Marine forum marz 2016

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M ARI NE FORUM

M ARINE FORUM

ISSN 0172-8539 · # 7,25 · sFr. 13.50

3-2016

DAS MARITIME GESCHEHEN IM BLICK

Bundeswehr

Lage der Marine BAAINBw

Agenda Rüstung Marine

Historisch-Taktische-Tagung


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Kommentar

Attraktivität durch Auftragserfüllung Marcus Albrecht „Die Deutsche Marine im Spannungsfeld zwischen Auftragserfüllung und Attraktivität“ – „Die BMW-Group im Spannungsfeld zwischen Markterfolg und Attraktivität“; inhaltlich vergleichbare Themen, ersteres eine konkrete Herausforderung, letzteres wirklichkeitsfremd. BMW ist zzt. Deutschlands attraktivster Arbeitgeber, es gilt als Privileg, bei BMW zu arbeiten – trotz überschaubarer (Einstiegs-)Gehälter, langer Arbeitszeiten, persönlicher Belastungen und häufiger internationaler Standortwechsel. Ganz anders dagegen die Deutsche Marine: Die Konditionen unterscheiden sich zwar kaum, doch scheint der Dienst bei der Marine im Gegensatz zu BMW nicht gerade das zu sein, was sich junge Menschen vorstellen; und dies trotz aller Bemühungen, ihn attraktiver zu machen. Um zu verstehen, wie es dazu kommt und Ansatzpunkte für ein wirksames Attraktivitätsprogramm zu gewinnen, muss man wissen, was Menschen grundsätzlich bewegt und motiviert: Denn Motivation und Spaß (Flow) hängen unmittelbar zusammen und sind letztlich die Voraussetzung dafür, dass Menschen eine Tätigkeit attraktiv finden. Dabei hängt die Wirkungskette „Motivation – Spaß – Attraktivität“ nachweislich weder mit „Produkten“ noch mit Faktoren wie Gehalt, Karriere, Arbeitsplatzsicherheit, Arbeitsklima, Work-LifeBalance oder „Faszination Seefahrt“ und Einsatzplanung zusammen. Die genannten Faktoren sind zwar notwendige Bedingungen eines attraktiven Arbeitsplatzes, sie können bei als angemessen empfundener Ausprägung Unzufriedenheit vermeiden, Motivation, Zufriedenheit und Attraktivität schaffen sie nicht! Als attraktiv wird Arbeit v.a. erst dann empfunden, wenn die Aufgabe, für die man sich einsetzt, sinnvoll ist (bzw. zumindest als sinnvoll wahrgenommen wird); wenn man gefragt ist und gefragt wird; wenn man selbstständig, eigenverantwortlich frei gestalten kann; wenn man die Erfahrung macht, dass die eigene Leistung etwas bewirkt und einen Unterschied macht; wenn man spürt, dass

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man mit seinen Aufgaben persönlich und fachlich wächst; wenn Erfolg anerkannt und honoriert und die Arbeit, die man leistet, geschätzt wird. Im Hinblick hierauf verfügt die Marine (die Bundeswehr insgesamt) durchaus über erhebliches Potenzial, nur ist ihr dies offenbar nicht bewusst. Es würde hier zu weit führen, dieses Potenzial durch Beispiele zu belegen. Wichtiger ist, dafür zu sensibilisieren, dass die Umsetzung dieser Potenziale in Wettbewerbsvorteile auf dem Arbeitsmarkt unkonventionelle Wege, radikales Umdenken und erhebliche Anstrengung erfordert; vor allem aber, dass sie erfordert, endlich die Themen anzugehen, die Attraktivität im o.g. Sinn schier unmöglich machen: Der Gesellschaft klar zu machen, aus welchen Gründen die aktuellen Einsätze alternativlos und wirklich erforderlich sind (wenn sie es denn sind) und warum sich der hohe Preis, den wir dafür zahlen, lohnt; einzufordern, dass die Politik Einfluss nimmt und das, was Soldaten in Krisengebieten temporär bewirken können, konsequent flankiert und durch geeignete Maßnahmen langfristig absichert und stabilisiert; dem entgegenzuwirken, dass Soldaten instrumentalisiert und Leidtragende konfligierender politischer Ziele werden; Vertrauen zu schaf-

fen, dass die Bundeswehr berufsbedingte Gefährdungen auf ein Mindestmaß zu reduzieren vermag und dass für den Fall eines Risikoeintritts bestmöglich und zuverlässig vorgesorgt ist; die desolate Materialsituation zu beheben; (Entscheidungs-) Prozesse zu verbessern; eine geeignete, zeitgemäße und Werte-orientierte Vision zu erarbeiten, die den täglichen Dienst (beg)leitet. Die Liste ließe sich fortsetzen. Gelingt es nicht, diese Themen in den Griff zu bekommen, wird der Dienst in der Marine, in der Bundeswehr generell, niemals attraktiv sein! Was ist also letztlich die Quintessenz der Frage nach einer „attraktiven Marine“? Diese Marine wäre keine Marine (mehr), die im Spannungsfeld zwischen Auftragserfüllung und Attraktivität steht, bei der die Erfüllung des Auftrages dazu führt, dass der Job unattraktiv ist. Sie wäre eine Marine, die für alle attraktiv ist, weil sie einen attraktiven Auftrag erfüllt; weil sie einen zeitgemäßen Auftrag hat, der die Welt nachvollziehbar ein Stück besser macht, der gesellschaftlich verstanden, akzeptiert und gewollt ist und für den es sich zu kämpfen lohnt; weil die Gesellschaft zum Ausdruck bringt, dass sie die Erfüllung dieses Auftrages für wichtig und wertvoll hält; weil die Gesellschaft den Soldaten, die sich für die Erfüllung dieses Auftrages einsetzen, Wertschätzung und Verbundenheit entgegenbringt; weil die Marine diesen Auftrag professionell erfüllt und für jeden einzelnen, der hieran beteiligt ist, Verantwortung übernimmt und Fürsorge trägt; weil es aus diesen Gründen einfach Spaß macht und erfüllend ist, für diese Marine zu arbeiten! Dies zu erreichen, muss das Ziel sein. Was wie hierfür zu tun ist, ist evident. Also packen wir’s an, nehmen die richtigen Leute für die Umsetzung an Bord (= ins Projekt) und dann – Leinen los und volle Kraft voraus! Professor Dr. Marcus Albrecht ist Inhaber der Professur für Allgemeine BWL, insbesondere Controlling an der Hochschule Düsseldorf.

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Inhalt Kommentar 1 Attraktivität durch Auftragserfüllung Marcus Albrecht

Sicherheitspolitik 10 Die Deutsche Marine im Rahmen der

Internationalen Kooperation

Interessen, Handlungsfelder und Perspektiven Jürgen Mannhardt

15 Leitfaden zur Wahrung der maritimen Dominanz Vorgaben des neuen US-Chief of Naval Operations Sidney E. Dean

Streitkräfte – Marine 4 Die Lage der Marine

A nsprache des Inspekteurs der Marine zum Abschluss der 56. Historisch Taktischen Tagung der Marine

20 Konzeptionelle Zielbildung „von unten“ Aus der Praxis für die Praxis! Godehard Schmidt-Goertz

22 „Tankstelle“ und „Arbeitspferd“

Betriebsstofftransporter im Rahmen von NATO-Manövern und Einsätzen Michael Gemein

25 Für das Morgen wappnen

Das US-Marine Corps muss modernisieren Sidney E. Dean

Schiffsneubau mit LNG-Antrieb Seite 34

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Das US-Marine Corps muss modernisieren – Seite 25

Technologie – Wehrtechnik 16 Agenda Rüstung

Betrachtungen aus Sicht der Abteilung See des BAAINBw Peter Grundmann

34 Schiffsneubau mit LNG-Antrieb Neue Helgolandfähre setzt Maßstäbe Hans Jürgen Witthöft

46 Elektronischer Kampf der Marine Positionsbestimmung und Zielrichtung Dirk-Peter Voss

Historie 42 Wettbewerbs-Ausschreibung

H erausragende wissenschaftliche Arbeiten der historischen Wissenschaft und Forschung zur Geschichte der Schifffahrt und Marinen in deutscher Sprache

43 „Kalt, aber heiß – die Nordflanke“

56. Historisch-Taktische-Tagung (HiTaTa) der Marine Heinrich Walle

Rubriken 28 Marinen aus aller Welt 3 7 Schifffahrt, Schiffbau, Technologie 49 Deutsche Marine 55 Bücher 57 Impressum Redaktionsschluss: 16.02.2016 Titelbild: Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel zu Besuch bei der Marine, im Gespräch mit einem Kampfschwimmer (Foto: Björn Trotzki) MarineForum 3-2016

Betriebsstofftransporter im Rahmen von NATO-Manövern und Einsätzen – Seite 22 3


Die Lage der Marine Ansprache des Inspekteurs der Marine zum Abschluss der 56. Historisch Taktischen Tagung der Marine

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Vizeadmiral Andreas Krause bei seiner Ansprache (Foto: Marine)

wei Tage Historisch Taktische Tagung liegen hinter uns […]. Das Generalthema der diesjährigen HiTaTa „Kalt aber heiß – die Nordflanke“ passt in unsere Zeit, weil heute wie zu Zeiten der Gründung einer deutschen Marine nach dem Zweiten Weltkrieg die Nordflanke im Fokus sicherheitspolitischer Erwägungen steht. Und nicht nur die Nordflanke. Auch die Ostsee gewinnt zunehmend an Bedeutung. […] Bevor ich näher auf die sicherheitspolitische Lage eingehe, möchte ich uns noch einmal die Einsatzlage vor Augen führen. Eines gleich vorweg: Unsere Marine ist an ihrer Belastungsgrenze angekommen. Unsere Einsatzreserve steht in See! Unsere Flexibilität ist stark eingeschränkt. […] Dennoch: Unser Engagement ist sicherheitspolitisch absolut erforderlich. Denn die Einsatzrealität genügt sicherheitspolitischen Erfordernissen und dient der Wahrung deutscher Interessen. Wir leben in sicherheitspolitisch außerordentlich fordernden Zeiten: Mit Sorge beobachten wir die latenten Spannungen zwischen der Russischen Föderation und der NATO. Russland verfolgt seine Interessen zunehmend mit militärischen Mitteln, sei es in der Ukraine oder auch in Syrien. Das verändert die sicherheitspolitische Landschaft Europas. Die gelebte Friedensordnung wird infrage gestellt. Die bekannten und als bewährt geltenden Instrumente der Weltgemeinschaft verlieren ihre Wirksamkeit.

NATO seit jeher Stabilitätsanker Landes- und Bündnisverteidigung rücken also wieder verstärkt in den Fokus. Die NATO war seit jeher der Stabilitätsanker Deutschlands und die Landesverteidigung ist uns durch das Grundgesetz aufgetragen. Aber in Wirklichkeit haben wir doch die Erosion der ständigen Einsatzverbände der NATO beobachten können. Auch die Auswirkungen der Friedensdividende muss ich Ihnen nicht weiter erläutern. Alle meine internationalen Gesprächspartner im Bündnis fordern aktiv die Rückbesinnung auf die NATO. Wir erleben hier eine echte Renaissance. […] Gleichzeitig beobachten wir die Zunahme weltweiter Abhängigkeiten. Der Welthandel über die Ozeane wächst von Jahr zu Jahr. Globale Netzwerke gewinnen weiter an Bedeutung und steigern Verwundbarkeiten und gegenseitige Abhängigkeit. In den Küstenregionen beobachten wir einen Anstieg von Einkommen und Wohlstand. Genau dort aber, in den Küstenregionen, befinden sich die Häfen, die beides sind: Sprungbrett und Brückenkopf zugleich. Der Effekt liegt auf der Hand: Zunehmende Urbanisierung, neue ökonomische Zentren entstehen. Parallel und mit Sorge beobachten wir, dass die Macht des Stärkeren mehr und mehr internationales Recht ablöst und ökonomische, nationale oder ethnische Konflikte entstehen.


Die Weltmeere bergen Rohstoffe und Nahrung – beides wertvolle Ressourcen angesichts des ungebremsten Bevölkerungswachstums auf dem Globus und zunehmenden Energiebedarfs. Gleichzeitig sehen wir uns mit Migrationsströmen konfrontiert, weil Staaten zusammenbrechen, der Terror grassiert und Lebensgrundlagen schwinden. Die Terroranschläge von Paris machen deutlich, dass Krisen und Konflikte – auch wenn sie weit entfernt sind und uns scheinbar nicht betreffen – längst im Zentrum Europas angekommen sind. Deutschland ist unmittelbar betroffen. Plötzlich sind Krisen und Konflikte bei uns greifbar. Wegschauen, wegducken oder gar ignorieren sind keine Alternativen. Auch deswegen nicht, weil Deutschland seit Jahrzehnten vom freien Handel über See und der zunehmenden Globalisierung massiv profitiert. […] Daraus erwachsen heute globale, vor allem maritime Interessen und die Verpflichtung zur Übernahme von Verantwortung. Deswegen heißt es immer wieder, das 21. Jahrhundert ist das maritime Jahrhundert. Nicht weil dies alles völlig neue Erkenntnisse sind, sondern weil diese Zusammenhänge für unser exportabhängiges und rohstoffarmes Land zur conditio sine qua non geworden sind. Die sicherheitspolitische Lage ist also weiterhin im Fluss. Nicht nur der Mittelmeerraum und der Indische Ozean sind unsere Aktionsräume. Das Nordmeer, der Nordatlantik, die Nordsee und vor allem die Ostsee fordern zunehmend unsere Aufmerksamkeit. […] Wir sehen uns erstens hochgerüsteten, hochmobilen Streitkräften mit mindestens ebenbürtigen Fähigkeiten gegenüber, die unsere Reaktionszeiten verkürzen.

Soldaten des Kommandos Spezialkräfte bei einer Vorführung (Foto: Björn Trotzki) Wir begegnen zweitens organisierter Kriminalität, im wesentlichen Piraterie und Schleuserkriminalität. Drittens destabilisieren islamistische Milizen mit ihrem menschenverachtenden Terror ganze Regionen. Viertens leisten wir humanitäre Hilfe für Flüchtlinge – im Mittelmeer genauso, wie hier bei uns im Lande.

Schutz der Freiheit der Meere Das ist die Bandbreite, der wir uns stellen und die wir bei der strategischen Ausrichtung der Marine berücksichtigen müssen: Heute stehen klassische Landes- und Bündnisverteidigung und Krisenbewältigung gleichwertig nebeneinander. Maritime Sicherheit gewinnt weiter an Bedeutung. Im

Kern geht es um den Schutz der Freiheit der Meere. Mit Blick auf die maritime Sicherheit und die Freiheit der Meere scheinen althergebrachte Konstanten infrage gestellt zu werden. Auch hier scheint der Stärkere gegenüber dem internationalen Recht Oberhand zu gewinnen. Im chinesischen Meer wird sehr deutlich, wie China seine Hoheitsgewässer auszuweiten und seinen Einfluss zu mehren sucht. Die Piraterie am Horn von Afrika, im Golf von Guinea und in der Straße von Malakka sind weitere Beispiele. Die Arktis gewinnt gleich mehrfach an Bedeutung: Wegen der Bodenschätze, die sie birgt, weil sich dort wegen des Klimawandels neue Passagen eröffnen und weil aus diesen Gründen Russland beginnt, genau dort die ersten Claims abzustecken.

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Die Lage in der Ostsee hat sich grundlegend verändert. Heute sind die meisten der Ostseeanrainer unsere Verbündeten; mit weiteren sind wir befreundet. Aber auch Russland ist Ostseeanrainer. Ob und inwieweit Russland seine Interessen im Ostseeraum ähnlich wie in der Ukraine oder in Syrien auch mit militärischen Mitteln verfolgen wird, können wir heute nicht mit Sicherheit sagen. […] Die Ostsee muss nicht nur des Handels wegen ein freies Meer bleiben, denn sie ist zugleich die nasse Flanke unserer östlichen Bündnispartner. Über diese nasse Flanke muss auch Aufmarsch, Nachschub und Verstärkung möglich bleiben. […] Aus der sicherheitspolitischen Analyse folgt für die Marine: Unsere Haupthandlungsfelder sind: X die Landes- und Bündnisverteidigung sowie X die Konfliktverhütung und Krisenbewältigung. Innerhalb dieses Rahmens ist das gesamte Spektrum maritimer Fähigkeiten gefordert. Auch wenn – wie in den letzten 25 Jahren – Einsätze niedriger Intensität unseren Flottenalltag prägen, müssen wir uns in Zukunft stärker auf das „kämpfen können“ konzentrieren!

Friedensdividende hat ihr Ende erreicht […] Heute haben wir gelernt, dass die Friedensdividende der letzten 25 Jahre ihr Ende erreicht hat und wir möglicherweise zu weit gegangen sind. Die aktuellen, volatilen sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen fordern von uns das gesamte Fähigkeitsspektrum, um es der Politik zur Verfügung stellen zu können. Ich spreche in diesem Zusammenhang von Abwärtskompatibilität. Nur wenn wir das „high end“ können, beherrschen wir auch Situationen niedrigerer Intensität. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, brauchen wir entsprechende Ausrüstung, wir brauchen qualifiziertes Personal und wir brauchen eine einsatzorientierte Ausbildung! In allen drei Bereichen kämpfen wir mit Herausforderungen: Beim Material sind es verspätete Ablieferungen neuer Waffensysteme oder schmerzliche Verzögerungen bei laufenden Instandsetzungsvorhaben. Wir erleben den demografischen Wandel. Nach wie vor bereitet uns die Personalbedarfsdeckung bei Technikern und ITSpezialisten große Sorgen. […] Der Mangel an Nachwuchs, an Fachkräften nicht nur für die Marine ist eine strategische Zukunftsaufgabe.

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In der Ausbildung sehen wir uns mit einer zunehmenden Schere konfrontiert. Einer Schere zwischen dem Anspruch, das „high end“ ausbilden zu wollen, aber gleichzeitig unsere Schiffe und Boote für die Einsätze und einsatzgleichen Verpflichtungen zu benötigen. […] Die Ursachen liegen im verspäteten Zulauf der Fregatten Klasse 125, der Fähigkeitsanpassung der Fregatten Klasse 123, der Hardwareregeneration bei den Fregatten der Klasse 124 und die Außerdienststellung der Fregatten der Klasse 122. Das alles bei zunehmenden Einsatzverpflichtungen! Kurzfristig – und damit meine ich die nächsten drei bis fünf Jahre – werden wir nicht umhinkommen, die Ausbildung nicht in jedem Falle und für jede Besatzung bis zum „high end“ durchzuführen. Für den Einsatz in der Operation Sophia muss eine Besatzung nicht zwingend beim FOST gewesen sein. Wenn aber die Lage im Einsatzgebiet Sophia eskalieren sollte, dann müssen wir eine solche, nicht vollausgebildete Besatzung auch abziehen. Das ist das Preisschild. Diese wenigen Beispiele beleuchten – nur holzschnittartig –, wo ich dringenden Handlungsbedarf sehe. Deswegen durchläuft unsere Marine einen umfassenden und entscheidenden Modernisierungsprozess. […]

Was bedeutet Modernisierung? Es bedeutet, attraktiver zu werden. Es bedeutet angemessene Ausrüstung. Es bedeutet funktionierende und robuste Technik. Es bedeutet, den Zulauf von Waffensystemen zum richtigen Zeitpunkt im vereinbarten Kostenrahmen und mit den geforderten Fähigkeiten. Und es bedeutet, die Vision europäischer Streitkräfte nicht aus dem Blick zu verlieren. Internationale Kooperation und Partnerschaften werden zum Gebot der Stunde. Mit der Baltic Commanders Conference, die wir im letzten Jahr ins Leben gerufen haben, geben wir der multinationalen Kooperation neue Impulse. Mit dieser Initiative wollen wir gemeinsam mit unseren Partnern die Ostsee als Region maritimer Sicherheit erhalten. […] Wir, die Deutsche Marine, wollen auch Anlehnung bieten. Zum Beispiel durch den Ausbau des MOC zum Baltic Maritime Coordination Center, also einer multinationalen Operationszentrale für den gesamten Bereich der Ostsee. […] Ganz im Sinne des Framework Nation Concept geht es darum, tatsächlich und sichtbar in der Ostsee Verantwortung zu übernehmen.

Aber nicht nur hier. Deutschlands Exportabhängigkeit generiert globale, vor allem maritime Interessen. Das bedeutet für die Deutsche Marine, sich auch an Kooperationen und Operationen in weit entfernten Seegebieten zu beteiligen. Dann entstehen auch dort Räume maritimer Sicherheit. Gleichzeitig tragen wir zur globalen Vernetzung dieser Räume bei. Deswegen leisten wir seit Jahren verlässlich unseren Beitrag zu Atalanta im Indischen Ozean, der eine strategische Bedeutung für unser Land hat. […] Wir übernehmen Verantwortung – regional und global. […] Auch die Ausrüstung der Marine muss natürlich das gesamte Fähigkeitsspektrum abbilden und an den Rüstungsvorhaben für die Marine manifestiert sich ihre Modernisierung sehr deutlich. […] Mit der Fregatte der Klasse 125 führen wir das Mehrbesatzungskonzept, die Intensivnutzung und die Einsatzausbildungszentren ein. Erstmals trennen wir Plattform und Besatzung konsequent – das ist das eigentlich Innovative. Denn durch die Verlagerung von Ausbildungsabschnitten an Land stehen die Schiffe parallel für Einsätze zur Verfügung. Damit erhöhen wir rechnerisch den Verfügungsbestand. […] Wenn ich jedoch mit dem sicherheitspolitischen Rahmen im Hinterkopf vorausblicke, dann gibt es weiteren Handlungsbedarf: Erstens müssen wir die von mir dargestellten Aufgabenfelder durchhaltefähig erfüllen können. Durchhaltefähigkeit ist letztlich eine Frage der Anzahl der Flaggenstöcke. Eine Einheit kann schlichtweg nicht an zwei Orten gleichzeitig sein. Diese einfache Wahrheit wird in der aktuellen Lage zu einem ernst zu nehmenden, begrenzenden Faktor, der unmittelbare Auswirkungen auf den politischen Handlungsspielraum haben kann. Zweitens müssen wir deswegen auch über kleinere Einheiten nachdenken, die wir für die Ostsee und die Kooperation in diesem angestammten Operationsgebiet benötigen.

Noch einige Worte zur Technik an Bord Wir brauchen robuste Technik, damit Intensivnutzung überhaupt möglich wird. Dabei sollten wir auch bei Neubauten auf bewährte Anlagen und Geräte zurückgreifen und querschnittlich auf den Einheiten der Flotte integrieren. Dieser Familiengedanke reduziert den Ausbildungsaufwand und macht die Ausbildung effizienter. Andernfalls laufen wir in die Problematik kleiner Zahlen hinein. MarineForum 3-2016


Hochenergie Lasereffektoren – Eine neue ära beginnt

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Einsatzgruppenversorger „Berlin“ versorgt den italienischen Flugzeugträger „Cavour“ (Foto: Marine) Klein- und Kleinstlehrgänge können wir uns in Zukunft nicht mehr leisten. Wir müssen die Innovationszyklen unserer Schiffe und Boote verstetigen. Damit meine ich die Entkopplung der Innovation einzelner Systeme von der jeweiligen Plattform. Auf diese Weise können die einzelnen Komponenten modernisiert werden, ohne dass eine Einheit durch lange Werftliegezeiten gebunden wird. Funktionierende, moderne Technik, also Technik, die das kann, was wir an Fähigkeiten fordern, ist besonders für junge Leute durchaus ein Attraktivitätsfaktor.

Attraktivität Und damit bin ich beim nächsten Modernisierungsfeld, der Attraktivität. […] Denn nur als moderner und attraktiver Arbeitgeber werden wir am Arbeitsmarkt bestehen können. Nur als attraktiver Arbeitgeber werden wir unsere Soldatinnen und Soldaten an uns binden können. Berufszufriedenheit ist das A und O. Personalbindung und -werbung bleiben für unsere Marine von zentraler strategischer Bedeutung. Zum Maßnahmenpaket der Agenda Attraktivität gehört auch die Soldatenarbeitszeitverordnung. Sie dient in erster Linie dem Gesundheitsschutz und damit letztlich auch dem Erhalt und der Wiederherstellung der Einsatzfähigkeit unseres Personals. Und das gilt ganz besonders, weil wir als Marinesoldaten für die Sicherheit Deutschlands extreme Belastungen ertragen. Wir

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dienen unserem Land und das tun wir gerne und motiviert. Aber Sie und ich haben auch Familien. Die Soldatenarbeitszeitverordnung bedeutet damit eine Chance, die wir nutzen müssen: Sie zwingt Vorgesetzte zu einem angemessenen Zeitmanagement auf allen Führungsebenen. Vor allem aber verbessert die „Soldatenarbeitszeitverordnung“ die Planbarkeit des Dienstes. Sie ist deshalb zentraler Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Dienst in der Marine. […] Andererseits ist aber auch klar, dass uns die Umsetzung der Soldatenarbeitszeitverordnung vor erhebliche Herausforderungen stellt. Sie wird für die Übergangszeit Härten, finanzielle Belastungen und Einschränkungen mit sich bringen. Auf diese Situation müssen wir uns einstellen; leider ist sie unabänderlich. Die Wahrnehmung von Attraktivität ist etwas ganz Individuelles und kann ganz unterschiedlich sein. Was für den Einen attraktiv erscheint, muss für den Anderen noch lange nicht attraktiv sein. Und was für den potenziellen Bewerber attraktiv ist, muss für den aktiven Soldaten noch lange nicht attraktiv sein. Es entsteht ein Spannungsfeld, das Sie tagtäglich wahrnehmen. Dieses Spannungsfeld gilt im Übrigen auch für die Bereiche Einsatzrealität und Attraktivitätsagenda. Hier geht es nicht um „entweder oder“. Einsatzrealität und Truppenalltag sind belastend und werden es bleiben. Gerade deshalb kommt es da-

rauf an, durch Attraktivitätsmaßnahmen das entstandene Delta bestmöglich zu verringern. Auch das Mehrbesatzungsmodell wird die Attraktivität steigern. Das Reduzieren der Abwesenheiten ist ein guter Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Dienst. Damit erreichen wir genau das, was Viele zu Recht fordern. Die Einführung der F125 und der Soldatenarbeitszeitverordnung (SAZV) führen auch zu Investitionen in die Infrastruktur. Es entstehen attraktive Unterkünfte und Einsatzausbildungszentren, die die Abwesenheit vom Heimatstandort weiter reduzieren. Allerdings gilt es auch hier, ein realistisches Erwartungsmanagement zu betreiben. All diese Maßnahmen werden Zeit brauchen. Wir werden unsere Erfahrungen machen, wir werden daraus lernen und müssen bereit sein, wo erforderlich, nachzubessern. Dafür werden wir Jahre brauchen. Aber wenn wir Jahr für Jahr konsequent an der Umsetzung arbeiten, dann erreichen wir unser Ziel.

Worauf kommt es an? Worauf kommt es mir also in diesem Jahr an? Erstens: Die Rahmenbedingungen in diesem Jahr bleiben anspruchsvoll. Ich sage, sie verschärfen sich sogar noch. Die Stichworte lauten: X Einsatzrealität X SAZV X Schwindende Verfügbarkeit von Einheiten MarineForum 3-2016


Deswegen werden wir auch in diesem Jahr priorisieren. Gestalten Sie, sonst werden Sie gestaltet. Nie war diese Aussage so richtig. Dazu müssen Sie entscheiden. Nutzen Sie Ihren Entscheidungsspielraum voll aus. Und erklären Sie Ihre Entscheidungen. In Zeiten hoher Belastung, in denen wir zudem ökonomischer mit unseren Ressourcen inklusive der Arbeitszeit umgehen müssen, kommt der Kommunikation mit den Männern und Frauen an Bord, in den Schulen, bei den Fliegern und allen anderen Dienststellen der Marine eine ganz besondere Bedeutung zu. Und Kommunikation ist Führungsaufgabe. Da sind Sie gefordert und das erwarte ich auch von Ihnen. Zweitens: Wir wollen die an uns erteilten Aufträge bestmöglich erfüllen. Damit ist die Bereitstellung einsatzbereiter Seestreitkräfte für Einsätze und einsatzgleiche Verpflichtungen vornehmstes Ziel und umfasst den Dreiklang von Material, Personal und Ausbildung gleichermaßen. Ich bin mir der begrenzten Verfügbarkeit unserer Mittel sehr wohl bewusst. Deshalb gilt wieder: Priorisieren, Preisschilder kommunizieren und Entscheiden … und das auf allen Ebenen. Seien Sie mutig, aber verantwortungsvoll. Suchen Sie weiterhin nach Lösungen, wie es gelingen kann trotz schwieriger Rahmenbedingungen, erfolgreich zu sein. Suchen Sie nicht nach Gründen, warum es nicht geht! Wir alle haben in den letzten Wochen und Monaten mitverfolgen können, dass es nahezu Niemanden im politischen Berlin mehr gibt, der nicht die personellen und finanziellen Herausforderungen der Bundeswehr anerkennt und sich für eine Verbesserung der Lage ausspricht. Auch wir als Marine erfahren zurzeit viel Anerkennung – weil wir trotz der aktuellen Lage erfolgreich handeln. Das ist Ihr Verdienst! Drittens: Der Erhalt der Fähigkeit zum Kampf steht im Vordergrund, um das gesamte Einsatzspektrum abbilden zu können und zukünftigen Herausforderungen, wie auch immer sie geartet sind, flexibel begegnen zu können. Der Übungstätigkeit kommt auch deswegen gestiegene Bedeutung zu. Denn in den aktuellen Einsätzen können wir den Fähigkeitserhalt für das „high end“ nicht ohne Weiteres sicherstellen. Viertens: In der Rolle des maritimen Kompetenzträgers der Bundeswehr kommt es mir darauf an, in maritimen Fragen kompetent und zukunftsorientiert zu beraten. Mein Anspruch ist es, den Kurs für die strategische Ausrichtung der Bundeswehr aktiv mitzugestalten. In erster Linie fallen darunter Beiträge zur Finalisierung des Weißbuches zur Sicherheitspolitik Deutschlands und das Einbringen maritimer Expertise in nationale und internationale Strategiepapiere. Außerdem gilt es, unseren eigenen Gestaltungsspielraum in der Marine so weit wie möglich auszunutzen. Das gilt insbesondere in den von mir für die Zukunftsfähigkeit so wichtigen Bereichen: Internationaler Kooperation, Rüstung und Attraktivität. […] So viel zur Zukunft der Marine und den Schwerpunkten für dieses Jahr. Jetzt bleibt mir nun nur noch, Ihnen allen zusammen ganz persönlich für Ihr Engagement und Ihren Einsatz im zurückliegenden Jahr zu danken und Ihnen für das geleistete meine besondere Anerkennung auszusprechen. In meinen Dank einschließen möchte ich ausdrücklich alle Männer und Frauen auf See und in den Einsätzen, die hervorragende Arbeit unter oftmals sehr schwierigen Bedingungen leisten. Sie alle gemeinsam, Soldaten wie zivile Mitarbeiter unserer Marine, haben mit Ihrer hoch professionellen Arbeit dafür gesorgt, dass wir auf ein außerordentlich erfolgreiches Jahr 2015 zurückblicken können. Ich bin stolz auf Sie! L

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Die Deutsche Marine im Rahmen der Internationalen Kooperation Interessen, Handlungsfelder, Perspektiven Jürgen Mannhardt

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nternationalität ist von jeher ein Markenzeichen der Deutschen Marine. Ob in Manöverteilnahmen, bei bilateralen Kontakten zu Nachbarn an Nord- und Ostsee oder mit Marinen in entfernten Seegebieten, im Rah-

Weise einen Beitrag zur Vertrauensbildung und insgesamt zur Sicherheit und Stabilität der betreffenden Region. Die Internationale Kooperation der Marine wird der im Entstehungsgang befindlichen Bereichsanweisung

Bilaterale Jahresprogramme Marinekommando Abteilung Planung & Konzeption ist • federführend für die Planung und Durchführung bilateraler Kooperationsmaßnahmen mit Marinen von Nicht-NATO und Nicht-EU Ländern • Schnittstelle zu ext. Dienststellen wie BMVg, anderen TSK, ausländischen Marinen und MilAtt-Stäben ARE ARG AUS AZE BRA CHL CHN COL DZA EGY IND ISR

men von Marinestabsgesprächen oder Unterstützungsersuchen – die Marine operiert seit Gründung der Bundeswehr nachhaltig und mit großem Erfolg in internationalem Umfeld. Dabei ist sie in vielfältigen bi- und multinationalen Operationen, Bündnissen, Jahresprogrammen, Projekten und Zirkeln engagiert. Dies reicht von Einsätzen und einsatzgleichen Verpflichtungen über Schiffsbesuche und die Zusammenarbeit mit den Militärattachéstäben bis hin zu weltweiten bilateralen Gesprächen mit Partnern unterschiedlicher Provenienz. So widmet sich die Deutsche Marine auch außerhalb der Bündnisstrukturen verschiedenen geografischen Bereichen. Im Zuge der Bekämpfung des internationalen Terrorismus und vor dem Hintergrund weltweiter deutscher Handelsbeziehungen rücken Regionen wie Afrika, Asien und Lateinamerika zunehmend in den Blickpunkt. Zur Förderung von Transparenz und Erfahrungsaustausch, aber auch zu deren Ausbildung und Unterstützung beim Umgang mit in Deutschland oder Europa hergestellten Rüstungsgütern unterhält die Deutsche Marine besondere Beziehungen zu ausgewählten Marinen dieser Regionen und leistet auf diese

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JPN KAZ KOR PAK PER RUS SGP THA TUN TUR VNM ZAF

Internationale Kooperation entsprechend im Rahmen der Gestaltungshoheit und des Delegationsrechts des Inspekteurs der Marine (InspM) bedarfsorientiert unter Beachtung der sicherheits- und militärpolitischen Vorgaben des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) ausgestaltet. Bi- und multilaterale Partnerschaften bestehen grundsätzlich im Rahmen von NATO und EU, aber auch in-

Bilaterale Jahresprogramme umfassen ca. 100 Einzelmaßnahmen mit zzt. 24 Nationen pro Jahr für die Marine

Beispiele 2013: JPN Besuch eines JPN Ausbildungsverbands in Kiel PAK Mitfahrt DEU Offz an Bord pakistanischer Fregatte TUN Teilnahme Personal MFlgKdo an TUN Lehrgang „Überleben auf See“ ISR

Mitfahrt eines DEU Offz auf ISR FPB

AUS Mitfahrt eines AUS Offz auf EGV COL Erfahrungsaustausch zur Ausbildung U-Boot-Personal durch AZU

nerhalb der OSZE und den UN. Der besondere Fokus der Internationalen Kooperation der Deutschen Marine liegt jedoch auf verbündeten Partnern und Nachbarstaaten. Bei allen neu aufzunehmenden Kooperationsbeziehungen ist aufgrund der Ressourcenlage (single set of forces) stets der Verdrängungseffekt für bereits bestehende Partnerschaften, aber auch eigene Ausbildungserfordernisse und Einsatzverpflichtungen zu berücksichtigen, was eine ständige Überprüfung der Schwerpunktsetzung erforderlich macht. Insofern müssen Befugnisse und Interessen der Marine in der internationalen Kooperation klar formuliert sein. Diese orientieren sich eng an den politischen Vorgaben einerseits und den Erfordernissen der Flotte andererseits, um diese einsatzfähig, durchhaltefähig und zukunftsfähig zu erhalten. In diesem Sinne gilt es, die Effektivität in den Einsätzen und einsatzgleichen Verpflichtungen unter besonderer Berücksichtigung der Interoperabilität zu stärken, durch Synergieeffekte Entlastungen in Ausbildung, Einsätzen und Übungen zu schaffen und gegenseitiges Verständnis und Vertrauen zu bilden. Grundsätzlich und im Idealfalle soll die Kooperation für alle Partner zu einer „win/win“-Situation führen. Deshalb legt der Inspekteur der Marine mit seiner „Jährlichen Weisung“ für die Marine (JaWeM) auch die besonderen Schwerpunkte und Aufgaben für die internationale Kooperation fest. Diese Vorgaben werden z.B. in den Jahresübungs- und Erhaltungsplan oder im Jahresplan Auslandsreisen-Weisung weiter ausgestaltet, reflektieren aber auch bestehende Weisungen und Konzepte und berücksichtigen die Ergebnisse der routinemäßig unter Leitung BMVg Pol I 1 durchgeführten Abstimmungskonferenzen mit den TSK/MilOrgBereichen zum Thema Perspektiven und Weiterentwicklung der bilateralen Beziehungen. Im Marinekommando in Rostock koordiniert die Abteilung Planung & Konzeption und hier speziell das Referat Konzeption & Internationale Kooperation alle internationalen Belange der Deutschen Marine, stimmt sich bei Bedarf mit den anderen TSK/MilOrgBereichen ab und ist die zentrale Ansprechstelle für das BMVg und die Ämterebene. Zugleich berät es den Inspekteur der Marine in allen grundsätzlichen Belangen der internationalen maritimen Zusammenarbeit. MarineForum 3-2016


Im Einsatz für die Deutsche Marine thyssenkrupp Marine Systems mit Standorten in Kiel, Hamburg und Emden ist einer der führenden, global agierenden Systemanbieter für Uboote und Marineschiffe. Weltweit steht das Unternehmen für maritime Kompetenz, innovative Technologien und einen umfassenden und zuverlässigen Service. www.thyssenkrupp-marinesystems.com


Beziehungsgeflecht internationaler Kooperation Marine

Externe Partner Partnernationen Marinestabsgespräche

MarKdo (Führung) (Abteilungen) MarKdo Int Koop

Flotte

BMVg Pol l 1, SE 14, Plg I 5 SKA Dezernat Int. Zusammenarbeit Partnernationen Jahresprogramm

Dabei stützt es sich auf die fachliche Zuständigkeit anderer Abteilungen des Marinekommandos z.B. in Einsatzfragen, Ausbildungsangelegenheiten, beim Personalaustausch, für die Einsatzunterstützung aber auch in Fragen des Sanitätswesens ab. Für die Ausgestaltung der internationalen Kooperation spielt der jeweilige Charakter einer Partnerschaft eine wesentliche Rolle. So wird grundsätzlich nach strategischen Partnerschaften, Anlehnungspartnerschaften und Unterstützenden Partnerschaften unterschieden: Strategische Partnerschaften bestehen grundsätzlich auf Ebene NATO/EU. Die Zusammenarbeit ist mit hohem gegenseitigen Interesse verbunden. Synergien ergeben sich auf einer Reihe von Handlungsfeldern. So zeichnet sich die Kooperation mit den USA z.B. durch Know-how-Gewinn, Verbesserung der Interoperabilität und Ergänzung eigener Fähigkeiten wie auf dem Gebiet C2, Selbstschutz, Verbandsflugabwehr und Ballistic Missile Defence (BMD) aus. Eine enge Kooperation findet auch mit FRA, GBR, den NLD und POL statt. Primäre Ziele sind hier die gemeinsame Fähigkeitsentwicklung, die Gewährleistung einheitlicher Standards und die Schaffung integrativer Strukturen. Hier gelten die besonderen Anstrengungen der Deutschen Marine gegenwärtig der Umsetzung sog. „Declarations of Intent“(DoI): DEU-NLD: Vertraglich vereinbart ist die Integration von Komponenten des Seebataillons in das NLD Korps Mariniers und deren zeitweilige Einschiffung auf das NLD Joint Logistic Support Ship (JLSS) „Karel Dorman“ mit dem Ziel, eine Erstbefähigung zur Schließung der streitkräftegemeinsamen Fähigkeitslücke „Gesicherte Militärische Seeverlegefähigkeit“ (GMSV) und zugehörige amphibische Fähigkeiten aufzubauen. DEU-POL: Mit der polnischen Marine wurden bereits Anfang 2013 knapp 30 Maßnahmen identifiziert, die zu einer engeren Kooperation beitragen sollen. U.a. ist vorgesehen,

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die polnische U-Boot-Ausbildung an das Ausbildungszentrum Uboote (AZU) nach Eckernförde zu verlegen. Des Weiteren soll eine gemeinsame DEU-POL Submarine Operating Authority (SUBOPAUTH) eingerichtet werden. DEU-NOR: Auch hier besteht eine DoI, u.a. als Ausfluss der jahrelangen guten maritimen Kooperation im Nordflankenraum. Im Rahmen einer „Conventional Submarine Cooperation“ ist außerdem beabsichtigt, Synergien bei Entwicklung, Nutzung und Betrieb konventioneller U-Boote durch die Bündnispartner zu nutzen. Mitglied dieser Kooperation sind neben DEU und NOR auch ITA, NLD, POL und PRT. DEU-FRA: Traditionell kommt der DEU-FRA Partnerschaft seit Jahrzehnten eine Sonderrolle zu. Spätestens seit Begründung des ElyseeVertrages bestehen noch engere Arbeitsbeziehungen zwischen beiden Marinen und auch zwischen den Streitkräften allgemein (die Arbeitsgruppe Militärische Zusammenarbeit (AG MilZA) mit allen Organisationsbereichen tagt etwa zweimal im Jahr wechselseitig in DEU und FRA unter Leitung der stellvertretenden Generalinspekteure beider Streitkräfte).

Operations Center (MOC) / Maritime Component Command (MCC) unterstützen dabei als sog. Rahmennation interessierte, diesbzgl. aber mit geringeren Ressourcen ausgestattete Mitglieder. Im Hinblick auf die Ausbildung in der Unterwasserseekriegsführung wären hier vor allem die polnische und portugiesische Marine zu nennen, die am Ausbildungszentrum UBoote (AZU) in Eckernförde Personal für Schulungszwecke abstellt. Ausgelöst durch die sicherheitspolitischen Entwicklungen in Europa und seiner Peripherie dient das FNC aber auch der generischen Zusammenstellung von Verbänden, um diese im Bedarfsfalle unmittelbar mithilfe des Kräftegenerierungsprozesses der NATO aufstellen zu können. Bei der Aufrechterhaltung oder Neuentwicklung von Partnerfähigkeiten soll die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Mitgliedsstaaten berücksichtigt werden. Für die Kooperation im Sinne von „Unterstützenden Partnerschaften“ sei beispielhaft Südafrika genannt. Ziele sind hier vor allem die Schaffung einer gemeinsamen Kommunikationsbasis, die Pflege gegenseitiger Be-

Aufgabenspektrum multilaterale Kooperation Entwickeln und Vertreten der Marineposition und inhaltlicher Beiträge zu: • NATO- und EU-Angelegenheiten allgemein • NATO-Kommandostruktur (NKS) • NATO Defence Planning Process (NDPP, DPCS), analog dazu EU Headline Goal Process • Besetzung von DP in DEU MilAttStäben • Pooling & Sharing (EU) und Smart Defence (NATO) • STRIKFORNATO als DEU Vertreter im Senior Policy & Resource Committee (SPRC)

Aufgabenspektrum multilaterale Kooperation Wahrnehmung der Funktionen als:

• D EU POC (point of contact) für CHENs in direkter Zuarbeit für InspM • DEU POC für CHANCOM in direkter Zuarbeit für InspM • DEU POC für BCC in direkter Zuarbeit für StvInspM • Sekretär Steering Group für DEU-POL und DEU-NLD Kooperation • DEU POC für US AFRICOM bei African Partnership Station (APS) • Ausrichter der jährlichen Marineinformationstagung für MarOffz oder Uniformträger auf Marine DP im Ausland (MIT-A/Nachfolge der FüM-Info-Tagung) • Ausrichter der jährlichen Marineinformationstagung für MarOffz im Inland (außerhalb MilOrgBereich Marine) (MIT-I) • DEU Vertreter in den Steering Committees der NATO-akkreditierten Centres of Excellence in der „maritimen Domäne“ (CJOS COE, COE CSW), Chairmanship des Steering Committee COE CSW durch MarKdo AL Plg

Anlehnungspartnerschaften orientieren sich an der ergänzenden gemeinsamen Fähigkeitsentwicklung im Sinne des „Framework Nation Concept“ (FNC). Hierbei handelt es sich um ein Konzept zur strukturellen Beistellung von Fähigkeiten durch Nationen, die sich aus Gründen von Synergie und Effizienz zu einer gemeinsamen Fähigkeitsentwicklung zusammenschließen. Übergeordnetes und eher mittel- bis langfristig zu sehendes Ziel ist das Schließen hoch priorisierter Fähigkeitslücken und das Beseitigen von Defiziten sowie das gemeinsame Erreichen der vereinbarten Planungsziele gem. NATO-Defence Planning Process (NDPP). Stärkere und bzgl. einer Fähigkeit besser ausgestattete oder breiter aufgestellte Partner wie die Deutsche Marine mit ihrer Expertise auf dem Gebiet der Unterwasserseekriegsführung und ihren Kapazitäten zur multinationalen Ausbildung von U-Bootund P3C Orion-Besatzungen oder der Fähigkeit zur Führung groß angelegter maritimer Operationen/Übungen von einem Maritime

ziehungen, Aufbauhilfe und regionale Stabilisierung. Die Deutsche Marine sieht sich hier vornehmlich in der Rolle als „Brother Navy“ und leistet eine unterstützende Fähigkeitsentwicklung. Neben dem Aufbau gemeinsamer Beziehungen wird hier ein intensiver Erfahrungsaustausch bei Übungen und in der Ausbildung gepflegt. Die Abschätzung des Potenzials einer Partnerschaft erfolgt durch eine Reihe von Kriterien und deren Gewichtung, um bspw. eine Tendenz für die unveränderte Fortführung, Intensivierung oder Neuaufnahme einer Kooperation zu erlangen. Hier spielen Kriterien wie Einsatzrelevanz, Interoperabilität, Durchhaltefähigkeit, Rüstungskooperation und übergeordnete politische Vorgaben eine Rolle. Im Ergebnis eröffnen sich Handlungsfelder zur weiteren konkreten Ausgestaltung der Partnerschaft, im Folgenden beispielhaft illustriert für die Bereiche maritimer Operationen und deren Führung, für Ausbildungs- und Personalbelange, die gemeinsame Entwicklung MarineForum 3-2016


von Doktrinen, die Unterstützung in See sowie für eine Reihe anderer Initiativen. Eine besondere Rolle spielen hierbei auch die bilateral geführten Marinestabsgespräche zwischen den jeweiligen Planungsabteilungen ausgewählter Partner. Beispiele für o.g. Handlungsfelder sind: Maritime Operationen: z.B. Atalanta, UNIFIL, SNMG, SNMCMG einschl. modularer Beistellungen von/bei Partnern (Einschiffung ausländischer Vessel Protection Teams (VPT); die Integration einer DEU Fregatte Kl. 124 in einen US Trägerverband bzw. die Integration einer DEU Fregatte in einen GBR Verband im Rahmen COUGAR 2014). Führung: NLD Führung der SNMCMG 1 von einem deutschen Tender in 2015 sowie DEU Führung der SNMG 2 in 2015. Führung eines DEU U-Bootes von einer amerikanischen Plattform aus im Rahmen der SNMG 2. Die DEU Marine plant, das Maritime Operation Center (MOC) im Zuge der notwendigen Erneuerung so zu konfigurieren, dass der Aufwuchs zu einem internationalen Führungszentrum möglich ist, das dann als Führungsund Koordinationsplattform vor allem für den Ostseeraum nutzbar ist. Ausbildung/Personal: Ausbildung und Zertifizierung deutscher Überwassereinheiten beim ‚German Operational Sea Training‘ (GOST) in GBR.

Ausbildung deutRelevanz einer Partnerschaft scher Minenab wehreinheiten beim Kriterien: „Minecountermeasure • Übergeordnete Vorgaben Strat. AnlehungsVessel Operational • Verpflichtung im Bündnis Partner partner • Einsatz Sea Training“ (MOST) • Interoperabilität in Eguermin/Zeebrüg• Kostenersparnis Unterstütz. ge (BEL). Partnerschaft • Durchhaltefähigkeit Ausbildung däni• Fähigkeitsaufbau • Rüstungskooperation scher Einheiten am deutschen Einsatzund Ausbildungszentrum Schiffssicherung (EAZS) in Neustadt. Besuche MAH ExpertenVerbindungs MarAtt PEP InspM gespräche & JP Ausbildung von DEU Offz MSG Offiziersanwärtern an der „Ecole Naval“ in Brest sowie französischer Kadetten an der setzte Einsatzverbände wie die EU Naval Marineschule Mürwik. Force Atalanta. Doktrinen: Weiterentwicklung und Teilhabe Konzepte/Initiativen: Der besonderen Rolan der Ballistic Missile Defence (BMD) in Kole des FNC im Kontext der NATO-Gipfelbeoperation mit NLD/DNK und in Abstimmung schlüsse von Wales Rechnung tragend bringt mit den USA. sich die Deutsche Marine als „RahmennaUnterstützung: Auch die zukünftige ortion“ bei der Fähigkeitsentwicklung Unterganisch-logistische Unterstützung der wasserseekriegsführung mit U-Booten und Seestreitkräfte bietet KooperationspoMPA ein. Im Rahmen der BMD hat die DEU Marine für den Bereich „upper layer“ ebentenzial – weniger im Hinblick auf eine gemeinsame Entwicklung und Beschaffung falls die Federführung signalisiert; ebenso von Plattformen als bei der bereits prakwie für die Schaffung eines maritimen Fühtizierten Abstellung von Betriebsstoffverrungs- und Koordinierungszentrums unter sorgern für multinational zusammengeBeteiligung von Ostseeanrainern. Neben

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Marinestabsgespräche dem durch DEU initiierten FNC existieren eine Reihe weiterer maritimer Initiativen, von denen im Folgenden einige exemplarisch genannt werden: Als eine Smart Defence Initiative (SDI) ist – trotz teilweiser nationaler Vorbehalte – ein „Maritime Patrol Aircraft (MPA)-Pool“ eingerichtet worden. Ziel ist, die MPA-Fähigkeiten für Übungen (aktueller Fokus) und Einsatz (mittelfristig) zu poolen, um auch Mitgliedern ohne eigene MPA deren Einsatz für operative Szenarien zu ermöglichen. Dabei sollen mittelfristig die Aufgaben der MPA Coordination Cell (MPACC), die gegenwärtig noch vom MOC in Glücksburg wahrgenommen werden, an das Movement Coordination Center Europe (MCCE) übergeben werden, um das Projekt weiter in den Fokus der NATO zu rücken. Deutschland ist „Lead Nation“. Weitere Mitglieder als sog. „Provider“ sind POL, ESP, ISL und LUX. ITA und TUR haben Beobachterstatus. GRC, NOR, GBR und SWE werden an Ergebnissen und Updates beteiligt. Ende Mai 2015 wurde auf Einladung der Deutschen Marine die erste „Baltic Commanders Conference“ (BCC) in Rostock unter Leitung des Stellvertretenden Inspekteurs der Marine und Befehlshabers der Flotte und Unterstützungskräfte durchgeführt. Teilnehmer waren alle Flottenchefs der Anrainermarinen der Ostsee plus NOR, ohne RUS. Ziel war es, unter besonderer Berücksichtigung der veränderten sicherheitspolitischen Situation in Europa gemeinsam Möglichkeiten und Notwendigkeiten einer vertieften Kooperation auszuloten und die weitere Vorgehensweise bei knapper Ressourcenlage zu erörtern. Kooperationsvorhaben und Initiativen wurden von DEU auf folgenden Handlungsfeldern aufgezeigt: X Training & Exercises X Operations & Deployment & Mutual Support X Leadership & Education & Personal Exchange X Doctrine Development & Information Sharing. Bis zur nächsten Konferenz sollen sich weitere Möglichkeiten und Handlungsfelder zur Ausgestaltung dieser Initiative wie z.B. themenbezogene Arbeitsgruppen herauskristallisiert haben. Ein wesentliches Instrument der internationalen Kooperation sind die bilateral geführten Marinestabsgespräche (MSG), die grundsätzlich auf Veranlassung BMVg zwischen der Deutschen Marine und anderen ausgewählten Marinen geführt werden. Sie dienen der Umsetzung übergeordneter Vorgaben, nationaler maritimer Interessen und der Identifizierung von Gemeinsamkeiten, um sich im Rahmen bilateraler oder multinationaler Übungsaktivitäten und Einsätze weiter anzunähern, auf dem Gebiet der

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• Durchführung unter Leitung Abteilungsleiter Planung & Konzeption Marinekommando • Vertreten der militärpolitischen Interessen der Deutschen Marine im internationalen Umfeld • Verbindendes Element des nachgeordneten Bereichs zu internationalen Partnern • Insgesamt mit 25 Nationen in unterschiedlichen Intervallen. • Gespräche mit RUS i.R. Abkommen zur Verhütung von Zwischenfällen auf See (AVZwSee) – z.Zt. ausgesetzt

konzeptionellen Weiterentwicklung und Beschaffung sowie gemeinsamen Nutzung von Wehrmaterial Erkenntnisse auszutauschen und Synergien zu identifizieren. Außerdem tragen sie im Austausch bislang gemachter Erfahrungen, Projektierungen und Zukunftsplanungen dazu bei, Vertrauen zu bilden, Beziehungen zu pflegen, gegenseitiges Verständnis für die jeweils andere Marine zu entwickeln. Im Laufe der ein- bis zweitägigen Gespräche lassen sich so verschiedene Sichtweisen, sicherheitspolitische Perspektiven und maritime Expertise austauschen. Darüber hinaus bieten MSG eine mögliche „Türöffner“-Funktion für die Rüstungskooperation, zumal bei den meisten Marinen keine strikte Trennung der Zuständigkeit für Rüstung und Streitkräfte vorherrscht. Derzeitig führt das Marinekommando unter dem Abteilungsleiter Planung & Konzeption Marinestabsgespräche mit insgesamt 25 Marinen durch. Die jeweilige Frequenz der Gespräche (zwischen 6 und über 24 Monate), die wechselseitig in Deutschland oder bei dem entsprechenden Partner durchgeführt werden, richtet sich nach aktuellen Erfordernissen und der durch Politik und Marine beigemessenen Kooperationsintensität mit dem jeweiligen Partner. So haben im Bündnis führende oder große europäische sowie benachbarte Marinen an Nord- und Ostsee allgemein eine höhere Priorität als Marinen, mit denen allein aufgrund der Entfernung eher weniger Berührungspunkte bestehen. Eine besondere Rolle nehmen, wie bereits angemerkt, diejenigen Marinen ein, bei denen die Deutsche Marine die Funktion als „brother navy“ übernommen hat (z.B. bei der Marine Südafrikas) oder historisch bedingte besondere Verpflichtungen bestehen (z.B. bei der israelischen Marine).

Resümee Die Marine ist in vielfältige Kooperationsprojekte auf unterschiedlichen Handlungsfeldern eingebunden. Sie ist auf Interoperabilität und Kompatibilität ausgerichtet und erfüllt damit wesentliche Voraussetzungen, Kooperationsund Integrationsprozesse europäisch und transatlantisch zu gestalten und zu fördern.

Alle Einsätze und einsatzgleichen Verpflichtungen der Marine erfolgen im internationalen Kontext. Vor dem Hintergrund der bereits jetzt schon hohen Bindung durch multinationale Kooperationsprojekte kommt es für die Deutsche Marine darauf an, alle Anstrengungen zu konzentrieren und die richtigen Schwerpunkte zu setzen. Letztere ergeben sich u.a. aus den in den vergangenen Jahren beschlossenen DoI – vor allem mit den Niederlanden, Polen und Norwegen – aber auch aus der engen Kooperation mit den großen westlichen Marinen wie mit Frankreich, den USA und Großbritannien. Die Integration von Teilen des Seebataillons in die NLD Streitkräfte mit Nutzung der „Karel Doorman“ sowie die Ausformung der regionalen Kooperation im Ostseeraum (BCC) sind Vorhaben, die in eine vielversprechende Richtung weisen. Dies gilt nach wie vor auch für die engen Arbeitsbeziehungen mit den französischen Streitkräften. Außerdem zeigen die Erfahrungen, dass die Ausbildungsunterstützung von Partnern, insbesondere im Zusammenhang mit Rüstungsexporten, ein probates Mittel ist, Partnerschaften nachhaltig und wirksam zu gestalten, auch wenn die dazu erforderlichen Ressourcen nur begrenzt zur Verfügung stehen. Die auf Initiative der Deutschen Marine ins Leben gerufene BCC hat die Grundlage gelegt, im Ostseeraum zu einer intensiveren Kooperation auf wichtigen Handlungsfeldern zu kommen. Das Potenzial zur Ausplanung von Kooperations- und Führungsstrukturen soll bis zur nächsten BCC im Frühjahr 2016 weiterentwickelt werden. Die routinemäßig durchgeführten Marinestabsgespräche bilden letztendlich zusammen mit den offiziellen Auslandsbesuchen des Inspekteurs der Marine und den vielen sichtbaren Beiträgen der Deutschen Flotte die Klammer, um im Einklang mit den Partnermarinen internationale Vorhaben weiter zu fördern und letztendlich zur Sicherheit der Meere beizutragen. L Flottillenadmiral Jürgen Mannhardt ist Abteilungsleiter Planung & Konzeption im Marinekommando. MarineForum 3-2016


Leitfaden zur Wahrung der maritimen Dominanz Vorgaben des neuen US-Chief of Naval Operations

A

m 5. Januar stellte Admiral John Richardson einen neuen Leitfaden für die US-Navy vor. Das acht Seiten umfassende Papier trägt die Überschrift „Design for Maintaining Maritime Superiority“. Es ist die erste wesentliche Veröffentlichung Richardsons seit seiner Ernennung zum Chief of Naval Operations im September 2015 und spiegelt seine Einschätzung der Sicherheitslage und des Zustands der USSeestreitkräfte wider. Der Leitfaden zeigt an, wie die Navy sich dem veränderten geostrategischen Umfeld anpassen soll, um die volle Einsatzfähigkeit und die Dominanz in dem maritimen Bereich zu wahren. Das Dokument signalisiert Schwerpunkte der Navy-Führung, die sich auch in künftigen Etatanträgen niederschlagen dürften.

Geostrategische Lage im Fluss Es fällt auf, dass Richardson offen und direkt feststellt, dass sich die USA, nach 25-jähriger Pause, wieder an der Schwelle einer Großmacht-Rivalität befinden. Als bedeutendste Herausforderer, die die weltweiten Interessen der USA bedrohen, werden ausdrücklich Russland und China genannt. Die neue Weltlage wird durch die Aufrüstung und Modernisierung dieser Länder sowie durch deren zunehmend offensive Außenpolitik geprägt. Beide Konkurrenten sind bereits globale Akteure mit stetig zunehmender Reichweite. Richardson stellt fest, dass sich die militärischen Investitionen beider Länder nicht auf herkömmliche Rüstungsbereiche beschränken, sondern gezielt auch den elektromagnetischen Bereich sowie den Weltraum mit einbeziehen. Wesentliche Elemente der Streitkräftemodernisierung beider Staaten sind ausgerichtet, USamerikanische Schwachstellen auszunutzen, schreibt Richardson. Ferner betont der Admiral, dass der technologische Wandel sowie die Globalisierung (einschließlich der zunehmenden MarineForum 3-2016

wirtschaftlichen Nutzung der Ozeane) zu erheblichen Veränderungen des geostrategischen Umfelds führen. Technologie, die einst nur den führenden Nationen vorbehalten war, ist nun vielen Ländern sowie nichtstaatlichen Akteuren zugänglich. Angesichts der gespannten Haushaltslage der US-Regierung werden die US-Streitkräfte künftig nicht mehr in der Lage sein, durch ständig steigende Forschungs- und Beschaffungsetats die militärische Oberhand zu wahren. Anpassungsfähigkeit und neue Denkansätze sind notwendig.

Vier Ansätze Richardson schreibt vier Ansätze vor, die angesichts der obengenannten Sachlage zur Wahrung des maritimen Führungsanspruchs der US Navy beitragen sollen. Stärkung der Seemacht: Die Wahrung und Steigerung der Fähigkeit zur Kriegsführung auf See sowie von der See her ist die oberste Priorität Richardsons. In diesem Sinne will er noch in diesem Jahr die geplante Beschaffung einer neuen strategischen U-Boot Klasse vorantreiben, neue Einsatzkonzepte für Kriegsführung auf See sowie für die amphibische Kriegsführung prüfen, diese Konzepte durch Kriegsspiele und Flottenmanöver testen, neue Konzepte der bemannten und unbemannten Schiffsarchitektur und der Schiffsbewaffnung einschließlich der Einführung von offensiven und defensiven elektromagnetischen Waffen prüfen, die Fähigkeit zur elektronischen Kriegsführung ausbauen, unter Einbeziehungen von Weltraumsystemen und die Führungsstruktur der Navy untersuchen, um die zur Kriegsführung optimale Flottenorganisation zu gewährleisten. Die Navy muss sich angesichts des geänderten Einsatzumfeldes darauf einstellen, nachgeordnete Verbände dezentral im Sinne der Auftragstaktik einzusetzen.

Steigerung der Lernfähigkeit auf allen Bereichen: Sowohl auf der individuellen wie auf der organisatorischen Ebene soll effizienter gelernt werden. Dies bezieht sowohl den Erwerb neuer Fähigkeiten wie die Auswertung von Einsatzerfahrungen ein. Neue Technologie einschließlich Simulatoren und Online-Kriegsszenarien sollen so intensiv wie möglich genutzt werden. Personelle und organisatorische Reformen: Optimierte Karriereförderung und gezielte Ausbildung von Führungspersonal auf allen Ebenen sollen Truppenmoral und institutionelle Kohäsion stärken. Ausbau und Stärkung der nationalen und internationalen Partnerschaften: Die Navy soll die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch mit ihren Partnern intensivieren. Zu den namentlich aufgezählten Partnern zählen: die übrigen US-Teilstreitkräfte; nicht-militärische Dienststellen der US-Regierung; die Wirtschaft; Verbündete und Partnernationen. Zu den Ansätzen, die noch in diesem Jahr voranzutreiben sind, gehören: Verstärkte Integrierung mit den TSK-gemeinsamen und behördenübergreifenden Dienststellen auf allen Bereichen einschließlich der Planung und der Konzeptentwicklung; Priorisierung der wesentlichsten internationalen Partnerschaften durch Informationsaustausch, Förderung der Interoperabilität sowie der gemeinsamen Einsatzführung; Suche nach neuen Möglichkeiten der gemeinsamen Einsatzführung mit Verbündeten; Vertiefung der Forschungszusammenarbeit mit der Industrie und mit wissenschaftlichen Forschungsstellen; Ausbau der Zusammenarbeit mit der Wirtschaft. Zur optimalen Entfaltung müssen alle vier Bereiche zusammenfließen, schreibt Richardson. Angesichts des ständigen Wandels des Einsatzumfeldes muss auch der Kurs der US-Navy ständig analysiert und gegebenenfalls angeglichen werden. L

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(Foto: US-Navy)

Sidney E. Dean


Agenda Rüstung Betrachtungen aus Sicht der Abteilung See des BAAINBw Peter Grundmann

N

icht erst mit dem KPMG-Bericht vom 30. September 2014 ist die Leistungsfähigkeit des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) wieder stark in das öffentliche Interesse gerückt. Probleme mit dem Material der Bundeswehr bei der Beschaffung aber auch beim Erhalt in der Betriebsphase sind seit langem Kern verschiedenster Berichterstattungen. Die Ursachenanalyse hat die bekannten Defizite wie Managementstrukturen und -methoden, Vertragswesen, Jährlichkeit des Haushalts, monopolistische Industriestrukturen, politische Einflussnahme und Personal beleuchtet und ein ganzes Paket an Maßnahmen nach sich gezogen. Diesbezügliche Inhouse-Aktivitäten stehen unter dem Begriff „Agenda Rüstung“. Sie sieht u.a. die Verbesserung von Rüstungsmanagement und Transparenz, aber auch die Stärkung von Materialerhalt und Einsatzbereitschaft vor.

Rüstungsmanagement und Transparenz Sichtbares Ergebnis der Agenda Rüstung ist der halbjährliche Report des Rüstungsboards an das Parlament: Ein neues Verständnis von Risikomanagement gepaart mit dem Willen nach größerer Transparenz gegenüber den politischen Gremien mündet in ein detailliertes Berichtswesen über die großen Beschaffungsvorhaben der Bundeswehr. Die Resonanz auf diesen Report ist beachtlich. Der Bericht schafft Vertrauen, weckt Verständnis und fördert Unterstützung. Er verstärkt aber auch die Tendenz, dass die Außenwahrnehmung des BAAINBw und damit die der Abteilung See auf das Management großer Beschaffungsvorhaben fokussiert wird. Das ist solange unschädlich, wie daraus nicht die alleinige Grundlage für Organisations- und Personalbemessungen abgeleitet wird. Das Aufgabenspektrum der Abteilung See geht weit über neue Rüstungsprojekte hinaus. Um allen mit der Beschaffung und Nutzung von maritimem Wehrmaterial einhergehenden Aspekten gerecht zu werden, sind viele Disziplinen erforderlich. Dort wo sie nicht oder nur unzureichend vorhanden sind, leidet die Ausrüstung der Soldatin-

nen und Soldaten. Auch hier setzt Agenda Rüstung an. Zweifellos bedarf es für die Anbahnung und Abwicklung von milliardenschweren Beschaffungsverträgen leistungsfähiger Managementteams. Größe und Zusammensetzung dieser Teams richten sich nach der Komplexität des Vorhabens und seinen Randbedingungen. So verlangen budgetstarke Neubauprojekte für die verschiedenen Managementdisziplinen Teams von bis zu 30 Personen. Dennoch sind in der Abteilung See im Mittel nur 20 % der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter direkt mit dem Management von Großvorhaben betraut. Der überwiegende Anteil der Beschäftigten ist in der Nutzungssteuerung, den unterstützenden Bereichen „Grundlagen“ und den Fachaufgaben tätig. Der Aufbau größerer Projektteams mit einem alle Disziplinen eines modernen Managementansatzes abdeckenden Personalumfangs kann erst sehr spät, oft erst mit der Ausschreibung der Beschaffungsverträge erfolgen. Dabei reift schon länger das Verständnis, dass die Aktivitäten bereits zum Projektaufsatz beginnen müssen. Nach der derzeitigen Nomenklatur unserer Verfahrensvorschrift CPM (nov.) sollten bereits in der Vor- und Analysephase alle Maßnahmen ergriffen werden, die die Abstimmung der Projektabhängigkeiten planen und die auf hinreichende Ressourcen finanzieller und zunehmend personeller Art achten, um für eine bestmögliche technische und vertragliche Lösung zu sorgen. Die bisherigen, in jenen frühen Beschaffungsphasen agierenden Bereiche der Abteilung See sind für diese Art von Rüstungsmanagement aber nur bedingt aufgestellt.

Grundlagen und unterstützende Facharbeit Zur Erläuterung: Schon in der Vor- und den Analysephasen des CPM (nov.) ist die Abteilung See maßgeblich an der Zukunftsentwicklung der Marine beteiligt. Die Abteilung See legt die Basis hierfür über ein Forschungs- und Technologieprogramm, auf das die Planungslage der Marine ab-

Hintergrundbild S. 16: Hauptgebäude des BAAINBw in Koblenz, S. 18: Fregatte Klasse 123 „Mecklenburg-Vorpommern“ (Fotos: Wikimedia/Marine)

gestützt werden kann. Das Programm schafft die Grundlagen, die eine zukunftssichere Ausstattung der Marine zeitgerecht und zu wirtschaftlichen Bedingungen gewährleisten können. Die Abteilung See betreut dabei Programme bei Forschungsinstituten sowie fachliche Basisarbeiten bei Wehrtechnischen Dienststellen. Für die komplexen Waffensysteme der Marine, die in ebenfalls komplexen Szenarien operieren sollen, sind hierzu umfangreiche technische und betriebliche Konzepte und komplette Schiffsentwürfe zu erstellen. Um nicht wettbewerbsverzerrend zu wirken, werden diese Arbeiten unabhängig von zukünftigen potenziellen Anbietern durchgeführt; eine Besonderheit, die den Rüstungsbereich Marine von anderen deutlich unterscheidet. Die Entwürfe dienen zum einen als Ideengeber für mögliche Lösungen, zum anderen als Grundlage für die Bewertung von Kosten, Leistungsvermögen und Risiken. Die Abteilung See berät über diese Auswertungen im Integrated Planning Process die Planung hinsichtlich zukünftiger maritimer Systeme. Außerdem legt sie bereits die ersten und besonders wichtigen Projektgrundlagen für zukünftige Fähigkeitsträger und Ausrüstungsentscheidungen. Für diese projektartigen Aufgaben bräuchte es bereits ein hinreichend breit aufgestelltes „Projekt“-Team. Die eingangs zitierte KPMG Analyse aktueller Probleme in Rüstungsvorhaben setzt genau hier auf: Ein unzureichendes Rüstungsmanagement in der Vor- und Analysephase übersieht nämlich die Risiken, die in der späteren Vertragsumsetzung als Probleme auftreten und dann dort allenfalls durch Geld und über Zeitverzug behoben werden können. In den Fokus der Kapazitätsbetrachtungen der Abteilung See sollten deshalb schon frühzeitig die zukünftigen Vorhaben wie Ersatz der Marinebetriebsstofftanker, neue Schiffe für die Rüstungsflotte, Ersatz der Flottendienstboote und neue U-Boote gelangen. Von der im Rahmen der Agenda Rüstung angestrebten Stärkung des Rüstungsmanagements ist hier eine entsprechende Nachjustierung zu erwarten. MarineForum 3-2016


TASO

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Integriertes Aktiv-Sonar TASO Innovation durch Bistatik TASO ist eine bistatische Sonarkonfiguration bestehend aus Hull-Mounted Sonar (ASO) und zusätzlicher tiefenvariabler passiver Schleppantenne (TAS). Durch diese Kombination ergeben sich stark erweiterte Fähigkeiten für U-Jagd, Torpedoabwehr und Lagebilderstellung im Unterwasserseekrieg. Eigenschaften des TASO-Systems auf einen Blick: n Bistatischer Betrieb (ein Sender mit zwei Empfängern) n Tiefenvariabler Einsatz des Schleppsonars (TAS) n 360° Detektion n Höhere Detektionsreichweite gegen Unterwasserziele n Einfache Nachrüstung für bestehende ASO Anlagen (z.B. auch als Missionsmodul)

Durch die Sensorfusion der beiden Sonare werden Falschalarme signifikant reduziert. Durch Kreuzpeilung ist eine genaue Positionsbestimmung von Zielen möglich. Diese Eigenschaften machen TASO zum idealen Sensor für die Torpedoabwehr und Operationen in küstennahen Gebieten.

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Die bereits angewiesene Verstärkung der Abteilung mit neuen Dienstposten für das Risikomanagement und für stärkere juristische Unterstützung hilft und kommt sowohl den in der Realisierung befindlichen Projekten als auch den neuen, noch in der Analysephase befindlichen Vorhaben zu Gute. Leider lehrt die Erfahrung mit der Besetzung von neuen Dienstposten, sich deutlich in Geduld üben zu müssen. In der Praxis gilt, dass neuer Personalbedarf nur aus dem Bestand heraus befriedigt werden kann. Priorisierung, angepasste Verfahren und Prozesse sowie vermehrte Nutzung externer Kapazitäten waren in der Vergangenheit die bevorzugten Mittel der Wahl, um Engpässen zu begegnen. Industrielle Unterstützung zur Kompensation eigener Defizite ist akzeptabel, solange damit kein Expertiseverlust einhergeht. Nur dann bleibt die Kernaufgabe unseres Amtes, für die materielle Ausstattung der Streitkräfte in der gebotenen Qualität zu sorgen, gewährleistet. Verbesserte Prozesse und Verfahren helfen nur im Rahmen von Effektivitätssteigerungen. Zweifelsohne besteht Anpassungsbedarf und Potenzial ist erkennbar. Der Bedarf muss jedoch im laufenden Betrieb erkannt, geplant, umgesetzt und validiert werden. Positiv ist festzustellen, dass sich im Rahmen der Agenda Rüstung deutliche Fortschritte abzeichnen. In vielen Bereichen führen neue Methoden und Prozesse zu der erforderlichen Qualität; gravierendem Personalmangel kann damit jedoch nur begrenzt begegnet werden. Die Beseitigung von Kapazitätsmängeln durch Priorisierung der Aufgaben ist kein wirklicher Ausweg. Priorisierung unterstellt, dass einzelne Arbeiten von zeitlich nachrangiger Bedeutung sind. Häufig liegt dabei das Hauptaugenmerk auf der Nutzungssteuerung. Dies ist eine kritische Vorgehensweise, die der Agenda Rüstung zum Thema Stärkung von Materialerhalt und Einsatzbereitschaft widerspricht.

Stärkung von Materialerhalt und Einsatzbereitschaft Grundvoraussetzung für die Operationsfähigkeit unserer Marine ist der Erhalt der materiellen Einsatzreife. Die Nutzungssteuerung stellt in der Abteilung See mittlerweile ganz eindeutig die Hauptauslastung dar. Die anhaltende Reduzierung der Flotte führt nicht zu einer Entspannung, da der Aufwand weniger von der Stückzahl der Schiffe, sondern mehr von der Anzahl der Schiffsklassen abhängt. Die in Dienst befindlichen Schiffe sind technisch komplex, aufgrund ihres Alters zum Teil in ei-

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nem kritischen Zustand und unterliegen durch ein erhöhtes Einsatzaufkommen einem starken Verschleiß. Aufwändige Instandsetzungen, zunehmende technische Anpassung zur Beseitigung von Obsoleszenzen bei einer erhöhten Forderung nach Verfügbarkeit setzt ein professionelles Nutzungsmanagement voraus, dass sich im Ressourcenbedarf kaum noch von einem Projektmanagement in der Beschaffungsphase unterscheidet. Die Nutzungsaktivitäten umfassen neben der Instandhaltung, die vom Marinearsenal beauftragt und verfolgt wird, hauptsächlich die technischen Änderungen und die Ersatzbeschaffungen. Für die damit verbundenen Aufgaben und Fragestellungen benötigen die Mitarbeiter der Abteilung See eine breite technische Expertise und einen umfangreichen logistischen Sachverstand. Wegen der Fülle der Aufgaben arbeiten heute über 50 % der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abteilung See ausschließlich für die Nutzungsunterstützung. Die Handhabung, Pflege und Wartung jeden Materials in der Nutzung ist in technischen Dokumentationen beschrieben. Da die Abteilung See sämtliches Material der Marine in die Nutzung bringt, ist sie für den korrekten Inhalt dieser Dokumente verantwortlich. Das beginnt mit der Erstprüfung schon in der Realisierungsphase, umfasst dann in der Nutzung die ständige Anpassung an Änderungen jedweder Art. Mit dem Übergang von gedruckter auf interaktive elektronische Dokumentation hat sich der textliche Umfang und damit der Prüfaufwand erheblich erhöht. Jedes Material muss zudem bis zum kleinsten Ersatzteil über sogenannte Stammdaten ansprechbar und damit logistisch zu verwalten sein. Stammdaten haben einen großen Informationsgehalt. Hinzu kommt, dass die Systeme, die mit diesen Stammdaten arbeiten, sehr intolerant gegenüber Fehlern sind. Beides erzwingt einen enormen personellen Aufwand, um die vollumfängliche Versorgung der Marineeinheiten einigermaßen zeitgerecht gewährleisten zu können. Um bestehendes Wehrmaterial sicher verfügbar zu haben, ist dieser Aufwand im Bereich der Nutzungsunterstützung unumgänglich. Umpriorisierungen von Personal aus diesem Bereich zugunsten von Beschaffungsprojekten schwächt ggf. direkt die Verfügbarkeit von Einheiten der Marine.

ziehungen im Beschaffungsprozess sowie der Einführung neuer logistischer Verfahren neu aufgestellt. Sie passt ihre Aufbau- und Ablauforganisation auf Grundlage von Erfahrungen und unter Berücksichtigung der Zielsetzung der Agenda Rüstung an und nutzt hierbei die bereitstehenden Hilfeleistungen und Ressourcen. Die Arbeitsprozesse und deren Ergebnisse werden damit nachhaltig verbessert. Moderate Nachjustierungen in der Personalbemessung gelten ausschließlich einem neu zu etablierenden Rüstungs- und Risikomanagement sowie einer direkten juristischen Unterstützung von Großvorhaben. Letzteres hilft sicherlich, den deutlich gestiegenen Anforderungen aus dem neuen Vergaberecht begegnen zu können. In allen anderen Bereichen bleibt die Personalsituation angespannt. Mit der Überführung des Managements MKS180 in die neue Projektmanagementorganisation PMO ist keine wirkliche Entlastung verbunden, wird doch die Abteilung See weiterhin maßgeblich alle Unterstützungsleistungen über die Bereiche „Grundlagen“ und den Fachaufgaben erbringen müssen.

Organisation und Personal

EDir Peter Grundmann ist Abteilungsleiter See im Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw).

Die Abteilung See hat sich angesichts der großen Umbrüche in ihren Arbeitsbe-

Fazit Das BAAINBw bedient sich für die Rüstung und Nutzungssteuerung der Marine einer professionellen und sehr wirksamen Organisationseinheit. Die Abteilung See mit ihren ca. 360 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, davon etwa 120 aus dem militärischen Bereich, vereint in sich alle Disziplinen für eine adäquate Umsetzung der materiellen Bedürfnisse der Flotte. Dass es in der Regel nur die großen Vorhaben schaffen, in den Fokus der Öffentlichkeit zu gelangen, ergibt sich daraus, dass es auf das Aushängeschild, wie bei jedem erfolgreichen Unternehmen, nur die Premiumprodukte schaffen. Eine fehlende (Problem-)Berichterstattung über die grundlegenden Basisdienste der Abteilung spricht dabei wohl indirekt für die Qualität der gesamten Arbeit. Dies und die Diskussion über die öffentlichkeitswirksamen Umsetzungsmaßnahmen zur Agenda Rüstung darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die weniger im Fokus stehenden Bereiche der Abteilung See eine hohe Bedeutung für die Einsatzbereitschaft der Flotte haben und adäquat mit den erforderlichen Kompetenzen und Ressourcen ausgestattet werden müssen. L

MarineForum 3-2016


Marketing-Report: Saab International Deutschland GmbH

Saab 9LV WCS1 – Ein Waffenkontrollsystem für die Zukunft Bedrohungen aus der Luft abzuwehren ist die größte, weil zeitkritischste Herausforderung für jedes Kriegsschiff und seine Besatzung. Deshalb benötigen sie heute schon Sensoren, Waffenkontroll- und Führungssysteme, die maximale Zeit für die Entscheidungsfindung bei bestmöglicher Verteidigung unter allen Wetter- und Umweltbedingungen bereitstellen. weit, mittlerweile auf mehr als 200 Schiffen zahlreicher Marinen. Mit ihrer über 50-jährigen Erfahrung wurde je nach Kundenwunsch entweder die volle Verantwortung für die Integration von Sensoren und Effektoren in das Saab 9LV-FüWES übernommen oder nur Anteile wie z.B. das zeitkritische Waffenkontroll-Subsystem in das eigene oder fremde FüWES. Die Bandbreite reicht von einzelnen elektro-optischen Sensoren zur optimalen Steuerung einer Kanone bis zum kompletten

Abbildungen: Saab

Nichts ist für ein Kriegsschiff, ob alleine oder im Verband fahrend, herausfordernder als ein komplexes Luft-Bedrohungsszenario, insbesondere in zerklüfteten und verkehrsreichen Küstengewässern. Die Bord-Sensoren müssen das Situationsbewusstsein durch frühzeitige Entdeckung und Identifizierung von Luftzielen maßgeblich unterstützen. Die Feuerleitkette mit ihren Entscheidungsalgorithmen muss dabei immer einen Schritt voraus sein und Bedrohungen von morgen schon heute versuchen abzu-

lieferte u.a. 26 „CEROS 200“ Feuerleitradare, integrierte sowohl den ESSM-Flugkörper sowie Kanonen und unterstützte die automatische Waffenzuweisung mit zukunftsweisender Sensordatenfusion. In einem weiteren Referenzprojekt schloss Saab nach dem Umbau der thailändischen NARESUAN-Fregatten im September 2015 die Seetests mit dem Verschuss von ESSM-Flugkörpern erfolgreich ab. Auf den australischen ANZACFregatten hat Saab den ESSM sowohl über die CEROS 200-Waffenkontrollsysteme wie auch ein nicht-rotierendes Phased Array Radar in das AAW-System integriert. Darüber hinaus konnte der Auftrag für das grundlegende Integrations-Design des ESSM Block 2 gewonnen werden.

„CEROS 200 CWI” mit Dauerstrichbeleuchtung zur Flugkörperlenkung bilden. Dies gilt insbesondere für immer schnellere, schwerer zu entdeckende und extremer manövrierbare Ziele. Die Entdeckung-bis-Bekämpfung-Abfolge sowie die schnelle Zielwechselfähigkeit erlangen deshalb besondere Bedeutung. Für die Zukunftsfähigkeit des Waffenkontrollsystems ist es dabei entscheidend alte wie neue Sub-Systeme integrieren zu können, sie in ihrer Funktionalität optimal aufeinander abzustimmen, während die Komponenten unabhängig weiterentwicklungsfähig sein sollen. Diese hohen Ansprüche zu verwirklichen erfordert als Grundlage eine offene Systemarchitektur und herausragende Integrationserfahrung. Nur von einem bewährten, verlässlichen Waffenkontrollsystem kann auch künftig höchstmögliche Effektivität erwartet werden. Das Feuerleit- und Waffenkontrollsystem 9LV WCS von Saab erfüllt all diese Bedingungen und vieles mehr. Es beweist bereits heute im Einsatz überragende Fähigkeiten auf Überwasserschiffen und U-Booten welt-

Start eines ESSM mit dem Saab „9LV WCS“ Waffenkontrollsystem

Luftverteidigungssystem mit zahlreichen Sensoren und Effektoren auf Fregatten und Zerstörern. Für die Steuerung stellt Saab automatisierte Koordinationsverfahren bereit, die über die reine TEWA2-Funktionalität hinausgehen. Es werden alle verfügbaren Parameter in die Funktionsketten einbezogen und für die zeit- und situationsgerechte Abwehr optimiert. Im vollautomatischen Modus übernimmt das 9LV WCS beispielsweise Zielerfassung, -zuweisung sowie –verfolgung auf bis zu 100km Entfernung und beginnt mit der Bekämpfung in weniger als einer Sekunde, sofern die Feuerfreigabe vorliegt. Für besonders schwierig zu verfolgende Sea-Skimmer hat Saab einen patentierten Algorithmus gegen Mehrweg-Interferenzen entwickelt.

Weltweite Referenzen Erstmals konnte eine wirklich offene System-Architektur mit dem 9LV WCS bei der Modernisierung der 12 kanadischen HALIFAX-Fregatten realisiert werden. Saab

Das 9LV WCS mit CEROS 200 Feuerleitradaren hat sich als extrem durchhaltefähig, äußerst wartungsarm, leichter als vergleichbare Systeme und einfach integrierbar bewiesen. Darüber hinaus bietet Saab Lebenszyklus begleitende Unterstützung an, die von spezifischen Einzelmaßnahmen bis zu voller logistischer Betreuung skalierbar ist. Aus der langjährigen Erfahrung mit der früheren schwedischen WehrpflichtMarine lernend sind alle Funktionalitäten und die Mensch-Maschine-Schnittstelle intuitiv, schnell und unkompliziert zu erlernen. Die wesentlichen Funktionen werden dabei automatisiert bereitgestellt, was die kritische Zeit zwischen Erfassung einer Bedrohung bis zu ihrer Bekämpfung deutlich reduziert. Saab 9LV WCS mit CEROS 200 – Ein Waffenkontrollsystem für die Herausforderungen von morgen. 1 WCS – Weapon Control System 2 TEWA – Threat Evaluation and Weapon Assignment


Konzeptionelle Zielbildung „von unten“ Aus der Praxis für die Praxis! Godehard Schmidt-Goertz

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itte Oktober 2015 hatte das Planungsamt der Bundeswehr den „Workshop Zukunftsanalyse 2015“ ausgerichtet, auf dem viel von „strategischen Überraschungen“ die Rede war. Während die Experten sich dort mit z.T. weit hergeholten Szenaren befassten, stellt sich der Autor einer ganz naheliegenden Frage: Wie kann die Marine ihre verlorene Fähigkeit zur Verteidigung der eigenen Küsten und zur Sicherung der heimischen Gewässer wieder erlangen? Bevor man darüber nachdenkt, wo man hinwill, sollte man wissen, wo man herkommt! Deshalb wird zunächst daran erinnert, welche Fähigkeiten die Deutsche Marine seit 1990 reduziert oder ganz aufgegeben hat. Grob vereinfachend kann man sagen, dass die ehemalige Zerstörerflottille ihre Fähigkeiten unter dem neuen Namen „Einsatzflottille 2“ in etwa hält, jedoch ihre U-Boot-Abwehrfähigkeit nachlässt. Von den früheren M-, S- und UBoot-Flottillen bleibt in der neuen „Einsatzflottille 1“ jeweils nur noch ein Geschwader Angesichts langer Planungsvorläufe ist es wichtig, neue Entwicklungen, die sich auf die Einsatzbereitschaft der Marine auswirken können, möglichst früh zu erfassen und sie bei der Weiterentwicklung der eigenen Fähigkeiten zu berücksichtigen. Letztlich bilden sich die Fähigkeiten der Marine in ihren verfügbaren Seekriegsmitteln ab, die zugleich die Struktur der Marine prägen. Neben den Qualitäten liefern auch die Quantitäten dieser Mittel – sowie evtl. mobilisierbare Reserven – Messgrößen für die Beurteilung maritimer Fähigkeiten. Zielbildung erfolgt in der Bundeswehr grundsätzlich „top down“ nach politischen Vorgaben. Dem stellt der Autor seinen Ansatz „bottom up“ entgegen, der sich auf Erfahrungen u.a. als Dezernatsleiter in der Abteilung Weiterentwicklung des ehemaligen Marineamtes stützt. Er zeigt pragmatische Lösungsansätze auf, die dem selbst gestellten Anspruch der Marine gerecht werden, ohne ihre finanziellen Spielräume dabei außer Acht zu lassen. G. Schmidt-Goertz

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übrig und vom Marineausbildungsregiment das Seebataillon. Die zunächst aufgelöste Marinefliegerflottille konnte sich als „Marinefliegerkommando“ neu etablieren, die mit den Jagdbombern verlorene Fähigkeit zur „Seekriegsführung aus der Luft“ kam dadurch aber nicht zurück. Die Hälfte aller Hilfsschiffe und die Versorgungsflottille wurden ersatzlos außer Dienst gestellt. Von der Amphibischen Gruppe existieren noch zwei Landungsboote und die Kampfschwimmer. Der Vollständigkeit halber sei notiert, dass sich von der ganzen NVAVolksmarine immerhin noch zwei Wohnschiffe in Dienst befinden. Ausdrücklich erwähnt werden muss die Auflösung der ehemaligen Reserveflottille, weil die Marine deswegen heute ohne jegliche Reserven dasteht, die man bei Bedarf schnell mobilisieren könnte. Das ist fatal, weil man Seekriegsmittel nicht einfach aus dem Boden stampfen kann! Außerdem hat die Marine in letzter Zeit etliche Aufgaben in Amtshilfe übernehmen müssen, für die ihre Hochwert-Einheiten gar nicht vorgesehen sind und für die nach deutscher Rechtsordnung eigentlich andere Behörden zuständig wären: z.B. den Schutz der europäischen Außengrenzen im Rahmen von FRONTEX-Operationen sowie die Bergung von „Boatpeople“, die von Afrika nach Europa übersetzen und dabei in Seenot geraten. Um aus dem Verteidigungsetat eine „Friedensdividende“ zahlen zu können, war der maritime Aderlass unvermeidlich. Weil die Auslandseinsätze nach der Wende zum Maß aller Dinge wurden, ließ man die „home fleet“, die auf Einsätze in den „confined and shallow waters“ von Nordund Ostsee ausgelegt war, abmagern – „bis aufs Skelett“. Am Ende dieser Entwicklung steht jedoch fest, dass die Marine nicht mehr in der Lage wäre, die Verteidigung der eigenen Küsten und die Sicherung der heimischen Gewässer zu gewährleisten. Im letzten Jahr hat es verschiedene Anzeichen dafür gegeben, dass die Spannungen zwischen Russland und der NATO wieder zunehmen. Die NATO-Partner im Ostseeraum schauen auf die Bundesrepublik; sie erwarten sichtbare Zeichen unserer Bündnistreue und solidarischen Beistand.

Dennoch sieht es nicht so aus, als ob sich der operative Schwerpunkt der Marine in nächster Zeit verlagerte und die Zahl der Auslandseinsätze abnähme. Zwar sollen die Ausgaben für die Verteidigung erhöht werden, aber nur wenig. Deshalb steht die Frage im Raum, was die Marine unter diesen Bedingungen tun kann, um die verlorene Fähigkeit zur Verteidigung der eigenen Küsten und zur Sicherung der heimischen Gewässer wieder zu erlangen? Die unten aufgezeigten vier Handlungsfelder stehen gleichrangig nebeneinander und bedingen sich nicht gegenseitig. Die dargestellten Lösungsansätze sollen als Richtziele dienen, die schon dann zu deutlichen Verbesserungen führen, wenn sie erst teilweise erreicht werden. Mit den angeführten Beispielen wird kein Anspruch erhoben, dass es darüber hinaus nicht noch weitere Möglichkeiten gäbe, den erkannten Mängeln entgegenzuwirken.

Aufstellung einer Küstenwache Wenn die Marine wieder selbst über die Kapazitäten verfügen wollte, die ihr durch häufige Amtshilfe-Einsätze dauerhaft entzogen und dabei zweckentfremdet werden, müsste sie die Aufstellung einer Küstenwache nach dem Vorbild der US-Coast Guard fordern! Eine solche Küstenwache wäre für den Grenz- und Fischereischutz ebenso zuständig, wie für „Suche und Rettung“, Umweltschutz, Hilfeleistung bei z.B. Eisgang oder Seenot sowie für Betonnung, seepolizeiliche und Zoll-Kontrollen, den Betrieb der Forschungsschiffe und vieles mehr. Die Forderung nach Zusammenfassung aller nicht-militärischen Seefahrzeuge des Bundes in einer einheitlichen Küstenwache besteht schon lange, entsprechende Entscheidungen kamen wegen des Widerstandes der beteiligten Ministerien jedoch nicht zustande. Die derzeit vorhandenen Seefahrzeuge bedienen jeweils nur die Sonderinteressen der verschiedenen Behörden und Institutionen des Bundes und sind alle nicht in der Lage, mehr als höchstens eine Aufgabe aus dem vielfältigen Spektrum von Küstenwach-Aufgaben abzudecken. MarineForum 3-2016


Aufstellung einer Reserveflottille Alle im Bundesbesitz befindlichen Seefahrzeuge, die nicht in der „Liste der Kriegs- und Hilfsschiffe“ stehen, bilden die erstrangige Reserve für die Materialergänzung der Marine im Krisen- und Kriegsfall. Diese Seefahrzeuge wären zu erfassen und auf ihre militärische Verwendbarkeit hin zu begutachten. Dabei ginge es vor allem um MobVerwendungen als Hilfsschiff (Aufklärung, Führung, Logistik, Sanität) sowie zum Minenlegen und -räumen. Alle erforderlichen Maßnahmen, um ein Fahrzeug aus der „Reserveflottille“ auf eine ihm zugedachte militärische Verwendung umzurüsten, wären sorgfältig vorzubereiten. Darüber hinaus müsste die Marine ein Mitspracherecht erhalten, wenn es um die Planung neuer nicht-militärischer Seefahrzeuge des Bundes geht. Durch entsprechende Bauauflagen könnte sie dann erreichen, dass die Umrüstung künftiger Reserve-Einheiten auf die ihnen zugedachten militärischen Mob-Verwendungen drastisch vereinfacht und verkürzt würde. Entsprechend vorbereitete Fahrzeuge könnten dann auch zeitweise für bestimmte Einsätze oder Manöver beordert und beübt werden.

te. Deshalb sollte man mit Polen aushandeln, dass es diese Fähigkeit bei Bedarf auch der Bundesrepublik Deutschland zur Verfügung stellt. Dadurch erhielte die Marine eine „Gesicherte Taktische Militärische Seeverlegefähigkeit“ in den heimischen Gewässern. Wenn die Verhandlungen mit den Niederlanden über eine „Gesicherte Strategische Militärische Seeverlegefähigkeit“ auch zu einem guten Abschluss kämen, könnten die Planungen für zwei deutsche „Joint Support Ships“ aufgegeben werden!

Verbesserung eigener Fähigkeiten Selbst wenn alle o.a. Handlungsmöglichkeiten ausgeschöpft würden, müsste die Deutsche Marine dennoch zusätzliche Anstrengungen unternehmen, um die Verteidigung der eigenen Küsten und die Sicherung der heimischen Gewässer gewährleisten zu können. Eine erneute Aufstellung von Jagdbomber- und Schnellboot-

hen, als kleine Stückzahlen verschiedener Waffensysteme mit allen logistischen Konsequenzen neu einzuführen. Kein Seekriegsmittel bindet so viele gegnerische Kräfte, wie ein U-Boot. Die heimischen Gewässer eignen sich vorzüglich für die U-Boot-Kriegsführung. U-Boote verfügen auch über hervorragende Fähigkeiten zur U-Boot-Bekämpfung. Da die Deutsche Marine bereits über die erforderliche Infrastruktur für die Aufnahme und den Betrieb einer größeren Zahl von U-Booten verfügt, wäre eine deutliche Erhöhung des aktuellen U-Boot-Bestandes besonders effizient und deshalb vorrangig anzustreben! Die Bordhubschrauber der Marine sind grundsätzlich auch von Land aus einsetzbar. Wenn sie mit geeigneten Seeziel-Flugkörpern ausgerüstet würden, könnten sie „Schnellboot-mäßig“ auch zur Verteidigung des Küstenvorfeldes eingesetzt werden. Um Hubschrauber-Operationen über der mittleren Ostsee zu unterstützen, sollte man den ehemaligen

Arbeitsteilung mit Verbündeten Die Deutsche Marine will stets über möglichst moderne – und damit zwangsläufig teure – Hochwert-Technologien verfügen, um Personal zu sparen und den technischen Vorsprung zum eigenen Vorteil nutzen zu können. Einige verbündete Marinen wären aber vermutlich bereit, personalintensivere Aufgaben zu übernehmen, die einen geringeren Kapitaleinsatz erfordern. Einsatzgruppenversorger „Frankfurt am Main“ bei einem RAS-Manöver mit dem Italienischen DockDeshalb sollte die Bundesrepub- landungsschiff „San Marco“ und dem Englischen Zerstörer „York“ (Foto: Marine) lik maritime Rüstungsgüter – etwa aus Überhangbeständen – zu Vorzugsgeschwadern kommt dafür nicht in Frage, Seefliegerhorst Parow auf dem Gelände bedingungen an Bündnispartner abgeben, weil die zu erwartenden Haushaltsmittel der Marinetechnikschule wieder betriebsdie sich auf eine enge Zusammenarbeit mit das nicht hergeben, zumal die Einsätze in bereit machen. der Deutschen Marine einlassen und sie außerheimischen Gewässern auf absehbaDie traditionellen Gefechtsrollen der Seedamit von personalintensiven Aufgaben re Zeit weiterhin den politischen Vorrang fernaufklärer sollten ebenfalls um „Überentlasten. behalten dürften. wasser-Seekriegsführung“ erweitert und Konkret wäre z.B. zu fragen, ob die BaltiDeshalb müsste man versuchen, auf eine entsprechende Ausrüstung beschafft möglichst effiziente Weise zusätzliche schen Staaten sich noch stärker als bisher für werden. Um eine schlagkräftige „Seekriegs„dual use“-Fähigkeiten zu erwerben, die den Minenkampf engagieren würden, wenn führung aus der Luft“ bis in die Tiefe der sie dafür von der Bundesrepublik Deutschsowohl zur Landesverteidigung, als auch heimischen Gewässer zu ermöglichen, land entsprechende Ausbildungs- und Ausbei Auslandseinsätzen verwendet werden müsste sich die Zahl der als Nachfolger für können. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es rüstungshilfe erhielten. Die polnische Maridie Lockheed P-3 Orion zu beschaffenden Flugzeuge jedoch wieder am Bestand von ne verfügt über fünf Landungsschiffe und in jedem Fall besser, die Qualität und Quan1990 orientieren! eine beachtliche amphibische Komponentität eingeführter Seekriegsmittel zu erhöL MarineForum 3-2016

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„Tankstelle“ und „Arbeitspferd“ Betriebsstofftransporter im Rahmen von NATO-Manövern und Einsätzen Michael Gemein

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ls die „Tankstelle auf See“ oder die „Arbeitspferde der Flotte“ werden sie bezeichnet, die Betriebsstofftransporter der Klasse 704 („Rhön“-Klasse) – „Spessart“ und „Rhön“. Sie unterstützen die Kampfeinheiten der Marine bei der Erfüllung ihres Auftrages, sind zuständig für die Übernahme, das Lagern, den Transport sowie die Abgabe

Die kleinen Betriebsstofftransporter der Klasse 703, die „Tegernsee“ und „Ammersee“, sind Ende 2015 außer Dienst gestellt worden. Auch sie waren für die Unterstützung der Einheiten in See verantwortlich, hier vorrangig für die Boote, waren aber auch in der Hafenversorgung wichtige Service-Dienstleister und wurden geschätzt.

Multiship RAS (Fotos: Marine) von Kraftstoffen, Schmierstoffen, Wasser, Verpflegungsmitteln und Kantinenwaren. Und das nicht nur im nationalen Rahmen. Seit ihrer Indienststellung sind „Spessart“ und „Rhön“ immer wieder Teil von NATOVerbänden, wie den Standing NATO Maritime Groups (SNMG) 1 und 2, oder nehmen an NATO-Manövern, wie Joint Warrior oder BALTOPS, teil. Aber auch in Einsätzen, aktuell bei der EU-Operation Atalanta am Horn von Afrika, haben sie sich bewährt. Als Betriebsstofftransporter, also Tanker, sind sie vor allem in internationalen Verbänden und Einsätzen eine sehr begehrte Ressource, deren Verfügbarkeit regelmäßig über Mobilität und Flexibilität entscheidet. Denn erst der Tanker gibt dem Verbandsführer in See die erforderliche Freiheit des Handelns und überwindet Abhängigkeiten.

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Sie waren ebenfalls sowohl in den verschiedensten NATO-Manövern als auch in nationalen Manövern vertreten und haben ihren Beitrag geleistet. Die großen Betriebsstofftransporter, auf die sich dieser Bericht konzentriert, sind dem Trossgeschwader in Wilhelmshaven zugehörig, mit den Dienstorten Kiel („Spessart“) und Wilhelmshaven („Rhön“).

Fähigkeiten Die Betriebsstofftransporter dienen der operativen Einsatzversorgung der Einheiten der Flotte und verbündeter Marinen. Bei den Schwesterschiffen „Spessart“ und „Rhön“ handelt es sich um ehemalige Chemikalientanker der Kauffahrteischifffahrt, die 1976 durch die Bundesmarine ange-

kauft und für die Kraftstoffversorgung in See (RAS-Replenishment at Sea) modifiziert wurden. Sie sind dementsprechend nach Standard der Handelsschifffahrt gebaut, aber jeweils mit zwei Spanntrossenanlagen zur gleichzeitigen Kraftstoffversorgung von zwei Schiffen während der Fahrt ausgerüstet. Mit einer Kraftstoffzuladung von mehr als 10.000 qm erhöhen die Tanker die Stehzeit eines Verbandes in See erheblich. Die Schiffe sind sogenannte Einhüllentanker und haben eine Länge von 130 m, eine Breite von 19,30 m und einen Tiefgang von 7,94 m. Ihre Einsatzverdrängung beträgt 14.169 t. Ausgestattet mit einem MAK 12 M 551 AK Antriebsdiesel erreichen sie mit 8.000 PS eine maximale Geschwindigkeit von 16 kn. Ihre Ladekapazität umfasst 9.500 Kubikmeter für Kraftstoff, 858 Kubikmeter für Flugkraftstoff, 269 Kubikmeter für Frischwasser und zwei Containerstellplätzen für Kühl-/Trockenproviant Fremdeinlagerung sowie einen Containerstellplatz für Waffen und Munition bei eingeschifften Sicherungssoldaten. Obwohl zivil besetzt, sind die Betriebsstofftransporter dennoch mit zwei Fliegerfaustständen STINGER II, Maschinengewehren und diversen Handwaffen ausgerüstet; die Besatzung ist an diesen Waffen ausgebildet. Eine ergänzende Ausrüstung bzw. Personalaufstockung durch militärisches Personal des Seebataillons kann im Rahmen eines Einsatzes erfolgen. Durch die Fähigkeit der Versorgung in See (RAS) ermöglichen die Transporter eine signifikante Verlängerung der Seeausdauer der zu unterstützenden Einheiten im Verband. Die Versorgung in See läuft nicht nur zügiger ab als im Hafen, sondern es ist auch die Versorgung von zwei Schiffen zeitgleich möglich (Multiship RAS). Versorgung umfasst hier sowohl Kraftstoff (für Schiffe und auch Luftfahrzeuge) und Wasser, als auch, allerdings nur in geringem Umfang, Verpflegung und Kantinenwaren. Die Besatzungen bestehen aus Tarifbeschäftigten des Bundes, also Arbeitnehmern. Lediglich für Verwaltungsangelegenheiten gehört ein Beamter zur Besatzung. Die Besatzung von 42 Mann ist also vollständig zivil; es handelt sich um BerufsMarineForum 3-2016


Tanker A 1442 „Spessart“ seeleute. Hier kann, aufgrund der langen Stehzeiten an Bord, oftmals auf langjährige Erfahrung zurückgegriffen werden. Dem Kapitän unterstehen als Führungspersonal drei Nautische Schiffsoffiziere (NSO), zwei Funkoffiziere, der Leitende Schiffstechnische Offizier (LTSO) mit seinen Technischen Offizieren und der Schiffsverwaltungsbearbeiter (SVB), der einzige Beamte an Bord. Die erforderlichen nautischen und technischen Befähigungszeugnisse sind international gültige Patente nach STCW (Standards for Training, Certification and Watchkeeping) und unterliegen damit dem zivilen Patentrecht in der Verantwortung des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH). Die zivilen Besatzungen haben sich über Jahrzehnte gut bewährt; auch die Teilnahme an Einsätzen war bisher unkompliziert – da wo die Flotte fährt, fährt auch der Tanker. Das ist auch das Selbstverständnis und der Stolz der Besatzungen, die sich als Service-Dienstleister für die Flotte fühlen. Der Leitspruch der „Rhön“ macht das deutlich: „Rhön ... at your service“.

spruch auf Vollzähligkeit besteht. Vor allem ihre Fähigkeit der Kraftstoffversorgung in See wird als unverzichtbar angesehen. Die Tanker stehen dabei nicht am Rande des Verbandes, sondern sind als unabdingbare Ressource wichtiger Teil desselben. Der Tanker sichert dem Verbandsführer Mobilität und Flexibilität – der Tanker macht ihn in Bezug auf Kraftstoff unabhängig. Dabei steht der „Dienstleistungsgedanke“ an oberster Stelle und wird durch beide Einheiten so verstanden und umgesetzt. Als aktuelles Beispiel für den Bedarf und die Bedeutung eines Tankers im Verband sei hier die fünfmonatige Teilnahme der „Spessart“ an der SNMG 2 im ersten Halbjahr 2015 dargestellt. In diesem Rahmen wur-

Auch wenn die Trossschiffe zivil besetzt sind, gibt es keine Probleme hinsichtlich Anerkennung oder Kommunikation im Verband. Neben der eigentlichen Aufgabe als Versorger sind „Rhön“ und „Spessart“ auch gern gesehene Partner für diverse Trainingsoptionen, wie Boardingübungen oder seemännische Manöver. Aufgrund des Baus nach Handelsschiffstandart sind sie vor allem für Boardingübungen gesuchte Übungsplattformen. Aufgrund der eingeschränkten Bewaffnung der Betriebsstofftransporter können bei Teilnahme an Einsätzen Soldaten des Seebataillons, ein sogenanntes Vessel Protection Detachment (VPD), eingeschifft werden. Seine Einschiffung dient, über den Eigenschutz durch die zivile Besatzung hinaus, dem Schutz des Schiffes gegen asymmetrische Bedrohung, mit der insbesondere im Rahmen der EU-Operation Atalanta gerechnet werden muss. Dies gilt umso mehr, als auch die Tanker bei Atalanta häufig als Einzelfahrer fahren und sich so nicht auf den gewohnten Schutz durch den Verband abstützen können. Aufgrund der niedrigen Bordwand, insbesondere bei voller Beladung, sowie der geringen Geschwindigkeit besteht gegen die asymmetrische Bedrohung durch schnelle, wendige Boote, wie sie z.B. Piraten nutzen, eine erhöhte Gefährdung. Dieser wird neben der routinemäßigen Waffenausbildung der zivilen Besatzung auch durch die Einschiffung eines VPD sowie

Einsätze/NATO-Verbände Die Tanker „Spessart“ und „Rhön“ sind seit ihrer Indienststellung in internationalen Manövern und in Einsätzen zu Hause. Ihr Metier sind lange Seefahrten in nationalen oder internationalen Verbänden. Sie haben u.a. teilgenommen an den Einsätzen Operation Active Endeavour, Operation Rendering Freedom, Operation Atalanta, den einsatzgleichen Verpflichtungen der NATO-Einsatzverbände (heute Standing NATO Maritime Group (SNMG), früher Standing NATO Force Atlantic und Meditarranean), sowie an den Manövern BALTOPS, Joint Warrior, Northern Coasts, Sharp Guard, Strong Resolve, Black Sea Operation, Joint Anti Air Warfare Tactical Exercise (JAAWTEX), Einsatz-Ausbildungsverband (EAV) – ohne das mit dieser Auszählung der AnMarineForum 3-2016

Trossschiff bei einer Abwehrübung den 86 Seeversorgungsmanöver durchgeführt, bei denen insgesamt 18.000 t Kraftstoff in See in Fahrt übergeben wurden. Die Seefahrt führte in den Nordatlantik, das Mittelmeer und, während der Ukraine-Krise, auch ins Schwarze Meer. Die „Spessart“ war durchgehend dabei – weil sie dringend gebraucht wurde und weil sie unverzichtbarer Bestandteil des Verbandes in See ist.

durch zusätzliche Sicherungsmaßnahmen, wie dem Ausbringen von Stacheldrahtsperren an Oberdeck, Rechnung getragen. Dass die Silhouette von „Rhön“ und „Spessart“ einen zivilen Tanker und damit eine vermeintlich leichte Beute vermuten lässt, die Tanker aber tatsächlich eine militärische Einheit und bewaffnet sind, wurde im März 2009 einer Gruppe von Piraten

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für die zivilen Besatzung drängt sich auf. Seefahrt ist häufig harte und mühsame Arbeit, die keinen Aufschub duldet und jederzeitige Flexibilität erfordert. Seeleute wissen das und handeln auch so.

Marinetanker – Zukunft oder Auslaufmodell

Querabversorgung zum Verhängnis. Die „Spessart“ wurde im Rahmen ihrer Teilnahme am Atalanta-Einsatz vor der Küste Somalias von Piraten angegriffen und beschossen. Die an Bord eingeschifften Soldaten der Marineschutzkräfte vereitelten den Angriff, indem sie das Feuer erwiderten. Es wurde Unterstützung durch den Verband angefordert, welche unter anderem durch Hubschrauber erfolgte. Die Piraten zogen sich zwar zurück, wurden aber durch eine resolute „Spessart“ verfolgt und konnten kurze Zeit später durch eine andere, am Einsatz teilnehmende Einheit, in Gewahrsam genommen werden. Ein gutes Zeichen dafür, dass sich die Besatzungen durchaus als Besatzung eines militärischen Unterstützungsschiffes fühlen und eben nicht als Seemann in der Kauffahrteischifffahrt. „Rhön“ und „Spessart“ haben seither regelmäßig an Auslandseinsätzen teilgenommen, zuletzt die „Rhön“ im ersten Halbjahr 2014. Dabei haben sie am Horn von Afrika nicht nur die Einheiten der EU-Operation Atalanta routinemäßig versorgt, sondern auch die Einheiten von Nicht-NATO und Nicht-EU-Marinen. So hat die „Rhön“ während ihres Atalanta-Einsatzes 2014 Schiffe aus 9 Nationen (Australien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Italien, Kanada, Spanien und der Türkei) versorgt – und damit deren Stehzeit in See und letztlich deren militärische Effizienz erhöht. Entscheidend für den reibungslosen Ablauf einer Kraftstoffversorgung in See sind die Standardisierung der Verfahren und des Signal- und Fernmeldeverkehrs. Nur so sind Seeversorgungsmanöver auch bei schwerer See, bei Nacht und unter Bedrohung sicher und schnell durchzuführen. Dabei fahren Tanker und zu betankende Einheit mit einer Geschwindigkeit von ca. 12 Knoten (~20 km/h) in einem Abstand von 36 – 42 m nebeneinander. Die erste Verbindung wird mithilfe eines Leinenschießgewehrs hergestellt und anschließend eine Spanntrosse übergeben und gespannt. An dieser gleiten

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dann die Versorgungsschläuche für Kraftstoff, Flugkraftstoff und Wasser auf die andere Seite. Ist die Verbindung erst einmal hergestellt, können bis zu 600 qm Kraftstoff pro Stunde übergeben werden. Hört sich einfach an, erfordert aber viel Übung und Konzentration. Gerade bei schwerer See ist die Arbeit auf der Versorgungsstation nichts für Anfänger und Amateure. Neben dem unmittelbaren Nutzen der Tanker im Verband sind sie daher auch als Übungspartner sehr begehrt – RAS ist eine der Routineaufgaben von Marineverbänden in See. Aber erst die Übung sorgt für Sicherheit und Verlässlichkeit auch unter schwierigen Wetterbedingungen.

Die Arbeitszeitverordnung (AZV) – Fluch oder Segen? Die Umsetzung der EU-Arbeitszeitrichtlinie ab 2008 in nationales deutsches Recht/ Verfahren in Form des Arbeitszeitgesetzes und des Tarifvertrages Öffentlicher Dienst haben die Seefahrten von „Spessart“ und „Rhön“ verändert. Während vor den Regelungen der Arbeitszeit 200 – 230 Seetage pro Jahr durchaus die Regel war, liegt die Anzahl der Seetage heute eher bei 120 – 150 Tagen. Eine weder von den Besatzungen noch von der Marine geschätzte Situation. Mit der Einführung der Soldatenarbeitszeitverordnung (SAZV) ab 1. Januar 2016 werden für die Besatzungen der militärisch besetzten Schiffe auf Basis der gleichen EU-Richtlinie umfangreiche Ausnahmeregelungen gelten, auf die die zivilen Besatzungen seit Langem warten. Das ist vonseiten der zivilen Besatzungen nicht nur schwer verständlich, sondern behindert auch die ansonsten reibungslose Zusammenarbeit. Und das kratzt auch am Selbstverständnis der Tankerbesatzungen – wir fahren da, wo die Kampfeinheiten fahren und wir unterstützen sie, wann, wo und solange sie diese Unterstützung brauchen. Eine Überprüfung der Arbeitszeitregelung

Aufgabe der Tanker ist es, die Mobilität von Verbänden in See sicherzustellen. Das war der Auftrag bei der Indienststellung von „Spessart“ und „Rhön“ und das ist er auch heute noch. Marinetanker mit der Fähigkeit zur Kraftstoffversorgung in See sind auch heute noch hochgeschätzte und immer wieder nachgefragte Einheiten. Die Neubauten in vielen Marinen der Welt machen dies deutlich. Mit den sogenannten Combat Support Ships, in Deutschland den Einsatzgruppenversorgern „Berlin“, „Frankfurt am Main“ und „Bonn“, haben die Tanker vermeintlich Konkurrenz erhalten – tatsächlich ergänzen sich hier zwei Schifftypen ökonomisch. Der Einsatzgruppenversorger steht neben der Rolle des Tankers auch als Versorger für Proviant, Ersatzteile und Munition in großen Mengen zur Verfügung, bei Bedarf auch mit einem Marineeinsatzrettungszentrum (MERZ – „Krankenhaus an Bord“). Dafür liegen seine Anschaffungs- und Unterhaltungskosten allerdings weit oberhalb denen eines Tankers. Darüber hinaus ist seine Besatzung rund viermal so groß wie die des Tankers – in Zeiten knapper Personalressourcen ein zu beachtender Unterschied. „Spessart“ und „Rhön“ haben sich bewährt und „stehen auch heute noch ihren Mann“. Dennoch – beide Einheiten sind inzwischen rund 40 Jahre alt. Aus der Sicht des Betreibers wären eine etwas höhere Geschwindigkeit, ein Hubschrauberlandedeck, etwas mehr Containerstellplätze und eine stärkere Unterkunftsreserve für einzuschiffendes Personal, z.B. des Seebataillons, wünschenswert. Da es sich um technisch einfache Schiffe handelt, die lange Stehzeiten in See ermöglichen, bietet sich ein Mehrbesatzungskonzept an. So könnten Tanker auch unter den Einschränkungen des Arbeitzeitgesetzes eine hohe Anzahl von Seetagen sicherstellen – die Plattformen sind in der Kauffahrteischifffahrt ohnehin für eine Intensivnutzung ausgelegt. Die Anfragen von nationalen Befehlshabern, aber auch von NATO und EU, sowie die hohe Wertschätzung im Verband, machen deutlich, dass die Fähigkeit des Marinetankers im Verband auch heute noch unverzichtbar ist. Das wird auch für die nächsten Jahrzehnte erkennbar so bleiben – wir sollten darauf vorbereitet sein. L Kapitän zur See Michael Gemein ist Kommandeur Trossgeschwader. MarineForum 3-2016


Für das Morgen wappnen Das US-Marine Corps muss modernisieren Sidney E. Dean

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er seit September amtierende Commandant des US-Marine Corps (USMC), General Robert Neller, sprach kurz nach seinem Dienstantritt über seine Prioritäten. An erster Stelle nannte er die Anpassung an die Herausforderungen von Morgen, um die taktische Überlegenheit des USMC zu wahren. Ein wesentlicher Aspekt dieser Anpassung ist die Modernisierung der Ausrüstung. Derzeit laufen mehrere wichtige Projekte, die neue Waffensysteme einführen und bestehende Systeme durch neue Technologie aufrüsten sollen.

Infanteriewaffen Im vergangenen September stellte das USMC eine Modernisierungsstrategie für Infanteriewaffen vor. Hier sind sowohl bereits beschlossene Maßnahmen wie Forschungsansätze zusammengefasst. Sturmgewehr: USMC Kampftruppen werden künftig mit dem Sturmgewehr M4 ausgestattet. Die Waffe ist zu 80 Prozent mit dem bisher geführten Gewehr M16 identisch. Beide Waffen verwenden NATOStandard Munition des Kalibers 5,56 x 45. Die Schießleistung wird als identisch eingestuft; lediglich die Reichweite des um 25 Zentimeter kürzeren M4 Gewehrs ist geringer (500 anstatt 550 Meter). Dieser Nachteil wird durch den Vorteil der Handlichkeit und der Gewichtsreduzierung mehr als aufgewogen, heißt es seitens des Mari-

Marines im Feld erstellen ein Lagebild durch verschlüsselte drahtlose Wi-Fi Übertragung an ihre Tablet-Computer ne Corps. Der Wechsel erfolgt ab September dieses Jahres. In rund einem Jahrzehnt wollen die Marines ein völlig neues „futuristisches“ Sturmgewehr einführen, dass noch auf 600 Meter Entfernung hohe Treffsicherheit aufweist. Detaillierte Konzeptvorschläge liegen noch nicht vor. Unter anderem wird erwogen, eine leistungsstarke Batterie im Gewehrkolben zu integrieren. Diese Batterie könnte verschiedene Aufsätze (etwa

Übungsschießen mit dem M4 Sturmgewehr. (Fotos: USMC) MarineForum 3-2016

Ziellaser und elektro-optische Sensoren) versorgen. Erwogen wird das Auftragen eines Tarnmusters auf die heute im Dienst befindlichen Sturmgewehre. Neben dem Aufsprühen eines einfachen Tarnmusters, das dem jeweiligen Einsatzumfeld angepasst wäre, untersucht das Marine Corps in Zusammenarbeit mit der Navy-Forschungsbehörde ONR (Office of Naval Research) die Entwicklung eines Überzugs, der auch Schutz vor Entdeckung entlang des gesamten elektromagnetischen Spektrums bieten würde. Weiterhin wird die Ausgabe von Schalldämpfern an jede Infanteriegruppe erwogen. Die zweijährige Auswertung des Schalldämpfereinsatzes läuft derzeit. Neben der Standorttarnung des Schützen wird auch die erleichterte Kommunikation innerhalb der Einheit als Vorteil herangeführt. Bedenken gibt es bezüglich der potenziellen Auswirkungen auf den Gewehrlauf. Maschinengewehr: Das M2 Browning Maschinengewehr (Kaliber .50) wird 20162017 durch einen Nachrüstsatz auf das neue Standard M2A1 gebracht. Diese Variante, die bereits bei der US-Army eingesetzt wird, ermöglicht das schnelle und sichere Auswechseln des Laufes. Der Nachrüstsatz beinhaltet auch einen Mündungsfeuerdämpfer. Die Reduzierung des sicht-

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baren Mündungsfeuers um fünfzig Prozent erleichtert dem Schützen das Zielen beim Nachteinsatz mit Restlichtverstärker. Erwogen wird der Übergang zu MGMunition mit Patronenhülsen aus Kunststoffpolymer anstatt aus Messing. Dies würde es ermöglichen, ohne zusätzliche Gewichtsbelastung vierzig Prozent mehr Munition ins Feld mitzuführen. Das Marine Corps prüft derzeit die Ergebnisse aus einer mehrmonatigen Erprobung der Polymerhülsen. Artillerie: Neben der Kampfleistung der Infanteriewaffen will das USMC auch Reichweite und Präzision der Artillerie steigern. Dies soll vorerst durch Einführung GPS-gesteuerter Munition erfolgen. Das neue PERM (Precision Extended Range Munition) Geschoß soll beispielsweise die Reichweite des 120-mm-Mörsers (Typ M327) von acht auf sechszehn Kilo-

Leichtes taktisches Fahrzeug JLTV (Foto: Oshkosh Defense) meter verdoppeln und den Streukreis auf zehn Meter reduzieren. Die Reichweite der 155-mm-Haubitze wird durch die Excalibur Munition von 24 auf 40 Kilometer gesteigert.

Gefechtsfahrzeuge/ Nutzfahrzeuge

Die Aufklärungsdrohne RQ-21A Blackjack soll vom Deck amphibischer Schiffe starten (Foto: US-Navy)

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Die wichtigsten Gefechtsfahrzeuge des USMC sind der Kampfpanzer M1 Abrams sowie der amphibische Schützenpanzer AAV (Amphibious Assault Vehicle). Kampfpanzer: Der Kampfpanzer soll durch neue Technologie nachgebessert und bis 2050 eingesetzt werden. Unter anderem wird derzeit der Munitionsbehälter ausgetauscht, um die Magazinkapazität um fünfzig Prozent zu erhöhen. Programmierbare Granaten wurden eingeführt, deren Detonationsweise (Luftdetonation, Aufprallzündung oder verzögerte Detonation) drahtlos eingestellt und verändert werden kann. Schützenpanzer: Der nunmehr 40 Jahre alte Schützenpanzer AAV soll durch das gepanzerte Gefechtsfahrzeug ACV (Armored Combat Vehicle) ersetzt werden. Das neue Fahrzeug soll schneller und wendiger als AAV sein und einen wesentlich besseren Insassenschutz gegen Sprengwaffen bieten. Die konkurrierenden Firmen BAE und SAIC wurden im November 2015 beauftragt, Anfang 2017 jeweils 16 Prototypen auszuliefern. Das BAE-Fahrzeug basiert auf dem SuperAV der italienischen Firma IVECO; das von SAIC angebotene Modell ist eine Variante des Terrex-Schützenpanzers aus Singapur. Die Ende 2017 beginnende Einsatzerprobung wird bestimmen, welche Firma den Auftrag erhält, zunächst 201 Fahrzeuge der Variante 1.1 herzustellen, die 2021 in Dienst gestellt werden solMarineForum 3-2016


len. Anschließend sollen 490 Einheiten der fortgeschritteneren Variante 1.2 erworben werden. Im Gegensatz zum AAV sind die beiden Bewerber keine Kettenfahrzeuge sondern 8x8 Radpanzer. Die als Ausgangsbasis dienenden Fahrzeuge besitzen keine amphibische Schwimmfähigkeit. Die amphibische Fähigkeit ist bei den ersten Einheiten

TSK-gemeinsamen leichten taktischen Fahrzeugs JLTV (Joint Light Tactical Vehicle). Die Vorserienproduktion durch die Firma Oshkosh wurde Ende 2015 eingeleitet. JLTV wird in mehreren Varianten hergestellt und kann als Personen- und Lastentransporter sowie als leichtes Gefechtsfahrzeug (Bewaffnung: MG, Granatmaschinenwaffe oder Panzer-Abwehrraketen) eingesetzt

Schützenpanzer Terrex aus Singapur (Foto: Wikipedia, User Limkopi) zwar erwünscht, aber nicht vorausgesetzt. Die anschließend einzuführende Variante 1.2 muss hingegen imstande sein, von einem vor der Küste liegenden amphibischen Schiff unter eigener Kraft den Landungsstrand zu erreichen. ACV-Programmanager John Garner erklärt allerdings, dass beide Bewerber wesentliche technologische Fortschritte erzielt haben; er geht davon aus, dass bereits die Variante 1.1 schwimmfähig sein und im Wasser ähnliche Leistungsparameter wie AAV aufweisen wird. ACV soll maximal 28.600 Kilo wiegen; im Küstenbereich 5-7 Knoten und an Land 90-100 km/h Fahrgeschwindigkeit leisten; zwischen drei und zehn Meilen im Wasser vom Trägerschiff zum Landungsstrand zurücklegen können; bis zu 560 Kilometer Reichweite an Land besitzen. Die Schützenpanzerausführung wird zwischen zehn und dreizehn Infanteristen zuzüglich einer dreiköpfigen Fahrzeugbesatzung führen und eine Granatmaschinenwaffe oder ein schweres MG als Bordwaffe führen. Als zusätzliche Varianten sollen Führungspanzer und Bergungspanzer ausgeliefert werden. An Land soll ACV eine ähnliche Mobilität wie das Stryker Gefechtsfahrzeug der Army ausweisen, schnell genug sein, um mit dem M1 Kampfpanzer Schritt zu halten, und erheblichen Insassenschutz gegen Minen, Straßenrandbomben und Direktbeschuss aufweisen. Taktisches Geländefahrzeug: Als Nachfolger des Humvee-Geländefahrzeugs erwirbt das USMC 5.500 Exemplare des MarineForum 3-2016

als trägergestützte Maschinen sowie die auf amphibischen Schiffen eingesetzten AV-8B Harrier.

Kampfhubschrauber AH-1Z Viper: Der Übergang von der Kampfhubschrauberausführung AH-1W zur Ausführung AH-1Z wurde 2010 eingeleitet und wird 2021 abgeschlossen. Der neue Hubschrauber weist wesentlich verbesserte Flugge-

Kampfhubschrauber AH-1Z VIPER (Foto: US-Navy)

werden. Das Fahrzeug soll den Insassenschutz eines MRAP (Mine Resistant Ambush Protected) bieten, aber die Mobilität eines ungepanzerten Geländefahrzeugs aufweisen. Die Basispanzerung des Fahrzeugs kann durch modulare Aufsätze verstärkt werden. JLTV kann als externe Last durch schwere Transporthubschrauber (CH-47, CH-53) verlegt werden. Besonders hervorgehoben wird die Tatsache, dass JLTV von Grund auf für die Einbindung in taktische Informations- und Führungsnetzwerke ausgerichtet wurde.

Bemannte und unbemannte Flugzeuge Auch die fliegenden Systeme des USMC werden modernisiert. Jagdbomber F-35: Als erste Teilstreitkraft stellte das US-Marine Corps am 31. Juli 2015 den neuen TSK-gemeinsamen Jagdbomber F-35 Lightning II offiziell in Dienst. Die erste Einsatzstaffel wird derzeit von zehn auf sechszehn Maschinen ausgebaut und soll 2017 ständig nach Japan verlegt werden. Die fraglichen Maschinen stammen aus der Vorserienproduktion. Beginn der Serienproduktion ist für 2020 geplant. Insgesamt erwirbt das USMC 353 Maschinen der Senkrechtstarterausführung F-35B sowie 67 Exemplare der Variante F-35C, die auf Flugzeugträgern eingesetzt wird. Die F-35 soll die bisherigen Kampfflugzeuge des Marine Corps ablösen; hierzu gehören die F/A-18

schwindigkeit, Steigfluggeschwindigkeit, Einsatzreichweite, Erfassungs- und Waffenreichweite sowie Nutzlastkapazität aus. Die Cockpitsysteme sind digitalisiert, Logistikaufwand und Verwundbarkeit durch Feindfeuer wurden reduziert. Transporthubschrauber CH-53K: Die Flugerprobung des schweren Transporthubschraubers CH-53K King Stallion wurde im Oktober 2015 mit fast zweijähriger Verspätung aufgenommen. Die Vorserienproduktion soll 2017 und die volle Serienproduktion 2020 eingeleitet werden. Das USMC plant, 200 Einheiten zu erwerben. Äußerlich gleicht der neue Hubschrauber der heute eingesetzten Variante CH-53E Super Stallion. Trotz der Fortsetzung der Typenbezeichnung gilt die mit einem digitalen Cockpit ausgestattete CH-53K Variante jedoch als neuartiges Flugzeug. Die Triebwerke leisten fünfzig Prozent mehr Schub. Die Nutzlastkapazität (extern 16,3 Tonnen absolut; 12,3 Tonnen über 110 Seemeilen Flugdistanz) beträgt dreimal so viel wie die Nutzlastfähigkeit der „E“Version; auch die Dienstgipfelhöhe wurde verbessert. UAV: Verschiedene Forschungs- und Beschaffungsprogramme für unbemannte Flugzeuge sind geplant. Hier sind sowohl UAV mittlerer Reichweite und Flughöhe geplant, die von Fahrzeugen oder vom Deck amphibischer Schiffe starten, als auch Kurzstreckenaufklärer, die im Rucksack ins Gelände geführt werden können. L

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Marinen aus aller Welt ÄGY P T E N Am 10. Dezember wurde bei HDW (tkMS) in Kiel des erste von vier für die ägyptische Marine gebauten U-Booten aus der Bauhalle gerollt und auf den Namen „S-41“ getauft. Ende 2012 hatte Ägypten zunächst zwei U-Boote Typ 209 in Deutschland bestellt. Zuvor im Bundessicherheitsrat geäußerte Vorbehalte gegen das aufgrund der

fe des Designs Projekt 056 (JIANGDAOKlasse) war die China Shipbuilding Industry Corporation (CSIC) Werft in Wuhan, die diesen Typ auch für die eigene Marine baut. Dort sind die seit 2011 zulaufenden 90-m-Schiffe (1.300 ts) inzwischen Standardmodell; mehr als 30 der neuen Korvetten sollen ältere Einheiten diverser Klassen ersetzen und dabei vor allem als Offshore

S-41 nach dem „Rollout“ bei der Kieler HDW (Foto: Deutsche Marine) politischen Entwicklung in Ägypten umstrittene Projekt waren aufgegeben worden. Im Februar 2015 konnte sich HDW bzw. Mutterkonzern tkMS sogar noch über eine Nachbestellung von zwei weiteren U-Booten freuen. Bei den Neubauten handelt es sich um konventionell dieselelektrisch angetriebene (kein außenluftunabhängiger Antrieb) U-Boote, wie sie ähnlich vor einigen Jahren in Kiel auch für Südafrika (Typ 209-1400 SAN) hergestellt wurden. Die Lieferung des ersten Bootes soll schon in diesem Jahr geplant sein. „S-41“ dürfte denn auch schon bald mit ersten Erprobungen (zunächst noch an der Pier) beginnen.

BA N G L A D E S CH Die Ende 2012 in China bestellten FK-Korvetten „Shandhinota“ und „Prottoy“ trafen im Januar im Heimatstützpunkt Chittagong ein. Hersteller der beiden Kampfschif-

Patrol Vessel (OPV) die Fähigkeiten zu Operationen im erweiterten Küstenvorfeld deutlich stärken. Bewaffnung und Ausrüstung machen sie mit Seeziel-FK, Flugabwehr-System ähnlich RAM, einem 76-mm-Geschütz

B E LG I E N Die belgische Regierung hat den „Strategic Defence Plan 2030“ vorgestellt. Für die Marine finden sich zwei zentrale Vorhaben: die Beschaffung von zwei modernen Mehrzweckfregatten sowie von sechs neuen Minenjägern. Beide Projekte stehen schon seit fast 20 Jahren auf der Wunschliste der Marine, die sich bei knappem Budget aber mit Zwischenlösungen Zeit erkaufte. Aus den Niederlanden gab es zwei gebrauchte Fregatten, für die vorhandenen Minenjagdboote ein „Capability Upgrade“. Der „Strategic Defence Plan 2030“ greift nun beide Vorhaben wieder auf, nennt allerdings keinen Zeitplan oder gar Details.

vorgestellten Marineplanung, die bis 2019 u.a. U-Boote, Fregatten, größere Patrouillenfahrzeugen (OPV), kleinere FK-Korvetten, Wachboote, Landungsboote sowie die Aufstellung einer Marinefliegerkomponente mit Seeaufklärungsflugzeugen und Hubschraubern vorsieht. Triebfeder dürfte die Notwendigkeit sein, in (teils mit Indien und Myanmar umstrittenen Gebieten) der Wirtschaftszo-

AUSTRALIEN Anfang Dezember hat die australische Marine mit der „Adelaide“ ihren zweiten Hubschrauberträger der CANBERRAKlasse in Dienst gestellt. (Foto: MoD Australia) und U-Jagd-Torpedos sowie der Fähigkeit zu Hubschrauberoperationen (Plattform, kein Hangar) zu Mehrzweck-Kampfschiffen, die ein breites Aufgabenspektrum abdecken können. Fotos lassen bei den für Bangladesch gebauten Schiffen eine im Wesentlichen identische Ausstattung erkennen. Die Beschaffung der „modernsten Kampfschiffe der Bangladesh Navy“ ist Teil der 2009

ne entdeckte Öl- und Gasvorkommen sowie Fischbestände vor fremdem Zugriff zu schützen. Übrigens wird es nicht bei den nun überführten nur zwei Korvetten bleiben. Im Oktober 2015 wurde die Werft in Wuhan formell mit dem Bau von zwei weiteren Korvetten dieses Typs beauftragt. Angeblich soll es auch schon Verhandlungen über einen späteren Lizenzbau in Bangladesch gegeben haben.

CH I N A

„Shadhinota“ bei Erprobung vor Wuhan (China) (Foto: china-defense.com)

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Zur Zukunftssicherung seiner Wirtschaft bemüht China sich nach Kräften um die Schaffung einer weltumspannenden „Maritime Seidenstraße“, und der Marine kommt dabei naturgemäß eine zentrale Rolle zu. Eine neue, gerade auch auf globale Operationen zielende Struktur der obersten militärischen Führung (Neugruppierung der bisher sieben Führungskommandos in vier „strategische Zonen“), sowie ein Netz von MarineForum 3-2016


SIGINT-Schiff der DONGDIAO-Klasse (Foto via china-defense.com)

fenbar auch zur Erfassung telemetrischer Daten bei Tests von Langstrecken-Raketen. 1999 war mit der „Beiji Xing“ ein erstes SIGINT-Schiff der DONGDIAO-Klasse in Dienst gestellt worden. Mehr als zehn Jahre später folgte 2011 ein Schiff eines leicht modifizierten Designs. Danach hat sich der Bau dieser Schiffe deutlich beschleunigt. Inzwischen sind bereits fünf (teils leicht modifizierte) in Dienst gestellt, ein sechstes im Bau. Die mehr als 6.000 t verdrängenden DONGDIAO sind für heimatferne Operationen ausgelegt. Eines wurde im vergangenen Jahr vor Hawaii entdeckt, ein anderes operierte von Guam. Experten sehen im beschleunigten Bau dieser Klasse die Schaffung von Fähigkeiten zur zeitgleichen strategischen Aufklärung in mindestens drei, räumlich weit auseinanderliegenden geografischen Schüsselgebieten, z. B. vor Japan, im Südwest-Pazifik (bei Guam) sowie im Indischen Ozean.

G R O S S B R I TA N N I E N

Neuer Einsatzgruppenversorger TYP 901 nach Stapellauf (Foto: cjdby via china-defense.com) Abstützpunkten und Versorgungsbasen im Ausland (zuletzt in Dschibuti und Malaysia) sollen die Voraussetzungen für eine – wo ggf. nötig – Kontrolle der globalen Seehandelswege ermöglichen. Neue Kampfschiffe wie Flugzeugträger, Hubschrauberträger, Docklandungsschiffe, Zerstörer, Fregatten und nukleargetriebene U-Boote geben der Marine vermehrt globale Reichweite. Wesentliche Funktionen haben aber auch Hilfsschiffe, und hier fällt der zielgerichtete Ausbau von zwei Komponenten auf, die in Größe, Fähigkeiten und Stückzahl geeignet sind, mehrere zeitgleich heimatfern stattfindende Operationen/verlegte Verbände zu unterstützen. Da sind zum einen hochseefähige Versorger. Seit Mitte 2013 wurden zwei neue Versorger der FUCHI-Klasse (TYP 903) in Dienst gestellt und der Bau von mindestens zwei weiteren Schiffen einer Design-Variante (TYP 903A) begonnen. Ein vor einigen Jahren der Fischereischutzbehörde überlassener FUCHI-Versorger wurde wieder an die reguläre Marine zurückgeführt. In Guangzhou (am Südchinesischen Meer) baut eine Werft mindestens zwei neue Versorger des Typs 904B, von denen mit der „Junshan Hu“ einer auch bereits seit dem Sommer 2015 in Dienst ist. Aktuelle Fotos zeigen darüber hinaus ein bei der zur China State Shipbuilding Corporation (CSSC) gehörenden Longxue Werft in Guangzhou Anfang Januar vom Stapel gelaufenes Schiff einer weiteren Klasse. DieMarineForum 3-2016

ser Versorger vom TYP 901 wird mit einer geschätzten Verdrängung von mehr als 40.000 ts (251 m Länge, 32 m Breite) der größte jemals für die chinesische Marine gebaute Versorger (zum Vergleich: FUCHI etwa 23.000 ts bei 172 m Länge). Mit insgesamt sechs Versorgungsstationen (zwei Portale sowie zwei zusätzliche Übergabepunkte) und einem größeren Hubschrauberlandedeck (Vertical Replenishment) ist er offensichtlich als Einsatzgruppenversorger konzipiert, soll Hochseeverbände in See mit Kraftstoffen und anderen Versorgungsgütern bis hin zu Munition versorgen. Der sehr zügig auszurüstende Neubau soll noch in diesem Jahr Probefahrten beginnen und schon 2017 in Dienst gestellt werden. Man kann sicher erwarten, dass es nicht bei einem Einzelschiff bleiben wird. Ein zweiter Schwerpunkt bei hochseefähigen Neubauten findet sich bei Spezialschiffen zur Fernmelde-/elektronischen Aufklärung (Signals Intelligence – SIGINT), in einer Zweitrolle of-

FI N N L A N D Am 29. Dezember übernahm der bisherige Kommandeur der Nationalen Verteidigungsakademie, RAdm Veijo Taipalus, die Führung der finnischen Marine. Amtsvorgänger Kari Takanen wechselte mit Beförderung zum Vizeadmiral als Chef des Stabes in den Generalstab.

Im Zuge des Strategic Defence & Security Review 2010 war entschieden worden, nur noch einen Hubschrauberträger in Dienst zu halten. Als eine Studie zum Schluss kam, dass die „Ocean“ besser als Einsatzplattform für Hubschrauber in amphibischen Operationen geeignet war als der modifizierte Flugzeugträger „Illustrious“, war letzterer im August 2014 ausgemustert wor-

HMS „Ocean“ (Foto: US Navy) den. Die „Ocean“ erhielt eine umfangreiche, gut 80 Mio. Euro teure Grundüberholung, aus der sie im Juni 2015 als nunmehr Flottenflaggschiff in den operativen Dienst der Royal Navy zurückkehrte. Etwas überraschend wurde nun aber auch ihr Dienstzeitende angekündigt. In „Umsetzung von Vorgaben des neuen Strategic Defence & Security Review (2015)“ (auch wenn dies dort offenbar nicht so explizit zu lesen ist) sei beschlossen, die „Ocean“ in 2018 außer Dienst zu stellen. Ihre Aufgaben soll einer der beiden neuen Flugzeugträger der QUEEN ELIZABETH-Klasse übernehmen, der zusätzlich für die Unterstützung amphibischer Operationen ausgerüstet werde. Vorgesehen ist die künftige „Prince of Wales“,

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Marinen aus aller Welt die als zweiter der neuen Flugzeugträger aber erst nach 2020 operativ einsetzbar sein dürfte. Die bis dahin entstehende Lücke sollen Docklandungsschiff „Bulwark“ und danach der erste neue Flugzeugträger „Queen Elizabeth“ füllen. Auf Fragen, warum man die gerade doch erst teuer überholte „Ocean“ denn nicht bis zur Verfügbarkeit der „Prince of Wales“ in Dienst lasse und so eine Fähigkeitslücke vermeide, hieß es lakonisch „insgesamt 20 Dienstjahre (seien) für das 1998 in Dienst gestellte Schiff genug“. Die Ausmusterung erfolge im Übrigen auch „nicht vorzeitig, sondern im Rahmen der Marineplanung“.

I TA LI E N Nach einer mehrwöchigen Verabschiedungsreise zu den Haupt-Marinestützpunkten hat sich die Fregatte „Maestrale“ im Dezember mit einer letzten Flaggenparade in La Spezia aus dem aktiven Dienst verabschiedet. Sie war als Typschiff der gleichnamigen Klasse im Februar 1982 in Dienst gestellt worden. Bis 1985 folgten noch weitere sieben der 3.200 ts verdrängenden Mehrzweckfregatten, die mit ihrer Ausrüstung und Bewaffnung (u.a. See- und Luftziel-FK) eine Vielzahl von Aufgaben wahrnehmen können, mit Bordhubschrauber, Rumpfsonar und variablem Tiefensonar vor allem aber für U-Jagd optimiert sind. Im Laufe ihrer fast 35-jährigen Dienstzeit hat die „Maestrale“ insgesamt fast 600.000 sm zurück-

te als erstes Schiff der italienischen Marine vor Somalia an der Anti-Piraterie-Operation Atalanta der Europäischen Union teil. Einsatzschwerpunkte 2013/14 lagen im zent-

ISRAEL Das zweite in Deutschland gebaute U-Boot der DOLPHIN-II-Klasse ist im Januar in Haifa eingetroffen. Das Foto zeigt die „Rahav“ am Beginn ihrer Überführungsfahrt im Nord-Ostsee-Kanal. (Foto: Michael Nitz)

ralen Mittelmeer, wo die „Maestrale“ in die nationale Search & Rescue Operation „Mare Nostrum“ eingebunden war und vor Libyen zahlreiche Flüchtlinge und Migranten retten konnte. Die Zukunft der Fregatte ist noch unklar, aber man kann wohl erwarten, dass sie anderen Marinen zum Kauf angeboten wird. Auch für die sieben Schwesterschiffe ist das Ende der Dienstzeit absehbar. Sie werden „bis 2024“ nach und nach durch neue Fregatten der BERGAMINI-Klasse (Typ FREMM) ersetzt.

K A N A DA Das „Canadian Surface Combatant“-Projekt gerät in raue See. Laut Marineplanung sollen 15 neue Kampfschiffe alte inzwischen großteils auch schon ausgemusterte Zerstörer der TRIBAL-Klasse ersetzen und langfristig auch die Fregatten der HALIFAXKlasse ablösen. 2017 sollen Designentschei-

Fregatte „Maestrale“ (Foto: ital. Marine) gelegt. Operative Einsätze sahen sie 1991 im Persischen Golf als Sicherungsschiff für nach dem Golfkrieg vor Kuwait eingesetzte italienische Minensucher. Es folgten Einsätze im Jugoslawien-Konflikt in der Adria und – nach den Terroranschlägen von New York – in der US-geführten multinationalen Anti-Terror-Operation „Enduring Freedom“ im Arabischen Meer. 2009 nahm die Fregat-

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man allerdings mit bis zu 28 Mrd. Euro. Die Marineführung sieht von Beginn an gravierende Fehler bei der Kostenermittlung. Schon der 2008 bewilligte Finanzrahmen

dungen fallen, etwa 2022 dann der Bau beginnen. Die Anfänge des Vorhabens reichen mehr als zehn Jahre zurück. Ursprünglich wollte man es mit einem Aufwand von insgesamt weniger als 10 Mrd. Euro realisieren. 2008 stockte eine (skeptische) Regierung kräftig auf und bewilligte einen als Obergrenze zu verstehenden Gesamtumfang von etwa 17 Mrd. Euro. Nun rechnet

habe auf völlig veralteten Daten beruht. Mangelnde Professionalität von „Bürokraten“ und fehlende Erfahrung kanadischer Werften hätten überdies zu einer „bloßen Schätzung“ der Kosten geführt, die unter politischem Druck viel zu niedrig angesetzt waren. Schlimmer noch: Der als „Obergrenze“ festgelegte Finanzrahmen habe jede Nachbesserung verhindert; es habe nie eine Anpassung an aktuelle Entwicklungen

K A N A DA In Folge der Pensionierung mehrerer Flaggoffiziere haben die kanadischen Streitkräfte im Januar einen Teil ihrer Führungsspitze neu besetzt. Betroffen war auch die Marine. Der bisherige Marinebefehlshaber VAdm Mark Norman trat im Verteidigungsministerium die Nachfolge des in den Ruhestand tretenden GenLt Thibault als Stellvertretender Streitkräftechef (Vice Chief of the Defence Staff) an. Sein Amt an der Spitze der Marine (Commander of the Royal Canadian Navy) übernahm der bisherige Stabsabteilungsleiter für Entwicklung (Chief of Staff Development) und frühere Befehlshaber der Pazifikflotte, RAdm Ron Lloyd. (Inflation) gegeben, und die Marine sei einer Überarbeitung von als Kosten-treibend empfundenen taktischen-/technischen Forderungen aus dem Wege gegangen. So ist das Projekt „Canadian Surface Combatant“ heute ein „Hoch-Risiko-Vorhaben“, das nicht nur den Budgetrahmen sprengt und droht, die Möglichkeiten der nationalen Werftindustrie zu überfordern, sondern dass letztendlich der Marine mit erheblicher zeitlicher Verzögerung unzureichende und wenig zukunftsorientierte Fähigkeiten bescheren könnte. Beobachter erwarten, dass statt der geplanten 15 neuen Kampfschiffe MarineForum 3-2016


nur etwa 10 bezahlbar sein werden, und diese auch nur dann, wenn ihr Bau zeitlich gestreckt wird, die Kosten also auf mehr Haushaltsjahre als geplant verteilt werden.

PH I LI PPI N E N Von 1898 bis 1946 waren die Philippinen eine Kolonie der USA, und natürlich unterhielt die Kolonialmacht im südostasiatischen Inselreich auch mehrere Militärstützpunkte wie z.B. die Marinebasis Subic Bay – den damals weltweit größten Auslandsstützpunkt der US-Navy. Nach der Entlassung der Philippinen in die Unabhängigkeit konnten die US-Streitkräfte unter einem Leasing-Abkommen die Stützpunkte noch weitere fast 50 Jahre als quasi eigenes Hoheitsgebiet nutzen, und Filipinos durften weiterhin auf US-Kriegsschiffen anheuern. Nach dem Sturz der von den USA unterstützten Marcos-Diktatur mehrten sich die Stimmen gegen einen weiteren Verbleib der früheren Kolonialherren,

NIEDERLANDE „Gut für weitere zehn Jahre“: U-Boot „Zeeleuw“ schließt als erstes U-Boot der WALRUSKlasse „Mid-Life Refit“ ab. (Foto: NATO)

Philippinen zwang, sich nach starken Verbündeten umzusehen. Mit Blick auf ihre eigenen strategischen Interessen boten sich die USA an, und 2014 schlossen die Philippinen mit ihrer früheren Kolonialmacht ein auf zunächst 10 Jahre befristetes Abkommen zu verstärkter Verteidigungskooperation (EDCA – Enhanced Defence Cooperation Agreement). Dieses sieht zwar keine

rung und zogen vor Gericht. Im Januar gab das Oberste Gericht in Manila dann aber grünes Licht für EDCA. Vor dem Hintergrund zunehmender Spannungen mit China will die Regierung EDCA nun möglichst schnell in die Praxis umsetzen. Bis zu acht Militärstützpunkte sollen dem neuen alten Partner zugänglich gemacht werden, im Gegensatz zum früheren Leasingabkommen aber unter voller nationaler Kontrolle der Philippinen bleiben. Dazu gehören Marineeinrichtungen in Subic Bay sowie auf der im Südwesten in unmittelbarer Nähe der umstrittenen Gebiete am Südchinesischen Meer liegenden Insel Palawan. Mit US-Hilfe soll der dortige Stützpunkt kräftig ausgebaut werden. Der Bürgermeister der bei Subic Bay liegenden Stadt Olongapo will noch einen Schritt weitergehen. Er hofft auf Wiedereinrichtung eines Rekrutierungsbüros, in dem Filipinos nach mehr als 20 Jahren wieder auf Schiffen der USNavy anheuern können.

RUSSL AND

Subic Bay (Foto: wikipedia) und 1992 kündigte der Senat in Manila die Stationierungsabkommen. Die Amerikaner mussten abziehen – um nun wahrscheinlich wieder zurückzukehren. Der Grund ist China, dessen zunehmend aggressives Verhalten in auch von den Philippinen als Teil ihrer Wirtschaftszone beanspruchten Gebieten des Südchinesischen Meeres die MarineForum 3-2016

permanente Stationierung von US-Truppen auf philippinischem Boden vor, aber doch vermehrte bilaterale Übungen und Nutzung philippinischer Infrastruktur zu logistischen Zwecken (Nachversorgung, Lagerung von Gerät und Vorräten) und Rotation von Kräften. Gegner des Abkommens verhinderten zunächst die Implementie-

Hubschrauber-Hersteller Kamov entwickelt unter der Projektbezeichnung „Minoga“ einen neuen Bordhubschrauber. Das „prinzipiell neue“ Modell soll in etwa drei Jahren mit der fliegerischen Erprobung beginnen; 2020/21 könnten die ersten Maschinen an die russische Marine geliefert werden. Die neuen Hubschrauber sollen dann als Bordhubschrauber die in den 1970er Jahren entwickelten und seit 35 Jahren im operativen Betrieb der Marine vor allem in der U-Jagdrolle eingesetzten Hubschrauber der Ka-27 Helix-Familie ablösen.

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Marinen aus aller Welt RUSSL AND Bei der russischen Marine bietet das Jahresende traditionell Gelegenheit, Rüstungsprojekte formell abzuschließen und öffentlichkeitswirksam zu präsentieren. Schon zu Sowjetzeiten wurde hier die (Über-)Erfüllung des staatlich vorgegebenen Plansolls verkündet. Heute ist es der Termin, zu dem

stellte die Schwarzmeerflotte noch vor Jahresende zwei neue FK-Korvetten der BUYAN-M-Klasse in Dienst, aber damit hatte es sich auch schon. Keine einzige der geplanten neuen Fregatten wurde geliefert. Die „Admiral Gorshkov“ konnte ihre Waffen- und Systemtests noch nicht abschließen. Ihre zuletzt für Dezember angekün-

Neues U-Boot-Rettungsschiff „Igor Belousov“ (Foto: Thetys)

„Admiral Gorshkov“ bei Erprobung in der Ostsee (Foto: Deutsche Marine) die Werften mit dem Abschließen von Bauvorhaben durch Lieferung an die Marine ihre Bücher bereinigen und damit auch Ansprüche auf ausstehende Zahlungen formell geltend machen können. Auch für 2015 waren zum Jahresende mehrere „Meilensteine“ für zentrale Vorhaben angekündigt; die Realisierung hielt sich allerdings deutlich in Grenzen. Bei den U-Booten lief es noch relativ glatt. Die von der St. Petersburger Admiralitätswerft gebauten Boote der KILO-IIIKlasse wurden fast punktgenau übergeben. Sevmash (Sewerodwinsk) begann wie geplant mit dem Bau des 7. nuklearstrategischen Bootes der BOREJ-Klasse „Imperator Aleksander III“, und die Nerpa-Werft konnte mit einigen Monaten Verspätung aber noch in 2015 die Grundüberholung je eines U-Bootes der AKULA- und SIERRA-II-Klasse abschließen. Auch die fernöstliche Zvezda-Werft gab nach sechsjähriger Überholung ein U-Boot der AKULA-Klasse wieder an die Pazifikflotte zurück. Bei Neubauten von Überwasserkampfschiffen musste die russische Marine allerdings deutliche Dämpfer hinnehmen. Kaum ein Projekt ließ sich im geplanten Zeitrahmen realisieren. Zwar

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digte Lieferung musste auf Mai verschoben werden; einige Quellen sprechen sogar von „Ende 2016“. Schwesterschiff „Admiral Kasatonov“ konnte noch nicht einmal die im November geplanten ersten Standproben an der Pier der Kaliningrader Yantar-Werft durchführen. Wegen „Problemen mit den Gasturbinen“ sollen erste Seefahrten frühestens Anfang 2017 möglich werden. Die für Dezember 2015 angekündigte Indienststellung der „Admiral Grigorovich“, Typschiff der gleichnamigen Klasse, musste nach verspäteten Waffen- und Systemtests auf Februar 2016 verschoben werden; unmittelbar danach sollte die neue Fregatte dann zur Schwarzmeerflotte verlegen. Auch Schwesterschiff „Admiral Essen“ war eigentlich noch in 2015 an die Marine zu liefern, führte auch schon Probefahrten durch, wurde in einer Mitte Dezember veröffentlichten Übergabeplanung dann aber nicht mehr erwähnt. Auch die Lieferung des von Yantar in Kaliningrad gebauten neuen Landungsschiffes „Ivan Gren“ verzögerte sich weiter. Acht Jahre nach Kiellegung war es 2012 endlich zu Wasser gelassen worden. Damals war von Indienststellung in 2014 die

Rede, aber Endausrüstung und Erprobungen verzögerten sich mehrfach. Zuletzt für August 2015 angekündigte erste Standproben an der Pier begannen erst im Oktober; die für November angekündigte erste Seefahrt hat bisher nicht stattgefunden. Nun soll der Neubau im zweiten Quartal 2016 an die Marine übergeben werden – wenn „alle Restarbeiten erledigt“ sind, wie die Werft vorsichtshalber gleich wieder einschränkte. Verspätungen gab es auch bei den neuen Minenjagdbooten der ALEKSANDRIT-Klasse. Zwar begann Typboot „Aleksander Obukhov“ Ende Dezember erste Erprobungen in See, aber die eigentlich noch vor Jahresende angekündigte Lieferung musste auf Mai 2016 verschoben werden; die eigentlich im Dezember geplante Kiellegung des dritten Bootes hat offenbar nicht stattgefunden. Erfolgsmeldungen gab es dagegen für Hilfsschiffs-Neubauten, und die fanden bei offiziellen Pressemitteilungen denn auch reichlich Erwähnung. So konnte das neue U-Boot-Rettungsschiff „Igor Belousov“ am 25. Dezember die russische Seekriegsflagge setzen. Der von der Admiralitätswerft in der Ostsee hergestellte Neubau soll im Frühjahr zur Pazifikflotte verlegen. Bei der Nordflotte feierte man am 18. Dezember die Übernahme des von Zvezdochka (Sewerodwinsk) gebauten Munitionstransporters „Akademik Kovalev“. Zahlreiche kleine und kleinste Boote (z.B. Taucherboote, Hafen- und Reedeschlepper) ergänzten die Erfolgsmeldungen und schönten eine auf bloße Zahlen fixierte Jahres-Statistik, in der sie de facto den gleichen Stellenwert erhielten wie große Kampfschiffe. Die Gründe für die Misere im russischen Kriegsschiffbau sind vielfältig. Zum einen dürfte da immer noch eine mangelnde Zahlungsmoral der Marine sein; immerhin werden von ausländischen Kunden zu bezahlende Exportaufträge doch meist fristgerecht erledigt, ja die Werften räumen ihnen sogar deutlich Priorität ein. Rüstungsminister Rogozin beklagt Fachkräftemangel; es sei (in immerhin 25 Jahren!) noch nicht gelungen, den Verlust der nach dem Zerfall der Sowjetunion plötzlich zu Ausländern gewordenen Spezialisten aus anderen ehemaligen Sowjetrepubliken zu kompensieren. Einige Quellen nennen deutlich längere als geplante Erprobungen (mindere Qualität/Standfestigkeit von Anlagen und Systemen, Probleme bei Systemintegration), mangelnde Arbeitsorganisation bei den Werften, Inkompetenz bei der Ermittlung von Arbeitsaufwand und Kosten (mit der Folge laufender Nachbesserungen) sowie Verzögerungen und mangelnde Qualitätskontrolle bei Zulieferern als weitere Faktoren. Darüber hinaus darf man durchaus annehmen, dass die Auswirkungen der UkMarineForum 3-2016


raine-Krise (Import-Ausfall von Gasturbinen, Dieselmotoren und westlicher Elektronik) weit schwerwiegender sind als bisher öffentlich zugegeben.

S CH W E D E N Das schwedische Materialkommando hat im Dezember für die Marine den ersten U-Jagdhubschrauber vom Typ NH90 übernommen. 2001 hatte das Verteidigungsministerium bei Airbus Industries insgesamt 18 NH90 bestellt, von denen zunächst nur fünf für U-Jagd optimiert sein sollten; die anderen 13 Hubschrauber waren für den SAR-Dienst geplant. Nach vermutlich unter dem Eindruck zunehmender russischer Aggressivität („Eindringen“ fremder U-Boote) erfolgter Vertragsänderung werden nun weitere vier dieser 13 NH90 für die U-Jagd ausgerüstet.

USA Die Littoral Combal Ships der FREEDOMKlasse (Einrumpfschiff von Lockheed-Martin) und der INDEPENDENCE-Klasse (Trimaran von General Dynamics/Austal) geraten seit Jahren nicht aus dem Kreuzfeuer der Kritik: mal wegen extremer Kostenüberschreitung, dann wieder wegen Nichterfüllung von taktischen-/technischen Forderungen (Fehlentwicklungen bei Einsatzmodulen) und schließlich wegen technischer Mängel, geringer Feuerkraft und mangelnder Standfestigkeit in einem Gefecht. Auch mehrere Jahre nach Indienststellung erster Schiffe konnte sich lediglich die FREEDOM-Klasse in operativen Verle-

gungen zumindest teilweise bewähren. Die INDEPENDENCE-Klasse kam abgesehen von einem kurzen Deployment im Anti-Drogeneinsatz bislang über Erprobungen nicht hinaus. Nachdem nun unter dem Eindruck einer „Rückkehr der russischen Marine auf die Weltmeere“ auch ozeanische Kriegsführung (für die die für Küstenseekrieg konzipierten Littoral Combat MarineForum 3-2016

Die US-Navy soll sich für eines der beiden Designs entscheiden (Foto: US Navy) Ships nicht geeignet sind) wieder mehr in den Vordergrund rückt, hat Verteidigungsminister Carter offenbar die Geduld verloren. Mitte Dezember wies er die US-Navy an, die geplante Beschaffung von insgesamt 52 Littoral Combat Ships auf nur noch 40 Schiffe zu reduzieren – und sich

dung für ein Design war sogar ursprünglich von der US-Navy geplant gewesen. In praktischen Vergleichen von jeweils zwei Vorserienschiffen wollte man das bessere Design ermitteln und dann damit – ggf. unter Einbeziehung von Designelementen des „unterlegenen“ Typs – in die Serienproduktion gehen. Sowohl die Reduzierung der USA Stückzahlen als auch die Zerstörer DDG-1000 „ZumEliminierung eines Designs walt“ hat mit Seeerproscheiterte am heftigen Wibungen begonnen. Schon derstand von Industrieim April soll die US-Navy lobby und Kongressabgedas futuristisch anmutenordneten, die sich für die de Schiff übernehmen und jeweiligen Werftstandorte noch in diesem Jahres auch einsetzten. Solchermaßen in Dienst stellen. (Foto: US unter Druck hatte die USNavy) Navy Ende 2010 von ihrem „Winner takes all“-Konzept Abstand genommen und bis 2019 endgültig für eines der beiden ohne wirkliche Auswertung der bis dahin Designs zu entscheiden. Dadurch generiergewonnenen Vergleichsdaten kurzerhand te Einsparungen sollten in z.B. zusätzliche bei beiden Designkontrahenten jeweils Trägerkampfflugzeuge investiert werden. zehn Schiffe bestellt. Ob VerteidigungsNeu ist dieser Vorstoß nicht. Im Septemminister Carter mit seinem jetzigen Vorber 2013 wollte man bei der Planung des stoß Erfolg haben wird, bleibt abzuwarten. Budgets für das Haushaltsjahr 2015 die Lobbyisten und Politiker sind bereits „an Stückzahl sogar auf 32, eventuell auch der Arbeit“, und auch die Marineführung hat Widerstand angekündigt. nur 24 Schiffe reduzieren. Die Entschei-

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Schiffsneubau mit LNG-Antrieb Neue Helgolandfähre setzt Maßstäbe Hans Jürgen Witthöft

A

m 11. Dezember 2015 ist an der Alten Liebe in Cuxhaven das neue Seebäderschiff der Reederei Cassen Eils, einer Tochtergesellschaft der Emder AG Ems-Gruppe, auf den Namen „Helgoland“ getauft worden. Damit folgte die Reederei einer langen Tradition und benannte das neue Flaggschiff der Flotte – wie schon seine Vorgänger – nach seinem Reiseziel. Nun schön, ein neues Seebäderschiff sollte man meinen, was soll’s ? Aber dieses neue Schiff hat es in sich! Es ist deutschlandweit der erste Schiffsneubau mit LNG-Antrieb, ein wie auch immer zu bewertender Prototyp also, und ist somit durchaus prädestiniert, einen Markstein in der deutschen Schiff-

fahrts- bzw. Schiffbaugeschichte zu setzen. Dabei spielt es keine Rolle, dass dieser innovative Neubau wegen technischer Probleme erst mit mehrmonatiger Verspätung offiziell in Fahrt gebracht werden konnte – verglichen etwa mit den Verspätungen bei unseren (natürlich wesentlich komplexeren) Marineschiffsneubauten ist das im „Peanuts“-Bereich anzusiedeln. Kurze Wege zwischen Auftraggeber/Nutzer und Auftragnehmer/Werft haben sich auch hier ausgezahlt, sodass die aufgetretenen Probleme innerhalb kürzester Zeit in den Griff bekommen werden konnten. Der Entschluss, dieses Schiff zu bauen, hat eine längere Vorgeschichte und wurde

sicherlich zuletzt durch die Vorgaben befördert, die sich aus den inzwischen greifenden, verschärften Umweltschutzvorschriften in Nord-und Ostsee ergeben. Hier musste Neuland betreten werden, was ohne finanzielle Unterstützung durch die EU für eine mittelständische Reederei nicht möglich gewesen wäre, und die auch die ebenfalls mittelständische Fassmer Werft in Berne/Unterweser allein nicht hätte stemmen können. Hier aber fand unternehmerischer Mut eine adäquate politische zukunftsweisende Unterstützung. Entstanden ist das neue, mit 2.150 GT vermessene Seebäderschiff für rund 31,5 Mio. Euro auf der Fassmer Werft in Berne

Die neue „Helgoland“ während der Probefahrt (Foto: AG Ems)

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MarineForum 3-2016


The world meeting of naval technologies for the future

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OCTOBER

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an der Unterweser. Es ist der erste Neubau deutschlandweit, der mit einem LNG-Antrieb ausgestattet worden ist. Dafür hat die Reederei nach eigenen Angaben einen Zuschuss von der EU in Höhe von 4,175 Mio. Euro erhalten. Der 5.000 kW leistenden Hauptantrieb ermöglicht eine Geschwindigkeit von 20 Knoten. Das Schiff bietet 1.048 Sitzplätze, die sich auf acht Salonbe-

gang auf 3,60 Meter. Der Rumpf des Schiffes ist schließlich auf der Hullkon Werft in Stettin entstanden. Rumpf und Aufbauten sind aus Stahl gefertigt, das Brückenhaus aus Aluminium. Herzstück der Antriebsanlage der neuen „Helgoland“ und darüber hinaus konstruktiv für das gesamte Schiff ist der 53-cbm-LNG-Tank. Er ist im Schiffskörper

LNG) als umwelt- und klimaschonende Alternative zu herkömmlichen Brennstoffen eines der großen Themen. Nach Aussage der Verbandsspitze möchte auch der VDR daran arbeiten, LNG in der Schifffahrt zu etablieren. Doch könnten bis jetzt erst wenige deutsche Reedereien aufgrund der hohen Investitionskosten auf LNG-Schiffe setzen. Aufgrund der besonderen Moto-

„Helgoland“ im Schnitt, wobei die Platzierung der LNG-Tanks und der Motoren gut zu erkennen ist (Grafik: AG Ems) reiche, ein Atrium mit gläsernem Fahrstuhl über drei Decks und drei Oberdecksbereiche verteilen. Auf die Ausstattung ist sehr viel Wert gelegt worden, da es erklärtes Ziel der Reederei ist, den Fahrgästen für die relativ kurzen Hin- und Rückfahrten zu und von Deutschlands einziger Hochseeinsel ein annäherndes Kreuzfahrterlebnisgefühl zu vermitteln. Zwar ist Cuxhaven der traditionelle Basishafen auch des neuen Schiffes geblieben. Es werden in Abständen jedoch auch Abfahrten aus Hamburg geboten. Gleich nach der Auftragsvergabe haben sich für Reederei und Werft einige neuartige Herausforderungen ergeben. Vor allem ging es dabei um die neuartige LNG-Technik, basierend auf -162°C heruntergekühltem verflüssigtem Erdgas. Das hat mehrmalige konzeptionelle Änderungen im Schiffsdesign notwendig gemacht, die aber in enger Zusammenarbeit mit der Hamburgischen Schiffbau-Versuchsanstalt (HSVA) zu sicheren Lösungen führten. So ist der Neubau dadurch von ursprünglich 79 Meter Länge auf 83,3 Meter gewachsen, die Breite auf 12,60 Meter und der Tief-

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separiert, was das Risiko einer Gasexplosion deutlich vermindern soll. Herausragende Eigenschaft des Neubaus ist jedoch, und das wird immer wieder betont, seine hervorragende Umweltbilanz. Im Vergleich zu einem herkömmlichen Schiff wird nach Aussage der Reederei durch den Einsatz von umweltfreundlichem verflüssigtem Erdgas bis zu einer Mio. Tonnen Mineralöl eingespart. Dies habe positive Auswirkungen für die Umwelt, denn es bedeute weniger Emissionen von rund 570 t (-20 %) CO2, ca. 15 t weniger SOx (-99 %) und 32 t weniger SOx (-80 %). Darüber hinaus würde aufgrund des LNG-Antriebs kein Feinstaub anfallen.

LNG als Brennstoff der Zukunft? Nicht unbedingt aus Anlass der neuen Helgoland-Fähre, aber ganz sicher mit diesem innovativen Neubau im Hintergrund, war auch auf der Jahrespressekonferenz des Verbandes Deutscher Reeder (VDR) Ende vergangenen Jahres die Nutzung von verflüssigtem Erdgas (Liquified Natural Gas/

ren, zusätzlicher Leitungen und Tanks sind Schiffe, die neben herkömmlichen Brennstoffen auch mit Flüssiggas fahren können (Dual-Fuel-Antrieb), bis zu 25 Prozent teurer. „Ohne ein breites Förderprogramm der Bundesregierung für den Neu- und Umbau LNG-betriebener Schiffe werden sich die Barrieren für den Markteintritt nicht abbauen lassen“, mahnte VDR Präsident Hartmann an. „Bisher ist in ganz Europa kein einziges LNG-Schiff ohne staatliche Zuschüsse in Fahrt gebracht worden. Deutschland sollte als führender maritimer Standort zu den Vorreitern gehören.“ Er verwies darauf, dass der VDR unter dem Dach der „Maritimen LNG-Plattform“ zusammen mit anderen Verbänden ein Förderprogramm in Höhe von 150 Mio. Euro jährlich vorgeschlagen, und sich die Bundesregierung auf der Nationalen Maritimen Konferenz im Oktober 2015 zur Förderung von LNG im Rahmen der Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie bekannt habe. Im Bundeshaushalt für 2016 seien zwar (zu diesem Zeitpunkt) die Mittel noch nicht in dieser Höhe eingestellt worden, es müsse also abgewartet werden, das aber mit Zuversicht. L MarineForum 3-2016


Schifffahrt · Schiffbau · Technologie Staatspreis für Nordic Yards Mit der Verleihung von Staatspreisen war bereits die frühere Sowjetunion in den Jahren ihrer Existenz schon immer sehr großzügig gewesen, und Russland als Nachfolgestaat scheint auch dieses in bester Tradition weiterhin zu pflegen. Nun ist sogar eine deutsche Werft, die sich allerdings im Besitz eines russischen Staatsbürgers befindet, in den Genuss einer derart hohen Auszeichnung gekommen. Für den Bau von zwei hoch spezialisierten Rettungs- und Bergungsschiffen in Wismar wurde Nordic Yards im Dezember im Rahmen der Transportund Verkehrsmesse „Transport of Russia“

Gästen anlässlich des Flaggenwechsels per Telegramm zu gratulieren. Darin bezeichnete er die beiden Schiffe als „eindrucksvolles Beispiel für die erfolgreichen Kooperationsbeziehungen zwischen den russischen Herstellern der elektrotechnischen Rettungs- und Navigationsausrüstung und der deutschen Werft.“ Dies sei ein „würdiger Beitrag zur Festigung einer gegenseitig vorteilhaften Zusammenarbeit, die Russland und Deutschland seit mehreren Jahrzehnten verbindet.“ Sehr viel Ehre für zwei zwar relativ kleine, aber dennoch durchaus respektable baugleiche Neubauten, sogenannte

Die „Peking“ kommt zurück Es ist zwar noch nicht definitiv alles in trockenen Tüchern, aber es scheint so, dass der ehemals stolze Viermaster „Peking“ wieder in seinen einstigen Heimathafen Hamburg zurückgebracht werden kann. Eine in den Bundeshaushalt 2016 eingestellte großzügige Summe zur Förderung Hamburger Kulturobjekte schließt das Schiff ein. Es könnte, oder soll, Teil oder sogar Mittelpunkt eines noch zu konzipierenden Deutschen Schifffahrtsmuseums werden, für das zunächst einmal 120 Mio. Euro angesetzt sind. Ein nicht unerheblicher Teil der Summe wird für die Rückführung der „Peking“ aufgewendet werden müssen, wenn sie denn tatsächlich zustande kommt. Da eine Schleppreise wegen des überaus maroden Zustandes des Veteranen vor allem auch im Rumpfbereich auszuschließen ist, kommt nur ein Transport huckepack auf dem Dockschiff infrage – nicht unbedingt billig. Deutlich noch teurer wird jedoch die Restaurierung des 1911 von Blohm + Voss gebauten Schiffes werden. Zwei bis drei Jahre wird sie dauern

Bild links: Die Luftaufnahme der „Murman“ vermittelt einen Eindruck von der vielfältigen Ausrüstung des Schiffes; Bild rechts: Der Neubau „Beringov Proliv“ wurde Ende Dezember 2015 in Juschno-Sachalinsk übergeben (Fotos: Nordic Yards) in Moskau der russische Staatspreis für Verdienste im Bereich Verkehr und Verkehrsinfrastruktur verliehen. In der Kategorie „Beste innovative Lösung im Bereich Verkehrstechnik“ konnte sich die deutsche Werftengruppe zusammen mit dem Auftraggeber, dem russischen Seenotdienst „Rosmorrechflot“ mit ihren beiden Neubauten „Murman“und „Beringov Proliv“ durchsetzen. Dieser Staatspreis wird seit 2014, so war zu erfahren, jährlich vom Gesellschaftlichen Rat des russischen Verkehrsministeriums gestiftet. In fünf Kategorien ehrt er Spitzenleistungen bei Infrastrukturprojekten sowie Verkehrs- und Transportdienstleistungen. Für Nordic Yards nahm deren Eigner, Dr. Viraly Yusufov, die Ehrung entgegen und erklärte anlässlich der Übergabe des ersten der beiden Rettungsschiffe, der „Murman“, zwei Tage später, am 10. Dezember 2015 im künftigen Heimathafen Murmansk: „Wir haben ein hoch spezialisiertes Rettungsschiff übergeben, das zum jetzigen Zeitpunkt weltweit einmalig ist. Die „Murman“ vereint deutsche Qualität, europäische Spitzentechnologien und beste High-Tech-Ausrüstung aus Russland“. Selbst Russlands Präsident Vladimir Putin ließ es sich nicht nehmen, dem Verkehrsminister und den anwesenden

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Multipurpose Rescue und Salvage Vessel (MPRSV). Sie waren im Dezember 2012 vom russischen Transportministerium bestellt und parallel im großen Baudock der Werft in Wismar gefertigt worden. Im Februar 2015 fand nach 17-monatiger Bauzeit die Taufe statt. Die „Murman“ und die „Beringov Proliv“ sind 87,75 Meter lang, 18,50 Meter breit, haben einen Tiefgang von 6,5 Metern und sind nach der hohen russischen Eisklasse „Eisbrecher6“ gebaut worden, d.h., sie können bis zu einem Meter dickes Eis noch mit einer Geschwindigkeit von bis zu 1,5 Knoten durchfahren. Die Schiffe bieten Platz an Bord für jeweils 38 Personen und können auch unter extremen Witterungsverhältnissen Such- und Rettungsaktionen sowie Notschleppeinsätze durchführen und in ihrem Bordhospital die medizinische Versorgung geretteter Personen gewährleisten. Die vielfältige Ausrüstung dient darüber hinaus für Feuerlösch- und Ölbekämpfungsmaßnahmen. Weiterhin sind die Schiffe mit Technik für Untersuchungen des Meeresbodens und beschädigter Objekte in Tiefen bis zu 1.000 Meter ausgestattet. Ein Hubschrauberlandeplatz am Bug ist bei dieser Vielfalt von Verwendungsmöglichkeiten geradezu eine Selbstverständlichkeit. HJW

Selbst wenn sie landseitig gesäumt wird von Hochhäusern, ist die „Peking“ nicht zu übersehen (Foto: V.Witthöft) – wenn dann eine Werft benannt sein wird. Und nicht zuletzt muss auch noch die Frage geklärt werden, wo ein Liegeplatz zu finden ist, der gewährleistet, dass das unzweifelhaft stolz wie eh und je anzusehende Schiff nicht nur optisch eine Kulisse bietet. Etwa gegenüber der Elbphilharmonie, die ja auch irgendwann einmal fertig werden soll? Das wäre sicherlich ein beeindruckendes Ensemble. Wichtiger ist aber noch, eine unkomplizierte Zugangsmöglichkeit für möglichst viele Besucher zu schaffen. Erst dann ergibt sich tatsächlich ein Sinn für die ganze Aktion. HJW

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Schifffahrt · Schiffbau · Technologie

Nach intensiver Entwicklungsarbeit hat die Meyer Werft ab Januar 2016 mit der Einführung einer völlig neuartigen und innovativen Software zur Entwicklung und Konstruktion ihrer Kreuzfahrtschiffe begonnen. Das neue 3D-CAD-System Catia V6

anspruchsvollsten Herausforderungen für die Anbieter technischer Software. Insgesamt belaufen sich die Investitionen in dieses Projekt auf mehr als 30 Mio. Euro. Seine Einführung passt zu der erst kürzlich getroffenen Entscheidung zum Bau eines neuen

Computeranimation & Screenshot der neuen Software Catia V6 (Foto: Meyer Werft) des französischen Softwareherstellers Dassault Systèmes wird die in die Jahre gekommene Version der vorhandenen Software schrittweise ersetzen. Diese ältere Entwicklungs- und Konstruktionssoftware hatte es der Meyer Werft bis jetzt erst ermöglicht, zu einem der weltweit führenden Anbieter von Kreuzfahrtschiffen zu werden. Um diese Stellung zu erhalten und möglichst noch zu verbessern, wurde die Partnerschaft zwischen Dassault Systèmes und der Meyer Werft mit einem entsprechenden Vertrag untermauert. Die Entwicklung und Konstruktion von Kreuzfahrtschiffen zählt zu den

Zusatzversicherung erforderlich Eine Novelle des Seearbeitsrechts sieht vor, dass die Reedereien eine Versicherung abschließen müssen, mit der im Stich gelassene Seeleute im Notfall aus fremden Häfen gesichert nach Hause gebracht werden können. Diese Regelung soll am 18. Juli 2018 in Kraft treten und als Ergänzung des Seearbeitsübereinkommens der International Labour Organization (ILO) in nationales Recht umgesetzt werden. Außerdem hat der Bundestag beschlossen, dass die Förderung der Seemannsmissionen durch den Bund von Projektförderung auf dauerhafte institutionelle Förderung umgestellt wird. Dies soll unmittelbar nach Verkündung des Gesetzes in Kraft treten. HJW

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Technologie- und Entwicklungszentrums, in dem große Teile der Entwicklungs- und Konstruktionsarbeiten der Werft gebündelt werden. Rund 500 Konstrukteure und Ingenieure sind in den Konstruktionsbüros der Werft tätig. Im Vergleich zu anderen Industrien ist der Bau von Kreuzfahrtschiffen eine besonders komplexe Aufgabe. Weit mehr als 10 Mio. Einzelteile und Bauteilgruppen sind für ein großes Kreuzfahrtschiff von der Werft zu verarbeiten. Im Vergleich dazu: Bei einem Airbus A 380 sind es ca. 1 Mio. Teile und bei einem PKW etwa 10.000 Bauteile. HJW

Milliarden für Koreas Werften Die weltweite Schiffbaukrise hat wegen der dramatisch aufgeblähten Überkapazitäten milliardenschwere Verluste erlitten. Vor allem sind davon Korea, China und Japan betroffen, die nun mit unterschiedlichen Maßnahmen entgegenarbeiten. Immer aber sind es massive staatliche Hilfen, mit denen der durch den Auftragsschwund unbedingt notwendige Kapazitätsrückbau abgefangen werden soll. Beispiel Korea, das bei dem jüngsten Branchentreffen in China heftig kritisiert worden war, da die erheblichen Verluste der Großwerften mit Milliardenbeträgen staatseigener Finanzinstitutionen ausgeglichen worden sind. Jedoch verfolgt das Land offensichtlich ungerührt seinen Kurs weiter, nicht mit direkten Geldspritzen, sondern auf einem Umweg, der

übrigens auch anderswo praktiziert wird. So hat die Regierung kürzlich ein großes Investitionspaket für die heimische Schifffahrt angekündigt. 1,2 Mrd. USD sollen demnach in einen Fonds fließen, aus dem sich koreanische Reedereien zur Finanzierung bedienen können, wenn sie bei heimischen Werften neue Schiffe bestellen. An dem Fonds ist die Korea Development Bank beteiligt. Andere Wege geht, das nur am Rande, etwa China. Dort sind zwar etliche Werften bereits komplett stillgelegt worden, aber es gibt immense Hilfen für die immer noch zu große Zahl der verbliebenen, vor allem für die Großwerften, die natürlich, wie in Korea und Japan, zahlreiche, für die Regionen eine große Zahl praktisch unverzichtbarer Arbeitsplätze bieten. In China gibt es ein spezielles Abwrackprogramm für die Reedereien des Landes, das finanzielle Hilfen bietet, wenn anschließend neue Schiffe auf heimischen Werften bestellt werden. Auch sonst gibt es neue spektakuläre Aufträge an der Marktentwicklung vorbei. Dazu zählen zum Beispiel Aufträge chinesischer Reedereien an Großwerften, um deren Beschäftigung zumindest für die nächsten Jahre zu unterstützen. Es geht, auch das nur ein Beispiel, um die Bestellung von 13 Megabulkern mit Tragfähigkeiten von jeweils 400.000 tdw, mit denen die ohnehin prekäre Situation auch in diesem Segment der Schifffahrt noch weiter verschärft wird, die Beschäftigungssituation einiger Großwerften zumindest kurzfristig aber etwas entspannen wird. Schlechte Zeichen sowohl für den weltweiten Schiffbau als auch für die Schifffahrt. HJW

Offshore-Energie 11 Offshore-Windparks laufen derzeit im Probebetrieb. 4 Windparks sind im Bau. Von 2014 bis Ende 2015 hat sich die Zahl der (Foto: Wikipedia)

Aufbruch in ein neues digitales Zeitalter

errichteten Windenergie-Anlagen in Nordund Ostsee von 135 auf 738 erhöht. Sie haben eine Nenn-Leistung von 3.041 MW. Damit hat die Offshore-Windenergie bereits rund 50 Prozent des Ausbauziels von 6.500 MW für 2020 erreicht. hfm MarineForum 3-2016


Weltgrößtes Kranschiff geordert Der niederländische Offshore-Spezialist Heerema hat bei der Werft Sembcorp Marine in Singapur das nach eigenen Angaben weltgrößte Kranschiff zur Ablieferung im vierten Quartal 2018 geordert. Der Auftragswert wird mit rund einer Milliarde USD angegeben. Das „Semi-Submersible Crane Vessel“ wird u.a. mit zwei jeweils 10.000 Tonnen hebenden Kränen ausgerüstet. Mit seiner Verdrängung von 273.700 Tonnen, einer Länge

münde der erste Flüssiggas-Terminal eines EU-Mitglieds im Ostseeraum in Betrieb genommen. Das erste Schiff, das den ebenso wertvollen wie umweltfreundlichen Energieträger anlieferte, war der 2009 gebaute, unter der Flagge der Marshall Inseln fahrende LNG-Tanker „Al Nuaman“ (136.980 GT/121.910 tdw). Er hatte bei seiner Abgabe der Ladung eine dreiwöchige Reise vom Förderland Katar hinter sich. Der Terminal in Swinemünde soll schrittweise hochgefahren werden, was bis Mitte 2016 erreicht werden könnte. Die Jahresumschlagleis-

tung liegt bei fünf Milliarden Kubikmeter Erdgas. Sie könnte auf 7,5 Milliarden Kubikmeter steigen, sollte ein dritter Lagertank gebaut werden. Von Seiten des Betreibers Polskie LNG hieß es: „Der Terminal erhöht die Energiesicherheit für Polen und unsere Regionen in Europa, die Lieferungen bisher nur aus einer Richtung erhalten haben. Überschüsse könnten in die baltischen Länder weitergeleitet werden.“ In Finnland und auch im Baltikum sind ähnliche Projekte ebenfalls in fortgeschrittenen Planungsoder Bauzustand. HJW

Müll im Meer Plastik verrottet nicht, es verwittert nur. Das heißt, es zerbricht – zermürbt durch Sonnenlicht, UV-Strahlen, Wind und Wellen – in immer kleinere Fragmente. Sind diese Plastikreste kleiner als fünf Millimeter, gehören sie zum sogenannten Mikroplastik. Neue AWI-Studien zeigen, dass die Plastikreste in Nord- und Ostsee auch von Speisefischen und Meeresschnecken

bestimmten Jahreszeiten gar keine Mikroplastikpartikel aufzunehmen scheint. Bei der Makrele hingegen schwankte der Prozentsatz der Tiere mit Mikroplastik in den Verdauungsorganen je nach Meeresregion zwischen 13 und 30 Prozent. Damit verschlucken Makrelen deutlich häufiger Mikroplastikpartikel als in Bodennähe lebende Fischarten wie Flunder und Kliesche.

Im Jahr 2018 soll dieser neue Gigant in Fahrt kommen (Foto: Wärtsilä) von 220 Metern und einer Breite von 102 Metern wird der Neubau nicht nur das weltweit größte Kranschiff, sondern eines der größten Schiffe überhaupt werden. Eine besondere Herausforderung war die Lösung der Antriebskonfiguration. Dafür liefert das finnische Unternehmen Wärtsilä insgesamt acht Ruderpropeller, die alle in schwimmendem Zustand, also unter Wasser, montiert und auch demontiert werden können. Bei einem möglichen Schadensfall muss das Schiff also nicht ein Dock aufsuchen, zumal es für Schiffe dieser Größe in der Welt nur wenig passende gibt. Jeder der Propeller liefert eine Leistung von 5.500 kW. Die vier am Bug installierten Aggregate sind einziehbar und wurden eigens für diesen Neubau entwickelt. Alle Acht zusammen ermöglichen neben der damit gewährleisteten dynamischen Positionierung eine Höchstgeschwindigkeit von zehn Knoten. HJW

Erstes LNG für Swinemünde Während in Deutschland eine Entscheidung über den Bau eines mit vielen Initiativen seit Langem angeregten LNG-Importterminals immer noch nicht getroffen ist bzw. herausgezögert wird, schaffen andere Ostseeanrainerstaaten Fakten mit dem Ziel, unabhängiger von russischen Lieferungen zu werden. Ein Beispiel: Mitte Dezember 2015 wurde im polnischen SwineMarineForum 3-2016

Wie gelangt der Müll in das Meer (Grafik: AWI) gefressen werden. Mittlerweile konnten Forscher Mikroplastik in allen Weltmeeren nachweisen. Wissenschaftler des Alfred-WegenerInstitutes, Helmholtz-Zentrum für Polarund Meeresforschung untersuchten die Menge und Verbreitung von Mikroplastik im Meer sowie dessen Auswirkungen auf die Meeresbewohner. So wurde der Verdauungstrakt und Mageninhalt von 290 Makrelen, Flundern, Heringen, Dorschen und Klieschen aus der Nord- und Ostsee untersucht. Dabei zeigte sich, dass beispielsweise der Hering zu

Wenig bekannt ist bisher über die Folgen der Plastikaufnahme für die Fische. Die Frage: Könnte eine Ansammlung von Mikroplastikpartikeln im Fischmagen schwere Folgen haben? „Wir haben zumindest in unserer Studie keine Hinweise darauf gefunden“, so ein AWI-Forscher. „Allerdings ist bisher sowohl für Fische als auch für die ebenfalls untersuchte Strandschnecke völlig unbekannt, ob und wie es sich auf die Gesundheit der Tiere auswirkt, wenn sie über einen langen Zeitraum Mikroplastikpartikel aufnehmen.“ hfm

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Schifffahrt · Schiffbau · Technologie Gleiter-Schwarm auf Wirbelspur Mithilfe von sieben autonomen Messsonden, sogenannten Gleitern, ist es Meeresforschern aus Kiel, Bremen und Bremerhaven erstmals gelungen, einen knapp 100 Kilometer großen Ozeanwirbel während seiner Entstehung vor der Küste von Peru zu vermessen. Derartige Wirbel sind bedeutsam für den Transport von Sauerstoff, Nährstoffen und Wärme durch ganze Ozeane.

Ozeane, von wo sie dann Richtung Westen wandern. Da sich der Entstehungsprozess innerhalb weniger Wochen vollzieht und schwer vorhersagbar ist, ist eine direkte Beobachtung schwierig. Der beobachtete Wirbel entstand glücklicherweise genau in dem Gebiet, in dem das Team die Gleiter ausschwärmen ließ. Dadurch konnte es dessen Auswirkungen auf die Salz-, Sauerstoff- und

Schifffahrt hält Grenzwerte für Schwefel ein Ein Jahr nach der Herabsetzung des Grenzwertes für Schwefel auf 0,10 Prozent hält der überwiegende Anteil der Schiffe im Elbtransit die Grenzwerte ein. Das bestätigen die Messungen des Instituts für Umweltphysik der Universität Bremen. Die Ergebnisse decken sich mit Messungen in dänischen Gewässern. Die Verschärfung der Grenzwerte hat nachweisbar zu einer Verbesserung der Luftqualität geführt. hfm

Eröffnung weiter verspätet Die Freigabe der Erweiterungsbauten des Panamakanals für den allgemeinen Schiffsverkehr ist zum wiederholten Mal nun auf das zweite Quartal 2016 verschoben worden. An den neuen Schleusen auf der Pazifikseite sollen Risse festgestellt worden sein, hieß es vonseiten der Kanalbetreibergesellschaft als Begründung. Mit ersten Tests soll nun im April begonnen werden. HJW

150 kW Laserwaffe in Aussicht

Ausbringen eines Gleiters (Foto: GEOMAR) Nicht nur gewaltige Strömungen wie der Golf- oder der Agulhasstrom ziehen sich durch die Ozeane. Auch zahllose Wirbel bewegen sich ständig durch alle Meere. Sie haben Durchmesser von bis zu 300 Kilometern und können bis zu fünf Jahre lang Ozeanbecken durchwandern. Genau wie die großen Strömungen spielen sie eine wichtige Rolle für den Transport von Wärme, Nährstoffen und Sauerstoff. Es sind unterschiedliche Mechanismen bekannt, die zur Bildung dieser Wirbel führen. Vor allem langlebige Wirbel bilden sich oft an den östlichen Rändern der

Nährstoffverteilung deutlich detaillierter untersuchen, als es bei einer rein schiffsbasierten Messkampagne möglich gewesen wäre. Insgesamt entstanden mehr als 10.000 Gleiter-Profile durch den noch jungen Wirbel. Da die Wirbel – wie in diesem Fall – Wasser vom peruanischen Kontinentalhang wegtransportieren, schaffen sie gleichzeitig Platz für nährstoffreicheres Wasser, das aus der Tiefe nachrückt. Sie spielen daher auch eine wichtige Rolle für die Aufrechterhaltung der hohen biologischen Produktivität vor den Küsten Perus. hfm

ECDIS ist akzeptiert

Temperaturrekord 2015

2015 fuhr die Mehrheit der Handelsschiffe erstmalig mit dem elektronischen Seekarten- und Informationssystem ECDIS. Bis 2018 müssen nahezu alle Schiffe mit dieser Technologie ausgerüstet sein. Die Technologie ist in der Schifffahrt akzeptiert. ECDIS wird zu einem Geoinformationssystem an Bord der Schiffe und damit langfristig ein Baustein auf dem Weg zum autonomen Fahren. hfm

Mit 9,5 °C wies der Dezember 2015 gemeinsam mit dem Dezember 2006 die höchsten Temperaturen der Wasseroberfläche der Nordsee in einem Dezember seit Beginn der Messungen 1971 auf. „Die langfristigen Beobachtungen zeigen, dass die Temperaturen von Randmeeren wie Nord- und Ostsee in den letzten Jahrzehnten ansteigen“, so die Präsidentin des BSH, Monika BreuchMoritz. hfm

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In der Ausgabe 1/2016 berichtete MarineForum über die aktuelle Laserwaffenforschung der US-Navy. Ende Dezember wurden neue Details über den im Oktober erteilten Auftrag zur Entwicklung eines schiffsgestützten Waffenprototypen (Laser Weapon System Demonstrator – LWSD) bekannt.

Phantomzeichnung der installierten Laserwaffe (Grafik: Northrop Grumman) Die Firma Northrop Grumman entwickelt im Rahmen des Auftrags eine Festkörperlaserwaffe der 150 Kilowatt Klasse, teilte das Unternehmen am 23. Dezember mit. Der Auftrag ist in drei Phasen unterteilt. Phase 1: Entwurf und Entwicklung; Phase 2: Bau des Prototypen und Erprobung der Waffe an Land; Phase 3: Integration des MarineForum 3-2016


Waffensystems auf einem Schiff mit anschließender Erprobung auf See. Die erste Phase hat einen Vertragswert von 52 Millionen Dollar und eine Laufzeit von zwölf Monaten. Zum Schluss der Phase 1 prüft die Navy das vorgelegte Konzept und entscheidet über den Übergang in die beiden Erprobungsphasen. Falls alle drei Phasen durchgeführt werden, beträgt der Gesamtwert des Vertrages 91 Millionen Dollar; die gesamte Laufzeit der drei Phasen beträgt 34 Monate. Als Trägerplattform für Phase 3 ist der zum Versuchsschiff umgerüstete ehemalige Zerstörer USS „Paul F. Foster“ (DD-364) vorgesehen. Guy Renard, Leiter der Richtenergieabteilung bei Northrop Grumman Aerospace Systems, erklärte, dass die Waffe so ausgerichtet werden soll, dass nur minimale Modifizierungen und geringer Kostenaufwand notwendig wären, um die Waffe anschließend für die Integration auf Schiffen der ARLEIGH BURKE-Klasse (DDG-51) vorzubereiten. Die Waffe soll der Abwehr von Überwasserzielen und Luftzielen dienen, erklärte Northrop Grumman in der Pressemeldung vom 23. Dezember. Sidney E. Dean

Probleme bei Privatisierung Bekanntlich tut sich die Linksregierung Griechenlands schwer, die Auflagen ihrer internationalen Geldgeber hinsichtlich der geforderten Privatisierungen zu erfüllen. Das gilt auch für den Haupthafen des Landes Piräus. Um die Übernahme der ausgeschriebenen Mehrheitsbeteiligung von 67 Prozent an der Hafenbetriebsgesellschaft bemüht sich seit Monaten die chinesische COSCO, die auch bereits jetzt schon erfolgreich zwei Containerterminals im Hafen betreibt. Angeblich sei deren Angebot nicht ausreichend, heißt es vonseiten der griechischen Privatisierungsagentur. Man erwarte Nachbesserungen. HJW

Erste Umrüstung

China im Visier

Nach der Umrüstung der Borkumfähre „Ostfriesland“ soll nun erstmals ein ContainerFeederschiff von Schweröl auf den Betrieb mit verflüssigtem Erdgas (LNG) umgerüstet werden. Es ist die 2011 von einer chinesischen Werft an die in Haren an der Ems ansässige Reederei Wessels abgelieferte „Wes Amelie“ mit einer Stellplatzkapazität von 1.036 TEU. Die Umbaukosten werden auf ca. 5 Mio. Euro geschätzt, an denen sich die Bundesregierung im Rahmen ihrer Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie mit einem siebenstelligen Betrag beteiligt. HJW

Mit Blick auf die wachsende Mittelschicht im Reich der Mitte hat die zum US-amerikanischen, weltgrößten Kreuzfahrt-Konzern Carnival Corp. gehörende Costa Gruppe/Costa Asia einen Vorvertrag mit der italienischen Fincantieri Werft über den Bau von zwei Luxuslinern unterzeichnet. Sie sollen speziell für die Bedürfnisse des asiatischen Publikums konzipiert sein und bei einer Vermessung von 135.500 GT jeweils 4.200 Passagieren Platz bieten. Ihre Indienststellung ist für 2019 und 2020 vorgesehen. HJW

Senkrechtstartendes Bord-UAV für Zerstörer Die Firma Northrop Grumman entwickelt im Auftrag des Pentagons ein senkrechtstartendes UAV für den Einsatz auf LCS, Fregatten, Zerstörern und Kreuzern. Das UAV soll eine mittlere Flughöhe und eine große Reichweite beziehungsweise lange Flugausdauer aufweisen (MALE – Medium-Altitude, Long-Endurance). Diese Schiffstypen sollen hierdurch einen Aufklärungs- und Überwachungshorizont erhalten, der bisher nur durch land- oder flugzeugträgergestützte weitreichende Aufklärungsflugzeuge geboten wird. Die Nutzlastkapazität beträgt 272 kg, die Einsatzreichweite 900 Seemeilen.

wird das UAV ähnlich einer Rakete in die senkrechte Stellung gebracht, das Abheben erfolgt im Hubschraubermodus. Nach dem Abheben erfolgt der Übergang in die horizontale Fluglage. Die Landung erfolgt wiederum senkrecht. Neben Sensoren soll dass UAV auch Luft-BodenWaffen unter der Tragfläche führen. Der am 24. Dezember vergebene Auftrag erfolgt im Rahmen des TERN Entwicklungsprogramms (Tactically Exploited Reconnaissance Node). Hiermit beginnt Phase 3 des 2013 eingeleiteten TERN-Programms. In dieser Phase muss Northrop Grumman den Prototypen bau-

Genting kauft Lloyd Werft Genting Hongkong, Teil des malaysischen Genting-Mischkonzerns, übernimmt die Lloyd Werft Bremerhaven AG nach Wahrnehmung einer entsprechenden Option jetzt komplett. Das Geschäft soll einen Wert von 16,47 Mio. Euro haben. Genting hatte bereits im September des Vorjahres eine Mehrheit erworben bei gleichzeitiger Bestellung von drei Luxuskreuzfahrtschiffen und zunächst zwei, dann vier Flussfahrtkreuzfahrtschiffen. HJW MarineForum 3-2016

Phantomzeichnung TERN im Flug (Grafik: Northrop Grumman) Der Rumpf besteht aus einem „Nurflügler“. Diese durchgehende Tragfläche hat eine Spanne von 12,2 Meter. Am Bug sind zwei sich gegenläufig drehende Propeller mit rund vier Meter Durchmesser hintereinander montiert. Für den Start

en und die Einsatztauglichkeit des UAV nachweisen. Phase 3 mündet in die Erprobung auf See. Die Seeerprobung erfolgt auf einem Zerstörer oder einem Schiff mit einem Flugdeck der gleichen Größenordnung. Sidney E. Dean

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Wettbewerbs-Ausschreibung Herausragende wissenschaftliche Arbeiten der historischen Wissenschaft und Forschung zur Geschichte der Schifffahrt und Marinen in deutscher Sprache

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ie Stiftung zur Förderung der Schifffahrts- und Marinegeschichte vergibt 2016 zum zweiten Mal ihren mit 10.000 € dotierten Stiftungspreis, mit dem herausragende, aktuelle und innovative Studien zur Schifffahrts- und Marinegeschichte ausgezeichnet werden sollen. Der Berliner Unternehmer und ehemalige Marineoffizier der Crew I/43, Dietrich Redell, hatte zusammen mit seiner Frau Ute die Stiftung 2013 mit dem Zweck gegründet, deutschsprachige Arbeiten aus dem Bereich der Geschichts- und Kulturwissenschaften und vergleichbaren Disziplinen zur Geschichte der Schifffahrt und Marinen zu würdigen. Die Stifter sind der Überzeugung, dass insbesondere die Historie der Seefahrt und Marinen zu fördern sind. Sie möchten damit die öffentliche Diskussion und Bewusstseinsbildung über die Bedeutung von Schifffahrt und Marinen in

Stifter und Vorsitzender der Stiftung, Dietrich Redell (links im Bild), und sein Stellvertreter, Lutz Adam (rechts) (Foto: nn) gesamtgeschichtlichen Zusammenhängen fördern. Wünschenswert wäre ihnen darüber hinaus, wenn die Ergebnisse ebenso neue Betrachtungsweisen liefern und somit zu einem besseren gegenseitigen Verständnis der beteiligten Nationen führen würden. Der Stiftungspreis wurde am 5. November 2014 zum ersten Mal vergeben. Bei der ersten Preisverleihung mit anschließendem Empfang im Bankhaus Sal. Oppenheim in Berlin-Mitte waren neben zahlreichen Gästen aus dem maritimen und wissenschaftlichen Umfeld die Eheleute Redell persönlich anwesend, ebenso der Düsseldorfer Rechtsanwalt Lutz Adam als stellvertretender Vorsitzender der Stiftung sowie der Berliner Bankmanager André Nütz als deren Finanzvorstand (s.a. MF 1/2-2014 S. 40). Aus den 24 Bewerbungen hatte die Jury eine Preisträgerin und zwei Preisträger ausgewählt: Den ersten Preis erhielt die Rostocker Historikerin Franziska Cammin für ihre Dissertation über „Die Deutsche Seereederei als Staatsreederei der DDR – Die Handelsflotte zwischen staatlicher Kontrolle und Freiheit auf See“, für die die Historikerin zahlreiche Interviews mit Angestellten der ehemals staatlichen Reederei führte. Den zweiten Platz verlieh die Jury Sebastian Diziol aus Hamburg für seine Dissertation „Deut-

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sche, werdet Mitglied des Vaterlandes! Der Deutsche Flottenverein 1898-1934“. Der dritte Preis ging an den Kölner Althistoriker Michael Kleu für seine Dissertation über „Die Seepolitik Philipps V. von Makedonien (221-179)“. Der wissenschaftliche Beirat der Stiftung bildet zugleich die fünfköpfige Jury, die die Preisträger im Zweijahresturnus nominiert. Sprecher dieser Jury ist Prof. Dr. Jürgen Elvert, Inhaber des Jean Monnet-Lehrstuhls für Europäische Geschichte am Historischen Institut der Universität zu Köln. Die weiteren Mitglieder der Jury sind Prof. Dr. Michael Epkenhans, Leitender Wissenschaftler des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw) und Apl. Professor für Neuere Geschichte an der Universität Hamburg sowie Lehrbeauftragter an der Universität Potsdam, KptzS Dr. Jörg Hillmann, Capability Manager in der Europäischen Verteidigungsagentur in Brüssel, Prof. Dr. Sönke Neitzel, Inhaber des Lehrstuhls für Militärgeschichte und Kulturgeschichte der Gewalt an der Universität Potsdam für International History an der London School of Economics and Political Science sowie Prof. Dr. Markus A. Denzel, Inhaber des Lehrstuhls für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte am Historischen Seminar der Universität Leipzig. Die zweite Verleihung des Stiftungspreises wird voraussichtlich im November 2016 stattfinden. Herausragende, aktuelle und innovative Studien zur Schifffahrts- und Marinegeschichte können selbstständig eingereicht werden. Dazu zählen u.a. archivgestützte Magister- und Masterarbeiten, Dissertationen, Habilitationen oder Sachbücher, aber auch innovative wissenschaftliche Aufsätze. Bewerbungen für den Preis können bis zum 31.3.2016 eingereicht werden. Die Unterlagen sind dem Sprecher des Beirats entweder per Email als PDF-Datei oder auf dem Postweg in fünf Exemplaren zu übermitteln. Der Bewerbung beizufügen ist ein Lebenslauf des/ der Bewerber/in/s. Vorschläge Dritter sind nicht möglich. Folgende Punkte sind bei der Bewerbung zu beachten: X Es kann nur eine Arbeit pro Bewerber/in eingereicht werden. X Die Arbeit muss in deutscher Sprache verfasst sein. X Sammelbände können bei der Preisvergabe nicht berücksichtigt werden. X Bei Einreichung der Unterlagen auf dem Postweg bitte die Postanschrift des Sprechers des Wissenschaftlichen Beirats benutzen (s.u.). Bei Einreichung der Unterlagen per Email nutzen Sie bitte folgende Mailadresse: martina.elvert@uni-koeln.de X Ende der Bewerbungsfrist: 31. März 2016 X Bekanntgabe der Jury-Entscheidung: voraussichtlich im Juli 2016 Postanschrift Sprecher des wissenschaftlichen Beirats und der Jury: Prof. Dr. Jürgen Elvert Jean Monnet-Lehrstuhl für Europäische Geschichte Historisches Institut Gronewaldstraße 2 50931 Köln Email: jelvert@uni-koeln.de MarineForum 3-2016


„Kalt, aber heiß – die Nordflanke“ 56. Historisch-Taktische-Tagung (HiTaTa) der Marine Heinrich Walle

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it 520 Teilnehmern, Marineoffizieren und einigen geladenen Gästen, hatte die 56. Informationstagung nach dem Prinzip „Aus der Marine für die Marine“ den bisherigen Teilnehmerrekord erreicht. Nach der Begrüßung durch den Stellvertreter des Inspekteurs der Marine, Vizeadmiral Rainer Brinkmann, begann der Vortragszyklus von fünf Fach- und einem Gastvortrag sowie einem Kommentar des Inspekteurs der Königlich Dänischen Marine, Konteradmiral Frank Trojahn. Die Ansprache des Inspekteurs der Marine, Vizeadmiral Andreas Krause, beendete die Veranstaltung (s.a.S. 4). In seiner Einleitung zum Tagungsthema benannte Vizeadmiral Brinkmann fünf Schwerpunkte, unter denen die Thematik zu betrachten ist: Beginnend mit dem Hinweis auf den medialen und tagespoliti-

Vizeadmiral Rainer Brinkmann

„Die Entwicklung des Nordflankenraumes zur Arena maritimer Auseinandersetzungen bis 1939“ einen geschichtlichen Abriss über die politische und strategische Entwicklung des nordeuropäischen Raumes einschließlich der angrenzenden Seegebiete von der Ostsee bis zur Barentssee vom Mittelalter bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges vor. Insgesamt wurde hier ein Bogen über ein Jahrtausend Geschichte geschlagen – von der Erschließung dieses Raumes während der Wikingerzeit, über die Vertiefung der wirtschaftlichen Beziehungen während der Hansezeit, den Kampf zwischen Dänemark und Schweden um die Vorherrschaft im Ostseeraum, den Aufstieg Russlands zur nordischen Großmacht, bis hin zur Rolle des Nordflankenraumes im Ersten Weltkrieg.

Konteradmiral (DK) Frank Trojahn

OLt zS Benjamin Bachmann (Fotos: Marine)

schen Aspekt, der dem arktischen Raum Relevanz verleiht, leitete er auf den geografischen und konzeptionellen Zusammenhang über. Als dritten Schwerpunkt erkannte er den historischen Rahmen und verwies dann auf den vierten Schwerpunkt, den klimatischen Kontext, weswegen der Nordflankenraum von besonderem Interesse ist. Als letzten und fünften Themenschwerpunkt betonte er, dass die sicherheitspolitischen Beziehungen des Nordflankenraumes nicht zu vernachlässigen sind. Der Chefhistoriker des Deutschen Marinebundes, Fregattenkapitän d.R. Dr. Jann Witt, legte als Fachhistoriker und Reserveoffizier in einem „Impulsreferat“ unter dem Thema

Oberleutnant zur See Benjamin Bachmann trug zum Thema: „Der Kampf um das Nordmeer im Zweiten Weltkrieg“ vor. In seinem Referat erläuterte er die wirtschaftliche und strategische Bedeutung Nordeuropas und der Nordflanke für die Kriegsführung der Achsenmächte und der Alliierten im Zweiten Weltkrieg. Ein besonderes Augenmerk richtete er auf die nordeuropäischen Seegebiete von der Ostsee bis zur Barentssee einschließlich des Nordatlantiks. So konnte er schwerpunktmäßig die These vertreten, dass der Zweite Weltkrieg an der Nordflanke entschieden wurde. Mit der strategischen Bedeutung des Nordflankenraumes für die NATO während der Zeit des Ost-West-Konfliktes befasste sich der Vor-

Wrack von SMS „U31“nach 101 Jahren identifiziert Am 13. Januar 1915 lief das am 7. Januar 1914 bei der Kieler Germania Werft vom Stapel gelaufene U-Boot „U31“ von Wilhelmshaven zu seiner ersten Feindfahrt aus. „U31“ war am 19. September 1914, mithin sechs Wochen nach Kriegsbeginn, in Dienst gestellt worden. Das Boot sollte vor der englischen Ostküste operieren, galt aber schon bald als verschollen, da es keine Funkmeldungen oder Versenkungshinweise von der Royal Navy gab. Im September 2012 wurde bei Untersuchungen des Meeresbodens vor der schottischen Küste in 30 m Tiefe ein noch gut erhaltenes Wrack geortet. Drei Jahre später konnte von Marinetauchern der niederländischen Marine an Hand von Fundstücken das Wrack als „U31“ identifiziert werden. Offenbar war das Boot durch Minentreffer an Bug und Heck zum Sinken gebracht worden. Auf „U31“ kam die gesamte Besatzung, insgesamt 31 Mann, ums Leben. Um die Totenruhe nicht zu stören, werden das Wrack und damit die sterblichen Reste der Besatzung vor Ort belassen. Heinrich Walle

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trag von Kapitänleutnant Alexander Heinrich „Die Nordflanke – Achillesferse des nordatlantischen Bündnisses“. Der Autor analysierte unter besonderer Berücksichtigung des nordeuropäischen Raumes die strategische Situation in Europa während des Kalten Krieges und die potenzielle Bedrohung des NATO-Gebiets durch die See-, Land- und Luftstreitkräfte des ehemaligen Warschauer Paktes. Angesichts einer Einschätzung des Nordflankenraums als Aufmarschgebiet der Sowjetflotte für einen Angriff auf die atlantischen Seeverbindungen der Allianz ging er der Frage nach, ob die Nordflanke zu dieser Zeit die Achillesferse der NATO war.

KptLt Alexander Heinrich

KptLt Viktoria Wirkner

Frau Kapitänleutnant Victoria Wirkner, eine akademisch ausgebildete Meteorologin, sprach zum Thema: „Ende der Eiszeit – Implikationen des Klimawandels im Norden“ über den Klimawandel und dessen mögliche Auswirkungen auf die Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland und die Rolle der Deutschen Marine. Die fachlich ausgewiesene Referentin wies an Hand des aktuellen Forschungsstandes der Klimaforschung auf mögliche globale Auswirkungen des Klimawandels hin. So handelt es sich dabei unabhängig von den durch Menschen verursachten Faktoren grundsätzlich um ein natürliches Phänomen, da auch in der Vergangenheit die klimatischen Verhältnisse auf der Erde starken Schwankungen unterworfen waren. Vornehmlich im Bereich der Arktis konnte sie potenzielle neue Konfliktherde identifizieren, was durch die Erschließung neuer Seewege, den Zugang zu neuen Rohstoffressourcen und den vermuteten Anstieg des Meeresspiegels bedingt ist. Davon sind die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Marine vermutlich nicht direkt, aber im Rahmen der Bündnisverpflichtungen mit Sicherheit mittelbar betroffen.

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„Die Ostsee zwischen Konflikt und Kooperation in Gegenwart und Zukunft“ lautete das Thema des Vortrages von Oberleutnant zur See Janine Pirrwitz, der sich mit dem Ostseeraum seit dem Ende des Kalten Krieges befasste. Die Referentin legte eine Analyse der engen Verknüpfung von wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Interessen der Ostseeanrainerstaaten vor. Dabei untersuchte sie die seither entwickelten Formen der internationalen Kooperation sowie mögliche aktuelle und zukünftige Konfliktfelder. Angesichts der veränderten sicherheitspolitischen Lage in Europa wachsen auch im Ostseeraum die Risiken. Dennoch kam die Vortragende nicht umhin

OLtzS Janine Pirrwitz

festzustellen, dass eine stabile Friedensordnung im Norden Europas ohne die Einbindung Russlands unmöglich ist. Den wohl aktuellsten Bezug zum Tagungsthema hatte der Vortrag „Widerstreitende Interessen und Strategien im Hohen Norden im 21. Jahrhundert“ von Kapitänleutnant Laura Ohlendorf. Ausgehend von der Annahme des Raumes der „Arktis“ als mögliches und zukünftiges Konfliktfeld analysierte die Referentin die potenziellen Konfliktlinien zwischen den Anrainerstaaten, wobei sie auch auf die zunehmende arktische Präsenz Chinas einging. Eine besondere Betrachtung galt der Bedeutung der arktischen Identität Russlands und deren nationalistischen Instrumentalisierbarkeit. Dabei wies sie daraufhin, dass Russlands arktische Territorialansprüche, in Verbindung mit dem Ausbau seiner militärischen Fähigkeiten, viele Anrainerstaaten verunsichert haben. Letztlich ging es um die Frage, wie eine zukünftige arktische Sicherheitsstruktur und Deutschlands sicherheitspolitische Positionierung in diesem Bereich aussehen kann. Den Vortragszyklus beendete Fregattenkapitän und Kapellmeister Friedrich Sze-

pansky mit einem Einblick in die maritime Musikwelt: „Die Militärmusik der Marine im kulturellen Leben der Stadt Kiel – ein Streifzug“. Von Tonbeispielen untermauert, vermittelte der Leiter des Marinemusikkorps Kiel einen faszinierenden Einblick, welch prägende Rolle die Militärmusik und hier ganz besonders Formationen der Marine, in den letzten 150 Jahren in Kiel hatten. Überzeugend konnte Kapellmeister Szepansky darstellen, dass vor der Verbreitung des Rundfunks gerade Militärkapellen entscheidende Vermittler der Musikkultur waren und Militärmusik bis heute eine hohe identitätsstiftende Wirkung besitzt.

KptLt Laura Ohlendorf Unmittelbar vor den Abschiedsworten des Inspekteurs der Marine, Vizeadmiral Krause, kommentierte der Inspekteur der Königlich Dänischen Marine, Konteradmiral Frank Trojahn, zum Thema „Nordflanke und Arktis – Eine dänische Perspektive“ als hochrangigster Ehrengast der 56. HiTaTa die Rolle unseres NATO-Partners an der Nordflanke. Durch Grönland als größte Festlandmasse in der Arktis, das zu Dänemark gehört und verwaltet wird, hat das kleine Land als NATO-Partner ausgeprägte politische und sicherheitspolitische Interessen in dieser Region. In den fünf Fachbeiträgen wurden von jungen Marineoffizieren nach einer professionellen Einleitung durch einen Fachhistoriker eine argumentativ solide fundierte Blickrichtung unserer Marine auf die Nordflanke auf überzeugende Weise vollzogen. Damit wurden notwendige und in die Zukunft weisende Wege beschritten. Was Konteradmiral Rolf Johannesson, der erste Befehlshaber der Flotte, 1957 als ein Forum des Gedankenaustausches von Marineoffizieren ins Leben gerufen hatte, trug auch nach bald sechs Jahrzehnten auf der 56. Historisch-Taktischen-Tagung reiche Früchte. L MarineForum 3-2016


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Elektronischer Kampf der Marine Positionsbestimmung und Zielrichtung Dirk-Peter Voss

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en Bereich Elektronischer Kampf (EK) der Marine zu vertreten, stellt seine Sachbearbeiter immer wieder vor Herausforderungen, da seine Effekte oft nur mittelbar oder im wahrsten Sinne des Wortes unsichtbar zu einer Zielerreichung führen. Dabei sollte es jedem bewusst sein, der kinetische Waffen zur Zielerreichung einsetzt, dass ohne die Ermittlung und Verwertung von durch den EK gewonnenen Daten Ziele meist nicht hinreichend verifiziert und Kollateralschäden nicht minimiert werden können. Auch die Rolle, die der „Elektronische Kampf“ im Bereich der „Situational Awareness“ (SA) und des Eigenschutzes einer Einheit hat, darf nicht unterschätzt werden. Um das Thema eingrenzen zu können, merkt der durch vergleichsweise herausfordernde Terminologiearbeit gestählte Verfasser hier lediglich an: Der Elektronische Kampf der Marine (EK M) findet „plattformgebunden“ statt. Weiterhin hat die Luftwaffe Pilotfunktion für den EK aller fliegenden Waffensysteme (auch jene des Marinefliegerkommandos) und das Heer bzw. ggf. das Kommando Strategische Aufklärung (KdoStratAufkl) ebendiese Pilotfunktion für die geschlossenen Landverbände der Marine (Seebataillon, Kommando Spezialkräfte der Marine). Damit verbleiben als vorrangige Zielobjekte (Großsysteme) für die Weiterentwickler „EK“ der Marine Fregatten, Korvetten, Minenkampfeinheiten und – aufgrund ihres typischen Einsatzprofiles eingeschränkt – U-Boote. Auch Unterstützungseinheiten sind potenzielle Träger von kleineren Systemelementen, die dem EK zuzuordnen sind. Schiffe und Boote der Marine erfassen die Umgebung und wirken im Umfeld X oberhalb der „maritimen Grenzschicht“ (eingeschränkt) akustisch, im Elektromagnetischen Spektrum (EMS) und/oder kinetisch, X unter Wasser hydroakustisch und/oder kinetisch. Dieses alles geschieht, bis auf wenige Ausnahmen abgesehen, immer mit Unterstützung von Elektronik. Der hier beschriebene Elektronische Kampf charakterisiert sich jedoch nicht durch das „Vehikel“ Elektronik, sondern durch das gezielte Wirken in einem (kleinen!) Teil des Elektromagnetischen Spektrums.

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Ob „Überwachen und Wirken“ immer gleich „Kampf“ ist, ist dabei immer wieder Grundlage von Diskussionen, die nur schwer zu einem Ergebnis führen, da hier einfach die Auffassungen innerhalb der Betroffenen auseinanderliegen. Die für die Marine im Bereich EK wichtigen Rahmenparameter auch anderen Bereichen der Bundeswehr klarzumachen, deren Unterschiede und Besonderheiten hervorzuheben, ist regelmäßig eine Herausforderung. Aber es gibt ein paar einfach nachvollziehbare Fakten: X Ein Schiff ist ein ausgedehntes Ziel (Deutsche Marine: bis 170 m Länge) mit ausgeprägten Signaturen elektromagnetischer (und nicht-elektromagnetischer) Art. X Ein Kriegsschiff weist einen extremen Integrationsgrad an Sensoren, Effektoren und Kommunikationsmitteln auf denkbar kleinem Raum auf (damit auch eine ausgeprägte elektromagnetische Verträglichkeits-Problematik), der von Systemen anderer OrgBer nicht erreicht wird. X „Radar“ ist das wichtigste elektromagnetische „Tool“ eines Kriegsschiffes und seiner Waffen, noch vor den Kommunikationsmitteln. X Ein Schiff ist ein vergleichsweise langsames, behäbiges Ziel und kann Bedrohungen nicht im Stile eines Luftfahrzeuges ausmanövrieren. X Die See bietet – egal, bei welchem Seegang – keine Deckung und eine „Tarnmöglichkeit“ ergibt sich nur auf große Distanz (Horizontnähe) oder ggf. bei Dunkelheit. X In der Abwehr von (zumeist Radar gelenkten) Seeziellenkflugkörpern spielt der EK Marine eine entscheidende Rolle. X Gestützt auf internationales See- und Völkerrecht, können Schiffe sich an fremde Landgebiete bis auf Sichtweite annähern, dort sehr lange verweilen und in jeder Form „beobachten“; eben auch Aktivitäten im Elektromagnetischen Spektrum (EMS). X Wird von diesem fremden Territorium dann aber ein Angriff, insbesondere mit Lenkflugkörpern (LFK) ausgeübt, bleibt nur eine kurze Reaktionszeit, und dann sind einige der vorangestellten Strichaufzählungen die vorherrschende Problematik. X Der EK der Deutschen Marine ist grundsätzlich „defensiv“; eingeschränkt „offensiv“ ist er, wenn er indirekt durch Elektronische

Unterstützungsmaßnahmen (EloUM)-Erkenntnisse zu einer Zieldatensammlung für offensiv eingesetzte, kinetische Waffen beiträgt.

Positionsbestimmung und Zielrichtung In den 25 Jahren, die seit dem Ende des Kalten Krieges vergangen sind, sind 4 Schiffsklassen für die Deutsche Marine entworfen oder gebaut worden. Das „Set“ der realen und denkbaren Einsatzszenarien sowie die politisch-strategischen Vorgaben haben sich erheblich verändert und erweitert. X Re-Fokussierung auf Landes- und Bündnisverteidigung mit intensivierter Kooperation und Koordination mit lokalen Partnern, aber auch X Durchführung nahezu polizeilicher Aufgaben fern der Heimat und auf Hoher See (Piratenbekämpfung, Flüchtlingshilfe), X die Verschiebung des Schwerpunktes der Aufgabendurchführung ins „Litorale“ (Küstennähe), damit X zunehmend asymmetrische Bedrohung der Einheiten durch „eher“ nicht-staatliche Akteure. Wirkmittel sind hier potenziell unbemannte Systeme (ugs. „Drohnen“) verschiedenster Einsatzart (einzeln / Schwarm), Größe und Payload, ungelenkte Raketen, Artillerie einschl. Mörser, aber auch „kleinere“ Lenkflugkörper! Es ist klar, dass die klassischen Aufgaben des EK, wie ihr Beitrag zur ASMD (Anti-Ship Missile Defense) gegen schwere, dennoch kurz vor Endanflug hart manövrierende, selbstlenkende Flugkörper im FähigkeitenPortfolio verbleiben müssen. Die „HardkillSysteme“ benötigen trotz kontinuierlicher Modernisierung in Zukunft mehr komplementäre Unterstützung durch die „Softkill-Systeme“, als gemeinhin wahrgenommen wird. Die Realisierung neuer, erforderlicher „(Teil)Fähigkeiten“ für das Überwachen und Wirken im Electro Magnetic Spectrum (EMS) stehen bei immer noch wenig Spielraum bei militärischen Investitionen im Konkurrenzkampf mit anderen Hochwert-Systemen, wobei zusätzlich die überproportionale Preissteigerung in nahezu allen Bereichen der Wehrtechnik erkannt werden muss. MarineForum 3-2016


Systemübersicht KORA-18 (F125), © GEDIS Hier wäre es hilfreich, für die Systeme, die sich nicht durch imposante Vorführungen „verkaufen“ lassen, mit einem festen und ausreichenden Teilbudget von um die 4 % des Gesamtsystempreises für „ÜWiEMS“ (ohne Großradare) bei der Beschaffung neuen Großgerätes zu versehen, damit diese Systeme den aktuellen und zukünftig absehbaren Anforderungen im Zusammenspiel mit den anderen Sensoren und Wirkmitteln gerecht werden können. Es ergeht deshalb auch ein Aufruf „an die Rüstung“, den Kopf freizumachen von konventionellen, althergebrachten Vorstellungen und sich zu öffnen für innovative Anwendungen; gleichzeitig sollten die militärischen „Konzeptionäre“ den EK von teilstreitkraftspezifischen Vorstellungen loslösen und ihre Vorstellungswelt erweitern. Wir müssen in Zukunft in der Lage sein, auch andere Nutzungen des EMS wahrzunehmen, um auch auf asymmetrische, unkonventionelle oder nur relativ neue Bedrohungen für unsere Plattformen überhaupt reagieren zu können.

vigationsradaren und Fernmeldeanwendungen (gewollt) kurzer Reichweite sind hier aber Sekundärfrequenzen von Feuerleitradaren (zur Ausblendung von Spiegeleffekten an der Meeresoberfläche) und mit zunehmender Tendenz aktive Zielsuchköpfe von LFK asiatischer Herkunft versammelt. Letztere sind durch wenig restriktiven Rüstungsexport auch für Einsatzgebiete der Deutschen Marine relevant. Ihre mmW-Bauteile sind mittlerweile fertigungstechnisch ausgereift und erschwinglich und nach Baugröße und Sensorreichweite auch für kleinere Flugkörper geringerer Reichweite optimiert. Um diesem zu begegnen, ist zurzeit eine mmW-EloUMFähigkeit mindestens für MKS 180 geplant. Als Gegenmaßnahme im Rahmen der Anti-Ship Missile Defence (ASMD) ist eine bereits erprobte Payload-Variante für das Multi Ammunition Softkill System (MASS) in der Umsetzung. Andere Marinen, wie z.B. die aus Kanada oder Israel, vertrauen hier eher dem Ansatz „Aktiv-EloGM“ (Stör- und/ oder Täuschsender). Ideal ist natürlich eine kombinierte Lösung.

Radar-EloUM und -EloGM im „mmW “-Frequenzbereich

Fernmelde-EloUM und -EloGM

Eine Erweiterung für diesen Frequenzbereich wird seit etwa 15 Jahren durch die Marine gefordert. Das sogenannte K-Band (20-40 GHz) ist im Vergleich zu anderen Radarfrequenzbändern auf See aufgrund geringer Tragweite vglw. wenig genutzt. Neben Nahbereichsna-

Im Gegensatz zur Fernmeldeaufklärung, dem „Hoheitsgebiet“ des Kommandos Strategische Aufklärung (KSA), wird die Deutsche Marine zukünftig mit KORA-18 auf der BADEN-WÜRTTEMBERG-Klasse (F125) Fernmelde-EloUM (engl. Comms ESM, CESM) betreiben.

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Der kleine, aber feine Unterschied ist hierbei, dass man nicht versucht, in die Nachrichteninhalte einzudringen; sondern durch Analyse der äußeren, modulationsbestimmten Parameter (NATO-Begriff: COMEXT, Comms Externals) und der Lokalisierung von Ausstrahlungen oder der Abweichung vom Normalverhalten (plötzliche, andauernde „Silence“ oder hektische Zunahme von Funkverkehr) gewisse taktische Rückschlüsse zieht. Relativ sicher ist hier, dass es nach überraschenden Anfangserfolgen etwa ein Jahrzehnt dauern wird, bis die Marine die Möglichkeiten eines derartigen Systems in vollem Umfang nutzen kann und die Sensorik mit ihren Möglichkeiten durch die taktische „Community“ als selbstverständlich hingenommen und genutzt wird. Es wird zudem der Unterstützung des KSA bedürfen. Letzteres gilt auch, will man zukünftig eine „FmEloGM“-Fähigkeit an Bord installieren. Wenn man in der Lage ist, Fernmeldeverkehr zu observieren, kann man diesen im Prinzip auch unterbinden. Vorstellbar ist so etwas durchaus, etwa als nicht in jedem Einsatz erforderliche „add-on“-Fähigkeit, unter Nutzung bereits an Bord installierter Antennen und durch Einbringen eines zusätzlichen (starken) Senders. Im Gegensatz zur grundsätzlich „monostatischen“ Situation beim Radarstören (Sender und zu störender Empfänger am gleichen Platz) ist bei der FmEloGM die Wirksamkeit aber zusätzlich von der Dreiecksgeometrie

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Sender-Empfänger-Störer abhängig. Die Verbringung von „verdeStehen Sender und Empfänger zu nackend“ eingesetzten Wirkmashe beisammen, verglichen mit dem sen, im (elektro)optischen und Abstand Störer-Empfänger, wird die Infrarotbereich wirksam, wird EloGM nicht erfolgreich sein. Ebenbei Modernisierung der Payloadfalls problematisch ist das Unterbin„Chemie“ einen Teil der Funktiden von modernen, dezentralisierten on der ein Schiff nachbildenden Fernmeldeverbindungen (hier müs„Täuschkörperei“ übernehmen und als Ansatz bei der Abwehr sen alle Stationen „unterdrückt“ werden) oder solchen, die sich in großen elektrooptisch geleiteter gegneriTeilen auf Kabelverbindungen stütscher Systeme und vor allem von zen, der Küste aus gelenkter BedroFür bestimmte taktische Situahungen dienen. tionen jedoch, beispielsweise zum Es bleibt die Frage, was die Funk„Entkoppeln“ angreifender Lufttion des Düppels bei der Abwehr fahrzeuge von ihrer landgestützder Vielzahl Radar gelenkter Bedroten Leitstation wird eine derartige hungen dauerhaft ersetzen wird. Störmöglichkeit ausreichen, um efMittelfristig planen verschiedefektiv zu sein. ne NATO-Marinen den Einsatz von Das Stören von Sprungfrequenzmehrfach nutzbaren „Offboardverbindungen ist bei ausreichen- OCR auf MASS-Werfer und im Sinkflug, © Rheinmetall W&M RCS-Erzeugern“ oder „Offboard der Beobachtungszeit und -situaJammern“. Die US-Navy, Kanada, Australien und die Royal Navy haben hier chen durch nahezu frei programmierbare, tion heute ebenfalls ein technisch gelöstes Problem; es darf allerdings nicht vergessen leistungsfähige Signalverarbeitung. Dieschon die miteinander verwandten Systeme werden, dass bei einer Plattform „Schiff“ se ist zwar weiterhin erheblich gefordert NULKA und SIREN im Einsatz; diese sind und zu geringer frequenzseitiger Separadurch die hohe Annäherungsgeschwindigallerdings nur einmalig benutzbar und antion (zu eigenen Fernmeldeverbindungen) keit und die uneinheitlichen atmosphärischließend sinkt ein hoher sechsstelliger immer die Gefahr der Eigenstörung lauert. schen Ausbreitungsbedingungen; man Dollarbetrag dem Meeresboden entgegen. Solche Systeme müssen also einem intenmuss aber dennoch kein großer Prophet Daher wird mit verschiedenen „rückholbasiven und zeitraubenden Integrationstest sein, um das nahende Ende des „Düppelren“ UAV- oder USV-Plattformen und verunterzogen werden. zeitalters“ im maritimen Szenario vorherschiedenen Nutzlasten experimentiert. zusagen. Die Deutsche Marine experimentiert hier Nach stufenweise im Rahmen von seit einigen Jahren mit verschiedenen VaScheinzieleinsatz und „PARMA“ durch die Marine erfolgreich ausrianten des Demonstrators „Loreley“ und Schiffsignatur geführten Feldversuchen mit an Fallschirkonnte dabei seine prinzipielle Wirksam„Scheinziele“ dienen zumeist dazu, durch men hängenden „Offboard Corner Refleckeit nachweisen. Es gibt schon ausgereifte Radar- oder Infrarotzielsuchköpfe autotors“ (OCR), ist geplant, diese in Kombination Ideen über die Einsatzverfahren, Datenannom gelenkten Flugkörpern in der Nähe des Schiffes attraktive Alternativziele zu generieren, die sie im Endanflug anstelle eben dieses Schiffes anfliegen und dadurch den Schutz von Schiff und Besatzung sicherzustellen. Diese Scheinziele, durch Verbringung von Düppel (engl. Chaff) oder vglw. schnell abbrennendem IR-Payload erzeugt, sind im Prinzip seit einem halben Jahrhundert Stand der Technik. So ist es nicht erstaunlich, dass LFK entwickelnde Ingenieure neue, moderne und auf dem aktuellen Stand der Technik befindliche Flugkörper gegenüber der Möglichkeit dieser Einflussnahme weitgehend immunisiert haben. Die Endanflugparameter Höhe (oft sehr tief), Geschwindigkeit (hoher Unterschall, bei russischer Technologie sehr häufig auch Überschall bis Mach 3) und „Kurs“ werden Demonstrator Loreley im Flug, © Rheinmetall W&M von ihnen zudem so gestaltet, dass die Ortung (Erstentdeckung), Zielverfolgung und der zeitgerechte Effektoreneinsatz – auch mit dem Düppelmaterial so einzusetzen, bindung zur Steuerung, mögliche Trägerdass sie gemeinsam das Radarreflexionsfür die kinetischen „Hardkill-Systeme“ – plattformen und die Schiffsintegration. Es sich als zunehmend schwierig erweisen. verhalten von Überwassereinheiten deutwerden jedoch noch weitere F&T-BemüHinzu kommt bei der FK-Sensorik neuerer lich überzeugender nachbilden; gewisserhungen und -Mittel erforderlich sein, um die Einsatzreife herzustellen. und neuester Generation eine erhebliche maßen als eine Lebenszeitverlängerung für L Fähigkeit zur „Diskrimination“ der traditidas „Prinzip Düppel“. Eine entsprechende Der Beitrag wird in Heft 4/2016 fortgesetzt. onellen Gegenmaßnahmen, im WesentliRüstungsinitiative ist in der Erarbeitung.

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Deutsche Marine Bundeskanzlerin zu Besuch bei der Marine Am 19. Januar überzeugte sich die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel von den Fähigkeiten der Deutschen Marine. Nach der Begrüßung durch den Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Andreas Krause, folgte ein zweistündiges Programm der Einsatzflottille 1, in Verantwortung des Kommandeurs, Kapitän zur See Jan C. Kaack.

sehr stark gefragt. Wir haben wichtige internationale Operationen. Sei es die Begleitung des französischen Flugzeugträgers, sei es die Piratenbekämpfung, die Mission Atalanta, sei es die Flüchtlingsrettung, die in diesem Jahr ganz neu hinzugetreten ist oder eben UNIFIL, der Einsatz vor dem Libanon. Ich konnte mich heute davon überzeugen, dass

das hohe Engagement des Kommandeurs zu verspüren, wenn es um die Motivation, die Einsatzbereitschaft und die Professionalität der Truppe ging. Das Personal sei die knappste und wertvollste Ressource, um die man sich mit allen Mitteln kümmern müsse. Detlefsen: „Wir müssen die Marineflieger in allen Bereichen nachhaltig mit den erforderlichen Ressourcen, Personal, Material und Ausbildungsmitteln stärken, um die absehbar ständigen Einsatzaufga-

Die Bundeskanzlerin im Gespräch mit Kampfschwimmern (Foto: Matthias Letzin) Am Nachmittag konnte sich die Bundeskanzlerin von Bord der Korvette „Braunschweig“, im Rahmen einiger dynamischer Vorführungen, ein genaues Bild von den Fähigkeiten der Einheiten der Einsatzflottille 1 machen. Vom Soldaten des Seebataillons bis hin zum Kommandeur eines Bootsgeschwaders wurden ihr die zahlreichen Facetten des Einsatzspektrums aufgezeigt. „Die Marine ist im Augenblick im Auslandseinsatz

Neujahrsempfang MFG3 Neujahrsempfang in den Räumen des Marinefliegergeschwaders 3 „Graf Zeppelin“ – MFG 3 – aus dem Elbe-Weser-Dreieck. Zum wiederholten Male vermochte es der Gastgeber, der Kommandeur Marinefliegerkommando, Kapitän zur See Hans-Jörg Detlefsen, auch in diesem Jahr, seine zahlreichen Gäste auf eine für ihn typische Art gleichermaßen zu unterhalten und mit den zum Teil lebenswichtigen Problemlösungen der Bundeswehr – speziell des MFG 3 – vertraut zu machen. Nicht ohne Zeichen der Genugtuung konnte der Kommandeur die Erfolge des letzten Jahres würdigen: Der Vertrag für den Hubschrauber Sea Lion wurde im Juni 2015 unterzeichnet. Der MarineForum 3-2016

die Kräfte hier sehr gut ausgebildet und hoch motiviert sind“, äußerte sich die Bundeskanzlerin beeindruckt. Zusätzlich zu den Vorführungen fanden auch persönliche Gespräche mit Führungskräften sowie Soldatinnen und Soldaten statt. Dabei erhielt die Kanzlerin einen sehr tiefen Einblick in deren Einsatzerfahrungen und den täglichen Herausforderungen des Dienstes bei der Marine. PIZM/HL

Vertrag für eine umfassende Runderneuerung des Seefernaufklärers P 3-C Orion wird ihre Einsatzfähigkeit bis mindestens 2025 erhalten. Die Initiative aus dem Marinefliegerkommando zur Beschaffung eines Sea Lynx Nachfolgers wurde von dem Generalinspekteur der Bundeswehr akzeptiert. Dank einer konstruktiven und disziplinierten Zusammenarbeit der Geschwader ist es gelungen, den Ausbildungsstau der fliegenden Besatzungen besser als je zuvor abzubauen. Die neue Start und Landebahn wird seit Ende 2015 in vollem Umfang genutzt …, und zwar auch ohne der Prozessvollkommenheit der bürokratischen Torwächter in vollem Umfang Rechnung zu tragen. Unverkennbar, gerade auch für die Unternehmer unter den Zuhörern, war

ben, sei es in Djibouti, im Mittelmeer, bei der NATO, in der Ostsee und auf den Schiffen der Marine, auch im Kriegseinsatz gegen den IS und nicht zuletzt bei den Dauereinsatzaufgaben SAR und Ölüberwachung, Rechnung tragen zu können.“ Hier auszugsweise zitiert, wandte sich der Kommandeur an die Angehörigen seines Marinefliegergeschwaders. „Soldat sein, ist kein Job wie jeder andere und wird es auch nicht sein. Wir sind anders, aber wir arbeiten, anders als es uns einige Gesellschaftsgruppierungen, Angehörige von politischen Parteien und Medien glauben machen wollen, eben nicht auf eigene eigene Interessen, sondern immer im Kontext mit dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland.“ Stollt/hfm

Richtigstellung Im MF 1/2-2016 ist auf S. 61 oben links das Bild mit einer falschen Bildunterschrift versehen worden. Richtig muss es heißen: Korvettenkapitän Helena Linder-Jeß (Foto: Bundeswehr). Wir bitten, die falsche Angabe zu entschuldigen. hfm

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Deutsche Marine „Legion of Merit“ Kapitän zur See Michael Setzer, Kommandeur Landeskommando Hamburg, wurde durch den US-Botschafter John B. Emer-

bis September 2014, ein. Emerson würdigte in besonderem Maße Setzers Einsatz und Engagement als Präsident des Verbandes der Marineattachés in Washington D.C., dem nicht nur US-Amerikaner, sondern auch über 170 ausländische Marineattachés angehören. Nicht unerwähnt blieben auch Setzers Verdienste bei der erstmaligen Einbindung einer deutschen Fregatte, der FGS „Hamburg“ (F-220), im Zusammenwirken mit einem USUS-Botschafter Emerson (l.) gratuliert Kapitän zur See Setzer. Flugzeugträger bei ihrem unter US-Komson im Beisein der Generalkonsulin Nanmando geführten Einsatz im Arabischen cy Corbett Ende Januar mit dem Orden Meer 2013. hfm „Legion of Merit“im US-Generalkonsulat ausgezeichnet. Botschafter Emerson „Legion of Merit“ ist ein hoher militäriging in seiner ausführlichen Laudatio auf scher Orden, der auch an ausländische OfSetzers hervorzuhebende Verdienste als fiziere und Persönlichkeiten des öffentliMarine- und stellvertretender Verteidichen Lebens verliehen wird. Er wurde am 20. Juli 1942 durch den Kongress der Vergungsattaché an der Deutschen Botschaft in Washington D.C., von Juli 2011 einigten Staaten von Amerika gestiftet.

Neue Entmagnetisierungsanlage für Kriegsschiffe in der Kieler Förde

„Frankfurt am Main“ und „Ludwigshafen am Rhein“ zur Operation Sophia

Anfang Februar erfolgte mit dem ersten Rammschlag das Startsignal für das Setzen von 540 Betonpfählen zum Bau einer neuen Entmagnetisierungsanlage. Zwischen dem Friedrichsorter Leuchtturm und dem Ufer des ehemaligen Marinefliegergeschwaders 5, Kiel Holtenau wird die größte und modernste Entmagnetisierungsanlage in Nordeuropa entstehen. Die Anlage soll ab 2018 zur Vermessung und zur Einstellung der magnetischen Eigenschutzanlagen moderner Kriegsschiffe genutzt werden. Die vom Wasser- und Schifffahrtsamt Lübeck zu bauende Anlage kostet rund 40 Millionen Euro und ist für die Vermessung von Schiffen mit einer Länge von 240 Meter und einer Breite von 80 Meter geeignet. Betreiber der Anlage wird die Wehrtechnische Dienststelle 71 der Bundeswehr in Eckernförde. An der Finanzierung beteiligt sich auch die niederländische Marine, die zukünftig ihre Einheiten in der Kieler Förde vermessen lassen will. Ebenso sollen dort alle U-Boot-Neubauten der Kieler Werft tkMS sowie Schiffe aus Norwegen, Dänemark und Belgien vermessen werden. HL

Der Einsatzgruppenversorger „Frankfurt am Main“ und die Korvette „Ludwigshafen am

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deutsche Korvette an der Operation Sophia teil. Zur Unterstützung der Besatzungen wurde während des dreimonatigen Einsatzes zusätzliches Personal an Bord eingeschifft, dazu zählen Feldjäger, Sicherungskräfte und Ärzte. HL

Niederländischer Austauschoffizier im Marinekommando Rostock Die Kooperation zwischen Deutschland und den Niederlanden wird weiter vertieft. Seit dem 1. Dezember versieht Luitenant Kolonel der Mariniers C. Lankhaar seinen Dienst im Marinekommando Rostock in der Abteilung Planung.

Flottillenadmiral Mannhardt (rechts), Abteilungsleiter Planung im Marinekommando, begrüßte Luitenant Kolonel der Mariniers C. Lankhaar zum Dienstantritt Luitenant Kolonel Lankhaar wird künftig als Verbindungsoffizier im Marinekommando eingesetzt sein. Der Austausch von Offizieren zwischen beiden Marinen ist ein sichtbares Ergebnis der vereinbarten vertieften deutsch-niederländischen Zusammenarbeit. Im Gegenzug wird ein Referent des Marinekommandos im Commando Zeestrijdkrachten der Niederlande in Den Helder eingesetzt. PIZM/HL

Die Korvette „Ludwigshafen am Rhein“ verlässt ihren Heimathafen in Richtung Mittelmeer (Foto: Matthias Letzin/PIZM) Rhein“ verließen am 11. Januar ihren Heimathafen, um gemeinsam an EUNAVFOR MED – Operation Sophia im Mittelmeer teilzunehmen. Während die „Frankfurt am Main“ die Aufgaben des Einsatzgruppenversorgers „Berlin“ übernimmt, nimmt mit der „Ludwigshafen am Rhein“ erstmals eine

Deutsch-israelische Kooperation Am 15. Dezember besuchte der israelische Head of Material Command, Konteradmiral Yossi Ashkenazi, die Deutsche Marine. Ashkenazi ist verantwortlich für die materielle- und logistische Planung der israelischen Marine. Ein Informationsgespräch mit dem Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Andreas Krause, verschaffte ihm einen Überblick über die derzeitige Lage der DeutMarineForum 3-2016


Kommodorewechsel im Marinefliegergeschwader 3 „Graf Zeppelin“ Der Kommandeur des Marinefliegerkommandos, Kapitän zur See Detlefsen, übergab am 26. November das Kommando über das Marinefliegergeschwader 3 „Graf Zeppelin“ von Fregattenkapitän Per Fritz Weiler an Fregattenkapitän Jörg Matthée. HL

Konteradmiral Yossi Ashkenazi betritt die Korvette „Ludwigshafen am Rhein“ (Foto: Matthias Letzin/PIZM) schen Marine. Die Schwerpunkte des Besuches lagen dabei im Bereich Material und Logistik. Zudem besuchte er im Stützpunkt Warnemünde die Korvette „Ludwigshafen am Rhein“. PIZM/HL

Unterstellungswechsel der „Siegburg“ und „Pegnitz“ Mit den Worten „Wer Minen sucht, ist Gott am nächsten!“ empfing Fregattenkapitän Axel Schrader, Kommandeur des 3. Minensuchgeschwaders in Kiel, die Besatzungen der Hohlstablenkboote „Sieg-

(Foto: Steve Back/PIZM) burg“ und „Pegnitz“ am 11. Dezember zum Unterstellungswechsel vom 5. in das 3. Minensuchgeschwader. Hintergrund des Unterstellungswechsels vom 5. Minensuchgeschwader ist die Neuausrichtung der Bundeswehr. Danach sollen alle Fähigkeiten der Deutschen Marine im Bereich der Seeminenkriegsführung in einem Verband gebündelt werden. Axel Schrader/HL MarineForum 3-2016

bare Zeichen der Verbundenheit der Regierung gegenüber den jeweiligen Verbänden. Der Ministerpräsident des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Erwin Sellering, unterstrich in seiner Ansprache zur Fah-

Fahnenbandverleihung an die Fregatte „Mecklenburg-Vorpommern“ Am 7. Dezember verlieh Ministerpräsident Erwin Sellering das Fahnenband des Landes Mecklenburg-Vorpommern an die gleichnamige Fregatte. Die feierliche Zeremonie fand am Passagierkai in Warnemünde statt. Für die musikalische Untermalung sorgte das Marinemusikkorps Kiel. Fahnenbänder werden in den verschiedenen Armeen als besondere Ehrung vergeben und stellen in Deutschland die höchste Anerkennung dar, die einem Militärverband – und damit auch einem Schiff oder Boot – erwiesen werden kann. Sie sind das sicht-

Vergabe des Fahnenbandes an die Fregatte „Mecklenburg-Vorpommern“ (Foto: Matthias Letzin/PIZM) nenbandverleihung die tiefe Verbundenheit des Landes zu seinem Schützling. Der Kommandant des Schiffes, Fregattenkapitän Christian Schultze, bedankte sich im Namen der gesamten Besatzung für diese Ehrerweisung und Anerkennung des Landes Mecklenburg-Vorpommern. PIZM/HL

Kooperation wird Integration Am 4. Februar unterzeichneten Ursula von der Leyen und ihre niederländische Amtskollegin, Jeanine Hennis-Plasschaert, auf dem niederländischen Joint Support Ship „Karel Doormann“, in Amsterdam die Absichtserklärung, die maritime Zusammenarbeit zwischen ihren beiden Nationen zu verstärken. Damit beschreiten die Marinen der Nachbarländer einen weiteren Meilenstein im Bereich der Internationalen Kooperation. „Die Niederlande und Deutschland verbindet schon seit Jahren eine sehr enge, vertrauensvolle Zusammenarbeit. Und diese vertrauensvolle Zusammenarbeit findet heute, mit der feierlichen Unterzeichnung zweier Abkommen, einen weiteren Höhepunkt. Wir betreten jetzt gewissermaßen Neuland, was die Integration von Streitkräften innerhalb Europas betrifft“, sagte Verteidigungsministerin von der Leyen. „Außerdem ist das eine echte ‚Win-Win-Situation‘. Wir gewinnen Fähigkeiten. Unsere niederländischen Partner gewinnen Effizienz. Und beide Marinen gewinnen gegenseitige Integration auf dem langen Weg zu europäischen Streitkräften“, so der Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Andreas Krause. Der Bereich „Gesicherte Militärische Seeverlegefähigkeit“ entwickelt sich zu einem neuen Leuchtturmprojekt der deutsch-nie-

Ministerinnen präsentieren das unterzeichnete Dokument (Quelle: 2016 Bundeswehr/Kristina Gura) derländischen militärischen Zusammenarbeit. Diese beinhaltet den zuverlässigen Transport von Soldaten und deren Material zwischen Land und See. Dabei geht es vor allem um die gegenseitige Nutzung von Transportmitteln, wie beispielsweise deutschen Marinetransporthubschraubern oder dem niederländischen Schiff „Karel Doorman“, welches bei amphibischen Operationen Unterstützung leistet. Damit gewinnt die Bundeswehr neue Fähigkeiten. Im Gegenzug kann die Königlich Niederländische Marine ihre Schiffe effizienter auslasten. PIZM/hfm

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Deutsche Marine Marinefliegergeschwader 5 erweitert Patenschaft

Einsatzgruppenversorger „Bonn“, Flaggschiff im NATO-Verband Am 9. Januar lief der Einsatzgruppenversorger (EGV) „Bonn“ aus seinem Heimathafen in Wilhelmshaven aus und beteiligt sich als Flaggschiff an der Standing NATO Maritime Group 2 (SNMG 2). Unter dem Komman-

Foto: Betas Bektas/MFG 3 Vor den Augen zahlreicher Gemeindepolitiker wurde am 14. Januar die Patenschaft zwischen der 3. Fliegenden Staffel des Marinefliegergeschwaders 5 mit der Gemeinde Wurster Nordseeküste besiegelt und er-

Foto: Christin Krakow/PIZM weitert, denn von nun an ist ebenfalls die 1. Fliegende Staffel mit an Bord. Insgesamt pflegt die Bundeswehr rund 700 Patenschaften. Allein die Marine, Seefahrer und Marineflieger, pflegen rund 90 davon. HL

do von Flottillenadmiral Jörg Klein nehmen der EGV und die Besatzung während der Einsatzzeit an mehreren internationalen Manövern teil. Die Frauen und Männer der „Bonn“ werden Ende Juni 2016 in Wilhelmshaven zurückerwartet. HL

Aufsatzwettbewerb Der Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Andreas Krause, und der Präsident des Deutschen Maritimen Instituts (DMI), Vizeadmiral a.D. Hans-Joachim Stricker, schreiben in diesem Jahr wieder einen Wettbewerb aus. Prämiert wird die beste Veröffentlichung zum Thema:

„Sea Blindness. Wie spinnt man einen maritimen Erzählfaden?” Das DMI prämiert die drei besten Beiträge mit einem Preisgeld:

1. Platz 500,- € 2. Platz 350,- € 3. Platz 200,- € Mit dem Preis sollen die drei besten Artikel junger Offiziersanwärter/-innen und Offiziere ausgezeichnet wer­den, die ihre Erfahrungen, Vorstellungen oder Sichtweisen zu dem o.a. Thema reflektieren und die sich besonders für eine Veröffentlichung im MarineForum eignen. Der Artikel soll ca. 4 DIN A4-Seiten umfassen (entspricht ca. 15.000 Zeichen einschließlich Leerzeichen). Bis zum 16. September 2016 können Beiträge beim DMI eingereicht werden. Adresse: Deutsches Maritimes Institut Ulrich -von-Hassell-Str. 2 D-53123 Bonn Die eingegangenen Artikel werden durch eine gemeinsame Jury der Deutschen Marine und des DMI bewertet. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Die Preisträger werden schriftlich benachrichtigt. Mit der Teilnahme erklärt der Wettbewerber sein Einverständnis zur Veröffentlichung seines Artikels im MarineForum und auf den Internetseiten der Deutschen Marine und des DMI.

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Maritimes Geschehen im Blick

Am 19. Januar wurde das Segelschulschiff „Gorch Fock“ mithilfe der beiden Urag-Schlepper „Blexen“ und „Berne“ ins Schwimmdock I der Bredo-Werft in Bremerhaven geschleppt. Im Auftrag der Elsflether Werft, bei der die „Gorch Fock“ bereits seit Mitte Dezember planmäßig überholt wird, folgt nun bis April ein Wartungsabschnitt auf dem Trockenen. Bei Bredo wird in erster Linie der Unterwasserbereich geprüft. Dort sowie auch auf der Elsflether Werft folgen bis Sommer Arbeiten an der Takelage und im Dusch- und WC-Bereich sowie eine Prüfung der Motoren und des Getriebes. Neben einer neuen Elektronik wird ein neuer Internet-Anschluss installiert. Das Auftragsvolumen liegt im siebenstelligen Euro-Bereich. Sollten alle Wartungsarbeiten planmäßig abgeschlossen werden, verlegt die Bark im Juli ins Marinearsenal Wilhelmshaven und Ende Juli/Anfang August weiter nach Kiel, wo sie dann wieder für Ausbildungsfahrten des Offiziersnachwuchses zur Verfügung steht. Zur Teilnahme an den Windjammerparaden anlässlich Kieler Woche und Hanse Sail steht die „Gorch Fock“ in diesem Jahr nicht zur Verfügung. HL

Erstmals üben Korps Mariniers und Seebataillon gemeinsam Die Soldaten des Seebataillons nahmen im Dezember im Rahmen der vertiefenden Zusammenarbeit an einer Landeübung der Königlich Niederländischen Marine im niederländischen Den Helder teil. Dabei stand nicht nur die Stärkung der Zusammenarbeit beider Nationen im Fokus, sondern auch die Kompatibilität der deutschen Fahrzeuge mit den niederländischen Landungsbooten.

M ARI NE FORUM 3-2016

M ARINE FORUM

„Gorch Fock“ in der Bredo-Werft in Bremerhaven

DAS MARITIME GESCHEHEN IM BLICK

Bundeswehr

Lage der Marine BAAINBw

Agenda Rüstung Marine

Historisch-Taktische-Tagung

Das MarineForum widmet sich den seebezogenen Aspekten unserer Sicherheitspolitik, unserer Wirtschaft wie auch unserer Geschichte und Kultur. Es bietet Beiträge • zu Sicherheits- und Verteidigungsfragen mit maritimen Aspekten • zur Deutschen Marine und zu den Marinen anderer Nationen • zum Schiffbau mit Schwerpunkt Marineschiffbau einschließlich rüstungswirtschaftlicher Zusammenhänge, zum Seerecht und zur Nutzung der See • zur Schifffahrt und zu den maritimen Aspekten der Verkehrspolitik • zur Meeresforschung, zur Polarforschung und zum maritimen Umweltschutz • zu seefahrts- und marinegeschichtlichen Ereignissen und schließlich • zu fachbezogener Literatur. Die Zeitschrift ist unabhängig und überparteilich. Wenn Sie sich maritim auf dem Laufenden halten wollen, ist das MarineForum »Pflichtlektüre«. ❏ Ich bestelle ein MarineForum-Probeabonnement. Bitte senden Sie mir drei Ausgaben zum Sonderpreis von € 12,00. Sollte ich nicht nach Erhalt der dritten Ausgabe widerrufen, bin ich mit einer weiteren Belieferung im Abonnement einverstanden.

Ein Dingo wird an Land verbracht (Foto: Michael Sühl/PIZM) Es handelt sich hierbei um erste Schritte in einer seit Langem angestrebten Kooperation der niederländischen Korps Mariniers mit dem Seebataillon. Beginnend mit dieser Übung soll die Kooperation vertieft werden. Im kommenden Jahr stehen dann weitere gemeinsame Übungen an, etwa eine größere Landungsoperation bei dem Manöver BALTOPS. Beide Marinen versprechen sich durch eine Zusammenarbeit die Schaffung von Synergien in Zeiten knapper Ressourcen. Eine Delegation aus Deutschland mit drei geschützten Fahrzeugen übte deshalb erstmalig den amphibischen Einsatz an Bord der „Rotterdam“, einem der zwei niederländischen Landungsschiffe. Als Résumé konnte am Ende der Übung die Zusammenarbeit des Seebataillons mit den niederländischen Korps Mariniers für beide Seiten als sehr gewinnbringend bezeichnet werden. Seebataillon/HL MarineForum 3-2016

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Forum Die Redaktion weist darauf hin, dass der Inhalt der Leserbriefe die Ansicht der Einsender wiedergibt, die mit der Meinung der Redaktion, des Herausgebers oder des Verlages nicht unbedingt übereinstimmt. Briefe und E-Mails ohne Angabe von Name und Adresse können nicht veröffentlicht werden. Bei allen zur Bekanntmachung bestimmten Zuschriften behält sich die Redaktion das Recht zur Veröffentlichung sowie Kürzungen vor.

Zentrum der Zentren Zum Beitrag „Nobody asked me, but ... Zentrum für maritime Sicherheit“ in MF 1/2-2016 S. 8. Den Inhalt und das Ziel des Artikels kann ich nur aus vollem Herzen unterstützen. Zum einen, weil diese Thematik einem Marineoffizier sicherlich im seewasserangereicherten Blut steckt. Zum anderen, weil ich in dem MarSi-/CD&E-Vorhaben [Concept Development & Experimentation] IP 07 (ca. 2007 -2012) beteiligt war und dort u.a. die „Unkoordination einer Deutschen Position bzw. Sicht mit herausanalysieren durfte“. Dennoch auch ein vielleicht ketzerischer Ansatz, der beispielsweise an einer unserer Bw-Universitäten ggf. bereits behandelt wird oder werden könnte: Wie viele und welche Kompetenzzentren gibt es in Deutschland? In der Bundeswehr? In der Marine? An welchen internationalen Kompetenzzentren (nicht auf deutschem Boden) ist Deutschland, die Bundeswehr bzw. die Marine wie beteiligt? These: Bei der zunehmenden Fülle an Zentren sieht die Landschaft fast schon wieder dezentral aus! Würde, analog zum „Systems-of-Systems-Approach“ vielleicht ein „Zentrum der Zentren“ helfen, den Überblick zu behalten oder zurückzugewinnen? Und da die Maritime Dimension auch Schnittmengen mit anderen Dimensionen aufweist: Gibt es bereits ein (Kompetenz)Zentrum für „Deutsche (ganzheitliche nationale) Sicherheit“? Ist die OSZE quasi das europäische (Kompetenz)Zentrum für „Europas (ganzheitliche) Sicherheit“? Und die UNO entsprechend für die Welt? Dennoch und wie schon gesagt: Ein „Deutsches MarSi-Zentrum“ halte ich für ein Gebot bereits vergangener Stunden! Dirk Solterbeck, Rostock

Verquaste Beiträge Zum Beitrag „Nobody asked me, but ... Zentrum für maritime Sicherheit“ in MF 1/2-2016 S. 8. Nach der Lektüre der ersten Nummer MF 2016 drängt es mich zu dieser spitzen Bemerkung [...]: Unter „Nobody asked us, but...“ plädieren vier Hochschullehrer der Bundeswehrhochschulen für ein deutsches Zentrum für Maritime Sicherheit. Leider wird dieser dringliche und gut begründbare Vorschlag in einer sprachlich unzumut-

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baren Art dem Leser vorgesetzt, die an „doublespeak“ in Orwells Buch 1984 erinnert. Der gesamte Artikel ist ein redundanter „Wortbrei“ von modischen Vokabeln einer pseudowissenschaftlichen Diskurskultur, die sich anscheinend überall und nun auch im MarineForum breit macht. Da wimmelt es von vermeintlich anspruchsvollen Worten, die tatsächlich nur Worthülsen sind wie „Kompetenzzentrum“, „gesamtheitlicher Ansatz“, „vernetzte Sicherheit“, „Bedarfsträger“, „Expertenpool“, „vernetzte Seetechnologien“, „Netzwerkstrukturen“, „Synergieeffekte“, „ressortgemeinsame Weiterentwicklung“, „Drehscheibenfunktion“, „technologiegeleitete Transferfunktion“, „transdisziplinäre Bewertung“, „ressortgemeinsame Ansätze“. Die Suada gipfelt schließlich mit der Perspektive auf ein „Exzellenzcluster“, bekanntlich der Olymp der internationalen Wissenschaft, ohne das es heute überhaupt nicht mehr geht. Dafür fehlt in dem Beitrag eine so wichtige Vokabel wie „internationales Seerecht“. Zum Glück ist „Marine“ wenigstens einmal beiläufig erwähnt. Jedenfalls geht bei dieser Häufung von Techno- und Bürokratendeutsch die gute Botschaft schnell verloren. Auch Inhaltliches sucht man vergebens. Kann man ein Konzept für Maritime Sicherheit nicht besser formulieren? Ein wenig Klarheit in den Köpfen muss es doch auch geben. Wenn das MF schon solche verquasten Beiträge annimmt, dann sollte sich ein Kenner der deutschen Sprache an die Arbeit machen und eine leserfreundliche, gewinnende Diktion einführen. Aus dem BMVg stammt übrigens eine noch viel schlimmere Begriffsverwirrung, nämlich die des „dynamischen Verfügbarkeitsmanagement“ als Umschreibung der organisierten Mangelverwaltung der Streitkräfte. Ein „Alleinstellungsmerkmal“ wird man so nicht erreichen. Uwe Jenisch, Kiel

Altes Denken in der US-Navy? Zum Beitrag von H.D. Jopps, Neue maritime Strategie der USA MF 10/2015 Der lesenswerte Artikel von H.D. Jopp im MF Heft 1/2-2016 lässt mich tatsächlich daran zweifeln, ob sich die US-Navy mit der CSR21, genannt „Cooperative Strategy for the 21st. Century“, eine brauchbare neue Stra-

tegie auch für die wesentlichen maritimen Rüstungsplanungen gegeben hat. Eine Diskussion über den Wert der USN zur Kriegsverhinderung (Adm. Mullen 2006) ist eher entbehrlich; er hat aber wohl mit seinen Gedanken zur „green water navy“ die Entwicklung des Projekts Littoral Combat Ship mit angestoßen. Power Projection, früher Kanonenboot-Politik, war schon immer eine wesentliche Aufgabe der Marine. Es ist kaum von Bedeutung, wie lange China noch (vergeblich) versucht – wie früher Russland – eine Flugzeugträger Kampfgruppe aufzustellen. China wird noch lange die unterlegene Seemacht bleiben; zum defensiven „Sea Denial“ reichen U-Boote und die „2. Artillerie“, eine erweiterte Küstenverteidigung, wie Jopp darstellt. Dazu verfügt China über ballistische Flugkörper, wie die DF21 mit einer Reichweite von 900 sm, ggf. noch Korvetten/Fregatten. China – als die größte Kontinentalmacht der Welt – ist auf Seemacht nicht wirklich angewiesen. Die Flottenrüstung dient dazu, weltweit zu expandieren als Handelsmacht und Anrainerstaaten wie Vietnam, Japan, Taiwan, auch die Philippinen und Indien zu unterjochen oder zumindest wirtschaftlich zu bekämpfen. Stichwort Beanspruchung von willkürlichen Ausschließlichen Wirtschaftszonen vor allem im Südchinesischen Meer (z.B. Spratly Inseln) und damit Nichteinhaltung der Regeln des UN-Seerechtsübereinkommens. Immerhin ist die VR China diesem 1996 beigetreten. Letztlich kämpft China schon länger um die Hegemonie im Südchinesischen Meer. Die massive Ausschaltung geostationärer Satelliten käme allerdings einem Atomschlag gleich, außerdem wäre China dazu vorerst nicht in der Lage. Satelliten können kaum vom Boden aus bekämpft/ausgeschaltet werden. Der Westen lässt sich auf unwirksame und damit falsche Aktivitäten bei der Terror- und Piratenbekämpfung ein – China führt erfolgreich eine neue Art von Kolonialpolitik in Asien und Afrika zur strategischen Absicherung seiner Ressourcen. F.C. Ewald, E 03184 Alicante

Wer im Glashaus sitzt, ... Zum Beitrag von Sebastian Bruns „Schreib mal wieder“, MF 1/2- 2016 Man kann nur hoffen, dass sich viele Leser der einschlägigen Publikationen die wunderbar formulierten Anregung von Sebastian Bruns zum „Schreiben“ wahrhaftig zu Herzen nehmen und das, was sie schon „immer einmal sagen wollten“, nun auch zu Papier bringen! Neben „Reden“ ist „Schreiben“ ja nahezu die einzige Art und Weise, sich öffentlich mitzuteilen und damit am MeinungsbilMarineForum 3-2016


Bücher dungsprozess in unserer Gesellschaft teilzunehmen. Hier bietet sich ein reiches Feld an Möglichkeiten an, die jeder potenzielle Kandidat nutzten sollte. Furcht vor Königsthronen und gar vor Platzhirschen ist gänzlich unangebracht. Die Vielfältigkeit der Meinungen ist das Salz in der Suppe. Das gilt auch für manche Chefredakteure und Verlage, die auch unwillkommene und vielleicht „schmerzhafte“ Meinungsäußerungen einfach zulassen sollten. (...) Ein ... Punkt und hier ist sich der Autor dieser Zeilen natürlich im Klaren, das er im Glashaus sitzt und mit Steinen lieber nicht werfen sollte. Aber trotzdem: Manche Beiträge vom umfangreichen Buch über Fachbeiträge bis zur kurzen Rezension sollten vor Veröffentlichung einem kritischen Lektorat unterzogen werden. Der Drang zum Bandwurmsatz mit z.B. möglichst vielen eingeschobenen Relativsätzen ist unausrottbar, führt aber unweigerlich zur Verwirrung des Lesers. Die Aufzählung von Fakten mit unendlich vielen Strichen oder Punkten ist kein Zeichen von Wissen, sondern von sprachlichem Unvermögen. Die Anwendung der richtigen Grammatik –„der Dativ ist dem Genetiv sein Tod“ –, der richtigen Zeiten und des korrekten Gebrauches von Indikativ oder Konjunktiv wird eher großzügig behandelt. Unausrottbar ist die Nutzung von Abkürzungen, die nur dem schon kundigen Leser etwas sagen, Angelismen, zeitgeistlichen Begrifflichkeiten und Jugendsprache. Auch die Übernahme von Wort- und Sprachungetümen aus militärischen Dienstvorschriften ist nicht gerade einfallsreich und elegant. Den Erkenntnisgewinn von Lesern aus anderen Lebenswelten steigern sie sicherlich nicht. So ließe sich Vieles noch anfügen. Mein Leserbrief soll jedoch keinesfalls eine abschreckende Schulstunde für potenzielle Autoren sein, aber der eine oder andere Hinweis fällt vielleicht doch auf fruchtbaren Boden. Eberhard Kliem, Rastede

Deutsches Maritimes Kompetenz Netz www.dmkn.de

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Hans Jürgen Witthöft: Acht Jahre gefangen im großen Bittersee, ProMar-Verlag, Hamburg 2015, 144 Seiten, 77 Farb- und 67 Schwarz-Weiß-Bilder, 3 Karten, ISBN 978-30005-1599-6, 29,80 EUR Hans Jürgen Witthöft, Altmeister der Schif f fahrts- und Marinegeschichte, nahm im vorliegenden Band die 40. Wiederkehr der triumphalen Rückkehr zweier deutscher Frachtschiffe nach Hamburg zum Anlass, an eine in der Nachkriegsgeschichte der deutschen Handelsschifffahrt bedeutende Episode zu erinnern. Zwei deutsche Motorschiffe „Münsterland“ der HamburgAmerika Linie und „Nordwind“ der Nordstern Reederei, befanden sich Anfang Juni 1967 auf der Rückreise von Australien, bzw. von Indien nach Europa. Zusammen mit 12 weiteren Schiffen wurden sie infolge des Israelisch-Ägyptischen Krieges im Großen Bittersee des Suezkanals eingeschlossen, der während eines neuerlichen NahostKrieges dann acht Jahre für die Schifffahrt gesperrt war. Als die beiden Schiffe dann im Mai 1975 wieder ihren Heimathafen Hamburg erreichten, hatten sie wohl die längste Reise von Frachtschiffen weltweit durchgeführt. Das Besondere an dieser Begebenheit war der achtjährige Zwangsaufenthalt im Großen Bittersee, den Witthöft als „einmaligen Zwischenstopp“ in der Schifffahrtsgeschichte bezeichnet (s.a. MF 5/2015 S. 23). In dem mit sehr guten und aussagefähigen Fotos bebilderten Band werden sowohl die politischen als auch die reedereiseitigen Hintergründe dargestellt, Schwerpunkt sind aber Schilderungen des Bordalltags der vor Anker liegenden Schiffe. Der Autor hat das enge Zusammensein mit den Schiffen vieler Nationen und deren Besatzungsmitglieder als eine Art UNO im Kleinen dargestellt. Hier entstand innerhalb kürzester Zeit eine Gemeinschaft, in der das Heimatland oder dessen Blockzugehörigkeit keine Rolle mehr spielte. Überzeugend wird hier dem Leser ein Beispiel menschlichen Durchhaltewillens und Einfallsreichtums, vor allem aber ein Zeugnis von exzellenter Seemannschaft über alle Grenzen hinweg vermittelt. Die hier vorgelegte Dokumentation zur jüngeren deutschen Schifffahrtsgeschichte zeugt von einer kurzen Epoche der Weltgeschichte, die nicht in Vergessenheit geraten sollte. Damit ist der „neue Witthöft“ nicht nur für Insider, sondern auch für alle historisch Interessierten uneingeschränkt zu empfehlen. Heinrich Walle

Peter D. Haynes: Toward a New Maritime Strategy. American Naval Thinking in the Post-Cold War Era, Naval Institute Press 2015, 304 S., 49 Euro. ISBN 978-1-6125-1852-7. Im März 2015 veröffentlichten die US-Navy, das Marine Corps und die amerikanische Küstenwache die überarbeitete Fassung ihrer erstmals 2007 erschienenen gemeinsamen Strategie „A Cooperative Strategy for 21st Century Seapower“. Dass zwischen den beiden Strategien fast acht Jahre vergingen, spricht für die Salienz des Dokuments. Bis Anfang der 2000er Jahre verging hingegen kaum ein Kalenderjahr, in dem die US-Marine, die Marineinfanterie oder die Küstenwache nicht ein Papier mit strategischem Anspruch vorlegten. Peter Haynes beschreibt in seiner Studie die bisweilen herrschende Orientierungslosigkeit der Marine, dem zweifellos wichtigsten maritimem Akteur, zwischen Ende des Kalten Krieges und CS-21. Haynes liefert so Erkenntnisse für eine Teilstreitkraft, die sich hauptsächlich über Einsätze, nicht aber über den politischen Zweck von maritimer Macht definiert – samt all der Konsequenzen in der Außen- und Sicherheitspolitik. Dem Autor gelingt es, die wichtigsten institutionellen und intellektuellen Entwicklungen der USMarinestrategie seit Mitte der 80er Jahre nachzuzeichnen. Seine Arbeit füllt ein großes Desiderat, da sie erstmals, gestützt auf institutionelle Modelle, Interviews mit Entscheidungsträgern und Informationen aus erster Hand das strategische Selbstverständnis der US-Marine nachzeichnet. Bemerkenswert: Haynes gehört zu der kleinen Zunft aktiver Offiziere, die strategische Analysefähigkeit mit schriftstellerischem Talent paaren, und dessen Vorgesetzte dies auch noch erkannt und gefördert haben. Die Institution namens US-Navy leistet sich nämlich zu häufig den Luxus, nicht strategisch denken zu wollen und, unter der Washingtoner Käseglocke, es auch gar nicht zu müssen. Dass Hanyes, Marineflieger, gegenwärtiger Dienstgrad Kapitän zur See und beordert in der J5-Abteilung des US-Kommandos für Spezialoperationen, als Uniformträger natürlich bisweilen eine sehr große Nähe zum Sujet hat, geht dabei nur selten auf Kosten der wissenschaftlichen gebotenen Distanz. Das Buch zeigt, wie bisweilen chaotisch strategische Willensbildungsprozesse auch in der qualitativ größten Marine der Welt sind. Haynes‘ Beobachtungen dürften daher auch in anderen Marinen Wie-

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Bücher dererkennungswert haben. Das macht die Studie, die auch als Trendanalyse im „maritimen 21. Jahrhundert“ taugt, zu einem unverzichtbaren Werk für all jene, die sich für die Entwicklungslinien der Weltseemacht USA interessieren und solche, die an den Strategiebildungsprozessen diesseits des Atlantiks beteiligt sind. S. Bruns Uwe Hartmann, Hybrider Krieg als neue Bedrohung von Freiheit und Frieden. Zur Relevanz der Inneren Führung in Politik, Gesellschaft und Streitkräften. Carola Hartmann Miles-Verlag. Berlin 2015. 112 S. 9.80 Euro. ISBN 978-3-9458-6104-2 Unlängst wurde hier die Herausgabe ausgewählter Werke des Grafen Baudissin durch Claus v. Rosen vorgestellt und dessen Verweis auf deren fortdauernde Bedeutung. Uwe Hartmanns schmaler, aber gedankenwie aspektenreicher Essay über den Hybriden Krieg und die Innere Führung ist, neben seiner eminenten politischen Aktualität, auch Legitimation der Inneren Führung unter den neuen Einsatzbedingungen der Bundeswehr. Früher hätte man eine derartige Ausarbeitung wohl „Denkschrift“ genannt – Produkt des Nachdenkens wie Anstoß zur Reflexion des Lesers, getragen von einer zentralen Aussage: Um Innere Führung nicht nur als Werkzeugkasten zur Reparatur von Defiziten in der Menschenführung misszuverstehen, zeigt der Autor im historischen Teil seines Buches, dass auch Baudissins Konzept abgeleitet war aus einer sicherheitspolitischen Analyse, dem des herrschenden und zu erwartenden Kriegsbildes und dessen Auswirkungen auf die Gesellschaft und die Führungsgrundsätze, Ausbildung und Organisation von Streitkräften. Hartmanns Buch folgt dabei einem Dreischritt: X Analyse des Kriegsbildes des Hybriden Krieges, der Kombination irregulärer Kampfformen, terroristischer Gewaltakte und konventioneller Taktiken mit hoch technisierter medialer Desinformation und verdeckten Operationen bei ständiger, unvorhersehbarer Bedrohung. X Historischer Exkurs in den Zusammenhang von Kriegsbild und Führungsphilosophie bei Baudissin und anderen Gründervätern der Inneren Führung. X Funktion der Inneren Führung als Maßnahme der ethischen wie organisatorischen Stabilisierung von Streitkräften in

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der demokratischen Gesellschaft und damit der Erhöhung ihrer Widerstandsfähigkeit und Schlagkraft. Das Buch ist dergestalt auch Verteidigungsschrift gegen jene, die die Bedeutung von Innerer Führung für moderne militärische Szenarien bestreiten und denen sie, seit ihren Anfängen, eher der „Verweichlichung“ denn der Stärkung militärischer Kompetenz zu dienen schien. Wobei der Autor aber auch klarmacht, dass angewandte Innere Führung als wertegeleitetes Fundament von Streitkräften nur ein Baustein im Gesamtarsenal politischer und militärischer Reaktionen auf die neuen, komplexen Bedrohungen moderner Gesellschaften zu sein vermag. Frank Ganseuer O’Hara, Vincent P.; Torch: North Africa and the Allied Path to Victory; 384 S., 28 Fotos, 21 Karten, 4 Tabellen; Naval Institute Press, Annapolis, MD, 2015; 49,95 Dollar, Herunterladen als E-Buch ist möglich Im Zweiten Weltkrieg fanden viele herausragende und bemerkenswerte Operationen statt, aber keine verdient diese Hervorhebung so sehr, wie die Operation „Torch (Fackel)“ vom 7.-17. November 1942. Es war eine Serie von fünf gleichzeitig stattfindenden amphibischen Landungen in Marokko und Algerien, kühnen Kommando- und Luftlandeunternehmen und der größten Seeschlacht im Atlantik, ausgefochten vor und entlang der 3.800 km langen Küstenlinie im damaligen Französisch-Nordafrika. Die Anmarschwege der Flotten, Landungs- und Versorgungsverbände aus Schottland betrugen 2,760 sm, diejenigen aus der Chesapeake Bay, USA 4.500 sm. Das Risiko war enorm, die geografischen und operativen Maßstäbe atemberaubend, die vorbereitenden Übungen unzureichend und die sich verzweigenden Ereignisse umfangreich. Die Operation „Torch“ war die erste gemeinsame Offensive der Alliierten (combined operations) und deren Teilstreitkräfte Heer, Luftwaffe und Marine (joint operations). Sie war ein Schlüsselereignis für die beginnende politische und militärische Offensive der Westalliierten. Die politische Begründung für die Operation war die Unterstützung der Sowjetunion durch die Bildung einer neuen Front sowie das Heranführen der amerikanischen Truppen zum Kampf gegen das Deutsche Reich. Die vorliegende Studie ist ein neuer, frischer Blick

auf diese komplexe und kontroverse Operation, bei der bis heute darüber diskutiert wird, ob „Torch“ den Kampf gegen die Achsenmächte beschleunigt hat oder ob es eine verschwenderische Diversion der alliierten Kräfte bedeutete, die den Krieg eigentlich verlängert habe. Vincent O’Hara untersucht den kontroversen angloamerikanischen Disput über die Operation und zeigt auf, wie sie die Entwicklung der amphibischen Kriegsführung vorangebracht hat. Die Studie ordnet die Operation in den Kontext der Gesamtstrategie des Zweiten Weltkriegs ein und gibt auch der französischen Sicht besonderen Raum. Der Autor zeigt auf, wie die Operation „Torch“ das freie Frankreich zurück ins alliierte Lager brachte und wie auch die Briten und Amerikaner lernten, als wahre Koalitionspartner zusammenzuarbeiten und eine kohärente amphibische Doktrin zu entwickeln. Diese Fähigkeiten wurden in den nachfolgenden Operationen im Mittelmeer, in Italien, in der Normandie und im Pazifik erfolgreich angewandt und führten zweieinhalb Jahre später zum Sieg im Zweiten Weltkrieg. Die Darstellung wird durch umfangreiches Kartenmaterial, Fotos, Vergleichstabellen und eine Bibliografie unterstützt, die auch die deutschen und italienischen Quellen angemessen berücksichtigt. Die Studie ist sehr lesenswert. Sigurd Hess Cumming, Anthony J.; The Battle for Britain – Interservice Rivalry between the Royal Air Force and Royal Navy, 1909 – 40; 240 S., 12 Fotos, 1 Karte, US-Naval Institute Press, Annapolis, MD 2015, 35,95 $, auch als E-Buch verfügbar. Das Buch bietet eine historische Darstellung der Rivalität zwischen der britischen Luftwaffe und Marine von 1909-1940, es ist aber auch eine Streitschrift über die wichtige Frage: „Was ist der Zweck einer unabhängigen und eigenständigen Luftwaffe zur Ausübung von Luftmacht?“ Am 13. Juni 1917 schreckte der erfolgreiche deutsche Bomberangriff auf London die britische Bevölkerung, die Politik und das Militär aus der selbstgenügsamen Haltung, dass die Insel unangreifbar sei. Es war der größte deutsche Luftangriff mit 22 Gotha-Bombern während des Ersten Weltkriegs, die englischen Verluste waren sowohl materiell, wie bei den zivilen Opfern erheblich. General Jan Smuts veröffentlichte einen Untersuchungsbericht, der zu der MarineForum 3-2016


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überhasteten Entscheidung der britischen Regierung führte, eine von Marine und Heer unabhängige Luftwaffe zu gründen. Der Einfluss auf die britische Verteidigungspolitik in den Jahren zwischen den Weltkriegen war erheblich. Der Autor analysiert, wie die unerprobten Theorien einiger Protagonisten von Luftmacht dazu führten, dass die Bedeutung von Seemacht und die Kriegserfahrungen der Seefliegerei durch die Politiker negiert wurden. Die fehlgeleitete Prioritätensetzung behinderte die Entwicklung von Seeflugzeugen und Flugzeugträgern der Royal Navy, mit schlimmen Folgen für die operativen Fähigkeiten der Marine bei Beginn des Zweiten Weltkriegs. Nach der Schlacht um England lobte Winston Churchill die Royal Air Force überschwänglich für den Sieg, der Großbritannien letztlich vor der deutschen Invasion bewahrte. Gleichzeitig unterschlug er die Erfolge der Royal Navy. Der Autor stellt die These auf, dass die immer noch populären Ansichten über die Bedeutung einer Luftwaffe als unabhängige Streitmacht übertrieben sind. Seine sorgfältige Analyse der brutalen bürokratischen Auseinandersetzungen in Großbritannien zwischen Marine, Politikern und Beamten der Regierung und der Luftwaffe führt unweigerlich zu der Fragestellung, was der Zweck einer unabhängigen Luftmacht ist. Ist diese Fragestellung auch heute noch und ganz besonders für die Bundeswehr von Bedeutung? Beim Aufbau der Bundeswehr nach 1956 wurden die deutschen Kriegserfahrungen angemessen berücksichtigt. Die Marine erhielt die Aufgabe des Seekriegs aus der Luft wieder zugewiesen, die ihr Göring mit dem Diktat „Alles was fliegt, gehört mir!“ entrissen hatte. Aber erneut gelang es der Luftwaffe nach der Vereinigung Deutschlands und der Verkleinerung der Bundeswehr, die Aufklärungsflugzeuge und Jagdbomber der Marine in die Luftwaffe zu integrieren, ohne die notwendigen Fähigkeiten für den Seekrieg aus der Luft zu entwickeln. Die Studie von Anthony J. Cumming ist aus deutscher Sicht schon deshalb lesenswert, weil sie den Anstoß geben könnte, erneut über die Frage nachzudenken, wie der Seekrieg aus der Luft und die Organisation von Luftmacht über Land, See und im Weltraum sachgerechter organisiert werden könnte. Sigurd Hess

Zu guter Letzt

Fröhling, Thomas: Nord-Ostsee-Kanal. Von Brunsbüttel bis Kiel. 2. überarbeitete und aktualisierte Auflage. Koehlers Verlagsgesellschaft Hamburg 2015. 104 Seiten broschiert. Format: 24 x 17 cm. 14,95 €, ISBN: 978-3-7822-1234-2

Redaktion Chefredakteur (ViSdP): Jürgen E. Kratzmann (JEK) Stv. Chefredakteur und Chef v. Dienst: Holger Hoffmann (hfm) +49 (0)172 650 7667 Internetredakteur zgl. Webmaster: Klaus Mommsen (K.M.) Ulrich-von-Hassell-Straße 2, 53123 Bonn Tel.: +49 (0)2 28 9 19 15-21, Fax: +49 (0)2 28 9 19 15-22 E-Mail: marineforum@mov-moh.de Redakteure Deutsche Marine: OStBtsm Hagen Liedtke (HL) Marinen aus aller Welt: Klaus Mommsen (K.M.) Schifffahrt, Schiffbau, Technologie: Hans Jürgen Witthöft (HJW) Buchbesprechungen und Geschichte: Dr. Heinrich Walle (HeiWa) See- und Völkerrecht: Dr. Michael Stehr (M.S.)

Ein Fotobuch über die meist befahrene künstliche Wasserstraße der Welt. Enthält nicht nur technische, geschichtliche und wirtschaftliche Informationen über deren Bedeutung, sondern birgt auch Einblicke in Leben und Treiben auf und am Nord-Ostsee-Kanal. Thomas Fröhling belässt es nicht bei der Kommentierung der die Publikation prägenden Fotos, sondern beginnt bereits in Vorwort und Einleitung mit der anscheinend von der Politik verkannten Bedeutung dieses Schifffahrtsweges und den daraus resultierenden „aktuellen“ Problemen in Betrieb und Unterhalt. Den Facettenreichtum dieser Lebensader visualisiert Fröhling lebhaft anhand der Arbeit eines Kanallotsen und seinem Kanalsteuerer während einer Fahrt durch den NOK – von der Schleuse in Brunsbüttel bis nach Kiel. Die porträtierten Menschen am Kanal, ob Anwohner oder Urlauber, verdeutlichen dessen Einbindung und die nicht allein wirtschaftlich/logistische Bedeutung, sondern auch dessen Wert als Lebens-, Naherholungs- und Urlaubsregion. Zahlreiche Informationen und Adressen zu Camping, Radeln und Angeln sowie Sehenswürdigkeiten entlang der Route lassen dies auch zu einem begehrten Reiseführer avancieren, wie die bereits 2. Auflage zeigt. Über Jahrzehnte wurde versäumt und verhindert, die Gelder für notwendige Erneuerungen und Reparaturen der Schleusen bereitzustellen. Der sich lange hinschleppende, aber dringend notwendige Ausbau auf die heutigen Schiffsgrößen soll laut dpa vielleicht bis 2028 geschafft sein … also ein Buch zur rechten Zeit? Eberhard Hemmen

Erfolg verändert den Menschen nicht – er entlarvt ihn. MarineForum 3-2016

91. Jahrgang · 2016 Herausgeber: Deutsches Maritimes Institut e.V. (DMI) www.marineforum.info

Ständige Mitarbeiter Sidney E. Dean, Michael Nitz, Andreas Uhl, Andreas Knudsen Verlag Mittler Report Verlag GmbH Baunscheidtstraße 11 53113 Bonn Tel. +49 (0) 228 3500 870 – Fax: -871 Gerichtsstand und Erfüllungsort Bonn Abonnementbestellung Tel.: +49 (0) 228 3500 880 - Fax: -871 Probeabonnement lea.herkenhöhner@mittler-report.de Layout und Produktion davis creativ media GmbH Tel.: +49 (0)228 367580 Abonnentenbetreuung MOV-Mitglieder: Geschäftsstelle MOV Ulrich-von-Hassell-Straße 2 · 53123 Bonn Tel.: +49 (0) 228 9191 50 Nichtmitglieder MOV PressUp GmbH Wandsbeker Allee 1 · 22041 Hamburg Tel.: +49 (0)40 41448-471, Fax: -499 Marketing/Anzeigen Jürgen Hensel Tel.: +49 (0) 228 3500 876 – Fax: -871 Juergen.Hensel@mittler-report.de Anzeigenvertretung Dipl.-Betrw. Uwe Nemeyer optiproject GmbH Tel.: 02226-909637 uwenemeyer@optiproject.de Anzeigenrepräsentanz USA/Kanada Black Rock Media, Inc. Ms. Diane Obright 810 Val Sereno Drive, Olivenhain, CA 92024, USA Tel. +1 858-759-3557, blackrockmediainc@icloud.com Die Zeitschrift MARINEFORUM erscheint zehnmal jährlich jeweils zum Monatsanfang. Der Preis beträgt je Heft € 7,25 zuzügl. Versandkosten, der Abonne­mentspreis € 64,00 pro Jahr inklusive Versand­kosten (nicht per Luftpost sowie ins Ausland). Das Abonnement verlängert sich um ein weiteres Jahr, wenn es nicht spätestens sechs Wochen vor Ablauf des Bezugszeitraums schriftlich abbestellt worden ist. Preisände­rungen vorbehalten. Gerichtsstand und Erfüllungsort ist Bonn. Die mit Namen oder Initialen des Verfassers gekennzeichneten Artikel decken sich nicht unbedingt mit der Meinung der Redaktion. Dies gilt insbesondere auch für die Leserbriefe. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Bilder wird keine G ­ ewähr übernommen. Durch Annahme eines Manuskripts erwirkt der Verlag auch das Recht zur teilweisen Veröffentlichung und ggf. zu sinnwahren­der Kürzung. Alle Rechte des Nachdrucks bleiben vorbehalten. Das MARINEFORUM ist unabhängig und überparteilich. Es ist auch Publikation der Marine-Offiziers-Vereinigung. Das MARINEFORUM behandelt maritime Themen aus Politik und Wirtschaft mit den Schwerpunkten Außen- und Sicherheitspolitik, Rüstungswirt­schaft sowie Seeverkehr. Die Berichterstattung bezieht sich auf maritime Geschehnisse in aller Welt. Schwerpunkte sind Schifffahrt und Schiffbau in Deutschland sowie die Deutsche Marine, histo­rische Beiträge und Besprechungen zu fachbezogenen Büchern und Zeitschriften.

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