Raumpioniere seit Beginn der neunziger Jahre für sich nutzen. In ihm sind die zuvor aufgeführten Spots verortet, an denen die meisten Konflikte mit Skateboarding sowie die Potentiale im Skateboarding sichtbar werden. Kapitel 6 dient der Schaffung einer Übersicht über bisherige Planungen bzw. den Umgang der Planung und Politik mit dem Thema Skateboarding. Die angeführten Negativ-Beispiele zeigen auf, wie Fehlplanungen und damit verbundene Fehlinvestitionen aufgrund von Fehleinschätzungen entstehen. Die angeführten Positiv-Beispiele verdeutlichen wie die Potentiale im Skateboarding aktiviert werden können und geben Hinweise zur Umsetzung ähnlicher Projekte in anderen Städten. Kapitel 7 stellt dar, welche direkten und indirekten Potentiale im Skateboarding, über die bis dahin aufgeführten Beispiele hinaus, im Hintergrund der Szene vorhanden sind. Neben den direkt im Raum zu verorteten Potentialen, spielt die, im Hintergrund der Szene stattfindende und durch Skateboarding beeinflusste, berufliche Orientierung von Skateboardern, der Zusammenhang mit der künstlerischen Interpretation von Skateboarding und die Verbindung und Umsetzung beider Aspekte, innerhalb eines modern organisierten Skateboardvereins, eine entscheidende Rolle für die Aktivierung der Potentiale durch die Stadtplanung. Kapitel 8 fügt die in den vorab vorgestellten Kapiteln erreichten Erkenntnisse zu dem Konzept der Skateleitplanung zusammen, um Handlungsempfehlungen zum Umgang mit Skateboarding in der Stadtplanung herauszuarbeiten. Es wird aufgezeigt, wie innerhalb einer gesamtstädtischen, integrierten Planung von Skatespots, eine räumliche, konfliktarme Steuerung von Skateboarding zum Vorteil der Skateboarder sowie der Stadt umgesetzt werden kann. Des Weiteren zeigt das Kapitel auf, wie die negativen Auswirkungen von Skateboarding im Allgemeinen gemindert werden können. Im abschließenden Kapitel 9 werden die wichtigsten Inhalte und Ergebnisse der Arbeit dargestellt und es wird die Forschungsfrage beantwortet.

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2. Methodik Im Zuge der Bearbeitung der vorliegenden Masterarbeit finden unterschiedliche Methoden Anwendung. Diese ermöglichen eine differenzierte Betrachtung und Annäherung an die Thematik Skateboarding in Bezug auf eine wissenschaftliche Auseinandersetzung. Hierzu wird zum einen die Durchführung dreier Experteninterviews vorgenommen, um Zugang zu Informationen über aktuelle Entwicklungen zu erhalten, welche nicht durch die schriftliche Literatur abgedeckt werden können. Zum anderen werden durch den Zugang zum digitalen Archiv von Europas größter Skateboardzeitschrift Monster Skateboard Magazine (MSM), relevante Artikel der letzten fünf Jahre als Quelle für die Darstellung der szeneinternen Sicht verwendet. Darüber hinaus bieten die Informationen aus dem E-Mail-Kontakt mit dem Vorsitzenden des Hamburger Skateboardvereins Christopher Graham Einblicke in die Struktur, die Ambitionen und die aktuell behandelten Themen eines modernen Skateboardvereins. Es bleibt anzumerken, dass die Abdeckung aktueller Quellen zur Darstellung der Sichtweise der Skateboardszene sowie der Beispiele für skateboardbezogene Planungen, nur durch die Berücksichtigung von Internetrecherchen erschlossen werden können. Die Auswahl der Interviewpartner begründet sich durch die jeweilige Position der Interviewten im Kontext von Skateboarding. Alle Interviewpartner haben vor Beginn der Tonaufzeichnung ihr Einverständnis über die Aufnahme und die anschließende Verschriftlichung in der Masterarbeit abgegeben. Der erste Interviewpartner, Ingo Naschold, war lange Zeit Profiskateboarder und als freier Mitarbeiter bei der Betongussfirma Concrete Rudolph angestellt, welche Fertigbauteile für Skateboardrampen herstellt, bevor er Geschäftsführer von DSGN concepts wurde, einem Planungsbüro für alternative Bewegungsräume. Aufgrund seiner langjährigen Erfahrung als aktiver Skateboarder, in Kombination mit dem Wissen von Skateparkplanungen, ergibt sich die Möglichkeit durch das Interview Informationen zu transferieren, welche zum einen Einblicke in die Hintergründe von Skateparkplanungen in der Vergangenheit ermöglichen und zum anderen aktuelle Planungstendenzen von Skateparks aufzeigen, die nicht durch wissenschaftliche oder Szeneliteratur abgedeckt werden können. Mithilfe der zweiten Interviewpartnerin Uta Jülich von der Stadt Bielefeld, Abteilung Bauamt, gesamträumliche Planung und Stadtentwicklung und Projektleiterin in der Endphase der größten innerstädtischen Skateanlage in Deutschland, wird ein Einblick in den Ablauf des Planungsprozesses und der Wahrnehmung von Skateboarding aus Sicht eines städtischen Akteurs gegeben. Als dritter Interviewpartner erweitert Christian Peters in seiner Position als Sportwissenschaftler die Perspektive der Planung um eine sportgeographische Sichtweise auf Skateboarding. Besonders die in Deutschland einzigartige, über einen längeren Zeitraum durchgeführte, ethnographische Untersuchung der Skateboardszene auf der inzwischen „skategestoppten― Domplatte in Köln ist hierbei von Interesse, 4


um einen Einblick in die sozialen Praktiken, die Interpretation von Skateboarding als Körper-Raum-Spiel und die Bedeutung von Spots für die Szene zu erhalten. Alle drei Interviews sind als offene leifadengestützte Experteninterviews umgesetzt. Hierdurch ergeben sich der Vorteil der Freiheit bei der Frageformulierung und die Möglichkeit die Reihenfolge der Fragen dem Gesprächsverlauf anzupassen sowie nach Bedarf zu streichen (Hopf 1995: 177). Des Weiteren ergibt sich durch das Fehlen von Antwortvorgaben, wie beispielsweise im standardisierten Interview, die Möglichkeit der freien Artikulierung von Ansichten und Erfahrungen seitens der befragten Experten (ebd.). Die im Leitfaden formulierten Fragen können zudem vom Interviewer nach eigenem Ermessen durch klärende Nachfragen ergänzt werden (ebd.). Die Transkription der Audioaufnahmen zielt bewusst nicht auf ein Höchstmaß an Genauigkeit der Klassifikation von Äußerungen, also den sprachlichen Elementen, sondern fokussiert sich auf die Inhalte. Es wird nur jeweils so viel und so genau transkribiert, wie es von der Fragestellung her tatsächlich notwendig erscheint und beugt damit der Gefahr vor, dass Aussage

und

Sinn

des

transkribierten

in

seiner

Differenziertheit

und

der

resultierenden

Unübersichtlichkeit der erstellten Protokolle verlorengehen (Flick 1995: 162). Eine weitere Kategorisierung oder Paraphrasierung wird nicht vorgenommen, da keine Auswertung anhand eines Kategorienschemas für die Verwendung der zentralen Inhalte aus den Interviews in den Argumentationslinien der Arbeit notwendig ist. Die Interviews dienen in erster Linie der Komplementierung und Ergänzung von Informationen zu aktuellen Entwicklungen in jüngster Vergangenheit und Zukunft und bedürfen daher keiner weiteren Bearbeitung. Zum besseren Überblick werden allerdings die grundlegendsten Aussagen in den Interviews, als auch die Aussagen auf die im Fließtext Bezug genommen wird in der Transkribierung textlich hervorgehoben und kenntlich gemacht.

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3. Skateboarding Zur Einführung in die Thematik des Skateboarding gibt das Kapitel 3 einen Einblick in den Ursprung und die Entwicklung des Skateboardings. Es werden grundlegende Begriffe erläutert, die als Basis für das Verständnis von skateboardbezogenen Planungen unabdingbar sind. Außerdem werden technische Weiterentwicklungen des Skateboardmaterials benannt, welche zur Entwicklung des modernen Skateboardings geführt haben. Des Weiteren wird die Entwicklung neuer Tricks und die damit zusammenhängende gedankliche Weiterentwicklung thematisiert, welche zu einer für moderne Skateboarder typischen Sichtweise auf die Gestalt der Stadt geführt hat. Kapitel 3.1 beleuchtet zunächst wie Skateboarding aus dem Wellenreiten entstanden ist und sich im Laufe der Jahre zu einer eigenständigen Sportart entwickelt hat. Die Entwicklung war dabei stets von periodisch auftretenden „Skateboardbooms― geprägt, die sich neben den Auswirkungen auf die Beliebtheit und damit die Anzahl an Skateboardern auch räumlich durch den Bau oder Abriss von Skateboardanlagen äußerten. Zudem werden erste Differenzierungen der unterschiedlichen Arten von Skateboarding vorgenommen, um einen Einblick in die Vielfältigkeit im Skateboarding zu ermöglichen. Kapitel 3.2 nimmt besonderen Bezug zu der Entwicklung und dem Aufbau der Skateboardszene in Deutschland, welche bis in die neunziger Jahre vom amerikanozentrischen Weltbild in der Skateboardszene geprägt war. Eines der Hauptprobleme beim Umgang mit Skateboarding in der Stadtplanung, entsteht durch Missverständnisse in der Interpretation des Bedarfes von Skateboardern. Um die Missverständnisse seitens der Planung bezüglich des Bedarfes, als auch der Präferenz der Nutzung bestimmter räumlicher Elemente oder Orte im urbanen Raum ausräumen zu können, werden im Kapitel 3.3 zunächst der mentale, körperliche als auch mediale Aspekt im Skateboarding untersucht. Auf diese Weise werden die Unterschiede zu traditionellen Sportarten aufgezeigt und der daraus abzuleitende, von der traditionellen Sport- und Spielplatzplanung abweichende Handlungsbedarf der skateboardbezogenen Planung deutlich. Auch das für die Stadt positive Potential der pädagogischen und sozialen Aspekte im Skateboarding wird angeführt, jedoch teilweise erst im späteren Verlauf der Arbeit weitergehend erläutert. Das Kapitel 3 dient in seiner Zusammenschau der Darstellung von Skateboarding als ganzheitlichen Lebensstil. Die Abwendung von der Sichtweise von Skateboarding als reines Freizeitvergnügen und als Hobby von Kindern, ermöglicht der Planung und Politik erst die Wahrnehmung der daraus resultierenden Potentiale. Welche Potentiale gemeint sind und wie sie für die Stadt eingesetzt werden können, wird in den nachfolgenden Kapiteln untersucht.

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3.1 Wie alles begann – von den Wellen auf die Straße Ziel der Arbeit ist es unter anderem, ein besseres Verständnis und eine bessere Nachvollziehbarkeit für das Handeln der Skateboarder aus Sicht der Raumplanung zu schaffen. Hierzu wird zunächst der Fokus auf die Entstehungsgeschichte des Skateboardings gerichtet. Im Zuge der Erläuterungen für szeneinterne Entwicklungen und Darstellungen der Problematiken, werden oftmals szeneinterne Begriffe verwendet. Um die Nachvollziehbarkeit dieser Begriffe gewährleisten zu können, sei an dieser Stelle auf das im Anhang aufgeführte Glossar hingewiesen. Darüber hinaus sind im Glossar auch weitere Szenebegriffe erläutert, welche bei einer weiterführenden Auseinandersetzung mit dem Thema Skateboarding und für die planerische Umsetzung von skatebaren Elementen von Interesse sind. Des Weiteren ist auf die im Anhang aufgeführte Tabelle A hinzuweisen, welche stichpunktartig die wichtigsten Entwicklungen im Skateboarding mit raumplanerischen Bezug aufzeigt. Die Ursprünge des Skateboardings liegen im Wellenreiten und sind bereits 3000 vor Christus zu datieren (Krosigk 2006: 11). So zeigen peruanische Ruinen Darstellungen von Menschen die auf einer bootähnlichen Holzplanke auf den Wellen „reiten― (ebd.). Ebenso waren die Polynesier im 19. Jahrhundert als die „Könige der Meere― bekannt und waren mit ihrer Art des Wellenreitens schon um einiges näher am heutigen Surf-Sport als die Peruaner (ebd.). Durch die Reisen der Polynesier gelangte das Wellenreiten schließlich nach Hawaii und erlebte dort seine erste Blütezeit (Krosigk 2006: 12). Durch die Christianisierung wurde das Surfen jedoch verboten und fast vollkommen ausgerottet, da es als sittenlos, heidnisch und nutzlos angesehen wurde (ebd.). Im 20. Jahrhundert kehrte das Surfen wieder zurück und etablierte sich in der Form, in der wir es heute kennen (ebd.). Der Sprung vom Wasser auf die Straße wurde durch unterschiedlichste technische Entwicklungen und dem Pioniergeist verschiedener Erfinder begünstigt und überhaupt erst möglich. Eine dieser Entwicklungen war zunächst die Erfindung der Rollschuhe im Jahr 1760 durch einen belgischen Musikinstrumenten-Hersteller, der seine Schlittschuhe in einem spontanen Anflug von Kreativität mit Metallrädern ausstattete und somit den ersten Rollschuh erfand (Krosigk 2006: 13f.). Bis zur Entwicklung des Skateboards wie wir es heute kennen, gab es zunächst noch einige Zwischenformen, die den Namen Skateboard noch nicht verdient hatten, aber den wesentlichen Aspekt des Rollens durch den bereits erfüllten (ebd.). So wurden Scooter zu Skateboards umgebaut, indem die Lenkstange entfernt und der Scooter so von einem Kinderspielzeug und Transportmittel zum Skateboard wurde (ebd.). Die ersten rein als Skateboard gebauten fahrbaren Untersätze, waren nicht im Kaufhaus erhältlich, sondern wurden um 1950 in amerikanischen Hinterhöfen zusammengeschraubt (ebd.). Jugendliche kamen auf die Idee, die Rollen und Achsen ihrer Rollschuhe auf Bretter zu schrauben und erfanden so das Skateboard (ebd.). Diese ersten Versuche waren durch das feststehende Fahrgestell der Rollerskates jedoch nicht lenkbar und waren zudem mit Metallrollen versehen, die weder Bodenhaftung erzeugten, noch große 7


Geschwindigkeiten zuließen (ebd.). Auch die Bretter waren mit dem heutigen Standard nicht zu vergleichen. Sie hatten keine Wölbung, waren aus einem Stück Holz und sehr schmal (ebd.). Trotz dieser spartanischen Anfänge, war allein die Faszination sich rollend und im Stehen fortzubewegen der treibende Motor für die weitere Entwicklung des Skateboarding (ebd.). In den frühen 1950er Jahren war Skateboarden nur ein Hobby für Kinder (Krosigk 2006: 14). Dies änderte sich jedoch rasant mit dem Surfboom in Kalifornien. Skateboarding profitierte vom Surfboom und schwamm buchstäblich auf der großen Welle der Euphorie mit (ebd.). Die Idee das Gefühl des Wellenreitens auf die Straße zu übertragen, entwickelte sich zu einer völlig neuen Sportart (ebd.). So kann das Jahr 1962 als Geburtsstunde des Skateboards bezeichnet werden (Andrejtschitsch 1991: 11). Es gab zwar noch keine Skateboardindustrie, aber durch den Boom und die steigende Nachfrage wurden ab 1964 große Skateboardproduktionen gestartet und auch das erste Skateboardmagazin SkateBoarder wurde 1965 veröffentlicht

(ebd.).

In

diesem

Jahr

fanden

in

Anaheim,

Kalifornien

auch

die

ersten

Skateboardmeisterschaften statt, welche lediglich die Disziplinen Slalom und Freestyle kannten (ebd.). Aufgrund der wachsenden Beliebtheit des Skatens und der damit einhergehenden generell gestiegenen Aufmerksamkeit, wurde Skateboarding mit einem Phänomen konfrontiert, dass es bis heute begleitet, die Illegalität (ebd.). Viele amerikanische Gemeinden erließen Verordnungen und Gesetze, mit denen sie das Skateboardfahren auf öffentlichen Straßen und Plätzen verboten (ebd.). Diese Verbote dämpften zwar den Boom, doch sie hatten auch zur Folge, dass die Skater sich anderweitig nach skatebaren Orten umsehen mussten (ebd.). Dabei kam die Verordnung der kalifornischen Regierung, Wasser aufgrund der extremen Dürre einzusparen, den Skatern zugute, da sehr viel Swimmingpools trockengelegt werden mussten (Website PlanetWissen). Wenn die Situation es erlaubte und die Bewohner des Hauses nicht vor Ort waren, wurden die leeren Pools von den Skatern okkupiert und es entstand das Vertskaten, das vertikale Skateboardfahren an der Wand des Pools (Andrejtschitsch 1991: 11). Hierbei stand zunächst immer noch der Gedanke des Nachahmens von Surfbewegungen in einer wellenähnlichen Umgebung im Hinterkopf der Skater, doch sie entwickelten schon schnell neue eigenständige Tricks, die auf einer richtigen Welle mit einem Surfboard nicht möglich gewesen wären. Bis 1972 stagnierte trotz der neuen Entdeckung des Poolskatens die Entwicklung des Skateboarding und nur wenige Individualisten bildeten den harten Kern der Szene (ebd.). Die Aneignung des neuen Materials Polyurethan für die Rollen des Skateboards durch Frank Nasworthy, revolutionierte die Skateboardszene quasi über Nacht. Die neuen Rollen waren einerseits schneller, andererseits aber auch weicher und dadurch komfortabler als die bisherigen sogenannten „clay wheels― (Andrejtschitsch 1991: 12; Krosigk 2006: 18). Die Verbesserung war dabei so erheblich, dass durch vorher nie möglich gewesene Tricks, das Skateboardfahren spektakulärer wurde und einhergehend mit der neuen medialen Inszenierung durch Fotos und Videos zum Massensport avancierte (Andrejtschitsch 1991: 12). Vorreiter waren dabei die legendären Z-Boys, eine Gruppe Jugendlicher, die in Venice Beach Los Angeles, USA aufwuchsen und durch das Surfen zueinander gefunden hatten (Krosigk 2006: 22). Sie waren so 8


wichtig für die Skateboardszene von heute, weil sie eine Stilrevolution einleiteten, die bis heute einen starken Einfluss auf das Image von Skateboarding ausübt (Krosigk 2006: 23). Die Z-Boys waren die ersten, die sich mit ihrem rebellischen und aggressiven Fahrstil von dem bis dato angesagten Familiensport und den dazugehörigen Disziplinen Slalom und Freestyle lösten und ihre eigenen Wege sich auf dem Skateboard zu bewegen suchten und fanden (ebd.). Der aggressive Stil hatte seinen Ursprung in der hart umkämpften Surfszene vor Ort und wurde später auch von der Punkrockszene beeinflusst (ebd.). Skateboarding wurde in sehr kurzer Zeit so groß, dass die Skateboardhersteller es sich nun leisten konnten, einzelne Fahrer für das Ausüben ihres Sports zu bezahlen, womit das Profitum im Skateboarden geboren wurde (Andrejtschitsch 1991: 12). Nahezu die komplette Gruppe der Z-Boys erhielten die ersten großen Profi-Verträge und ebneten so den Weg für etliche weitere Fahrer, die sich nun mit Skateboarding ihren Lebensunterhalt verdienen konnten (Krosigk 2006: 23). Die bekanntesten sind dabei Tony Alva, der bis heute als der erste gilt, der einen Air über den Rand des Pools geschafft hat sowie der bis heute im Skateboardgeschäft tätige Stacy Peralta (ebd.). In den darauffolgenden Jahren werden in den USA massenhaft Betonskateparks errichtet, da die Erbauer sich aufgrund der Skatehysterie finanzielle Vorteile erhofften (Andrejtschitsch 1991: 12-13; Krosigk 2006: 19). Die Vielzahl der schnell errichteten Skateparks war jedoch nicht durchdacht und konnten den Bedürfnissen der Skater nicht gerecht werden (Andrejtschitsch 1991: 13). Lediglich eine Handvoll Skateparks wurden mit Weitsicht und hohem Aufwand erbaut und dementsprechend in der Skateboardszene der USA bekannt (darunter: Upland Skatepark, Marina Del Ray, Del Mar, Oasis und Winchester) (Andrejtschitsch 1991: 13; Krosigk 2006: 19). Die nächsten Jahre brachten einige neue Entwicklungen mit sich, wie beispielsweise akrobatischere und höhere Tricks, die Verbreiterung und Veränderung der Form des Skateboards, als auch 1976 eine weitere revolutionäre Erfindung eines neuen Tricks durch Alan „Ollie― Gelfand, dem Ollie (Andrejtschitsch 1991: 14). Der Ollie ist sozusagen die Geburt des modernen Skateboardens, da er es möglich gemacht hat, mit dem Brett vom Boden abzuheben, ohne die Hände oder sonstige Hilfsmittel wie Rampen und ähnliches zu verwenden. So wurden zum Ende der siebziger Jahre nahezu wöchentlich neue Tricks entwickelt und in den Magazinen vorgestellt (Andrejtschitsch 1991: 14). Der Ollie war dabei erst möglich geworden, weil zum einen die Form des Skateboards von einem schmalen flachen Brett, zu einem Brett mit Concave und Kicktail optimiert und zum anderen durch die Anbringung des Griptapes auf dem Brett ein verbesserter Halt auf dem Skateboard erreicht wurde (Krosigk 2006: 24). Der Ollie erweiterte in extremer Art die Möglichkeiten des Skateboardens und gilt bis heute als wichtigster Trick, der zudem die Grundlage für unzählige weitere Tricks darstellt (ebd.). Auf diese Weise wurde die erst später populär werdende Nutzbarkeit von Stufen, Treppengeländern, Bänken und vieles mehr überhaupt erst möglich gemacht (ebd.).

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Zu Beginn der achtziger Jahre durchlebte die Skateboardszene erneut, trotz aller neuen Entwicklungen, nach der allgemeinen Skateboardbegeisterung, eine Krise (Andrejtschitsch 1991: 14). Dadurch, dass der Sport sich weiterentwickelt hatte, wurde er zugleich auch gefährlicher, was zur Folge hatte, dass die Versicherungen für die Skateparks in die Höhe schossen und viele Skateparks aufgrund zu hoher Kosten schließen mussten (Andrejtschitsch 1991: 14; Krosigk 2006: 26). Dadurch, dass den Skateboardern ihr bevorzugtes Terrain genommen wurde und alle Orte an denen noch gefahren werden durfte von Regeln und Gesetzen, die der Sicherheit dienen sollten, überhäuft wurden, sank die Popularität schlagartig (Krosigk 2006: 25). Die Flaute hielt etwa fünf Jahre an, und Skateboarding blieb nur durch den Willen einiger weniger Individualisten und durch Skatevideos in einem Schattendasein am Leben (Andrejtschitsch 1991: 14). Die Weiterentwicklung der Halfpipe aus Holz und des Ollies 1985 sind grundlegend für die dritte Phase der Skateboard Begeisterung (Andrejtschitsch 1991: 14). Aufgrund des Umstandes das viele Parks bereits geschlossen hatten, fingen die Skater in ihren Hinterhöfen an, eigene Rampen aus Holz zu bauen, die sogenannten backyard ramps (Krosigk 2006: 27). Holzrampen gab es zwar schon früher, jedoch wurden sie in den achtziger Jahren wesentlich größer gebaut und um ein Flat, ein gerades Stück zwischen den beiden Viertel-Röhren, sowie um einen vertikalen Teil am oberen Ende der Viertel-Röhren, dem Vert, erweitert (ebd.). Durch diese neue Konstruktionsart konnten die Airs noch höher gemacht werden und brachten neue Stars wie den durch Computerspiele auch in der breiten Masse bekannten Tony Hawk und weitere Ikonen der Zeit hervor (ebd.). So gab es schon in den achtziger Jahren durch die Entwicklung des Ollies die Anfänge des Streetskating, jedoch dominierte das Halfpipeskating das Jahrzehnt (ebd.). Nachdem 1986 bereits die ersten Wettkämpfe im Streetskating abgehalten wurden, entwickelte sich das Fahren auf der Straße langsam aber stetig weiter, bis 1990 der Durchbruch erfolgte (Krosigk 2006: 28). Streetskating wurde zunehmend beliebter, da es ohne große Halfpipes oder ähnlichen, aufwändigen Aufbauten ausgeübt werden kann (ebd.). Die urbane Landschaft wurde Schritt für Schritt erschlossen und der kreative Umgang mit den Elementen im Stadtbild die von anderen übersehen wurden, definierte das Streetskating (ebd.). Skateboardfahrer wurden zu den „Hackern― der Großstadt, die sich ihren eigenen Code und eigene Interpretationen aus den städtischen Versatzstücken zusammenbauten (ebd.). Seitdem es Streetskateboarding gibt, wird die vorherige Art und Weise Skateboard zu fahren, ohne Ollies und oftmals mit Zuhilfenahme der Hände bei vielen Tricks, als old school und modernes Skateboarding als new school bezeichnet. Das letzte Jahrzehnt des Jahrhunderts wurde in der Skateboardszene vom stetig wachsenden Streeskateboarding dominiert, erhielt jedoch mit dem massentauglichen Rollerblading starke Konkurrenz (Krosigk 2006: 30f.). Das öffentliche Augenmerk driftete dadurch vom Skateboarding ab und hinterließ einmal mehr nur den harten Kern der Szene (ebd.). Drei weitere bis heute anhaltende Veränderungen waren außerdem prägend für die neunziger Jahre. Dazu zählen die Gründungen von Skateboardfirmen 10


durch einige Profiskateboarder um sich von den etablierten und vor allem kommerziell orientierten Firmen absetzen zu können (ebd.). Der dadurch aufkommende „frische Wind― in der Skateboardindustrie wurde erstmalig auch durch den Einzug von Humor in die Gestaltung neuer boardgraphics deutlich (ebd.). Außerdem wurde Skateboarding technischer und innovativer, was zur Folge hatte dass die Disziplin des Freestyle ausstarb, das technische Know-How der Freestyler jedoch von den Streetskatern absorbiert wurde (ebd.). Absoluter Vorreiter und einer der prägendsten Persönlichkeiten im Streetskateboarding überhaupt, ist dabei der ehemalige Freestyler Rodney Mullen, dessen von ihm erfundene Tricks, wie Kickflips, 360o Flips, Shove-its und viele weitere, den Streetstyle bis heute dominieren (ebd.). Die dritte anhaltende Veränderung war der Wandel der Musikrichtung, von der bis dato prägenden Punkrock zur Hip-Hop Musik (ebd.). Der Wandel drückte sich in der Einstellung, der Kleidung und auch den Tricks aus, da Skateboarding nicht mehr nur aggressiv, sondern technisch, flippig und „fresh― wurde (ebd.). Neben dem Wandel des Streetskatings, vollzog sich auch im Vertskating ein Wandel, da vermehrt auch Elemente des Streetskating in die Tricks eingebaut und so die Grenzen zwischen den beiden Disziplinen aufgehoben wurden (Krosigk 2006: 32f.). Die Rampen wurden stetig größer und spektakulärer und gipfelte schließlich in Guinness Rekorden von Danny Way mit dem Sprung über die Chinesische Mauer, dem weitesten (22,8m) und dem höchsten Air (7,1m), sowie dem erstmalig gestandenen 900o von Tony Hawk (ebd.). Auch Streetskating wurde zunehmend extremer und große Stufensets und Treppengeländer mit 22 Stufen und mehr waren keine Seltenheit mehr (ebd.). Die mediale Verwertbarkeit von Skateboarding steigerte sich dadurch und spätestens seitdem der amerikanische Fernsehsender ESPN2 im Jahr 1995 damit begonnen hat die sogenannten X-Games im Fernsehen zu übertragen und damit auch Skateboarding einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren, hat Skateboarding stärker als je zuvor den Weg in die Medien gefunden (ebd.). So sind heute auch Firmen als Sponsoren in der Skateboardszene vertreten, die sonst nichts mit Skateboarding zu tun haben, wie z.B. der Getränkehersteller RedBull oder die Schuhkmarke Nike, da sie von dem Image von Skateboarding als auch der stetig wachsenden Konsumentenzahl für Skateboardartikel profitieren wollen. Nach der Jahrtausendwende blieb das Interesse der Medien und damit auch des Breitenpublikums am Skateboarding bestehen und festigte den Stand des Skateboardings als Jugendkultur und urbanen Sport. Der Fokus der Skateboardszene verschob sich aufgrund der mittlerweile großen Bekanntheit und Beliebtheit dabei jedoch von den USA nach Europa (MSM 2013 Nr.330: 15). In den USA waren inzwischen viele Skatespots (Spot: geeigneter Ort zum Skateboardfahren) entweder mit Skatestoppern versehen oder es wurden konsequent Verbote ausgesprochen und umgesetzt, die das Skateboardfahren im öffentlichen Raum vielerorts nahezu unmöglich machten (ebd.). Als Ausweichmöglichkeit entdeckten viele US-Teams daraufhin Europa und auch Asien. Die dadurch entstandenen Skateboardfotos- und Videos schlugen dabei so große Wellen in der Skateboardszene, dass Barcelona zum neuen Mekka des Skateboardings ausgerufen wurde. Aufgrund des daraus entstandenen massenhaften Skatetourismus wurde dort 2006 im Zuge eines neuen Gesetzes das Skateboardfahren auf öffentlichen Plätzen verboten 11


und mit Strafen von 1500€ bis 3000€ belegt (Website boardstation 1). Neben der neuen Aufmerksamkeit für europäische Städte und ihren medial sehr gut zu verwerteten historischen Stadtbildern, stieg gleichzeitig die Aufmerksamkeit für europäische Profifahrer und Firmen, die mittlerweile auch in den USA Erfolg haben (MSM 2013 Nr.330: 15). Das lange bestehende amerikanozentrische Weltbild in der Skateboardszene löst sich damit immer mehr auf und schafft auf diese Weise mehr Vielfalt (ebd.). Skateboarding ist inzwischen so bekannt wie vielfältig geworden und beschränkt sich heutzutage nicht mehr nur auf ein bestimmtes Terrain, so wie es noch vor vierzig Jahren der Fall war, sondern tritt in den unterschiedlichsten Formen, Größen und Geländen auf. Als aktueller Trend ist dabei das Longboardfahren aufzuführen, welches auf steilen und kurvigen Bergstraßen ihren Ursprung hat und Geschwindigkeiten von über einhundert km/h erreichen kann (Website Langbrettmagazin). Doch auch die kleinen und schmalen Bretter aus der old school-Zeit sind als reines Fortbewegungsmittel wieder beliebt geworden. Neben dem üblichen Aufbau von einem Skateboard, ein Brett, zwei Achsen und vier Rollen, gibt es zudem noch etliche Abwandlungen von Skateboards, wie z.B. Snakeboards, Streetsurfing Waveboards, Stair-Rover oder auch für Geländefahrten das Mountainboard mit luftgefüllten Reifen sowie unzählige weitere Variationen.

3.2 Skateboarding in Deutschland Die Entwicklung des Skateboardings in Deutschland verlief etwas zeitversetzt zu den Entwicklungen in den USA (Andrejtschitsch 1991: 14). 1975 tauchten kurz nach Beginn des Skatebooms in den USA die ersten Skateboards im Straßenbild Deutschlands auf und bald folgten die ersten Magazine und offiziellen Wettkämpfe (Andrejtschitsch 1991: 14; Krosigk 2006: 25). Die damalige Szene konzentrierte sich vor allem im süddeutschen Raum um München, aber auch Frankfurt und Stuttgart (Andrejtschitsch 1991: 14f.; Krosigk 2006: 25). Der erste deutsche „Skatepark― wurde 1978 in München errichtet, bestand aber lediglich aus einer Slalomstrecke und der Anreihung vier überhöhter Kurven (ebd.). Um das Jahr 1980 war dann auch in Deutschland die Anzahl an Skatern extrem gesunken und auch der Dachverband der deutschen Skateboardfahrer wurde aufgelöst (Krosigk 2006: 25f.). Die Ursache lag dabei in der allgemeinen Entwicklung sowie der Abwanderung vieler Skateboarder zum Rollerskating (ebd.). Der Schwerpunkt der kleinen Szene verlagerte sich daraufhin in den Norden Deutschlands und wurde von dem damaligen Gymnasiallehrer Titus Dittmann maßgeblich gefördert (ebd.). Dieser war der erste in Deutschland, der aus den USA das nötige Equipment importierte und damit eine explosionsartige Entwicklung in Gang setzte (ebd.). Mit der Gründung des bis heute erfolgreich bestehenden Magazins Monster Skateboard Magazine in Münster und der Austragung des ersten Münster Monster Masterships, nahm die Zahl der Skateboarder und der Zuschauer ab 1982 wieder stetig zu, bis 1985 schließlich mit 12000 Zuschauern ganze Sportarenen gefüllt werden konnten (Andrejtschitsch 1991: 15). Seitdem hat Titus Dittmann über 100 Unternehmen gegründet und damit das weltweit größte Einzelhandelssystem im 12


Bereich Skateboard, Zubehör und Streetwear aufgebaut (Website Karriereführer). Als deutsche Skateboard-Hauptstadt galt bis zum Verbot auf der Domplatte die Stadt Köln, welche bis heute eine sehr große und aktive Szene aufweist (MSM 2011 Nr.302: 42).

3.3 Modernes Streetskateboarding Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich im Schwerpunkt mit Streetskateboarding, da es am weitesten verbreitet und im urbanen Raum sein bevorzugtes Terrain sieht. Dabei soll jedoch nicht die Rolle von Halfpipeskaten heruntergespielt werden, da in vielen Städten Halfpipes errichtet sind oder Orte in der Stadt mit selbst gebauten Transitions versehen werden können (Kapitel 5.3). Zudem sind die Übergänge vom Street- zum Halfpipeskaten oftmals fließend und viele Skateboarder empfinden es als bereichernd, wenn beide Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Um die Hintergründe der Skateboardfahrer bezüglich der Auswahl der Orte in der Stadt und der Wahrnehmung der Stadt nachvollziehen zu können, muss zunächst aufgezeigt werden, aus welchem Grund Skateboarding attraktiv für viele junge Menschen sein kann. Wenn ein Planer sich in die Sicht- und Denkweise von Skateboardern auf die Stadt hineindenken kann, sind die Möglichkeiten für eine angepasste und erfolgreiche Planung wesentlich höher. Daher werden zunächst der mentale, körperliche als auch der mediale Aspekt des Skateboardings behandelt um im anschließenden Kapitel 4 auf die Spots im Skateboarding in der Stadt und ihre Bedeutung für die Stadtplanung einzugehen. Im Allgemeinen werden unter der Bezeichnung Sport, Bewegungs-, Spiel- und Wettkampfformen zusammengefasst, die meist im Zusammenhang mit körperlichen Aktivitäten stehen. Skateboardfahren kann daher zunächst als Sport bezeichnet werden. Die Frage danach, ob Skateboarding ein Sport ist, löst in den Kreisen der Skateboardfahrer jedoch oftmals hitzige Diskussionen aus, da zwar Elemente des Sports durch die Bewegung impliziert sind, jedoch etliche weitere Aspekte abgelehnt werden (Krosigk 2006: 51). Diese Aspekte sind eben die, die den Breitensport üblicherweise definieren und äußern sich in dem Leistungsgedanken, sturem Training und einer „Umkleidementalität―, die den Sport abhakt, sobald das Equipment wieder in der Sporttasche verstaut ist (ebd.). Für viele Skateboarder ist es jedoch ein Lebensstil und somit ein Teil der Identität, der mehr Zeit als das reine Training in Anspruch nimmt (Krosigk 2006: 52f.). Der Skate-Poet C.R. Stecyk schreibt im Vorwort zu seinem Band Skate and Destroy: „Think for yourself. Dare to disagree― und beschreibt damit das Gefühl, dass Holger von Krosigk als das Glaubensbekenntnis des Skateboarding betitelt (ebd.). Alles was heutzutage als extrem im sportlichen Sinne gilt, kann mehr oder minder darauf zurückgeführt werden (ebd.). Der Aspekt des Zerstörens (Destroy) spielt hierbei eine entscheidende Rolle, da die Skateboarder die ersten waren, die weder auf den eigenen Körper, noch auf das Material Rücksicht nahmen (Krosigk 2006: 53f.). Diese kompromisslose Einstellung hat sich bis heute gehalten und ist nach Krosigk der Grund, warum 13


Skateboarder „oftmals aus dem Einheitsbrei hervorstechen― (ebd.). Ein gewisses anti-bürgerliches Protestpotential ist damit bis heute, trotz des Erfolgs von Skateboard-Videospielen und Fernsehübertragungen, erhalten geblieben (ebd.). Der harte Kern der Skateboardszene distanziert sich daher von der anhaltenden Kommerzialisierung, da für viele Skateboarder Skateboarding eine Aktivität ist, mit der sie etwas Interessantes aus einer Umwelt machen können, die ihnen fremd ist und daher ein Wertesystem, eine Ästhetik und eine eigene Kultur darstellt, die mehr Kunst als Sport ist (ebd.). Trotz des weltweit enormen Anstiegs der Anzahl aktiver Skateboardfahrer, die von Ian Borden weltweit auf 40 Millionen Menschen geschätzt wird (Borden 2003: 184), werden Skateboarder, wenn sie sich nicht widerstandslos in Skateparks und Hallen abdrängen lassen, immer eine gewisse Außenseiterrolle einnehmen (Krosigk 2006: 55). Denn seitdem in den neunziger Jahren das Streetskating die bestimmende Disziplin geworden ist, werden Skater aus öffentlichen Räumen ausgegrenzt (ebd.). Die für Skater interessanten Spots sind häufig auch in den tristen und schmutzigen Ecken der Städte. Es ist verboten auf Straßen, Hinterhöfen oder ähnlichem zu Skaten, es verursacht Lärm und es ist immer noch bei vielen Menschen verpönt (ebd.). Skateboarder bewegen sich somit am Rande der Legalität, wenn sie den Skatepark verlassen und in der Stadt auf der Suche nach neuen und interessanten Spots sind (ebd.). Diese vor allem früher stark ausgeprägte Außenseiterrolle, aufgrund der häufigen Vertreibung und Ausgrenzung von Spots, ist die Wurzel der Skepsis gegenüber der Kommerzialisierung von Skateboarding (ebd.). Die Skateboardszene steht daher kurzlebigen neuen Trendsportarten wie dem Sporthockern (Website You Tube: Sporthockern), welche oftmals auch kommerzielle Hintergründe haben, dementsprechend kritisch gegenüber, da diese sich an dem historisch gewachsenen Image der Skateboardkultur bedienen und dadurch den Betrachter von außen dazu verleiten diese mit dem Skateboarding gleichzustellen (MSM 2011 Nr.297: 9). Die Gleichsetzung von Motocross, BMX, Inline-Skating, Snowboarding, Extrem Skiing und Wakeboarding mit Skateboarding, lehnt auch der amerikanische Autor Tait Colberg ab, weil diese Sportarten mechanische Begrenzungen haben, die nur bis zu einem gewissen Punkt ausgereizt werden können (MSM 2012 Nr.311: 74). Zudem siedelt er den Begriff des Extremsports, welcher für ihn lediglich ein kommerzielles Schlagwort ist, unterhalb von Skateboarding an. Ausschlaggebend für diese Einordnung sind die expressiven Möglichkeiten des Werkzeugs Skateboard, die auch in anderen Kunstformen zu finden sind. Das Werkzeug Skateboard gibt einem, ähnlich wie ein Pinsel, endlose Möglichkeiten auf der „Leinwand― sich verändernder Stadtbilder auszudrücken (Kapitel 7.2). Für Colberg ist die schamlose Imitation von Skateboard Tricks und Spots durch nahezu alle Extremsportarten der Beleg dafür, dass diese bereits ihr kreatives Potential ausgeschöpft haben. Des Weiteren führt ein solcher Vergleich aus Sicht der Skateboardfahrer dazu, dass sie sich abgrenzen und entsprechend ignorant gegenüber neuen Trendsportarten reagieren (MSM 2011, Nr.297: 9). Diese Ignoranz wird dabei als Reaktion auf das immer noch weitverbreitete Unverständnis, dass Skateboarding 14


trotz seiner inzwischen gesetzten Position entgegenschlägt, beschrieben (ebd.). Auf der einen Seite wollen verschiedenste Gruppen und Firmen vom Skateboardimage profitieren und auf der anderen Seite wird Skateboardfahren in der Gesellschaft als schmutzig, laut und belästigend wahrgenommen (ebd.). Die gestiegene Popularität ermöglicht allerdings auch die Bildung neuer Strukturen und der Skateboarder von heute hat mehr Möglichkeiten denn je (ebd.). Die gewachsenen Strukturen haben dazu geführt, dass immer wieder die Frage aufkommt, ob Skateboarding als olympische Disziplin aufgenommen werden sollte, was jedoch bis heute nicht passiert ist (Krosigk 2006: 56). Auf die Frage, ob Skateboarding olympisch werden solle antwortete Tony Hawk in einem Interview, dass die olympischen Spiele Skateboarding mehr brauchen als Skateboarding die olympischen Spiele (ebd.). In den achtziger Jahren wurden sogar aktive Kampagnen von Skateboardern durchgeführt, die explizit gegen die Aufnahme von Skateboarding als olympische Disziplin geworben haben (Borden 2001: 110). Mittlerweile hat sich die Mentalität im Skateboarding jedoch dahingehend verändert, dass vor allem die jüngeren Skateboarder offener zu einer Olympiateilnahme stehen (Website Jenkem). Das Olympische Komitee IOC (International Olympic Commitee) hat zudem nie damit aufgehört Skateboarding in Betracht zu ziehen und diskutiert lediglich noch über die Wettkampf- und damit Bewertungsregeln (ebd.). Damit diese nicht ähnlich strukturiert und eng gefasst werden, wie dies beispielsweise im Eislaufen der Fall ist und damit nicht wie beim Snowboarding eine Institution, welche nicht von der Skateboardszene unterstützt wird, die Federführung im Aushandlungsprozess übernimmt, wurde in den USA die ISF (International Skateboarding Federation) gebildet, an der unter anderem auch Tony Hawk beteiligt ist (ebd.). Das ISF versucht nunmehr den „Schaden― den Skateboarding durch eine Olympisierung erleiden könnte, so gering wie möglich zu halten und die Umsetzung einer Olympiateilnahme nach den Regeln der Skateboardkultur umzusetzen (ebd.). Wann und wie diese Umsetzung stattfindet, steht dabei noch nicht fest, dass sie stattfinden soll, scheint jedoch bereits seitens des IOC beschlossen zu sein (ebd.). Ähnlich wie bei der Olympisierung von Snowboarding im Jahr 1998, erhofft sich das IOC einen Zuschauerzuwachs und damit einhergehendes finanzielles Wachstum (ebd.) Neben dem rebellischen Aspekt im Skateboarding, spielen die Rahmenbedingungen bei der Ausübung eine tragende Rolle für die Attraktivität des Sports. Anders als bei anderen Sportarten, gibt es keinen Trainer und auch keine Trennung zwischen Training und Praktizieren (Andrejtschitsch 1991: 9). Skater lernen nicht, um ständig zu wiederholen (z.B. beim Basketball: Ball muss in den Korb geworfen werden), sondern die Vielzahl von verschiedenen Tricks, in Kombination mit einer unendlichen Anzahl an Spots, schafft immer wieder neue Herausforderungen und zwingt den Skater stets neue Risiken einzugehen (ebd.). Skateboarding erfordert daher ein besonders Maß an Ehrgeiz, da Skateboarder wahrscheinlich mehr Zeit als in anderen Sportarten damit verbringen, an den versuchten Tricks zu scheitern (Borden 2003: 121). Wenn ein Trick schließlich „gestanden― wurde, wird in den meisten Fällen im direkten Anschluss ein noch schwierigeres Manöver ausprobiert (ebd.). Skateboarder müssen ein besonders

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ausgeprägtes Durchhaltevermögen und eine niedrige Frustrationstoleranz, insbesondere beim Erlernen neuer Tricks, aufweisen, um erfolgreich die eigens gesteckten Ziele erreichen zu können. Dadurch, dass es keinen Trainer und keine festen Trainingszeiten gibt, ist jeder Skater notwendigerweise sein eigener Chef (Andrejtschitsch 1991: 9). Es können keine Zwänge entstehen, die den Spaß am Skaten vereiteln könnten (ebd.). Die Lernprozesse werden vielmehr gemeinsam in der Gruppe durch gegenseitige Motivation umgesetzt, wodurch eine gesunde Rivalität gefördert wird, die im Lernprozess hilft, aber nicht diskriminiert (ebd.). Diese enorme Freiheit und Ungebundenheit, weder an Zeit, Ort, Regeln oder anderen Personen wirkt gerade in der Jugendzeit sehr anziehend und ist in herkömmlichen Sportarten nicht zu finden. So scheint es auch der natürliche Lauf gewesen zu sein, dass dort wo Skateboarding sich den gängigen Vereinssportarten annäherte, z.B. bei den Disziplinen Slalom und Hochsprung, es seinen Reiz verlor und fortan nur noch eine kleine Nebenrolle spielte (ebd.). Der Zusammenschluss von Skateboardern in modernen Vereinen, hat den Hintergrund der besseren Organisation von Aktivitäten und der Bildung einer Ansprechstation für externe Anfragen. Moderne Skateboardvereine haben dadurch vielmehr den Charakter einer Interessensgemeinschaft, als die eines klassischen Sportvereins und die für Vereine allgemein typischen Charakteristika, wie Anwesenheitsverpflichtungen, Trainingskleidung, feste Trainings- und Spielzeiten und ähnliches sind nicht Teil des Vereinskonzeptes (Kapitel 7.3). Die Ausübung von Skateboarding als Vereinssport, wird in der Szene daher eher ironisch aufgefasst (MSM 2007 Nr.257: 64f.) Ein weiterer Aspekt der im Skateboarding eine sehr große Rolle spielt, aber kaum greifbar und nicht messbar ist, ist Style (Krosigk 2006: 57; Borden 2001: 120). „Jeder kennt ihn, aber niemand weiß, was ihn wirklich ausmacht― (Krosigk 2006: 57). Jeder Fahrer hat eine andere Art und Weise sich auf dem Skateboard zu bewegen, ähnlich wie jeder Mensch eine andere Handschrift hat. Im Skateboarding zählt nicht was man tut, sondern wie man es tut (Borden 2001: 120). Der eigene Style kann nicht einstudiert und er kann auch nicht von einem anderen Fahrer kopiert werden, aber alle Skateboarder sind sich darin einig, dass Style das begehrteste Gut im Skateboarding ist (Krosigk 2006: 57). Für viele Skater ist Style mehr eine Einstellung zum Skateboarden, als eine Technik, die einstudiert werden kann, da die mentale Einstellung zum Skaten, sich durch die Art und Weise, wie man sich auf und mit dem Brett bewegt, ausdrückt (Borden 2001: 120). Als eines der prominentesten Beispiele kann hierbei Tony Hawk aufgeführt werden, welcher zu Beginn seiner Karriere aufgrund seines knochigen Körperbaus und seiner schlaksigen Fahrweise jahrelang mit einem Manko an Style zu kämpfen hatte, der ihm den Spitznamen „Bony Cock― einbrachte (Krosigk 2006: 57). Trotz seines Könnens mit dem er Wettbewerbe gewann, war er aufgrund seines Styles im Vergleich zu den anderen Profifahrern in den achtziger Jahren eher unbeliebt (ebd.). In kaum einer anderen Sportart wäre es vorstellbar, dass ein erfolgreicher Sportler wie Tony Hawk nach einem Sieg überhaupt kritisiert wird (ebd.). Krosigk führt hier das Beispiel eines Rennradprofis hinzu, welcher als Erster über die Ziellinie fährt und anschließend wegen seines zu hektischen Strampelns kritisiert wird (Krosigk 2006: 57). Es ist ähnlich wie bei einem Tanz, bei Bewegung im Allgemeinen 16


(Borden 2001: 120). Wenn die Bewegung ästhetisch aussieht, spricht es das menschliche Auge an. An diesem Beispiel wird deutlich, welchen Stellenwert der visuelle Aspekt im Skateboarding einnimmt: „Das Auge fährt mit― (Interview Naschold). Colberg ordnet Skateboarding daher als eine Art des Tanzes ein, bei dem der Skater zusammen mit seinem Werkzeug tanzt (MSM 2012 Nr.311: 74). Als Beispiel führt Colberg hierzu den „Erfinder― des Streetskatings Mark Gonzales an, welcher sich genau überlegt, wie er sich seinen Zuschauern von Kopf bis Fuß präsentiert (ebd.). Laut Colberg entspringt aus der Berücksichtigung des ganzen Körpers der individuelle Style eines jeden Skaters und belegt damit die nahe Verwandtschaft zum Tanz (ebd.). Die Kombination von Style und Spot erzeugt im Zusammenspiel den besonderen Reiz von Skateboarding. Wenn ein Fahrer mit viel Style, vor einer überwältigenden Hintergrundkulisse an einem schwierigen und interessanten Spot einen äußert anspruchsvollen Trick vollführt, ist dies wesentlich ansprechender, als wenn der gleiche Trick von einem Fahrer ohne Style an einem wenig visuell ansprechenden Spot gemacht wird. Die stetige Herausforderung liegt nicht nur darin einen stylischen, schwierigen Trick zu schaffen, sondern ihn an einem entsprechend stylischen, schwierigen Spot zu vollführen. Style ist zudem nicht kopierbar und nicht nur die Summe von gut aufeinander abgestimmten Bewegungen, sondern ein individueller Ausdruck der eigenen Persönlichkeit (Krosigk 2006: 63). Obwohl sich

Skateboarding

immer

weiterentwickelt,

die

Standards

ständig

gehoben

werden

und

Modeerscheinungen kommen und gehen, bleibt Style die immerwährende Konstante (Krosigk 2006: 60f.). Die Leistungsstandards im modernen Skateboarding sind dabei so hoch, dass nur noch die Frage des Styles den entscheidenden Unterschied macht. So war der erste Kickflip von Rodney Mullen schon fast eine mathematische Gleichung und zur damaligen Zeit unglaublich. Heute ist der Kickflip nach dem Ollie einer der ersten Tricks, die erlernt werden. Dabei ist es nicht von Bedeutung auf dem neuesten Stand der Tricks zu sein, um zu sehen, wer schön auf dem Skateboard aussieht und wer nicht. „Style erkennt man auf den ersten Blick― (ebd.). Als weiteres Merkmal des modernen Streetskateboardings und Skateboarding im Allgemeinen, ist die breitere Altersspanne an Aktiven im Vergleich zu vor zwanzig Jahren zu nennen (Borden 2001: 140). Dies zeigt sich beispielsweise anhand einer Leserumfrage der MSM, die ergeben hat, dass der typische Leser „ein Mann zwischen 20-24 Jahren ist, der in Nordrhein-Westfalen oder südlich des Weißwurstäquators wohnt, Abitur besitzt oder anstrebt, momentan mit Schule oder Studium beschäftigt ist, seit mindestens fünf Jahren hauptsächlich auf der Straße bzw. im Park Skateboard fährt, Kunst gut findet und Alexander, Felix oder Philipp heißt― (MSM 2013 Nr.330: 15). Als das moderne Halfpipe und Streetskateboarding in den achtziger und neunziger Jahren neu entstand, waren es hauptsächlich Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die das Bild des Skateboardings prägten (Borden 2001: 139f.). Viele der damals professionellen Fahrer sind auch heute noch aktiv und regelmäßig in Videos und Magazinen zu sehen. Vor zehn Jahren waren Skateboardfahrer mit einem Alter über dreißig Jahren noch eher selten, doch heutzutage bieten Skatehallen schon besondere Ü30 Abende an, bei denen die älteren Skateboarder unter 17


sich fahren können (Website Skateboard-Initiative-Dortmund). Solche Angebote belegen zum einen die vorhandene Nachfrage, als auch die Nachhaltigkeit mit der viele Skateboarder ihren Sport ausüben. Das Niveau ist dabei dem Alter und dem Können angepasst, d.h. ältere Skateboarder haben oftmals mehr Respekt vor der Gefahr sich zu verletzen, da die Regenerierungsphase nach einem Sturz mehr Zeit beansprucht (MSM 2007 Nr.257: 18). Zudem ist auffällig, dass viele ältere Skateboardfahrer, die nicht mehr so häufig aktiv Skateboardfahren, sich in unterschiedlichem privaten oder beruflichen Zusammenhang mit Skateboarding auseinandersetzen (Kapitel 7.1). Auf diese Weise bleiben sie der Szene angehörig und können andere Arten von direktem und indirektem Einfluss, beispielsweise als Fotograf, Skateshopbesitzer oder Architekt auf und mit Skateboarding ausüben (ebd.). Auch in der Gesellschaft im Allgemeinen löst sich damit das Bild vom typischen Skateboardfahrer im Kindes- und Jugendalter langsam auf. Dies wird beispielsweise an einer aktuellen Werbungkampagne einer bekannten Biermarke deutlich, welche einen Mann mit Vollbart und Business-Anzug auf einem Skateboard zeigt und akustisch mit der rhetorischen Frage hinterlegt ist, „wer sagt denn, dass du mit 45 zu alt zum Skaten bist?― (Website Warsteiner). Diese und ähnliche Platzierungen von Skateboarding in der Werbung, deuten auf eine gestiegene mediale Verwertbarkeit von Skateboarding hin. Skateboarding steht für Agilität und Jugend (Roth 2007). Es gibt keine Regeln und trotzdem ist Skateboarding eine funktionierende Subkultur, die sich durch ihre weitgehende Autonomie im Wesentlichen nur mit sich selbst beschäftigt (ebd.). Dadurch wird Skateboarding für Marketingzwecke attraktiv (ebd.). Ein daraus möglicherweise resultierender Ausverkauf wird in der Skateboardszene kritisch und sarkastisch betrachtet: „Jeder Hanswurst wäre gern ein Stadtguerilla aber die meisten trauen sich eben nicht mehr als bestenfalls ihr Portemonnaie aufzumachen um sich in diesen Lebensstil einzukaufen. [...] Skateboarder werben mittlerweile für alles von Autofelgen über Mobilfunkanbieter bis hin zur Tütensuppe― (Roth 2007). Ausschlaggebend für das nachhaltige Interesse von Skateboardern am Skateboarding ist die Auffassung von Skateboarding als Lebensstil. Die Skateboardkultur schließt jeden Aspekt des täglichen Lebens ein und wird von Borden als „total activity― bezeichnet, da Skateboarding von Skateboardern nicht nur ausgeübt, sondern gelebt wird (Borden 2001: 138). Peters beobachtet auch bei den Skateboardern auf der Domplatte in Köln ein „totales Engagement―, bei der die Freude an der Bewegung und der Spaß am Spiel Skateboarding den Skateboarder in einer derart existentiellen Weise erfasst, dass der gesamte Lebensentwurf von einer spielerischen Leichtigkeit durchdrungen ist und vom Skaten dominiert wird (Peters 2011a: 149). Es wird zu einem Teil der Identität, durch und mit dem der Skateboarder sich identifiziert (Borden 2001: 138). Der reine Besitz eines Skateboards in Kombination mit einem geringen Willen Skateboarding in all seinen Facetten zu leben, qualifiziert eine Person aus Sicht der Skateboardszene daher nicht als Skateboarder (Borden 2001: 138). Peters greift hierbei auf den Begriff der Lebensform im Sinne Wittgensteins zurück, welcher die Gesamtheit der Praktiken oder Handlungsweisen, die von einer Gemeinschaft ausgeübt werden beschreibt (Peters 2011a: 149). Die Mitglieder einer solchen 18


Gemeinschaft wie der des Skateboardings, richten ihr Leben „in der Tat― nach den Schemata und Schablonen von Skateboarding aus und geben ihnen auf diese Weise Orientierung (ebd.). Die sportive Praxis wird dabei eher als individualisierter biographischer Zusammenhang angesehen und weniger als eine aktive Freizeitgestaltung (Peters 2011a: 149f.). Ein Skateboarder geht in diesem Sinne nicht zum Spot um dort zu skaten, sondern er führt vielmehr das Leben eines Skateboarders (ebd.). Peters stellt bei seinem Feldversuch auf der Domplatte fest, dass einige der Skateboarder, die täglich auf der Domplatte anzutreffen waren, ihrem Sport mit einer Ernsthaftigkeit nachgehen, die zwischen Begeisterung und Besessenheit oszilliert und in dieser Form ansonsten nur im Bereich des Spitzensports üblich ist (ebd.). Für Colberg ist die Bezeichnung Lifestyle daher noch zu schwach, da ein hingebungsvoller Künstler (Kapitel 7.2) vielmehr seine Obsession in seiner Kunst lebt (MSM 2012 Nr.311: 74). Nach Colberg verlieren andere Aktivitäten ihre Attraktivität, wenn man das Potential erkannt hat durch die Aktivität mehr als nur momentane Unterhaltung zu erlangen und man beginnt mehr und mehr Zeit und Energie darauf zu verwenden (ebd.). Jeder andere Aspekt des Lebens fließt dadurch in irgendeiner Art in die kreative Arbeit (ebd.).

3.4 Abriss: Sexismus im Skateboarding Die soziale Dimension im und das vermarktbare Image von Skateboarding spielt für die Stadtplanung eine wichtige Rolle, da das Ausmaß und der Charakter von Aktivitäten im Freien, wie unter anderem Skateboarding, von der Raumplanung beeinflusst wird (Gehl 2012: 31). Wie die von der Stadtplanung für Skateboarding kreierten Orte und Räume dabei der Öffentlichkeit präsentiert werden, beispielsweise in der Internetpräsenz der Stadt, hängt oftmals eng mit dem gesellschaftlichen Bild über den stereotypen Skateboarder zusammen. Skateboarding hat das Klischee, ein rein heterosexueller und männerdominierter Sport zu sein. Der nachfolgende Abschnitt gibt einen kurzen Überblick über das Thema Sexismus im Skateboarding, mit dem Ziel ein Bewusstsein für unterrepräsentierte Gruppen innerhalb der Skateboardszene zu schaffen. Das gesamtgesellschaftliche Problem der Diskriminierung von Homosexuellen spielt in der männerdominierten Skateboardszene eine ähnliche Rolle, wie beispielsweise im Fußball. Insbesondere die Rolle von Frauen, Lesben und Schwulen wird zwar zunehmend offener thematisiert, die offiziellen Zahlen der aktiven Frauen und Homosexuellen im Skateboarding sind jedoch noch nicht erforscht, haben aber täglich mit Vorurteilen und Diskriminierungen zu kämpfen. Sexismus ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen und findet auch in der Skateboard-Community sowohl gegen Frauen, als auch gegen Homosexuelle statt. Der Sexismus gegen Frauen äußert sich dabei sowohl in der Werbung der Skateboardfirmen, in der Unterrepräsentierung von Frauen in Skateboardzeitschriften, als auch in der direkten Konfrontation am Skatespot zwischen Männern und Frauen (Borden 2001: 143f.). Die Macherinnen der Website Suckmytrucks zeigen unter anderem auf, wie in 19


der Skateboard-Werbeindustrie graphics von leichtbekleideten Frauen auf Skateboards abgedruckt werden, um so den Absatz zu steigern (Website Suckmytrucks). Die Ausrichtung einer solchen Kampagne richtet sich auf diese Weise eher an eine männliche Zielgruppe, wodurch Skateboarderinnen als potentielle Zielgruppe ausgeblendet würden (ebd.). Frauen werden somit nicht als Skaterin gedacht, sondern werden zum werbenden Sexobjekt (ebd.). Zum Verkauf von Skateboards wirkt die Darstellung oft pornografisch und zeigt eindeutige Sexszenen, nackte Frauen und auffordernde Körperstellungen (ebd.). Frauenkörper in der Werbung geben außerdem ein Schönheitsideal wieder und gaukeln eine Norm vor, die kaum erreicht werden kann (ebd.). Dadurch entsteht ein Druck auf junge Frauen, diesem kaum zu erreichenden Ideal zu entsprechen (ebd.). Die für Skateboarder typischen blauen Flecken und Schürfwunden passen dabei nicht ins Bild einer stereotypen Frau (ebd.). Nach Aussage des MSM gab es vor allem in den neunziger Jahren durch den Einfluss des amerikanischen Skateboardmagazins Big Brother, geleitet von dem Hustler Verleger Larry Flint, wesentlich mehr Werbung und Verwendung sexistischer Frauenbilder in den Magazinen als dies in den letzten Jahren der Fall war (MSM 2011 Nr.305: 22). Die wenigen Firmen die heute noch mit eindeutig sexistischen Bildern werben, werden beispielsweise nicht mit in das MSM aufgenommen und erhalten dadurch weniger große Aufmerksamkeit als dies früher der Fall war (ebd.). Eine weitere Auffälligkeit ist die Unterrepräsentierung von weiblichen Skateboardfahrerinnen in den Skatboardmagazinen (MSM 2011 Nr.305: 22). Wenn weibliche Skater gezeigt werden, ist es entweder eine Spezialausgabe in rosa oder es wird explizit betont, dass auch Frauen zu sehen sein werden (Website Suckmytrucks). Die Konsequenz daraus ist laut den Macherinnen der Website Suckmytrucks, dass weibliche Vorbilder fehlen. Wenn Skateboardmagazine häufiger über weibliche Skater berichten würden, wäre es normaler skatende Frauen zu sehen, es gäbe mehr Vorbilder und dadurch würden mehr Frauen überhaupt anfangen zu skaten (MSM 2014 Nr.330: 46). Weibliche Skater sind zwar schon seit Beginn der Skateboardgeschichte präsent, bilden jedoch nur die Ausnahme (MSM 2012 Nr.314: 30). So schafft es Patti McGee als die erste professionelle Skateboardfahrerin bereits in den sechziger Jahren auf das Cover des Life Magazin und auch die legendäre Z-Boys-Crew hatte mit Peggy Oki ein weibliches Mitglied in ihren Reihen (ebd.). Die erste deutsche Skateboardfahrerin hat allerdings erst im Jahr 2001 ein Interview in der MSM erhalten und drei Jahre später ein Cover auf dem Skateboardmagazin Limited Skateboarding erhalten (ebd.). Steffi Weiss (Heute: Steffi Wolter) hat damit für eine ganze Generation junger Skaterinnen in Deutschland eine Vorreiterrolle eingenommen (ebd.). Trotz der gewachsenen Zahl an weiblichen Skatern, gibt es nur wenige, die wie ihre männlichen Kollegen einen Sponsor erhalten und vom Skateboarding leben können (MSM 2014 Nr.330: 46). Ähnlich wie in der Arbeitswelt, in der Frauen für den gleichen Beruf weniger Lohn erhalten, sind auch die Preisgelder bei den Skateboardwettbewerben wesentlich geringer als bei den männlichen Kollegen und es bereitet große Schwierigkeiten, Sponsoren für FrauenSkateboardcontests zu finden (Website Suckmytrucks). Als weiterer Konfliktpunkt ist die Konfrontation zwischen weiblichen und männlichen Skatern am Spot aufzuzählen. Frauen schlägt dabei oftmals das Vorurteil entgegen, nicht „weiblich genug― zu wirken oder 20


generell weniger gut zu fahren (Website Suckmytrucks). Die Diskriminierung seitens der männlichen Fahrer hat dabei in den letzten fünf bis zehn Jahren stark abgenommen, da auch immer häufiger Frauen bekannt werden, die wesentlich besser fahren können als viele Männer und somit eher Respekt erhalten (MSM 2014 Nr.330: 46). Dies zeigt, dass im leistungsbezogenen Skateboarding, gute Footage von Frauen, das Image von weiblichen Skatern insgesamt verbessern und zu einer Gleichbehandlung in der Szene beitragen kann. Die männerdominierte Skateboardszene zeigt des Weiteren eine gewisse Ausblendung von homosexuellen Skateboardern (Borden 2001: 147f.). Auch hier liegt der Ursprung der Diskriminierung in der gesamtgesellschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema Homophobie. Skateboarden ist eng verbunden mit dem Bild eines starken Mannes (Website MSM 1). Da Homosexualität in den meisten diskriminierenden Äußerungen mit Schwäche gleichgestellt wird, passen homosexuelle Männer und Frauen nicht in dieses Bild (ebd.). Welch vermutet, dass die Verschlossenheit der Skateboardszene oftmals mit dem jungen Alter des Großteiles der intensiv aktiven Skateboardszene zusammenhängt (Website huckmagazine). Gerade im jungen Alter, in der Phase der Selbstfindung und Auseinandersetzung mit der eigenen Sexualität, ist die Frage nach der Sexualität eines anderen Menschen ein sensibles Thema (ebd.). Viele Skateboardfirmen scheuen daher eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema, da sie Umsatzeinbußen befürchten (ebd.). Nach Meinung von Ed Tempelton, einem renommierten Profi-Skateboarder und Künstler, sollte gerade in einer Szene wie die des Skateboardings, die von sich selber behauptet, alternativ und offen für jeden zu sein, das Thema Homosexualität keine Rolle spielen (ebd.). Dieselbe Meinung wird auch in der aktuellen Ausgabe der MSM vertreten, die in einem mehrseitigen Interview das Thema Homophobie offen thematisiert und damit zeigt, dass die Szene sich zumindest in der öffentlichen Darstellung gegen Homophobie und Diskriminierung stellt (MSM 2014 Nr.334). Dadurch dass die Szene vom Alter her wächst und der Anteil, der über zwanzigjährigen Skateboarder ständig größer wird, ändert sich auch das Bewusstsein für gesellschaftlich sensible Themen und schafft neue Möglichkeiten des offenen Diskurses. Die Diskussion zur Homophobie sowie zur Diskriminierung von Frauen im Skateboarding, welche zum Großteil im Internet und Internetforen geführt wird, zeigt dabei, dass der Tenor der Toleranz, Akzeptanz und gegenseitigem Respekt überwiegt. Bis eine Gleichberechtigung vollständig umgesetzt ist, wird es voraussichtlich jedoch ebenso lange dauern, wie die Gesellschaft sich als Ganzes weiterentwickelt. Die Raumplanung als auch die Politik können Gleichberechtigung und Gleichstellung dabei unter anderem durch die Förderung von Contests für Frauen oder durch Werbekampagnen gegen Homophobie mit Bezug auf Skateboarder unterstützen. Welche Möglichkeiten der Unterstützung jedoch die „richtigen― sind, wird sowohl in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung als auch in den Szenemagazinen intensiv diskutiert, ohne dass ein eindeutig und nicht weiter anfechtbares Ergebnis festzustellen ist. Der in dieser Arbeit vorgestellte Abriss über die geschlechterspezifische Problematik in der Skateboardszene, kann lediglich einen kleinen Teil der gesamten Thematik abbilden. Für weiterführende Informationen aus der Skateboardszene sei auf die Ausgabe Nr.334 der MSM sowie die Website Suckmytrucks verwiesen. 21


4. Skateboarding und Stadträume Nachdem das vorangegangene Kapitel einen Einblick in den Ursprung und die Entwicklung des Skateboardings gegeben hat, geht das nachfolgende Kapitel auf Streetskateboarding in der Stadt ein und zeigt auf, wie die Stadt als Bewegungsraum durch Skateboarder gesehen und genutzt wird. Die Behandlung der unterschiedlichen Spotkategorien zeigt dabei die in der Planung bislang nicht wahrgenommene Differenzierung der Spots und ihre unterschiedliche Qualitäten. Daraus lassen sich Potentiale für die Stadtplanung ableiten und Möglichkeiten aufzeigen, wie sich diese durch eine differenzierte Betrachtung auf der von Skateboardern genutzten Räume und Orte mithilfe einer planerischen Steuerung aktivieren lassen. Ähnlich wie man verliebten Menschen eine „rosarote Brille― zuschreibt, welche die Wahrnehmung dahingehend verändert, dass die Welt positiver wahrgenommen wird, als vor dem Verliebt sein, identifizieren Skateboarder durch eine „Brille der Möglichkeiten― skatebare Räume in einer zuvor uninteressant und langweilig erscheinenden Stadt. Auf diese Weise eignen sich Skateboardfahrer ihnen vorher fremde und unattraktive Räume an, um sie auf eine für sie positive Art nutzbar zu machen (Borden 2001: 186f.). Dies hat vor allem in den Ursprungsstädten des Streetskateboarding in den USA eine wichtige Rolle gespielt, da die Städte von den meisten Skatern als nicht lebenswert angesehen wurden (ebd.). Durch das Skateboarding wurden diese zuvor als lebensfeindlich wahrgenommen Welten in einer kreativen Weise angeeignet und dadurch wieder lebenswert gemacht (ebd.). Die Sicht der Skateboarder auf die Stadt wird somit von der Sicht auf die Potentiale der Architektur, die über die von den Architekten ursprünglich angedachten Nutzung hinausgeht, geprägt (Quirk 2012). Quirk vergleicht diese Sichtweise mit dem Designanspruch von Rem Koolhaas, welcher in seinen Entwürfen ein dynamisches Design anstrebt, das offen ist für eine Vielzahl von Interpretationen und Improvisationen durch die Nutzer, ein Design-Ansatz, welcher offen die etablierten und akzeptierten Absichten von Architektur ablehnt (ebd.). Gleichzeitig wird durch die nicht geplante Nutzung der Stadtmöblierung und architektonischen Ausstattung der Stadt ein Protest geäußert (Borden 2001: 248). Dieser Protest stellt keine Gefahr für die etablierten Ideologien in der Stadt dar, sondern äußert seine Kritik auf eine ironische Weise (ebd.). Trotzdem wurde und wird Skateboarding immer wieder als Gefahr wahrgenommen und sieht sich Strafen und Verboten gegenüber (Kapitel 5.2). Skateboarder versuchen neben dem Verbessern ihres fahrerischen Könnens, auch immer neue Spots zu finden und „scannen― unentwegt ihre Umwelt nach neuen Möglichkeiten zum Skateboardfahren ab. Der Radius der Erkundungstouren wächst dabei äquivalent zum Können des Fahrers und durch die „Brille der Möglichkeiten― werden mit steigendem Können immer mehr Räume in der Stadt als potentieller Spot wahrgenommen. So dient zunächst nach den ersten Rollversuchen die unmittelbare Nachbarschaft als Erkundungsraum und die vertraute Umgebung wirkt plötzlich interessant und wie verwandelt (Krosigk 2006: 83). Sogar triste Vorstadtsiedlungen wirken durch die „Brille der Möglichkeiten― plötzlich als 22


Ansammlung skatebarer Objekte und hinter jeder Ecke könnte das nächste gap, die nächste bank, oder die nächste wheelieplattform warten (ebd.). Ohne dem Können auf einem Skateboard wurden diese Möglichkeiten den Raum für sich zu adaptieren und nutzbar zu machen übersehen und mit dem Ausbau der eigenen Fähigkeiten auf dem Skateboard wächst auch die Zahl an Objekten die sich skaten lassen (ebd.). Nachdem das direkte Wohnumfeld ausreichend erkundet ist, steht eine feste Route durch das Viertel fest, in deren Verlauf alle nahegelegenen Spots angefahren werden (ebd.). Wenn diese Spots mit der Zeit und mit dem wachsenden Können ihren Reiz verlieren, wird der Radius erweitert und der nächstliegende Vorort wird erkundet (ebd.). Anschließend daran folgt oftmals die Anreise zum nächstgelegenen Skatepark, welcher wiederum neue Möglichkeiten eröffnet (ebd.). Doch auch dieser behält seinen Reiz nicht ewig und die logische Konsequenz sind Streifzüge durch die nächste Großstadt und zu immer weiter entfernteren Zielen (ebd.). Der Reiz von Spots ergibt sich in erster Linie durch ihre bauliche Ausstattung und lässt sich in Spotkategorien, welche auch als bauliches Spotinventar bezeichnet werden können, einteilen. Die Vielfalt der Gestaltung der einzelnen Spotkategorien ist unendlich und ein einzelner Spot kann mehrere Spotkategorien beinhalten. So ist ein Skatepark eine Ansammlung vieler verschiedener Spots die in Kombination miteinander gebracht sind, stellt aber im Zusammenhang des Spotnetzes (Kapitel 4.1) nur einen einzelnen Spot dar. Die Spotkategorien bilden sich aus den baulichen Elementen curbs, ledges, rails, stairs, gaps, transitions, tables, wheelie/freestyle-Fläche sowie den Sonderformen Skatepark und D.I.Y.-Fläche, welche jeweils mehrere einzelne Spotkategorien beinhalten können. Einzelne Spots im öffentlichen Raum können somit mit mehreren oder nur einer Spotkategorie ausgestattet sein und entfalten in der Zusammenschau mit weiteren qualitativen Merkmalen des räumlichen Umfeldes ihren individuellen Reiz für Skateboarder (Kapitel 4.1).

4.1 Streetskateboarding und Spots Aus Sicht eines Nicht-Skateboarders wird die Stadt zunächst in seinen beiden Hauptfunktionen als ein Ort des Wohnens und des Arbeitens wahrgenommen und genutzt (Ritter 2004: 1049). Der moderne Stadtbewohner eignet sich den Stadtraum jedoch durch Neudeutung, Neugestaltung oder Neuschöpfung an und nutzt die Stadt immer mehr als ein Ort der Bewegung und der Freizeit (Kähler 2012: 11). Die Bewegung erfolgt dabei meist auf ausgewiesenen Plätzen. Nur wenige Sportarten, wie z.B. Joggen, sind auch in nicht gesondert für Sport ausgewiesene Räume umsetzbar, die jedoch immer noch spezifische Bedingungen erfüllen müssen. So sind beispielsweise zwar Jogger ab und an im Zentrum der Stadt zu sehen, jedoch nutzen sie die Stadt häufig nur als Durchgangsraum auf dem Weg zur nächsten Promenade, dem nächsten Park oder ähnlich verkehrsberuhigten und möglichst begrünten Bereichen. Skateboarder hingegen sehen zunächst die gesamte Stadt als Möglichkeitsraum ihres Sports. Die einzige Bedingung, die benötigt und nahezu im gesamten urbanen Raum erfüllt wird, ist die Befahrbarkeit des Untergrundes. 23


Auch wenn der Untergrund nicht oder nur bedingt befahrbar ist, besteht für den Skateboarder die Möglichkeit, den Ort selbstständig zu modifizieren und dadurch nutzbar zu machen. Aus Sicht eines Skateboardfahrers ist der gesamte Stadtraum ein „Skateraum― mit unendlichen Möglichkeiten der Nutzung mit dem Skateboard. Stadträume sind Skateräume. Laut Straßenverkehrsordnung gelten Skateboards nicht als Fahrzeuge, sondern als besondere Fortbewegungsmittel (StVO §24 Abs.1). Skateboards dürfen demnach nicht auf Fahrbahnen benutzt werden, da sie laut StVO §24 Abs. 2 den Fahrzeugen, bzw. den motorisierten Fortbewegungsmitteln, vorbehalten sind. Dies gilt auch für Radwege, da Skateboarder aufgrund der Klassifizierung von Skateboards als besondere Fortbewegungsmittel, im Verkehrsraum denselben Vorschriften wie Fußgänger folgen müssen. In Deutschland ist Skateboardfahren somit lediglich auf Gehwegen legal. Die tatsächliche Nutzung der städtischen Räume durch Skateboarder und die Sicht der Skateboarder auf diese geht allerdings weit über die Grenzen des Gehweges hinaus. In einem Fernsehbericht des NDR aus dem Jahr 2009 beschreibt ein Hamburger Skateboarder seine Sicht auf die Stadt wie folgt: „Wenn Sie wandern gehen wollen am Wochenende, dann gehen sie auch nicht in eine Halle an der grüne Bäume an die Wand gemalt sind, sondern dann gehen Sie dahin wo sie hinwollen. Nämlich in die Natur. Für Skateboardfahrer ist das hier [die Stadt] die Natur― (Website Skateboard e.V., eigene Anmerkung). Die Stadt, bzw. der urbane Raum kann somit als „natürliche Umwelt― zur Ausübung von Skateboarding bezeichnet werden. Eine ähnliche Sicht auf den urbanen Raum als Bewegungsraum hat lediglich die seit einigen Jahren immer größer werdende Bewegung des Parcour-Sports sowie die im urbanen Raum betriebene TrendsportAbwandlung vom Rollerblading, das agrresive-Inlineskating, welches ebenfalls den gesamten urbanen Raum als Möglichkeit zur Ausübung des Sports versteht (Website Parkour-Germany). Auch die Jugendkultur des Graffiti ist teilweise eng mit Skateboarding verbunden, da beide Jugendkulturen im urbanen Raum ihren Ursprung haben, teilweise als illegal eingestuft werden und inzwischen als Kunstform mehr oder weniger akzeptiert sind (Website ZeitOnline). Doch auch die klassischen Sportarten dringen immer mehr in den öffentlichen Raum und werden nicht länger ausschließlich auf explizit ausgewiesenen Sportplätzen ausgeübt (Kähler 2012: 11f.). Mit dem gewandelten Sport- und Bewegungsverhalten der Menschen in urbanen Räumen gehen nach Klaus quantitative und qualitative Veränderungen der Nutzung von Räumen einher (Klaus 2012: 139). Sport und Bewegung drängen zunehmend in den öffentlichen Raum und werden Bestandteil von Urbanität (ebd.). Dies erfordert neue Überlegungen zum planerischen Umgang mit Sport- und Bewegungsräumen, da nicht nur die traditionellen Sportstätten, sondern der gesamte öffentliche Raum als Möglichkeitsraum zur Ausübung von Sport und Bewegung gesehen wird. Klaus stellt dabei fest, dass eine an Normen orientierte Definition von Sportstätten und -gelegenheiten, wie sie die traditionelle Sportstättenentwicklungsplanung vornimmt, bei der realen Bedarfsbestimmung von Sport- und Bewegungsräumen in urbanen Gebieten problematisch ist (ebd.). Einhergehend mit dem veränderten 24


Sportverständnis ist gleichzeitig eine Entgrenzung des normierten Raumverständnisses erfolgt (ebd.). Nach Klaus zielt die von der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaften, dem Olympischen Sportbund und dem Deutschen Städtetag in 2010 formulierte kommunale Sportentwicklungsplanung darauf ab, diesem Wandel Rechnung zu tragen und entwickelt durch Darstellung der Beziehungen von Sport- und Stadtplanung ihre Relevanz für die Raumplanung (ebd.). Die in Kapitel 8 vorgestellte Skateleitplanung knüpft an den Ansatz der Sportentwicklungsplanung an und zeigt Möglichkeiten zur planerischen Steuerung von Skateboarding im öffentlichen Raum auf. Wie im vorangegangenen Kapitelabschnitt erläutert, erweitert sich der Bewegungsradius eines Skateboarders mit dem Können. Dabei bildet oftmals ein zentral gelegener Spot mit guter verkehrlicher Anbindung den Haupttreffpunkt einer lokalen Szene, von der aus Streifzüge durch die Stadt unternommen werden, um bereits bekannte Spots aufzusuchen und noch unbekannte Spots zu finden. Nach Peters ist der Schlüssel zum Verständnis der Lebensform Skateboarding die Kategorie des Raumes und die Sichtweise von Skateboarding als urbanes Körper-Raum-Spiel, in der Streifzüge durch die Stadt essentieller Bestandteil sind (Peters 2011a: 151f.). Peters definiert Spiel dabei nach Huizinga als eine freiwillige Handlung oder Beschäftigung innerhalb von gewissen festgesetzten Grenzen von Zeit und Raum, welche nach freiwillig angenommenen aber unbedingt bindenden Regeln verrichtet wird und ihr Ziel in sich selber hat (ebd.). Begleitet wird das Spiel von einem Gefühl der Spannung und Freude und einem Bewusstsein des Andersseins als das gewöhnliche Leben (ebd.). Mit dem Eintritt in das Spiel wird der Rahmen des Alltäglichen verlassen und der Spielende begibt sich in den sekundären Rahmen des Spiels (ebd.). Die sportive Praxis des Skateboardens lässt sich nach Peters aus Sicht des Spiels als urbanes Raum-Spiel konzeptualisieren und manifestiert die für das Streetskateboarding konstitutive Bedeutung des urbanen Raumes in den Dimensionen des derivé, die Board-Streifzüge durch den urbanen Raum und dem detournément, der Raumverhandlung vor Ort, die sich als kreative Umnutzungspraxis der gegebenen physischen Räumlichkeiten denken lässt (ebd.). Streetskateboarding reklamiert keine exklusiven Sporträume wie Sportplätze oder Schwimmhallen, sondern wird aus der Spielrealität heraus durch die ständige Suche nach Orten, welche von der physischen und sozialen Beschaffenheit her in besonderer Weise zum Skaten geeignet sind, angetrieben (ebd.). Peters deutet das Raum-Spiel der Skateboarder, inspiriert von den Theorien der Situationistischen Internationalen und den Theorien Guy Debords, als das Zusammenspiel von derivé und détournement (Peters 2011a: 151f.). Derivé bezeichnet in der Theorie Debords das ausschweifende Flanieren mit offenem Ende, das Umherschweifen, Gehen, Spazieren und Stadtwandeln (ebd.). Es ist eine Form der Teilnahme, der Identifikation, der Interaktion, des Bearbeitens, des Be-Wohnens, der Gestaltung und der Veränderung von Raum und beinhaltet in ihren unterschiedlichen Spielformen allesamt die Auseinandersetzung mit dem Organismus Stadt, ihren Strukturen und dem sozialen Raum (ebd.). Im derivé der Skateboarder, der Spotsuche bzw. den Board-Streifzügen, entwickelt der Skateboarder die „Brille der Möglichkeiten― und setzt damit eine besondere Methode der Stadtlandschaftserkundung um. 25


Streetskateboarder entdecken auf ihren Board-Streifzügen durch die Stadt auch jene übersehenen Orte im urbanen Raum, die den übrigen Passanten verborgen bleiben (Peters 2011a: 151f.). Die für Stadtplaner und Architekten im derivé charakteristische Begutachtung der Umsetzung der städtebaulichen Entwürfe aus dem Blickwinkel der Herstellung, wird von den Skateboardern umgewandelt in die „Brille der Möglichkeiten―, die den Raum nach ihren urbanen Qualitäten und dem Umfang ihrer physischen, visuellen, narrativen und atmosphärischen Reichtümer hin untersucht. Skater sind nach Peters urbane Nomaden, die als „Location-Scouts― immer auf der Suche nach neuen Spots sind (ebd.). Der symbolische Attraktionswert den ein Raum für einen Skateboarder ausstrahlen kann, bleibt damit für Außenstehende, sich außerhalb der Spielrealität des Skateboardings Bewegende, weitgehend unsichtbar (ebd.). Jeder Skater entwickelt eine eigene mentale Landkarte, auf der die verschiedenen Spots wie in einem Netz miteinander verbunden sind (Eichler u. Peters 2012: 154). Peters bezieht sich bei der sogenannten skatescape oder auch Spotnetz auf das Konzept der Sportscape des Sportgeographen John Bale, und überträgt dies auf die spezifische Topographie der Skateboard-Kultur, in der die Spots, als auch Skateshops, Bars und Clubs, wie in einem Spinnennetz über der Stadt liegen (MSM 2013 Nr.319: 70f.). Für einige Städte in denen es besonders viele Spots oder engagierte lokale Fahrer gibt, werden von den Skateboardern Karten mit Wegbeschreibungen erstellt und sind entweder im Internet frei zugänglich oder werden in den Skatemagazinen veröffentlicht (Website Barcelonaskatespots; MSM 2009 Nr.278: 96f.). Abbildung 1 zeigt beispielhaft einen Ausschnitt aus der „Skatemap New York―, welche in der MSM Nr.278 veröffentlicht wurde. Auch online sind auf den Websites von Skateboardmagazinen Kategorien zu Abbildung 1: Ausschnitt aus der Skatemap New York in der MSM Nr.278

Quelle: Autor unbekannt (2009): New York für Anfänger: Das Skatespot 101. In: Monster Skateboard Magazine Nr.278: 96-97

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finden, in denen neue und alte einzelne Spots vorgestellt und beschrieben werden (Website Boardmag). Die Spots sind dabei ebenso vielfältig, wie es Möglichkeiten zum Skateboarden gibt und reichen von Schulhöfen, über Skateplaza bis hin zu skatebaren Skulpturen (ebd.). Der Skateboarder kann sich auf diese Weise seine eigene Skatekarte zusammenstellen, die auf das individuelle Können und die Präferenzen für bestimmte Elemente ausgerichtet ist. Die Spots sind dabei nicht mit einer festen Bewertung versehen, sondern jeder Skater muss persönlich für sich und mit seinem Können entscheiden wie fahrbar ein Spot ist. Des Weiteren spielt auch die Zugänglichkeit eines Spots, also der Aufwand der nötig ist, um einen Spot aufzusuchen eine Rolle. Die Qualitäten und Potenziale von einzelnen Spots lassen sich demnach nur relational zueinander und im individuellen Gesamtzusammenhang eines jeden Skaters und seiner Stadt überhaupt nachvollziehen (Peters 2011a: 148). Abbildung 2: Konzept der zentralen Orte nach Christaller

In seiner theoretischen Dimension ist das Spotnetz der Skateboarder auf die Theorie der zentralen Orte von Christaller anwendbar, die in Abbildung 2 dargestellt ist. Das Konzept Christallers beschreibt die zentralen Orte im allgemeinen Sinn als eine Standortagglomeration von Einrichtungen, welche Güter für räumlich begrenzte Marktgebiete anbieten (Ritter 2004: 1307). Im Sinne des Spotnetzes sind die zentralen Orte die unterschiedlichen Spots eines räumlich begrenzten urbanen Gebiets, die der Raum zum Skaten zur Verfügung stellt. In der Theorie Christallers haben die Orte nach ihrer Größe und Funktion unterschiedliche Bedeutung in einem hierarchischen System, welches sich auf die Handels- und Dienstleistungsfunktionen der Orte bezieht und sich auch auf besondere Zentrentypen, wie Shopping-Center und Fachmarktzentren, anwenden lässt (Ritter 2004: 1307). Auch im Spotnetz nehmen die unterschiedlichen Spots, je nach Größe und

Quelle: Website Spektrum: http://www.spektrum.de/lexika/ images/geogr/fff61_w.jpg

Ausstattung, ihre jeweilige Position in der Hierarchie aller Spots ein. Der in Tabelle 1 dargestellte „Merkmalskatalog für Skateboardspots― zeigt hierzu die Möglichkeiten vorhandener räumlicher Merkmale an

Spots auf, die in unterschiedlicher Kombination miteinander und in Abhängigkeit von der Lage im Stadtraum bzw. des Spotnetzes ihre individuelle Position in der Hierarchie der Spots eines jeden Skateboarders einnehmen (Tabelle 1). Die Fachmarktzentren und Shopping-Center können mit den besonderen Funktionen von Skateparks, -plaza und -hallen verglichen werden, da auch diese besondere Qualitäten besitzen, die an anderen Spots nicht erfüllt werden können und somit eine spezialisierte Nachfrage befriedigen. Die Theorie der „Zentralen Orte― ist des Weiteren auf unterschiedliche Maßstabsebenen anwendbar (Ritter 2004: 1307). Von kleinen Nachbarschaftszentren über Stadtteil- und Stadtzentren, bis hin zu Hauptstädten und Metropolen (ebd.). Wie bereits zu Beginn des Kapitels beschrieben erweitert sich der Bewegungsradius von Skateboardern äquivalent zum Können des Fahrers und vergrößert parallel dazu das Spotnetz. Die weniger wichtigen Orte in der Hierarchie der „Zentralen27


Tabelle 1: Merkmalskatalog für Skateboardspots

Quelle: eigene Darstellung

Orte-Theorie― können somit mit den weniger bedeutsamen Spots im Spotnetz gleichgesetzt werden. Der zentralste und wichtigste Spot entspricht dabei im übertragenden Sinne beispielsweise der Stellung einer Großstadt oder Metropole. Der Vergleich lässt sich bis hin zum größtmöglichen Maßstab fortsetzen, indem ein oder mehrere Städte, als globale Hot-Spots von Skateboarding identifiziert werden. Das Spotnetz ist zudem als dynamisches System aufzufassen, da es ständig in Bewegung und Veränderungen unterworfen ist, wenn immer wieder neue Spots entdeckt, gebaut oder abgerissen werden (Borden 2001: 223). Das im späteren Verlauf der Arbeit angeführte Beispiel des im Stadtraum peripher verorteten Carlsbad Gaps in den USA zeigt, dass aufgrund seiner hohen Schwierigkeit nur wenige Skateboarder den Spot nutzen konnten. Der Spot ist trotz seiner Lage allerdings gerade aufgrund der hohen Schwierigkeit weltbekannt in der Szene, da ein erfolgreich gestandener Trick das Können eines Fahrers eindeutig belegt. Einer der bekanntesten Spots in Deutschland war bis zum Skate-Verbot die Kölner Domplatte. Der Spot Domplatte hat, im Gegensatz zum Carlsbad Gap, eine sehr hohe Merkmalsausprägung und ist daher für viele Skateboarder mit unterschiedlichem Können nutzbar gewesen. Die Domplatte war deshalb bis zur Schließung täglich durch Skateboarder hoch frequentiert und hatte in der Hierarchie des Kölner 28


Spotnetzes einer der höchsten Stellungen bei vielen Skateboardern. Die Gegenüberstellung der beiden Spots verdeutlicht, dass auch Spots mit geringen Merkmalsausprägungen attraktiv und bekannt sein können, hohe Frequentierungen von Skateboardern jedoch hauptsächlich an jenen Spots stattfinden, welche über ein hohes Maß an Merkmalsausprägungen verfügen. Auch wenn die Bewertungen unterschiedlicher Spots nur im individuellen Zusammenhang nachvollziehbar sind, gibt es Spots, die wesentlich öfter und intensiver genutzt werden als andere. Eine solche überdurchschnittliche Frequentierung eines Spots hängt mit der besonderen Ausprägung einzelner Merkmale zusammen. Oftmals entwickelt ein Spot dabei erst durch die Kombination einzelner besonderes stark ausgeprägten Merkmale seinen besonderen Reiz. Der Vergleich von besonders intensiv genutzten Spots, ergibt übereinstimmende Merkmale, welche in Kombination miteinander zu einer hohen Frequentierung und einem hohen Bekanntheitsgrad in der Szene führen können. Der in Tabelle 1 dargestellte Merkmalskatalog für Skateboardspots zeigt welche Merkmale im Raum dabei eine Rolle spielen und einen guten Spot ausmachen können. Wenn alle Merkmale in der Tabelle in ihrer bestmöglichen Ausprägung erfüllt sind, ist von dem größtmöglichen Konsens einer positiven Bewertung des Spots auszugehen. Sind nur einzelne Merkmale zutreffend für einen Spot, nimmt er in der theoretischen Hierarchie des Spotnetzes eine geringere Stufe ein und wird weniger häufig, bzw. von weniger Skatern genutzt als Spots mit einer größeren Merkmalsausprägung, beispielsweise aufgrund des Schwierigkeitsgrades oder der Erreichbarkeit. Grundsätzlich zeichnen sich Spots nach Eichler und Peters durch nachfolgend aufgeführte Gemeinsamkeiten aus (Eichler u. Peters 2012: 153): 

glatte Flächen im physischen Sinne und eine oder mehrere skatebare Elemente wie Treppen, Geländer, Stufen und verschiedene Ebenen.

gute Infrastruktur: Erreichbarkeit des Spots, Nähe zu anderen Spots sowie gute Versorgungsmöglichkeiten (Restaurant, Supermarkt, Toilette, etc.).

organisches Eingelassensein in die Alltäglichkeit urbanen Lebens. Zumindest potentiell bietet ein guter Skatespot verschiedene Bühnen und Publika.

eine in irgendeiner Form mit dem Skate-Image korrelierende ikonographische Architektur und Ästhetik. Hiermit sind Räume gemeint, die der Jugend- und Subkultur des Skateboarding besonders nahe sind, wie Transiträume, Brachen oder global homogene Nicht-Orte der städtischen Verkehrsinfrastruktur, sowie Orte die die traditionelle und moderne Hochkultur repräsentieren wie Kirchplätze, Museen, Stadtbibliotheken oder auch Bankgebäude usw..

Einzelne Spots, welche jeweils nur in einem Merkmal besonders stark ausgeprägt sind, können jedoch ebenfalls eine wichtige Stellung im lokalen Spotnetz sowie in der Szene im Allgemeinen einnehmen. Durch die Möglichkeiten der Videoaufnahme kann dabei eine Art Wettbewerb um den besten Trick an einem Spot entstehen. Teilweise ist hierbei sozusagen die Biographie eines Spots über mehrere Jahre 29


nachvollziehbar, da durch stetig neue Videos und Fotos von Tricks am Spot der Wettbewerb fortgeführt wird. Der Wettbewerb ist somit keine direkte rivalisierende Konfrontation zweier Skater, die sich gegenüberstehen, sondern der Versuch in die imaginäre Liste der herausragendsten Tricks, die an einem Spot gestanden wurden, „eingetragen― werden zu können, um dadurch in die „Hall of Fame― eines einzelnen Spots aufgenommen zu werden. Wie im anschließenden Kapitel 4.2 beschrieben, hilft dabei die wechselseitige Motivation eine gesunde Rivalität zu fördern, ohne zu diskriminieren. Es gibt keinen Verlierer wenn ein Trick nicht gestanden wird, da nicht gestandene Tricks nicht bekannt werden, sondern nur gestandene Tricks finden Anerkennung. Dies unterstreicht, dass der Wettbewerbs- und Leistungsgedanke nicht im Vordergrund steht. Entscheidend ist vielmehr der einzelne Trick, unabhängig von Ort und Zeit sowie die soziale Komponente, das Erleben von Gemeinschaft, dass innerhalb der Skateboardszene eine elementare Rolle einnimmt. Tony Hawk, einer der weltweit bekanntesten und erfolgreichsten Contest-Skateboarder überhaupt, bestätigt dies in seiner Biografie: „Obwohl Skater in Contests gegeneinander antreten, sind sie größtenteils alles andere als wild auf einen Wettkampf. Natürlich gibt es einige Skater, die Leistungssportlerblut in den Adern haben, aber die werden bei Wettbewerben behandelt wie Aussätzige. [...] Was Nichtskater nicht verstehen (und das musste ich, nachdem ich keine Contests mehr fuhr, ein Jahr lang erklären), ist, dass es beim Skateboarding wirklich ums Skaten geht. Macht man einen Trick während eines Contestlauf, fein; macht man ihm am Sonntag bei einer Session im YMCA, fein – Skater werden den Trick anerkennen, egal, wo er ausgeführt wird, allein das zählt― (Hawk 2001: 247f.). Das Können eines Skateboarders kann somit unmöglich anhand eines Contestes gemessen werden (Hawk 2001: 282). Die Meinungen über immer größer werdende Skateboardwettbewerbe, wie die amerikanische von Nike gesponserte „Street Leauge―, gehen in der Szene daher weit auseinander (MSM 2011 Nr.302: 40). Als bekanntes Beispiel in der Szene ist ein Stück Rasen neben einer Treppe, auf dem Schulhof einer amerikanischen Schule in Carlsbad, zu großer Berühmtheit gelangt. Das sogenannte Carlsbad Gap wurde erstmals auf dem Cover der Skateboardzeitschrift Transworld Skateboarding im Jahr 1994 gezeigt und bis zu seinem Abriss am 23.02.2012 in der Szene hoch geschätzt (MSM 2008 Nr.268: 24). Das gap zeichnete sich zwar durch seinen sehr gut befahrbaren Untergrund aus, eine Rille in der Anfahrt sowie die kniehohe Mauer als „Psycho-Barriere― am unteren Ende erschwerten jedoch die Befahrbarkeit des Spots (ebd.) Damit galt das gap als weitaus anspruchsvoller als andere mit vergleichbaren Dimensionen und erklärt damit seine besondere Stellung in der Skateboardszene (ebd.). Im Anschluss an die Veröffentlichung des ersten Fotos haben auch andere Skateboarder an dem Spot Video- und Fotoszenen aufgenommen und ihn dadurch noch bekannter gemacht. Ab einem gewissen Bekanntheitsgrad in der Szene gehört es sozusagen „zum guten Ton― einen Trick an einem derart bekannten Spot per Foto oder Video festzuhalten, mit dem Anspruch einen noch anspruchsvolleren Trick zu vollführen als der vorherige Skater. Dies wird solange weitergeführt, bis entweder eine Übersättigung von Video- und Fotomaterial des Spots die Attraktivität senkt, oder ein anderer Spot entdeckt wird, welcher die Aufmerksamkeit auf sich 30


zieht und den alten in Vergessenheit geraten lässt (MSM 2013 Nr.321: 32). Der Spot war dabei in einem solchen Maße bekannt und wichtig, dass das MSM einen Artikel mit der verschriftlichten Liste der „Never Been Done― Tricks veröffentlicht hat, welche 2008 bereits 23 Fahrer mit jeweils einem oder mehreren Tricks beinhaltete und sich wie das „Who is Who― des Skateboardings lesen lässt (ebd.). Eine derart große Bekanntheit wie das Carlsbad Gap sie hatte, kann ein Spot jedoch nur durch die Kommunikation der Medien erreichen. Zu Beginn der Skateboardgeschichte waren zunächst Fotos in den Skatemagazinen ein entscheidender Impuls für viele Menschen sich überhaupt mit Skateboarding zu befassen, da es noch nicht viele Skater und dementsprechend nur selten Möglichkeiten gab, Skateboarding direkt beobachten zu können (Borden 2001: 120). Im weiteren Verlauf wuchs durch die Entwicklung neuer Technik die Bedeutung von Videos, da diese im Gegensatz zu Fotos, den gesamten Bewegungsablauf von Skatetricks sichtbar machen können. Nachdem das Medium Video für die breite Masse zugänglich wurde, nutzten die Skateboarder intensiv die Möglichkeit ihre Tricks in Videos zu präsentieren, was bis heute zu einem enormen Stellenwert von Videos in der Szene geführt hat. Im Zuge der Globalisierung und der neuen Möglichkeiten schnell und zeitnah Videos in Internetportalen bereitzustellen, verstärkte sich dieser Einfluss nochmals, da neue und innovative Tricks auch auf der anderen Seite der Welt nach kurzer Zeit zu sehen sind (Eichler u. Peters: 154). Skateboardvideos haben neben der Funktion als eine Art Tageszeitung für neue Tricks, Spots oder Trends, auch eine enorme Bedeutung für das Erlernen von neuen Tricks, da durch die Möglichkeit der Zeitlupe die Tricks in ihre Bestandteile zerlegt werden können und damit besser nachvollziehbar sind (ebd.). Das „Stehen― eines Tricks, also das Gelingen, hat einen nahezu ebenso hohen Stellenwert wie das Festhalten des Tricks in Bildern und Videos und dient ebenso als Katalysator szenespezifischer Kohäsion, als auch der subjektiven Reflexion des einzelnen Skaters (ebd.). „Skateboarding ohne Videos ist wie Basketball ohne Korb - es würde einfach etwas fehlen― (Krosigk 2006: 119). Durch die weltweite Verbreitung von Videos wird indirekt für die gezeigten Spots und damit auch für die Städte in denen die Spots lokalisiert sind, Werbung gemacht. Durch diese indirekte Video- und Fotowerbung für Städte, wird der Massentourismus von Skateboardern, wie im nachfolgend erläuterten Beispiel Barcelonas, überhaupt erst möglich gemacht. Durch eine bewusste Platzierung und medialen Inszenierung von Spots können Städte den Werbeeffekt für sich nutzen, um als Sportstadt auf sich aufmerksam zu machen, oder um als Reiseziel oder Wohn- und Arbeitsort ihre Attraktivität zu steigern. Als extremes Beispiel ist die Stadt Barcelona zu nennen, da sie mit solch einer Fülle an Spots ausgestattet ist, die alle ein oder mehrere besondere Merkmale aufweisen, dass die Stadt als Ganzes Berühmtheit in der Szene erlangt hat. Einzelne Spots, wie beispielsweise der Vorplatz des Museu d'Art Contemporani de Barcelona, auch MACBA genannt, erlangen dabei besonderen Bekanntheitsgrad und werden zum Aushängeschild der Stadt, sozusagen den „must-seens― für jeden Skateboardtouristen. Eine ganze Stadt kann auf diese Weise durch nur einen oder mehrere besonders herausragende Spots große Bekanntheit erlangen und zum Reiseziel für Skateboarder werden. Möglich wurde die Fülle an Streetskatespots in 31


Barcelona durch das zu Beginn der achtziger Jahre angelegte Reformprogramm für die Stadt (Schneider 2010: 388f.). Ziel war es, eine verantwortliche, sozial ausgewogene Planungsstrategie umzusetzen, welche die Forderungen von Stadtteilinitiativen nach städtischen Plätzen und Parks in einem ambitionierten Freiprogramm fanden (ebd.). Über das Objekt „Platz― wurde die Identifikation der Bürger mit ihrem Viertel umgesetzt, indem über die emblematische Neugestaltung von öffentlichen Räumen den gesichtslosen Stadtteilen eine Identität gegeben wurde (ebd.). Die Funktion des Platzes als Kommunikationsraum (Kapitel 5) innerhalb der städtischen Agglomeration wurde erkannt und die Schaffung offener sozialer Räume war zentrales Element des umfassenden politischen Gestaltungswillens (ebd.). Die daraus erwachsenen Plätze sind für Skateboarder vor allem wegen der künstlerischen Gestaltung in Kombination mit einem glatten Untergrund und der sich daraus ergebenden Form der auf den öffentlichen Plätzen Barcelonas verbauten Elemente interessant und profitieren so von den Ambitionen der Sozialisten unter Narcis Serra, indem sie das Potential der Plätze über dem eigentlich angedachten Zweck hinaus ausschöpfen (ebd.). Da Skateboarder ständig auf der Suche nach neuen Spots sind, entweder zum befahren, oder mit der Ambition ein schönes Foto oder Video aufzunehmen, ist der Skateboardtourismus seit Beginn des Streetskating ein wichtiger Teil von Skateboarding. Für Skateboarder ist die Sicht auf eine fremde Stadt daher zunächst geprägt von den Skatevideos und –fotos, die in der Szene bekannt sind. Im Fokus stehen meist einzelne Spots, welche eine besonders hohe oder interessante Merkmalsausprägung aufweisen und neben grundsätzlichen Kriterien einer Reise, wie den Reise-, Unterkunfts- und Ernährungskosten sowie dem Wetter, als Begründung für die Auswahl eines Reiseziels dienen (MSM 2013 Nr.321: 36f.). Auch die Größe und Einstellung lokaler Szenen gegenüber Skateboardern aus anderen Städten oder Ländern wird in den Reiseempfehlungen von Skatemagazinen thematisiert, da die lokalen Szenen zum einen Anknüpfungspunkte für die Erschließung eher unbekannter, aber interessanter Spots bieten können. Zum anderen ist die Kontaktaufnahme zwischen sich unbekannten Skateboardern aufgrund des gemeinsamen Interesses und einer generellen szeneinternen Offenheit gegenüber Skateboardern aus anderen Städten, leichter und schneller als mit Nicht-Skateboardern und ermöglicht zudem den Informationsaustausch über weitere skateboardspezifische Einrichtungen wie Skateshops, Bars oder Clubs. Der Städtetourismus von Skateboardern ist außerdem geprägt von der Haltung der Polizei gegenüber Skateboarding, da Städte bzw. Länder mit einer negativen Grundhaltung gegenüber Skateboarding eher unbeliebt und im Umkehrschluss Städte mit toleranter Haltung beliebter sind (ebd.). Ähnlich wie für einzelne Spots ist auf diese Weise ein Katalog der Merkmalsausprägungen für attraktive Skatestädte erstellbar, in der die zuvor benannten Aspekte zunächst einzeln bewertet und anschließend in der Summe zu einem „Skatequotienten― für Städte zusammengefasst werden:

32


skateboardspezifische Reiseanforderungen: 

Anzahl und Diversität von Spots

Toleranz der Polizei vor Ort gegenüber Skateboarding

Größe und Offenheit der aktiven Skateboardszene vor Ort

generelle skateboardunabhängige Reiseanforderungen: 

Wetter zur Reisezeit

Reise-, Unterkunfts- und Ernährungskosten

Auch an dieser Stelle bleibt das Beispiel Barcelonas maßgebend, da hier in nur einer Stadt eine solche Fülle an Spots mit hoher Merkmalsausprägung vorhanden ist, dass die Skateboardszene niemals zuvor, als auch danach bis heute, einen solchen Hype um eine ganze Stadt erlebt hat, wie im Fall Barcelonas (MSM 2013 Nr.321: 32). Im gewissen Sinne ist Barcelona daher zwar als extremes Beispiel zu betrachten, zeigt aber gerade dadurch, welche Vor- und Nachteile Skateboarding für eine Stadt mit sich bringen kann. Nachdem Spots in Barcelona im Jahr 1999 erstmalig in Skateboardvideos zu sehen waren, dauerte es nur wenige Monate, bis sie zur neuen Hauptstadt des Skateboardings ernannt wurde und etliche professionelle Skateteams, durchorganisierte Skatecamps, als auch frei organisierte Amateurfahrer in großer Zahl einreisten (ebd.). Als negative Folge des plötzlichen Skatetourismus-Booms, welcher aufgrund des nicht vorhersehbaren Ansturms nicht wie bei den bekannten Sehenswürdigkeiten organisiert und gelenkt werden konnte, blieben verärgerte Anwohner und locals, also ortsansässige Skateboarder, zurück, die sich über die Masse an Skateboardern und der zunehmenden Vermüllung der Spots beklagten (ebd.). Als Reaktion wurde im Jahr 2005 das „Gesetz der zivilen Ordnung― verabschiedet, die der Polizei ein härteres Eingreifen gegen Skateboarder ermöglichte (ebd.). Bis dato war Barcelona in der Szene bekannt als entspannte und offene Metropole in der das Leben auf den Straßen und an den Spots stattfand, Graffiti und Street-Art an jeder Wand zu sehen war und jeder bis zu einem gewissen Grad tun konnte, was er wollte (ebd.). Der für die Stadt zunächst positive Aspekt des gestiegenen Tourismus durch Skateboarder wurde zunehmend zum Problem, welches aus Sicht der Stadt nur durch die Umsetzung härterer Gesetze gegen Skateboarding eingedämmt werden konnte (ebd.). Bis zum Jahr 2014 hat sich die Lage wieder entspannt und nur an den größten und bekanntesten Spots wird Skateboardfahren mit Strafen geahndet (ebd.). An allen anderen Spots, die weniger stark frequentiert und über das gesamte Stadtgebiet verteilt liegen, ist das Interesse von Skateboardern und interessierten Passanten gleichbleibend groß (ebd.). So gilt Barcelona, neben Berlin und Prag, immer noch als eine der Skateboardhauptstädte Europas, mit der Veränderung, dass Skateboarden nicht länger als Randerscheinung wahrgenommen wird, sondern einen großen Teil des Tourismusverkehrs im Bereich der jungen Erwachsenen ausmacht, auf den sich auch die örtliche Infrastruktur, beispielsweise mit besonderen Hotels für Skateboarder, eingestellt hat (ebd.). Skateboarding in Barcelona nimmt neben der sozialen Rolle im öffentlichen Raum somit auch eine wirtschaftliche Rolle ein. 33


Der von Eichler und Peters benannte Aspekt für die Bedeutung von Skatespots, bei der Skateboarder die in irgendeiner Form mit dem Skate-Image korrelierenden ikonographischen Architektur und Ästhetik als Objekte medialer als auch der Selbstinszenierung nutzen, steht im engen Zusammenhang mit der gewollten Darstellung dieser Orte durch die jeweilige Gesellschaft. Skateboarding findet immer dort statt, wo die Architektur und Raumplanung es anbietet. Würden beispielsweise nicht sakrale Gebäude oder Bürohochhäuser in der Geschichte der Architektur und Planung besondere Aufmerksamkeit durch die jeweiligen gesellschaftlichen Schwerpunkte in der Epoche der Entstehung erfahren haben, sondern beispielsweise Toilettenhäuser, würde Skateboarding die Architektur der Toilettenhäuser für ihre Zwecke nutzen. Auf diese Weise dokumentieren Skatefotos und -videos zugleich die jeweiligen herausragenden architektonischen und raumplanerischen Erzeugnisse seiner Zeit. Die von Eichler und Peters benannte ikonographische Architektur wie die des Kölner Doms kann allerdings erst seit dem Bau der Domplatte im Jahr 1968 von Skatern genutzt werden. In den meisten Fällen steht die auf Skatefotos und -videos genutzte Architektur in engem Zusammenhang mit dem An- und Umbau des direkten Umfeldes ikonographischer und historischer Architektur und ist folglich erst im 21. Jahrhundert entstanden. Borden stellt fest, dass Skateboarding niemals in Städten des Mittelalters, der Renaissance, oder der frühen Industrialisierung hätten entstehen können, da es die glatten Oberflächen und Durchgangsräume der Stadt aus Beton benötigt (Borden 2001: 195). Die aus heutiger Sicht oftmals kritisierte Architektursprache der siebziger Jahre beispielsweise, war für die Streetskateboarder die Grundlage zur Entwicklung ihres urbanen Sports. Borden erstellt daher eine Liste der am besten skatebaren Architektur, in der bekannte Namen von Architekten und Planern des letzten Jahrhunderts aufgelistet werden (Borden 2001: 196f.). So benennt er unter anderem Mies van der Rohe, Edward Durell Stone, C.F. Murphy oder auch Le Corbusier als jene Architekten, die besonders gut nutzbare Entwürfe für Skateboarding geplant und umgesetzt haben (ebd.).

4.2 Skateparks und Skateplaza Streetskateboarding findet vom Ursprung und der wörtlichen Übersetzung her auf der Straße im urbanen Raum statt (Kapitel 3). Doch auch die Skateparks und -plaza nehmen im Spotnetz einer Stadt ihre Rolle ein. Streetskateboarding kann somit an jedem Ort praktiziert werden und beschreibt neben dem Ort des Skatens, die Präferenz für Tricks, welche im weitesten Sinne nicht in Halfpipes umgesetzt werden. Es ist somit einfacher das Halfpipeskaten vom Streetskaten zu trennen, als umgekehrt, da Halfpipeskaten ausschließlich in Halfpipes ausgeführt wird, während Streetskaten jeglichen zur Verfügung stehenden Raum nutzt. Diese Universalität des Streetskateboarding äußert sich seit einigen Jahren auch in dem verbesserten Design von neuen Skateparks und Plaza, welche sich langsam von dem erfolglosen Design eines quarter-funbox-bank „Katalog-Skateparks― (Abbildung 3) lösen (Interview Naschold). Der Begriff quarter-funbox-bank beschreibt die Anordnung der drei Elemente einer quarter an einem Ende des Platzes, einer funbox in der Mitte des Platzes und einer bank am anderen Ende eines Platzes. In ganz Deutschland 34


sind

unzählige

Skateparks

nach

diesem,

oder

nur

leicht

abweichendem,

Schema

mit

Betonfertigbauelementen oder aus Holz errichtet worden (Interview Naschold). Der Grund hierfür liegt allerdings nicht darin, dass dieses Schema erfolgversprechend ist, sondern daran, dass die Städte, aufgrund von mangelnden Kenntnissen über Skateboarding, ihre Rampenelemente direkt aus einem Katalog der Herstellerfirmen bestellen und sie anschließend ohne Planungsvorgang aufstellen lassen (ebd.). Da es in Deutschland nur wenige Herstellerfirmen für Skateboardrampen gibt, bestellen die unterschiedlichen Städte ihre Rampen entweder aufgrund des günstigsten Preises oder des Bekanntheitsgrades oftmals bei den gleichen Herstellern und sehen infolge dessen exakt gleich aus (ebd.). Die Befahrbarkeit der Rampen ist dabei in den meisten Fällen aufgrund von falschen Winkeln, Abmessungen und Dimensionen ungünstig oder teilweise unmöglich (ebd.). Zurückzuführen ist der ehemalige Trend zu schnell aufgestellten Skateparks aus Betonfertigteilen zudem auf den Skateboardboom ab Anfang bis Mitte der neunziger Jahre, welcher eine erhöhte Nachfrage und damit auch einen Markt für Hersteller kreierte (ebd.). Die Nachfrage nach wetterfesten und haltbaren Betonrampen konnte zunächst ausschließlich von den großen Betonfertigteilherstellern befriedigt werden, welche jedoch nicht über das nötige skateboardspezifische Know-how verfügten diese nach den Vorstellungen der Skateboarder umzusetzen (ebd.). Erst in den letzten fünf Jahren gründen Skateboarder mit fachlichen Kenntnissen zur Planung und zum Bau von Skateparks, Planungsbüros die auf Skateparks spezialisiert sind. Auch die Herstellerfirmen haben angefangen ihre Konzepte zu modernisieren und den aktuellen Bedürfnissen in der Szene anzupassen (Boardstein 2005 Nr.35). Einige Hersteller gehen wiederum nicht mit der Zeit und behalten ihre Produktpalette bei, welche aufgrund der geringen Kosten und aufgrund des unzureichenden Hintergrundwissens immer noch nachgefragt wird und auch heute noch zu Skateparks von geringer Qualität führt (Interview Naschold). Wenn die Städte nach der Aufstellung von Standardrampen aus Fertigteilen nach der Ursache für eine geringe Wertschätzung und dadurch geringe Nutzung suchen, können sie oftmals aufgrund der mangelnden Kenntnisse die Kritik aus der Szene nicht nachvollziehen und werfen dieser entweder Undankbarkeit vor, oder finden fälschlicherweise den Grund in einem anscheinend geringer werdenden Interesse am Skateboardsport (Email Graham 02.06.2014). Innerhalb der Skateboardszene sind Verbesserungsvorschläge für Skateparks seit der Welle der Standardkatalogskateparks Ende der neunziger Jahre immer wieder Thema. So listet beispielsweise das Skateboardmagazin Boardstein aus Frust über die oftmals mangelhaften Umsetzungen von Skateparks, in der Ausgabe vom Juni 2005 mit 32 zusätzlichen Seiten, detaillierte Kritikpunkte zu allen bis dato möglichen Variationen von Skateparks bezüglich Material, Planung, Größe und Kosten auf (Kleinschmidt 2005). Die in der Ausgabe identifizierten Kritikpunkte beziehen sich neben der baulichen Ausführung von Skateparks vor allem auf die bürokratischen Hürden bei der Durchsetzung von Anträgen für den Bau von Skateparks, als auch auf die Auffassung von Skateparks als Spiel- und Sportflächen, welche zu einer Zuordnung der Planung zu Ämtern mit mangelndem Fachwissen, wie den Straßen-, Garten-, Bau- und Grünflächenämtern führt (Boardstein 2005 Nr.35). Die zuständigen Ämter verfügen in der Regel nicht über das nötige 35


fachspezifische Know-How um einen qualitativ hochwertigen Skatepark bauen zu können. Die Sonderausgabe

richtet

sich

daher

an

„[…]

sämtliche

Gemeindevertreter,

Sachbearbeiter,

Landschaftsarchitekten, Streetworker, Stadtväter und auch Bezirksbürgermeister höchstpersönlich. Denn gerade die müssen endlich verstehen, daß [sic] Skateparks keine Spielplätze sind, allerdings auch keine Sportplätze, sondern irgendetwas dazwischen, halt Skateparks.― (Fiehl 2005 Nr.35: 3). Die am häufigsten auftretenden Probleme bei der Errichtung von Skateparks liegen, neben der mangelnden Integration in das räumliche Umfeld, in der Gestaltung der einzelnen Elemente. Oftmals haben dabei geringfügige Veränderungen, beispielsweise die Höhe von curbs, ledges und handrails, oder die Winkel von banks und transitions, erhebliche Auswirkungen auf die Befahrbarkeit der Anlage (Interview Naschold). Das Expertenwissen eines Skateparkplaners oder erfahrenen Skateboarders mit der „Brille der Möglichkeiten― bietet jedoch von vorneherein die Möglichkeit, grobe Fehler aufgrund von Unwissenheit auszuschließen (Interview Naschold). Ein guter Skatepark zeichnet sich durch die Möglichkeit aus, viele verschiedene Wege, die sogennanten lines, fahren zu können und dadurch ein rhythmisches und flüssiges Fahrgefühl zu erzeugen, welches als flow bezeichnet wird (Website Populaer). Durch die geschickte Anordnung und Ausrichtung der unterschiedlichen Elemente und einer harmonischen Abstimmung von Winkeln, Längen und Höhen kann eine hohe Variation von Nutzungsmöglichkeiten mit dem Skateboard erreicht werden (ebd.). Je mehr Variationsmöglichkeiten ein Skatepark hat, desto mehr Abwechslung und folglich mehr Spaß bietet er Skateboardern unterschiedlichen Alters und Könnens (ebd.). Kleinere Gemeinden können die nötige Summe für qualitativ hochwertige Skateparks oftmals nicht alleine aufbringen und entscheiden sich anstatt dessen für die kostengünstigere Errichtung von Fertigbauteilen (Boardstein 2005 Nr.35: 61). Als Ergebnis daraus haben dann beispielsweise drei kleine aneinandergrenzende Gemeinden, drei kleine Skateparks von geringer Qualität (ebd.). Sinnvoller wäre in einem solchen Fall, eine Kooperation zwischen den drei Gemeinden „[…] um eine Summe von 250.000€ aufzutreiben. Denn erst ab solchen Summen beginnt ein wirklich guter Skatepark, der für alle Altersstufen was zu bieten hat― (Grabowski in: Boardstein 2005: 61). Die Höhe der finanziellen Investition für den Bau eines Skateparks ist dabei nur bis zu einem gewissen Grad hilfreich, da die Umsetzung eines Skateparks vor allen Dingen an einer mangelnden Beteiligung der lokalen Szene und externen Experten, als auch an einer baulich nicht akkuraten Umsetzung der einzelnen Elemente scheitern kann (Röttele in: Die Welt vom 16.12.2012). Exemplarisch für eine solche Kritik trotz hoher Kosten ist der im Jahr 2012 im Frankfurter Ostend für 1,8 Millionen Euro gebaute Skatepark. Laut Aussage des ortsansässigen Skateboardvereins Concrete SK8 wurden bereits frühzeitig Mängel an spezifischen Bauteilen in der Anlage gemeldet und von der ausführenden Baufirma zwar zur Kenntnis genommen, jedoch nicht beachtet oder geändert (Website boardstation 2). Der Verein betont hierbei, dass die bemängelten Punkte einfach zu verbessern gewesen wären und viele weitere Details an der Anlage im Sinne des Sports baulich falsch ausgeführt wurden (ebd.). Als Grund für die mangelnde Umsetzung sieht der Verein die fehlgeschlagene Kommunikation bzw. die Ignoranz seitens der Planer und der beauftragten Baufirma gegenüber der vorab 36


geäußerten Kritik des Skateboardvereins, welche laut Concrete Sk8 mangelnde Kenntnisse für die Umsetzung einer solchen Anlage besaßen (ebd.). Das Beispiel Frankfurt Ostend zeigt, dass die Realisierung eines Skateparks, welcher nicht aus Fertigteilen besteht, ein sehr hohes Maß an Detailtreue und die Zeit und den Willen erfordert diese auch konsequent umzusetzen, da andernfalls nur ein „Paradies mit Lücken― entsteht (ebd.). Die Umsetzung der Planung und Errichtung von Skateparks durch Planungsbüros die von ehemaligen Profiskateboardern gegründet sind und die „Brille der Möglichkeiten―, sowie das technische Know-How bei der Umsetzung besitzen, zeigen eine wesentlich positivere Resonanz und werden entsprechend intensiv genutzt. Kennzeichnend für die neuen Skateparks ist dabei die Adaption von Elementen der Straße, welche in kompakter und konzentrierter Form innerhalb einer integrierten Gesamtplanung umgesetzt wird (Interview Naschold). Dadurch werden die Parks wesentlich besser von den Skateboardern angenommen, da sie vielfältige Möglichkeiten zur kreativen Nutzung anbieten, da sie nicht aus einem Standardkatalog stammen sondern individuell geformt und auf die Bedürfnisse der Skateboarder vor Ort angepasst sind, besser befahrbare und länger haltbare Materialmischungen verbauen und des Weiteren qualitativer in den räumlichen Gesamtzusammenhang des Umfeldes integriert sind (ebd.). Die Adaption von realen Elementen aus dem Stadtraum ist beispielsweise beim Skateplaza Kap686 in Köln derart detailgetreu umgesetzt worden, dass mehrere in der Skateszene bekannte Elemente aus der ganzen Welt, wie beispielsweise die beiden legendären Spots der „beer-banks― aus Barcelona oder den Pier7-Block aus San Francisco, nachgemessen und exakt nachgebaut worden sind (MSM 2011 Nr.302: 22). Als weitere richtungsweisende Beispiele von individuellen und integrierten Gesamtplanungen von öffentlich und kostenfrei zugänglichen Skateparks und Skateplaza in Deutschland, sind der größte innerstädtische Skate- und BMX-plaza in Bielefeld, der Skatepark Rheinpark in Duisburg, der Hemer Skatepark auf dem Gelände der Landesgartenschau (Abbildung 4), oder auch der Skateplaza am FontaneHaus im Märkischen Viertel in Berlin zu nennen (Website Bielefeld Kesselbrinkplatz; Website You Tube: Rheinpark Duisburg; Website Skatepark Hemer; Website Anker-Skateparks). Eine besondere Stellung in Deutschland nimmt die Gestaltung des im Zentrum der Stadt gelegenen Kesselbrinkplatzes in Bielefeld ein, da dieser zeigt, dass Skateplaza auf zentralen Plätzen in der Innenstadt funktionieren können, ohne das Nutzungskonflikte oder Belästigungen durch Lärm und Vandalismus daraus hervorgehen. Ähnlich stark in ein urbanes Umfeld eingebunden, jedoch im peripheren Randbereich der Stadt Berlin gelegen, ist der Skatepark im Märkischen Viertel am Fontane-Haus. Die anderen genannten Skateparks sind von der Gestaltung her ebenfalls auf sehr hohem Niveau, jedoch außerhalb des Kern-Stadtgebiets angesiedelt und nehmen dadurch eine andere Position im Spotnetz der Stadt ein. So kann ein Skatepark in peripherer Lage zwar zum Hauptspot einer Stadt werden, verschiebt jedoch das Zentrum des Spotnetzes ebenfalls an den Rand des Stadtgebietes. Auffällig bei der Betrachtung der Hintergründe der beliebtesten und erfolgreichsten Skateparks ist, dass nahezu alle Parks von Planungsbüros ausgeführt und umgesetzt worden sind, die entweder von aktuellen oder ehemaligen 37


Profiskateboardern gegründet wurden, oder diese maßgeblich mit ihrem Know-how unterstützen. Zudem zeichnen sich die erfolgreichsten Parks durch ein hohes Maß an Partizipation der lokalen Szene bei Planung und Bau aus, um eine optimale Anpassung an die Bedürfnisse vor Ort zu erreichen. Die häufige Positionierung von Skateparks außerhalb des zentralen urbanen Bereichs einer Stadt, wird von Peters als Verdrängung aus dem Stadtbild gedeutet und geht für die Skateboarder einher mit dem Verlust von sozialen Lernprozessen in der Auseinandersetzung mit den räumlichen und sozialen Gegebenheiten in Stadtzentren und damit zusammenhängenden Möglichkeiten der Kommunikation, als auch einer ausbleibenden Belebung der Innenstadt durch kreative Schaffungsprozesse (MSM 2013 Nr.319: 70f.). Eigens für die Nutzung von Skateboardern ausgewiesene Anlagen sind im Gegensatz zu urbanen Stadträumen die zum Skateboardfahren geeignet sind, auch für andere Nutzergruppen attraktiv und können dadurch Konflikte hervorrufen. Skateparks werden häufig von Eltern und ihren Kindern als Spielplatz genutzt oder mit Fahrzeugen befahren, welche die Materialen beschädigen und damit die Nutzbarkeit der Anlage einschränken können (MSM 2013 Nr.319: 70f.). Die Nutzung eines Skateparks von kleinen nicht skateboardfahrenden Kindern als Spielplatz kann beispielsweise aufgrund der geringen Körpergröße und den teilweise hohen Geschwindigkeiten von Skateboardern bei einem Zusammenstoß zu ernsthaften Verletzungen des Kindes führen. In Skateparks werden die Skateboarder aus ihrer „natürlichen Umgebung―, der Stadt, in eine idealisierte, komprimierte Trainingsstätte abgeschoben, welche vermeintlich perfekte Spots anbietet (Interview Peters). Auch wenn Elemente aus der Stadt imitiert werden, kann ein Skatepark niemals einen vollständigen Ersatz für Street-Spots darstellen (Interview Naschold). Peters beschreibt die Verdrängung aus der Stadt in Skateparks- und plaza daher auch als Domestizierung, da die Stadt versucht der subkulturellen und bis vor wenigen Jahren nie greifbaren Gruppierung der Skateboarder, habhaft zu werden (MSM 2013 Nr.319: 70). Auch innerhalb der Szene wird diese Verdrängung wahrgenommen und als Versuch gewertet, die wachsende Szene in „geregelte Bahnen― zu lenken (MSM 2012 Nr.309: 44). Die Entwicklung wird dabei nicht ausschließlich negativ bewertet, sondern es wird auch die Chance gesehen, dass bei intensiverer Kommunikation zwischen beiden Parteien, neue Parks und Spots errichtet und akzeptiert werden können (ebd.). Mit der finanzintensiven Errichtung von Skateanlagen gehen allerdings immer auch Erwartungen einher, welche die Skateboarder von „den Rebellen der Straße― zu disziplinierten Sportlern mit eigener Trainingsstätte werden lässt (MSM 2013 Nr.319: 70). Den Skateboardern werden Träume einer eigens für sie gestalteten Anlage erfüllt und so von der Stadt im Grunde eingefangen (ebd.). Waren es früher noch die Skateboarder, die an Spots wie der Domplatte von der Stadtwacht bedrängt wurden, sind es nun die Skateboarder selbst, die auf den Zustand „ihres― Platzes achten und eine Art Aufsichtsfunktion übernehmen (MSM 2013 Nr.319: 70f.). Wenn die Skateparks, wie beispielsweise im Fall Kap686 in Köln, in enger Zusammenarbeit mit den lokal ansässigen Skateboardern geplant und 38


durchgeführt werden und ehrenamtliche Arbeitskraft eingeflossen ist, ist der Grad der Identifikation hoch und mit einem Verantwortungsgefühl für den Zustand der Anlage verbunden (Boardstein 2005 Nr.35: 62). Am Kap 686 achten die Skateboarder daher darauf, dass der Platz nicht vermüllt zurückgelassen wird, oder äußern öffentlich Kritik an BMX-Fahrer, welche mit ihren Metal-Pegs (Pegs: Verlängerung der Achsen zum grinden oder Fußabstellen) die Skateelemente beschädigen (Website boardstation 3). Die Meinungen von Skateboardern, ob sie lieber in einem Skatepark oder auf der Straße Skateboard fahren, gehen ebenso weit auseinander, wie es unterschiedliche Skateboarder gibt, da Skateboarding inzwischen im Mainstream angekommen ist und ein dementsprechend breites Publikum anzieht (MSM 2012 Nr.309: 44). Für viele ist ein Skatepark nur ein Trainingsareal für das Streetskaten am darauffolgenden Tag, für die anderen ist das Angebot von perfekt geformten skatebaren Elementen unverzichtbar (ebd.). Skateparks sind geschützte und gesellschaftlich akzeptierte Räume zum Skateboarden, in dem die Skateboarder nicht diskriminiert oder verjagt werden. Der Aspekt der „Sicherheit― kann dabei als Vor- oder Nachteil ausgelegt werden, da es auf der einen Seite gut ist einen Raum zur Verfügung zu haben in dem ungestört Skateboard gefahren werden kann, auf der anderen Seite gehen dadurch viele Erfahrungen verloren (MSM 2012 Nr.309: 44). „Skaten auf der Straße bedeutet Abwechslung. Anregung. All das Unvorhersehbare, das man dort erlebt. Passanten, Verkehr, Madness, das Salz in der Suppe eben! Wenn es nichts mehr gibt außer Parks, ist die Szene tot― (MSM 2014 Nr.332: 46). Streetskatespots sind nicht zum Skateboarden errichtet worden und müssen erst gefunden und anschließend ausprobiert werden (ebd.). Die vorgefunden Bedingungen sind dabei bei jedem Streetspot individuell und fördern die Kreativität, im Gegensatz zu Skateparks, die oftmals die immer gleichen Elemente baulich perfekt umsetzen und anordnen (ebd.). Von der älteren Generation an Skateboardern, die sich kritischer und reflektierter mit den Settings von Skateparks auseinandersetzen können als Kinder und Jugendliche, wird dabei oftmals bemängelt, dass in Skateparks die Kreativität verloren geht, der Leistungs- und Wettbewerbsgedanke im Vordergrund steht und dass Skateparks sich nicht als Foto-Spot eignen, da sie zu perfekt und künstlich sind (ebd.). Auch die Skateboardzeitschrift Boardstein hat nur in Ausnahmefällen Bilder von Skatern in Skateparks mit in das Magazin aufgenommen, da es „[…] gerade hierzulande als ungeschriebenes Gesetz [gilt], außerhalb von Contestartikel u.ä. keine Bilder aus Skateparks zu zeigen.― (Fiehl 2005: 3). Durch die künstliche und perfekte Skateumgebung des Skateparks verliert Skateboarding etwas Persönliches, worin die Szene die Gefahr eines Kulturverlustes sieht (ebd.). Je mehr Parks entstehen, desto mehr Menschen werden angesprochen und desto mehr findet Skateboarding seinen Weg in den Mainstream (ebd.). Dieser Schritt zum Breitensport bringt die genannten Vor- als auch Nachteile mit sich (ebd.). Für die Stadtplanung ist es daher von Bedeutung auf die veränderten Rahmenbedingungen im Skateboarding einzugehen. Skateboarding findet in der Gesellschaft eine breitere Akzeptanz als noch vor zehn Jahren und wird als Teil und Ausdruck urbanen Lebens wahrgenommen (Website Skateboard e.V., Website You Tube: Skating the City). Die Vielfalt und der Facettenreichtum im modernen Skateboarding, 39


hinsichtlich der Skategewohnheiten und der Ausdrucksmöglichkeiten auf einem Skateboard im Allgemeinen, können nicht in den bisherigen Angeboten der Städte für Skateboarding, welche sich bisher ausschließlich auf die Errichtung von Skateparks beschränkt, ausgelebt werden und werden diesen daher nicht gerecht. Die Diversität im Skateboarding kann von den Städten als Chance wahrgenommen werden und sollte sich in einer Diversität des Angebotes ausdrücken, welche über die Errichtung von Skateparks hinausgeht (Kapitel 8). Die Herausforderung für die Stadtplanung besteht demnach darin, zum einen Skateparks zu bauen, die die Kreativität fördern und nicht einschränken und zum anderen neben dem Angebot von Skateparks, kleinteilige Angebote für Streetskateboarding im gesamten Stadtgebiet zu schaffen, da Skateboarding im urbanen Raum der Ursprung des Streetskating ist und auch in Zukunft, unabhängig von der Anzahl und der Qualität von Skateparks, weiter ausgeübt werden wird (Kapitel 8). Wenn bei neu errichteten Skateparks und -plaza eine intensive Vorarbeit geleistet werden musste, werden diese oftmals medienwirksam eröffnet und in Szene gesetzt (Kölner Stadt-Anzeiger vom 24.07.11). Medienwirksame Inszenierungen können einen Beitrag zum Stadtimage und dem Stadtmarketing leisten, welche auf dieselbe Wirkung abzielen, wie beispielsweise die Werbung in den Print- und Bildmedien (Kapitel 3.2). Ähnlich wie in München die Legalisierung von innerstädtischem Surfen auf dem Eisbach das Image der Stadt verjüngt hat, kann derselbe Effekt durch eine entsprechende positive Positionierung von Skateboarding im Bereich Freizeit und Sport innerhalb des Stadtmarketings einen verjüngenden Effekt des Stadtimages bewirken und als Standortfaktor ausgespielt werden (Peters 2011b: 136). Bisher sind Skateparks die einzige für Skateboarder positive Einflussnahme der Stadtplanung. Es gibt bisher nur vereinzelte Ansätze der Stadtplanung, außerhalb der begrenzten Flächen eines Skateparks für und mit Skateboarding aktiv zu werden. Die vielfältigen Möglichkeiten, die durch Skateboarder in der Stadt wahrgenommen werden, werden nicht gefördert, sondern durch Anbringung von Skatestoppern verhindert. Kapitel 8 zeigt hierzu Möglichkeiten für die Stadtplanung auf, wie sich das bis jetzt unerschlossene Potential auch außerhalb von Skateparks aktivieren lässt und welche Vorteile eine Stadt daraus ziehen kann. Es bleibt festzuhalten, dass Skateparks und Skateplaza lediglich einen weiteren Spot im Gesamtspotnetz einer Stadt oder Region darstellen. Sie sind demnach kein Ersatz oder Ausgleich, sondern vielmehr eine Ergänzung zu bereits vorhandenen Spots. Je nach Qualität und räumlicher Lage des Skateparks kann die Bedeutung für das Spotnetz größer oder geringer ausfallen. Die längst überholte Annahme, dass Skateparks und Skateplaza die „professionellere― Trainingsstätte für Skateboarder sei, geht demnach an der Realität vorbei und ignoriert den in den vorangegangenen Kapiteln erläuterten Entwicklungsprozess zum modernen Streetskateboarding. Dass diese Meinung jedoch immer vorhanden ist, gerade bei jenen Menschen die sich nicht oder nur oberflächlich mit dem Thema auseinandersetzen, veranschaulicht ein Video welches die Eröffnung eines Skateparks in der Stadt Saalfelden dokumentiert. Der örtliche Bürgermeister Günter Schied stellt dabei zunächst fest, dass die lokalen Skateboarder bisher im Ortszentrum gefahren sind und dass er sich erhofft, dass sich diese nun eher im neuen Skatepark 40


konzentrieren, da diese „von der Anlage her sicher professionellerer [ist], als wenn man das in irgendeinem anderen Bereich machen muss― (Schied 2010 in: Website You Tube: SkatePlaza Eröffnung Saalfelden). Die Aussage zeigt, dass Schied davon ausgeht, dass eine eigens für Skateboarding errichtete Anlage besser zum Skateboarden geeignet sei, ähnlich wie ein selbst angebrachter Basketballkorb nicht so gut geeignet erscheint, wie ein professionell errichteter Basketballplatz und außerdem, dass er davon ausgeht, dass im Ortskern nur deshalb gefahren werden „musste―, weil keine Alternative vorhanden war. Die vorangegangenen Kapitel machen jedoch deutlich, dass eine Skateanlage aufgrund der komprimierten Spotmöglichkeiten einen hohen Reiz ausüben kann, Profi- wie Amateurskateboarder diese allerdings eher als ergänzendes Angebot zu Streetspots nutzen. Skateboarder „müssen― daher keine Streetspots in den Städten befahren, weil keine alternative Skateboardanlage vorhanden ist, sondern sie befahren jene Spots, die eine Stadt in ihrer Gesamtheit anbietet, unabhängig vom Kriterium einer eigens errichteten Anlage oder eines „natürlichen― Street-Spots (Kapitel 1 bis 3). Missverständnisse wie diese gründen in den Anfangszeiten des Streetskateboardings, als es durch die fehlende Etablierung oftmals falsch verstanden wurde (Kapitel 3f.). So beklagt der Deutsche Rollsportbund e.V. (heute: Deutscher Rollsport und Inline-Verband e.V.) 1993 einen Mangel an geeigneten Ausübungsstätten für Skateboarder und führt die Probleme durch die Benutzung von Skateboards im öffentlichen Straßenraum darauf zurück (Linden 1993: 1). Diese und zuvor genannte Missverständnisse haben in der Vergangenheit zu Fehlplanungen im Bereich Skateboarding geführt, welche mithilfe einer intensiveren Auseinandersetzung zwischen den Planenden, Ausführenden und betroffenen Parteien der Skateboarder verringert bzw. gänzlich aufgelöst werden können und in individuellen und integrierten Skateparkplanungen, wie zuvor beschrieben, bereits umgesetzt werden. Abbildung 3: Katalog-Skatepark in Hannover

Abbildung 4: Integrierter moderner Skatepark: LGS Giessen

Quelle: http://www.neuepresse.de/Hannover/MeineStadt/Mehr-Platz-fuer-Skater-am-Welfenplatz Quelle: http://www.dsgn-concepts.de/projekt/giessen-lgs/

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4.3 D.I.Y.-Spots D.I.Y. steht für die englische Abkürzung „Do It Yourself―. D.I.Y.-Spots sind solche Spots, die in Eigenarbeit von Skateboardern für Skateboarder errichtet werden. Diese vormals rein illegalen und in den meisten Fällen mit autodidaktischen Kenntnissen errichteten Rampen, werden seit einigen Jahren auch als legale, professionelle Auftragsarbeiten ausgeführt. Die Bandbreite an Materialien, Größen und Formen von D.I.Y.-Spots kennt keine Grenzen und reicht von amateurhaften curbs aus einer Palette vor der Haustür, bis hin zu professionell geplanten und errichteten bowls aus Spritzbeton (MSM 2013 Nr.327: 48). Aus Sicht der Skateboarder liegen beim illegalen Bau von D.I.Y.-Spots die Vorteile in der Möglichkeit an jedem Ort unbegrenzt kreativ und ohne Rücksicht auf Sicherheitsvorschriften arbeiten zu können (MSM 2013 Nr.327: 48). Die Wahl des Ortes zur Errichtung eines D.I.Y.-Spots fällt innerhalb der Boardstreifzüge, nachdem eine Einschätzung über die Ausführbarkeit getroffen wurde. Die Wahl der Spots erfolgt neben den im Merkmalskatalog für Skateboardspots aufgeführten Aspekten, vor dem Hintergrund des Bewusstseins über die mögliche Kurzlebigkeit des Bauwerks, da illegale D.I.Y.-Spots häufig nach kurzer Zeit abgerissen werden (ebd.). Wie lange ein D.I.Y.-Spot erhalten bleibt, hängt dabei von dem Störfaktor der von der Rampe ausgeht ab, welcher im direkten Zusammenhang zu dem räumlichen Umfeld steht. Dieser Gefahr sind sich die Skater bewusst und sehen es als Teil des „Spiels―, der unter anderem den besonderen Reiz des D.I.Y. ausmacht (ebd.). Viele D.I.Y.-Spots, die die Größe eines Skateparks erreichen, also aus mehr als nur einem obstacle bestehen, liegen aufgrund des Versuches der Vermeidung von Beschwerden über negative Auswirkungen des Skateboardings (Kapitel 5.2), außerhalb von Gebieten in der Stadt in denen Beschwerden auftreten könnten und sind folglich häufig in Industriebrachen, oder Transiträumen, wie beispielsweise unter Brücken, verortet. Die Besonderheit die D.I.Y.-Skateparks im Vergleich zu Skateparks- und plaza aus öffentlicher Hand auszeichnet, liegt darin, dass die Orte keinen öffentlichen und freizugänglichen Charakter besitzen, sondern Räume der Abgrenzung sind, in denen Skateboarder unter sich sein wollen (MSM 2013 Nr.319: 70f.). Das Beispiel des 2er-Spots in Hannover (Abbildung 5) zeigt beispielhaft die über Jahre reichende Entwicklung eines D.I.Y.-Skateparks auf, welcher erst im Nachhinein legalisiert wurde und als brachliegende Fläche mit nur einem obstacle begonnen hat (Kapitel 5.2). Die Motivation zur Errichtung des D.I.Y.-Skateparks waren die von der Stadt verordnete eingeschränkte Nutzung und Verhängung von Verboten an öffentlichen Plätzen wie dem Küchengarten, dem Opernplatz oder „McDonalds-Platz― (Website 2er Skateboarding e.V.). Die örtliche Skateboardszene hatte sich anschließend über mehrere Jahre vergeblich bei der Stadt Hannover für den Bau eines Skateparks eingesetzt, wofür laut Stadt Hannover die nicht ausreichenden finanziellen Mittel sowie ungenügend geeignete Areale in der Stadt als Gründe genannt wurden (ebd.). Das Hannoveraner Beispiel zeigt, dass in der Skateboardszene großes Potential vorhanden ist in Eigeninitiative Projekte umzusetzen, insbesondere wenn die Stadt Skatespots

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verbietet und im Gegenzug keine Alternative anbietet. Vergleichbare Entwicklungen bei D.I.Y.-Projekten sind in den letzten Jahren auch in Hamburg, Frankfurt und Münster zu beobachten (Kapitel 5 und 6). Die Besonderheit von D.I.Y.-Skateparks liegt neben den individuell geformten und „unperfekten Rampen―, die keiner DIN-Norm folgen und daher einen speziellen Reiz auf Skateboarder ausüben, in der nachträglichen Legalisierung sowie dem daraus entstehenden Potential (Bini in: Hannoversche Allgemeine vom 10.08.2010). Aufgrund der großen bürokratischen Hürden für die Umsetzung eigener Projekte und dem ihn entgegenkommenden Unverständnis bei der Forderung nach legalen Streetskatespots, haben die Hannoveraner Skateboarder im wahrsten Sinne des Wortes die Schaufel selbst in die Hand genommen und die Stadt und den Eigentümer erst im Nachhinein vor vollendete Tatsachen gestellt (MSM 2012 Nr.314: 24). Der Skatepark hatte zu diesem Zeitpunkt bereits eine derart große Reputation, dass auch die Stadt ein Interesse an der Erhaltung entwickelt hatte (ebd.). Dass die anschließende Legalisierung erfolgreich war, war nach Aussage einer der leitenden Skateboarder in dem Projekt 2er Skatepark keine Selbstverständlichkeit und hängt zudem vom öffentlichen Auftritt der Skateboarder ab: „Man muss ein bisschen Glück haben und offen sein gegenüber Politikern und den Leuten die einem helfen könnten. Man muss vor allem zeigen, dass man was Gutes macht. Das heißt z.B. auch eine Ecke mit Sperrmüll machen und abholen lassen. Das ist dann schon mal ein Hingucker― (May in: MSM 2012 Nr.314: 24). Nach der erfolgreichen Legalisierung und der Gründung des Vereins konnten die Skateboarder, welche unter anderem auch als Erzieher und Landschaftsarchitekten arbeiten, neben der Realisierung ihrer Wünsche bezüglich der Rampen, auch ihre Vorstellungen von Jugendarbeit umsetzen (Bini in: Hannoversche Allgemeine vom 10.08.2010). Den Jugendlichen wird durch den Skatepark ein Treffpunkt mit hohem Identifikationswert geboten, da die gesamte Gestaltung von Skatern für Skater umgesetzt ist und durch die Einbindung beim Bau und Aufräumarbeiten auch Verantwortung für den Platz und die Mitmenschen vermittelt wird (ebd.). Neben den seit Beginn des Skateboardings bestehenden illegal errichteten D.I.Y.-Spots, werden seit einigen Jahren auch vermehrt legale D.I.Y.-Spots errichtet. Die legalen D.I.Y.-Spots werden in Abstimmung mit der Politik und Planung in eigenständiger Arbeit der Skateboarder umgesetzt. Die Städte stellen lediglich die Fläche zur Verfügung und unterstützen teilweise oder komplett die Anschaffung von Baumaterial durch finanzielle Hilfestellung. Der entscheidende Unterschied zu illegalen D.I.Y.-Spots liegt vor allen Dingen in den bei Planung und Bau einzuhaltenden DIN-Normen und der anschließenden TÜV-Abnahme des Skateparks (MSM 2013 Nr.327: 48). Die daraus folgenden Einschränkungen in der Gestaltung der Rampen sind aus Sicht der Skateboarder ein zu verkraftender Nachteil der Legalität (ebd.). Schwerwiegender sind die durch den „Papierkrieg― entstehenden Hürden, die bei der Durchführung eines Projektes erforderlich sind (ebd.). Die Vorteile von legalen D.I.Y.-Spots aus Sicht einer Stadt liegen vor allem in den Einsparmöglichkeiten bezüglich der Höhe der finanziellen Ausgaben, sowie der Schaffung eines hohen Identifikationswertes mit 43


dem Spot durch die Beteiligung am Bau. Das dadurch entstehende hohe Verantwortungsgefühl äußert sich in der intensiven Nutzung und Pflege des Spots, welche zu einer längeren Haltbarkeit der Rampen führt (Kapitel 4.2). Die finanziellen Vorteile der Stadt ergeben sich durch Einsparungsmöglichkeiten hinsichtlich der Planung, der Ausführung sowie den Baumaterialien. Die zur Verfügung gestellten Flächen sind in den meisten Fällen nicht von besonders großem städtebaulichem Interesse, da D.I.Y.-Skateparks bewusst an jenen Orten der Stadt errichtet werden, die bereits verlassen sind oder für keine sinnvolle Nutzung in Frage kommen, wie beispielsweise unter Brücken oder auf Industriebrachflächen abseits der Zentren. Weitere finanzielle Einsparungsmöglichkeiten ergeben sich für Städte zudem durch Einbeziehung kommerzieller Sponsoren aus der Skateboardszene, welche in den letzten Jahren vermehrt in D.I.Y.-Projekte investieren (MSM 2013 Nr.319: 70f.). Legale D.I.Y.-Spots stellen für Städte somit eine der kostengünstigsten und arbeitsextensivsten Möglichkeiten zur Bereitstellung von Skateboardanlagen dar, welche zudem einen sehr hohen Identifikationswert schaffen und damit innerhalb der Szene ein hohes Ansehen genießen. Zu einem der erfolgreichsten und aktuellsten Beispiele von legalen D.I.Y.Skateparks zählt der Skatepark im Lentpark in Köln (Kapitel 6.3). Der von Peters zuvor beschriebene Raum der Abgrenzung eines D.I.Y.-Skateparks, welcher mit gefühlten Besitzansprüchen verbunden ist, der durch den eigenhändigen Bau einer Anlage entstehen kann, steht im engen Zusammenhang zu der Motivation, sich aktiv für die Skateboardszene einzusetzen. Je mehr Energie ein Mensch für eine bestimmte Sache investiert, desto eher will er sie beschützen und bewahren. Der Bau eines D.I.Y.-Skateparks kann demnach nur dort umgesetzt werden, wo eine entsprechend motivierte und engagierte Skateboardszene vorhanden ist. Peters differenziert die Skateboarder, die in D.I.Y.-Skateparks fahren, daher von den Skateboardern, die vorwiegend auf der Straße fahren und von denen, die vorwiegend in Skateparks fahren, die nicht D.I.Y. sind (MSM 2013 Nr.319: 70f). Nach Peters stellt Raum eine Programmatik bereit, die sich auf die Subjekte und ihre Praktiken auswirkt (ebd.). Streetskaten produziert, aufgrund der grundsätzlichen Andersartigkeit in Bezug auf die soziale Praxis, andere Skater als Skatepark-Skateboarding (ebd.). „Es ist der Habitus der das Habitat macht […] aber mit vollem Recht auch umgekehrt […]. Es ist das Habitat, das den Habitus macht― (Schroer 2006: 88). Peters vermutet daher, dass ein D.I.Y-Spot in der Sozialstruktur eher Skater anzieht, die sich in ihrer Lebensform stark über Skateboarding definieren, während städtische oder private Skateparks auch viele Lifestyle-Skater anziehen (ebd.). Wie stark die D.I.Y.-Skateboarder sich für die Szene einsetzen wird unter anderem an dem ehrenamtlichen Engagement vom 2er Skateboarding e.V. sichtbar, welche mit geringen finanziellen Mitteln auch im Ausland den Bau von D.I.Y-Skateparks, beispielsweise in Indien oder Bolivien, umgesetzt haben (Website 2er Skateboarding e.V.). Das Ziel lag darin, die Jugendlichen zusammenzuführen und davon abzuhalten in die Kriminalität abzurutschen und mithilfe von Skateboarding zu zeigen, dass das Leben auch in einem vom Krieg zerstörten Land Spaß machen kann (MSM 2013 Nr.321: 26). Dieses Potential kann auch in Deutschland, insbesondere in sozial schwachen Quartieren, umgesetzt werden, da die Praxis des 44


Skateboardfahrens vom geistigen Aspekt her, unabhängig vom Ort, immer gleich bleibt: „[…] beim Skaten können die Kids ganz allein etwas erreichen und kämpfen dabei nur gegen sich selbst und die Physik, nicht gegen Andere. Sie erfahren oft zum ersten Mal im Leben Anerkennung und Erfolg und sind Teil einer Gemeinschaft, die genauso fühlt wie sie selbst. Das gibt ihnen genügend Selbstbewusstsein, um den negativen Einflüssen, denen sie täglich ausgeliefert sind, zu widerstehen. […] Den Kids ist in dem Moment wirklich alles egal. Wenn sie auf dem Skateboard stehen, ist die Welt in Ordnung!― (Zanger in: MSM 2011 Nr.299: 77). Neben den D.I.Y.-Skateparks, die quasi auf einer freien Grundfläche errichtet werden, spielen D.I.Y.Modifikationen eine wichtige Rolle im Skateboarding. Skateboarder treffen in ihren Boardstreifzügen immer wieder auf Spots, die eigentlich keine sind, also Spots, die von der grundlegenden physischen Ausstattung her skatebar wären, wenn nicht beispielsweise eine breite Fuge die Anfahrt verhindern, oder beispielsweise ein curb aus nicht grindfähigem Stein bestehen würde (MSM 2011 Nr.298: 100). Diese Spots können durch geringfügige bauliche Änderungen, beispielsweise durch Ausfüllen einer Fuge mit Spachtelmasse, oder Anbringung einer Metallkante mithilfe von Montageschaum, nutzbar gemacht werden (ebd.). Da nur wenig Material eingesetzt werden muss und auch der zeitliche Aufwand je nach Art der Modifikation relativ gering ausfällt, sind D.I.Y.-Modifikationen die finanziell günstigste und schnellste Art Skatespots zu kreieren. D.I.Y.-Modifikationen können durch professionelle Umsetzung, welche die Berücksichtigung der Anforderungen des TÜV beinhaltet, und eine planerisch qualitative, räumliche Integration in das direkte Umfeld sowie der Gesamtstadt voraussetzt, eine kostengünstige Alternative zu finanz- und planungsintensiven Skateparks darstellen, indem sie zur Errichtung von Skategelegenheiten im Rahmen einer Skateleitplanung genutzt werden (Kapitel 8). Die für einen einzelnen Skatepark zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel, welcher im Spotnetz der Stadt nur einen Spot darstellen würde, können mithilfe von D.I.Y.-Modifikationen für die Umsetzung vieler verschiedener Street-Skatespots, die über die gesamte Stadt und damit auch dem Spotnetz verteilt sind, eingesetzt werden (ebd.). Beckmann vom 2er Skateboarding e.V. drückt es in einem Interview wie folgt aus: „Das ist das geile bei D.I.Y., du kannst aus Scheiße Gold machen― (Beckmann in: MSM 2012 Nr.314: 24). Abbildung 5: D.I.Y. Skatepark in Hannover

Quelle: http://2erskate.de/

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5. Die Diskussion über den öffentlichen Raum Wie in den vorangegangenen Kapiteln erläutert, wird die für die Stadtplanung relevante Form des Streetskateboarding vorwiegend im urbanen Raum ausgeübt (Kapitel 3). Wenn dies nicht innerhalb eines kostenpflichtigen Skateparks stattfindet, findet es innerhalb der öffentlichen Räume statt. Das nachfolgende Kapitel gibt einen Überblick über die aktuelle Diskussion über die öffentlichen Räume einer Stadt, wem diese gehören, wie sie genutzt werden und welche Rolle Skateboarder in diesen einnehmen. Zudem werden die positiven als auch negativen Aspekte von Skateboarding im öffentlichen Raum aufgezeigt, um daraus im späteren Verlauf der Arbeit Handlungsempfehlungen ableiten zu können. Die öffentlichen Räume prägen unser Bild von den Städten und sind von großer Bedeutung für die Lebensqualität einer Stadt (Selle 2002: 14). In den öffentlichen Räumen begegnen sich die Bewohner einer Stadt, hier findet das öffentliche Leben (auch) statt und es treffen die unterschiedlichsten Nutzungsanforderungen von Verkehr, Konsum, und Unterhaltung bis hin zur Erholung und dem Aufenthalt an der „frischen Luft― aufeinander (ebd.). Die Nutzungsvielfalt in öffentlichen Räumen geht mit Konflikten einher (ebd.). Entsprechend vielfältig und verschieden sind die Ansprüche an die Gestaltung und die Ästhetik des öffentlichen Raumes (ebd.). Eine einheitliche Definition für „die öffentlichen Räume― kann aufgrund der Vielfältigkeit der Ansprüche und der daraus folgenden Vielfalt der Auslegungsmöglichkeiten des Begriffs des öffentlichen Raumes in der vergangenen und aktuellen Diskussion nicht vorgenommen werden (ebd.). Für die einen sind es die Plätze, Parks und Promenaden in den Städten, die sich im öffentlichen Eigentum befinden und damit öffentlich gepflegt, kontrolliert und verantwortet werden und für die anderen werden sie eher von der Nutzungsseite her betrachtet und bezeichnen mit öffentlichem Raum alles, was unabhängig von den Eigentumsverhältnissen von der Öffentlichkeit genutzt werden kann (Selle 2002: 24). Neben der Zuordnung von konkreten physischen Räumen, birgt der Begriff „öffentlich― zudem die Option sehr unterschiedliche Sachverhalte zu beschreiben, welche eigentumsrechtliche Zuordnungen, Zuständigkeitsfragen bei Ordnung und Sauberkeit, Aspekte sozialen Verhaltens im Raum und weitere beinhalten kann (Selle 2002: 37). Die Diskussion über die öffentlichen Räume ist kein neues Thema, sondern war immer schon Gegenstand von Erneuerungs- und Entwicklungsmaßnahmen in den Städten (Selle 2002: 14). Es haben sich nur Verschiebungen des Aufgabenverständnisses und damit die Räume und Aufgaben, die im Mittelpunkt standen, geändert (ebd.). Nachdem in den sechziger und siebziger Jahren vor allem die Innenstädte umund ausgebaut wurden und man sich in den achtziger Jahren verstärkt Aufwertungsmaßnahmen im Wohnungsumfeld widmete, sind in den neunziger Jahren in besonderem Maße die Freiraum- und Grünsysteme Gegenstand der Stadtplanung gewesen (ebd.). Seit Beginn des neuen Jahrhunderts werden nunmehr wieder verstärkt die Innenstädte entwickelt und äußern sich in Landesinitiativen wie Ab in die Mitte in NRW oder Zukunft der Innenstädte in Baden-Württemberg (ebd.). Zugleich wird wieder erkannt, 46


dass auch über die Innenstädte hinaus gedacht und gehandelt werden muss (ebd.). Die früher punktuellen Zugänge zum Thema sind überwunden und die öffentlichen Räume werden verstärkt im Zusammenhang betrachtet, als Mosaiksteine eines Bildes der Stadt, welches insgesamt der Betrachtung bedarf (Selle 2002: 15). Diese zusammenhängende Betrachtung der Gesamtstadt als Handlungsfeld der öffentlichen Räume ist für die Umsetzung einer skateboardbezogenen Stadtplanung von Vorteil. Auf diese Weise können Maßnahmen an einzelnen Spots geplant werden, bei dem anliegende oder weiter entfernte Spots, aus dem über die Gesamtstadt ausgebreitetem Spotnetz, in die Betrachtung für potentiell zusammenhängende Maßnahmen einbezogen sind (Kapitel 8). Überdies wird in der Diskussion um öffentliche Räume die Konkurrenz zwischen neuen Angeboten wie Malls oder Urban Entertainment Centern und den zum Teil in die Jahre gekommenen Fußgängerzonen und zentralen Plätzen beachtet, in dessen Zusammenhang vorher unbekannte Formen öffentlich nutzbarer Räume, wie den „privately owned public spaces―, entstanden sind (ebd.). Die Grenzen zwischen öffentlich und privat bei Erstellung, Nutzung und Erhalt werden dadurch offener und schaffen gleichermaßen Probleme, wie auch Chancen durch die in der Stadtplanung bekannten „public-private-partnerships― (ebd.). Neben der gewandelten Produktion und Nutzungsregelung von öffentlichen Räumen, hat sich auch die Inanspruchnahme und Nutzung öffentlicher Räume geändert, welche sich in einer Zunahme von kulturellen und kommerziellen Veranstaltungen und Feste im öffentlichen Raum als auch an einer intensiveren Nutzung des öffentlichen Raumes als Ort für Freizeit, Sport und Bewegung zeigt (ebd., Kapitel 4). Wie die Definition eines öffentlichen Raumes ausfällt, hängt letztlich vom Erkenntnisinteresse und dem Verwendungszweck ab (Selle 2002: 25). Die für die vorliegende Arbeit verwendete Begriffsdefinition orientiert sich zunächst auf all jene Räume die von Skateboardern genutzt werden, also auch solche welche zwar privaten Eigentums sind, jedoch wegen geringer Barrieren frei oder leicht zugänglich sind. Hierunter fallen leerstehende Gebäude auf Industriebrachen ebenso, wie Hinterhöfe in der Innenstadt oder Eingangsbereiche und Laderampen von Einkaufszentren und Supermärkten. Die Frage der Zugänglichkeit ist ein zentrales Unterscheidungsmerkmal das öffentliche Räume voneinander trennt und steht im Zusammenhang mit der Polarität zwischen Privatheit und Öffentlichkeit (Selle 2002: 26). Hierbei ist sowohl die mögliche, als auch die tatsächlich ausgeübte Zugangsbeschränkung gemeint, da öffentliche Räume, die im privaten Besitz sind, potentiellen Kontrollen unterliegen (ebd.). Da zwischen den beiden „Polen― der Privatheit und Öffentlichkeit zahllose Übergänge bestehen, ist eine eindeutige Definition dessen, was mit „öffentlichem― Raum gemeint ist allerdings schwierig (Selle 2002: 26). Festzustellen bleibt zunächst, dass für den Skateboarder in seinen Boardstreifzügen die Frage nach dem Eigentumsverhältnis keine Rolle spielt. Wenn ein Spot ausgemacht ist, wird dieser genutzt, auch wenn es nur für wenige Minuten ist, spätestens bis der Sicherheitsbeauftragte des Ortes den Skateboarder von der Fläche verweist.

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Weiterhin orientiert sich die Begriffsdefinition des öffentlichen Raumes für die vorliegende Arbeit an dem konkreten, physikalischen, dreidimensionalen Raum, welcher im Bereich der Zuständigkeit und damit der Steuerungsmöglichkeit durch die Stadtplanung liegt. Doch auch hier zeigen sich Unklarheiten, da die öffentliche Planung nicht über ausreichende ökonomische, rechtliche und politische Ressourcen verfügt aus eigener Kraft Stadtentwicklung gestalten zu können (Selle 2002: 4f). Stadtentwicklung ist, wo sie nicht zu weiten Teilen der Macht der Märkte überlassen bleibt, nur als Gemeinschaftsaufgabe zu bewältigen (ebd.). Öffentliche Planung und Politik können dabei eine gewichtige Rolle einnehmen, bleiben aber immer Akteure unter anderen (ebd.). Für Skateboarding in der Stadtplanung ist dieser Aspekt von großer Bedeutung, da oftmals auch Flächen oder räumliche Elemente in privatem Besitz, aber mit dem Charakteristikum der öffentlichen Zugänglichkeit, von Skateboardern genutzt werden. Wenn für solche Räume Steuerungsformen für Skateboarding umgesetzt werden sollen, muss kooperativ mit allen Parteien geplant werden.

5.1 Skateboarder als Raumpioniere Da offizielle Nutzungsbeschränkungen nur wenige Skateboarder davon abhalten einen guten Spot zu nutzen und stadtplanerisches Handeln ohnehin auf die Beseitigung von Nutzungsbeschränkungen und der Verbesserung mangelhafter Ausgangssituationen ausgerichtet ist, sollten auch die zur Zeit noch mit Restriktionen belegten Flächen in die Betrachtung von Potentialen für die Stadtentwicklung durch Skateboarding einbezogen werden (Selle 2002: 33). In diesem Fall wird vom Nutzungspotential einer Fläche ausgegangen, wodurch prinzipiell der ganze, nicht ausdrücklich für Private oder Dritte unzugängliche Stadtraum in die Betrachtung einbezogen wird (ebd.). In Untersuchungen zur bespielbaren Stadt wurde bereits aufgezeigt, dass eigentumsrechtlich private Brachflächen als von Kindern bereits benutzte oder benutzbare Räume gelten (ebd.). Hierzu zählt auch das zumindest temporär nutzbare Potential von Wohnstraßen für Stadtteilfeste, von Parkplätzen für Freizeitveranstaltungen und von aufgelassenen B-Ebenen unter Kreuzungsbereichen für Kultur oder für Aktivitäten Jugendlicher (ebd.). Eine solche Betrachtungsweise auf den gesamten Stadtraum als potentiell öffentlich nutzbarer Raum, wie auch aus Sicht eines Skateboarders (Kapitel 4), hat in der Fachdiskussion um die öffentlichen Räume zur Bildung des Begriffs der „Möglichkeitsräume― oder „Offene Räume― geführt (Selle 2002: 64). Des Weiteren werden nach Peters Räume und ihre Bedeutungen unter anderem erst durch verkörperte Subjekte und deren Praktiken produziert (Peters 2010: 44). Sporttreibende Körper sind somit Raumproduzenten, die die durch die Ausübung des Sports dem Raum eine Bedeutung zuschreiben (ebd.). Erst die körperlich-performative Praxis der Skateboardfahrer erschafft den Sportraum Stadt (ebd.) Am Beispiel der Hamburger Skateszene wird das Potential von „Möglichkeitsräumen― für eine Nutzung mit dem Skateboard und den dadurch erschaffenen Sportraum sichtbar. Nachdem die Skateboarder zunächst in der neu entstandenen Hafen City, ohne jedwede Kommunikation seitens des Betreibers, 48


mithilfe von Skatestoppern davon abgehalten wurden, weiterhin in der Hafen City Skateboard zu fahren, konnte, nach anschließender öffentlicher Kritik am Vorgehen in den lokalen Medien, eine Aussprache zwischen beiden Parteien, dem ortsansässigen Skateboard-Verein und dem Betreiber HamburgHafenCity, bewirkt werden (Email Graham 30.05.2014). Diese hatte zum einen zur Folge, dass die Anbringung weiterer Skatestopper eingestellt und zum anderen ein Teil einer ungewidmeten und dadurch ungenutzten Straße in der Hafen City zum Skateboardfahren freigegeben wurde (ebd.). Das ungewidmete Teilstück, welches direkt an die Anlegestelle der Kreuzfahrtschiffe grenzt, wird aktuell von der Skateboard e.V. Hamburg mit mobilen Skateboardrampen ausgestattet und bis zur offiziellen Widmung als Skatepark genutzt (ebd.). Auf diese Weise wird das temporäre Potential der Fläche sinnvoll eingesetzt und hat zudem den positiven Nebeneffekt, dass die Gäste der Kreuzfahrtschiffe im Sinne Jan Gehls „etwas zu sehen haben― und die Aufenthaltsqualität am Steg erhöht wird. Die Betreiberfirma konnte somit durch kooperatives Handeln mit den zuvor störenden Skateboardern eine Einigung erzielen, die zum Vorteil beider Parteien ist. Als weitere von dem Skateboardverein erreichte Zwischennutzung in Hamburg ist die vereinbarte Nutzung für Skateboards im Sommer auf der Schlittschuhbahn zu erwähnen (Email Graham 22.06.2014). Durch die Boardstreifzüge der Skateboarder (Kapitel 3.3), bleiben neu gebaute Spots, wie beispielsweise in der Hafen City in Hamburg, nicht lange unentdeckt. Dieser Drang nach immer neuen Spots, welcher auch darin gründet, dass Skateboarder häufig von Spots verdrängt wurden und werden (Kapitel 4.2), hat seit Beginn der Skateboardentwicklung dazu geführt, dass Skateboarder unerschlossene Räume erobern und somit eine Nische in der Stadt besetzen. Peters beschreibt Skateboarder in dieser Hinsicht als Vorreiter, die als „Raumpioniere― sehr früh Räume zurückerobert und ihnen eine sinnliches Potential zurückgegeben haben (MSM 2013 Nr.319: 72). Als Raumpioniere sind Skateboarder zudem Urbanitäts-Katalysatoren, da sie mit ihrer Bewegungspraxis unter stadtarchitektonischen Gesichtspunkten ausgewählte, im Sinne der Skateboarder besonders ästhetische, urbane Räume beleben (Eichler u. Peters 2012: 156). Diesen Räumen hauchen sie die aus der stadtplanerischen- und politischen Perspektive dringend erwünschte imagewirksame „street credibility― [nach Rittner] ein (ebd.). Eichler und Peters begreifen Skateboarder daher als Culture-preneurs, die der imagebildenden Kreativwirtschaft einer Stadt zuzuordnen sind (ebd.). Die Rückeroberung des städtischen Raumes äußert sich in der modernen Gegenwartsgesellschaft inzwischen auch in anderen Bereichen, wie dem Guerrilla-Gardening oder der Festivalisierung der Stadtpolitik durch City-Marathons usw. (MSM 2013 Nr.319: 72). In diesem Zusammenhang stellt der Begriff des öffentlichen Raumes in seiner sozialen Dimension die Frage nach der Zugänglichkeit und Nutzbarkeit: Wem gehören die öffentlichen Räume? Die Frage zielt dabei nicht auf das tatsächliche Eigentumsverhältnis eines Raumes, sondern nach der Nutzbarkeit für die Bürger einer Stadt (Selle 2002: 39). Die Bürger der Städte fordern mehr Mitbestimmungsrecht über die Gestaltung und Nutzung von öffentlich zugänglichen Flächen wie Plätze und Parks, aber auch Gebäude und ganze Stadtquartiere, indem sie durch Protestaktionen auf ihre Anliegen aufmerksam machen (Website Recht auf Stadt). Diese 49


in den vergangenen Jahren immer häufiger und intensiver geführten Diskussionen und Proteste in denen Bürger die Entscheidungen von Planern und Politikern anfechten, können dabei, wie im Fall Stuttgart21, bundesweite Aufmerksamkeit auf sich ziehen (Soldt in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 16.08.2010). Peters sieht aufgrund des gestiegenen öffentlichen Drucks, eine gewachsene Bereitschaft seitens der Politik und Planung bereits frühzeitig Kooperation und Partizipation umzusetzen, um derart große, negative Aufmerksamkeit durch Fehlplanungen zu verhindern (Interview Peters). Schon in früheren Jahrhunderten ist der öffentliche Raum alltäglicher Lebensraum für die Stadtbewohner, da aufgrund der beengten Wohnverhältnisse das Leben zwangsläufig zu großen Teilen außerhalb der Gebäude stattfinden muss (Selle 2002: 46). Dies führt zusammen mit den ebenfalls nach außen verlagerten gewerblichen Funktionen zu einer aus der Not geborenen Funktionsvielfalt öffentlicher Räume (ebd.). In unserem modernen Stadtbild gibt es allerdings bessere und größere Wohnungen, geräumigere Werkstätten und für besondere Aktivitäten eigens hergestellte Freiräume wie Spiel-, Sport- und Festplätze, die den öffentlichen Raum als erweiterten Lebensraum funktional fast überflüssig machen (Siebel nach Sieverts 2002: 46f.). „Fast― bezieht sich in diesem Kontext auf die Gruppen, die den öffentlichen Raum weiterhin als Lebensraum benötigen (Selle 2002: 47). Dies sind vor allem Kinder und Jugendliche, für die das schrittweise Erweitern des Aktionsraumes über die elterliche Wohnung hinaus wesentlicher Bestandteil ihrer Sozialisation ist (ebd.). Für eine ungehinderte und ungefährdete Nutzung der Räume außerhalb von Wohnung und privatem Garten bieten viele Stadtteile kaum noch die nötigen Voraussetzungen (ebd.). Skateboarding birgt für die Sozialisation von Kindern und Jugendlichen auch in Stadtteilen mit nicht ausreichender Ausstattung an Spiel- und Sportflächen großes Potential in sich, da es nicht die klassischen Spielorte benötigt, sondern auf die vorhandene bauliche Ausstattung des Raumes zurückgreift (Kapitel 3). Durch die Wahrnehmung der gesamten Stadt als Spielort im Streetskateboarding, ergeben sich zudem erweiterte Sozialisationsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche als dies in räumlich begrenzten Spielstätten wie Fußball- oder Basketballplätzen möglich ist, da sie sich neben der Auseinandersetzung mit ihren Spielpartnern, auch mit den Menschen im direkten räumlichen Umfeld des Spots, auseinandersetzen. Der

gruppeninterne

Zusammenhalt

zwischen

Skateboardern

ist

aufgrund

der

informellen

Gemeinschaftsstruktur abseits des Vereinssports oftmals groß, wodurch ältere Skateboarder mit jüngeren Skateboardern zusammen ihren Sport ausüben und es keine, wie bei den meisten Vereinssportarten üblichen, Altersklassentrennungen gibt. Einer der aktuell erfolgreichsten deutschen Skateboarder Christoph „Willow― Wildgrube war beispielsweise mit dreizehn Jahren einer der jüngsten Skateboarder in seiner örtlichen Szene in Berlin (Autor unbekannt in: Kölner Stadt-Anzeiger vom 20.09.2012 ). „Die älteren Skater haben mich erzogen. Sie haben mir Respekt und Anstand beigebracht― (Wildgrube in: Kölner Stadt-Anzeiger vom 20.09.2012). Neben der „Erziehung― durch die anderen Skateboarder wird zudem ein Gespür für den Umgang mit Menschen verschiedenster Art geschult: „Die permanente Provokation, die Skateboarding mit sich brachte, und zugegeben auch höllischen Spaß machte, schulte das Gespür für brenzlige Situationen, und wie man mit ihnen umgeht. Wann wagt man einen Schritt nach 50


vorne und steht ein für seine Passion, seine Freunde und sich selbst? Wann sucht man besser das Weite? Wem begegnet man mit Respekt, wem macht man klar, dass man sich nicht alles gefallen lässt? Skateboarding hat mich dahingehend auch viel fürs Leben gelehrt.― (Bauer in: Daddylicious vom 07.10.2013) Neben den Sozialisationsmöglichkeiten der einzelnen Akteure innerhalb der Skateboardszene, macht Skateboarding im Gesamtgefüge der Stadt die soziale Dimension einer Stadt sichtbar (MSM 2013 Nr.319: 72). Städte haben im modernen Verständnis über ihre neoliberale und auf Konsum ausgerichteten Geschäftsfelder hinaus, auch eine kommunikative Funktion, welche durch die Skateboarder in ihren Praktiken sichtbar wird, indem sie die eingeschliffenen, tradierten Nutzungsformen von Stadt in Frage stellen und neue Gebrauchsmöglichkeiten aufzeigen (ebd.). Eine solche intensive Nutzung des öffentlichen Raums wie durch Skateboarder, wird jedoch nicht von allen Bürgern wie auch der Fachwelt als unproblematisch angesehen (Selle 2002: 47). Der Vorwurf bezieht sich dabei neben der nicht vorgesehenen Nutzung von Stadtinventar wie Geländern und ähnlichem, auf die Belästigung durch Unfug treibende sowie der Zerstörung öffentlichen Eigentums (ebd.). Skateboarding außerhalb des Skateparks wird in der Fachwelt bislang häufig als ungewollte, da nicht geplante Nutzung angesehen und verdrängt Skateboarder folglich als ungewollte Nutzer aus dem öffentlichen Raum in dafür vorgesehene, öffentlich legitimierte Trainingsstätten (ebd.; Kapitel 4.2). Welches Potential Skateboarding im öffentlichen Raum bereits ohne bewusste Steuerung freisetzen kann, hat Rauterberg an einer Straßenecke der Hamburger Binnenalster festgestellt. Neben einer sechsspurigen Straße konnte er eine Gruppe von Skateboardern beobachten, die einen alten Betonsockel zum Skateboardfahren nutzte (Rauterberg 2002 in: Selle 2002: 62). Das Postament war ein Überbleibsel einer unbeliebten und sehr großen Skulptur, ein Tor aus Schiffscontainern, welches irgendwann abgeräumt wurde (ebd.). „Zurückgeblieben war die blanke Unwirtlichkeit, der Raum war öffentlich, doch tot und verlassen. Erst die Jungs [Skateboarder] machten durch ihre spielerische Aneignung aus der zugigen, lauten Ecke einen Ort des Aufenthalts. Dann kamen irgendwann die Presslufthämmer, der Sockel verschwand und damit auch das Leben.― (Rauterberg 2002 in: Selle 2002: 62). Auch im NDR-Beitrag zu den Skatestoppern in der Hamburger Hafen-City „Wem gehört die Stadt―, als auch im Video der Kölner Skateboardszene über die Verdrängung von der Domplatte „Skate the City―, äußern sich Passanten positiv über den Anblick von Skateboardern im Stadtbild: „Mich stören die [Skateboarder] überhaupt nicht […]. Es ist städtisches Leben!―, sowie: „Ich glaube eine Ausgliederung [der Skateboarder von der Domplatte] wäre wirklich fatal!― (NDR- Beitrag 2010 in: Website Skateboard e.V.; You Tube: Skating the City). Die Qualität der öffentlichen Räume steht nach Gehl im engen Zusammenhang mit verschiedenen Möglichkeiten der Begegnung und Gelegenheiten, andere Menschen zu sehen oder zu hören (Gehl 2012: 13). „Denn: Gerade die Anwesenheit anderer Menschen, Aktivitäten, Veranstaltungen, die Inspiration und Anregung, die von ihnen ausgehen, gehören zu den wichtigsten Qualitäten im öffentlichen Raum― (Gehl 51


2012: 13). Die physischen Rahmenbedingungen haben zwar keine unmittelbare Auswirkung auf Qualität, Inhalt und Intensität sozialer Kontakte, aber Planer und Architekten können durch ihre Arbeit erreichen, dass diese Kontakte überhaupt erst zustande kommen (Gehl 2012: 13). Umgekehrt können Planer ebenso verhindern, dass Kontakte zustande kommen, wie im Beispiel Skateboarding durch die Verhängung von Verboten oder Errichtung physischer Barrieren, und berauben den Raum dadurch einer möglichen sozialen Qualität (Kapitel 5.2). Die Bedeutung von Skateboarding im öffentlichen Raum, kann in besonderem Maße in öffentlichen Räumen mit geringer Qualität abgelesen und auf Orte mit höherer Aufenthaltsqualität übertragen werden. So findet auf Straßen und in Stadträumen von geringer Qualität nur das absolute Minimum an Aktivitäten statt, welche sich meist auf ein Durchqueren beschränken (Gehl 2012: 10). Skateboarder gehen über dieses Minimum hinaus, indem sie einer Freizeit-Aktivität nachgehen die für Außenstehende aufgrund der akrobatischen Bewegungsabläufe ein sinnliches Potential innehat, halten sich über längere Zeit am Ort auf und werten den Raum Abbildung 6: Skateboarder in Köln werden beim Skaten beobachtet

dadurch auf. Menschen bleiben selten vor Banken, Büros und Schaufenstern mit leblosen

Ausstellungsstücken wie Kassen,

Büromöbeln, Porzellan oder Lockenwicklern stehen, sondern eher vor Auslagen, die direkten Bezug auf die soziale Umwelt nehmen (Gehl 2012: 28f.). Die größte Aufmerksamkeit wird jedoch den verschiedenen menschlichen Aktivitäten gewidmet, die unmittelbar auf der Straße stattfinden (ebd.). Dies sind neben den gewöhnlichen und

alltäglichen

Ereignissen,

wie

spielende

Kinder

oder

vorbeiziehende Hochzeitsgesellschaften, auch in besonderem Maße die ungewöhnlichen Attraktionen, wie Künstler mit Staffelei, Straßenmusikanten, Akrobaten oder Skateboarder (Abbildung 6) und andere große und kleine Ereignisse (ebd.). Die menschlichen Aktivitäten bilden demnach die Hauptattraktion im öffentlichen Quelle: http://www.ksta.de/koeln,15187 530,12327808.html

Raum (ebd.). Nach Gehl scheint das Leben in und zwischen den Häusern in nahezu allen Situationen essenzieller und relevanter als die Räume und die Häuser selbst zu sein (ebd.)

Für Raumplaner ist bei der Aufwertung von öffentlichen Räumen, die Schaffung von Möglichkeiten zum Aufenthalt in Kombination mit Möglichkeiten des Sehens, Hörens und Schauens mit dem Ziel der erhöhten sozialen Interaktion grundlegend. Gehl führt hierzu eine Studie des Royal Melbourne Institut of Technology an, in der eine experimentelle Verbesserung in einem Fußgängerbereich durch eine 100prozentige Anhebung der Anzahl an Sitzmöglichkeiten, zu einer 88-prozentigen Steigerung der Aktivitäten im Sitzen führte (Gehl 2012: 34). Die Schaffung von Sitzmöglichkeiten in Kombination mit Möglichkeiten des Zuschauens von Skateboardern und anderen menschlichen Attraktionen, kann demnach zu einer enormen Qualitätssteigerung im öffentlichen Raum führen. Dies trifft nicht nur auf stark frequentierte öffentliche Plätze in Stadtzentren zu, sondern gilt allgemein, da das Leben zwischen Häusern ein sich 52


selbst verstärkender Prozess ist und sowohl im positiven, als auch im negativen Sinne wirken kann (Gehl 2012: 75). Gehl beschreibt die negative Abwärtsspirale des Nichts-Passierens in einer leeren und leblosen Wohnsiedlung wie folgt: „Es passiert nichts, weil nichts passiert. […] Die Kinder bleiben lieber zu Hause und sehen fern, weil es draußen so langweilig ist. Ältere Menschen finden es nicht sehr unterhaltsam, auf Bänken zu sitzen, weil es nichts zu sehen gibt. Und wenn draußen kaum Kinder spielen, nur wenige Anwohner auf den Bänken sitzen oder spazieren, dann ist es auch nicht interessant, aus dem Fenster zu schauen. Es gibt nicht viel zu sehen― (Gehl 2012: 75). Skateboarding kann in diesem Zusammenhang eine Initialzündung zur Belebung des öffentlichen Raums darstellen. Durch das Erkennen des Potentials des urbanen Raums eines Skateboarders, wird ein zuvor unattraktiver Raum ausschließlich aufgrund einer veränderten Wahrnehmung plötzlich interessant und dadurch nutzbar gemacht. In der Folge durch die Skateboard-Nutzung wird der Raum auch für andere Menschen durch Schaffung einer „Attraktion Skateboarding― interessanter. Eine einfache räumliche Veränderung, wie beispielsweise die Positionierung von Sitzbänken in Sichtweite zu einem Skatespot oder umgekehrt, kann die Nutzung des städtischen Raumes somit merklich verbessern (Gehl 2012: 34). Selle stellt fest, dass die Öffentlichkeit wie auch die Fachwelt neben dem Erkennen der Potentiale der „neuen― öffentlich nutzbaren Räume wie Brachen, Straßenräume, Kreuzungen, Parkplätze oder auch Parkdecks als Erlebnis- und Aktionsraum städtischer Öffentlichkeit, auch die Wiederentdeckung der Plätze erlebt (Selle 2002: 17). Städte entwickeln Programme zur gezielten Aufwertung öffentlicher Räume um die Attraktivität der Innenstädte, aber auch innenstadtnaher oder peripherer Stadtteile zu erhöhen (ebd.). Selle räumt jedoch die Gefahr ein, dass die oftmals kurzatmige und an Moden und politische Aufmerksamkeitszyklen gebundene Planung für ein als zusammenhängend begriffenes System problematisch ist, da „der öffentliche Raum nichts für Kurzatmer ist― (Selle 2008: 11). Die nötige Ausdauer sei leider nicht überall gegeben und manche Städte fahren ihre vor wenigen Jahren begonnen Programme, aufgrund von leeren Haushaltskassen, wieder zurück (Selle 2008: 11). Die evidente Bedeutung der öffentlichen Räume für die Städte ist dabei allerdings augenscheinlich, da an ihnen am deutlichsten die Qualität der Städte und die Attraktivität der Quartiere abzulesen ist (ebd.). Reicher stellt hierzu fest, dass der Qualitätsbegriff heterogen ist und immer im räumlich-funktionalen, aber auch im sozialen und gestalterischen Kontext beantwortet werden muss (Reicher 2009: 27). Qualität kann nicht normiert und geregelt werden, sondern muss gesucht werden und bewegt sich zwischen den Polen der Verantwortung, Fachwissen, Einbeziehung und Kommunikation (ebd.). Reicher beobachtet in der Stadtentwicklung und im Städtebau eine Hinwendung zu mehr Qualität statt Quantität, da die ökonomischen „Boom-Zeiten― und das räumliche Wachstum vorbei sind und vielerorts Stagnation und Schrumpfung vorherrschen (ebd.). Die Impulse und Anreize, die durch Qualität gesetzt werden und auch einen ökonomischen Beitrag leisten können, haben jedoch ihren Preis, den die Politik noch nicht zu zahlen bereit ist (ebd.). Der öffentliche Raum kann in der kommunalpolitischen Diskussion gegenüber „greifbaren― Themen wie Arbeitslosigkeit, Finanzkrise, Verkehr oder Bildungspolitik schnell an 53


politischem Gewicht verlieren (Reicher 2009: 25). Der öffentliche Raum tangiert viele kommunale Politikfelder, die diesen positiv beeinflussen können, jedoch ist diese Beeinflussung nicht quantifizierbar und wirkt sich zumeist erst mittel- bis langfristig aus (ebd.). Das Profilierungspotential für Politiker steht ungünstig im Verhältnis zu Aufwand und Ertrag, da die wählerbringende Anerkennung nicht kurzfristig erfolgt und die Initiatoren kaum selbst von ihrem Engagement profitieren können (ebd.). In Bezug auf Skateboarding stehen sich die lokalen Verantwortlichen der Politik und Stadtplanung zur Erreichung von schnellen, kostengünstigen und vorzeigbaren Erfolgen häufig selbst im Weg. Als Beispiel hierfür dient der Karolinenplatz in Hamburg, welches im anschließenden Kapitel 6.1 erläutert wird. Die zuvor benannte Ko-Gestaltung von Städten spielt bei der kurzfristigen Umsetzung von vorzeigbaren Projekten eine tragende Rolle, da auf diesem Weg finanzielle Hindernisse verringert werden und durch ehrenamtliche und leidenschaftliche Mitarbeit seitens der Skateboarder, Arbeitskraft und Energie seitens der Stadt eingespart werden können. Der Fall Lentpark in Köln hat dabei aufgezeigt, dass die nötige Motivation, die Ausdauer und dass Know-How zur professionellen Umsetzung in lokalen Szenen vorhanden sein können (Autor unbekannt in: Kölner Stadtanzeiger vom 19.10.2013). Als Rückgrat und Visitenkarte auf der Ebene von Quartier und Region übernimmt der öffentliche Raum eine zentrale Funktion in der Initiierung von Prozessen und in der Prägung von urbanen Identitäten (Reicher 2009: 281). Die Herausforderung unserer Zeit liegt dabei nicht in der Rekonstruktion des öffentlichen Raums, sondern in einer zeitgemäßen Reanimation (ebd.). Reicher sieht Reanimation hierbei als Nutzung der Möglichkeit einer Aneignung des öffentlichen Raums, welche über den wohlproportionierten Raum hinausreicht (ebd.). Der öffentliche Raum kann als Ort der Begegnung, der Kommunikation und des Austausches eine wichtige Rolle als „sozialer Kitt― für eine sich immer stärker differenzierende Gesellschaft spielen (ebd.). Die Voraussetzung, die dafür erfüllt sein muss, ist, dass der öffentliche Raum in seinem Gebrauch öffentlich, also allen gesellschaftlichen Gruppen ohne den Zwang zum Konsum, zugänglich sein muss (ebd.). Die Stadtplanung kann mithilfe einer Öffnung für Skateboarding die öffentlichen Räume beleben und bei erfolgreicher Umsetzung von Planungen für Skateboarding in Kooperation aller beteiligten Parteien das Image der Skateboarder positiv für die Stadt einsetzen (Kapitel 4.2). Im Falle einer Bereitschaft zur Kommunikation beider Seiten und Öffnung für das Expertenwissen der Skateboardszene seitens der Planung, entwickelt sich eine Win-Win Situation. Die Stadt kann im politischen Sinne durch ein verjüngtes Image, als auch im sozialen Sinn durch Belebung des öffentlichen Raums profitieren. Die Skateboarder werden im Gegenzug durch neue legitimierte Möglichkeiten innerhalb des öffentlichen Raumes nicht weiter „geskatestoppt― und in die künstliche Welt des Skateparks in den peripheren Stadtraum verdrängt. Zudem können legitimierte soziale und pädagogische Projekte von Skateboardvereinen umgesetzt werden und bilden einen wichtigen Anlaufpunkt für alle gesellschaftlichen Gruppen und Altersgruppen einer Stadt, aber insbesondere auch für Kinder und Jugendliche.

54


5.2 Verfolgung und Verdrängung von Skateboardern im öffentlichen Raum Skateboarder haben seit der Erfindung des Skateboards mit der Verdrängung aus dem öffentlichen Raum zu kämpfen (Kapitel 3). Die Ablehnung von Skateboarding geht durch alle Bevölkerungsschichten (MSM 2012 Nr.311: 15). Die Arten der Verdrängung sind dabei direkter als auch indirekter Natur. Direkte Verdrängung erfolgt durch die direkte Auseinandersetzung mit Besitzern, Anwohnern, Sicherheitskräften, Hausmeistern oder auch der Polizei. Indirekte Verdrängung erfolgt durch Anbringung sogenannter „Skatestopper― an baulichen Elementen des Raumes wie Bänken, Mauern, Geländern usw.. Die Kritik die Skateboardern seitens der Anwohner, Eigentümer als auch aus der Politik und Planung entgegenschlägt, beruht in den meisten Fällen auf vier zentralen Argumenten: 

Skateboarder sind Unruhestifter

Skateboarder machen Lärm

Skateboarder verursachen Schäden an öffentlichem Eigentum

Skateboarder stellen aufgrund der höheren Fortbewegungsgeschwindigkeit eine Gefahr für andere Passanten dar

Die Kritik Skateboarder seien Unruhestifter bezieht sich auf die allgemeine und sachlich unbegründete Ablehnung gegen Skateboarder. Aufgrund von Unwissenheit, Pauschalisierung und genereller Ablehnung gegen Andersartigkeit, werden fadenscheinige Argumente, wie im Beispiel der Domplatte in Köln die Entweihung des Kölner Doms durch Ausübung von Skateboarding auf der Domplatte, geäußert (Interview Peters). Argumente dieser Art sind aus planerischer Sicht zwar nicht ernst zu nehmen und beruhen auf den gesellschaftlichen und ideologischen Hintergründen einzelner Personen, sind jedoch Alltag für Skateboarder im öffentlichen Raum (MSM 2012 Nr.314: 85). Skateboarder bewegen sich im öffentlichen Raum einer Stadt und nutzen diesen, ohne kommerzielles Interesse (Borden 2003: 253). Nach Borden werden sie daher aus Sicht vieler Eigentümer und Anlieger als ebenso überflüssig und ungewollt betrachtet wie beispielsweise Obdachlose (ebd.). Entscheidender für die Politik und Planung bezüglich Skateboarding sind jedoch der von Streetskateboarding ausgehende Lärm, als auch die vermeintliche Zerstörung von einzelnen skatebaren Elementen wie Bänken oder Geländern (Helten in: Süddeutschen Zeitung vom 04.08.2008; Selle 2002: 48). Anwohner fühlen sich häufig durch Geräusche die infolge von missglückten Trickversuchen entstehen, belästigt. Die Geräuschentfaltung eines lediglich rollenden Skateboards hängt von dem befahrenen Untergrund sowie der verwendeten Skateboardart, z.B. Longboard oder Streetskateboard, und der Rollenhärte ab und ist vergleichsweise leise. Erst das harte Knallen des Skateboards auf den Boden bei einem missglückten Trick, lässt die Kante des Holzskateboards oder das äußere Ende der Metallachse mit 55


dem Boden in Kontakt kommen und Lärm verursachen. Anwohner vergleichen die entstehende Geräuschkulisse von zehn oder zwanzig Skateboardern mit der einer kleinen Baustelle (Helten in: Süddeutschen Zeitung vom 04.08.2008). Der dritte zentrale Kritikpunkt, der durch Skateboardnutzung entstehenden Beschädigung öffentlichen Eigentums, ist laut Rollsportbund nicht Teil einer beabsichtigten kriminellen Handlung, sondern stellt einen Nebeneffekt dar, welcher aus Sicht der Skateboarder als normaler Verschleiß angesehen wird (Linden 1993: 2). Die von Skateboardern häufig genutzten Plätze sind dadurch oftmals mit den typischen Zeichen einer Skateboardnutzung versehen, welche für Szene-Externe nicht zuzuordnen sind. Die Polyurethan-Rollen können leichte Spuren am Boden hinterlassen und die bedruckten Unterseiten der Skateboards hinterlassen durch slides an curbs und rails farbige Spuren (Borden 2003: 209f.). Auch die aus Metall bestehenden Achsen der Skateboards können durch die entstehende Belastung bei grinds Stücke aus einem Stein-curb herausbrechen und Kanten dadurch abgerundet werden (ebd.). Das in diesem Zusammenhang verwendete Wachs zur schnelleren Befahrbarkeit von curbs, ledges und rails kann die farbliche Gestaltung von Stein-, Holz- und Eisenkanten beeinflussen (ebd.). Inwieweit die Beschädigungen durch Skateboarder tatsächlich die Qualität und Nutzbarkeit des Elementes einschränken, muss im Einzelfall geprüft werden. Peters stellt für die Domplatte in Köln zunächst fest, dass die physischen Schäden am Baukörper, trotz der jahrelangen Nutzung von Skateboardern, minimal sind (MSM 2013. Nr.319: 71). Die massivsten Eingriffe an den curbs sind erst durch skatestoppende Maßnahmen entstanden (ebd.). Wie massiv ein solcher Eingriff sein kann, zeigt das Beispiel Hamburg Magellan-Terrassen, bei denen Skatestopper in Granitelementen aufgrund von Sprengfrostgefahr nachträglich nicht entfernt werden konnten, obwohl die Bereitschaft seitens des Betreibers nach vorrausgegangener Einigung mit dem ortsansässigen Skateboardverein vorhanden war (Email Graham 30.05.2014). Der vierte am häufigsten genannte Kritikpunkt gegen Skateboarding im öffentlichen Raum ist die von ihm ausgehende Gefahr für Passanten durch Zusammenstöße (MSM 2012 Nr.314: 85). Die Anzahl tatsächlicher Zusammenstöße und ihrer Folgen zwischen Passanten und Skateboardern ist wissenschaftlich bislang noch nicht untersucht und in keiner Unfallstatistik explizit aufgeführt. Peters berichtet von seiner über einjährigen ethnographischen Untersuchungsphase auf der hochfrequentierten Kölner Domplatte nur von äußerst wenigen Zusammenstößen (Interview Peters). Die Frage nach dem „Schuldigen― einer solchen Konfrontation kann von Peters dabei nicht eindeutig geklärt werden, da der Skateboardfahrende innerhalb seiner Spielrealität für eine begrenzte Zeitspanne nur einen recht schmalen Korridor, einen kleinen Teil des öffentlichen Raumes, beansprucht und dies für Umstehende meist keine oder nur eine geringe und zeitlich stark befristete Behinderung bedeutet (ebd.). Wenn ein unachtsamer Passant diesen Korridor kreuzt, ohne sich seiner Umwelt und seinem Eintreten in den Korridor des mit hoher Geschwindigkeit anfahrenden Skateboarders bewusst zu sein, ist dies mit einem unachtsamen Passanten im Straßenverkehr, welcher ein herannahendes Fahrrad übersieht, zu vergleichen (Peters 56


Interview). Im rechtlichen Sinne sind Skateboarder Fußgänger und müssen ebenso Rücksicht auf andere Passanten nehmen, wie umgekehrt (Kapitel 4.1). Insbesondere vor dem Hintergrund der gestiegenen Nachfrage nach einer vielfältigen Nutzung des öffentlichen Raums und dem anhaltendem Wachstum der Skateboardszene, kann es von besonderer Bedeutung für die Städte sein, Skateboarding im öffentlichen Raum zu integrieren und anschließend in Kooperation neue Steuerungsformen, welche über die Errichtung von Skateparks außerhalb des urbanen Bereichs als alternativloses Alternativangebot zu innerstädtischen Skatespots hinausgehen, umzusetzen (Kapitel 8). Die zuvor genannten Konfliktpunkte können dadurch kostengünstig entschärft werden und die Stadt kann mit und von dem im Skateboarding inhärenten Potential profitieren, anstatt es zu unterbinden (ebd.). Wie in jeder größeren Gruppe von Menschen, sind die Charaktere und Verhaltensweisen nicht pauschalisierbar, sondern beruhen auf individuellen Hintergründen und Umständen. Negative Verhaltensweisen von Individuen können jedoch einen negativen Gesamteindruck hinterlassen, welcher zu Problemen in der Wahrnehmung der gesamten Gruppe von außen führen kann. Dieser Problematik ist sich die Skateboardszene bewusst und appelliert vor dem Hintergrund der immer häufiger gestoppten Spots an die negativ auffallenden Individuen, das Verhalten zum Wohle der Gemeinschaft der Skateboarder als auch der Stadt zu verbessern (MSM 2010 Nr.289: 82). Der 2010 veröffentlichte Artikel Spot Etiquette sowie das Editorial derselben Ausgabe in der MSM stellen eine direkte Reaktion auf Ereignisse an einem der bekanntesten und größten Street-Spots in Deutschland am Kulturforum in Berlin dar (ebd.). Er ist einer der wenigen Spots in Europa, die mit Einverständnis der Besitzer zu bestimmten Zeiten unter der Woche skatebar ist und daher in der Szene als „beinahe unfassbares Glück, ein Segen, ein zartes Pflänzchen des Verständnisses, das gehegt und gepflegt gehört― (Autor unbekannt in: MSM 2010 Nr.289: 9) angesehen wird. Nachdem anlässlich einer skateboardrelevanten Veranstaltung eine Vielzahl von Skateboardtouristen angereist war, hatten sich Probleme ergeben, die vom Skaten an nicht vereinbarten Zeiten, über Auseinandersetzungen mit den Sicherheitsbeamten, bis hin zu hinterlassenen Müllbergen reichten (MSM 2010 Nr.289: 9). Der von dem MSM ausgesprochene Appell richtet sich daher insbesondere an Skateboardtouristen, da diese im Gegensatz zu den lokalen Fahrern nur kurzweilig einen Spot nutzen und mit einer „nach-mir-die-Sintflut― Einstellung die von den lokalen Fahrern erarbeiteten und erreichten Vereinbarungen in Gefahr bringen: „Wir müssen dringend lernen, Spots zu respektieren, Locals zu respektieren, Passanten zu respektieren, die Städte, in denen wir uns bewegen, zu respektieren, ja, sogar (in einem gewissen Maße) Regeln zu respektieren. Heute! Tun wir – gemeinsam – das Richtige.― (Autor unbekannt in: MSM 2010 Nr.289: 9). Doch auch wenn das Verhalten der einzelnen Skateboarder keine Provokation erzeugt und der Spot legal ist, können sich Widerstände gegen Skateboarder ergeben. So kämpfen 2008 die Skateboarder in München auf dem Georg-Freundorfer-Platz an der Schwanthaler Höhe für ihren Spot und gegen eine 57


Unterschriftenaktion der Anwohner (Helten in: Süddeutschen Zeitung vom 04.08.2008). Der Spot ist Teil des Gesamtkonzepts einer Parkanlage in der viel Grün, ein Bolz- und ein Abenteuerspielplatz, eine Bahn für Stockschützen, ein begehbares Schachbrett und die Fläche für Skateboarder integriert sind (ebd.). Im Jahr 2006 wurde der Platz für diese integrative Bauweise zum besten Spiel- und Freizeitplatz Deutschlands gewählt (ebd.). Wegen der von Beginn an vorhandenen Beschwerden aufgrund von Lärm durch Skateboarder, wurden Benutzerzeiten zwischen neun und zwölf Uhr sowie zwischen 15 und 20 Uhr vereinbart, um die Situation zu entschärfen (ebd.). Nachdem ein Lärmschutzgutachten ergab, dass die zulässige Dezibelgrenze von den Skatern um wenige Dezibel überschritten wurde und auch ein Mediator keine Einigung mit den Anwohnern erzielen konnte, wurde 2011 ein endgültiges Skateboardverbot für den Platz ausgesprochen (Herrmann in: Merkur-Online vom 22.04.2011). Skateboarding wird auf der einen Seite verfolgt und verdrängt und auf der anderen Seite als Bestandteil von Imagekampagnen institutionalisiert. Innerhalb der Skateboardszene wird die wachsende Tendenz zur Vermarktung des Images von Skateboarding und die gleichzeitig alltäglich erfahrene Ablehnung thematisiert: „So gibt es kaum einen Schokomilchproduzenten, Telekommunikationsanbieter oder Warzensprayhersteller, der noch nicht mit Skateboardern geworben hätte. Warum auch nicht, schließlich gelten wir als jung und hip, als aufgeschlossen und kreativ, als experimentierfreudige opinion-leader, sprich die perfekte Gruppierung, um mit ihrem Image den eigenen Produkten den Anstrich von Jugendlichkeit und urbaner Coolness zu verpassen. So ein strahlender Skaterboy im Katalog des Kaffeerösters wirkt mit seinem Schwiegersohnlächeln doch verkaufsfördernd – ganz anders als die verschwitzten, dreckigen Typen die Mordslärm machen, während sie unablässig mit ihren Achsen eine Mauer vor’m Schaufenster einer Filiale desselbigen bearbeiten. „Alles kaputt machen, sonst könnt ihr nichts!―― (ohne Autor in: MSM 2012 Nr.311: 15). Das ambivalente Verhältnis zwischen äußerer Wahrnehmung von Skateboarding und der tatsächlichen, alltäglichen Ausübung von Skateboarding im öffentlichen Raum, ist möglicherweise ein Grund für die Fokussierung der Planung auf Skateparks. Innerhalb eines festgelegten und geordneten Rahmens wird Skateboarding akzeptiert. Geht es über diesen Rahmen hinaus, wird es zum Problem, da es nicht weiter kontrollierbar erscheint, sondern seinen eigenen Grenzen und Bedingungen folgt. Kontrollierbar wird Skateboarding jedoch nie werden, im besten Falle aber durch Bereitstellung entsprechend attraktiver Angebote bis zu einem gewissen Grad im öffentlichen Raum steuerbar (Kapitel 8). Nach Peters gehört ein gewisses Maß an abweichendem Verhalten zum urbanen Leben dazu und die Stadtgesellschaft kann und muss dies ein Stück weit akzeptieren (MSM 2013 Nr.319: 71). Auf der einen Seite stellen die zwölf bis dreißig Jahre alten Konsumenten die Zielgruppe vieler Geschäftsstrukturen in Innenstädten dar und werden mit Werbeplakaten, auf denen hochstilisierte Skateboarder abgebildet sind, in die Innenstädte gelockt und auf der anderen Seite werden sie wenige Meter weiter als unerwünschte Störenfriede verbannt (ebd.). Neben der direkten Verdrängung von Skateboardern, wird durch Anbringung von Skatestoppern (Kapitel 5.1)

versucht,

Skateboardfahren

indirekt

zu

verhindern. 58

Es

erfolgt

keine

kommunikative


Auseinandersetzung oder ein Hinweis durch Schilder und ähnlichem, sondern eine Verhinderung der Ausübung von Skateboarding durch Umgestaltung des von Skateboardern genutzten Raumes. Skatestopper wurden in den USA entwickelt und sind nahezu an jedem öffentlich zugänglichen und für Skateboarder nutzbaren Ort in den USA verbaut um Skateboarder zu verdrängen. Gleichzeitig zeigt sich in den USA eine gegenläufige Tendenz, in der Skateboarder wiederum andere Gruppen verdrängen sollen (MSM 2013 Nr.319: 71). In Gegenden, die in der Hand von Kriminellen, Drogenabhängigen und Prostituierten sind, werden bewusst Skategelegenheiten geschaffen, weil man weiß, dass Skater diese noch unerwünschteren Gruppen verdrängen (ebd.). Inwieweit diese Taktik auf Deutschland übertragbar ist, ist äußerst kritisch zu betrachten und bedarf zur Beantwortung weiterführende Untersuchungen, unterstreicht allerdings das positive Potential von Skateboarding im öffentlichen Raum.

59


6. Worst-Practice und Best-Practice Beispiele vom Umgang der Städte mit Skateboarding In den vorangegangenen Kapiteln sind bereits Beispiele für konkrete Fälle vom Umgang mit Skateboarding in der Stadtplanung und der Politik in Deutschland angesprochen worden. Das nachfolgende Kapitel nimmt Bezug auf die nicht im Detail erläuterten Beispiele, fügt neue hinzu und bewertet sie primär aus Sicht der Skateboarder. Die Beispiele beziehen sich zunächst auf die Sicht der Nutzer, also den Skateboardern, da eine Planung immer dann als erfolgreich oder gescheitert gilt, wenn die Nutzer zufrieden oder unzufrieden sind. Die Bewertung von Beispielen für den Umgang mit Skateboarding in der Stadtplanung ist nach dem bisherigen Handlungsgrundsätzen der Planung nicht möglich, da diese keine Integration von Skateboarding in den öffentlichen Raum vorsieht. So wird die Verhinderung einer ungewollten oder störenden Nutzung aus Sicht vieler Planer zunächst als Erfolg gewertet. Die Unterdrückung und Verkennung der Potentiale wird dabei nicht berücksichtigt. Ob und warum Skateboarding als störend wahrgenommen wird und welche Potentiale dadurch verloren gehen, wurde im vorangegangenen Kapitel erläutert. Die Bewertung der Beispiele aus einer raumplanerischen Sichtweise erfolgt daher vor dem Hintergrund der Einbeziehung der Potentiale, welche die negativen Auswirkungen jedoch nicht ausblendet. Beide Seiten, Skateboarder als auch Planer, haben ihre Gründe zur Auslegung einer Bewertung und werden folglich beide berücksichtigt und gegenübergestellt. Die aufgeführten Beispiele geben eine komprimierte Übersicht über den Umgang mit Skateboarding in der Stadtplanung in den letzten fünf bis zehn Jahren und dienen als Grundlage sowohl zur Vermeidung weiterer Fehlplanungen, als auch zur Fortführung und Ausweitung der am besten zu bewertenden Beispiele.

6.1 Negativ-Beispiele für den Umgang von Städten mit Skateboarding Die Negativ-Beispiele für den Umgang mit Skateboarding in der Stadtplanung lassen sich in fünf Kategorien einteilen. 

Nachträgliche Verhinderung von Skateboarding durch skatestoppende Maßnahmen

Nachträgliche Verhinderung von Skateboarding durch Abriss von D.I.Y.-Spots

Ungenügende Umsetzung von Skateparks mit der Folge der Verwahrlosung

Ungenügende Kommunikation und Partizipation von Skateboardern bei der Umsetzung von Skateparks mit der Folge der Unzufriedenheit der Nutzer

Abriss oder Verhinderung der Nutzung bereits vorhandener Skateboardanlagen ohne entsprechenden Ausgleich

60


Die wahrscheinlich gängigste und im Stadtbild auffälligste Verhinderungsmaßnahme gegen Skateboarding sind die sogenannten „Skatestopper―. Diese in den meisten Fällen aus Metall bestehenden Elemente werden auf die Kanten von curbs, ledges und rails angebracht, um das flüssige befahren, grinden und sliden zu verhindern. Skatestopper gelten als eine der am häufigsten durchgeführten Maßnahmen um Skateboarding zu verhindern und sind inzwischen im Stadtbild von Städten jeder Größe zu finden. Skateboarder wehren sich gegen solche Maßnahmen, indem sie nach Anbringung von Skatestoppern zu handwerklichen Werkzeugen greifen um die Stopper zu entfernen und ihren Spot wieder skatebar zu machen (MSM 2011 Nr.298: 100). Aus Sicht der Skateboarder wird durch Skatestopper dem Bürger quasi die Mündigkeit abgesprochen und die Definitionsmacht entzogen (MSM 2013 Nr.319: 71). Der Zweck von Skatestoppern ist den Menschen, die kein Skateboard

fahren,

dabei

meist

ein

Rätsel.

Die

Interpretationen

reichen

von

der

Befestigungsmöglichkeit für Hundeleinen und für Fahrradschlösser über Haken zur Anbringung von Handtüchern oder Sonnensegeln wie im Schwimmbad (NDR- Beitrag 2010 in: Website Skateboard e.V.). Der ästhetische Wert von Stadtmöblierung und Designelementen wird durch die nachträgliche Anbringung von Skatestoppern merklich gemindert und schränkt den vom Designer oder Planer angedachten Zweck auch für andere Nutzer ein. Im NDR-Bericht zur Hamburger Hafen-City werden die als „Metalldornen― bezeichneten Skatestopper wie folgt beschrieben: „Auf den Terrassen wuchern die Pinne wie metallerne Akne, spicken Wegesränder und Sitzflächen und sorgen für Erstaunen― (NDR- Beitrag 2010 in: Website Skateboard e.V.). Amerikanische Firmen versuchen den Funktionsverlust durch Ansätze der ästhetischen Aufwertung der Skatestopper wieder gut zu machen (Abbildung 7). Die ursprüngliche Funktion wird durch diese Methode Abbildung 7: Skatestopper in Form eines Seesterns

jedoch

nicht

zurückerlangt

und

lenkt

lediglich

von

der

Verhinderungsmaßnahme durch den Anschein einer künstlerischen Gestaltung ab. Die nachträgliche Anbringung von Skatestoppern sollte aus diesem Grund ausschließlich als letzte Möglichkeit überhaupt angedacht werden. Da es zum einen offenlegt, dass die Planung versagt hat und nachträgliche Änderungen durchführen musste, um ein Versäumnis zu korrigieren, welches nicht nur zum Leidwesen von Skateboardern ist. Zum anderen sind etliche gestalterische und Quelle: http://www.skatestoppers.c om/Gallery.html

ästhetisch

ansprechendere

Maßnahmen

zur

Steuerung

von

Skateboarding umsetzbar, welche einen Funktionsgewinn und keinen Verlust mit sich bringen (Kapitel 8).

Dies zeigt sich auch am Beispiel des Karolinenplatzes in Hamburg, welcher unbeabsichtigt mit einer Skulptur ausgestattet wurde, welche sich sehr gut zum Skateboardfahren geeignet hat (Email Graham 02.06.2014). Nachdem sich innerhalb kurzer Zeit ein Hot-Spot für Skateboarder durch die Skulptur entwickelte, erkannte der Hamburger Skateboardverein frühzeitig die Gefahr von Folgeschäden und nahm Kontakt zum Künstler auf (ebd.). In Kooperation mit dem Künstler hat der Skateboardverein 61


einen Kostenvorschlag zur Sicherung der Statue vor Beschädigungen in Höhe von 5000€ entwickelt, den beide Parteien anschließend gemeinsam dem örtlichen, zuständigen Bezirksamt vorgelegt hatten (ebd.). Das Amt hat den Vorschlag allerdings ignoriert und an stattdessen ca. 22000€ ausgegeben um die Skulptur umzugestalten und dadurch unskatebar zu machen (ebd.). Neben dem Verlust des Spots und der Arbeitskraft die in dem Angebot des Künstlers und des Skateboardvereins verloren gegangen sind, ist auch die optische Attraktivität der Skulptur verloren gegangen. Ein weiteres von vielen Beispielen der Verhinderungsmaßnahme Skatestopper ist am hinteren Ausgang des Hauptbahnhofes in Düsseldorf zu finden. Der sehr gut zu erreichende Bertha-von-Suttner-Platz hinter dem Bahnhof wurde von der Stadt mit Skatestoppern versehen. Unter anderem wurden die Brunnen und das Denkmal mit Kopfsteinpflaster umrahmt und Skatestopper aus Metall an den Kanten der Becken angebracht (Chivri in: Westdeutsche Zeitung vom 04.12.2012). Zuvor war der Platz ein Treffpunkt für Skateboarder aus dem gesamten Umland und dadurch einer der identitätsstiftenden Hauptspots Düsseldorfs (ebd.). Für den Verlust dieses Spots wurden anschließend aufgrund geringer finanzieller Mittel keine Ausgleichsmaßnahmen umgesetzt, sondern die Skateboarder wurden weiter aus dem Zentrum verdrängt (ebd.). Schließlich waren nur noch wenige und qualitativ minderwertige Spots in Düsseldorf zu befahren, so dass die Düsseldorfer Szene heute auf umliegende Städte wie Duisburg und Köln ausweichen muss (ebd.). Dies ist vor allem zum Leidwesen der jüngeren Skateboarder, da diese nicht die gleichen Möglichkeiten wie junge Erwachsene haben mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder eigenem Auto in andere Städte reisen zu können (ebd.). Der Umgang Düsseldorfs mit seinen Skatern steht daher im deutlichen Gegensatz zum selbsternannten Image der Sportstadt Düsseldorf (ebd.). Wie im Kapitel 4.3 erläutert entstehen D.I.Y.-Spots mit größerem Umfang häufig außerhalb der sensiblen Wohnbereiche einer Stadt und nutzen brachliegende Flächen. Hier sind es vor allem die privaten Eigentümer, die ihre Fläche vor ungewollter Nutzung schützen wollen, bzw. private Investoren, die kommunale Flächen privatisieren und für ihre kommerziellen Zwecke nutzen wollen. Der in Berlin im Mediaspree-hafen verortete D.I.Y.-Skatepark war bereits ein beliebter Treffpunkt in Berlin für Skateboarder und ein Raum für die kreative Aneignung von Brachflächen (Website Mediaspree entern). Nachdem eine große Gruppe engagierter Nutzer und Sympathisanten angekündigt hatte eine Demonstration für den Erhalt der Fläche als offenen Raum für alle Bürger umzusetzen, ließ die Betreiberfirma des Geländes, die BEHALA GmbH mit 100 prozentiger Beteiligung des Landes Berlin, aufgrund des erhöhten Drucks der Modefirma Label 2, welche die Fläche kaufen wollte, am darauffolgenden Tag, den 04.06.2010, die errichteten D.I.Y.-Rampen abreißen (ebd.). Die Demonstration hatte das Ziel zu zeigen, dass „[…] auf der letzten unbebauten Fläche am Osthafen ein unkommerzieller Skatepark wichtiger ist, als ein Mode-Monstrum für die Elite […]― (Autor unbekannt: Website Mediaspree entern). Die Bürgerinitiative Initiativkreis Mediespree versenken kämpft seither für die öffentliche Nutzbarkeit aller Bürger und gegen die Privatisierung des Spreeufers (ebd.). 62


Ausgleichsmaßnahmen für den Abriss des D.I.Y.-Skateparks seitens der Stadt Berlin konnten im Rahmen dieser Arbeit nicht identifiziert werden. Ein ähnliches Schicksal erlitt der in ganz Deutschland aufgrund des großen szeneinternen Medieninteresses bekannte D.I.Y.-Skatepark Ghetto-Spot in Frankfurt, der in November 2011 abgerissenen wurde (Website boardstation 4). Die am meisten verbreiteten Negativ-Beispiele für Städte im Umgang mit Skateboarding sind die typischen „quarter-funbox-bank-Katalog-Skateparks―, die in Kapitel 4.2 erläutert wurden. Neben der in Kapitel 4.2 beschriebenen Problematik, der aus planerischer Sicht fragwürdigen Umsetzung von „Katalogskateparks―, steht die in der Folge daraus entstehende schlechte Nutzbarkeit der Zielgruppe Skateboarder. Der Landschaftsarchitekturstudent und Mitglied des 2er Skateboardvereins Fabian Benndorf aus Hannover beschreibt die Problematik der Nutzbarkeit von Katalogskateparks: „Mir fällt es schwer, Tricks zu kombinieren, wenn räumliche Verbindungen nicht da sind. Manchmal fehlt auch einfach der Platz, um Schwung zu holen.― Ein Beispiel von Fehlplanung trotz guten Willens sei der [ehemalige] Welfenplatz, erklärt der 24-jährige […]― (Bini in: Hannoversche Allgemeine vom 10.08.2010). Skateplätze wie der mittlerweile umgestaltete Welfenplatz in Hannover sind in Städten und Kommunen jeglicher Größe in Deutschland zu finden und gelten als das größte Missverständnis zwischen Planern und Skateboardern und führen seitens der Planung zu der fälschlichen Annahme, „Skateboarding sei aus der Mode― oder „Skateboarder sind undankbar― und ähnlichem (Email Graham 02.06.2014). Wenn der Wille zur Kommunikation und Partizipation seitens der Planung und der Politik vorhanden ist, ist dies jedoch kein Garant für erfolgreiche Planungen. Dies hat unter anderem die Kritik an dem in Kapitel 4.2 aufgeführten Beispiel des Skateparks im Frankfurter Ostend gezeigt. Die Stadtplaner, Architekten, die ausführende Baufirma und die Politik hatten sich zusammen das Ziel gefasst in einem mehrjährigen Prozess einer der besten Skateparks des Landes zu bauen (Röttele in: Die Welt vom 16.12.2012). Der Skateboardverein Concrete Sk8 bemängelte jedoch trotz Teilnahme an fünf Planungskonferenzen die unzureichende Abstimmung und Berücksichtigung der Wünsche der Skateboarder (ebd.). Der zuständige Leiter des beteiligten Grünflächenamtes wies diese Kritik zurück (ebd.). Fraglich bleibt in diesem Zusammenhang die anschließende Kritik an der fertigen Anlage, bei der bauliche Mängel in der Umsetzung beklagt wurden, die jeder erfahrene Skateboarder auf den ersten Blick bestätigt (ebd.). Der tatsächliche Verlauf der Planung und Umsetzung und die damit in Zusammenhang stehende Identifizierbarkeit des entscheidenden Fehlers in der Kommunikation, ist aufgrund der nicht zur Verfügung stehenden Daten von außen nicht einsehbar. Im Vergleich zu ähnlichen Projekten bleibt am Ende die Feststellung, dass die Zusammenarbeit mit Skateboardern und die Einhaltung der exakten Wünsche von Skateboardern bezüglich detaillierter Formen und Anordnungen einzelner Elemente in Skateparks, sehr erfolgreich sein und auch ohne Kritik enden kann.

63


6.2 Positiv-Beispiele für den Umgang von Städten mit Skateboarding Das nachfolgende Kapitel zeigt einen Ausschnitt der in Deutschland in den letzten fünf Jahren entstandenen Planungen für und mit Skateboarding, die Leuchtturmcharakter besitzen. Alle vorgestellten Beispiele beruhen im Grundsatz auf der engen Zusammenarbeit zwischen Experten aus der Skateboardszene und Planern bzw. auch der Politik. Die Beispiele sind im räumlichen Sinne eher als Inselplanungen anzusehen, d.h. sie sind nicht in ein räumliches Gesamtbild der Städte integriert, sondern sind innerhalb eines begrenzt zur Verfügung stehenden Raumes umgesetzt. Erste Ansätze in denen über die räumlichen und gedanklichen Grenzen einer Sport-Trainingsstätte im klassischen Verständnis hinaus geplant wird, sind bereits in Ansätzen in Karlsruhe vorhanden, können jedoch nicht einer gesamtstädtischen Skateleitplanung (Kapitel 8) zugeordnet werden. Das Beispiel Karlsruhe ist zudem zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Arbeit noch nicht öffentlich vorgestellt, sondern nur in Planung (Interview Naschold). Wie das Konzept im Detail aussieht und ob die Planung über die Skateparkplanung hinausreicht konnte nicht festgestellt werden. Erkennbar werden die Ansätze auch beispielsweise in Hamburg durch das Engagement des örtlichen Skateboardvereins, welcher sich für eine vielfältigere Nutzbarkeit und längere Haltbarkeit von Stadtmobiliar einsetzt. Der Verein hat Kontakt mit dem Verantwortlichen für das Management im öffentlichen Raum aufgenommen, um allgemein den Sport im öffentlichen Raum attraktiver zu machen (Email Graham 29.05.2014.). Hierzu zählt unter anderem die Modifizierung von Sitzbänken durch Anbringung von Metallkanten oder der Wahl des richtigen Betons für Stadtmobiliar, mit dem Effekt, dass diese skatebar und vandalismussicher sind (ebd.). Des Weiteren ist im Rahmen der Internationalen Gartenschau in Hamburg Wilhelmsburg ein neuer Fahrradabsperrbügel verbaut worden, welcher bewusst niedrig designt und aufgrund des Materials und der Form für Skateboarding besonders geeignet ist (ebd.). Der Fahrradabsperrbügel kann dadurch multifunktional genutzt werden und beschränkt seine Funktion nicht ausschließlich auf die Befestigungsmöglichkeit für Fahrräder. Eine derartige Multifunktionalität von Stadtmobiliar kann durch frühzeitige Berücksichtigung und Einbeziehung weitergehender Nutzungsmöglichkeiten im Gestaltungsprozess erreicht werden und durch geschicktes Design auf viele weitere Elemente im öffentlichen Raum übertragen werden. In Berlin wurde im Mai 2013 erstmals eine skatebare Skulptur auf dem ehemaligen Flughafengelände der Tempelhofer Freiheit eröffnet (MSM 2012 Nr.316: 24). Die Skulptur (Abbildung 8) 1000 Plateaus wurde von dem Skateboarder und Künstler Adam Sello aus Granitplatten gebaut, die aus dem Außenbereich des Palastes der Republik vor dessen Abriss „gerettet― worden waren (ebd.). Das Projekt hat insgesamt sieben Jahre bis zur Vollendung gebraucht, da zunächst viel Zeit für Überzeugungsarbeit investiert werden musste: „Die Bezirkspolitiker waren recht skeptisch und haben sich das immer irgendwie bedrohlich vorgestellt im öffentlichen Raum so eine exklusive Sache für Skater zu bauen, wo die Jugendlichen nicht in Sportanlagen versteckt werden.― (Sello in: MSM 2012 64


Nr.316: 24). Die Idee der multifunktionalen Granitskulptur konnte zudem nur durch die Unterstützung von Partnern wie der Skatehalle Berlin, dem Mellowpark, der Grün Berlin GmbH und mithilfe einer Anschubfinanzierung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung realisiert werden (MSM 2012 Nr.316: 24). Dass Skateboarding und Kunst eng miteinander verbunden sind, sowohl durch die kreative Interpretation des räumlichen Umfeldes, der fotogenen Nutzung von Skulpturen als Skatespot und der Skateboardfotografie im allgemeinen, als auch darüber hinaus in Form von recycelten Skateboards oder künstlerischen Skateboard-Performances im Stile eines Mark Gonzales, wurde in den vorherigen Kapiteln bereits an unterschiedlichen Stellen aufgezeigt und wird in Kapitel 7.2 nochmals explizit erläutert. Das Beispiel der Skate-Skulptur in Berlin führt Kunst und Skateboarding in einer Form zusammen, wie es sie bis dato noch nicht gegeben hat und bewahrt und recycelt gleichzeitig ein Stück der Geschichte Berlins durch die Verwendung von Baumaterial mit historischem Hintergrund. Die Skulptur kann somit als Vorreiter und Denkanstoß zur weiteren Verbindung von Kunst und Skateboarding im öffentlichen Raum, beispielsweise auf Stadtplätzen, gesehen werden und bildet den Gegensatz zum Beispiel der mangelhaften Nutzung des Potentials der vormals skatebaren Skulptur in Hamburg. Abbildung 8: Skateskulptur „1000 Plateaus“ in Berlin

Quelle: http://www.placeskateboarding.de/vogelfreiheit-berlin/

Als weiteres positives Beispiel, vor allem in Bezug auf die innerstädtische Positionierung auf einem Stadtplatz, ist der Skateboard- und BMX-plaza auf dem Kesselbrink-Platz in Bielefeld zu nennen. Die Positionierung des Skateplaza im Zentrum der Stadt, welcher eine potentiell belästigende Lärmquelle für Anwohner darstellt, wird aufgrund der um den gesamten Platz verlaufenden verkehrlichen Situation begünstigt, da die zusätzliche Lärmquelle der Skateboards, durch den vom Verkehr erzeugten Lärm nahezu „geschluckt― wird. Des Weiteren bietet die Gestaltung des Platzes durch die Ausstattung von ausreichend Sitzplätzen um den Skateplaza, die Möglichkeit für Passanten an der „Attraktion Skateboarding― teilzuhaben. Die in Kapitel 4 angeführten verschiedenen Möglichkeiten der Begegnung und Gelegenheiten, andere Menschen zu sehen oder zu hören, werden auf dem Kesselbrink-Platz im Sinne Jan Gehls ermöglicht und schaffen eine hohe Aufenthaltsqualität für nicht skateboardfahrende Bürger. Darüber hinaus ist die gestalterische Umsetzung des Skateplaza in enger Kooperation mit lokalen Experten und in Kooperation mit dem Planungsbüro für urbane Bewegungsräume DSGNconcepts umgesetzt worden. Die dadurch erreichte hohe Qualität des Skateplaza wird durch die 65


Akzeptanz der Skateboarder sowie durch die intensive Nutzung und die bundesweite Aufmerksamkeit für den Platz innerhalb der Szene, als auch darüber hinaus innerhalb von wissenschaftlich-planerischen Fachzeitschriften bestätigt (Interview Jülich). Die in den vorangegangen Kapiteln angesprochene Nutzung von Brachflächen und das inhärente Potential aus Sicht der Stadtplanung wird in Bremen am Bahnhofsvorplatz des Hauptbahnhofes deutlich. Der Bahnhofsvorplatz, welcher als asphaltierte Fläche die Grundbedingungen für das Befahren mit Skateboards erfüllt, blieb als einer der zentralsten innerstädtischen Brachflächen lange Zeit ungenutzt, bis Skateboarder 2003 den Platz für sich entdecken (Fricke 2012 in: Website Stadt Bremen). Die Stadt erkannte das Potential und genehmigte bis zum endgültigen Entscheid über die Folgenutzung der Fläche, eine Zwischennutzung als Skateplaza und damit auch die Ausstattung mit skatebaren Elementen (ebd.). Der ehemalige „Schandfleck der Stadt― vor dem Hauptbahnhof konnte auf diese Weise sinnvoll genutzt werden, ohne dass dabei Nachteile oder Kosten für die Stadt entstanden sind (ebd.). Betrieben wurde die Fläche vom Verein Sportgarten, bis im November 2012 die Nutzung aufgrund der Nachfolgenutzung eingestellt werden musste (ebd.). Im Anschluss an die Schließung des Skateplaza ist bereits ein Ausgleich in Form einer Skatehalle in Planung, welche im direkten Umfeld des Bahnhofs in einem ehemaligen Postamt verortet ist (ebd.). Darüber hinaus ist in Bremen innerhalb der Fläche auf der Pauliner Marsch ein qualitativer Skatepark im Rahmen des Sportgartenareals mit weiteren sportlichen Nutzungen entstanden (ebd.). Das vergleichsweise große Engagement für Skateboarder in der Stadt Bremen ist aufgrund der großen Skateboardszene von schätzungsweise 3000 bis 4000 Skateboardern möglich, erfreut sich großer Beliebtheit und zieht auch Skateboarder aus dem Umland in die Hansestadt (ebd.). Das Image der Stadt Bremen als eine für junge Menschen attraktive und innovative Sportstadt wird durch die Positionierung des Themas Skateboarding im öffentlichen Raum und der damit einhergehenden medialen Aufmerksamkeit, gefestigt. Skateboarding wird von der Stadt Bremen insbesondere als alternatives Angebot zu klassischen Sportarten innerhalb des Sportgartenprojektes positioniert, mit dem Ziel ein autonomes, nichtkommerzielles Funsport-Center für und mit Bremer Jugendlichen zu schaffen (Webiste Stadt Bremen). Skateboarding wird als wichtiger Bestandteil des Projektes gesehen welches ähnlich zum 2er Skatepark in Hannover (Kapitel 4.3), auch pädagogische Ansätze über das Sportangebot hinaus verfolgt. So hilft ein „qualifiziertes Projektmanagement Jugendlichen Zugänge zu verschaffen, Veranstaltungen zu organisieren und Ideen umzusetzen und leistet durch die gemeinsame Errichtung und den Betrieb des Sportgartenareals mit Bremer Jugendlichen einen Beitrag zur Entwicklung von realer Partizipation, Szeneintegration, Gewaltprävention und Gesundheitsförderung― (Website Stadt Bremen). Als Vorzeigeprojekt eines legalen D.I.Y.-Skateparks gilt die Skateboardanlage im Lentpark in Köln. Die asphaltierte ca. 800 Quadratmeter große Fläche war ursprünglich ein Hockeyfeld, welches mangels Nutzung langsam verkam (Autor unbekannt in: Website Stadt Köln vom 21.10.2013). Die Skateboarder entdeckten die Brachfläche im Grünen schließlich für sich und bauten ohne 66


Genehmigung eigene Rampen aus unterschiedlichsten Materialen, die allerdings aufgrund der Wetterverhältnisse oder durch Diebstahl immer wieder zerstört oder entwendet wurden (Website MSM 2). Nachdem das Skateboardfahren auf der Domplatte im Jahr 2007 schließlich verboten und durch Skatestopper verhindert wurde, hatte sich der Kölner Skateboardverein Dom Skateboarding e.V. bereits gegründet und anschließend erfolgreich bei der Errichtung des Alternativskateparks zum DomSpot Kap686 am Rheinauhafen sowie den Skatepark unter der Zoobrücke in Köln-Mühlheim mit der Stadt zusammengearbeitet (Autor unbekannt in: Website Stadt Köln vom 21.10.2013). Das dadurch aufgebaute Vertrauen der Stadtverwaltung und des Jugendamtes in den Verein mündete 2011 schließlich in der Zusammenarbeit für die brachliegende Fläche im Lentpark (ebd.). Finanziert wurde die Umsetzung durch die erfolgreiche Teilnahme an einem Förderwettbewerb der Sparkasse KölnBonn mit 3000€ Preisgeld sowie der Einbindung des Schuhherstellers Converse als Sponsor für Baumaterial (ebd.). Der Vereinsvorsitzende Oliver Tielsch beziffert die Gesamtkosten des Betonskateparks auf ca. 60.000€ und schätzt, dass die Kosten des Projekts allein aus öffentlichen Mitteln ca. 250.000€ betragen hätte (ebd.). Möglich wurde die kostengünstige Umsetzung nur durch den ehrenamtlichen Einsatz von täglich mindestens zehn Skateboardern der lokalen Szene, sowie der professionellen Unterstützung durch Max Beckmann und Daniel May von Yamato Living Ramps, welche den 2er Spot (Kapitel 4.3) in Hannover gegründet und gebaut haben (Website MSM 2). Die Anlage ist vom TÜV abgenommen und kann maximal von ca. dreißig Skateboardern gleichzeitig befahren werden (Autor unbekannt in: Website Stadt Köln vom 21.10.2013). Am 19.10.2013 wurde die Anlage offiziell eröffnet und wird seitdem intensiv von der Szene genutzt und gepflegt (Website MSM 2). Das Beispiel zeigt deutlich auf, wie viel Potential in einer aktiven lokalen Skateboardszene vorhanden sein kann, dass durch ehrenamtliches Engagement und Konsultierung von Sponsoren die Kosten extrem gesenkt werden können und die Zusammenarbeit zwischen Politik, Planung und der Skateboardszene bei beidseitiger Bereitschaft erfolgreich funktionieren kann. Des Weiteren wird durch die ehrenamtliche Zusammenarbeit mit Yamato Living Ramps beispielhaft deutlich, dass die Szene ihr Wissen nicht lokal begrenzt, sondern bundesweit aktiv ist um Skateboarding zu fördern. Das Beispiel des 2er Spots in Hannover ist im eigentlichen Sinne kein Beispiel für den positiven Umgang von Städten mit Skateboarding, da dieser erst aufgrund der Unzufriedenheit über die Untätigkeit und die Aussprache von Verboten auf innerstädtischen Skatespots in Eigeninitiative der lokalen Skateboarder entstanden ist. Positiv zu bewerten bleibt allerdings der Einsatz der Politik, die zu Beginn illegal genutzte Fläche nachträglich zu legalisieren und so die weitere Nutzung nicht zu gefährden, sondern zu fördern. Die Erfolgsgeschichte des D.I.Y.-Skateparks beginnt im Jahr 2007, als ein Skateboarder in Hannover zufällig eine ungenutzte Brachfläche identifiziert. Diese war zum damaligen Zeitpunkt mit Bauschutt und illegal abgeladenem Müll übersät, jedoch mit einem gut befahrenen Boden ausgestattet (Bini in: Hannoversche Allgemeine vom 10.08.2010). Die Fläche in dem Industriegebiet hat den Vorteil abseits von Wohnhäusern in einem ungenutzten Teil des Industriegebietes an der Fössestraße in Hannover Linden-Limmer zu liegen und dadurch niemand 67


durch den entstehenden Lärm belästigt werden kann (ebd.). Nachdem durch gemeinschaftliche Arbeit einer kleinen Gruppe von Skateboardern der Platz gereinigt war, wurden erste einzelne Rampenelemente aus dem umliegenden Schutt errichtet, welche 2008 durch den privaten Eigentümer beseitigt wurden (ebd.). Die Skateboarder errichten ihre Anlage daraufhin wieder neu (ebd.). Anschließend wurde Kontakt mit dem Bezirksbürgermeister aufgenommen, welcher Verhandlungen mit dem Eigentümer der Fläche erreichen konnte indem ein Pachtvertrag vereinbart wurde der es ermöglichte die Fläche langfristig beplanen zu können (ebd.). Voraussetzung war die Gründung eines Vereins um die Fläche privat betreiben zu können (MSM 2012 Nr.314: 24). Dadurch ist der 2er Skatepark von der Einhaltung von TÜV-Normen entbunden, im Falle eines Schadens privatrechtlich versichert und offiziell ausschließlich für Mitglieder des Vereins nutzbar (ebd.). Inzwischen ist der Skatepark ausschließlich durch Spenden und Sponsoren auf 2500 Quadratmeter ausgebaut und ist damit das größte D.I.Y.-Skateboardprojekt Europas (Website Yamato Living Ramps). Auffällig bei der Betrachtung der aufgeführten Beispiele ist, dass die Impulse für die Umsetzung der Ideen immer von den Skateboardvereinen ausgeht und in allen Fällen von anfänglicher großer Skepsis seitens der Politik und Planung berichtet wird. Das größte Hindernis bei der Verwirklichung von Ideen aus der Skateboardszene ist daher der langwierige bürokratische Weg und die Überzeugungsarbeit die geleistet werden muss. Auch innerhalb des professionellen Rahmens eines Planungsbüros für Skateparks ist die Überzeugungsarbeit für den Nutzen einer qualitativen Skateboardanlage und der Integration von Skateboarding in die Stadtplanung generell, eine der Hauptaufgaben (Interview Naschold). Da die Skateboardszene eine weltweite Bewegung ist, entstehen auch in anderen Ländern innovative und wegweisende Projekte im Skateboarding, welche als Ideenquelle für deutsche Projekte von Interesse sind. Für weiterführende Informationen zu ausländischen Projekten sei unter anderem auf die Website der MSM, die Website boardmag sowie die Website boardstation verwiesen. Nachfolgend werden jedoch drei Beispiele, die von besonderem Interesse für das Konzept der Skateleitplanung sind, angeführt. Als besonders aus städtebaulicher Perspektive interessantes Projekt ist der Rabalder-Park in Roskilde in Dänemark zu benennen. Die aufgrund des Klimawandels immer häufiger und intensiver auftretenden

Regenfälle,

haben

in

Dänemark

zur

Umsetzung

einer

Reihe

großer

Entwässerungsprojekte geführt (Website Urbalize). Der Rabalder-Park in Rosklide ist einer dieser Projekte und verbindet die Funktion eines Regenablauf- und Rückhaltebeckens, mit der Funktion eines Skateparks (ebd.). Das Projekt ist Teil des übergeordneten Projekts MUSICON der Stadt Roskilde und wandelt die ehemalige Industriefläche in Flächen zur Wohnnutzung, Büronutzung, Künstlerateliers und einem Museum um, als auch in Flächen zur Erholung und der Ausübung von Sport, worunter auch der Skatepark fällt (ebd.). Ein vergleichbares Projekt einer multifunktionellen Skateboardanlage, welche neben der Funktion als Snakerun, quasi eine schlangenartig verlaufende Halfpipe, auch als Überlaufbecken für das umliegende Gelände genutzt wird, ist in dem kleinen Ort Billerbeck nähe 68


Münster im Jahr 2000 entstanden (Boardstein 2005 Nr.35: 60). Eine örtliche Betonfirma hatte den Auftrag und die nötigen Gelder für die Errichtung des Beckens von der Gemeinde erhalten und sich ohne Rücksprache mit der örtlichen Szene zum Bau des Snakerun-Überlaufbeckens entschieden, welches bis heute sehr geschätzt wird (ebd.). Die Anlage ist nach Aussage des Magazins Boardstein als durchaus gelungen zu bewerten und gilt als glückliches Muster- und Paradebeispiel für einen, trotz nicht vorhandener Absprachen, von einer Gemeinde gebauten Skatepark (ebd.). Als weiteres wegweisendes Beispiel vom Umgang der Städte mit Skateboarding ist die Stadt Malmö in Schweden zu nennen. Die Stadt gilt in der Szene als Vorreiter, da es neben hochqualitativen von der Stadt unterstützen D.I.Y.-Skateparks, weltweit renommierten Skateboardwettbewerben und einem eigenem Skateboardmagazin für die Stadt, auch das weltweit erste Skateboard-Gymnasium mit eigener Skatehalle vorzuweisen hat (MSM 2014 Nr.332: 54f.). Phil Evans sieht die Unterstützung der Stadt als einen der grundlegenden Aspekte, die zu dem Aufbau der hochaktiven Skateboardszene in Malmö geführt hat (ebd.). Die Gründung der Skateboardvereinigung Bryggeriet hat dabei die finanzielle Unterstützung seitens der Stadt erst möglich gemacht und die lokale Szene zur Austragung großer nationaler Wettbewerbe befähigt (ebd.). Die Ergebnisse des Engagements haben der Stadt den sozialen Nutzen von Skateboarding vor Augen geführt und zu weiterem Rückhalt innerhalb der Stadtverwaltung durch „wichtige Personen― geführt (ebd.) Die Stadt lässt den Skateboardern bei Design und Ausführung von Skateparks freie Hand, wodurch die positive Lage insgesamt gefestigt und ausgebaut werden konnte und eine Art Schneeballeffekt ausgelöst wurde, der immer mehr Menschen unabhängig vom Alter, Geschlecht oder Herkunft motiviert hat, sich dem Skateboardverein anzuschließen (ebd.). Die Skateboardszene in Malmö ist damit eine der stärksten und aktivsten lokalen Skateboardszenen und Malmö ist die erste Stadt weltweit, die versucht bereits existierende Streetskatespots, beispielsweise durch Verbesserung des Bodenbelages und der Ergänzung mit weiteren skatebaren Elementen, innerhalb des Stadtgebietes zu verbessern (ebd.).

69


7. Direkte und indirekte Potentiale in der Skateboardszene für die Stadt In den vorangegangenen Kapiteln sind bereits direkte Potentiale des Skateboardings für die Stadt analysiert. Hierzu zählen der soziale Nutzen für die Belebung von öffentlichen Räumen (Kapitel 5), der soziale Nutzen innerhalb der Skateboardszene, welcher neben der Förderung von Individuen für die Stadt im Gesamten einen Anlauf- und Auffangpunkt für Kinder, Jugendliche, aber auch Erwachsene aus allen sozialen Schichten und unabhängig von der Herkunft darstellt (Kapitel 4.3) sowie der Nutzen, den eine Stadt durch Skateboarding als Imageträger haben kann (Kapitel 5). Darüber hinaus bietet die Skateboardszene auch Perspektiven im beruflichen Bereich und wird häufig in einen künstlerischen Zusammenhang gestellt oder als Kunstform bezeichnet. Diese Potentiale für Individuen im Skateboarding können für die Stadtplanung indirekte, positive Auswirkungen haben, finden jedoch eher im Hintergrund der Szene statt und sind für den außenstehenden Betrachter nicht direkt erkennbar. Peters stellt fest, dass Skateboarder aufgrund der intensiven Auseinandersetzung mit Skateboarding auffallend häufig kreative Berufe ergreifen, die im engeren oder weiteren Sinne auf Skateboarding zurückzuführen sind und beispielsweise in der Position als Architekt oder Journalist die Szene aus dem Hintergrund stark beeinflussen (Peters 2011a: 147). Aus diesem Grund und angesichts der praktizierten kreativen Umdeutung des Raumes durch Skateboarder sind sie nach Eichler und Peters der Kreativwirtschaft einer Stadt zuzuordnen (Kapitel 5) und leisten einen Beitrag zur gesamtstädtischen Entwicklung. Dieser Beitrag kann durch die in den letzten Jahren gegründeten Skateboardvereine kanalisiert werden, da die Vereine die für die Förderung von Skateboarding notwendige Kommunikationsplattform und Bündelung der lokalen Interessen und Ressourcen darstellen. Die nachfolgenden Unterkapitel erläutern den Zusammenhang von Kunst und Skateboarding, den künstlerischen, kreativen gedanklichen Hintergrund im Skateboarding, die Auswirkungen dieses Hintergrundes auf die berufliche Orientierung von Skateboardern, sowie die moderne Struktur von Skateboardvereinen, die es erlaubt die künstlerischen und beruflichen Ambitionen von Skateboardern zu verbinden, zu kanalisieren und zu fördern und dadurch für die Stadt nutzbar zu machen.

7.1 Berufliche Orientierung in der Skateboardszene Skateboarder, die ihren Sport als Lifestyle leben (Kapitel 3.2), entwickeln über die Jahre eine fest verankerte emotionale Verbindung zu ihrem Sport. Diese Bindung an den Sport hält auch, wenn die körperliche Leistungsfähigkeit im fortgeschrittenen Alter nachlässt und nur noch sporadisch Skateboard gefahren wird (Peters 2011a: 147). Es ist daher nicht unüblich in der Skateboardszene, dass die Ausbildung, das Studium oder andere Wege in den Beruf vom Skateboarding mehr oder weniger beeinflusst sind. Peters beschreibt bei seinen ethnographischen Untersuchungen die Beobachtung eines sichtbaren und eines unsichtbaren Teils der Szene (ebd.). Der sichtbare Teil der Szene besteht aus den 70


überwiegend jugendlichen Skateboardern, die täglich Skateboard fahren (ebd.). Der unsichtbare Teil besteht aus den früheren Generationen der aktiven Skateboarder, die nach Abschluss der Ausbildung oder des Studiums berufstätig sind und nur noch sporadisch nach Feierabend skaten (ebd.). Beruflich besetzen sie allerdings die wichtigen Schaltstellen in der Skateboard-Industrie und üben auf diese Weise Einfluss auf die aktive Szene aus (ebd.). Die Berufswahl ist mehr oder weniger direkt in der Skateboard-Industrie oder an deren Schnittstelle angesetzt und reicht vom Skate-Shop Inhaber und Sponsor eigener Teams, über Fotografen, Journalisten und Reporter die Skateboard-Magazine, Blogs und Internetpräsenzen gestalten, bis hin zu Designern und Trendscouts in Modelabeln oder auch Raumplanern und Architekten (ebd.). Im Beispiel der Domplatte in Köln ist der unsichtbare Teil der Szene maßgeblich für die Gründung des Vereins Dom Skateboarding e.V. – Verein zur Wahrung und Förderung der Bewegungskultur im öffentlichen Raum (Kapitel 7.1) verantwortlich und belegt dadurch die nach Peters nicht hoch genug einzuschätzende steuernde Funktion in der Szene (ebd.). Eine idealtypische Domplatten-Skate-Karriere mündet nach Peters häufig in einem kreativen Beruf wie Künstler, Designer, Musiker, Architekt oder Fotograf (ebd.). Eine solche Entwicklung kann auch auf andere aktive Skateboardszenen übertragen werden, da nicht der Ort zum Skaten, sondern die Leidenschaft für das Skateboardfahren und das Leben des Lifestyle Skateboarding entscheidend für den Einfluss auf die spätere Berufswahl ist. Das Skateboardmagazin MSM thematisiert in der Ausgabe Nr.268 beispielsweise aufgrund der engen Zusammenarbeit zwischen Fotografen bzw. Filmern und Skateboardern, die Berufswahl des Fotografen, um alternative Karrieremöglichkeiten zum Profi-Skateboarder innerhalb der Skatekultur aufzuzeigen (MSM 2008 Nr.268: 84f.). Der Artikel beschreibt es dabei als für Skateboarder besonders naheliegend Fotografie oder Videografie zu erlernen, da der erlernte Blick für ein gutes Skate-Foto durch die „Brille der Möglichkeiten― ohnehin als Skateboarder bereits trainiert ist (ebd.). Die Berücksichtigung der in Kapitel 3.3 angeführten Architektur in Kombination mit dem ausgeführten Trick, spielt in der Skateboardfotografie eine besondere Rolle: „Ein einfacher Trick vor einer beeindruckend in Szene gesetzten Kulisse resultiert auf jeden Fall in einem besseren Photo als ein Laser-Flip mit Lidl-Logo im Hintergrund― (MSM 2008 Nr.268: 84f.). Ein solcher nahezu nahtloser Übergang vom aktiven Skateboarding in einen skateboardbezogenen Beruf, ist auch bei den Erbauern und Gründern des 2er Spots in Hannover zu beobachten. Die anfänglich autodidaktisch erlernten Techniken zum Rampenbau aus Beton, konnten in einem solchen Maß professionalisiert werden, dass daraus die Gründung der Firma Yamato Living Ramps hervorging. Das Team besteht aus Planern, Architekten und erfahrenen Handwerkern, die alle seit über zehn Jahren Skateboard fahren (Website Yamato Living Ramps). Einen ähnlichen Hintergrund hat beispielsweise auch das Planungsbüro für urbane Bewegungsräume DSGN concepts aus Münster, welches aus einem Team von zwei ehemaligen Profiskatern und einem aktiven Parcour-Runner besteht und durch das Studium der Freiraumplanung, neben dem Expertenwissen über Skateboarding und Parcours, einen fachlich professionellen Hintergrund haben (Website DSGN concepts). Beispiele dieser Art werden aufgrund des 71


zunehmend wachsenden Alters der Skateboardszene (Kapitel 3.3) immer häufiger und ermöglichen der Szene eine qualitativere Ausgangsposition zur Umsetzung von skateboardbezogenen Planungen als noch vor zehn oder zwanzig Jahren.

7.2 Zusammenhänge zwischen Skateboarding und Kunst Skateboarding ist kein Sport, sondern Kunst. Diese These wird in der Skateboardszene immer wieder diskutiert. Eine klare nicht weiter anfechtbare Abgrenzung vom Sport oder eine eindeutige Zuweisung zur Kunst ist jedoch in keiner Literatur festgehalten. Vielmehr ist Skateboarding in seiner theoretischen als auch in seiner praktischen Form geprägt von Überschneidungen in beide Richtungen. Jeder Skateboarder definiert für sich selbst was Skateboarding ist und wie er es interpretieren möchte. Auch die größte europäische Skateboardzeitschrift MSM will sich nicht auf eine Definition einlassen: „Es ist zu vielschichtig, unkonkret und sich ständig verändernd, als dass man es auf einen allgemeingültigen, gemeinsamen Nenner festlegen könnte. Skateboarding ist, was du draus machst! […] Skateboarding dreht sich um Liebe, Leidenschaft und Freiheit und nicht um Tortendiagramme und Durchschnittswerte.― (MSM 2013 Nr.330: 15). Kapitel 3.3 hat bereits Bezug auf die Abgrenzung von Skateboarding zu traditionellen Sportarten genommen. Der nachfolgende Teil zeigt die Parallelen und Überschneidungen von Skateboarding zur Kunst auf. Einer der wenigen Skateboarder und Künstler der die Interpretation von Skateboarding als Kunstform nicht nur lebt und in der aktiven Nutzung des

Abbildung 9:The Skateboarding Art

Skateboards umsetzt, sondern in schriftlicher Form ausführt, ist Tait Colberg mit seinem Buch Skateboarding Art (Abbildung 9). Er zieht zunächst die äußere Wahrnehmung eines Kunstwerks als Argumentation für die Interpretation von Skateboarding als Kunstform heran. Für Colberg sind Skateboardtricks mit Kunstwerken zu vergleichen, da sie beim Betrachter, unabhängig von Zeit, Ort oder Kulturkreis, Erstaunen und Bewunderung auslösen (MSM 2012 Nr.311: 74f.). „Skateboarding ist Kunst und das ist keine bloße Phrase ; es ist nicht nur

Quelle: https://www.face book.com/theskat eboardingart

künstlerisch oder wie die Künste. Skateboarding ist Kunst, gleichrangig mit Malerei, Bildhauerei, Musik, Tanz, Theater oder Filmemachen. Wie alle Künste, entsteht sein Wert einfach und direkt aus dem was es ist ; nicht mehr und nicht weniger.― (MSM 2012 Nr.311: 74f.). Für Colberg ist das Skateboard für den Skateboarder ebenso ein Werkzeug, wie es ein Pinsel für den Maler ist. Der Maler verwendet den Pinsel um gewöhnliche Pigmentstücke auf einer Leinwand zu einem außergewöhnlichen Bild zu verwandeln (ebd.). Skateboarder benutzen ihr Skateboard um ein banales Stück Straße zum Teil eines gleichwertig außergewöhnlichen Erlebnisses zu machen (ebd.). Es sind unterschiedliche Werkzeuge, jedoch mit dem gleichen Ziel und Ergebnis (ebd.). Colberg vergleicht hierzu ein Werk Michelangelos mit dem ersten gestandenen 900o von Tony Hawk (ebd.). Es braucht wenig Kreativität den Trick von Hawk, bzw. ein Bild 72


Michelangelos nachzuahmen, um diesen allerdings als Erster zu entwickeln braucht es eine spezielle, geistige Vision und die nötigen körperlichen Fähigkeiten (ebd.). Auch Parallelen zur Bildhauerei werden von Colberg erkannt, da Skateboarder den Untergrund den sie befahren, durch grinds, und slides formen und färben (ebd.). Bei der Erschaffung von Kunst müssen ebenso manche Materialien während des Kreativprozesses Zerstörung und Veränderung hinnehmen (ebd.). Die vielfältigen Möglichkeiten und die Freiheit, die Skateboarding bietet, sind den Freiheiten der Kunst ähnlich (ebd.). Jeder Maler verwendet Farbe auf einem Untergrund, aber einer malt realistische Portraits in Öl und ein anderer abstrakte Gebilde mit Acrylfarbe (ebd.). Skateboarder verwenden alle ein Brett mit Achsen und vier Rollen, die Entwicklung des eigenen Styles (Kapitel 3.3) ist aber jedem Skateboarder freigestellt (ebd.). Für Colberg wird Skateboarding daher, genau wie Musik oder Malerei, nie an ein Ende gelangen, da es immer wieder Menschen geben wird, die eine neue Interpretation finden oder einen neuen Weg mit den altbekannten Werkzeugen einschlagen und dadurch Erstaunen und Bewunderung erzeugen (ebd.). Der gesamte ästhetische Eindruck wird dabei gegenüber einzelnen technischen Aspekten überwiegen, da erfahrene Künstler immer die Technik wählen, die sie am effektivsten an einen gewünschten Punkt bringen, unabhängig der Komplexität der Technik (ebd.). Andernfalls würde ein Kunstwerk nicht alle Menschen, sondern nur die mit dem nötigen Technikverständnis beeindrucken (ebd.). Dies ist mit dem in Kapitel 3.3 aufgeführten Faktor des Styles bei einem Trick zu erklären, da auch ein einfacher Trick, mit viel Style ausgeführt, wesentlich beeindruckender für den Zuschauer sein kann, als ein schwieriger Trick ohne Style (ebd.). Colberg ordnet Skateboarding zudem als den „amerikanischsten aller Tänze― ein, da Skateboarding für ihn nichts anderes ist, als mit einem bestimmten Werkzeug zu tanzen (ebd.). Diese oftmals philosophische Sichtweise auf Skateboarding als Kunst ist durch die täglich umgesetzte kreative Umdeutung von Stadtmobiliar jedem Skater, wenn auch oftmals unbewusst, mehr oder weniger inhärent. Nach Colberg hängt dies vor allem auch mit dem Alter zusammen, da Skateboarden für jüngere Menschen eine neue Erfahrung ist und eine solche Menge an stimulierenden Erlebnissen mit sich bringt, dass kein Platz für Reflektion bleibt (MSM 2012 Nr.311: 74). Mit dem steigenden Alter wächst dann auch das Interesse über die eigentliche Bewegung mit dem Skateboard hinaus und kann im weiteren Verlauf des Lebens, vorausgesetzt der Skateboarder bleibt seinem Sport treu, Einfluss auf die Berufswahl haben. Zwei der bekanntesten und anerkanntesten Künstler, die bereits während ihrer aktiven Profi-Skater Karriere mit ihren Performances, Malereien und Fotografien auch außerhalb der Skateboardszene auf sich aufmerksam gemacht haben, sind der Erfinder des Streetskateboardings Mark Gonzales sowie Ed Templeton (MSM 2012 Nr.316: 30f.; Website artnet). Auch der japanische Künstler und Skateboarder Haroschi hat mit seinen Skulpturen aus recycelten Skateboards weltweiten Erfolg (Website Haroschi; MSM 2011 Nr.299: 73f.). Durch die Einordnung von Skateboarding als Kunst, entwickelt Skateboarding auch innerhalb der Kreativwirtschaft einer Stadt ihr Potential. Skateboarder stellen im Zusammenhang der Kreativwirtschaft 73


von Städten jedoch eine Sonderform dar, da Skateboardfahrer nicht direkt als Künstler wahrgenommen werden und auch nicht durch die reine Praxis des Skateboardfahrens zu Künstlern werden. Nicht jeder der einen Pinsel halten kann, ist auch ein Künstler. Die Skateboardszene beherbergt jedoch viele die beides können, einen Pinsel führen und Skateboard fahren (MSM 2012 Nr.311: 74f.). Die Nutzung des künstlerischen Potentials im Skateboarding kann für eine Stadt im Rahmen der Stadtentwicklungspolitik von Nutzen sein, da Skateboarder in allen Räumen der Stadt Potential erkennen und dieses nutzen (Kapitel 3). Nach den Thesen von Richard Florida kann sich eine Stadt im nachindustriellen Zeitalter nur noch erfolgreich im Wettbewerb der Städte profilieren, wenn sie eine ausreichende Anzahl an Kreativen dauerhaft an sich binden kann (Schuster 2011: 214). Die daraus folgende Verstärkung von marktliberalen Strategien in der Stadtentwicklungspolitik führt nach Schuster zu einer Vernachlässigung des Ziels der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in der städtischen Entwicklung (ebd.). Der Schwerpunkt städtischer Aufwertungsmaßnahmen im Zusammenhang mit Kreativwirtschaft, findet nur in ausgewählten Quartieren statt und führt zur Vernachlässigung anderer Quartiere (Schuster 2011: 226). Die Verbesserung der Lebensbedingungen aller als erstes Ziel in der Stadtentwicklungspolitik, spielt nach Schuster kaum noch eine Rolle (Schuster 2011: 225). Die aufgeführten Beispiele in Kapitel 6, als auch die Beschreibung der am besten geeigneten Orte für Skateboarding in Kapitel 3 und 4 zeigen dabei, dass Skateboarding keine Grenzen im Stadtraum zieht und sowohl jene Stadträume nutzt, die hochstilisiert designt sind und eher von der wohlhabenderen Stadtbevölkerung genutzt werden, als auch jene Räume, die von der städtischen Gesellschaft vergessen oder vernachlässigt werden. Skateboarding erschließt auf diese Weise das kreative Potential der gesamten Stadt, potentiell für alle Stadtbewohner, die daran teilhaben wollen.

7.3 Skateboardvereine Den Versuch Skateboarding in Vereinen zu organisieren hat es seit Beginn des Skateboarding gegeben. Als zwei der ersten Vereine in Deutschland sind der in den siebziger Jahren gegründete Dachverband Deutscher Skateboarder (DDS), welcher sich jedoch nach wenigen Jahren wieder auflöste, als auch der bis heute aktive Deutsche Rollsport und Inline Verband (ehemals DRV) zu nennen (Website SkateDeluxe). Der Deutsche Rollsport und Inline Verband ist zwar offiziell der Dachverband für deutsche Skateboarder, jedoch innerhalb der Szene nicht anerkannt und dient lediglich als Legitimation für die offizielle deutsche Skateboardmeisterschaft COS Cup (MSM 2014 Nr.332: 46). Für den Großteil der Skateboardszene sind die traditionell aufgebauten Organisationsstrukturen der Vereine und die Ambition, Skateboarding in geordnete Bahnen zu lenken, inklusive feste Trainingszeiten und -abläufe sowie dem Schwerpunkt auf Wettbewerbe,

wenig attraktiv

(Kapitel 3.3). Dementsprechend erfolglos waren die frühen

Skateboardvereine in Deutschland. In den letzten zehn Jahren haben allerdings viele lokale und besonders aktive Skateboardszenen Vereine gegründet, die vielmehr den Charakter einer Interessensgemeinschaft besitzen, als den eines klassischen Sportvereins. Der Hamburger Skateboardverein sieht sich selbst „quasi [als][…] ein Betriebsrat der Skateboarder― (Website Skateboard e.V.), mit dem Ziel den Skateboardsport 74


durch die Beteiligung an Planungen von Skateflächen zu fördern und sich für das Skaten im öffentlichen Raum einzusetzen, indem sie mit Verantwortlichen sprechen um gemeinsam Lösungen zu erarbeiten (Website Skateboard e.V.). Auch die Funktion als Kommunikationsschnittstelle zwischen Presse, Politik und Planung zur lokalen Szene ist ein grundlegender Aspekt innerhalb der Vereine (Website Dom Skateboarding e.V.). Auf diese Weise hat die Planung und die Politik die Möglichkeit die vormals informell und schwierig zu fassende Gruppe der Skateboarder gezielt anzusprechen und auf die vorhandenen kreativen Potentiale und Ressourcen zuzugreifen. Welche Vorteile für die Zusammenarbeit mit den Städten daraus erwachsen, hat unter anderem das Beispiel des Dom Skateboarding e.V. als einer der ersten neu strukturierten Skateboardvereine in Deutschland belegt (Kapitel 6.2). Die durch die Vereine entstehende Bündelung von Expertenwissen, die Bündelung von lokalen Interessen und die Ressource der Arbeitskraft zur Umsetzung der Ideen, sowie die Möglichkeit der finanziellen Förderung sind die vier wichtigsten Bausteine im modernen Konzept der Skateboardvereine. „Im Verein kannst du Energien bündeln, eine größere Community schaffen und in verschiedenen Arbeitsgruppen Projekte zusammen umsetzen. Bessere Skateparks, Contests, DIY, Barbecues, whatever. Vereinte Kräfte halt.― (MSM 2014 Nr.332: 46). Die Organisation von Skateboardern innerhalb von Vereinen und der Zugehörigkeit zu einem Vereinsgelände oder Vereinsheim, wie im Beispiel des 2er Spots in Hannover (Kapitel 6.2), hat des Weiteren den Vorteil, auch soziale, pädagogische und künstlerische Arbeit integrieren zu können. Die Gründung eines Dachverbandes, der dieselben Zielsetzungen als Grundsatz hat, steht aktuell zur Diskussion (MSM 2014 Nr.332: 46). Erst die Gründung dieser in nahezu jeder größeren Stadt in Deutschland entstandenen modernen Skateboardvereine in Form von Interessengemeinschaften ermöglicht es, die Potentiale und Ressourcen von Skateboarding zu kanalisieren und für die Stadtplanung zugänglich zu machen.

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8. Handlungsempfehlungen für den Umgang mit Skateboarding in der Stadtplanung Auf der Grundlage der in den vorangegangenen Kapiteln erläuterten negativen Auswirkungen durch Skateboarding und der vorgestellten Potentiale im Skateboarding, werden Handlungsempfehlungen zum Umgang mit Skateboarding in der Stadtplanung formuliert. Ziel des Kapitels ist es, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie innerhalb von kosteneffizienten, räumlich integrierten skateboardbezogenen Planungen die negativen Auswirkungen die von Skateboarding ausgehen verringert oder gar vermieden werden können und wie die Potentiale im Skateboarding für Städte greifbar und dadurch nutzbar gemacht werden können. Die beiden ausschlaggebenden Argumente für neue Ansätze des Umgangs mit Skateboarding in der Stadtplanung ergeben sich aus der sozialen und ökonomischen Rolle von öffentlichen Räumen innerhalb einer Stadt sowie der Rolle von öffentlichen Räumen über die Grenzen der Stadt hinaus als wichtiger Standortfaktor im Wettbewerb der Städte. Skateboarding kann innerhalb der Planung von öffentlichen Räumen sein Potential ausspielen und wurde in der gesamtstädtischen Betrachtung bislang ausgeblendet. Der Kern der nachfolgend aufgeführten Handlungsempfehlungen liegt somit in der Transformation der skateboardbezogenen Stadtplanung von einer räumlich isolierten Skateparkplanung, hin zu einer räumlich integrierten, gesamtstädtischen Skatespotplanung. Die darüber hinaus vorhandenen Potentiale im Skateboarding im sozialen und pädagogischen Bereich für das skateboardfahrende Individuum, sind in den vorangegangenen Kapiteln aufgeführt und werden in den nachfolgend aufgeführten Handlungsempfehlungen nicht weiter erläutert. Ein Skateboard ist „kein belächeltes Kinderspielzeug mehr― (MSM 2014 Nr.332: 46) und Skateboarding ist zu einer weltweiten Bewegung herangewachsen, die über 40 Millionen aktive Skateboarder umfasst (Kapitel 3.3). Skateboarding ist ein nicht mehr wegzudenkender Teil der Jugendkultur und genießt wachsende Akzeptanz und ein stetig steigendes Interesse in der modernen Gesellschaft (Kapitel 3). In der Planung öffentlicher Räume findet Skateboarding trotzdem bislang wenig Anerkennung, sondern wird als unerwünschte Nutzung verfolgt und verdrängt (Kapitel 4). Skateboarding wurde in der Planung als störende Nutzung betrachtet und folglich nicht im öffentlichen Raum als planungsrelevant angesehen. Die folgenden Handlungsempfehlungen gehen von einer geänderten Sichtweise auf Skateboarding als bereichernde Nutzung aus, woraus sich eine neu gewachsene Relevanz für die Einbeziehung in die Planung öffentlicher Räume ergibt. Die Einordnung von skateboardbezogenen Planungen innerhalb der Spiel- und Freizeitplanung hat in der Vergangenheit oftmals zur Heranziehung von für Skateboarding ungeeigneten Planungsgrundsätzen und -abläufen geführt (Interview Naschold). Die generelle Einordnung von Skateboarding als KörperRaum-Spiel ist durch Peters in Kapitel 4.1 belegt. Die bei der Planung verwendeten Grundsätze zur Gestaltung von Spiel-, Sport- und Freizeitflächen, greifen jedoch im Fall Skateboarding nicht und führen 76


zu skateboardbezogenen Planungen von minderer Qualität und infolge dessen zur Vernachlässigung durch die geplanten Nutzer (Kapitel 3 und 4). Auch Klaus stellt fest, dass sich eine an Normen orientierte Definition von Sportstätten und –gelegenheiten, wie sie die traditionelle Sportentwicklungsplanung vornimmt, bei der realen Bedarfsbestimmung von Sport- und Bewegungsräumen in urbanen Gebieten als problematisch erweist und fordert eine integrative und interdisziplinäre Entwicklungsplanung (Klaus 2012: 139f.). Neben der Schaffung eines quantitativ und qualitativ ausreichenden Bestands wird zukünftig eine stärkere Vernetzung der einzelnen Stakeholder des Sports und Kooperation von Nutzern sowie eine stärkere Orientierung an temporär nutzbaren Räumen zur bedarfsorientierten Angebotsgestaltung nötig sein (Klaus 2012: 150). Die Qualifizierung öffentlicher Räume für und durch Sport bildet nach Klaus eine bedarfsorientierte Ergänzung und ist als eine funktionale Erweiterung des traditionellen Bewegungs- und Sportraumverständnisses, hin zu einem lebensweltlichen Bewegungs- und Sportraumverständnis aufzufassen (ebd.). Die in Kapitel 4.2 angeführte Umsetzung der Kooperation und Partizipation im Planungsprozess mit Experten aus der Skateboardszene hat bereits belegt, dass diese in der Planung von Skateparks zu einer deutlichen Verbesserung der Qualität und anschließenden hohen Akzeptanz durch Skateboarder führt. Die Integration von Skatespots in die Planung des öffentlichen Raumes, kann dabei durch bauliche und gestalterische Modifikation an bereits vorhandenen Spots, Erschließung neuer Spots mithilfe geringer baulicher Veränderungen, kostengünstigen Neubau von Spots im D.I.Y.-Stil, oder auch durch die Berücksichtigung von Skateboarding im Planungsprozess bei Neubauten anhand der Überprüfung von Skateboardexperten vor Baubeginn vorgenommen werden. Innerhalb der Skateboardszene werden bereits Ansätze der Integration von Spots im öffentlichen Raum mit ähnlicher Empfehlung diskutiert: „Die Städte sind jetzt gefordert, die Skater durch geschickte Bauweise, z.B. skatebare Kunstwerke, einzubinden und sie gleichzeitig an anderer Stelle fern zu halten, ohne sie in Skateparks abzuschieben― (MSM 2012 Nr.309: 44). Um eine solche Bauweise umsetzen zu können, müssen zunächst geeignete Orte und Räume identifiziert werden und hinsichtlich ihrer Ausstattung mithilfe des Merkmalskatalogs für Skateboardspots klassifiziert und einer oder mehreren Spotkategorien zugeordnet werden. Eine damit zusammenhängende Kartierung der Spots und Umsetzung der Partizipation und Kooperation, sowie die anschließende Ausarbeitung eines gesamtstädtischen Nutzungsplans, ist ausschließlich innerhalb eines strukturierten und durchschaubaren Planungskonzepts möglich. Als anerkanntes Planungsinstrument bietet sich hierzu die Übertragung des Instrumentes der Spielleitplanung auf Skateboarding an. Um die Vorteile von Expertenwissen auch über die Planung von Skateparks hinaus im öffentlichen Raum erschließen zu können und der Forderung von Klaus nach multifunktionalen Sport- und Bewegungsräumen im öffentlichen Raum nachzukommen, kann auf Grundlage der Erkenntnisse aus den vorangegangenen Kapiteln, aus der Spielleitung, die „Skateleitplanung― entwickelt werden. Ziel der Skateleitplanung ist die Steuerung von Skatespots im gesamten Stadtraum, welche sowohl räumlich als auch inhaltlich unterschiedliche Möglichkeiten des Skateboardens durch Berücksichtigung der Spotkategorien und des Merkmalskatalogs für Skateboardspots anbietet, um ein attraktives und vielfältiges Angebot zu kreieren. 77


Konzepte wie die Spielleitplanung, sind aus der Erkenntnis erwachsen, dass Kinder mehr benötigen, als ihnen zugewiesene Inseln im städtischen Nutzungsgefüge (Selle 2002: 66). Die Städte werden dahingehend untersucht, welche sonstigen Potentiale in Form von Streif- und Aktionsräumen für Kinder bestehen, wie sie aktivierbar sind und wie sie vernetzt werden können (ebd.). Skateboarder führen solche Untersuchungen täglich in ihren Boardstreifzügen innerhalb der Städte durch und vernetzen die identifizierten Spots in ihrer mentalen Landkarte miteinander (Kapitel.4.1). Die anschließende Aktivierung erfolgt entweder direkt, oder durch D.I.Y.-Modifizierung bzw. -Bau (Kapitel 3 und 4.3). Die Partizipation von Skateboardern im Planungsprozess mithilfe von Boardstreifzügen, bildet somit für das Konzept der Skateleitplanung einen grundlegenden Bestandteil. Als Anregung für die Entwicklung der Skateleitplanung dient die in den neunziger Jahren in RheinlandPfalz entwickelte Spielleitplanung, welche ein Instrument zur Erhaltung und Verbesserung des Lebensund Wohnumfeldes von Kindern und Jugendlichen darstellt und inzwischen bundesweit in mehreren Gemeinden und Kleinstädten angewandt wird (Website Spielleitplanung). „Die Spielleitplanung ist eine nachhaltige und umweltgerechte Entwicklungsplanung für Städte und Ortsgemeinden, die sich an den Bedürfnissen und Sichtweisen von Kindern und Jugendlichen orientiert. Sie ist ein Verfahren zur Erhaltung und Verbesserung des Lebens- und Wohnumfeldes von Kindern und Jugendlichen. Ein zentraler Bestandteil aller Planungs-, Entscheidungs- und Umsetzungsschritte ist die Beteiligung von Mädchen und Jungen. Aus der Verzahnung von räumlicher Planung und Beteiligung ergibt sich die besondere Qualität der Spielleitplanung― (MBFJ Rheinland-Pfalz 2004: 14). Maßgeblich für das Konzept der Spielleitplanung und damit auch für die Skateleitplanung sind folgende Aspekte (Website Spielleitplanung): Spielleitplanung

Skateleitplanung

- ganzheitliche Betrachtung der Stadt als bespielbaren Raum

- ganzheitliche Betrachtung der Stadt als skatebaren Raum

- differenzierte Beteiligung von Kindern und Jugendlichen

- differenzierte Beteiligung von Skateboardern jeglichen Alters

- vielfältige Vernetzung von Verwaltung, Politik und Bürgerschaft - Nachhaltigkeit im Sinne von verbindlicher, umsetzungsorientierter und dauerhafter Strategie

In Anlehnung an die Spielleitplanung zielt die Skateleitplanung auf eine skateboardgerechte und damit auch kind- und jugendgerechte Planung und Entwicklung des kommunalen Raumes unter direkter Beteiligung von Skateboardern ab (MBFJ Rheinland-Pfalz 2004: 15f.). Durch die Beteiligung von Skateboardern in allen Planungs- und Umsetzungsphasen werden sie in der Ausübung ihrer Rechte und auch Pflichten unterstützt und gestärkt (ebd.). Eine fachübergreifende Planung unter konsequenter Beteiligung von Skateboardern ermöglicht den Erhalt, die Sicherung und die Neuschaffung geeigneter Flächen und Räume für Skateboarding, also für Spiel, Erlebnis, Aufenthalt und Bewegung (ebd.). Die von dem Ministerium für Bildung, Frauen und Jugend, dem Ministerium für Umwelt und Forsten, dem Landesamt für Umweltschutz und Gewerbeaufsicht, der Planergemeinschaft ASS - Spielraumplanung, 78


Planen und Bauen für Kinder sowie dem Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz e.V. entwickelte Handlungsanleitung zur Spielleitplanung dient als Grundlage zur Entwicklung der Skateleitplanung. Sie wurde im Gemeinschaftsprojekt erstellt und zudem von einem Expertenbeirat begleitet und umfasst die folgenden Punkte:

Die

Empfehlungen für eine Organisationsstruktur

detaillierte Verfahrensschritte

Kommunikation und Kooperation unterschiedlicher Akteure

Empfehlungen zur Partizipation von Mädchen und Jungen

Empfehlungen, Hinweise für das planerische Vorgehen

Finanzierungsstrategien sich

daran

orientierende

Skateleitplanung

folgt

zu

großen

Teilen

der

vorgestellten

Handlungsanleitung. Die im Dokument aufgeführte Formulierung der Kinder- und Jugendlichen bzw. Mädchen und Jungen wird jedoch mit dem Begriff der Skateboarder und einer damit einhergehenden Unabhängigkeit vom Alter ausgetauscht und die Wahl der externen pädagogischen Fachkräfte und Experten muss ergänzt werden durch skateboardspezifische Fachkräfte und Experten. Besonderes Augenmerk bei der Übertragung der Spielleitplanung auf die Skateleitplanung muss zudem auf der baulichen Ausführung der einzelnen Skateelemente und deren Einbindung in das räumliche Umfeld liegen. Ebenso muss die Berücksichtigung und Einbeziehung des fluktuierenden und sich ständig wandelnden Spotnetzes vorgenommen werden. Die Bewertung der einzelnen Spots im Spotnetz und ihre hierarchische Stellung erfolgt dabei nicht wie beim Skateboarder auf Grundlage des Könnens und individueller Präferenzen, sondern nach planerischen Grundsätzen. Ziel ist die Schaffung von vielfältig nutzbaren und interpretierbaren Spots, mithilfe der Kategorisierung der Spots und der Hinzuziehung des Merkmalskataloges für Skatespots. Als Grundlage der Skateleitplanung wird eine fortlaufende Kartierung der Spots empfohlen, welche die Kategorisierung der Spots, als auch die Einordnung dieser in das Spotnetz beinhaltet. Dadurch wird gewährleistet, dass ein ausgewogenes Angebot an Spotkategorien vorhanden ist und neue Potentialflächen zeitnah für temporäre Nutzungen erschlossen werden können. Des Weiteren wird über die gesamtstädtische Kartierung eine Art skateboardbezogener Flächennutzungsplan erstellt, da einzelne Stadtteile beispielsweise mehr curbs anbieten als andere und sich darüber, ähnlich wie im Kölner Beispiel, Präferenzen oder Wünsche der lokalen Szene herausarbeiten lassen. Grundsätzlich ist bei der Erstellung der Bestandsaufnahme auf die Empfehlungen zur Kooperation und Partizipation der Handlungsanleitung der Spielleitplanung zu achten. Eine skateboardspezifische Bestandsaufnahme enthält folgende Inhalte:

79


mithilfe der Boardstreifzüge erstellte Bestandsaufnahme der momentan und potentiell genutzten und nutzbaren Spots o

Identifizierung der Konfliktpunkte  Identifizierung und Kennzeichnung der unhaltbaren Spots

Kategorisierung der Spots anhand der Spotkategorien

Auf die Erstellung der Bestandsaufnahme der vorhandenen und potentiellen Spots folgt die Erstellung eines Rahmenplans, welcher die identifizierten Konfliktpunkte an den Spots durch entsprechende Maßnahmen entweder mindert und den Spot wieder zugänglich macht, oder den Spot als nicht haltbar deklariert. Die Diversität der neu zu errichtenden als auch vorhandenen Spots muss anschließend überprüft werden. Im besten Fall sind bereits alle Spotkategorien innerhalb eines Stadtraumes vorhanden. Im schlechtesten Fall ist nur eine Spotkategorie vorhanden und muss durch die Errichtung neuer baulicher Elemente an vorhandenen und neuen Spots komplementiert werden. Eine Besonderheit stellt dabei die Spotkategorie der D.I.Y.-Fläche dar, da lediglich die Fläche zur Verfügung gestellt wird. D.I.Y.Spots befriedigen zum einen den Drang zur Auslebung eigener Spot-Ideen und bieten zum anderen durch Abriss und Neubau regelmäßig neue Spots. „ Für mich ist es wichtig, immer neue Spots zu suchen oder zu bauen. Denn nur so habe ich genügend Abwechslung, um meine Skateboardmotivation in die Tat umzusetzen. […] Nur an einem neuen Spot kann man seine volle Skatekreativität unbekümmert ausleben.― (MSM 2012 Nr.309: 44). Des Weiteren werden anhand der vorangegangenen Bestandsaufnahme Verbindungen zwischen einzelnen Spots sichtbar, die im Rahmenplan berücksichtigt werden. Das theoretische Konzept eines skateboardbezogenen Rahmenplans wird in Abbildung 10 dargestellt. Abbildung 10 zeigt die theoretische Verteilung der unterschiedlichen Spots über den Stadtraum mit der Zuordnung in Spotkategorien und der planerischen Hierarchisierung der Spots innerhalb des Spotnetzes in Anlehnung an Christallers Theorie der zentralen Orte (Kapitel 4.1). Der skateboardbezogene Rahmenplan beinhaltet somit: 

Einordnung der Spots in ein übergeordnetes Spotnetz mit Bewertung der Hierarchiestufe anhand von Experteneinschätzungen zum Schwierigkeitsgrad und der Anzahl durchschnittlicher Nutzer

Festlegung der vorhandenen und neuen konfliktarmen Spots im Stadtgebiet, die als offiziell erlaubte Spots gekennzeichnet und gepflegt werden. Durch Berücksichtigung des Spotnetzes ist die Entfernung zwischen den Spots nur jeweils so groß, dass sie mit dem Skateboard innerhalb eines festgelegten und zumutbaren Zeitfensters erreicht werden können

Kennzeichnung der Spots anhand der Spotkategorie zur besseren Übersicht und Darstellung der Diversität im Stadtgebiet, sowie eine Experteneinschätzung des Schwierigkeitsgrades

Kennzeichnung der besonders hoch frequentierten Spots auf zentralen öffentlichen Plätzen, also Spots die aufgrund ihrer Rangordnung in der Hierarchie des Spotnetzes aus Sicht der Planung besondere Bedeutung entwickeln. Diese intensiv genutzten Spots im zentralen Stadtgebiet üben auch für nicht-Skateboarder einen besonderen Reiz aus und sind in Abstimmung mit der 80


zuständigen Planungsbehörde und dem Stadtmarketing nutzergerecht zu gestalten und medial zu inszenieren, da sie für die Verbesserung der Aufenthaltsqualität als auch des Stadtimages von Bedeutung sind (Kapitel 5) Die Verortung der Spots im Stadtgebiet hat zunächst in der Einzelfallbetrachtung nach Berücksichtigung der negativen Auswirkungen von Skateboarding zu erfolgen, um beispielsweise Beschwerden von Anwohnern oder mögliche Gefahren für Skateboarder und Passanten ausschließen zu können. Nachfolgend werden Empfehlungen für die Minderung der in Kapitel 5.2 vorgestellten negativen Auswirkungen von Skateboarding vorgestellt. Abbildung 10: Theoretisches Konzept eines skateboardbezogenen Rahmenplans in Anlehnung an Christallers Konzept der zentralen Orte

Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Christaller

Empfehlungen zur Minderung von Lärm durch Skateboarding Bei

der

Errichtung

neuer

Skateboardanlagen

ist

grundsätzlich

auf

die

Einhaltung

der

Baunutzungsverordnung und die einzuhaltenden Lärmhöchstwerte für Sport- und Freizeitanlagen im Bundesimmissionsschutzgesetz zu achten. Das Bayerische Landesamt schlägt hierzu in seiner Untersuchung zu Geräuschen von Trendsportanlagen mit dem Schwerpunkt Skateanlagen, Anhaltspunkte 81


Tabelle 2: Anhaltspunkte für Abstände von Skateanlagen zu Wohnbebauung (WR = Reines Wohngebiet / WA = Allgemeines Wohngebiet / MI = Mischgebiet)

für Abstände von Skateanlagen zu Wohnbebauung

bei

temporär

erreichten Höchstwerten von 82 dB vor (Tabelle 2). Zu beachten ist, dass aufgrund der großen Variationsbreite von möglichen Skateanlagen, deren Bauart sowie der

Nutzung

eine

immissionsschutzrechtliche Verträglichkeit einer Anlage nur im Rahmen einer detaillierten Immissionsprognose oder durch Quelle: Bayrisches Landesamt für Umwelt (2005): Geräusche von Trendsportanlagen – Teil 1: Skateanlagen. Augsburg: Bayrisches Landesamt für Umwelt: 43

Messung geklärt werden kann (Bayrisches Landesamt 2005: 43f.). Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die aktuell bestehenden DIN-

Normen zur Lärmemission von Skateboardanlagen, nach Aussage von Ingo Naschold, zum Zeitpunkt der Erstellung der vorliegenden Arbeit bereits überarbeitet werden, da sie nicht mehr zeitgemäß sind (Interview Naschold). Die hier aufgeführten Werte können somit lediglich als Anhaltspunkt dienen und sind nicht als allgemeingültig zu betrachten. Als Lärmminderungsmaßnahmen schlägt das Bayrische Landesamt neben der Bauweise, der Auswahl des Materials sowie Möglichkeiten zur Abschirmung durch Schallschutzelemente, auch Nutzungs- und Betriebszeitenbeschränkungen vor (ebd.). Zu beachten ist dabei immer auch die soziale Komponente von Skateparks oder einzelnen skatebaren Elementen, welche durch zu intensive Abschottung das Gefühl der Verdrängung und Abschiebung erzeugen können und damit das soziale Potential von Skateboarding möglicherweise

eindämmen.

Im

Idealfall

ist

ein

ausgeglichener

Kompromiss

zwischen

Lärmminderungsmaßnahmen durch bauliche Gestaltung der Anlage sowie des Umfeldes, einer möglichen Betriebszeitenbeschränkung, als auch entsprechenden Abständen zu geräuschsensiblen Bebauungstypen anzustreben, ohne die Skateanlage dadurch unnötig aus dem urbanen Raum auszuschließen. Die Verortung einer Skateanlage wie im Beispiel des Kesselbrinkplatzes in Bielefeld, welche sich an einem ohnehin lärmproduzierenden Verkehrsknotenpunkt befindet, kann die negativen Auswirkungen des Skateboardlärms mindern, ohne dass lärmmindernde Maßnahmen umgesetzt werden, die einen negativen Einfluss auf die Einbindung der Skateboardanlage und damit auch ihrer Nutzer in das räumliche Umfeld ausüben. Besonders geeignet für die Verortung von D.I.Y.-Spots sind Transiträume, beispielsweise unter Brücken, oder auch Brachflächen in lärmunsensiblen Gebieten, wie Häfen oder Industriegebieten.

82


Empfehlungen zum Umgang mit Unruhestiftern Eine aktive und motivierte lokale Skateboardszene setzt sich für die Schaffung, den Ausbau und den Erhalt „ihrer― Skatespots ein (Kapitel 4.2). Die Empfehlung zur Eindämmung von Unruhestiftung durch Skateboarder ist daher eine enge Zusammenarbeit der Planung und Politik mit der lokalen Szene, um das Gefühl des Vertrauens und der Identifikation zu Spots aufzubauen. Der interne Zusammenhalt und die dadurch entstehende Selbstkontrolle innerhalb der Gruppe, führen zur Missbilligung aller Aktivitäten, die sich gegen das Erreichte wenden. Ähnliche Empfehlungen gegen Vandalismus durch Schaffung von Identifikationsgefühlen sind auch in der Handlungsanleitung der Spielleitplanung formuliert (Handlungsanleitung Spielleitplanung). Als konkrete Maßnahme ist die Vereinbarung von Nutzungszeiten zu empfehlen, welche sich bereits beispielsweise in Hamburg und Berlin erfolgreich bewährt haben (Kapitel 5). Empfehlungen zur Verringerung von Zerstörung sowie der Gefahr für Passanten durch Skateboarding Die kostengünstigsten und effektivsten Methoden zur Verringerung von Zerstörung durch Skateboarding liegen in der Gestaltung des Bodenbelages, als auch in der Auswahl der verbauten Materialien. Mithilfe der Gestaltung des Bodenbelages können beispielsweise, wie auf dem Kesselbrinkplatz in Bielefeld, bestimmte Bereiche durch Ausstattung mit nicht befahrbaren Belag von den Bereichen getrennt werden, die für Skateboarding zugänglich gemacht werden können. Die Aufenthaltsqualität steigt dadurch sowohl für Skateboarder als auch für Passanten, da zum einen durch klare räumliche Aufteilungen die Gefahr des Zusammenstoßes verringert wird und zum anderen durch die Ausstattung mit natürlichen Bodenbelägen wie Rasen oder Kies positive Wirkungen für das Wohlbefinden der Nutzer erreicht werden können (Jirku 2013: 223f.). Auch die nachträgliche Anbringung von Metallkanten an Sitzbänken und ähnlichem, stellt eine kostengünstige und effiziente Maßnahme zur Verringerung von Schäden durch Skateboarding im öffentlichen Raum dar. Von der Anbringung von Skatestoppern ist abzuraten, da diese für alle Nutzer negative Auswirkungen in Bezug auf die Nutzbarkeit der gestoppten Elemente mit sich bringen und die dafür aufgewendeten finanziellen Mittel effizienter für günstigere Alternativmaßnahmen eingesetzt werden können (Kapitel 6.1). Skateboarding wird trotz der vorgestellten Maßnahmen immer nur bis zu einem gewissen Grad steuerbar sein, da darüber hinaus Skateboarder immer auch Räume in Anspruch nehmen werden, die nicht gelenkt werden können oder sollen. Daher ergibt sich die Sinnhaftigkeit eines Steuerungsansatzes immer zunächst dort, wo die Nutzungskonflikte am größten sind, bzw. die Möglichkeiten zur Förderung von Skateboarding aufgrund der Gegebenheiten vor Ort sich am ehesten anbieten. Die vorhandenen Konfliktpunkte können dadurch entschärft und die Potentiale genutzt werden. Die bisherige skateboardbezogene Planung, welche sich ausschließlich auf räumlich begrenzte Skateparks im positiven und Skatestoppern im negativen beschränkt hat, gibt im Rahmen der Skateleitplanung fachliche Kompetenzen bei der Gestaltung und Ausführung von Spots an externe Experten ab. Der sich daraus 83


ergebende Vorteil liegt im effizienteren Mitteleinsatz, welcher es ermöglicht von der punktuellen skateboardbezogenen Planung zu einer gesamtstädtischen Steuerung überzugehen. Mithilfe der Skateleitplanung können die finanziellen Mittel durch Beteiligung von Sponsoren aus der SkateboardIndustrie oder durch Public-Private-Partnerships, trotz des gewachsenen Wirkungsbereiches (Abbildung 11) effizienter und vielfältiger eingesetzt werden. Eine erfolgreiche Steuerung gesellschaftlicher Entwicklungen kann nur noch im integralen Ansatz gelingen, der privates Verhalten und politisches Wollen miteinander verknüpft (Selle 2002: 67). Die Hauptaufgabe der Planung innerhalb der Skateleitplanung ist somit die Rolle als Mediator zwischen der Skateszene und der Politik, sowie der räumlichen, gesamtstädtischen Steuerung von Skatespots. Die Gestaltung und bauliche Ausführung der Spots wird an externe Experten abgegeben und verringert so die Gefahr der Fehlplanungen und Fehlinvestitionen. Das übergeordnete Ziel der Skateleitplanung ist eine lebenswerte Stadt für alle Bewohner, in der Skateboarding nicht weiter als Konfliktpunkt, sondern als Potential gesehen und genutzt wird. In der Folge daraus kann auch ein ökonomischer Nutzen erwachsen, wenn Skateboarding im Rahmen des Stadtmarketings als Standortvorteil, beispielsweise im Tourismus oder der Kreativwirtschaft, ausgespielt wird. Abbildung 11: Wirkungskreis der Raumplanung in der Skateleitplanung und bisherigen skateboardbezogenen Planung

Quelle: eigene Darstellung

84


9. Fazit Die zu Beginn der Arbeit gestellte Forschungsfrage, welche Potentiale für eine Stadt im Skateboarding liegen und wie diese mithilfe der Stadtplanung aktiviert werden können, wird durch die nachfolgende Zusammenfassung der Kapitel beantwortet. Zu Beginn der Arbeit wurde zunächst aufgezeigt, wie Skateboarding sich von einer Randerscheinung des Surfens zu einer eigenen etablierten Sportart entwickelt hat. Das für die Raumplanung relevante Streetskateboarding im öffentlichen Raum ist dabei durch die Erfindung des Ollies, durch die Weiterentwicklung des Materials und der architektonischen wie städtebaulichen Gestaltung der Städte im 21.Jahrhundert überhaupt erst möglich geworden. Streetskateboarding ist von der Sicht auf die Stadt als Spot geprägt und mit dem wachsenden Können eines Skateboarders, steigt der Bewegungs- und Erkundungsradius bei der Suche nach neuen Spots. Diese spezielle Sichtweise auf die Stadt, die durch den Blick der „Brille der Möglichkeiten― gekennzeichnet ist und den gesamten urbanen Raum als Möglichkeitsraum zur kreativen Umnutzung mit dem Skateboard wahrnimmt, öffnet das Bewusstsein für die Wahrnehmung weiterer Potentiale im öffentlichen Raum. Diese Sichtweise kann für die Stadtplanung genutzt werden, indem die Gestaltung multifunktionaler Räume umgesetzt wird, um sich dem Bewegungsverhalten der modernen Stadtbewohner anzupassen, welche die Stadt immer mehr als einen Ort der Bewegung nutzen. Die für Skateboarding

als

auch

weitere

Nutzer

geforderte

Entgrenzung

aus

der

traditionellen

Sportflächenplanung, wird anhand der Deutung von Skateparks als domestizierter Sportraum und NichtOrt und im Zusammenhang mit der Wahrnehmung des gesamten urbanen Raums als „natürliche Umwelt― von Skateboardern deutlich. Die aus Sicht der Planung als illegal zu bewertende D.I.Y.Bewegung im Skateboarding, führt eine solche Entgrenzung bereits durch und kann durch Förderung, Kooperation und Partizipation sowie der Legalisierung von Spots durch Planung und Politik eine kosteneffiziente Lösung mit einhergehender hoher baulicher Qualität und Akzeptanz seitens der Nutzer darstellen. Die große Bedeutung der Qualität von öffentlichen Räumen im Wettbewerb der Städte, deutet auf den Wert qualitativer Ideen und Konzepte für ihre Optimierung hin. Skateboarder stellen in der Rolle als Raumpioniere Vorreiter der neuen Öffentlichkeit und modernen Interpretation des öffentlichen Raumes als Sport- und Bewegungsraum dar, welche die Möglichkeitsräume in den Städten nutzen. Der daraus erwachsende soziale Nutzen, sowohl für die interne Betrachtung der Skateboardszene als fester Bestandteil der Jugendkultur, als auch für die Aufenthaltsqualität in öffentlichen Räumen, bildet eines der zentralen Argumente für die Integration und Steuerung von Skateboarding im öffentlichen Raum. Auch die aus der Nutzung von Skateboards hervorgehenden negativen Auswirkungen von Skateboarding im öffentlichen Raum, müssen dabei berücksichtigt und nach Möglichkeit anhand der vorgestellten 85


Handlungsempfehlungen gemindert werden. Deutlich ist dabei vor allem eine Ambivalenz zwischen öffentlicher Wahrnehmung, medialer Inszenierung und tatsächlicher Diskriminierung und Verdrängung von Skateboardern. Die vorgestellten Negativ-Beispiele vom Umgang der Städte mit Skateboarding, zeigen auf, dass vor allem skatestoppende Maßnahmen aufgrund der Verkennung der möglichen Potentiale in kostenintensiven baulichen Veränderungen münden, die Unverständnis seitens der Bürger und Unzufriedenheit seitens der Skateboarder hervorrufen. Als besonders fahrlässig sind skatestoppende Maßnahmen zu bewerten, wenn kein oder ein Alternativangebot von geringer Qualität umgesetzt wird, da dies oftmals zur Folge hat, dass die lokale Szene und damit ihr Potential geschwächt wird und die Skateboarder auf umliegende Städte ausweichen. Der damit einhergehende Verlust des Standortvorteils sowie des sozialen, pädagogischen und kreativen Potentials für die Stadt ist als negativ zu bewerten. Die vorgestellten Positiv-Beispiele zeigen auf, wie Skateboarding mithilfe partizipativer und kooperativer Planungsprozesse die zur Verfügung stehenden Ressourcen innerhalb der Skateboardszene aktivieren und durch weitere Einbeziehung von externen Sponsoren kosteneffizient umsetzen kann. Anhand der Untersuchung der im Hintergrund der Skateboardbewegung stattfindenden Prozesse der beruflichen Orientierung, die eng mit dem kreativ künstlerischen Ansatz im Skateboarding verbunden und innerhalb von modernen Vereinsstrukturen gebündelt sind, lassen sich weitere Potentiale erkennen. Eine Vielzahl der Skateboarder entscheidet sich im Zuge der Berufswahl für einen kreativen oder künstlerischen Beruf, wodurch sie als Culture-preneurs auch für die Kreativwirtschaft einer Stadt eine Rolle spielen. Für die Umsetzung eines integrierten gesamtstädtischen Steuerungsansatzes von Skateboarding bilden die Skateboardvereine den lange nicht vorhandenen und nötigen Ansprechpartner für die Stadtplanung, um die informell organisierten Strukturen greifbar und somit nutzbar machen zu können. Mittels der erlangten Erkenntnisse über die Aktivierung der Ressourcen im Skateboarding und der baulichen Umsetzung von Skateboardanlagen in Kooperation mit lokalen Vereinen und externen Experten, erscheint ein gesamtstädtischer Steuerungsansatz sinnvoll und längst überfällig. Mithilfe des Konzeptes der zentralen Orte, in Kombination mit dem Instrument der Spielleitplanung und durch Integration der von Skatern durchgeführten Boardstreifzügen, wurde das Instrument der Skateleitplanung entwickelt. Ziel der Skateleitplanung ist dabei die Nutzung des Potentials im Skateboarding für alle Bewohner der Stadt, indem in kleinteiligen Maßnahmen über dem gesamten Stadtraum die Spots im Spotnetz qualitativ und quantitativ aufgewertet werden. Die für die Stadtplanung entscheidenden Potentiale im Skateboarding liegen in der sozialen Dimension innerhalb von öffentlichen Räumen, in der Möglichkeit der Attraktivitätssteigerung des Stadtimages durch Kooperationen und Förderung der Kreativwirtschaft, sowie in der Möglichkeit durch intensive Kooperation und Partizipation von Experten, die Kosten für skateboardbezogene Planungen und den Bau von skatebaren Elementen, bei gleichzeitiger Qualitätssteigerung, zu verringern. Bei einer Aktivierung der benannten Potentiale mithilfe der 86


Skateleitplanung, werden vorhandene Konfliktpunkte entschärft, die Aufenthaltsqualität auf öffentlichen Plätzen erhöht, die Stadt durch soziale und pädagogische Förderung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen gestärkt und Möglichkeiten zur Ausspielung des Vorteils Standortfaktor mithilfe medialer Inszenierung und Förderung der Kreativwirtschaft geschaffen. Aktuelle Tendenzen innerhalb der Skateboardszene und der Raumplanung zeigen, dass die Bereitschaft aufeinander zuzugehen mit der zunehmend erfolgreichen Umsetzung von kooperativen Projekten steigt. Die häufig als Begründung herangezogenen Argumente des zu geringen städtischen Budgets und des nicht vorhandenen Ansprechpartners können bei einer aktiven lokalen Skateboardszene nicht mehr ausgespielt werden. Lediglich die auf Missverständnisse beruhende Fokussierung und Eingrenzung der Planung und Politik auf die Errichtung von Skateparks scheint die entscheidende Hürde für den Sprung zu einer gesamtstädtischen Planung darzustellen. Mithilfe der in der vorliegenden Abschlussarbeit vorgestellten Skateleitplanung wird jedoch auch für diese Hürde ein Instrument angeboten. Am Ende liegt es an der Motivation und der Bereitschaft der politischen Entscheidungsträger sich für die Bewohner ihrer Stadt einzusetzen und Skateboarding als festen Teil der Jugendkultur in ihre „natürliche Umwelt―, dem öffentlichen Raum, zu integrieren und dadurch die Potentiale im Skateboarding für die Stadt und ihre Entwicklung fruchtbar zu machen.

„Two hundred years of [… ]technology has unwittingly created a massive cement playground of unlimited potential. But it was the minds of 11 year olds that could see that potential― (Stecyk/Friedman 2000: 2).

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Zeitungen und Zeitschriften Kleinschmidt, Klaas (2005): Skatepark Sonderteil. Boardstein Skateboard Magazine Nr.35. Preetz: Frank Druck GmbH & Co. KG. Roth, Christian (2007): Das große Kino der kleinen Leute. In: The Mobernist Magazine Nr.6:. Giessen

(MSM) Monster Skateboard Magazine-Ausgaben: Autor unbekannt (2009): New York für Anfänger: Das Skatespot 101. In: Monster Skateboard Magazine Nr.278: 96-97 Autor unbekannt (2010): How to. …Spot Etiquette. In: Monster Skateboard Magazine Nr.289: 82 Autor unbekannt (2010): Word! Respekt zeigen. In: Monster Skateboard Magazine Nr.289: 9 Autor unbekannt (2011) Word. Keep Skateboarding ignorant. In: Monster Skateboard Magazine Nr.297: 9 Autor unbekannt (2011): How to. Fix your Spot. In: Monster Skateboard Magazine Nr.298: 100 Autor unbekannt (2011): Event. Die Eröffnung von Kölns Prestige-Plaza Kap686. In: Monster Skateboard Magazine Nr.302: 22 Autor unbekannt (2011): Momente. Titten. In: Monster Skateboard Magazine Nr.305: 22 Autor unbekannt (2012): Word. Verzieht euch hier, aber schnell, sonst hol ich die Polizei! In: Monster Skateboard Magazine Nr.311: 15 Autor unbekannt (2012): Ist das Kunst, oder kann das weg? Ein Gespräch mit Tait Colberg. In: Monster Skateboard Magazine Nr.311: 74 Autor unbekannt (2012): Momente auf vier Rollen – eine legendäre Gonz-Performance. In: Monster Skateboard Magazine Nr.316: 30-31 Autor unbekannt (2013): Weltenbummler. Facts und Figures für Skateboard-Touristen. In: Nr.321: 36-37 Autor unbekannt (2013): Editorial. Skateboarding ist was du draus machst! In: Monster Skateboard Magazine Nr.330: 15 Bauer, Carsten (2008): Momente. …am Carlsbad Gap. In: Monster Skateboard Magazine Nr.268: 24 Beckmann, Max (2012) In: Isenberg, Niklas: Inside Out. Max Beckmann und Daniel May über…. …den 2er e.V. und den Builder’s Jam. In: Monster Skateboard Magazine Nr.314: 24 Freudenberg, Gerhard (2007): Deutschland vs. Dänemark. Länderspiel. In: Monster Skateboard Magazine Nr.257: 64-66 vi


Isenberg, Niklas (2012): Sicht der Dinge. Park oder Straße. In: Monster Skateboard Magazine Nr.309: 44 Isenberg, Niklas (2013): Inside Out. Jan Kliewer über…. Indiens junge Skateszene und den nächsten DIY Spot. In: Monster Skateboard Magazine Nr.321: 26 Isenberg, Niklas (2013): Sicht der Dinge. DIY. Illegal vs. Legal. In: Monster Skateboard Magazine Nr.327: 48 Isenberg, Niklas; Knötzinger, Matthias (2014): Sicht der Dinge. Skateboarding und Sexismus. In: Monster Skateboard Magazine Nr.330: 46 Isenberg, Niklas; Knötzinger, Matthias (2014): Sicht der Dinge. Skateboarding, Quo Vadis? In: Monster Skateboard Magazine Nr.332: 46 May, Daniel (2012) In: Isenberg, Niklas: Inside Out. Max Beckmann und Daniel May über…. …den 2er e.V. und den Builder’s Jam. In: Monster Skateboard Magazine Nr.314: 24 Roth, Christian (2008): Cpt. Crackers Sprechstunde. Für Fachfragen der Skateboardkultur. Über Skateboarding im Bilde sein. In: Monster Skateboard Magazine Nr.268: 84-85 Roth, Christian (2012): Cpt. Crackers Sprechstunde. Für Fachfragen der Skateboardkultur. Was ihr betreibt ist Lustgewinn oder das hohe Lied der Spotprediger. In: Monster Skateboard Magazine Nr.314: 84-85 Schulte, Philipp (2011): Drei Dekaden Dom Skateboarding. Eine Retrospektive. In: Monster Skateboard Magazine Nr.302: 42-51 Schulte, Philipp (2013): Momente. A BCN Invasion. Barcelonas Aufstieg zum Skateparadies. In: Monster Skateboard Magazine Nr.321: 32 Schwinghammer, Stefan (2012): Momente. Steffi Wolter – Deutschlands First Lady. In: Monster Skateboard Magazine Nr.314: 30 Schwinghammer, Stefan (2012): Inside Out. Adam Sello über…. …Das Projekt Vogelfreiheit. In: Monster Skateboard Magazine Nr.316: 24 Schwinghammer, Stefan (2013): Von Nicht-Orten, DIY Spots & Skatescapes. In: Monster Skateboard Magazine Nr.319: 70-73 Schwinghammer, Stefan (2014): Skateboarding Utopia. Phil Evans über die Skateszene in Malmö. In: Monster Skateboard Magazine Nr.332: 54-59 Sello, Adam (2012) In: Schwinghammer, Stefan: Inside Out. Adam Sello über…. …Das Projekt Vogelfreiheit. In: Monster Skateboard Magazine Nr.316: 24 Tielsch, Oliver (2011): haroshi portfolio. Die Metalseele im Holzkörper. In: Monster Skateboard Magazine Nr.299: 73-75 Tielsch, Oliver (2014): Skateboard. Monster Skateboard Magazine Nr 334 vii


Zanger, Marc (2011): Vier Rollen für Karokh. Aufbauhilfe mit dem Skateboard in Afghanistan. In: Monster Skateboard Magazine Nr.299: 76-77 Zapasnik, Peter (2011) In: Isenberg, Niklas: Sicht der Dinge. Street league – Volltreffer oder Blutgrätsche? In: Monster Skateboard Magazine Nr.302: 40

Zeitungen im Internet und Internetmagazine Autor unbekannt (24.07.11): Große Sprünge am Südkai. In: Website Kölner Stadtanzeiger: http://www.ksta.de/koeln/skateboard-park-grosse-spruenge-am-suedkai,15187530,12038258.html Autor unbekannt (20.09.2012): Das Brett, das für Willow die Welt bedeutet. In: Kölner Stadt-Anzeiger: http://www.ksta.de/koeln/profi-skater-das-brett--das-fuer-willow-die-weltbedeutet,15187530,17503176.html Autor unbekannt (19.10.2013): Anlage neben dem Lentpark. Neuer Skatepark eingeweiht. In: Kölner Stadtanzeiger: http://www.ksta.de/koeln/anlage-neben-dem-lentpark-neuer-skateparkeingeweiht,15187530,24685712.html Autor unbekannt (21.10.2013): Auf 800 Quadratmetern. Neue Skateboard-Anlage im Lentpark. In: Website Stadt Köln: http://www.koeln.de/koeln/neue-skateboard-anlage-im-lentpark_771466.html Bauer, Carsten (07.10.2013): Gastbeitrag: Skateboarding: die Schule fürs Leben. In: Website Daddylicious: http://www.daddylicious.de/gastbeitrag-skateboarding-rollbrett-als-schule-fuers-leben-2/ Bini, Michael (10.08.2010): Von illegaler Brachfläche zum eigenen Skatepark. In: Hannoversche Allgemeine: http://www.haz.de/Nachrichten/ZiSH/Uebersicht/Von-illegaler-Brachflaeche-zum-eigenen-Skatepark Chirvi, Christian (04.12.2012): Skater: „Wir fahren lieber nach Duisburg oder Köln―. In: Westdeutsche Zeitung: http://www.wz-newsline.de/lokales/duesseldorf/skater-wir-fahren-lieber-nach-duisburg-oder-koeln1.1172267 Fricke, Heinz (05.11.2012): Umzug Skateplaza ins Postamt. Bremens Skaterszene ist groß. In: Citytalk, Website Stadt Bremen: http://bremen4u.weser-kurier.de/Citytalk/Deine-Stadt/Bremen-News/Bremens-Skaterszene-ist-gross,29358 Helten, Christian (04.08.2008): Lärm wie eine kleine Baustelle. In: Jetzt.de Süddeutsche Zeitung: http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/442612/Laerm-wie-eine-kleine-Baustelle Herrmann, Fabian (22.04.2011): Westend: Zweite Chance für Skater. In: Merkur-Online viii


http://www.merkur-online.de/lokales/muenchen/stadt-muenchen/westend-zweite-chance-skater1215752.html Röttele, Stefan (16.12.12): „Die Curbs sind zu niedrig, die Rails zu steil―. In: Die Welt: http://www.welt.de/regionales/frankfurt/article112057036/Die-Curbs-sind-zu-niedrig-die-Rails-zusteil.html Soldt, Rüdiger (16.08.2010): Protest gegen Projekt „Stuttgart 21―. Vox populi gegen „die da oben―. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung: http://www.faz.net/aktuell/politik/protest-gegen-projekt-stuttgart-21-vox-populi-gegen-die-da-oben11025105.html Quirk, Vanessa (21.06.2012): Why Skateboarding matters to architecture. In: Arch Daily: http://www.archdaily.com/246526/why-skateboarding-matters-to-architecture/

Internetquellen: Alle Internetquellen zuletzt aktualisiert und zugegriffen am: 27.07.2014 Website 2er Skateboarding e.V.: http://2erskate.de/ Website artnet: http://www.artnet.de/k%C3%BCnstler/ed-templeton/ Website Barcelonaskatespots: http://barcelonaskatespots.wordpress.com/page/2/ Website Bielefeld Kesselbrinkplatz: http://www.bielefeld.de/de/pbw/mup/mske/ Website Boardmag: http://www.boardmag.com/mag/skateboard/spot-checks?page=2 Website boardstation 1: http://www.boardstation.de/newsshow,Aktuelles_zu_den_Gesetzen_im_Skateboardmekka_No1__Barcelona,1938,1,2,.html Website boardstation 2: http://www.boardstation.de/newsshow,Skatepark_im_Osthafen_von_Frankfurt__Stellungnahme_von_Concrete_SK8_mit_einer_Entwarn ung_und_Kritik,7166,1,2,.html Website boardstation 3: http://www.boardstation.de/newsshow,Koeln_Dom_Skateboarding_eV__Kap_686__Stellungnahme_zum_Thema_BMX,8390,1,2,.html ix


Website boardstation 4: http://www.boardstation.de/newsshow,Gallery__Ghetto_Spot_Frankfurt_wird_abgerissen,5865,1,2,.html Website Haroschi: http://haroshi.com/artworks/ Website Huckmagazine: http://www.huckmagazine.com/perspectives/reportage-2/gay-skaters/ Website Jenkem: http://www.jenkemmag.com/home/2012/09/04/skateboarding-vs-the-olympics-a-brief-history/ Website KarrierefĂźhrer: http://www.karrierefuehrer.de/prominente/interview-titus-dittmann.html Website Langbrettmagazin: http://lbmagaz.in/artikel/magazin/artikel-ansicht/items/skateboarder-oder-longboarder.html Website MSM 1: http://www.skateboard.de/forum/allgemein/placeschwul-lesen Website MSM 2: http://skateboardmsm.mpora.de/news/bilder-vom-fertigen-lentpark-in-koeln.html Website Parkour-Germany: http://www.parkour-germany.de/hintergrund-pk/ Website PlanetWissen: http://www.planet-wissen.de/sport_freizeit/lifestyle/skaten/ Website Populaer Handcrafted Skateparks: http://www.populaer.com/skatepark-design Website Skateboard e.V.: https://www.facebook.com/photo.php?v=4589569942120&set=vb.160245684662&type=3&theater Website Skateboard-Initiative-Dortmund: http://www.skateboard-initiative-dortmund.de/ Website SkateDeluxe: http://www.skatedeluxe.de/blog/alles-uber-boards/skateboarding/geschichte-des-skateboarding/ Website Skatepark Giessen: http://www.landesgartenschaugiessen.de/kids-teens/skate-workshop.html Website Skatepark Hemer: http://www.hemer.de/sauerlandpark.alt/attraktionen/Skatepark/117190100000022365.php

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Website Spielleitplanung: http://www.spielleitplanung.de/

Website Stadt Bremen: http://www.bremen.de/sportgarten-ev-338036 Website Suckmytrucks: http://suckmytrucks.de/WomenAndTheSkateboardBusiness/ Website Urbalize: http://urbalize.com/2013/07/02/how-strom-water-managment-can-turn-into-a-skatepark/ Website Warsteiner: http://warsteiner.de/machdaseinzigwahre Website Yamato Living Ramps: http://www.yamatoramps.de/yamato.html Website ZeitOnline: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2014-04/graffiti-sprayer-kunst-vandalismus-jenareportage

Videos im Internet: NDR- Beitrag (2010): „Wem gehört die Hafen-City?―. In: Website Skateboard e.V.: https://www.facebook.com/photo.php?v=4589569942120&set=vb.160245684662&type=3&theater Website You Tube: Günter Schied - SkatePlaza Eröffnung – Saalfelden: http://www.youtube.com/watch?v=4iX3bCdT_n8 Website You Tube: Rheinpark Duisburg: http://www.youtube.com/watch?v=_d7k0Wm088Y Website You Tube: Skating the City: http://www.youtube.com/watch?v=dyIKX0KkMp8 Website You Tube: Sporthockern: http://youtu.be/mePfl77fnxo

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Anhang Glossar………………………………………………………………………………………………………………………………………...xiii Tabelle A………………………………………………………………………………………………………………………………….…..xv Interviews………………………………………………………………………………………………………………………………….…xvi Interview Ingo Naschold…………………………………………………………………………………………………..xvi Interview Uta Jülich………………………………………………………………………………………………………….xxxvi Interview Christian Peters…………………………………………………………………………………………………xli E-Mail Kontakt Christopher Graham……………………………………………………………………………………………..liv Email vom 29.05.2014……………………………………………………………………………………………………….liv Email vom 22.06.2014……………………………………………………………………………………………………….lv Email vom 02.06.2014……………………………………………………………………………………………………….lvii Email vom 30.05.2014……………………………………………………………………………………………………….lviii Selbstständigkeitserklärung………………………………………………………………………………………………………..…lix

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Glossar (in Anlehnung an: Kleinschmidt 2005: 5) Air(s): Trickgruppe, bei der man kurz eine Rampe verlässt, in der Luft fliegt und dabei auf verschiedene Weise das Board festhält… Bail: Kontrollierter Sturz oder Fehlversuch, kann trotzdem schmerzlich sein Bank: Jegliche Art von Schräge in allen erdenklichen Formen. Nicht zu verwechseln mit der Sitzbank Bank to Curb: Eine Bank mit einem Curb auf der Plattform Bench: Engl. Für Sitzbank. Je nach Beschaffenheit gut geeignet für Tricks Biker-Box / -Jump: Eine große Jumpramp mit einer Bank als Landeplattform dahinter und einem Table dazwischen. Spezielle Rampe für BMXer BMXer/Biker: Oft bei Skatern verhasst, weil sie mit ihren Fahhrädern Rampen noch schneller kaputt machen. Letztendlich aber Brüder im Geiste Board: Kurzform für Skateboard, kann das komplette meinen oder nur das eigentliche Holzbrett Box: Kurzbeschreibung für Funbox oder Biker-Box oder ein einfacher Kasten, der sich zum skaten eignet Bumerang: s. Elbow. Eine größere Rampe mit einem Knick, der auf der einen Seite eine Corner und gegenüber eine Hip ergibt Bump: Eine oft blasenartige Erhöhung des Fahrbelages im Flat, im Idealfall ähnlich einem Kicker Channel: Eine Rampe, bei der ein Stück Coping fehlt, häufig in Kombination mit einem Roll-in. Oder zwei Rampen die soweit auseinander stehen, dass man rüberspringen kann Chillen / Chill-Out: Das Abhängen und ausruhen während und nach einer Session Coping: Metallrohr am oberen Ende einer Rampe, der Lip, unabdingbar zum Tricks machen. Copings gibt es auch an Curbs oder Ledges Corner(ramp): Abgerundete Ecke zum Durchfahren, zu finden vornehmlich in Bowls und Pools Contest: Engl. für Wettbewerb. Aus Skateboarding nicht wegzudenken, aber mehr eine Session mit Runs und Ergebnislisten als ein wirklicher Wettkampf Cradle: Senkrechte Halbkugel in Pools und Bowls Cruisen: Entspanntes Fahren und Rollen ohne großartige Tricks und Anstrengung Curb: Bordsteinkante oder jegliche Kante oder Mauer bis etwa Oberschenkelhöhe Curbcut: Der Bordsteinkante nachempfunden, zwei Banks oder Kicker zum Rüberspringen mit einem Table dazwischen, häufig in Verbindung mit Rails und Ledges Deathbox: Loch oder Spalte unter dem Coping, häufig bei Pools oder Bowls Deep End: Tiefer Teil eines Pools oder Bowls Ditch: Abwasser, Be- oder Entwässerungsgraben, wenn trocken, dann häufig perfekt zum Skaten Downhill: Alles was bergab geht, der einfachste und ultimativste Kick beim Skaten Drop-in: Das Hereinfahren in eine Rampe, oft auch „Hereinfallen― durch Stand des Boards mit dem Kicktail auf der Coping Elbow: s. Bumerang. Mögliche Form bei Rampen, Pools oder Bowls Elevator: Schräge Verbindung des Copings einer Rampe mit dem einer Extension, sehr selten, in Bowls häufiger anzutreffen als Ausgleich von Höhenunterschieden Escalator: Alter Begriff für Elevator Extension: Zusaätzlich Erhöhung einer Rampe, fest eingebaut oder durch einen Curb, Wallride oder jegliche Improvisation

Flat / Flatland: Ebener Teil in der Mitte einer Rampe oder eines Bowls. Außerdem die Ebene Fläche generell Flatrail: Gerades horizontales Rail Flip(-tricks): Tricks, bei denen sich das Board auf irgendeine Weise unter den Füßen dreht Fullpipe: Engl. für ganze Röhre. Sehr selten, weil eine gewisse Größe zum Skaten Voraussetzung ist Fun: Das worum es beim Skaten geht: Spaß Funbox: Überbegriff für jegliche Rampenkombination, die in der Mitte von Skateparks stehen, mehrere Elemente vorweisen und von möglichst allen Seiten befahrbar und nutzbar sind Funramp/-pipe: Selten angewandter Begriff für Miniramp Gap: Engl. für Lücke. Beim Skaten Bezeichnung für jegliche Höhenunterschiede oder Unterbrechungen des Fahrbelages Grind(en): Tricks, die auf beiden oder einer Achse des Boards gemacht werden, bspw. durch „rutschen― über die Kante eines Curbs Halfpipe: Engl. für halbe Röhre. Zwei vertikale Quarterpipes mit einem Flat verbunden. Gibt es auch in Variationen (zum Beispiel Bumerang), Vorraussetzung ist Vert und eine gewisse Höhe und Größe Handrail: Engl. für Treppengeländer. Beliebtes Obstacle in Skateparks und auf der Straße Hip: Zwei Rampen in einem mehr oder weniger spitzen Winkel nebeneinander bilden eine Hip Jam(-session): Format für Contests, bei dem mehrere Skater gleichzeitig fahren Jersey Barrier: Ursprünglich typische Straßenabsperrung aus Beton, wird heute gerne in Skateparks integriert oder aus Holz nachgebaut Jumpramp: Kleine relativ handliche, gebogene Rampe, mehr oder weniger Sprungschanze Kicker: Kurze Bank bzw. gerade Jumpramp, oder einfach nur ein schräg gelegtes Brett als Absprungschanze Kicktail: Hinteres, gebogenes Ende des Boards. Unabdingbar zur Durchführung von Ollies und Flip-Tricks Kickturn: Grundlegender Trick in einem Skatepark: Das Rauffahren einer Rampe und am obersten Punkt auf der Hinterachse umdrehen und wieder runterfahren Kidney: Eine Form bei Pools oder Bowls, die an eine KidenyBohne erinnert Kids: Hauptsächlich die Skater, die wesentlich jünger sind als man selbst und vor allem spielende Kinder und rumhängende Jugendliche, die es in nahezu jedem Skatepark gibt Kink: Ein Knick oder mehrere hintereinander in einem Rail oder einer Ledge (Bsp.: Kinkrail) Kombos: Kurzbegriff für das Kombinieren von Tricks oder Lines Ledge: Eigentlich alle Curbs, die mindestens hüfthoch sind, aber vor allem schmale schräge Mauern neben Treppen u.ä. Line(s): Eine gewisse Strecke zurücklegen über mehrere Elemente nacheinander, entweder zum Cruisen, aber meistens mit Aneinanderreihung von Tricks, wobei das eine das andere nicht ausschließt Lip: Obere Kante einer Rampe, der Bereich unter dem Coping bis zum Anfang der Plattform Liptrick: Tricks am Coping Local(s): Ortsansässige Skater oder Menschen, mit denen man vor Ort konfrontiert wird London-Gap: Zum Beispiel bei einem größeren Curbcut oder einer Funbox. Bei einer Auffahrt aufs Table fehlt das obere Stück, als hätte man es rausgeschnitten, so dass man Tricks rauf-, und runtermachen kann

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Glossar (in Anlehnung an: Kleinschmidt 2005: 5) Longboard: Langes und breiteres Skateboard mit weichen und großen Rollen, hauptsächlich zum Cruisen und für moderne Tricks eher ungeeignet Low to High: Z.B. zwei Ledges oder Curbs in verschiedenen Höhen hinter- oder nebeneinander Manual Pad: s. Wheelie Table Miniramp / Minipipe:Kleine Form der Halfpipe und ohne Vert. Gibt es in unbegrenzt vielen verschiedenen Versionen, welche als ganze MinirampLandschaft kombinierbar sind Newschool: Tricks die zum Großteil ohne zu Hilfenahme der Hände durchgeführt werden, bzw. modernes Streetskating Nose: Vorderes gebogenes Ende des Boards Obstacle: Engl. für Hindernis. Bezeichnung für jegliche Form und Art von Streetrampen Oldschool: Die Vergangenheit ausleben z.B. in Form von Tricks, Kleidung etc.. Auch synonym als Gegenbegriff für Newschool –Skateboarding Ollie: Das Abheben mit dem Board ohne die Zuhilfenahme der Arme. Wichtigster Trick überhaupt und Grundvoraussetzung für fast alles was mit Streetskating zu tun hat Oververt: Nicht mehr nur senkrecht, sondern übervertikal (alles von 9:00 bis 3:00 Uhr) Pads: Engl. für Schoner. Im Skateboarding eher selten gesehen, höchstens in übergroßen Rampen wie zum Beispiel Halfpipes. Beinhaltet vor allem Knie- und Ellbogenschoner, eventuell Handgelenkschoner und gegebenenfalls einen Helm Plattform: Wichtige Standfläche hinter einer Rampe, kann auch für Tricks genutzt werden Picnictable / Picknicktisch: Zwei Sitzbänke ohne Lehne mit Tisch in der Mitte fest miteinander verbunden, im richtigen Material perfekt zum Grinden und Sliden und beliebt weil vielseitig einsetzbar Pocket: Halbkreisförmige meist enge Einbuchtung in Pools oder Bowls Pool / Poolcoping: Ursprünglich leere Swimmingpools mit abgerundeten Kanten nach unten. Meist sehr steile Transitions und enge Corners und mit obligatorischen Coping aus Zement oder Stein. Unterschied zum Bowl: verläuft schwimmend, Pools haben in der Regel kein Flat Pushen: Schwungholen, sei es durch koordinierte Körperbewegung in Rampen oder mit einem Bein auf der Straße Pyramide: Funbox mit vier gleich steilen Seiten aus Banks und einem Table. Wird auch gerne halbiert und/oder mit Rails und Ledges kombiniert Quarterpipe / Quarterramp: Viertel einer Fullpipe mit Coping oben drauf, kann auch niedriger sein. Absolute Standardrampe zum Schwungholen und für viele Tricks, es kommt dabei auf einen guten Radius an Radius: Maß der Transition, großer Radius = flache Rampe, kleiner Radius = steile Rampe Rail: Jegliche Form von Geländer, fast ausschließlich aus Metall Rainbowrail: Nach oben durchgebogenes Rail Ramp(e): Jegliche Art von Konstruktion, die zum Skaten gebaut wurde und befahrbar ist Roll-In: Oben und unten abgerundete steile Bank zum Reinrollen für optimalen Schwung. Gibt es auch in Halfpipes, Pools und Bowls als Channel oder Extension Rooftop: Engl. für Hausdach. Zwei gleichhohe Banks mit dem Rücken aneinander wie ein Curbcut, allerdings ohne Table. Die Form gibt es auch als Rail Run: Bezeichnung für den bewerteten Lauf eines Fahrers auf einem Contest. Im Idealfall eine Line ohne Unterbrechung in Form von Bails oder Slams Scooter: Moderne Roller, fast ausschließlich von Kids benutzt Session: Jegliche noch so kurze mehr oder weniger intensive Beschäftigung mit dem Skateboard, ob alleine oder mit mehreren.

(Board)Set-Up: spezifische und individuelle Zusammenstellung der einzelnen Bestandteile des Skateboards Shallow End: Flacher Teil eines Pools oder Bowls Slam: Zumeist mit Schmerzen verbundener Sturz oder Fehlversuch Slide(en): Tricks bei denen man auf irgendeinem Teil der Unterseite des Boards rutscht Skateboard: Konkaves Brett (meist aus sieben einzelnen Holzschichten gepresst) mit zwei Achsen, vier Rollen mit Kugellagern drinnen, acht Schrauben und Griptape (selbstklebendes Sandpapier) Skaten: Mit dem Skateboard fahren und eventuell Tricks machen Skateboarding: Beinhaltet die gesamte Kultur und den Lifestyle der Skater Skater / Skateboarder: Menschen, die ein Skateboard besitzen, es zu nutzen wissen und dies regelmäßig tun Smooth: Engl. für glatt Snaken: Eine Art Vordrängeln zum Beispiel beim Warten auf den Drop-In auf einer Plattform oder das Weg abschneiden von anderen bei der Fahrt durch einen Skatepark Snakerun: Langgezogenes schlangenähnliches Bauwerk mit (Steil-) Kurven, fast ausschließlich aus Beton, oft leicht Downhill Speed: Engl. für Geschwindigkeit. Skateparks müssen so angelegt sein, dass man genug Speed für die einzelnen Rampen bekommt Spine: Zwei mit dem Rücken aneinander gestellte und verbundene Quarterpipes mit einem doppelten Coping Spot: Alles was sich irgendwie skaten lässt, von der Bordsteinkante bis zum Skatepark Square: Engl. für quadratisch. Kommt nur bei Pools und Bowls in Frage Stairs: Engl. für Stufen. Wird sowohl im Streetskating auf der Straße als Gap gefahren, als auch als Obstacle in Skateparks verbaut Street-fläche: Engl. für Straßenfläche. Eine meist ebene Fläche, mit verschiedenen Rampen jeglicher Art, mehr oder weniger miteinander verbunden und im Idealfall der Stadtarchitektur nachempfunden Streetgap: Eine Lücke im ebenen Fahrbeag, kann auch eine mit Bordsteinkanten eingelassene kleine Straße sein Streetskating: Entweder das Skaten auf der Architektur der echten Straße oder den nachempfundenen Streetflächen in Skateparks Table: Gerades oberes Zwischenstück bei Funboxen oder Curbcuts. Vergleichbar mit Plattform Table-Top: s. Curb-Cut Transfer: Trick, bei dem man von einer Rampe in eine andere fliegt, sehr variationsreich und vielfältig einsetzbar Transition: Gebogene Fahrfläche einer Rampe, wobei der Radius maßgeblich für die Fahrtauglichkeit ist Trick: Alles, was man mit einem Skateboard machen kann, außer rollen und Kurven fahren Up-Rail: Schräges Flatrail Vert: Kurzform für Vertikale. Senkrechter Teil der Fahrfläche einer Rampe oder eines Wallrides Vertramp: s. Halfpipe Visor: Muschelartige Extension in Pools und Bowls Wachs(en): Häufig benutzt, um Kanten und Copings jeglicher Art und deren unmittelbare Umgebung für Grinds und Slides rutschiger zu machen Wallride: Sehr steile Bank, die in Vert übergehen kann. Gibt es auch mit Transition Wheelie Table: Längere Erhebung des Flats, dem Bordstein oder Verkehrsinseln nachempfunden Wobbel: Ähnlich wie Bump, aber eher größer und quasi wie eine runde Bank

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Tabelle A: Entwicklung des Skateboardsports mit raumplanerischem Bezug (In Anlehnung an: Krosigk 2006: 34f.)

Jahrzehnt 1950

1960

1970

1980

1990

2000

2010

entscheidende Entwicklungen im Skateboarding Der erste weltweite Surfboom nimmt seinen Anfang in Kalifornien. In ihrer Freizeit experimentieren Surfer mit Skateboards Mitte der 1950’er vereinfachen „clay wheels“ aus Kunststoff und manövrierfähige Achsen den Sport 1959: erstes industriell gefertigtes Skateboard erhältlich 1963: erster Skateboardcontest findet in Hermosa, Kalifornien statt 1965: die amerikanische Gesundheitsbehörde stuft Skateboarding als gefährlich ein und unterbindet den Verkauf von Material 1970: Larry Stevenson erfindet das Kicktail. Skateboards werden dadurch manövrierfähiger 1973: Frank Nasworthy bringt mit Cadillac Wheels die Urethanrolle für Skateboards auf den Markt und verhilft damit dem Sport zum Comeback 1975: erster Outdoor-Skatepark wird in Florida gebaut. Die Z-Boys erscheinen zum ersten Mal auf einem Contest 1977: Alan „Ollie“ Gelfand erfindet den Air ohne Grab: den Ollie. Er ist die Vorraussetzung für das moderne Streetskating. Skateboarding findet die ersten Verknüpfungspunkte mit der Punk- und New Wave-Musikszene 1978: erster Skatepark in Deutschland, München 1980: Pools werden immer populärer zum skaten 1981: Rodney Mullen erfindet den Kickflip. Das Thrasher Magazine wird ins Leben gerufen 1982: Das Monster Skateboard Magazine wird gegründet. Das erste Mastership findet als Parkplatzveranstaltung statt 1983: erster Streetskateboard-Contest findet statt. Das Transworld Magazine kommt an die Kioske 1984: Titus gründet die T.D.G. Distribution. Boards bekommen einen „Noselift“ 1985: Powell bringt mit der „Bones Brigade Video Show“ das erste Skateboardvideo auf den Markt. Mike McGill erfindet den McTwist, einen 540° Air. „Zurück in die Zukunft“ kommt mit vielen Skateboardsequenzen in die Kinos 1986: Mark Gonzales und Natas Kaupas sliden das erste Handrail 1987: Tony Hawk macht den ersten 720° 1991: Rodney Mullen tauscht sein Freestyleboard gegen ein Skateboard. Eine weltweite Rezession macht auch vor Skateboarding nicht halt 1992: Big Brother Magazine kommt auf den Markt 1995: ESPN 2 überträgt in Amerika die X-Games. Skateboarding erreicht damit den Mainstream 1997: Skateboarding ist laut einer Studie des US-Händlerverbandes NSGA mit +35% der Wachstumssport Nr.1 in den USA. Danny Way springt von einem Helikopter in eine Halfpipe. Das Mastership hat offiziell den Titel „Skateboard-Weltmeisterschaft“ 1999: Tony Hawk schafft den ersten 900°. „Tony Hawk’s Pro Skater“ kommt auf den Markt und wird zu einem der erfolgreichsten Videospiele aller Zeiten. Das Mastership wird in die Dortmunder Westfalenhalle verlegt 2000: „Cliché“ veröffentlicht erstes Skateboardvideo einer rein europäischen Skateboardfirma mit ausschließlich europäischen Fahrern 2002: Danny Way macht den längsten (22,8m) und den höchsten (7,1m) Air 2003: Die ersten Woodshops für Skateboardherstellung werden in China eröffnet. Das USA-Monopol ist damit gebrochen – ein Skandal 2005: Das Mastership kehrt wieder zurück nach Münster. Danny Way springt mit dem Skateboard über die Chinesische Mauer Mitte bis Ende 2000: Pro-Skater gründen ihre eigene Firmen zur Planung von Skateparks

2011f.: Skateboarding ist vielfältiger und breiter als jemals zuvor. Das Longboard und der Cruiser erleben ihre Renaissance. Skateboarding ist endgültig im Mainstream angekommen. Große Firmen, die sonst nichts mit Skateboarding zu tun haben, steigen in die Skateboarindustrie ein um Profite zu erwirtschaften 2016: Das Olympische Comitee versucht Skateboarding bis zur Olympiade 2016 in Rio de Janeiro als olympische Disziplin aufzunehmen

xv 2020

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Bezug zur Raumplanung und Architektur - Skateboarding ist noch zu unbekannt um planungsrelevant zu sein

- Verfolgung und Verdrängung von Skateboardern durch Verbote und Verweise in den USA - Beginn des Skateparkbaubooms in den USA. Vor allem Betonparks schießen wie Pilze aus dem Boden und sind oftmals der Form von Wellen nachempfunden

- Skateboarding beginnt auch in Deutschland immer größer zu werden und spielt erstmals für die Planung durch den Bau von Skateparks eine Rolle - Vertskating dominiert das Jahrzehnt, wodurch vorwiegend Halfpipes gebaut werden. - Erste Streetskater im deutschen Straßenbild.

- Mit dem Aufkommen des Streetskatens folgt bald die Erfindung der Skatestopper. Planer verhindern Streeskateboarding als ungewollte Nutzung im urbanen Raum.

- Skateboarding ist inzwischen so groß und bekannt, dass viele Kommunen beginnen Skateparks zu bauen, um die Streetskater aus den Zentren zu verdrängen. Aufgrund der geringen Partizipation und des mangelnden Know-Hows entstehen überall in Deutschland die qualitativ minderwertigen „Katalog-Skateparks“ - Mitte bis Ende der 2000er werden in Deutschland die ersten Skateboardvereine als Interessensgemeinschaften gegründet und bilden so die Grundlage für neue partizipative Kooperationsprozesse mit der Planung - Skateplazas und integrierte, qualitativ anspruchsvolle Skateparks werden von Planern mit skatetechnischem Hintergrundwissen und in Kooperation mit den Locals, Vereinen und Kommunen errichtet - D.I.Y.-Skateparks als kostengünstige und qualitative Alternative für Kommunen ? Skateleitplanung ? – keine Verdrängung mehr von Skatern aus dem öffentlichen Raum. Die Potentiale werden von der Planung erkannt und genutzt


Interviews Interview Ingo Naschold Durchgeführt am 17.04.2014 in Münster Angabe in Minuten: (0:55f.) = null Minuten und fünfundfünfzig Sekunden folgend WM: Wouter Mikmak IN: Ingo Naschold

WM: (0:55f.) Um Schäden und Belästigungen durch Skateboarding entgegenzukommen wurden vermehrt Verbote ausgesprochen und Verdrängungen aus der Stadt umgesetzt, wie auf der Domplatte z.B. auch. Es gibt inzwischen allerdings auch viele positive Beispiele, die zeigen, dass die Städte vom Skateboarding und umgekehrt, profitieren können, wenn sie sich denn mehr mit dem Thema auseinandersetzen. Jetzt möchte ich mit den nachfolgenden Fragen ein bisschen erörtern, welche Erfahrungen du jetzt mit dem Thema Skateboarding gemacht hast und welche Schlüsse man für die Zukunft daraus ziehen kann. Vielleicht so als Einstiegsfrage, sage ich mal, relativ offen, was sind denn aus deiner Sicht die Hauptprobleme bei der Planung von neuen Skateparks? IN: (01:36f.) Die Hauptprobleme.. WM: (01:37f.) Ganz offen erstmal gefragt. IN: (01:39f.) Ganz offen gefragt sind die Probleme aktuell in der Betrachtungsweise des Projekts und derjenigen, also, die diese Planung machen, oder die, das liegt oft an der Projetsteuerung kann man sagen. Denn, das Ding ist, die Skateparks, wie sie draußen existieren, werden oft entweder, also von der Projektsteuerung her, entweder von der Stadt ausgehend gemacht, oder über einen Landschaftsarchitekten, der diese ganzen Sachen baulich ausführt, weil du ja für solche Arbeiten im öffentlichen Bereich brauchst du ja einen Landschaftsarchitekten, der das ganze mit begleitet. Und es ist so gewesen, dass der Skatepark immer eine gewisse Kapsel innerhalb der Planung war und diese Kapsel praktisch auch nur als diese Kapsel gesehen worden ist, also man hat sich immer drauf konzentriert was will ich da überhaupt drin haben, sprich will ich eine Quarter, eine Bank, ein Curb, oder, oder haben. Aber ein Skatepark ist ja nicht nur eine Örtlichkeit wo man skaten kann, sondern innerhalb einer Stadt, Gemeinde, Dorf wie auch immer ist ein Skatepark ja auch ein sozialer Treffpunkt, also ich sage es immer so schön, ein Skatepark ist für mich ein Ort der Bewegung und der Begegnung, und deshalb muss man bei so einer Planung eines Skateparks halt nicht nur gucken was man da für Rampen rein baut, sondern das Ganze, die ganze Einbindung und Integration in den gesamten Raum, wo dieser Skatepark entstehen soll, ist halt auch wichtig und dieses Denken für den Bereich drumherum, hat in der Vergangenheit halt immer dieser Landschaftsarchitekt übernommen und hat dann praktisch diese Kapsel von Skaten immer genommen und hat die irgendwie darein gesetzt und diese Verschmelzung dieser beiden Punkte, das ist jetzt das wo wir drauf aufgreifen, denn wir nehmen praktisch unsere Brille vom Skatepark und erweitern die auf das Ganze und machen da ein stimmiges Gesamtkonzept draus und das ist das was in der Vergangenheit halt immer gefehlt hat in diesem stimmigen Gesamtkonzept, denn, also da kommt, da sind ganz viele Einflüsse. Aber wenn man jetzt mal so ein paar nimmt, die man jetzt so mal herausnehmen kann, ist ein Teil z.B., dass ich sag mal die Skateparks oft, oder in den meisten Fällen, von einem Hersteller geplant sind, d.h. die Stadt oder der Landschaftsarchitekt geht zu einem Hersteller hin, sprich einem der Skateparks baut, und sagt dem „Hey, wir haben 150.000€, was kriegen wir dafür?― und dann macht der mal eben schnell irgendwie so eine Planung und puzzelt seine Sachen zusammen, legt denen xvi


das vor. Ist aber im Prinzip eigentlich falsch, denn ob ein Skatepark gut oder schlecht ist, entscheidet sich in der Planung, d.h. der größte Fokus sollte auf der Planung sein. Das Ding ist aber sobald du einem Hersteller die Aufgabe gibst etwas zu planen, plant er so, wie er am schnellsten, effizientesten und am günstigsten bauen kann, diese Faktoren sind aber nicht die Faktoren, die für den Skatepark entscheidend sind, sondern entscheidend ist was da an Inhalten drin ist und deshalb haben wir auch unseren Fokus auf die Planung gelegt, weil das ist einfach das Wichtigste und Schuster bleib bei deinen Leisten, also ich kann es nicht, ich kann Rampen nicht so geil shapen wie die Jungs da draußen. Deshalb das sollen die machen, das ist deren Kompetenz, das können die richtig gut, wir können richtig gut planen und jetzt am Ende muss man halt hinkriegen, dass man diese verschiedenen Bereiche zusammenbringt und damit ein stimmiges Gesamtkonzept für die Entwicklung der ganzen Parks zu erreichen. WM: (06:53f.) Ja, jetzt hast du ein bisschen quasi schon meine andere Frage vorweggenommen. IN: (06:58f.) Ja ich hole auch manchmal ein bisschen weit aus. WM: (07:00f.) Nee, das ist super. Ich finde das super, ich will auch gar nichts dagegen sagen. Ich wollte nämlich quasi genau darauf nachher nochmal hinaus, ich nenn es immer so ein bisschen „KatalogSkatepark― IN: (07:08f.) Ja. WM: (07:09f.) Du hast es ja selber schon gesagt, die Frage wäre quasi gewesen, woran könnte es liegen, dass viele Städte schlecht geplante Skateparks in der Vergangenheit gebaut haben und das ist ja quasi genau der Punkt wo du sagst… IN: (07:19f.) Ich kann dir genau beantworten warum das alles so ist. WM: (07:22f.) Ja, bitte. IN: (07:23f.) Das rührt daher, dass unsere lieben Städte, Kommunen, auf der einen Seite nicht das Know How haben, sowas zu planen. Auf der anderen Seite, aber auch keine Gelder haben für eine Planung, bei einem Kreisverkehr, bei einem Tennisplatz, bei einem Fußballplatz, bei allem was du dir draußen in der Welt vorstellen kannst, gibt es einen der plant, einen der baut- außer bei Skateparks, weil bei Skateparks wird es sich leicht gemacht. Der Karl-Heinz vom Grünflächenamt, der soll jetzt für 50.000€ einen Skatepark planen, weil er als Stadtverwaltung - Unterbrechung des InterviewsIN: (8:58f.) …wird überall ein Planer genommen. Und bei den Skateparks ist es so, oder generell von der Abfolge her ist es ja so, dass die Politik hat den Willen für einen Skatepark und gibt den Auftrag das umzusetzen an die Stadtverwaltung. Die Stadtverwaltung hat dann den Auftrag diese Planung des Skateparks, bzw. den Bau des Skateparks umzusetzen, wenn du Glück hast ist bei der Stadt einer da, der ist pfiffig, aber meistens sind die nicht so pfiffig und haben halt ihre, ich sag mal, Denke, dass ein Skatepark genauso ist wie ein Kinderspielplatz und jetzt sind wir wieder im wirtschaftlichen Teil des Ganzen, denn Deutschland ist ja gut vernetzt und bei den ganzen Spielplatzdingern ist es so, es gibt überall Handelsvertreter und diese Handelsvertreter, die lungern überall bei diesen Leuten rum, verteilen überall Kataloge und und und, und bieten kostenlose Beratung an und und und. Und das ist natürlich für die Leute bei der Stadt super, weil da kommt jemand der auf Augenhöhe ist mit denen, weil das ist ja ein Handelsvertreter, der hat ja einen Anzug und eine Krawatte an, der weiß ja was er macht und lässt sich von denen beraten. Und durch solche Einfachheiten, oder Vereinfachungen sehen alle Skateparks so aus wie sie aussehen, weil Karl-Heinz vom Grünflächenamt, den Auftrag gekriegt hat für 80.000€ einen Skatepark zu planen. So, da greift er in einen Katalog, den er von einem Handelsvertreter gekriegt hat, xvii


macht dann meistens noch einen Workshop mit den Kindern. Die Kinder sind natürlich, die kennen nur das was sie sehen und sagen „Oh geil, ne Funbox und geil ein Rail und Jumpbox!― Und dann wird das gekauft, weil das ja auch das ist, was die Jugendlichen sich ausgesucht haben, weil die wissen ja was sie wollen. So, das Problem ist aber nur, dass sie die Verantwortung an Kinder legen, was für 80.000€ gekauft wird. Das machen die nur aus Legitimationsgründen, damit sie sagen können, so hier wir haben was für die Kids gemacht und die Kids haben es sich ja selber rausgesucht und die wissen ja auch schon was sie machen. Dass die -also ich will nicht sagen, dass die Kids alle nicht wissen was sie wollen, aber man braucht jemanden, der das interpretiert, was sie haben wollen, denn klar ich habe Wünsche ohne Ende, aber man muss es halt irgendwie auf das runter brechen, was es eigentlich ist, denn es ist eine Gesamtplanung für verschiedene Leute mit verschiedenen Interessen und und und. Deshalb ist es wichtig wirklich einen Skatepark zu durchdenken und zu durchplanen und da die Inhalte zu definieren und nicht in einen Katalog zu greifen. WM: (12:19f.) Lustiger weise habe ich die Erfahrung tatsächlich auch selber so miterlebt, also ich bin in so einem kleinen Dorf aufgewachsen, mit 5.000 Einwohnern und wir waren aber so eine Truppe von 20 Mann sage ich mal, die halt ständig durch das Dorf geheizt sind mit den Skateboards und dementsprechend auch in so einem kleinen Dorf Aufsehen erregt haben. Und dann wollten die uns immer von dem zentralen Platz da wegscheuchen halt und dann sind wir auch zu denen hingegangen und haben gesagt, so läuft das nicht, irgendwie so, wenn ihr uns hier schon wegscheucht, dann müsst ihr auch eine Alternative anbieten und dann ist genau eben das eingetreten. Die haben uns einen kleinen Platz dahin gemacht, der war auch von der Form her einfach ungünstig, dann haben die uns einen Katalog dahin gelegt, haben gesagt was wollt ihr haben, dann haben wir uns die Sachen rausgesucht, haben die dahinstellen, oder wollten die so und so dahinstellen, dann haben die gesagt nee Sicherheitsabstand, nee Mülleimer, nee Weg, nee so, bis es dann irgendwann so war wie sie es haben wollten und nicht mehr wie wir es haben wollten und dann haben wir im Nachhinein versucht die Rampen umzustellen und dann kamen sie wieder an mit Verboten, und so wir dürften die Rampen ja nicht anfassen und irgendwas, also im Endeffekt genau das was du gerade beschrieben hast. IN: (13:19f.) Ja. Wobei du jetzt eigentlich nochmal ein Phänomen aufgegriffen hast, was eigentlich noch viel, viel, viel, viel schlimmer ist und das Phänomen nennt sich Unwissenheit und falsche Interpretation. Und zwar, da wir in Deutschland ja alles geregelt haben, gibt es für Skateplätze eine DIN. WM: (13:36f.) Ja, genau! IN: (13:37f.) So, in dieser DIN Norm wird nicht definiert wie etwas zu bauen ist, sondern in, bzw. indirekt, in dieser Norm ist definiert was an sicherheitstechnischen Vorkehrungen getroffen werden muss, damit das frei zugänglich im öffentlichen Bereich betrieben werden kann. Genau dasselbe gibt es auch für Spielplätze, da gibt es so Sachen, wie, ne was du eben sagtest, Sicherheitsbereiche und und und und und. Das ist aber oft eine Interpretationssache, bzw. man muss halt auch wissen worum es da geht und das Problem ist, dass diese Norm von vielen , oder von den meisten, gar nicht erst gelesen werden kann, weil sie sie nicht richtig interpretieren. Und durch solche, ich nenne es jetzt mal „Wissensdefizite―, hört sich ein bisschen krass an, aber du findest vielleicht in deiner Formulierungsweise wenn du es schreibst ein anderes Wort, weil das ist ja schon ein bisschen krass. In Deutschland haben wir erst einmal alle Angst und diese Angst wird natürlich auch geschürt, denn es geht ja um Kinder. Und damit man irgendwelche baulichen Sachen machen muss, werden da halt diese Sachen vorgegeben. Witziger Weise um nochmal was anderes auszuschweifen, ist auch oft mit welchem Maß überhaupt gemessen wird, an Argumenten usw., denn die sagen oft, wir haben nicht viel Geld aber wir wollen ja etwas für euch tun und wir haben 15.000€ und yeah wir machen was für euch. 15.000€ ist im Endeffekt baulich gesehen ein Schiss und das fatale an der Sache ist meistens, das ohne mit der Wimper zu zucken, oft ich sag mal diese Fläche 20 mal xviii


30 Meter mal eben asphaltiert wird und es wird ein Zaun drum rum gemacht. Diese Kosten sind meistens, oder oft das Doppelte bis Dreifache von dem was die Rampen eigentlich kosten. Das heißt bei den einfachen baulichen Sachen, die teilweise unnötig oder falsch sind, nicht die richtigen Materialien und und und, wird ist scheiß egal, aber bei den Sachen wo es existenziell wirklich drum geht, dafür ist immer nie Geld da, das ist auch so ein verrücktes Phänomen. WM: (16:17f.) Dann einmal andersrum gefragt, ich werde jetzt… --Unterbrechung des Interviews— WM: (17:12f.) Benjamin Kopp WM: (18:17f.) Wann glaubst du das Städte das quasi begreifen, oder welche Punkte sind ausschlaggebend dafür das eine Stadt eben nicht diese Fehler eingeht, sondern eben bewusst den Schritt quasi auf euch vielleicht jetzt sage ich mal zugeht, oder generell auf eine Planung zugeht die ein bisschen qualitativer ist, in dem Sinne? IN: (18:37f.) Professionalität ist das Stichwort. Bzw. eigentlich ja Professionalität und Sichtweise, also in dem Moment wo die Städte die Sensibilität darauf entwickeln zu wissen das man etwas planen muss, dann hat man auch die Möglichkeit da wirklich Inhalte zu schaffen. WM: (19:10f.) Wann glaubst du kriegen die diese Sensibilität oder wodurch kriegen sie die? IN: (19:15f.) Die kriegen sie einmal durch ihr normales gesellschaftliches Denken indem sie überhaupt erstmal wissen worüber sie reden, denn sie können also der häufigste Grund warum Sachen nicht gemacht werden oder falsch gemacht werden ist eigentlich immer nur Unwissenheit und diese Unwissenheit oder auch Unsicherheit führt halt oft zu Planungsfehlern und dadurch das Skateboarding halt gesellschaftlich einen anderen Stellenwert hat können die Außenstehenden es vielleicht auch langsam ein bisschen besser verstehen und interpretieren was es eigentlich bedeutet bzw. haben wir natürlich wenn wir in einem Projekt einsteigen am Anfang erstmal ganz viel Beratung. Also es wird ganz viel erzählt warum wieso ein Skatepark so aussehen muss und und und. Ich meine wir haben natürlich ein Insiderwissen von 25 Jahren, also wir skaten lange genug und wissen warum wieso was miteinander funktioniert und haben uns jetzt in den letzten 10 Jahren so tief in dieses Thema Skateparks eingearbeitet das wir das eigentlich auch ganz gut können. WM: (20:34f.) Also ist quasi Information wieder das A und O sage ich jetzt mal? IN: (20:37f.) Information, Austausch, Dialog ist das A und O bei allem was man rund um den Skatepark macht. WM: (20:47f.) Ja das finde ich eigentlich ganz gut das du das auch so sagst, weil das ist auch so ein bisschen mein Anspruch den ich versuche jetzt auch in der Masterarbeit umzusetzen, dass ich eben ich sage mal im Grunde genommen erstmal in den ersten paar Kapiteln darüber aufklären will was Skateboarding überhaupt interessant macht für die Fahrer selber. Also so ein bisschen das der Planer die Perspektive des Skateboarders einnehmen kann um überhaupt die Möglichkeit zu haben da irgendwie integrativ irgendwie mit umzugehen. IN: (21:12f.) Das Ding ist die Betrachtungsweise, denn sobald du mit einem ich sag mal „normalen― Skateboardfahrer sagst hey wir wollen einen Skatepark planen, das erste was ihm im Kopf rumgeht ist Rampen, Details, also sprich 40 Zentimeter Curb, ist da ein Pole drin, ist da meine Miniramp drinne ist da meine Jumpbox drin. Das ist das was die sehen und das ist das was die auch eigentlich interessiert. Aber von der, aber jetzt sind wir wieder bei diesen Herangehensweisen Fehler. Bevor man an die Skateparkplanung rangeht, das Erste was man betrachten muss ist das Ganze. Und das können ganz, ganz xix


wenige, weil wenn man es im Ganzen betrachtet muss man natürlich auch den Kern betrachten wie funktioniert dieser Kern und was passiert da drin und das dann verbinden mit dem Drumherum. Jetzt sind wir wieder bei diesem Problem was wir vorher hatten, der Kern wird von Skateboardern geplant, oder in der Vergangenheit von Skateboardern geplant und irgendein Landschaftsarchitekt oder ein Typ von der Stadt der das Ganze Drumrum gemacht und integriert. Und deshalb machen wir das Ganze und haben praktisch den Blick, also diesen technischen Blick vom Skaten aufs Ganze, das heißt wir gucken den Kern an, was soll da rein und integrieren das in das Große und durch diese Betrachtungsweise wird das halt ein stimmiges Konzept und das ist das ist ja auch das was so einen Park am Ende wieder ausmacht, das stimmige Konzept, weil entweder sind es geile Rampen oder es ist geil eingebunden aber nicht so oft alles oder beides und wir wollen halt als Landschaftsarchitekten und als Skateboarder genau beides zusammenbringen. WM: (23:26f.)Wie ist denn so deine Erfahrung ist es denn so das ich sag mal die Städte die diese Katalogskateparks bauen im Vergleich zu denen die jetzt auf euch zukommen, ist es tatsächlich so das die Katalogskateparkbauer Skateboarder tatsächlich eher als Problem sehen was sie schnell abfertigen wollen und die anderen sehen das eher als Chance oder wie siehst du dieses Verhältnis wie die Stadt mit den Skateboardfahrern umgeht, Problem oder Chance? IN: (23:55f.) Also Partizipation ist auf jeden Fall ein ganz wichtiges Thema, also sowohl für uns als auch für die Städte… -Unterbrechung des InterviewsWM: (24:26f.) Zurück auf die Frage mit dem Problem oder Chance. Wann.. IN: (25:00f.) Ach so, Problem oder Chance, also Partizipation ist auf jeden Fall immer ein wichtiges Thema sowohl bei den Städten und Kommunen und die nehmen das Thema auch ernst und führen diese Partizipation auch durch. Auf der einen Seite ist es natürlich wichtig solche Partizipation zu machen aber oftmals, es kommt halt darauf an wer das Ding moderiert. Hast du halt jetzt einen Hersteller dabei der das moderiert, der ich sage es jetzt mal plump, der legt jetzt einen Katalog vor und sagt hey Jungs sucht euch mal was raus und am Ende sagt der Typ ja das kriegen wir für das Geld oder das nicht, weil die können ja nicht einschätzen ob man das für das Geld kriegt oder, oder, oder. Somit ist es natürlich für die Jungs eine Chance ihre Wünsche durchzukriegen, aber die Schwierigkeit natürlich für den Bauherrn oder auch für den Planer das Ganze jetzt dann kostentechnisch auch wieder anzupassen und da muss man dann den Konsens finden. WM: (26:13f.) Aber ich meinte jetzt auch so ein bisschen übergeordnet generell Skateboarding, wie quasi die Stadt mit dem Thema Skateboarding generell umgeht? Ob sie das, welche Erfahrung hast du da gemacht, jetzt mal krasser gesagt, werden Skateplätze oder Skateparks, Skateplaza, wie auch immer, oftmals nur gebaut um an anderen Orten in der Stadt zu verdrängen, wie quasi jetzt in Köln der Fall, das gesagt worden ist okay, die Domplatte ist jetzt zu, wir bauen euch den Kap und dann müsst ihr da jetzt immer fahren, oder halt Problem oder Chance oder halt auch beides, wie siehst du das? IN: (26:46f.) Für die Stadt? WM: (26:47f.) Ja aus Sicht der Stadt, welche Erfahrungen hast du damit gemacht? IN: (26:53f.) Also für eine Stadt ist es auf jeden Fall immer eine Chance einen Skatepark zu machen und den vernünftig zu machen, denn ein Skatepark ist ja nicht nur ein Ort wo die Leute sich austoben können, sondern es ist ja auch eine Imagesache, also gerade im Bereich Stadtmarketing oder auch wie gesagt Stadtplanung ist ein Skatepark in der heutigen Zeit ein wichtiger Punkt. Während du vor, ich sage jetzt mal xx


vor 20 Jahren, wenn du da ein großes Projekt gehabt hast und da wurde drüber diskutiert was nehmen wir für Themen auf, dann gab es Tischtennisplatte, wurde überall gemacht, oder ein Beachvolleyballfeld und heutzutage ist es halt ein Skatepark und so langsam gibt es ja fast in jeder Stadt, in jeder Gemeinde einen Skatepark und ein Skatepark ist halt mehr als einfach nur so ein Ort wo sie sich austoben können es ist halt ein sozialer Treffpunkt, eine Begegnungsstätte und diesen Skatepark auch als Begegnungsstätte zu sehen ist halt eine Chance für die Stadt wieder Leben in die Stadt zu kriegen, denn eine Stadt die lebt nicht nur durch Beton und Stein, sondern die lebt halt durch Bewegung und durch eine Nutzung und diese Nutzung findet dann statt und somit ist es dann für die Stadt an sich eigentlich eine große Chance mit so einem Skatepark sich nach vorne zu stellen. WM: (28:47f.) Da gibt es ja auch so ein bisschen, kennst du das in Brüssel, den Skatepark den die da gebaut haben, der ist irgendwo in der Altstadt? IN: (28:53f.) In Brüssel? WM: (28:54f.) Ja, ich kenne den Namen nicht genau, auf jeden Fall habe ich da auch die Story jetzt letztens gelesen, dass da auch Jahre lang, ich glaube über 10 Jahre intensiv dafür gekämpft worden ist von der lokalen Skateboardszene, irgendwie das da was gemacht wird weil die halt überall nur weggeschickt worden sind, jetzt haben die tatsächlich irgendwie in der Altstadt integriert auch irgendwie einen relativ qualitativen Skatepark mit verschiedenen Bereichen, auch Anfänger und irgendwas und krassere Sachen und so und das ist tatsächlich jetzt mittlerweile so bekannt geworden, dass das im Tourismusverzeichnis der Stadt auch mitaufgenommen worden ist um halt die Leute auch quasi darauf aufmerksam zu machen, das wenn die auch selber schon Bock haben da hinzugehen und sich einfach da hinzusetzen und den Leuten zuzugucken und solche Geschichten halt. IN: (29:30f.) Ja, das ist halt das was ich eben sagte gerade mit dem Thema Stadtmarketing. Also in Deutschland kenne ich nur die Stadt München die auf diesen Zug aufgesattelt ist, denn die Stadt München hat innerhalb ihres normalen Tournurses von Broschüren die es so gibt, mit, was weiß ich Zoo, oder alle Bäder, oder alle keine Ahnung irgendwas, gibt es halt auch eine Broschüre mit Skateparks in München. Das ist eine richtig offizielle Faltblattbroschüre, wie du sie so kennst aus diesen tausend Ständern die es da immer überall gibt, gibt es halt ein Ding für Skateparks und da ist eine Karte von München wo alle Skateparks drauf sind, wo drin steht was in welchem Skatepark drin ist usw. Und aktuell kann man sagen ist Vorreiter was sowas betrifft die Stadt Karlsruhe, denn die Stadt Karlsruhe hat uns jetzt beauftragt für alle Skateparks ein Entwicklungskonzept zu machen. Das heißt Entwicklungskonzepte die es normal für Städte gibt, es gibt Stadtentwicklungskonzepte, es gibt Sportentwicklungskonzepte, die ja auch immer längerfristig angelegt sind wo unter verschiedenen Gesichtspunkten halt mit verschiedenen Parametern geguckt wird, was machen wir damit. So und genau das machen wir jetzt mit Skateparks und da sind wir wieder bei dieser Betrachtungsweise des Ganzen, ist es jetzt für mich interessant ob da ein Curb oder eine Ledge steht, oder sehe ich das Ganze wieder aus entwicklungstechnischer Sicht mit wo positioniere ich überhaupt einen Skatepark und was muss da drin sein? Und da ist Karlsruhe halt jetzt ganz vorne dabei weil die jetzt halt dieses Entwicklungskonzept machen als erste Stadt in Deutschland die überhaupt sowas macht und das soll angelegt werden bis 2020. Also die haben witziger Weise acht Skateparks in der ganzen City. WM: (31:30f.) Krass, wusste ich gar nicht. Da muss ich mich auch nochmal informieren. IN: (31:33f.) Du, also selbst die Leute aus Karlsruhe die da ja wohnen, kennen nicht alle Skateparks. Wir haben den Workshop gemacht und haben jeden einzelnen Skatepark vorgestellt, weil wir ja das Feedback

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von den Leuten haben wollten, wie die das auch sehen und dann zeigen wir die Bilder und dann „Boah, wo ist denn der Skatepark?― Also äh, in Karlsruhe! WM: (32:01f.) Interessant, da muss ich mich nochmal informieren. Jetzt haben wir ja die ganze Zeit über Skateparks ein bisschen geredet, mal ein bisschen in dem Sinne eine kritische Frage, glaubst du, dass vor dem Hintergrund was du gerade gesagt hast, das Skateparks ja auch Begegnungsstätten sind, das wenn, z.B. wie im Fall Köln, wenn ein Spot zugemacht wird, in dem Sinne das man da nicht mehr fahren darf, kann ein Skatepark ein vollwertiger Ersatz für einen Streetskatespot in der Stadt sein? IN: (32:38f.) Nein. Denn Skateboarding ist ein Straßensport, da brauchen wir auch nicht drüber diskutieren. Skateboarding findet draußen in der urbanen Umgebung, also in der urbanen Welt statt. Skateparks ist ja nur eine konzentrierte Stätte von Spots die skatebarer gemacht worden sind, damit man praktisch so eine Trainingszone hat, bzw. wenn man jetzt mal ganz weiter historisch blickt hat es ja irgendwann angefangen Contests, also das Skaten hat überall auf der Straße stattgefunden und dann sind irgendwann Events, haben irgendwann Events stattgefunden und Events sind ja auf einem schmalen Parcours mit Eventrampen, mit Rampen die so angeordnet sind wie beim Event. Und diese Blickweise von einem Eventparcours wurde adaptiert für so muss ein Skatepark aussehen, deshalb sehen auch fast alle Skateparks gleich aus, weil alle Skateparks auf diesen Eventparcours drauf hingearbeitet worden sind. Aber niemand hat sich da so drüber so täglich so Gedanken drüber gemacht, das ein Skatepark ja eigentlich eine tägliche Begegnungsstätte ist und das inhaltlich dieser Park dementsprechend strukturiert und aufgeteilt werden muss. WM: (34:15f.) Es gibt ja immer mehr Städte die trotzdem oder in der Vergangenheit jedenfalls die ja Skatestopper und irgendwelche Verbotsschilder oder sonst irgendwelche Verbote als Lösung des „Problems Skateboarding― angesehen haben, jetzt wo du gerade selber gesagt hast das Skateparks eigentlich kein vollwertiger Ersatz für die Straße sein können, wie siehst du die Entwicklung für die Zukunft, kannst du dir vorstellen, dass Skater sich indem Sinne tatsächlich durch dadurch das auch die ganze Geschichte Skateboarding mehr in das Bewusstsein der ganzen Bevölkerung durch Fernsehübertragung, was weiß ich, ein bisschen mehr in den Mainstream gekommen ist, dass es in Zukunft so ein bisschen so eine Domestizierung von Skateboarding geben wird, weil eben immer mehr aus den Städten raus und immer mehr Parks auch gebaut werden, d.h. die neue Generation die quasi ranwächst das gar nicht mehr so mitkriegt, was eigentlich früher der Kern der Geschichte war, in der Stadt, sondern das immer mehr für sie normal empfindet immer nur auf Skateparks oder -plätzen zu fahren, oder wie schätzt du das ein? IN: (35:17f.) Das gibt es sowohl als auch. Also klar gibt es eine gewisse Gruppe von Kids für die ist der Skatepark das Nonplusultra und die skaten dort jeden Tag, aber es wird auch immer weiterhin die geben die Street fahren, weil das ist ja das Schöne auch am Skaten, das jeder sich das individuelle rauszieht worauf er Bock hat. Leute die, es gibt viele die fahren Bowl, die werden auch nicht, die wirst du wahrscheinlich selten mal auch auf der Straße sehen, von daher gibt es durch die verschiedenen Interessen alleine schon gewisse Schwerpunkte wo gefahren wird. Aber der Skatepark an sich wird immer weiter als wichtigeres Tool, immer wichtiger auch weil halt diese Skateparks zur Begegnungsstätte werden. Und diese Begegnungsstätte ist eigentlich das ausschlaggebende für diesen Standort und deshalb ist trotz das Skateboarding immer weiterhin auf der Straße bleibt ein Skatepark ein ganz, ganz wichtiger Ort, weil es ist halt dieser Raum für den Skater selber der geschaffen worden ist und deshalb ist es auch wichtig das dieser Raum auch von Leuten geschaffen wird die auch eine entsprechende Brille haben und deshalb muss man da sehr viel zusammen arbeiten.

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WM: (36:53f.) Ja, Thema Zusammenarbeiten du hattest ja vorhin schon einmal gesagt dass Partizipation eine große Rolle spielt. Nach welchen Grundsätzen arbeitest du denn hier in diesem Büro um eine hohe Akzeptanz der Nutzer zu erreichen, also wie sieht die Partizipation bei euch konkret aus, mit den Bürgern, mit den Skatern, also inwieweit werden welche Menschen mit in die Planung miteinbezogen und befragt? IN: (37:15f.) Also in die Planung werden die Locals, also zum einen der Bauherr, der hat natürlich auch seine Interessen, die er da hat, aber entscheidend für die Inhalte ist das von den Jugendlichen. Also wir gehen halt hin und holen uns das Feedback ein, was wird denn da überhaupt gefahren? Haben wir da viele Streetfahrer, haben wir da viele Minirampfahrer, haben wir da viele Bowlfahrer, dann holen wir uns praktisch das was die gerne fahren als Feedback, die fahren gerne Curbs, oder gerne Transitions, gerne Banks und und und, suchen sich dann auch teilweise einzelne Sachen raus, also hier ein Curb, oder Wheelie Table oder so. Ich bin dann eher der für eine Planung hingeht der nicht sagt ich brauche einen Wheelie Table, sondern ich brauche etwas wo ich einen Wheelie mach. Ob das jetzt ein Table ist oder irgendeine andere Gestaltung, das ist erstmal egal, weil wir denken eher halt in diesen gestalterischen Geometrien, wie man es anders verpacken kann, wir sind ja beim Skatepark eh in der Zweckentfremdung des urbanen Raumes und diese Zweckentfremdung muss man den Leuten auch bieten können und nicht direkt das was sie wollen, denn wenn du sie an den gedeckten Tisch setzt dann wissen sie auch nur wie man an einem gedeckten Tisch fährt und nicht wie man sich praktisch darein arbeitet. WM: (38:40f.) Finde ich interessant das du sagst das ihr auch danach fragt welche Präferenzen die beim Fahren haben, was du selber sagtest die einen fahren nur Bowl, die anderen fahren nur Street und so, interessant. IN: (38:52f.) Wichtig ist, ergänzend dazu kommen natürlich ganz viele Faktoren, also welche Skateparks fahren die Locals sonst, welche Skateparks gibt es da drum herum, ganz viele Einflüsse. WM: (39:10f.) Und wie ist da so die Resonanz, weil aus eigener Erfahrung damals quasi noch als die zu uns hingekommen sind und gesagt haben komm wir machen jetzt mal was, wir waren halt sehr kritisch gegenüber jeglicher Autorität eingestellt, sage ich jetzt mal so. Wie ist das denn wenn ihr jetzt da ankommt, in was für einem Auftreten erscheint ihr da, dass quasi die Akzeptanz dann auch da ist, oder halt eben doch kritisch? IN: (39:32f.) Also die Akzeptanz ist auf jeden Fall da, weil wir mit den Kids auf Augenhöhe reden und auch dieselbe Sprache sprechen. Weil wenn die sagen wir würden total gerne ein Curb haben was du frei anfahren kannst und wo du auch mal fakie und switch anfahren kannst, weißt du, das sind so Begriffe, da kann ein normal sterblicher nicht viel mit anfangen, aber wir wissen halt genau worum es geht und ich meine allein durch unser Aussehen, identifizieren wir uns schon- ich meine ich bin 38 und sehe immer noch aus wie 20- aber das wird sich auch nicht ändern. Nee, also wir werden uns auch nie, also ich werde mich nicht für einen Workshop verkleiden, egal ob ich jetzt einen Workshop mit dem Papst oder dem Bundeskanzler zusammen mache, ich werde niemals einen Anzug oder sonst irgendwas tragen, weil ich einfach auch Authentizität ausstrahlen möchte. Dadurch das wir uns halt nicht verkleiden, merken die Leute auch, oh die sind wirklich echt, und dadurch das wir halt auch professionell gesponsert, lange unterwegs waren, ist es teilweise, wenn jetzt ältere Leute dabei sind, achso der Ingo und der Philipp die kennt man aus der Szene, da wissen wir alles klar da kommt was vernünftiges raus, also Vertrauen ist da ein ganz wichtiger Punkt, deshalb hat auch Schützi mit IOU als Herstellerfirma auch so einen großen Erfolg, denn er als Hersteller und derjenige der als Ansprechpartner für die funktioniert ist halt einer, da können die auf Augenhöhe mit den Leuten reden, wenn du jetzt irgendwie, nehmen wir jetzt mal FritzMüller-Rampen, da wirst du einen Typen im Anzug haben und der hat auch eine ganz andere Intention überhaupt an die Sache ranzugehen, also den interessiert gar nicht so, ob die Kids jetzt das richtige haben, xxiii


oder ob man den Kids jetzt mal was Neues gibt, damit sie jetzt irgendwie auch später mal was neues haben, sondern der will erstmal Umsatz machen. Und das ist halt jetzt wieder diese Denkweise und Betrachtungsweise des Ganzen Projekts das man halt als Planer da frisch dran gehen und drüber denken muss. WM: (42:22f.) Warum glaubst du sehen viele Städte Skatestopper als Lösung des „Problems Skateboarding― an? Warum glaubst du, dass die denken dass das funktionieren kann? IN: (42:31f.) Weil sie es nicht besser wissen. Das ist eine ganz einfache Antwort, weil sie es einfach nicht besser wissen und weil sie sich nicht in den Dialog, also weil man sich da an den gewissen Stellen noch nicht in den Dialog einlässt, denn das Problem ist, wer redet miteinander und auf welcher Augenhöhe sind die, also ich habe es ganz oft in der Praxis schon erlebt, es ist wichtig wer diese Sachen sagt, für die Stadt, erstmal, denn ich sag mal ich habe oft bei Projekten irgendwelche Leute vor Ort die auch ein bisschen fitter sind und die auch richtig Action machen da unten vor Ort, wenn die in irgendeiner Ratssitzung oder whatever irgendwie irgendwelche Details sagen, oder einen Satz sagen mit einer Aussage, dann ist die Verwaltung oder diejenigen die sich das anhören erstmal skeptisch und kritisch dem Ganzen gegenüber. Wenn ich jetzt als Planer dort hingehe und sage hey ich bin im Normenausschuss und dies und das und sage eins zu eins genau denselben Satz wie die gesagt haben, nehmen die mir das sofort ab und deshalb ist dieser Dialog mit denjenigen die diese Skatestopper da drauf machen wollen so wichtig, wer da mit wem redet, denn sobald da einer, ich sag mal so „normal Szene― ist, ist derjenige für die in einer eingeschränkten Blickweise und deshalb nehmen sie ihn nicht ganz so ernst wie jemanden der auch genau dasselbe sagt, das ist ein verrücktes Phänomen. WM: (44:20f.) Was mir gerade so eingefallen ist, wo du meintest dass du mit den Kindern quasi dich in dem Sinne nicht verkleidest, sprich Anzugträger, wenn du jetzt zur Stadt gehst, verkleidest du dich dann und passt dich quasi auch denen an um auf Augenhöhe zu sein und ziehst dir doch einen Anzug an? IN: (44:31f.) Nö. Also ich gehe auch zum Bürgermeister mit Cappy und runtergelassener Hose. WM: (44:40f.) Das wäre mal interessant zu sehen wie die denn reagieren wenn du da mit Anzug ankommst und dann zu den Kiddies ohne… IN: (44:42f.) Komisch. WM: (44:44f.) Das ist auch trotzdem komisch dann? IN: (44:45f.) Ach so nein, ich komme ja nicht mit Anzug an, aber. WM: (44:46f) Nee, aber wie das dann sein würde, ob die sich dann auch ernster genommen fühlen weil du dich quasi auch mit denen wieder auf Augenhöhe begibst, also was für die dann Augenhöhe ist. IN: (44:56f.) Kommt immer darauf an wem du gegenüber trittst, also es gibt Leute, denen trittst du gegenüber, hast keinen Anzug an und die sagen „oh, der ist ja gar nicht so wie ich―, es gibt aber auch die Leute die sagen, „hmh, der ist gar nicht so wie ich, der ist ja so wie die, ah genau, der hat Ahnung―. WM: (45:12f.) Also kommt es immer auf den Menschen an ob der das positiv wahrnimmt oder nicht. IN: (45:15f.) Es kommt immer auf den Menschen an, genau es kommt immer auf die Betrachtungsweise an. xxiv


WM: (45:21f.) Dann mal die letzten Fragen, du bist ja sehr lange jetzt privat, sage ich einfach mal, Skateboardfahrer und jetzt schon sehr lange auch Planer. Von deinem jetzigen Wissenstand aus gesehen und Gefühlsstand in dem Sinne ja auch, was macht für dich einen guten Skatespot aus? IN: (45:43f.) Skatespot, oder Skatepark? WM: (45:46f.) Nein, Skatespot. IN: (45:47f.) Ein Skatespot? WM: (45:50f.) Ein Skatespot kann ja sowohl ein Skatepark als auch in der Stadt jegliche andere Möglichkeit zum skaten sein. IN: (45:57f.) Auf der einen Art und Weise ist natürlich ein Skatepark auch ein Spot, wobei ich von Spot eher was urbanes sehe, klar ist ein Spot ein Spot Spot, da ist auch ein Skatepark ein Spot, aber auch ein Skateshop ist auch wieder ein Spot, irgendwo wenn du es so siehst. Aber ein Skatespot an sich ist eigentlich ein Ding in der urbanen Umgebung, was du halt skatest. WM: (46:29f.) Okay, dann nur darauf bezogen, interessant, gut werde ich auch so ähnlich übernehmen. Also was macht für dich einen guten Skatespot aus? IN: (46:38f.) Also ein Skatespot zeichnet sich dadurch aus, dass er für Außenstehende nicht sofort als ein Skatespot erkennbar ist und dass ein guter Spot sich dadurch auszeichnet, dass er nicht einfach zu fahren ist, denn je einfacher etwas zu fahren ist umso einfacher ist es halt auch und ein Spot ist ja eigentlich eher eine Herausforderung denn skaten an sich, wie gesagt die Zweckentfremdung des urbanen Raumes und diese Zweckentfremdung, sprich diese Kreativität, dass ist ja das worum es geht und um einen Spot gut zu fahren oder zu nutzen entscheidet die Kreativität des Nutzers. Und jetzt kommen wir wieder zur Überleitung auf die Entwicklung der Skateparks, Skateparks sind in der Vergangenheit durch diese Katalogware sehr strukturiert und sehr gleich geworden. Es gab immer Quarter, Funbox, Bank, Quarter, Funbox, Bank, Quarter, Funbox, Bank und dadurch hat Skateboarding keine Entwicklung gehabt, weil die Kreativität nicht mehr gefordert ist, man hat immer überall das selbe gemacht und deshalb muss praktisch diese Kreativität praktisch dieses indirekte mehr in den Fokus eines Skateparks gelegt werden, damit es einem Spot eher nahe kommt, und das ist auch das was diesen Spot halt dann auch auszeichnet, dass man ihn kreativ nutzen kann. WM: (48:18f.) Wie wichtig spielen für dich denn auch so Sachen die drumherum sind eine Rolle, ich sage mal Hintergrundkulisse für ein gutes Foto, oder dass es jetzt ein zentral gelegener Spot ist, weil eben die Möglichkeiten zur Anreise besser sind, weil Leute zugucken, weil man sich besser mit Freunden treffen kann, weil man einkaufen kann, wie wichtig sind diese Sachen an einem Spot für dich? IN: (48:36f.) An einem Spot oder an einem Skatepark? WM: (48:38f.) Nee, an einem Spot. IN: (48:40f) Du bist immer noch bei dem Spot. Bei einem Spot ist sowas nicht wichtig, weil ein Skatespot ist ja nicht etwas wo man jeden Tag fährt. Ein Spot ist ja etwas wo man mal fährt, deshalb ist da dann wieder der Unterschied zu einem Skatepark. Ein Skatepark ist etwas was für die alltägliche Nutzung und ein Skatespot ist für Sessions. Deshalb ist es bei den Sessions eigentlich nicht wichtig wie er erreichbar ist xxv


oder wie er gelegen ist, denn Skatespots haben, da gibt es keine Maßregeln für, ein Spot der ist da, der wird nicht geschaffen, deshalb gibt es da auch keine Einflüsse Drumherum. Klar gibt es viele Einflüsse Drumherum von Erreichbarkeit oder Kulisse und, und, und, die diesen Spot erst zum Spot machen, aber das ist etwas was automatisch entsteht. WM: (49:59f.) Letzte offizielle Frage. Was wünscht du dir, welche Entwicklung in Zukunft die Städte bezüglich Skateboarding so einnehmen, was ist so deine Wunschvorstellung was in Zukunft passiert? IN: (50:11f.) Meine Wunschvorstellung ist dass Städte Skateboarding als nicht vereinsgebundene Sportart akzeptieren und dass Skateparks einem Stellenwert zugeordnet werden, wie es dieser Sport eigentlich auch verdient. Denn es werden anderen Sportarten mehr Aufmerksamkeit geschenkt, die weniger bringen, also ich will jetzt hier die anderen Sportarten nicht schlecht reden dadurch, nur ich sage jetzt mal, wenn ich in einen Tennisverein gehe, dann habe ich meine Tennisvereinssachen und die haben ihre, da gehst du Tennisspielen und, und , und, und es hat irgendwo immer etwas strukturiertes dabei und diese Skateparks sollen eher individueller sein und eingebundener und das ist das wo wir drauf hinarbeiten, dass jeder Skatepark individuell ist und das diese Skateparks halt zur Begegnungsstätte werden. Also das ist eigentlich der größere Punkt den wir auch fokussieren, also sprich die Einbindung an den sozialen Rahmen der gegeben ist, aber auch an den gestalterischen Rahmen, denn das Auge skatet einfach mit, das ist so. Ob ich jetzt eine Dreierstufe skate die vor einem Parkplatz ist, oder auf dem Parkplatz, oder ob ich eine Dreierstufe fahre die vor dem Rathaus ist, das macht einen ganz, ganz großen Unterschied. Ich fahre lieber die am Dreier, weil das ist ja schöner in meiner Umgebung und genau mit der Herangehensweise muss man auch an Skateparks rangehen und Skateparks halt auch einen gewissen Raum schaffen, dass man sich dort wohl fühlen kann und das machen wir halt in einer Gestaltung, sprich dann nicht einfach viereckige Rampen oder auch mal Farbe rein, oder auch mal Pflanzen, Bäume, das ist alles ein ganz wichtiges Thema bei einem Skatepark. WM: (52:40f.) Okay, das war jetzt quasi der offizielle Teil, jetzt mal so eine interne Frage, ich hatte… IN: (52:44f.) Du kannst alles offiziell machen. Du kannst weiter bohren. WM: (52:50f.) Für meine Arbeit habe ich mich gefragt, quasi wenn man jetzt einen Spot nimmt, irgendwie, z.B. ich bin letztes mal in Bonn an einem Brunnen vorbei gekommen, der war in der Nähe von diesem riesen UNI Rasenplatz da. IN: (53:06f.) Kenne ich, das sind so drei Stück nebeneinander. WM: (53:09f.) Ja, genau. Und da waren auch Skatestopper dran. IN: (53:11f.) Richtig. WM: (53:12f.) Und da habe ich mich gefragt, ich war jetzt nicht so oft da, ich bin da jetzt zweimal dran vorbei gelaufen, da waren auch keine Skater in der Nähe oder so, da habe ich mich gefragt, ob das eine Idee wäre quasi wenn man solche Spots, also z.B. dieser Brunnen war ja, sah für mich zumindest so aus, dass der deswegen gestoppt wurde, weil die Angst davor haben dass er beschädigt wird, gar nicht unbedingt von dem Lärm oder so, weil Drumherum da ist ja eigentlich die Straße, da habe ich mir gedacht, da bin ich auf die fixe Idee gekommen, was würde wohl sein, wenn man da jetzt einfach diese Skatestopper quasi verlängern würde und da eine Kante dran baut, dann vielleicht noch irgendjemanden der da ein bisschen mehr Ahnung von hat wie man das noch schön gestalten kann, das man diesen Spot quasi unzerstörbar macht, ob das für die Stadt wieder eine Idee wäre, wo man sagen könnte, okay, xxvi


nachträglich kann man solche Spots modifizieren in der Stadt um die skatebar zu machen, gleichzeitig aber wenn z.B. Probleme auftreten wegen Lärmbelästigung um bestimmte Uhrzeiten oder so, dass man z.B. eine Nutzungsvereinbarung macht, Skateboardfahren erlaubt von bis. IN: (54:05f.) Dialog. So wie Hamburg Hafencity. WM: (54:14f.) Ach ist das da schon so, ich habe nur gehört, dass die diesen Park da gebaut haben. IN: (54:15f.) Hamburg Hafencity kannst du mal googeln, gibt es auch, der Hamburger Skateboardverein hat sich da engagiert, sind da mit denen in einen Dialog getreten, da waren ja auch Skatestopper dran und jetzt gibt es da so ein Schild am Anfang… WM: (54:32f.) Ach diese Stufen meinst du, wo diese verschiebbaren Bänke sind? IN: (54:33f.) Ja genau. Jetzt gibt es da auch ein Schild wo dann drauf steht „Liebe Skateboardfahrer, bitte nutzt diesen Spot nur dann und dann von bis dann und dann―. WM: (54:43f.) Ach krass, das muss aber neu sein, oder? IN: (54:49f.) Nee, das gibt es schon länger, seit einem Jahr oder so. WM: (54:49f.) Krass das ist mir gar nicht aufgefallen, das ist ja interessant. Glaubst du das kann funktionieren, weil auf der anderen Seite denke ich mir, wenn ich jetzt selber dahingehe… IN: (54:55) Nein. WM: (54:55f.) Und ich bin jetzt sage ich mal, also es gibt ja zwei Versionen, einmal bin ich kein Local einmal bin ich ein Local. Wenn ich jetzt ein Local bin, dann weiß ich das, dann gehe ich auch nur dann dahin. IN: (55:02f.) Wenn du kein Local bist, dann fährst du einfach. WM: (55:04f.) Genau, dann fahre ich trotzdem einfach. Ist schwierig. IN: (55:08f.) Ist eine Sache die muss beobachtet werden. Es ist schwierig, klar, aber dieses generelle Thema so wie du es sagst, halt diese Skatespots skatebarer machen, oder unkaputtbarer, oder zu modifizieren, dass da irgendwas entweder besser oder schlechter funktioniert, denke ich ist auch sehr zukunftsträchtig, das kann aber nur funktionieren, wenn bei denjenigen die diese Orte schaffen und bauen ein Dialog stattfindet mit Leuten die diese Zweckentfremdung deuten können, das heißt man muss mit diesem Landschaftsarchitekten halt gucken, wie kriegt man es hin? Also wir haben jetzt z.B. für ein Projekt auch da hat uns mal ein Architekt so eine tolle Treppenanlage gezeigt mit so 40 Meter langen Stufen und dann haben wir zusammen entwickelt wie wir diese Stufen auf der einen Seite gestalterisch, aber auch funktional so machen können, dass er skatebar ist, nicht kaputt geht und trotzdem noch gut aussieht. Aber das ist kein Skatepark, das ist einfach nur die ganz normale Landschaftsgestaltung. WM: (56:13f.) Aber das habt ihr auch schon gemacht? IN: (56:15f.) Das haben wir auch schon gemacht, aber das ist ja nichts was wir publizieren oder sonst irgendwie, sondern das ist das was so mitentsteht, weil im Prinzip machen alle Architekten ja schon alle xxvii


Skatespots. Also das was draußen passiert, das ist ja Architektur, Landschaftsarchitektur. Dass das skatebar ist, das wissen die ja alle gar nicht, diese Brille die haben ja nur wir, und mit dieser Brille gehen wir in den Dialog mit denen und entwickeln es weiter, aber das ist alles noch ganz in den Kinderschuhen, also da dauert es noch bis das so richtig ankommt. WM: (56:57f.) Das ist halt ein gutes Stichwort, was du sagst mit der Brille, das habe ich mir auch immer gedacht. IN: (57:03f.) Das ist das wichtigste. WM: (57:04f.) Ich frage mich, weil meine Arbeit zielt im Endeffekt darauf ab, dass Planer sich ein bisschen so eine Brille anziehen können, auch wenn die Brille niemals so toll wird wie ich die selber aufhabe. IN: (57:12f.) Wird nicht funktionieren. WM: (57:14f.) Wird nicht funktionieren?! IN: (57:15f.) Nein. Du kannst nicht in ein Dokument eine Brille reinpacken, die eine Betrachtungsweise erfordert. Also man muss ja überlegen, diese Betrachtungsweise und diese Denkweise, dieses Können etwas zu interpretieren, das haben wir uns 20 Jahre lang angelernt. Das kann man nicht lernen, das muss man fühlen, deshalb einer der, es kann nur ein Skateboardfahrer, bzw. einer der das auch wirklich aktiv betreibt und auch länger aktiv betreibt wirklich nur diese Brille aufsetzen. Also es reicht nicht wenn man mal sagt mit 14 bin ich drei Jahre geskatet aber das war so nix für mich, aber ich bin jetzt 35 und plane jetzt Skateparks, weil ich bin ja als Kind irgendwann mal geskatet und weiß jetzt wie das zu machen ist, das funktioniert nicht. WM: (58:16f.) Ja, und das frage ich mich, weil auf der anderen Seite, ich versuche halt quasi so ein bisschen diese Brille so ansatzweise dass man dadurch gucken kann, oder wenn du sagst, das funktioniert eh nicht, sage ich mal, in dem Sinne, ich kann es ja nur versuchen irgendwie zu beschreiben wie sich das anfühlt und wie man die Stadt ungefähr sieht und wenn dieser Versuch misslingt, sage ich mal, das das nicht im Kopf ankommt, versuche ich wenigstens dafür zu sensibilisieren, dass man halt eben trotzdem quasi auf Leute wie dich dann zugeht und dann halt darüber redet.. IN: (58:47f.) Das wird nicht funktionieren. WM: (58:48f.) …damit man von dir quasi gesagt kriegt, okay wenn der Planer mit dir zusammen zu einem Spot hingeht, dass du dann sagen kannst, also dass der Planer sagt, ich hätte die und die Idee, nachdem was ich da gelesen habe, was hältst du davon, dass du nochmal die Bewertung da mitreinbringst und das Ganze nochmal korrigieren kannst, so ungefähr ist die Idee. IN: (59:05f.) Das kann funktionieren, weil im Endeffekt machen sie ja das jetzt auch, also wenn nach bestem Gewissen einer sowas macht, kann er das gerne machen, aber es muss immer noch am ende einen geben, der das nochmal überdenkt, denn es geht nur um Bilder. Es geht um Bilder im Kopf, darum geht es, das ist diese Interpretation, und wenn du zu einem Architekten der mal irgendwie früher mal geskatet ist vor ein paar Jahren hingehst und gibst dem jetzt mal Stichworte und der soll ein Bild in den Kopf kriegen, dann sagst du dem Banane, dann sieht der eine Banane, und wenn du Stuhl sagst, dann sieht der einen Stuhl, wenn du Polizist sagst, dann sieht er einen Polizisten, wenn du dem sagst Sitzbank, dann sieht der eine Sitzbank, wenn du dem sagst Skatepark, dann sieht er Rampe, Funbox, Rampe. Weißt du was ich xxviii


meine? Du kommst nicht bis dahin, die Leute können das nicht, das ist ja auch nicht negativ, das ist okay, ich kann auch nicht Golf spielen. WM: (01:00:24f.) Ja wundervoll, erstmal bedanke ich mich sehr herzlich, dass du dir die Zeit für mich genommen hast. IN: (01:00:28f.) Also du kannst gerne noch weiter fragen. WM: (01:00:32f.) Also ich bin jetzt mit den Fragen die ich jetzt aufgeschrieben hatte, die ich auf jeden Fall fragen wollte bin ich jetzt auf jeden Fall erstmal durch, das ist schon einmal sehr gut. Ich finde deine Antworten auf jeden Fall auch, ich weiß nicht, das ist jetzt doof das zu bewerten, ich finde deine Antworten sehr gut, hört sich an wie in der Schule, du hast das sehr gut gemacht, so meine ich das gar nicht. Viele Sachen die du gesagt hast, habe ich mir im Vorhinein so gedacht und hatte gehofft, dass du das auch ungefähr so siehst und dann auch so bestätigen könntest. IN: (01:00:57f.) Ich habe halt einen Entwicklungsgedanken hinter dem Ganzen, also ich sehe halt auch in dem Ganzen eine große, also ich habe da eine große Vision drinnen, in der Betrachtungsweise von Skateparks, da die Betrachtungsweise von Skateparks, ist halt was ich gerade eben gesagt hatte, Banane, Stuhl, Skatepark. Die Leute haben ein Bild im Kopf und dieses Bild, das muss neu definiert werden und das wollen wir mit unseren Planungen machen. WM: (01:01:26f.) Im Endeffekt ist es ja auch immer, ich habe jetzt gerade die Kapitel abgeschlossen Skateboardhistorie sage ich mal, da habe ich mal so ein bisschen aufgebrochen irgendwie und da sieht man ja auch quasi, habe ich mir auch gedacht, im Endeffekt ist das ja auch so ein bisschen wie es ja immer ist, wie in der Mode oder sonst irgendwas, es wiederholt sich ja alles, für Menschen ist es ja schwer etwas neues zu erfinden, die Sachen werden nur wieder neu verpackt, sage ich mal, und wenn man dann guckt, dass die früher sage ich mal, als der erste große Hype in den Sechzigern losging, dass dann diese Skateparks gebaut wurden, weil die Leute Kohle damit verdienen wollten. IN: (01:01:54f.) Das ist auch heute noch so. WM: (01:01:55f.) Genau, das ist ja noch heute so, nur in einer anderen Stufe, also früher war ja nur Freestyle und Slalom, dann haben sie halt da nur diese Wellenbetondinger gebaut und irgendwann kamen dann ein paar Leute die gesagt haben da muss etwas qualitativeres her, dann war das wieder der nächste Schritt, dann kam irgendwann Streetskateboarding und heute sind wir halt dabei, dass diese Katalogparks langsam abgelöst werden von Sachen, wie du die machst. IN: (01:02:11f.) Das ist das was ich eben sagte mit dieser Blickweise von dem Eventparcours, weil die Leute diesen Eventparcours praktisch als Skatepark gesehen haben, weil es ist ja eine Sportstätte, Sportstätten die müssen überall gleich aussehen. Und dieser Gedanke und dieses Denken sind durch alle Bereiche gegangen, von den Herstellern, durch alle Leute, alle Leute haben dieses Denken, da sind wir wieder bei den Bildern. WM: (01:02:35f.) Ist es denn deiner Meinung nach auch so ein bisschen, weil das ist ja auch so ein Ding, dass Skateboarder überhaupt, dass ihr jetzt die Möglichkeit habt so akzeptiert zu werden mit dem was ihr hier macht, kann ja erst dadurch entstanden sein, dass überhaupt Skateboarding im Mainstream so angekommen ist, dass es überhaupt in der Stadtplanung ein Thema ist, das es überhaupt eine Rolle spielt, dass darüber nachgedacht wird, das war ja quasi der erste Schritt der schon einmal positiv ist das überhaupt Skateparks gebaut werden. xxix


IN: (01:02:58f.) Da haben wir uns aber hochgearbeitet, also das kommt nicht von alleine von denen, da haben wir wirklich, also das ist wirklich Aufbau und Überzeugungsarbeit. WM: (01:03:04f.) Das wollte ich auch noch fragen, kommen die auf euch zu, weil die schon mittlerweile wissen, oder wie habt ihr angefangen, also seid ihr quasi auch, wie du sagtest, wie die Anzugträger, die mit einem Katalog zu den Stadtplanern hinrennen und sagen „Hier, guck mal was wir für tolle Rampen wir hier verkaufen.― Also seid ihr selber auch so auf Promotiontour gegangen oder wie? IN: (01:03:23f.) So habe ich angefangen. Mit Katalog. Also über die Leute über die ich gerade eben gelästert habe, oder was heißt gelästert habe, aber erklärt habe wie es eigentlich früher gelaufen ist, genauso habe ich auch angefangen. WM: (01:03:41f.) Womit bist du denn quasi… IN: (01:03:43) Gestartet? WM: (01:03:43f.) Ja genau, so ganz zurück. Du hattest ja noch keinen Park gebaut, du hattest ja tatsächlich noch nichts, in dem Sinne in den Händen, du hattest ja nur auf dem Computer wahrscheinlich irgendwie einen Plan gemacht. Oder wie sah das aus? IN: (01:03:51f.) Nee, das hat ganz anders angefangen. Also angefangen hat es bei mir so, dass ich bin früher für Titus gefahren und war da auch Pro. Ich war dann gebucht für eine Show, bei einem SkateparkOpening. Die Stadt wollte feierlich einweihen, hier wir haben toll Geld ausgegeben. Das war in St. Wendel. Da ist ein Skatepark von Concrete Rudolph. Dann sind wir da geskatet und ich fand das alles total schlimm. Ich fand das alles total schlimm. Und das für so einen Park, soviel Geld ausgegeben wird, was am Ende dann nicht funktioniert, fand ich halt echt krass. Dann hab ich einen, ich sag jetzt mal Ellenlangen Beschwerdebrief an Concrete geschrieben. WM: (1:04:55f.) Darf ich mal kurz dazwischen Fragen? IN: (1:04:57) Ja. WM: (1:04:58f.) Concrete steht ja bei euren Rampen auch auf den ledges und curbs. Ist das dasselbe Concrete? IN: (1:05:01f.) Das ist der Hersteller, ja. Ja und denen hab ich den Ellenlangen Beschwerdebrief geschrieben, wie Scheisse die sind und wenn sie das nächste mal so einen großen Park planen, dann sollen doch mal bitte jemanden Fragen, der sich damit auskennt. Und wenn sie keinen finden, sollen sie mich fragen. Ich habe mir da auch nicht weiter was bei gedacht und habe dann eine Woche später eine E-Mail zurückgekriegt: Ja, dann kommen Sie doch mal vorbei. Wir wollen uns das mal anhören. Das fand ich dann im dem Moment total super. Dass der derjenige, der, ich sag mal die Skateparklandschaft in Deutschland geprägt hat, zu mir kam und wollte was besser machen. Das ist ja auch schon mal ein erster Schritt, dass man auf die Szene zugeht. WM: (1:06:01f.) Wie lange ist das her? IN: (1:06:06f.) Über zehn Jahre. Das hat dann dazu geführt, dass ich das sehr interessant fand, was die mir angeboten haben und habe dann, neben meiner Arbeit, für Concrete Skateparks geplant. So auf xxx


Honorarbasis, freiberuflich. Und hab für die Skateparks geplant. Nach den Möglichkeiten und dem Stand der Technik, den es damals gab, sprich, Katalog. Was anderes gab es ja nicht. Also es gab schon gewisse Ansätze von anderen, die ein bisschen anders gebaut habe, aber das war alles noch in den Kinderschuhen. Und wenn mal sieht, wer ist Marktführer, wer positioniert überall die Parks. Hab ich gedacht, Ok. Dann arbeitest du jetzt mal ein bisschen intensiver mit denen zusammen und guckst mal, dass du so ein bisschen Entwicklung rein kriegst. Und hab dann angefangen für die Skateparks zu planen. Das hat dann so gut funktioniert, dass ich meine normale Arbeit gekündigt habe und mich dann komplett selbstständig gemacht habe. Also immer noch freiberuflich. Hab dann für Concrete Rudolph, Skateparks geplant. Hab dann immer mehr Innovation mit rein gebracht. Das angefangen damit, dass man die Coping, von Edelstahl, auf verzinktem Stahl umgerüstet hat. Weil Edelstahl ja nicht funktioniert. Diese Entwicklung hat ein Jahr gedauert. Warum auch immer. Aber es hat funktioniert. Das habe ich viele Jahre gemacht und habe auch viele Parks neu strukturieren können, mit einem neuen Denken, mit einem neuen Ansatz. Aber, ich war immer beschränkt auf, ja ich sag mal diesen Katalog, bzw. auf die Möglichkeiten, die dieser Hersteller hat. Und deshalb musste ich auch oft Kompromisse eingehen. Und ich sag mal ausschlaggebend, ob ein Park gut, oder schlecht ist, ist halt die Planung. Wenn aber derjenige, was ich plane, baulich nicht ausführen kann, dann muss ich anders denken. Kann ich aber in dem Moment nicht, weil, ich bin ja gebunden an den Hersteller. Weil ich arbeite ja mit denen zusammen. Denn ich bin in der Hierarchie, oder in der Pyramide dieses ganzen Projektablaufes, ganz unten. Es gibt den Bauherrn, dann gibt’s noch den Landschaftsarchitekten, dann kommt ein Handelsvertreter, dann kommt der Hersteller und dann komm ich. So, das heißt ich kann hier unten natürlich nicht so viel Einfluss nehmen und bin eigentlich derjenige, der das zu machen hat, was über mir drüber ist. Und hab gemerkt, dass ich halt mit Concrete als festen Partner, mich auf der Stelle drehe. Und habe dann vor zwei Jahren, also es hat lange gedauert, oder drei Jahre ist es jetzt fast her, wo ich mich von denen ein bisschen gelöst habe. Und habe mich neu positioniert. Indem ich mich zum einen noch selbstständiger positioniert habe und als Planer definiert habe. Und durch diese Neustellung, dass ich jetzt Planer bin, bin ich in dieser Projekthierarchie weiter oben. Das heißt ich kann hier an der Stelle [zeigt nach oben] frei planen und bin nicht darauf angewiesen, was der da unten [zeigt nach unten], alles herstellen kann. Weil, es ist jetzt so: gehst du zu Concrete hin, kriegst du alles in Fertigteilen. Gehst du zu Minus [Minus-Ramps] hin, kriegst du alles in Ortbeton, gehst du zu Schützi [Andreas Schützenberger, IOU Ramps], kriegst du alles in Holz. Aber wir als Planer denken nochmal ganz anders. Weil, wie kannst du es bautechnologisch machen, wie kannst du es fahrtechnologisch machen. Wir machen Sachen, wo Fertigteile mit drin sind, wo Ortbetonrampen drin sind und meinetwegen auch noch Holz dabei ist. WM: (1:10:46f.) Das macht ihr dann aber nicht alles selber, oder? Also das ist dann eine Kooperation? IN: (1:10:48f.) Sowohl, als auch. Also ich sag mal, eine Kooperation innerhalb der Planung und der Geometrie brauchen wir ja nicht. Weil das ist ja unsere Kreativität. Das einzige was wir halt brauchen, ist deren Know-How. Das heißt wir geben praktisch eine Planung vor, so soll es aussehen und gehen zu denen und sagen: kannst du das bauen? Und wenn sie es nicht bauen können, dann muss ich zu jemand anders hingehen. Und so wäge ich halt ab. Weil für mich ist es wichtig, wie die Dinge aussehen oder wie zu fahren sind. Wenn der das nicht bauen kann, ja Sorry, tut mir leid. Bauen kann jeder. Deshalb haben wir uns halt jetzt von Concrete auch komplett gelöst und sind jetzt nicht mehr in der Bredouille auf Concrete alles runterzumünzen. WM: (1:11:43f.) Ich habe erst vor kurzem von dem Skatepark in Hemer gehört. Und da habe ich auf Fotos dann gesehen das auf den ledges Concrete draufsteht. Und das findet man ja immer wieder auf irgendwelchen Rampen. IN: (1:12:03f.) Weil ich an der Stelle für den Hersteller gearbeitet habe. xxxi


WM: (1:12:05f.) Ach so. Das ist also quasi noch ein „alter― Skatepark? IN (1:12:07f.) Ja, genau. Das ist noch ein „alter―. Der ist ja noch von 2010. Bzw. die Planung habe ich 2008 gemacht. Also wie gesagt, es ist schon sehr lange her. Wir haben jetzt auch noch zwei, drei Parks, wo auch Concrete mit drin ist, aber halt weil sie das liefern können, wie wir das haben wollten. Also vorher war es so, dass. Also das ist auch nochmal ein wichtiger Punkt, den du da in deine Arbeit mit aufnehmen könntest, oder solltest. Wir haben einen falsches gesellschaftliches Denken, oder ein falsches Szenedenken. WM: (1:12:52f.) Also die Sicht von außen auf Skateboarding? IN: (1:12:55f.) Nein. Die Sicht von Skateboarder auf einen Skatepark. Denn wenn ein neuer Skatepark gebaut wird, ist bei jedem die allererste Frage: wer baut? Und dann kommen wir jetzt mal zu dem ganzen Gespräch zurück was wir jetzt gerade hatten. Wie interessant ist es, wer baut? Gar nicht! In der Vergangenheit sind halt alle Skateparks immer von Herstellern geplant. Deshalb ist es wichtig, im jetzigen Denken, wer baut. Weil wenn man weiß wer baut, dann weiß man auch wer es plant. Und dieser Fokus des Planers, den gab es vorher nicht. Deshalb haben wir praktisch unseren eigenen Berufszweig geschaffen. Deshalb sind wir auch am Kämpfen. Weil wir quasi ein komplettes gesellschaftliches Denken erneuern und praktisch uns unsere Daseinsberechtigung erarbeiten müssen. Weil wir machen ja Arbeit. Und Arbeit kostet ja auch Geld. Und es ist halt oft nicht schön, also man sieht es nicht gerne, dass für eine Planung Geld ausgegeben wird. Weil Skateboardfahrer, ja die wissen ja schon was sie brauchen. Dafür muss ich keinen Planer haben dem ich Geld gebe, weil, dass mach ich selber. Aber wenn du es selber machst, dann hast du halt so ein Denken, weil du natürlich auch nur so planst, wie du es am einfachsten bauen kannst und und und und und. Also da kommt alles aufeinander. Genauso wie diese Betrachtungsweise des Kerns, ist der jetzt 30°, oder 40°, oder ist das Rail rund oder eckig. Ist mir egal. Aber wie ist es eingebunden? Hab ich eine Höhentopografie, habe ich eine platte Fläche? Habe ich da ein paar Bänke? Habe ich Schatten? Habe ich Bäume? Habe ich dies, das usw.? Weil das ist für uns interessant! Die planerische Betrachtungsweise des Ganzen! WM: (1:15:01f.) Welche Rolle glaubst du werden D.I.Y.-Spots in Zukunft spielen? Auch gerade weil in Köln ja der Dom Skateboarding e.V. gegründet wurde usw., die ja viel machen diesbezüglich und das wird ja auch generell wieder mehr gemacht und so. Glaubst du das wird in Zukunft eine größere Rolle spielen, oder eine andere Rolle? IN: (1:15:30f.): Das wird auf jeden Fall eine größere Rolle spielen als damals, weil die Leute damals noch nicht auf dem technischen Know-How Stand waren. Also alleine das bauliche verarbeiten des Betons, dass musst du ja auch können und machen. Dieses Wissen hat sich die Szene ja auch erst nach und nach erarbeitet. Ich meine es ist toll, dass Pontus Alv da so ein Video gemacht hat und darin ein bisschen shaped, aber damit weißt du ja jetzt noch nicht, wie man das tatsächlich macht. Denn wir reden über bautechnische Details. Und Beton ist auch nicht gleich Beton. Und das sind halt auch viele Sachen die oft, da an der Stelle, nicht unterschieden werden. Also D.I.Y.-Parks wird weiter ein ganz ganz wichtiges Thema sein, das wird es weiterhin geben. Aber man muss immer gucken, was betrachte ich jetzt. Betrachte ich jetzt einen öffentlichen, frei zugänglichen Skatepark der von der Stadt betrieben wird, wo die Verantwortung auch bei der Stadt liegt, oder habe ich einen D.I.Y-Spot, der irgendwo, irgendwie gebaut ist und wo man halt fährt, weil man fährt. Also ein D.I.Y.Park ist für mich auch eher so ein Spot, als jetzt ein Park. Weil ein Park ist etwas offensichtlich gesetztes. Klar ist ein D.I.Y.-Park auch etwas offensichtlich gesetztes, aber es ist eher so zweckentfremdet irgendwie. Du hast eine bank, da ist unten eine Kante vor, machst du es unten mit Beton, shapest du es einfach so, dass du irgendwie einen Übergang hast. Und xxxii


schon hast du einen kompletten Spot. Das wird es auch weiterhin geben. Das ist auch richtig. Man darf halt nur nicht die Betrachtungsweise aus den Augen verlieren. Was mache ich jetzt. Klar, kannst du auch einen öffentlichen Skatepark D.I.Y. bauen, aber im Prinzip sind es immer noch öffentliche Steuergelder. Und der Bauherr als Stadt, hat natürlich andere Rahmenbedingungen, als wenn ich jetzt einen D.I.Y-Spot mache. Ein D.I.Y-Spot ist halt willenlos. Da gibt es auch keine Gesetze, keine Regeln. Wenn da was passiert, dann passiert da was. Wenn da was kaputt geht, dann geht da was kaputt. Wenn der Beton bröckelt, dann bröckelt der Beton. Dann macht man es neu, wie auch immer. Wenn du aber jetzt einen Skatepark hast, der draußen ist, frei zugänglich ist, dies, das. Dann haben die ihre Spielplatzprüfer die da rumgehen müssen. Du hast eine Verantwortung, dass wenn da was kaputt geht oder sich da einer verletzt und und und. Diese Sache musst du halt immer abwägen und irgendwie in den Kontext des ganzen bringen, das es halt auch funktioniert. Aber der schönste Effekt durch diese D.I.Y.-Geschichte ist eigentlich entstanden in Hannover. Durch den 2er Verein. Denn die haben in Hannover ein Gelände bekommen von der Stadt, wo sie so D.I.Y. mäßig sich praktisch ihren eigenen Skatepark bauen können. Das ist eine abgetrennte Fläche. Da kommt man auch nur als Vereinsmitglied drauf. Und die haben da angefangen sich D.I.Y. die Rampen zu bauen wie sie es wollen. Dadurch haben die ein Know-How, eine gewisse Erfahrung erlangt, dass diese Leute jetzt eine Firma gegründet haben um Skateparks zu bauen. Das heißt durch ihre D.I.Y. Tätigkeiten haben sie praktisch ihre eigene Ausbildung gemacht, um qualifiziert Ausführungen als Business zu machen. Müssen wir nicht drüber reden. Wenn du Business machst, musst du auch eine gewisse Professionalität haben. D.I.Y. ist nicht professionell. D.I.Y. ist halt D.I.Y.. Man kann D.I.Y. auch professionell machen, ist klar. Aber D.I.Y. vom eigentlichen, begrifflichen, umgangssprachlichen ist ja eher so ein bisschen wild und nicht so professionell mit Normen und Protokollen und abgehakt und dies und das. Das hast du aber in dieser anderen Welt. Und das muss man halt irgendwie zusammenbringen. Und die haben es halt geschafft, diese D.I.Y., ich lern mir das an, so zu professionalisieren, dass die jetzt eine Firma haben, die Skateparks baut. Find ich super. Weil solche Leute brauche ich. Denn ich als Planer habe ja immer das Problem, wer kann es bauen? Und durch solche Leute, habe ich Firmen, denen ich diese Aufträge geben kann. Denn wenn etwas im öffentlichen Bereich gebaut wird, muss man natürlich eine gewisse Professionalität haben. Teilweise haben in der Vergangenheit diese Leute diese Professionalität noch nicht gehabt. Also wurden eher andere Firmen von der Stadt genommen die so was bauen, die können es aber nicht so gut und dann kommt da irgendwas bei rum. Und ich bin halt auch ein Freund davon, dass die Gelder die bei so was im Spiel sind, halt auch da auftreten, wo sie richtig aufgehoben sind. Also ich habe ein besseres Gewissen einer Firma einen Auftrag zu geben wo Skateboarder arbeiten, als Schlipsträger. Ist eine Gewissenssache. WM: (1:21:13f.) Ja. Kommen wir wieder ein bisschen so auf die Hierarchie zurück. Stell ich mir jetzt einmal so ein bisschen träumerisch vor. Wenn du jetzt sagst du bist höher gerückt in der Hierarchie. Und dass die untere Stufe von einem Skateboarder besetzt ist, die mittlere auch und irgendwann dann auch vielleicht ganz oben ein Skateboarder sitzt, dann hat man vielleicht auch irgendwann einmal durchweg ein Verständnis für Skateboarding. Das ist ja vielleicht eine Zukunftsvision die irgendwann einmal Realität werden wird. IN: (1:21:33f.) Auf jeden Fall. Also das kannst du sogar bis in die Spitze machen. Denn teilweise auch in der Politik und in der Stadtverwaltung die Leute werden ja auch immer jünger. Das heißt auch da ist eine gewisse andere Generation. Und dann hast du z.B. auch mal einen Bürgermeister, der in seiner Jugend geskatet ist. Da sind wir jetzt wieder bei diesen drei Jahren [Skateboard fahren]. Die zwar nicht so die richtige Erfahrung sind, aber er kann sich auf jeden Fall ein bisschen besser was darunter vorstellen, er als Bauherr. Dann gibt er das an die Stadtverwaltung ab. Und in der Stadtverwaltung arbeitet im Grünflächenamt vielleicht auch jemand der mal Skateboard gefahren ist und kann auch darüber reden. Der gibt das Ganze an einen Landschaftsarchitekten ab, der ist auch mal geskatet und der arbeitet mit den Skateboardfahrern vor Ort zusammen. Und dann geben die alle einen Auftrag dann auch nochmal ab, an xxxiii


denjenigen der es baut und der kann auch nochmal Skateboardfahrer sein. Somit haben wir also in dieser Kompetenz Skateboarding, alle Projektablaufsbereiche eigentlich abgedeckt. Und diese ganze Entwicklung und Evolution des Ganzen, dass Skateboarder auch in diesem professionellen Business tätig sind, die ist in den letzten fünf Jahren, stark angestiegen. Also da ist eine krasse Entwicklung bei. Also wir sind jetzt im Normenausschuss drin, für die DIN-Norm. Arbeiten gerade auch an der VDI-Richtlinie, also sprich die Schallschutzemissionswerte die definiert sind und halt europaweit gelten. Genauso wie die DIN-Norm, die auch europaweit gilt. Für alle Leute. WM: (1:23:14f.) Wie macht ihr das? Geht ihr dann mit einem Skateboarder ins Tonstudio und nehmt einmal auf wie laut ein Knall ist wenn er auf den Boden aufkommt oder grindet? Oder wie stell ich mir das vor? Oder wie genau ist die Norm für Skateboards? IN: (1:23:19f.) Nein. Also die DIN-Norm ist irgendwann einmal vor ca. vierzehn, fünfzehn Jahren mal gemacht worden. Da steht drin, was ein Pool ist, oder was ein curb ist, oder was ein Nippel ist, oder was ein Streetflat ist, oder was ein Bla-Flat ist. Also komische Sachen die da drin stehen. Wie diese definiert werden. Aber halt mit einer Betrachtungsweise, von einem Stand von vor zwanzig Jahren. Und das musst du halt jetzt alles wieder komplett ändern. Und damit man irgendwelche Werte hat, sind die natürlich nicht hingegangen und haben im Skatepark geguckt, wie wird der genutzt. Dann stellen die im Park überall Mikrofone auf, damit sie ein paar Werte haben, einen ganzen Tag, oder eine Woche irgendwie durchleuchtet. Und dann gibt’s da Mittelwerte. Und diese Mittelwerte sind dann die Grenzwerte der Norm. Und diese Grenzwerte die dann in dieser Norm drinstehen, sind mal vor X Jahren irgendwie gemacht worden, mit Rampen mit einer offenen Konstruktion oder mit Plastikbelag. Das ergibt dann eine, wie so eine Trommelfunktion. Es kommt also auf den Belag an. Deshalb muss da dran gearbeitet werden. Denn in ganz Europa müssen sich alle nach dieser Norm richten. Genauso wie die Sicherheitsnorm. WM: (1:24:33f.) Aber da arbeitest du jetzt mit dran, richtig? IN: (1:24:35f.) Genau. WM: (1:24:36f.) Dann bin ich aber beruhigt! IN: (1:24:40f.) Und ich arbeite seit vier Jahren an der Skate-Norm. Und jetzt gerade dieses Jahr sind wir dabei und schreiben die komplett um. Komplett. Das ist viel Arbeit. Schade daran ist nur, es hört sich so toll an, mit der DIN-Norm, dass man da mitarbeitet. Und es hört sich vielleicht so an, als ob man da richtig viel Geld verdienen kann. Aber es ist leider ganz im Gegenteil. Ich muss da was mitbringen. Also ich zahle, pro Jahr, dass ich daran mitarbeiten darf. WM: (1:25:16f.) Oh. Ja dann brauchst du eigentlich einen Sponsor. IN: (1:25:18f.) Ich bräuchte eigentlich einen Verband der das bezahlt. So was ist Verbandsarbeit. WM: (1:25:21f.) Weil es ja eigentlich auch allgemein im Interesse der skatenden Gemeinschaft sein sollte. IN: (1:25:25f.) Richtig. Da sollte eigentlich ein gemeinschaftliches Interesse dabei sein. Nur, jetzt sind wir wieder bei dem gemeinschaftlichen Interesse der Betrachtungsweise des Ganzen. Dadurch, dass die Norm immer eine Hürde oder eine Blockade war, ist diese Norm in der Betrachtungsweise meist etwas Schlimmes und etwas was blockiert. Klar ist es etwas das blockiert, aber es ist nichts Schlimmes. Man muss es nur zu interpretieren wissen. Und das können die meisten nicht. Weil die meisten die schreien: Fuck for Norm, Fuck for TÜV. Die wissen aber gar nicht was da drin steht. Aber die lassen sich auch xxxiv


nicht auf einen Dialog ein. Das heißt da müssen wir auch noch viel Überzeugungsarbeit, also Erklärungsarbeit leisten. Informativ alleine schon, müssen wir da viel, viel Arbeit noch investieren. Das Ganze ist halt alles Ehrenamt was wir da machen. Es bezahlt keiner. WM: (1:26:22f.) Ich ziehe meine Hut. Ich weiß es zu schätzen. Ich freu mich dann wenn du nachher erfolgreich damit sein wirst. IN: (1:26:26f.) Man wird oft irgendwo verächtet wenn man irgendwo. Ah, du bist ja im Normausschuss und hier und da. Aber die wissen eigentlich gar nicht was ich dadurch versuche zu bewegen. Weil die meisten gar nicht die Reichweite sehen von dem was es da ist. Weil man muss sich das mal vorstellen. Das ist eine Norm die europaweit gilt, für alle Skateparks die gebaut werden. Und da steht ein Schwachsinn drin. Aber, es kommt niemand, niemand außer ich, auf die Idee, mal an dieser Norm zu arbeiten. Alle sagen immer nur. Scheisse, brauchen wir nicht. Ja, … WM: (1:27:10f.) Muss aber trotzdem gemacht werden. IN: (1:27:12f.) Muss aber trotzdem gemacht werden. Wir leben nun einmal leider in einem bürokratischen System, was so funktioniert. Will ich jetzt das große System umdrehen, oder will ich an den Inhalten der Norm arbeiten, damit man sich in einem Kompromiss einigt, oder wie auch immer. Diese Kompromissbereitschaft ist da dann auch wieder nicht so da. Also Skateboarder als die tolerantesten und tollsten Leute sind leider auch die intolerantesten. Muss man leider ehrlich sagen. Aber ich bin selber Skateboardfahrer, also kann ich auch sagen dass ich Scheisse bin. WM: (1:27:46f.) Ja, das stimmt manchmal schon. Aber daran sieht man ja auch wieder, dass man immer nur so weit sehen kann, wie weit der eigene Horizont reicht. Und wenn die Wissenslage eben nicht so ist, dass man überhaupt weiß was Sache ist, dann kann man sich auch nicht darüber beschweren. IN: (1:27:54f.) Aber das ist ja auch nichts Negatives. Also Unwissenheit ist da jetzt keine, also es ist ja nicht schlimm. Aber man muss sich halt auch auf einen Dialog einlassen. WM: (1:28:09f.) Das ist doch mal ein guter Abschluss. Man muss sich auf einen Dialog einlassen! Ich bedanke mich für das Gespräch. IN: (1:28:13f.) Sehr gerne.

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Interview Uta Jülich: Durchgeführt am 29.04.2014 in Bielefeld Angabe in Minuten: (01:20f.) = eine Minuten und zwanzig Sekunden folgend WM= Wouter Mikmak UJ= Uta Jülich

WM: (00:03f.) Erstmal generell kurz als Einstieg, viele Städte in Deutschland haben Skateboarding lange Zeit lediglich als Kinder- und Freizeitbeschäftigung abgetan und sind um Schäden und Belästigung durch Skateboarding entgegenzukommen, haben die vermehrt Verbote ausgesprochen und die aus der Stadt verdrängt, da sind sie quasi mit der Stadt Bielefeld ein gutes Beispiel das es auch anders geht, dass man auch etwas für die Skateboarder machen kann und das beide Seiten voneinander profitieren können und da möchte ich jetzt ein paar kurze Fragen stellen und gucken wie das Ganze, wie der ganze Prozess gewesen ist, wie dieser Platz entstanden ist, welche Hintergründe da so hinter sind und was man da vielleicht auch für andere Städte draus ziehen kann und wie man das besser machen kann, so wie sie es auch gemacht haben. Deshalb als grobe Einstiegsfrage erstmal, warum hat sich die Stadt Bielefeld für die Integration einer neuen und noch größeren Skateanlage mitten in der City überhaupt entschieden, wie ist es dazu gekommen? UJ: (00:55f.) Also es gab ja schon auf dem Kesselbrink eine Skateanlage und es gibt hier glaube ich eine ziemlich größere oder große Skaterszene und die sind auch miteinbezogen worden, also der Benni Kopp, ich weiß nicht ob der irgendwie bekannt ist in Skaterkreisen? WM: (01:18f.) Ja, den Namen habe ich schon mal gehört. UJ: (01:20f.) Der hat wohl auch irgendwelche Meisterschaften gewonnen und ist da auch sehr rührig, und da das auch auf dem Platz eigentlich gut funktioniert hat vorher auch jetzt so, sage ich mal, das ist ja eine Szene die auch vielleicht manchmal Bedenken hervorruft unter den älteren Bürgern, war das doch im Rahmen dieses Vereins auch eine gut funktionierende Angelegenheit und als die Umgestaltung des Platzes ein Thema war, sind ja auch Bürgerforen durchgeführt worden und es wurde auch in den Bürgerforen mit thematisiert was soll auf dem Platz bleiben oder was soll hinkommen und da war eben das Thema skaten auch ein Thema was auf dem Platz bleiben sollte, der TSV ist da auch miteinbezogen werden, in Person von Benni Kopp. WM: (02:19f.) TSV, da muss ich kurz nachhaken? UJ: (02:20f.) Turn- und Sportverein, da sind die Skater mit im Verein und die haben wir dann miteinbezogen und deshalb auch eine sehr detaillierte Anforderungsplanung im Rahmen des Wettbewerbes. Sie hatten ja gesagt dass sie die Machbarkeitsstudie schon kennen, und da ist ja auch, sind ja die Themen vorbereitet worden für den Wettbewerb, und da spielt Skateranlage auch ein große Rolle und das ist ja dann, die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie sind qualifiziert worden für eine Wettbewerbsauslobung, also europaweiter Gestaltungswettbewerb für den Kesselbrink und in Vorbereitung dieser Auslobung sind sehr detaillierte Angaben gemacht worden, was auf dem Platz wünschenswert wäre. WM: (03:17f.) Von den Skatern? UJ: (03:18f.) Von den Skatern, natürlich kostenmäßig auch in Abstimmung mit der Stadt, aber da ist sehr detailliert gearbeitet worden, das haben uns auch die Büros gesagt, die sich für den Wettbewerb beworben xxxvi


haben, dass sie gesagt haben „Oh, da müssen wir uns ja Fachleute mithinzunehmen, die diese Angaben kennen―, weil als Grundplaner auch nicht unbedingt jetzt, aber ich denke das war ganz gut und dadurch ist das glaube ich auch eine Anlage geworden die eben schon bundesweite Aufmerksamkeit erzeugt. WM: (03:52f.) Ja auf jeden Fall, ich denke auch. Gab es denn vor dem Bau, also auch vor dem ersten Bau, bevor sie jetzt den Neubau gemacht haben, da war ja generell dieser alte Platz war ja schon da. Gab es denn davor oder währenddessen irgendwie Probleme mit Skatern in Bielefeld außerhalb vom Kesselbrinkplatz, das irgendwie eine Entscheidung gefällt worden ist, wir brauchen jetzt einen Skateplatz, weil irgendwo anders Probleme sind? UJ: (04:13f.) Also das ist mir nicht bekannt ehrlich gesagt. Ich bin auch erst seit 2009 hier in Bielefeld, ob es da vorher Probleme gab weiß ich nicht, aber was schon ein wichtiges Thema war, was ich vorhin kurz ansprach, dass durch den Verein und auch durch die Leute die sich da verantwortlich gefühlt haben für die Skateanlage auch eine gewisse soziale Kontrolle stattgefunden hat und das eigentlich meines Wissens gerade auf dem Kesselbrink das problemlos ablief. WM: (04:46f.) Gab es denn generell Konflikte die irgendwie gelöst werden mussten, ich sage mal zu wenig Budget, die Ansprüche konnten nicht umgesetzt werden, zu viele Bürgerbegehren die gesagt haben, nee, wir wollen gar keinen Skateplatz, irgendwelche Probleme die im Mittelpunkt standen vom Skateplatz? UJ: (05:01f.) Also da bin ich jetzt auch insofern ein bisschen überfragt, weil ich erst in der Endphase, der Machbarkeitsstudie nach Bielefeld gekommen bin und den Kesselbrink praktisch übernommen habe, mir macht es nicht so den Eindruck dass das Thema skaten keinen Platz auf dem Kesselbrink haben sollte, es war für mich von Anfang an bei der Machbarkeitsstudie mit dabei. WM: (05:26f.) Welche Vorteile sieht denn die Stadt Bielefeld in der Positionierung dieses Skateplatzes für sich als Stadt? UJ: (05:35f.) Also ich denke so ein Angebot für Jugendliche und junge Erwachsene gibt es wahrscheinlich so oft nicht und es zeigt ja auch dass es sehr angenommen wird, also immer wenn ich auf den Platz gehe, in den Ferien sowieso, aber wie gesagt, vorhin sagte ich auch schon abends, kann man da auch die jungen Erwachsenen sehen, also nicht nur die Kinder, und es ist auch nicht nur Skateboard, es ist auch BMX und ich denke es wird sehr gut angenommen. WM: (06:07f.) Hat die Stadt denn irgendwelche langfristigen Ziele damit gesetzt, oder war es einfach dass das Angebot für die Jugend, also ich sage mal kleiner Wink quasi auf Skateboarding als Imageträger, ist sowas auch da im Hintergrund oder ist das eher sekundär, oder gar nicht? UJ: (06:22f.) Also ist mir jetzt so nicht aufgefallen, aber ich denke schon das was in der Presse rübergekommen ist, nach der Eröffnung, oder zur Eröffnung der Skateboardanlage, denke ich zeigt schon, dass auch das Engagement von Herrn Kopp zeigt, dass es doch ein gewisses Image sich da auch rausbildet und ich glaube das war vorher bis zum gewissen Grade auch schon da, weil so eine innerstädtische Anlage, wie sie es sagten, auch nicht so die Regel ist und das wollte man eigentlich auch festhalten. Es gab sicher auch Diskussionen ist denn das Skateboard und so viel Fläche, wird denn das tragend sein für die Zukunft auch, aber das hat sich eigentlich im Laufe der Zeit schon auch zurückgedrängt.

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WM: (07:15f.) Wie war das von Seiten der Politik, es gibt ja immer, der Plan muss ja erstmal gemacht werden und dann muss er ja abgesegnet werden, wie war da so die Reaktion, also war das schwierig das irgendwie durchzusetzen, es gibt ja Planungsvorhaben, die immer schwieriger sind, wie war das? UJ: (07:29f.) Nein, ich denke das war auch durch die Machbarkeitsstudie so vorbereitet, das auch die Skateboardanlage dann nicht mehr in Frage gestellt wurde, klar gab es dann im Rahmen der Ausführungsplanung, da war ich jetzt nicht mehr so involviert, hab das aber so am Rande auch mitbekommen, dass da auch Abstriche gemacht worden sind, einfach auch Kostengrund. WM: (07:48f.) Ja, okay. Das heißt die Anlage war im Endeffekt noch größer quasi geplant? UJ: (07:53f.) Also ich glaube von der Fläche größer nicht, aber von den Anlagen erschien es mir so, dass da bis zu einem gewissen Grad auch abgespeckt worden ist, vielleicht auch in der Ausführung, also da denke ich da sind Veränderungen auch durchgeführt worden, Veränderungen kamen sicher auch dadurch, dass im Rahmen der Wettbewerbsauslobung eine Durchgängigkeit noch eingefordert wurde in Richtung Kosten, also zum Ravensberger Park hin und da musste auch nochmal ein bisschen verschoben werden und da haben sich auch Veränderungen ergeben. WM: (08:26f.) Sind die Skater denn jetzt immer noch irgendwie in Kontakt mit der Stadt oder hat sich das rein auf dieses Planungsvorhaben beschränkt, quasi jetzt steht die Anlage und jetzt ist es fertig, oder gibt es immer noch irgendwie Kontakt zu den Skatern? UJ: (08:36f.) Also ich denke in der ersten Phase der Benutzung gab es auf jeden Fall noch Kontakte, weil, ich weiß nicht ob sie gesehen haben, es sind so Gitter aufgestellt und die waren so nicht eingeplant, die sind aufgestellt worden weil Kinder da auch reingelaufen sind und gewisse Sicherheitsaspekte WM: (09:03f.) Diese vier Bauzäune, die da standen? UJ: (09:04f.) Genau. Die sind da schon mal hingekommen, damit Kinder nicht einfach da reinlaufen und es ist nicht ganz ungefährlich, war da nicht so gedacht und dann sind einige Schilder aufgestellt worden, wie die Anlage zu händeln ist, ich hoffe die werden auch gelesen, ja es gibt halt gewisse Sicherheitsaspekte die berücksichtigt werden müssen das ist natürlich nachträglich immer noch ein Thema, wenn die Anlage dann auch genutzt wird. WM: (09:43f.) Ist denn, stehen sie als Stadt Bielefeld auch in Kontakt mit anderen Städten, also gibt es auch andere Städte die jetzt auf sie zukommen und sich informieren über den ganzen Planungsprozess über das Budget etc., also haben sie in irgendeiner Art und Weise Kontakt mit anderen Städten, was diesen Skatepark, diese Skateanlage angeht? UJ: (10:03f.) Also das ist mir jetzt nicht bekannt, wobei ich hinzufügen muss, das wir als Bauamt das Ganze betreut haben bis zum Abschluss des Wettbewerbes und im Anschluss das Amt für Verkehr praktisch die Ausführung übernommen hat, also Ausführungsplanung und dann auch die Umsetzung. Insofern bin ich da wahrscheinlich nicht so ganz angeschlossen, aber ich weiß das Interesse auch über den Verein rangetragen wurde und das ist glaube ich auch doch schon, wie sie auch schon gesagt haben, es bundesweite Aufmerksamkeit geweckt hat und es sind auch Presseartikel und es kommt auch immer mal wieder der Kesselbrink insgesamt mit allem Drum und Dran so in den Fachzeitschriften dann als Thema. WM: (11:04f.) Hat die Stadt Bielefeld schon einmal in irgendeiner Art und Weise Skateverbote ausgesprochen? xxxviii


UJ: (11:08f.) Das kann ich ihnen nicht sagen. WM: (11:12f.) Was glauben Sie wenn sie jetzt hier den Planungsprozess verfolgt haben, woran könnte es liegen, dass andere Städte das quasi nicht so gut auf die Reihe kriegen, so einen Skatepark in so einer Qualität zu machen? Welche Fehler könnten sie als Planerin jetzt abschätzen, was andere Städte quasi im Vergleich zu Ihnen jetzt nicht so umgesetzt haben? UJ: (11:35f.) Ja, also ich kann nicht irgendwelche Fehler anderer Städte jetzt benennen, ich kann mir nur vorstellen, dass es hier bis zu einem gewissen Grad historisch, sag ich jetzt mal, gewachsen ist, weil auf dem Kesselbrink schon eine Skateanlage vorhanden war, die eigentlich ganz gut funktioniert hat, gut angenommen wurde und sage ich mal auch unproblematisch im Handling war, also sprich soziale Kontrolle über die Vereinsmitglieder und ich denke das ist schon ein wichtiger Aspekt, wenn es da Probleme gibt, ist man dann eher abgeneigt so eine Skateanlage dann überhaupt aufzubringen und was natürlich auch immer ein Thema ist sind natürlich auch Folgekosten, also das darf man auch nicht aus den Augen verlieren und wir haben natürlich für den gesamten Kesselbrink auch Folgekosten benennen müssen. WM: (12:35f.) Sprich die Erhaltung der Rampen? UJ: (12:37f.) Ja klar. WM: (12:39f.) Weil die eine Hälfte ist ja aus Holz ne, wenn ich das richtig gesehen habe? UJ: (12:41f.) Ja, und ich denke da sind auch Kompromisse gemacht worden in der Ausführung, das dann eben Sachen so gebaut worden sind, dass es kostengünstiger wird und die Unterhaltung dann auch geleitet werden kann. WM: (12:56f.) Das heißt im Endeffekt sagen sie, dass in dem Umfang und in der Umsetzung wie das jetzt da steht ist eigentlich nur möglich gewesen ist, weil quasi das Erbe weiter getragen wurde und wenn das jetzt vorher nicht so gewesen wäre, dann wäre es wieder die Frage ob das jetzt in der Form wie das jetzt da steht überhaupt umgesetzt hätte werden können? UJ: (13:14f.) Und natürlich Fördermittel. Wir haben ja Stadtumbaufördermittel dafür bekommen, das ist natürlich eigentlich das Hauptthema um überhaupt den Kesselbrink als Platz neu gestalten zu können, war Auslöser Stadtumbau West und sie können sicher aus der Machbarkeitsstudie entnehmen, wir haben ja ein gesamtstädtisches städtebauliches Entwicklungskonzept, wo verschiedene Bereiche dann als Stadtumbaugebiete qualifiziert worden sind und dann haben wir noch das spezielle für den Bereich nördlichen Innenstadtrand, das sogenannte INSEK nördlicher Innenstadtrand, wo das Größte , wo verschiedene Maßnahmen, Stadtumbaumaßnahmen aufgezeigt sind und das größte Projekt natürlich die Umgestaltung des Kesselbrinks ist, klar ist 80% Förderung kriegt man auch nicht überall und da sind wir schon ganz froh und haben das natürlich entsprechend auch vorbereitet, da diese Fördermittel aus dem Programm Stadtumbau West zu bekommen. WM: (14:21f.) Es gibt zum Beispiel jetzt in Deutschland ein-zwei Städte, die jetzt eine Entwicklungsplanung für Skateboarding haben, könnten sie sich sowas auch für die Stadt Bielefeld vorstellen, oder ist das jetzt quasi das Thema in dem Sinne abgehakt, dass jetzt der Platz da steht und dann wird sich nicht weiter mit Skateboarding beschäftigt, weil dieser Platz vorhanden ist, oder könnten sie sich

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auch vorstellen dass Skateboarding in der Rolle auch in der weiteren Planung zum Beispiel für neue Quartiere oder ähnliches eine Rolle spielt? UJ: (14:47f.) Da sind sie leider hier an der falschen Stelle, weil das Spielflächenplanung, da gehört denke ich Skateboarding auch dazu, das gehört in den Bereich des Umweltamtes, die machen sowas und die machen das auch sicher auf verschiedene Altersgruppen bezogen und da bin ich jetzt auch wieder ein bisschen überfragt, ob da Skateboarding diese Rolle spielt, dann müssten sie vielleicht dort nochmal fragen. WM: (15:16f.) Ja, okay. Eigentlich bin ich schon fast jetzt durch, deswegen würde ich glaube ich auch schon jetzt meine relativ offene Abschlussfrage stellen. Was würden sie sich denn für die Zukunft wünschen bezüglich des Umgangs der Städte, bzw. Bielefeld mit dem Thema Skateboarding? UJ: (15:34f.) Also ich finde es gut das wir diese Anlage haben, dass sie auch mitten in der Stadt ist und ich denke, da ich sehe wer alles diese Anlage nutzt, dass das also auch nicht nur Kinder sind, sondern auch Erwachsene, da gehe ich davon aus, dass sie auch lange Bestand haben wird, weil die Generation dann auch bleibt, die einmal Skateboarding gemacht hat, oder BMX, mit dem BMX-Rad fährt und deshalb denke ich ist es, gehe ich davon aus dass es auch nachhaltig ist und das wäre natürlich wichtig für den Platz, denn das wäre schlecht wenn irgendwann keiner mehr Lust hat die Anlage zu nutzen, aber ich bin eigentlich da sehr zuversichtlich, weil wie gesagt auch dieser Verein dahintersteht, der sich sehr eingesetzt hat, und glaube ich auch europäisch unterwegs ist, oder sogar weltweit, ich weiß nicht wie das unter den Skateboardern ist, da gibt es ja auch verschiedene Events und die Planung ist vielleicht noch hinzuzufügen, da war auch ein Büro involviert, über Herrn Kopp, was sich da spezialisiert hat auch mit auf Skateboardanlagen. WM: (16:47f.) Da bin ich auch schon gewesen, in Münster, genau. UJ: (16:49f.) Ja, genau. Und das denke ich ist auch eine ganz wichtige Sache, weil die sich ganz gut auskennen da, das ist ja nicht so ein Thema was so allgemein zur Spielflächenplanung gehört, das ist ja schon ein besonderes Thema. WM: (17:02f.) Das heißt also dass das Planungsbüro aus Münster, das die mitgemacht haben, das war quasi auch eine Grundvoraussetzung das es jetzt überhaupt so umgesetzt werden konnte. UJ: (17:09f.) Also das ist übern Herrn Kopp da miteingebracht worden und ich denke deshalb auch eine sehr detaillierte Aufstellung was gewünscht ist für den Wettbewerb, was wir so wahrscheinlich gar nicht hätten, gar nicht gewusst hätten, weil man da nicht so im Detail die Sachen kennt. WM: (17:32f.) Ja gut, dann mache ich mal Stopp und bedanke mich herzlich für das Interview.

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Interview Christian Peters Durchgeführt am 12.05.2014 in Köln Angabe in Minuten: (10:52f.) = zehn Minuten und zweifünfzig Sekunden folgend CP: Christian Peters WM: Wouter Mikmak

CP: (10:52f.) Ganz kurz, das ist finde ich ein gutes Beispiel für so ein Worst-Case-Ding. Da ist die Stadt einfach hingegangen, hatte irgendwo noch ein Budget und hat mit diesem Budget im Katalog für irgendeinen Platz, der nicht gut zu erreichen ist, der Mitten im Stadtwald liegt, der noch so beschaffen ist, dass bei Regen das Wasser so reinläuft und dann mehrere Tage da steht, also jetzt nach jedem Schauer, wie wir das im Moment haben ist der Platz eine Woche nicht zu skaten, man bräuchte Gummiabzieher und irgendwie so. Und dann ist das Ding was die aus dem Katalog gekauft haben, was man ja gar nicht verstehen kann, ist dann noch von Firmen irgendwie, die vielleicht das auch für BMXer und für Inlineskater machen und selber aber irgendwie Fallschirmspringer sind, oder so, also gar keine Ahnung haben und dann stimmen halt die ganzen Feinheiten nicht die stimmen müssen, das weißt du besser als ich und das erklären die ja gerade in dem Video auch ganz pragmatisch. Also das ist ja ein wunderbares Beispiel, ich habe in meiner Arbeit auch an einer Stelle ein Zitat, wo mir der, ich glaube der Henrik Bones ist das, der Architekt der das Kap geplant hat, der ist ja auch hier direkt um die Ecke, der meinte so, was da an Millionen jährlich verschleudert werden, planerisch, einfach weil die Kommunen Schwierigkeiten haben zurückzugreifen auf die Expertise, die in den Szenen präsent ist und das hat natürlich auch was damit zu tun, dass die Szenen nicht greifbar sind, informell organisiert sind und das denen, das sagt der in diesem Interview auch, je nachdem wer dann den Leuten von der Stadt, die sich dann mal irgendwie drei Nachmittage damit befassen, wie investieren wir denn jetzt die 120.000€, oder die 40.000€, wenn ein großer Platz gebaut wird, im Kap waren es sogar 700.000, dann packen die sich da irgendeinen auf der Domplatte den die da kriegen, und je nachdem wer das dann ist haben sie eben Glück oder Pech. Das kann irgendwie derjenige sein, der aus Bergheim zum zweiten Mal auf der Domplatte ist und gar keine Ahnung hat, oder das kann eben ein Fachmann sein und dann entstehen halt, oder die sprechen mit Inlineskatern und denken das wären Skateboarder und daraus resultieren dann eben so völlige Fehleinschätzungen, Fehlplanungen, und man kann ja bundesweit oder in jeder Kommune, wenn du dir Spielplätze und Spielplatzgestaltungen anguckst, dann sieht man ja je nachdem wie gerade so die Skateboardwahrnehmung gesellschaftlich ist, das geht ja so zyklisch, mal boomt es, dann geht es wieder so ein bisschen runter, so wenn das gerade besonders boomt, dann verspüren die Kommunen, oder die Leute die da entscheiden auch irgendwie den Druck, ja wir können ja was mit Skaten machen, das ist auch irgendwie was Cooles und da hat man das Gefühl man unterstützt da so eine Community die vielleicht auch so als jugendkulturell abgetan wird eher, so und dann wird denen da was hingesetzt und dann sagt man denen jetzt freut euch doch das wir euch das gebaut haben, mit guten Absichten aber mit der Konsequenz das es nicht zu skaten ist und das passiert halt flächendeckend überall. Und das betrifft sowohl so bauliche Feinheiten von diesen Anlagen, sogar wie diese Rampen da gebaut sind, das weißt du besser als ich, weil ich gar kein Skater bin eigentlich, das betrifft aber auch das räumliche Angebundensein von so einer Anlage, also mitten im Grüngürtel schlecht zu erreichen nächste U-Bahnhaltestelle Zehn Minuten mit dem Board entfernt ist halt schwierig, der nächste Spot der irgendwie halbwegs attraktiv ist, ist eine halbe Stunde entfernt, das heißt auf den Routen die es in der Stadt so gibt liegt das auch nicht unbedingt, diese Dinge die müssen alle mitbedacht werden, wie ist die Versorgungsstruktur, wo kann man ein Kölsch kaufen, wenn da Leben sein soll an diesem Platz, dann muss man das halt sehr viel komplexer denken und sehr viel stärker aus der Perspektive der Nutzer, das ist ja wahrscheinlich auch ein Resümee deiner Arbeit, und das ist halt in dieser traditionellen Form der Planung selten berücksichtigt worden, sondern immer so nach Schema X Hauptsache die DIN Normen sind alle eingehalten, oder wie diese xli


Dinger da alle heißen, und dann geht der TÜV da drüber und sagt das ist okay und dann liegt das Ding da und keiner nutzt es. CP: (18:18f.) Für diese Geschichte ist ja vielleicht das Kap ein best-practice-beispiel, weil da, kennst du so ein bisschen den Hintergrund des Kap? WM: (18:27f.) Ich habe mich ein bisschen eingelesen. CP: (18:28f.) Also die Situation war halt so, dass es auf der Domplatte großen Ärger gab, schon seit langer Zeit, es gibt so Lobbygruppen der Kirche, der Anwohner… WM: (18:39f.) Hotel und so, da auch. CP: (18:39f.) …Hotel genau, die das unterbinden wollten, mit fadenscheinigen Argumentationen, die Würde des Platzes sei gefährdet durch die Skater. Jede kommerzielle Veranstaltung wird da gemacht, also wenn da irgendwie die Black Fööss oder die Höhner treten da auf, ist ja auch Kölsch, habe ich nichts gegen, aber warum Weihnachtsmarkt, oder andere Dinge die Würde des Platzes nicht verletzen, die Skater aber wohl, war mir nie nachvollziehbar. Auf jeden Fall ist irgendwann nach 2007 glaube ich dieser Konflikt da so eskaliert, das klar war, die Politik insbesondere die CDU Fraktion, Schramma genau, wird irgendwie reagieren auf den Druck den da einflussreiche Leute machen und wird das Domumfeld irgendwie neu gestalten und ein Teil dieser Gestaltung war, eben die Skater da zu verbannen, dann hat man versucht rechtlich dafür eine Grundlage zu schaffen, das war wohl nicht so schwer. Die haben so Gutachten in Auftrag gegeben, Skater gelten aber als Fußgänger und man konnte das nicht so, da wurde dann nachher halt irgendein Staatsrechtler das Springen mit dem Board als eine Form der Sondernutzung deklariert, die dann irgendwie unterbunden werden konnte, also Skateboardfahren durfte man noch, man durfte nur nicht springen. WM: (20:05f.) Ja krass, das hat mir vorhin der eine auch erzählt, dass er gesagt hat, dass sie nach drei Jahren wo das Verbot da war, sind die da noch gerollt, aber die Curbs haben sie so gut wie nicht mehr genutzt. CP: (20:14f.) und dann aber haben die Skater angefangen, weil der Unmut immer größer war, sich zu organisieren und das ist ein ganz zentraler Schritt gewesen, glaube ich vielleicht sogar für die gesamtdeutsche Szene, weil diese Domplatte ja eben so eine herausragende Stellung hatte, die Kölner Skater auch irgendwie, Köln galt als Skatestadt, weißt du auch besser als ich, vielleicht neben Berlin auch als die bedeutendste Skatestadt in Deutschland, und die haben sich dann eben zusammengeschlossen und versucht systematisch Lobbyarbeit für ihre eigenen Interessen zu machen. Und haben zum Beispiel 2008, oder 2009 am Go-Skateboarding-Day eine große Demo im Grunde gemacht, da gibt es auch Videos drüber, haben also auch hier lokalpolitisch die Werbetrommel für ihre Interessen gerührt, so dass der Stadt irgendwann auch klar war, okay das sind nicht nur ein paar Bekloppte, sondern das sind relativ viele und in dem Verein organisiert sind sogar irgendwie Architekten, Lehrer, Juristen, Mediziner, also etablierte Leute inzwischen schon über die man nicht einfach so hinweggehen kann, ohne das großer Gegenwind entsteht. Und dann ist da dadurch das für die Politik dann eben diese informelle Gemeinschaft eben auch ansprechbar wurde durch den Verein sind dann da Kontakte geknüpft worden, so haben mir die Akteure das erzählt, also die beiden die du da gerade in dem Video gesehen hast, die habe ich also beide auch interviewt, Christian Schakat und Patrick Bös, war das jetzt nicht, das war der Carsten Krieg, und so, das war ein langes Verhandeln erstmal zwischen Stadt und dem Domskateboarding e.V. bis den Leuten mal klar war, es gibt einen Unterschied zwischen Inlineskatern und zwischen Skateboardern, es gibt einen Unterschied zwischen Waveboarding, oder wie heißt das, also Waveboarding und Skateboarding ist auch xlii


etwas anderes, bis denen mal klar war, was überhaupt das ist und wieviel Expertise dazugehört um da mitreden zu können und dann haben die eben wahrgenommen, oder dann gab es eine Sonderkonstellation über das Konjunkturpaket II, also im Zuge dieser großen Krise viel öffentliches Geld irgendwie rausgehauen wurde um die Konjunktur anzukurbeln, dann hat die Stadt versucht da von diesem Geld eben eine Alternative zum Dom zu bauen um die Skater zu befriedigen. Auf der einen Seite vor allen Dingen aber um dann auch gesellschaftlich sozialpolitisch legitimiert ein Verbot auf der Domplatte aussprechen zu können, und dann sind Stadt und Verein irgendwie eng miteinander geworden und in stetigen Austausch gekommen und man hat dann irgendwie gemerkt, da ist ausreichend Expertise, ein ehemaliger Domplattenskater hat eben hier in der Nähe ein Architekturbüro, der hat dann Entwürfe gemacht zu dem Skateplatz der hier vorne liegt an der Venloerstraße, hier so 500 Meter in die Richtung, und dann ist über Grundstücke verhandelt worden und es ging lange hin und her und irgendwann hat die Stadt dann, also die Skater konnten sich das im Rheinhafen eigentlich nicht vorstellen, weil dieses Grundstück zwar relativ gut erreichbar ist, hast du ja vielleicht gerade gesehen, von der S-Bahn und der UBahn ist es nicht sonderlich weit, aber verglichen mit dem Dom, ja das ist ja etwas ganz anderes. CP: (24:23f.) Und der Hintergrund war dass diese große Baugeschichte, dieser Eingriff im Rheinauhafen, da gibt es ja immer, das weißt du auch besser als ich, so Auflagen wieviel Anteil der Fläche muss der Allgemeinheit für Kinder und Jugend zur Verfügung gestellt werden. Da gab es eben noch Restflächen und diese Baugesellschaft, diese Kölner Hafen- und Gütergesellschaft, die das da bebaut hat, ich glaube so hieß die, die eben noch das für öffentliche Zwecke für Kinder und Jugendliche irgendwie ein paar Tausend Quadratmeter gestalten musste und da ist dann das Amt für Kinder- und Jugendinteressen irgendwie hellhörig geworden und hat da irgendwie so eine Symbiose hergestellt, wir versuchen das Geld aus dem Konjunkturpaket mit diesem Grundstück was da irgendwie noch bespielt werden muss zu verbinden und dann ist diese Anlage entstanden. Diese Anlage ist aber eben entstanden rein auf den Plänen von den Domskatern, also der Patrick Bös… CP: (26:50f.) Natürlich weil es auch architektonisch, dass war denen ganz wichtig, so sein soll, dass es nicht als Skategelegenheit zu erkennen ist, sondern es sollte wie ein innerstädtischer Platz wirken, der einfach cool ist und den man dabei eben zufälligerweise auch noch gut skaten kann, das war so ganz zentrales Motiv. Und dann sind die hingegangen und haben weil denen ihr Partnerstädtchen Barcelona ist, haben so die weltweit bekanntesten Spots in Barcelona, aber auch in Kalifornien, in New York, nachgemessen und haben die eins zu eins da nachgebaut. CP: (28:18f.) Die Skater sind aus dem Häuschen weil das irgendwie so eine Verdichtung von weltweit idealen Skategelegenheiten ist, das macht das erst schon mal sehr attraktiv, zum anderen hat dann zu dem Erfolg, also nach meiner Einschätzung ist das Kap sehr gut angenommen worden, zu dem Erfolg hat aber natürlich auch beigetragen das ganz zentrale Figuren aus der Kölner Szene, nicht zuletzt der Patrick Bös der mit diesem Domliebe Blog, ich weiß nicht ob du den kennst? WM: (28:46f.) Ich glaube ich habe da schon mal reingeguckt, ja. CP: (28:49f.) Der das ist so ein bisschen wie die Tageszeitung für die Kölner Skater und der macht den halt, mit einigen anderen aber der ist derjenige der den hauptsächlich bespielt und der macht da eben drüber ja auch Stimmung. Und diese Stimmung haben die halt da mitgenommen, die haben die Skater mitgenommen, und das ist würde ich sagen so eine zweite Dimension in der Kommunikation, dann so eine Veränderung, also ich hätte mir vorstellen können, dass dieser Ärger und diese Wut, die Enttäuschung darüber dass dieser wunderbare Spot am Dom, der ja historisch so eine große Bedeutung für die Community hat, dass wenn das nicht, wenn man nicht die führenden Skater irgendwie mitgenommen hätte in diesem Prozess und gesagt hätte, so wir bauen dir jetzt hier für fast eine Millionen, xliii


für 700.000€ könnt ihr euch hier einen Spielplatz hinsetzen und so sind die natürlich auch korrumpiert worden. Dadurch hat man aber schon einmal einen Teil der Community die sich da austoben konnte mitgenommen und die wiederum haben dann aber auch stark Lobbyarbeit gemacht für die neue Anlage und das hat dann im Grunde dazu geführt, dass nach meiner Einschätzung diese Anlage sehr gut angenommen wird, das es ein großer Erfolg wurde und das am Dom eigentlich gar keine Probleme mehr bestehen. Also ich bin da jetzt nicht jeden Tag kontrollieren, aber wann immer ich vorbei komme oder irgendwie da bin sehe ich halt es sind keine Skater mehr da. CP: (33:07f.) Oder es gibt ein Video von der, es gibt hier so eine Architekturbienale PLAN heißt die, da haben die Skater einen Pavillon gestaltet. WM: (33:19f.) Ach das habe ich gesehen, mit den ganzen Boards drum herum. CP: (33:21f.) Genau, ja, das ist auch bei mir in einem Text drin glaube ich, oder hast du das Video gesehen? WM: (33:25f.) Ich habe das Video gesehen, ja. CP: (33:27f.) Und da gibt es halt Videomaterial, wo, also irgendwann in den Neunziger Jahren haben die Kölner, oder Zweitausender Jahren vielleicht auch, hat die Kölner Politik entschieden, so wir brauchen eine Stadtwacht am Dom. Die war vor allem auch dazu da um die Skater zu diskriminieren, so. Und da sieht man wunderbar dokumentiert die Skater haben diesen fantastischen Hochsehcontainer da mit Boards gestaltet, haben da eine Ausstellung rein gemacht, also wirklich tolle, hat mich total angesprochen, hat mir sehr gefallen und draußen hatten die dann mobile Curbs, weil die das ja auch irgendwie feiern wollten. WM: (34:05f.) Und dann kam dieser Stadtwacht-Mensch und hat gesagt hier sind solche Aufbauten verboten, das Video habe ich mir auch angeguckt. CP: (34:10f.) Ja, das meine ich zum Beispiel. Und das provoziert natürlich so ungemein, dass häufig die Gefahr auch ist, dass, also ich habe ein Kapitel dazu gemacht wie politisch ist Skateboarding. Also ist das überhaupt, also es wird ja gerade in englischsprachigen Veröffentlichungen wird das, ja immer so als, ja nach meiner Einschätzung vor so einem Marxistischen Theoriehintergrund, der dann irgendwie die Kommerzialisierung der Stadt, sich darüber geärgert wird und dann werden die Skater irgendwie so als die Partisanen der Straße gefeiert die dagegen angehen, so das ist immer so ein bisschen der Mechanismus. Nach meiner Einschätzung oder nach meiner Beobachtung ist das aber überhaupt nicht so, also Skaten macht halt einfach Bock. WM: (34:59f.) Ich hinterfrage das auch ein bisschen, ich verstehe auf jeden Fall was du meinst, ja. CP: (35:02f.) So mit dem Board kann man toll spielen, man kann da irgendwie, das ist eine Freude an der Bewegung und irgendwie am Lernen von neuen Moves und an dem Gefühl was man dabei hat, für mich ist das eher so eine körperliche freudvolle Tätigkeit, die keine politische Agenda verfolgt. An der Stelle wo aber dann irgendwie die Stadtwacht so kleinkariert irgendwie gegen die Skater vorgeht und man sich so verfolgt fühlt trägt das natürlich zu einer Politisierung dann auch der Skater bei, ich habe das passive Politisierung genannt. Also die verfolgen nicht aktiv eine politische Agenda und wollen irgendwelche Ziele umsetzen, sondern die werden an manchen Stellen und an vielen Orten eben verdrängt, politisch irgendwie stiefmütterlich behandelt in ihren wahren Wünschen nicht wahrgenommen und darüber entsteht dann irgendwann so das Gefühl, so jetzt wollen wir aber mal für unsere Rechte hier eintreten, so xliv


und dann sind die auch politisch mal aktiv und sagen, so wir wollen jetzt aber gerne hier mal was bauen oder wir wollen das der Spot bleibt. Das ist aber nichts was jetzt per se in diesem sich bewegen auf einem Rollbrett drin steckt, sondern das ist etwas was durch verschiedene Umstände zusammenkommt. Hat natürlich auch etwas damit zu tun das das junge Menschen sind, Heranwachsende, die sich auch in ihren Identitäten suchen und finden und das ist halt auch eine Form von Ausprobieren dann auf der politischen Bühne. CP: (38:18f.) Es gibt halt ein ganz anderes Stadtkonzept in den USA. WM: (38:21f.) Genau. CP: (38:23f.) Also dieser kulturgenetische Stadttypus angloamerikanische Stadt, den kennt halt ein Stadtzentrum nur als ökonomisches Zentrum, also da wird nur Geld verdient und alles was nicht dem Geldverdienen dient hat da nichts zu suchen. So, mitteleuropäische Stadt hat aber aus der Antike, griechische Stadt, römische Stadt hat immer ein Forum, also so Begegnungsräume gehabt in denen es um Kommunikation ging und zwar nicht nur unter kommerziellen Aspekten. Und das zeigt sich da auch ein bisschen. WM: (39:30f.) Welche Rolle glaubst du, sollten Skateboardfahrer in der Stadt Köln einnehmen, einmal aus Sicht der Stadt, also was glaubst du wie die Stadt vom Skateboarden profitieren kann, und dann aus deiner persönlichen Sicht? CP: (39:46f.) Da bin ich überfragt, glaube ich. Also ich sage jetzt mal meine Selbstbeobachtung Mit der Frage habe ich versucht meine Arbeit auch zu beenden und ich gehe immer zu so einer Tagung Sportund Raum, da sind vor allen Dingen Stadtplaner und da sind irgendwie die Vorsitzenden der Sportämter und so, dann versucht man dann immer am Ende irgendwie denen schmackhaft zu machen warum man sich irgendwie mehr um Skateboarden kümmern soll, und da habe ich ja wenn du diesen einen Text da gesehen hast, da komme ich immer mit Skater sind Kreativschaffende und Künstler und irgendwie so, aber keine Ahnung ob das so tragfähig ist. Also am Ende glaube ich läuft das ja, ist das irgendwie ökonomisch ein Minisegment für so eine Stadt und unter rein ökonomischen Aspekten ist das glaube ich für eine Stadt wenig attraktiv da viel zu investieren. Ich glaube die Situation in Köln war wirklich mehr so ein Imageding, das jeder und das ist halt auch das Potential meiner Arbeit die sich so mit der Domplatte beschäftigt, jeder dem ich von meiner Arbeit erzähle kennt das Phänomen, das ist ja für so ein subkulturelles Thema Skateboarding in was weiß ich wo, aber am Dom hat das jeder schon einmal gesehen. Nicht nur in Köln, das kennt man deutschlandweit und das hat natürlich die Stadt auch ein Stück weit unter Druck gesetzt. So den Wert den ich da sehen würde, wenn man jetzt dieses Münchener Beispiel, ich weiß nicht ob du diesen Eisbachsurftext da gelesen hast, so die Stadt München bewirbt ganz aktiv ihre Stadt mit diesem Bild der Eisbachsurfer, also das ist ein Imagefaktor geworden, das ist die zweitoder drittbedeutendste Sehenswürdigkeit von München. Ich gehe da auch immer hin. Ich war ein paar Mal jetzt in München auf der Durchreise, irgendwie eine Stunde oder zwei Aufenthalt, dann bin ich immer direkt da hingegangen, so weil das halt faszinierend ist das zu sehen und die Stadt München hat ja auch irgendwie vielleicht ein Imageproblem insofern dass die jetzt nicht total hipp und cool daherkommen, sondern die stehen ja eher für andere Werte, so Oktoberfest, irgendwie bayrisches und Bier und Brezeln, ja so was. Und an der Stelle kann halt so eine Stadt sich auch ein bisschen anders darstellen, für die Stadt Köln sind aus meiner Sicht da große Potentiale verschenkt worden, mit dem Museum Ludwig gibt es ja an diesem Standort, also da ist ja nicht nur der Dom, und nicht nur die Kirche und nicht nur die Tradition, sondern es ist auch dort, da eines der berühmtesten deutschen Museen für zeitgenössische Kunst und im Grunde, es gibt dieses Buch Skateboardingart, ich weiß nicht ob du das kennst, ist eine spezielle Nummer, aber wenn man Skaten irgendwie als eine Form von Tanz, zeitgenössischem Tanz oder Kunst betrachten xlv


will, da muss man da sagen, im Grunde war das die Außenraumperformance vom Museum Ludwig, das was da gelaufen ist und unter ästhetischen Gesichtspunkten war das ja wirklich so… ---Unterbrechung des Interviews--CP: (44.13f.) Und das was ich inzwischen irgendwie gut vertreten könnte, wäre zu sagen so man kann sich als Stadt gut damit vermarkten, das hätte man, es gibt einen Reiseführer für Köln, so einen Dumont Erleben, ich finde mich in meiner eigenen Arbeit nicht mehr gut zurecht, den habe ich da auch drin, da hätte sich die Stadt Köln gut darstellen können nach außen hin, ein bisschen hipp, jugendlich für eine bestimmte Zielgruppe, wenn es zum Beispiel um Städtetourismus geht, oder so, wo Köln ja irgendwie präsent sein will, dann wäre das eine Möglichkeit gewesen, da in so etwas reinzugehen und dieses Potential hat man jetzt verschenkt indem man die Leute da so mutwillig weggedrängt hat. Ein anderes Potential ist, Köln inszeniert sich ja, nicht nur im Karneval, sondern eben als die Stadt die keinen alleine lässt. Da gibt es große Kampagnen und ist auch ein bisschen die Wahrnehmung von allem, wenn du gestern Abend den Köln Tatort gesehen hast? WM: (45:19f.) Ja habe ich tatsächlich. CP: (45:20f.) Das ist ja auch dieses Momentum, das war ja jetzt vielleicht so ein Rückgriff auf diesen Vorfall in München [Stichwort: „U-Bahn Schläger―], aber in Köln gab es hier vor Jahren schon so Kampagnen, Kölner lassen keinen allein und so was. Köln hat den Anspruch eine weltoffene, tolerante Stadt zu sein, so an der Stelle hätte man, wäre das ja auch mal ein Beispiel dafür gewesen, dass auch wirklich dann dadurch zu exerzieren und zu sagen, ja, Kinder und Jugendliche sind uns nicht nur in der Schildergasse hundert Meter weiter als Konsumenten willkommen, wo sie irgendwie, dann bei, in irgendwelchen Läden, bei H&M da irgendwie ihren Hunderter raushauen, sondern wenn die 100 Meter weiter sich in ihrer Jugendlichkeit produzieren, als Heranwachsende mit all den Anstrengungen die damit verbunden sind, dann tolerieren wir das hier auch im Zentrum der Stadt und wir als tolerante Stadt, wir wollen jetzt nicht unsere Kinder an den Stadtrand verdrängen und in hohe Käfige einsperren damit die niemand sieht. WM: (46:24f.) Mit diesem Image, dass das Skateboarding, dass das Image quasi für die Stadtplanung positiv genutzt werden kann, da frage ich mich auch immer ist das auch eigentlich eine Ausnutzung, eine Ausbeutung von diesem Image der Subkultur, wird das einfach halt, ja quasi eigentlich im falschen Kontext verwendet, oder glaubst du dass das eigentlich in dem Sinne nur positiv ist und das im Endeffekt Imagegeschichten immer auf so eine Art und Weise verwendet werden? CP: (46:57f.) Ja, das hat zwei Seiten. Also an der Stelle wo dann Kommunen oder Stadtmarketingabteilungen da irgendwie sich solche Subkulturen rausgreifen und die irgendwie groß machen, und in Berlin ist das ja irgendwie vielleicht, Berlin ist ja so eine Stadt die so funktioniert, vielleicht sogar ohne so ein Marketing, das funktioniert irgendwie auf anderen Kanälen, weiß ich auch nicht. Also wenn man mal versucht so eine Kampagne hier für Köln zu starten und dann die Skater rausnimmt, dann trägt das natürlich dazu bei, dass man das eben dem Mainstream zuführt und an der Stelle gibt es ja dann noch viele Absonderungstendenzen. Ich habe zum Beispiel in meiner Arbeit diese neue Kultur des D.I.Y. Skaten [Anmerkung: Do it yourself], also diese ganze D.I.Y. Kultur und Bewegung ist ja im Grunde eine Reaktion darauf, dass Skateboarding an sich zu sehr im gesellschaftlichen Mainstream angekommen war und die Skater gesagt haben, so jetzt ist hier irgendwie alles mit Nutzerordnung, alles auf städtischen Anlagen, in den USA ist das ja nur so, irgendwie Helmpflicht und Getränke verboten und was weiß ich alles. Das ist ja nicht Skateboarding. Und an der Stelle, wo man die Leute irgendwie reinholt und für sich vereinnahmt, produziert man an anderer Stelle aber auch wieder dann Teile der Gruppierung die sagen,

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wir machen jetzt hier wahres Skaten aber in der verlassenen Industrieanlage in Ehrenfeld und bauen da unsere eigenen Spots. WM: (48:40f.) Das heißt wenn ich das richtig verstehe ist das, du beschreibst das so ein bisschen als, ich sage mal eine ambivalente Reaktion, also für die einen, also nochmal ganz zurück quasi, Skateboarder sind ja keine homogene Gruppe, sondern es gibt ja verschiedene Arten von Skatern. Die einen mögen lieber im Park skaten, die anderen lieber irgendwo auf der Straße und das ist quasi im Skateboarding drin, diese Nutzung des Images von Skateboarding teils positiv und teils negativ aufgefasst und dann quasi auch bearbeitet wird, sage ich mal. CP: (49:12f.) Ja, also in der Community wird das sogar überwiegend negativ wahrgenommen, glaube ich, weil weite Teile auch wahrnehmen, dass sie da instrumentalisiert werden. Also eine Stadt, ich weiß jetzt gar nicht ob es Städte gibt die sich schon wirklich explizit damit nach außen darstellen, irgendwie, so Malmö vielleicht. WM: (49:31f.) Ja und Brüssel zum Beispiel auch. CP: (50:00f.) Ich glaube das Kommunen als Außenstehende das irgendwie für sich instrumentalisieren können, dass aber in der Szene erstmal, das ist den Leuten egal, also das die Skater, ich dachte auch immer so, die wollen sich da am Dom vor der schönen Kulisse und so produzieren, ja da konnte man vor allen Dingen gut skaten und das der Dom da noch war, ist für die Fotos cool und für die Videos irgendwie hammer Kulisse. Aber wenn da jetzt irgendwie ein hässlicher Schornstein gestanden hätte, wäre ja auch, also kann ja auch cool sein, die sind ja auch sehr kreativ und sehr professionell in der Form der Inszenierung ihrer medialen Produkte, aber dieses hochkulturelle ist denen im Grunde scheiß egal, es war ein hammer Skatespot wie nirgendwo sonst mit dem Belag und das ist das entscheidende. Und die Skater, wenn die dann merken, so wir werden jetzt hier übermäßig instrumentalisiert, dann sind die ja auch abgefuckt, also denen ist diese, das interessiert die ja alles nicht, das ist denen alles egal, wenn die merken okay, wenn wir auf den Zug aufspringen können wir was umsetzen, dann machen die da wieder mit, aber nur damit die den nächsten Spot kriegen, nicht weil die irgendwie Kölner Skatestadt bei den DumontReiseführer Lesern gerne dargestellt wissen. WM: (51:14f.) Das heißt umgekehrt instrumentalisieren die Skater ihr eigenes Image wieder im Recycle Prozess, sozusagen, kann man das fast so sehen? CP: (51:21f.) Ja, ich meine die die ganz gewieft sind ja, glaube ich. CP: (52:52f.) Handlungsempfehlungen, was du da machen willst, ich glaube dass das halt am Ende wirklich auch daran hängt, wieviel Kompetenz liegt bei denen einigen wenigen mit denen man dann als Stadt nachher kooperiert und da können natürlich die kommunalen Entscheider, da haben die vielleicht schnell ein Gespür für, vielleicht auch nicht, dass muss halt auch wirklich ein offener Prozess sein, ich war da gar nicht bei, da kann ich auch nicht viel zu sagen, aber nach meinem Gefühl her braucht es halt Bereitschaft von beiden Seiten sich aufeinander einzulassen, die Skater müssen irgendwie lernen was heißt das hier in einem Hochwasserflutgelände in Köln was zu bebauen, welche Auflagen gibt es da und was geht da einfach nicht, so und das geht halt einfach per se nicht. Und die Stadt muss halt an anderer Stelle auch irgendwie lernen, da ist eine Expertise, wenn man über die hinweggeht, dann scheitert das ganze Ding. Ich habe den Eindruck, dass dieses Projekt in Köln so prominent war und jetzt auch beim, es hat ja auch vom deutschen Städtetag so eine Auszeichnung bekommen und ist in diesen ganzen Zirkeln, wo so die Sportämter sind und Planungsabteilungen von Kommunen und so, wenn die sich treffen, werden solche Dinge ja auch verhandelt und das ist natürlich so ein Best Practice Beispiel geworden an dem sich xlvii


dann auch andere Kommunen orientieren. Also das könnte ich mir vorstellen ist halt wirklich etwas wo dann hier in Köln gute Vorarbeit geleistet worden ist. Und das Zweite ist, ich war neulich bei einem Vortrag von der Stadtkämmerin hier in Köln, das ist eine soziale Beobachtung, so dieses Stichwort „Wutbürger―, also der Urbanit, der Bewohner der Stadt hat zunehmend in globalen Zeiten den Anspruch seine räumliche Nahwelt mitzugestalten, eigentätig, körperlich. Also hier wird gerade die Kirche abgerissen es gibt massiven Protest, die Leute, jede Nacht machen die da irgendwie Kerzen an. WM: (54:55f.) Ich habe schon die übermalten Plakate gesehen. CP: (54:57f.) Ja solche eben. Also es gibt an der Stelle wo alles kontingent wird, wo man das Gefühl hat man ist überall und nirgendwo, man hat nichts in der Hand und kann nichts regulieren, gibt es aber ein Bedürfnis baulich, gärtnerisch, wie auch immer, in irgendeiner Form hier in der Stadt sich zu engagieren, also Urban Gardening ist ein Stichwort was geradehier ein Boom ist. WM: (55:19f.) Oder Guerilla Gardening. CP: (55:20f.) Ja. Und an der Stelle wo jetzt dann Kommunen große Projekte planen, und da ist Stuttgart 21 ja ein Beispiel von vielen, artikuliert sich häufig dann auch irgendwie Unverständnis, Wut von Bürgern und die Politik hat natürlich riesen Bammel davor, dass so etwas passiert wie in Stuttgart, dass die irgendwas übers Knie brechen, hinter verschlossenen Türen, was aber ja immer auch bekannt war, nur eben eine bestimmte Wutschwelle, oder Bewusstseinsschwelle bei den Bürgern nicht überschritten hat und das es dann aber kurz vor Fertigstellung irgendwie zu einem massiven Protest kommt. Und deswegen sind die Stadtverwaltungen, so habe ich das neulich bei der Frau Kluge heißt die, wahrgenommen, inzwischen sehr viel stärker bereit und in der Lage und sehen sich selber auch gefordert in Dialog mit den Bürgern die Dinge zu entscheiden, sprich Stichwort Urban Governance, also die suchen so nach neuen Formen der Regierungsführung und versuchen viel stärker Bürger miteinzubeziehen, also in Köln gibt es in vielen Kommunen, gibt es zum Beispiel einen Bürgerhaushalt, da kann ein Bürger, jeder einzelne Bürger, die Skater haben das auch gemacht, kann vorschlagen was er gerne mit welchem Geld wo gebaut haben will, zum Beispiel unter Freizeitgesichtspunkten und dann wird da abgestimmt und abgewogen und das nimmt die Politik sehr, sehr ernst. Und ich glaube dieses Klima bei den Stadtverwaltungen, dass die irgendwie die Sorge haben, wenn wir das nicht gut machen, den Dialog nicht frühzeitig suchen, fliegt uns das irgendwann um die Ohren. Also ich kann mir vorstellen, dass wissen die Leute mit denen du da zu tun hast, oder du sicherlich auch viel besser als ich, aber ich kann mir vorstellen dass es in den SiebzigerAchtzigerjahren ist einfach viel hinter verschlossenen Türen, Top Down durchregiert worden, am Ende ist gebaut und entschieden worden und die Leute haben geguckt, ach so wird das jetzt, und haben das aber hingenommen. Und ich glaube, dass diese urbanen Subjekte das heute nicht mehr mit sich machen lassen. Die tun sich zusammen und die gehen dagegen an und dieses neue Selbstbewusstsein der Stadtbewohner setzt eben Politik unter Druck und schafft ein Klima in der sich Politik auch stärker in der Verantwortung fühlt Bürger in Gestaltung miteinzubeziehen. Und ich glaube beides, also diese gute Erfahrung hier von Köln und diese neue Verängstigung auf Seiten der Kommunalpolitik und das Selbstbewusstsein auf Seiten der Bürger führt ein bisschen dazu, dass die Bedingungen im Moment für so Skateprojekte oder für so partizipative Verfahren, also das ist ja ein Standard inzwischen. CP: (01:03:46f.) Ja ich glaube an der Stelle wo man halt auf die Skater zurückgreift, ist das ja alles schon, das ist ja inkorporiert dieses Wissen, also an der Stelle wo die dir einen Spot, wenn eine Kommune wie Essen oder wie Dortmund oder wie Köln an Fachleute Skatefachleute herantritt und sagt wir würden gerne was machen in dem und dem Stadtteil, die haben ja sofort den Blick, ja da gibt es das, da ist der Spot cool, da ist dieses Curb, hier ist die Mauer.

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WM: (01:18:50f.) So ein Skatepark, du hast den Skatepark ja auch als Nicht-Ort in dem Sinne beschrieben, weil es ja kein Ort ist mit einer gewachsenen Identität, aber wie du ja gerade selber gesagt hast, wenn man was baut und dann plötzlich was da steht, also etwas plant und etwas baut, dann steht es da und dann hat es in dem Sinne ja eine Identität. Glaubst du das D.I.Y. Spots in dem Sinne eine bessere Alternative zu aus öffentlicher Hand gebauten Skateparks sind, weil sie halt eben keine Nicht-Orte sind, indirekte Frage sind es Nicht-Orte? CP: (01:19:22f.) Also das Problem mit den Nicht-Orten ist, also diese Ruinen sind ja alle Nicht-Orte und diese Skateparks, also der Grund warum das Kap für mich kein Nicht-Ort ist, ist weil es in seiner räumlichen Identität an das Dom-Skaten anschließt, es ist auch Curb-Skaten und darauf ist auch Wert gelegt worden, dass was man skatetechnisch vorher am Dom machen konnte, das kann man jetzt im Kap machen, zwar vor einer anderen Kulisse und baulich ein bisschen anders aber im Grunde, so und dadurch, die Kölner Szene war eben eine Curb-Skater-Szene und die sind dahin mitgenommen worden insofern gibt es identitätshistorisch oder biographisch als Stadt Köln gibt es da eine Fortschreibung. An der Stelle wo man da jetzt irgendwie nur Halfpipes gemacht hätte, wären die ganzen Skater die am Dom waren, die wären da alle hingefahren und hätten gesagt, die ist viel zu hoch die Pipe, die kann ich nicht fahren, so was soll ich hier? Und diese Gefahr, oder diese Form von Identitätsprozess den muss man mitgehen, oder den muss man im Blick haben und der muss beeinflusst werden, wieweit, ach so mit den D.I.Y. Spots. WM: (01:20:31f.) Genau, also sind D.I.Y. Spots in dem Sinne die bessere Alternative zu Skateparks aus öffentlicher Hand, weil sie eben bereits eine eigene Identität durch den Bau an sich schon mitbringen? CP: (01:20:42f.) Ja, also für mich sind die ein eigener Typus. Ich habe es irgendwie praxistheoretisch gemacht und habe drei Praktiken des gegenwärtigen Skateboard Fahrens unterschieden, herausgearbeitet am Dom, am Beispiel von Köln, einmal das klassische Street-Skaten, dann das Park-, Halle- und PlazaSkaten, als eben so ein künstliches, ein diszipliniertes Skaten von Nicht-Orten und dieses D.I.Y. Skaten habe ich als eine Reaktion auf diese gesellschaftliche Etablierung im Mainstream, diese Nicht-Orte, dieses gesellschaftlich erwünschte, das disziplinierte Skaten will wieder wild sein, rough sein, irgendwie sich da anders darstellen und die Core, also die Skater wollen wieder so zurück zu ihrer eigenen Indie-Nische, die Nische ist halt im Moment nach meiner Einschätzung dieses D.I.Y. Skaten sowohl räumlich, weil das sind geschlossene Orte. CP: (01:24:56f.) Das ist für mich dieses D.I.Y. Skaten. Und ich finde insofern sind das auch die besseren Skatespots, weil das eine ganz eigene soziale Kosmologie aufweist, das sind sehr geschlossene Räume als Nicht-Skateboarder kommt man da, da weißt du gar nicht wo die sind, da kommst du gar nicht dahin. WM: (01:32:19f.) Für die Skateboarder an sich hast du ja zum Beispiel auch geschrieben, dass die Domplatte ja enorm identitätsstiftend ist und dass auch, in einem gewissen Sinne für die Szene eine Orientierung gibt. Das gleiche kann ja jetzt auch mit den D.I.Y. Spots passieren, dass das da, das schafft ja auch wieder eine Identität, aber inwieweit glaubst du das ein Kap oder ein D.I.Y. Spot gleichermaßen identitätsstiftende Wirkung aufbauen kann, wie zum Beispiel eine Domplatte, die ja über Jahrhunderte quasi erstmal überhaupt entstanden ist. CP: (01:32:48f.) Ja, also ich glaube das so eine Identität ja wachsen muss über längere Zeiträume, dass das Kap da gute Voraussetzungen hat, weil es in der Szene, in der Wahrnehmung der Szene kein Spot ist, also kein Skatespot in dem Sinne der verordnet wurde irgendwie, wie die Pipes in New York, irgendwie da, wo der Käfig Drumherum ist und dran steht, zwischen 17 und 21 Uhr darf man das ja nutzen, sondern dadurch das man viele Dinge berücksichtigt hat und die Szene sich da selber verwirklichen konnte und die Skater mitgenommen wurden haben die auch wirklich das Gefühl das ist unser Spot. Und da ist jetzt nicht xlix


ständig irgendwie Polizei präsent, oder die Stadt feiert sich da, sondern das ist der Ort der Skater und die fühlen sich da auch Zuhause. Insofern glaube ich schon das es so eine Fortschreibung gibt, dadurch dass auch der Verein immer noch Dom Skateboarding heißt, und der sein Zuhause aber jetzt im Grunde am Kap hat, ist es da wunderbar gelungen irgendwie, das Kap ist die Fortschreibung vom Dom. WM: (01:33:57f.) Ja, wirklich, kann man das so sagen? CP: (01:34:00f.) In der Wahrnehmung von vielen Skatern, glaube ich. Und auch in dem was ich so, wie ich das so mitbekomme, das ist jetzt der neue Hotspot des Kölner Skateboarding und der wird auch sehr enthusiastisch angenommen. Ich glaube das die D.I.Y. Spots dadurch das die sozial anders sind, die D.I.Y. Spots sind ja im Grunde im Besitz von denjenigen die sie gebaut haben. Diese Baukombos sind aber nie irgendwie, gerade in großen Communities wie der Kölner, sind immer wenige, das sind vielleicht zehn Leute, und das sind die Homies dann da und die kicken im Grunde alle anderen raus die ihnen nicht passen, und an der Stelle wird es natürlich auch schwierig, weil diese Identifikation mit dem Spot auch so groß ist den man selber gebaut hat, wenn dann andere kommen und da was übersprayen dann sind die halt angepisst und es gibt halt vielmehr Konflikte, Reibungspunkte in der Szene als an so einem öffentlichen Spot, wo dann doch im Grunde politisch legitimierte Skater, die in dem Vereinsvorstand sind, die sind zwar politisch nicht gewählt von den Skatern, aber die haben ja im Grunde für die Community etwas produziert und die tragen das auch weiter für die Community, während diese D.I.Y. Spots, die baut man ja für sich selber. Und ich glaube an der Stelle, also je nachdem, diese ganz großen D.I.Y. Spots vielleicht ist das da anders, in Hannover diese, oder in Hamburg Rote Flora. WM: (01:35:34f.) Ach so ja, ich glaube Hannover ist dieser Hafen auch gewesen? CP: (01: 35:38f.) Wie heißt das in Hannover? Also vielleicht ist es so, wenn alle Splittergruppen einer Skatecommunity in einer Stadt an einem Spot zusammen arbeiten und jede Gruppierung baut da irgendwie einzelne Teile, dass das dann auch so werden kann wie am Dom. Zugleich haben diese, das ist ja auch ein Charakteristikum, diese D.I.Y. Spots die sind halt temporär, also in dem Sinne, dass entweder das was da baulich geschaffen wurde nicht ewig lange hält, weil es halt amateurhaft gebaut wurde, oder aber ganz häufig auch, zum Beispiel der Ghetto-Spot in Frankfurt, der dann irgendwie zwei- drei Jahre der Hotspot war in Frankfurt und dann aber wurde da ein Bürogebäude hin gebaut und da ist da von heute auf morgen, dann kommen die Bagger und dann ist es vorbei. Insofern fällt es diesen Spots schwer auf so eine Identität aufzubauen weil das ein Kommen und eine Gehen ist, das ist ja bei Pontus Alf auch ganz schön, kennst du den, der beschreibt das für Malmö ja auch ganz wunderbar, das es dieses nicht wissen, ist der Spot morgen noch da, aber auch so eine performative Dimension hat, das man sagt, jede Sekunde genießen bis zum Letzten, weil du nicht weißt wann es vorbei ist. Ich glaube das, um so eine kollektive Skateidentität für eine Stadt zu begründen, natürlich so ein Spot wie die Domplatte ideal ist, ich glaube dass die Community in Köln nie so groß und bedeutsam geworden wäre wenn es diesen Spot hier nicht gegeben hätte, vor dem Dom mitten in der Stadt, mit der Konstellation das man aus Wuppertal, aus Bergheim, die Leute kamen von einer Stunde entfernt und sind dann aber in den Hauptbahnhof reingefahren, ausgestiegen und waren da. Wenn die Leute die vorher 35 Minuten angefahren sind zum Dom, weil die 35 Minuten außerhalb von Köln wohnen, wenn die jetzt zum Kap wollen, dann sind die 35 Minuten auf dem Weg zum Dom und nochmal 35 Minuten, also diese Distanzen sind jetzt viel länger geworden durch die Lage. Also insofern war das halt wirklich eine außergewöhnliche Konstellation, dass die Domplatte so ein Identitätsspot werden konnte, nicht nur für die Kölner, also für die Leute die jetzt hier wirklich 500 Meter entfernt davon wohnten, sondern für die ganze Szene im Rheinland, hier sind alle hingefahren, weil das halt wunderbar zu erreichen war.

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CP: (01:44.20f.) Ich habe auch ein Zitat von Patrick Bös, der sagt, und das ist ein ganz tolles Zitat: selbst Freundinnen von Skatern, schauen irgendwann anders auf die Stadt und sagen, ich bin da und da gewesen, da könnte ein Spot für euch sein. Daran wird ja deutlich, dass man an der Stelle, wo man, und das kann man ja auch phänomenologisch beschreiben. Also der Umgang mit Stadt, ist ja an der Stelle wo man Radfahrer oder Fußgänger unterwegs ist, ein anderer als wenn man auf diesem Board steht. Das Board hat ja ein bestimmte Beschaffenheit, Rollwiderstände, es rollt halt nur, man kann Höhenunterschiede, dadurch dass es den Ollie gibt, kann man die ja überspringen und so. Aber man hat eine andere Form von Wahrnehmung von Stadt. Diese andere Form der Wahrnehmung und vielleicht ist es ja nicht nur eine Wahrnehmung, die kann man, die habe ich mit diesem Gothman-Zitat, oder mit dieser sekundären Rahmung beschrieben. Um diese Diskrepanz deutlich zu machen: Warum verstehen denn Außenstehende es nicht wenn die irgendwie über die Domplatte gehen und auf einmal mitten in die Anlaufbahn zur „Achter― [Stufen] reinlaufen? Warum realisieren die das denn gar nicht? Da kommt der gerade an, der ist kurz vorm Absprung und da läuft dem da einer voll in die Bahn. Das hat doch jeder Skater gesehen, dass da gerade die Bahn war. Aber die Außenstehenden, die nicht aus dieser Spielrealität heraus blicken, die wissen ja gar nicht, dass das kein Stufe ist, mit der man einen Höhenunterschied bewältigen soll, sondern in dem Moment ist das eine Sprungschanze. Und das ist ja auch etwas, was häufig zu den Konflikten führt, weil dann, auf der Domplatte gab es das immer mal wieder, aber gar nicht viel, zu Unfällen kam mit Passanten, die sich aber auch Sicht der Skater völlig fehlverhalten haben. Oder da läuft gerade eine Session an diesen Curbs und dann kommen irgendwie zwei japanische Touristen und setzen sich irgendwie mitten dahin. Da sind die Skater natürlich richtig abgefuckt, weil die denken so, ja wie? Sieht man doch! Es stehen dreißig Mann hintereinander, einer rutscht da nach dem anderen rüber und die gucken da in ihren Fotoapparat und sitzen dann da. Und das mein ich halt mit Spielrealität. Also es gibt Wahrnehmungsunterschiede. CP: (1:47:18f.) Das hat aber natürlich auch ein bisschen mit dem Theoriehintergrund zu tun, an den ich mich da habe andocken wollen. Man kann das halt alles wunderbar als Spiel beschreiben. Es ist ja auch wirklich so etwas nicht ernsthaftes, was Leichtes irgendwie und was, ja so einer eigenen Logik folgendes. Also warum da 26-Jährige, erwachsene Männer, irgendwie Nachmittage lang an irgendeiner Kante mit so einem Holzbrett und vier Rollen stehen und da immer wieder versuchen da diese Kante hochzuspringen. Das kannst du ja einem Außerirdischen schlecht erklären. CP: (1:48:15) Kennst du Skateistan? […] Es gibt also so ein Entwicklungs-Zusammenarbeits-Projekt in Afghanistan. Die versuchen die Kinder über Skateboarding irgendwie zu motivieren zu einem tollen Leben und zur Jugendlichkeit und Kind sein und so was. Und dadurch, dass in Afghanistan niemand wusste, was Skateboarding ist, also wenn denen klar gewesen wäre, das ist im Grunde der amerikanischste Lifestyle-Sport schlechthin, dann wäre das ja verpönt gewesen, Loch und Löcher. Aber jetzt dürfen das sogar Mädchen, die sonst nichts dürfen in Afghanistan. Die dürfen nicht mal Radfahren, aber Skateboardfahren dürfen die, weil es halt eben nichts war. An der Stelle wird deutlich, wie stark unsere Wahrnehmung von Dingen irgendwie auch gesellschaftlich geprägt ist. Ja, und so wie die Skater die urbanen Räume spezifisch wahrnehmen, so nimmt die Gesellschaft auch die Skater spezifisch wahr. Die werden ja auch als irgendwie als sehr verrückt, also eigentlich sind das ja nette, also ist natürlich auch jetzt mein Impuls das so wahrzunehmen, aber ich habe am Dom nie erlebt, dass da Passanten angegangen wurden. Ich war da jahrelang jeden Tag, oder jeden zweiten Tag und ich habe da ganz selten unangenehme, also ich habe nie eine Situation erlebt, wo ich jetzt gedacht habe: mein Gott, die verhalten sich aber wirklich Scheisse. Also natürlich gibt es auch Arschlöcher, aber nicht mehr als bei den Badmintonspielern, oder den Tänzern, oder was weiß ich. WM (1:51:10f.) Ändert sich die Skateboardszene deiner Meinung nach, wenn sich das Umfeld ändert? Also quasi wenn Skateboarding nur noch in Skateparks und Skateplaza stattfinden würde? li


CP: (1:51:14f.) Ja, dass in jedem Fall. Das habe ich meiner Arbeit auch herausgearbeitet. Streetskaten, Plaza, Halle, Park und D.I.Y.-Skaten, sind etwas völlig verschiedenes. Im Selbstverständnis der Leute, indem wie die Leute das machen, das Gefühl das man dabei hat, die Außenwahrnehmung. Das ist alles völlig anders. Und die Tendenz die es dann in Köln auch gab, vom Dom zum Kap, vom unerlaubten, wilden Ort, zum gebauten, disziplinierten Ort, sind schon so Momente der Disziplinierung. Also im Foucaultschen Sinne des Tuns von dem gesellschaftlich Erwünschten. Auch der Verlagerung in Außenbereiche natürlich. Skaten wird an der Stelle ein Sport, ein Leistungssport. WM: (1:52:13f.) Domestizieren hattest du es auch genannt, richtig? CP: (1:52:16f.) Ja genau. Es ist dann ein Trainingsprozess. Also diese Veränderung würde ich schon sehen. Zugleich gibt es aber so viel widerständiges Potential in den Communities, dass es ja nie bei dieser reinen Form bleibt. Auch in Köln hat sich mit diesem Gefühl dafür, dass wenn man für Dinge einsteht, man vieles tun kann. Und das ist vielleicht der zentrale Impuls aus der Anlage gewesen. Die Kölner Skater haben jetzt an ganz verschiedenen Stellen gemerkt, und der Lentpark ist das nächste prominente Beispiel, und es sind etliche andere Dinge in der Pipeline, dass sie merken, ja, es hat Leute gegeben, die waren abgefuckt vom Kap. Weil denen fehlten bestimmte rails und so und haben die gesagt. Ja, habt ihr mal den Arsch in der Hose und organisiert was. Und dieses Gefühl, dass man was tun kann, ist jetzt da. Und die Stadt ist auch bereit. Weil die Stadt auch merkt, Ok, im Grunde war das da eine gute Investition. Es gibt auf der anderen Rheinseite zwei Projekte, die Dom Skateboarding e.V. mit der Stadt umgesetzt hat, in Mühlheim und in Deutz, die auch gut laufen. 2012 sind die fertig geworden. Jetzt im letzten Herbst 2013 der Lentpark und jetzt mischen die an allen Stellen jetzt mit. Das nimmt natürlich so eine ganze Community auch mit. An der Stelle entsteht dann vielleicht, also Köln war sehr träge durch den Dom. Weil die hatten da alles. Das sag jetzt nicht ich, sondern das haben mir auch Leute gesagt. Die hatten nicht mal Bock irgendwo anders hinzufahren. 500m woanders hinfahren, warum? Die hatten ja alles da. Das war in anderen Städten anders. Berlin war schon viel früher da irgendwie selbsttätiger und aktiver. Insofern ist dieses D.I.Y.-Tun was es jetzt ja hier in Köln und auch generell ja stärker gibt, ja vielleicht wieder eine Reaktion auf diese Form der Disziplinierung. Und am Ende ist Skateboarding, also Streetskateboarding, nach meiner bisherigen Einschätzung, dass Zusammenspiel von Streetskaten das man klassisch kennt, eben in der Stadt unterwegs sein, von Plaza, Halle, Park, also in den etablierten, gesellschaftlich akzeptierten Räumen, also die, wo man auch für bezahlen muss usw., da geht man mal in die Halle im Winter und zahlt dafür und dann geht man auf den gebauten Platz und nutzt das so wie das von den Planern gedacht war, und es gibt dann auch hier das lass mal unter der Brücke irgendwas bauen. Und diese drei Dinge zusammen, machen im Moment Skateboarding aus und insofern sehe ich im Moment nicht die Gefahr und auch nicht die Tendenz, dass das irgendwie eingefangen wird und eingekapselt wird und festgeschrieben wird auf eine Form. Was in dieser Veränderung auch noch liegt, ist so eine Versportlichung. Also eine soziale Dimension von Versportlichung. So, dass man sagen kann, ja skaten war vorher irgendwie so etwas Undefinierbares und auf einmal ist es aber, da geht es um höher, weiter, schneller. Durch Videos wird ja auch die Performance am Kap mit messbar. Ich kann also gucken, ja was hat der denn gestern und der letztes Jahr und da war doch mal der amerikanische Pro, was hat der denn an der Stelle gemacht? Und dann kann ich mich mit den Leuten messen an diesem Spot. Darüber gibt es dann auch so eine Identitätskontinuität, dass die Szene ja sehr auf Videos aus ist. Und durch diesen großen Content der im Internet gelagert werden kann, wird ja im Grunde so eine Biografie eines Spots, im Internet über Videos angelagert. Mit denen misst man sich dann ja auch ständig. Das hat dann ja so eine stark sportliche Dimension. Die eigentlich traditionell im Skaten immer sehr kritisch gesehen wurde, Die kommt aber dann wieder stark in diesen gebauten Sonderräumen hervor. da werden dann auch Turniere veranstaltet und Wettbewerbe und all diese Dinge. Also diese Tendenz gibt es schon, aber es gibt auch in Köln und auch woanders die Tendenz, sich dem ganz stark zu entziehen. lii


WM: (1:56:38f.) Ja, damit beende ich das Gespräch und bedanke mich recht herzlich! CP: (1:56:40f.) Gern geschehen!

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Email-Kontakt mit Christopher Graham (Vorsitzender des Skateboard e.V. Hamburg) Email vom 29.05.2014: Hallo Wouter, da sind wir vom Skateboard eV definitiv der richtige Ansprechpartner. Einige Fakten sind jedoch durch ein ander gewürfelt. ZB Die Skatemöglickeit in der Hafen City bezieht sich nur auf einen ungewidmeten Teil der Straße Großer Grasbrook. Dies ist unsere Sportstättenentwicklung für Skateboarding (Skate Lab). Eigentlich sollte das Projekt von StudentInnen der nahe gelegenen Hafen City Uni begleitet werden, doch irgendwie will das Projekt nicht richtig und Schwung kommen. Die Magellan-Terrassen hingegen sind lediglich ein Street-Spot für den wir mit der Hafen City GmbH Skatezeiten vereinbart haben um die Geräuschproblematik in den Griff zu bekommen und den Anwohnern hierdurch ein beschwichtigendes Zeichen zu geben. Die Vertragsangelegenheiten bei dem SkateLab waren gar nicht so wild - viel interessanter sind die Vertragsentwicklungen die wir zur Zeit mit dem Bezirk Hamburg Nord haben. Hier gibt es immer Punkte die die Stadt verwirklicht haben will und die wir (Skater) als nicht so wichtig empfinden.... Zu dem bin ich (grade auch mit dem Skate lab) dabei den Verantwortlichen für das Management des öffentlichen Raumes (so heißt das hier) den allgemeinen Sport im öffentlichen Raum attraktiv zu machen, in dem Sitzbänke zB Vandalismussicher aus beton und mit metallkanten gebaut werden - die man dann natürlich auch besser skaten kann usw Im Bezirk Wilhelmsburg gibt es bereits ein extra für Skater niedrig verbauten Fahrrad absperrbügel den man skaten kann. Du siehst, ich kann dir Romane zu dem Thema erzählen, so dass es sicher besser ist wenn wir mal telefonieren.

liv


Email vom 30.05.2014: Moin Hier die Antworten unter deinen Fragen.... - Wer ist zuerst auf wen zugegangen? (ihr zur Hafen-City, oder die direkt zu euch/bzw. über Umwege zu euch?) Das war alles etwas kurios: Die Magellan-Terrassen war als einer der ersten öffentlichen Plätze in mitten einer öden Baulandschaft mit größtenteils unbebauten Baugrundstücken mitte 2000er schnell als beliebter Skate-Hotspot etabliert. Als wir Hamburger Skater diesen Platz für uns entdeckten, gab es da nur das SAP Gebäude, eine Hand voll kleiner Industriegebäude und die alten Speicherhäuser. Alles andere war leer. Erst nach und nach wurden die Gebäude die die heutige Hafen City aus machen gebaut, bis man knapp 10 Jahre später einen erst zu nehmenden Stadteil hatte. Mit den Häusern kamen zahlungskräftige Anwohner und mit denen kamen die Beschwerden über Skateboarder (die es aber schon längst an den Maggellan Terrassen gab, als die Anwohner in die HC zogen) Ohne das jemand mit irgend einem Skater gesprochen hatte wurden darauf hin Skatestopper in den Curbs und Ledges verankert und erst ab dann merke man das man als Skater wohl nicht mehr erwünscht sei. Siehe NDR Bericht von 2000irgendwas: https://www.facebook.com/photo.php?v=4589569942120&set=vb.160245684662&type=3&theater Erst nach diesem Clip ging die Hafen City mit leicht schlechten Gewissen auf die Skater bzw den Skateboard e.V. zu und es gab einige Meetings in den man sich austauschte und die Ansicht der anderen Seite präsentieren konnte. Seit dem agiert der Skateboard e.V. als „Berater der Hafen City in Sachen Sport im öffentlichen Raum mit Fachkompetenz Skateboarding.― Von dann an wurde man mit Beschwerden über Lärm ausgehend von Skatern konfrontiert, sodass man sich auf Skate-Zeiten als Kompromiss einigte. Im Gegenzug sollten die Skatestoppen wieder abgebaut werden, welches später aufgrund der Gefahr des Sprengfrostes, nicht umgesetzt wurde. Es wurde jedoch seitens der HC erklärt dass keine weiteren Skatestopper verbaut werden sollen. Und wenn dann nur in Absprache mit dem Skateboard e.V. (Dies ist auch einmal geschehen, wobei es dann doch dazu kam das Skatestopper verbaut wurden. Es ist aber Fairer weise eine Line geblieben die bis heute nach wie vor skatebar ist) - War nur der Lärm ein Konfliktpunkt, bzw. wer hat sich worüber beschwert? Laut der Presse war es auch das schnelle fahren der skater an den Megellan Terrassen – dies war in den Gesprächen mit der HC jedoch nie Thema. - Welche Uhrzeiten sind vereinbart? Hab ich vergessen. Ich glaube von Mo-Fr 10 bis 20 Sa-So 11 bis 20 oder so

lv


- Gibt es Schilder etc. die darauf hinweisen? Es gibt ein Schild das dort hängt. Foto find ich grad leider nicht :-/ - Gibt es irgendetwas in schriftlicher Form, oder ist es eine mündliche Vereinbarung? Auf dem Schild und in einer E-Mail von der HC an den Skateboard e.V. - Wie läuft die Umsetzung? Halten sich alle Skater daran? Laut der HC klapt es mit der Umsetzung super. Es sind keine erwähnenswerten Beschwerden gekommen. (nun muss man auch sagen das der Spot schon lange nicht mehr so angenommen wird wie es einst mal war) Gruß, Graham

lvi


Email vom 02.06.2014:

Moin Wouter, das mit dem Nachnamen ist nicht schlimm, denn mein Nachname ist mein Spitzname und Rufname. Graham ist von daher vollkommen richtig - Das ich Christopher heiß wissen nur wenige :-) Du kannst mich oder den Skateboard e.V. gerne als Quelle nennen. (Ich hätt dich sonst auch drum gebeten ;-) Durch den NDR Beitrag wurde die öffentlichkeit und die Hafen City erst auf uns aufmerksamm und der GF der HC hat sich dann auch positive uns gegenüber gestimmt. Wie man so schön sagt "auch die lernen noch dazu" Viel schlimmer find ich die Situation mit den Bezirksämter und den Spielplatz erneuerungen. Egal wie präsent wir auch sind mit unserer Beratungstätigkeiten - die bauen immer wieder einfach drauf los ohne einmal mit einer kompetenten person gesprochen zu haben. da steht dann ein teurer park von Skatestone oder Concret Adolp den keiner skaten will und die wundern sich. Ich hab in Gesprächen mit einer Bezirksverwaltung bereits an den Kopf geschmissen bekommen das skaten ja out geworden sei, weil deren skateparks ja keiner nutz.... da is mir erstmal alles auf dem Gesicht gefallen in betracht das wir hier zwischen 100 und 1500 Skater in der Stadt haben. Interessant für dich sollte auch der Fall des Jungfernstieges und des Karolienplatzes sein. Mega kurzform: Jungfernstieg wurde zur Fußball WM schnell schnell schön gemacht und wir skater durften nach 20 jähriger SKatespot-Geschichte dort auf einmal nicht mehr skaten. Begründung: der Platz würde durch das Skaten zu viel Schaden nehmen. Der Cloue. der halbe Jungfernstieg wurde nach der WM für U-Bahnbauarbeiten wieder aufgerissen. (Ich finde das es im Rahmen der Städteplanung einen Bestandsschutz für Initiativen im öffentlichen Raum geben sollte.) Karolienplatz: Eine neue Skulptur ist entstanden die man unbeabsichtigt wunderbar skaten konnte. schnell hat sich auch hier eine wunderschönens skateleben/ ein Hotspot etabliert und wir als Verein haben erkannt das es bald Schäden zu schäden kommen könnte und sind zusammen mit dem Künstler und einem Kostenvoranschlag in höhe von 5000 Euro unterm Arm zum Bezirk und haben die darauf hingewiesen. Letzt endlich haben die durch mega ignoranz und einer prise verplantheit dort mehr als 22ooo Euro verballert um den Spot unskatebar zu machen. Gruß, Graham Ps. normalerweise schreibe und rede ich garnicht so viel, aber zu diesen Themen hab ich einfach so viel zu sagen :-)

lvii


Email vom 22.06.2014:

Moin Wouter, da vermischst du ein paar Sachen. Das Projekt an den Landungsbrücken "Skate Plateau" war ein Queerschuss von Richie Löffler der im Zuge der Standortsuche für einen Skatepark als ersatz für Streetspots. Dieses Projekt wurd zwar mit großem Tam Tam angekündigt, wurde jedoch nie fertig gestellt. Die realisierung des IGS Skateparks hat zwar dazu geführt das am Standort Entenwerder kein Skatepark gebaut wird, führte aber bislang zu keiner entspannung was die Innenstadt-Problematik angeht. Die Sache wir hier auch echt komplex, so dass ich das wohl nur bei einem Gespräch erläutern kann. Der Derzeitige Ausweichplatz für einen Innerstädtischen Spot ist die Schlittschuhbahn die wir im Sommer als Rollschuhbahn aka als riesen Flatland benutzen. hier stehen mittlerweile in Absprache mit dem Bezirk Obstacles wie zB Curbs, Kicker und Ledges... https://www.facebook.com/pages/Rollschuhbahn-Planten-unBlomen/271959969482692?ref_type=bookmark Gruß, Graham

lviii


Selbstständigkeitserklärung Hiermit versichere ich, dass ich die schriftliche Masterarbeit selbstständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe. Wörtliche und sinngemäße Zitate sind deutlich durch Quellenangabe kenntlich gemacht. Die Stellen meiner Arbeit, die dem Wortlaut oder dem Sinne nach anderen Werken und Quellen, einschließlich Quellen aus dem Internet, entnommen sind, habe ich in jedem Fall unter Angabe der Quelle deutlich als Entlehnung kenntlich gemacht. Dasselbe gilt sinngemäß für Tabellen, Karten und Abbildungen.

Unterschrift Wouter Mikmak:___________________________________________________________

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