CHRISTENTUM. Ein Inventar >Themenbereich 01< Ist der Mensch religiös? | Probeansicht

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CHRISTENTUM. Ein Inventar MENSCH | WELT | RELIGION

Themenbereich_01

Andreas Iten: Handle with care, Interkulturelles Forum der Stadt Luzern, Mai 2005.

FINSTERVERLAG | 2015

Heinz Finster | Robert Pretterhofer


Themenbereich_01

MENSCH | WELT | RELIGION

Liebe Leserin! Lieber Leser!

CHRISTENTUM. Ein Inventar – Die Themen der einzelnen Hefte

Sie halten ein Heft aus CHRISTENTUM. Ein Inventar in Händen. Die Reihe (10 Hefte zu jeweils einem Themenbereich) möchte Fragenden und Wissenden, Lehrenden und Lernenden in vielfältigen Texten, Bildern, Grafiken, Übersichten einen profunden Überblick anbieten zu den wichtigsten Themen in Religion aus katholischer Perspektive. Beispiele mit kompetenzorientierten Fragestellungen möchten zur Reife- bzw. Diplomprüfung anregen und darauf vorbereiten. Die 10 Themenbereiche decken die wesentlichsten Inhalte des Lehrplans der Sekundarstufe II ab.

Themenbereich

Das Themenheft

■■ Jedes Themenheft umfasst etwa 32 Seiten. ■■ Im Doppelseitenprinzip werden 9–11 Themen zum jeweiligen Bereich abgehandelt. ■■ Die Darstellung wird durch eine klare Struktur unterstützt. ■■ Ergänzend zu den 10 Heften der Themenbereiche wurde das Heft „Fokusräume“ entwickelt. Diese Darstellungen im Umfang von jeweils etwa 8 Seiten/Fokusraum richten einen Scheinwerfer auf die wesentlichsten Unterrichtsmethoden, auf Basics des christlichen Glaubens und auf den Umgang mit den einzelnen Heften. ■■ Am Schluss des Heftes findet sich als Anregung jeweils eine konkret formulierte Aufgabenstellung für die mündliche Reifeprüfung.

Titel

01

Ist der Mensch religiös?

Mensch | Welt | Religion

02

Wovon spricht die Bibel?

Gott | Offenbarung | Erstes oder Altes Testament

03

Wer ist Jesus Christus?

04

Ist die Kirche vom Himmel gefallen?

05

Müssen Helden immer sterben?

06

Wie feiern Christen ihren Glauben?

07

Wie wollen wir leben?

08

Wie gestalten wir die Welt?

Schöpfung | Technik | Wirtschaft

09

Wohin geht die Reise?

Hoffnung | Zukunft | Vollendung

10

Was ist den Religionen heilig?

Ergänzungen

11

Zeugen | Missionen | Reformen Zeichen | Sakramente | Kirchenjahr Gebote | Ethik | Gewissen

Wege | Wahrheiten | Dialoge

Inhalt

Methodenlehre

Textarbeit | Bibelarbeit | Christusbilder | Bildarbeit |  Kirchengeschichte | Architektur | Kirchenraum | Gebete |  Karikatur, Witz, Humor | Musik | Film | Übersichten Religionen

Präsentationsbereich

–  der Inhalt: klar gegliedert, kompakt, verlässlich

Heinz Finster, Robert Pretterhofer

Ausgangspunkte

Es gibt Fragen, denen kann man auf Dauer nicht ausweichen. Foto: © Trueffelpix – Fotolia.com

Ausgangspunkte

Die Frage Alles Chemie.

–  der anthropologische Zugang

Das Wachstum der Zellen, ihr genaues, befristetes Leben: alles Chemie. Die Erfindung der Götter, das Hohelied, das Radioteleskop: alles Chemie. Die Standhaftigkeit des politisch Gefangenen, das Glück und der Tastsinn, freiwillige Armut, die Rede des Chemikers bei der Nobelpreisverleihung: nichts als Chemie. Nichts als Chemie das kostbarste Erbgut: die Frage. Rainer Malkowski, 2003 (www.rainer-malkowski.de/hunger3.html)

Erfahrungsschatz der Kirche

MENSCH | WELT | RELIGION 8.

MENSCH | WELT | RELIGION

Was ist Religion? – Erste Umschreibungsversuche

„Religion“: Umschreibungsversuche

Religion(en), Religiosität, religiös, Glaube

Das deutsche Wort „Religion“ leitet sich vom lat. „religio“ her. Die enthaltene Sprachwurzel wird verschieden gedeutet:

Religion meint die nach außen gewendete, Gestalt gewordene Form menschlicher Religiosität; sie tritt stets in Beziehung zu einer bestimmten sprachlichen und geschichtlichen Kultur. Religionen grenzen sich voneinander ab, indem sie auf unterschiedliche Vorstellungen über die Herkunft ihrer Vorgaben für eine konkrete Ausgestaltung Anspruch erheben. Religiosität ist ein konstitutives anthropologisches „Apriori“ (so wie z. B. Musikalität oder Sprachfähigkeit); alle Menschen sind in je ihrer Weise prinzipiell für „religiöse“ Sozialisation zugänglich, d. h. sie können zu einer biographisch-individuellen Entfaltung ihrer Religiosität im Kontext einer sozial-kulturell geformten und formenden Religion gelangen. religiös: Bezeichnung für all das, was den Rahmen des Alltäglichen übersteigt und wo spirituellmystische Aspekte sichtbar werden. Dabei geht es nicht um die Frage, was objektiv richtig und wahr ist, sondern allein darum, was dem Einzelnen nützt und ihm subjektiv hilft. Glaube dagegen entwickelt die menschliche Religiosität im Kontext von tradierter und tradierbarer Religion. Von Glauben kann man sprechen, wenn eine Bereitschaft und Offenheit gegeben ist, die es zulässt, dass sich Religiosität entfalten kann. Eine Einstellung, die eine Religion nur äußerlich in Riten und Verhaltensweisen nachahmt, kann man nicht Glauben nennen. Die Aufnahme und Entfaltung ereignet sich im Zentrum des Menschen und stellt als eine personale Entscheidung und ein Handeln in Vertrauen und Liebe ein gnadenhaftes Geheimnis dar, das sich nicht mit dem Verstand enträtseln lässt.

relegere = erneut lesen, sich immer wieder hinwenden religari = gebunden sein, sich binden reeligere = erneut wählen Religion ist also etwas, das den Menschen nicht loslässt, etwas, worauf er sich einlässt, das ihn beansprucht und ihm auch Pflichten auferlegt. Gleichgültigkeit oder Unverbindlichkeit und Religion passen nicht zusammen. Die Besonderheit von Offenbarungsreligionen ist, dass Gott sich den Menschen durch Mitteilungen, Verheißungen und Weisungen und in geschichtlichen Ereignissen zuwendet. Der Mensch ist aufgefordert, darauf in seinem Leben zu antworten. Paul Tillich: „Religion ist das Ergriffensein von dem, was den Menschen unbedingt angeht.“ Hermann Hesse (†1962): „Die Religionen und Mythen sind, ebenso wie die Dichtung, ein Versuch der Menschheit, eben jene Unsagbarkeit in Bildern auszudrücken, die Ihr vergeblich ins flach Rationale zu übersetzen versucht.“ Ludwig Wittgenstein: „An Gott glauben heißt: die Frage nach dem Sinn des Lebens verstehen; sehen, dass es mit den Tatsachen dieser Welt noch nicht abgetan ist; sehen, dass das Leben einen Sinn hat. Wir fühlen, dass, selbst wenn alle ‚möglichen‘ wissenschaftlichen Fragen beantwortet sind, unsere Lebensprobleme noch gar nicht berührt sind.“ Günter Hegele: „Religion ist der Versuch einer Gesamtorientierung und damit einer Strukturierung und Sinngebung des Lebens.“

Funktionen der Religion

Weiterarbeiten

1. Psychische Funktion Sie hilft Angst zu bewältigen, Krisensituationen zu bestehen; sie kann seelische Gesundheit und die Selbstannahme fördern; sie lässt Schuld erkennen und aufarbeiten; sie gibt Trost und Hoffnung. 2. Weltanschauliche Funktion Sie deutet Lebenserfahrungen, Geschichte, Natur, Leid und Tod. Es gibt aber auch Ausprägungen von Religion, die nicht als Bereicherung des menschlichen Lebens empfunden werden. Dort kann Religion etwa entfremdend wirken, Angst auslösen und Reifungsprozesse des Menschen verhindern. 3. Ethische Funktion Sie gibt Maßstab und Norm für die Beurteilung von Gütern und Verhaltensweisen; sie regt dazu an, Verhaltensweisen zu überprüfen und Lebensziele zu suchen (z. B. Dekalog, Goldene Regel, Nachfolge Jesu, Heilige als Vorbilder). 4. Gesellschaftliche Funktion Religiöse Vollzüge wirken gemeinschaftsbildend (Gottesdienste, Feste, Bräuche). Religiöse Einstellungen wirken sich auf das gesellschaftliche Bewusstsein aus (Wertediskussion, Staatsauffassung, Sozialethik). Umgekehrt provozieren gesellschaftliche Verhältnisse Veränderungen in religiösen Gemeinschaften (Liturgiereform, Demokratisierung in der Kirche, Sozialenzykliken). Religion prägt auch immer eine Kultur und kulturelle Ausdrucksformen eines Volkes (z. B. christlich-europäische Kultur). 5. Emanzipationsfunktion Religion ermöglicht durch das Heraustreten aus momentanen Zuständen das Einnehmen einer kritischen und distanzierten Position; die Entwicklung von alternativen Gesellschaftsmodellen wird möglich.

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Weiterarbeiten … Flammarion: Wanderer am Weltenrand, Holzstich, 1888, Paris. Bild: wmc CC BY-SA 2.5 Heikenwaelder Hugo

Funktionale Bestimmungen von Religion Situation des Menschen

Funktionen von Religion

Funktion wird ausgeübt durch:

nach Stoodt / Kaufmann

Angst vor Krankheit, Tod und Zukunft

Bewältigung von Ängsten, Gefühlsverarbeitung, Identitätsstiftung

Psychische Funktion

 Gottesdienste,

Fragen nach Sinn des Lebens, des Leidens und Sterbens

Welterklärung, Bereitstellung von Deutungsmodellen, Sinnangebote

Weltanschauliche Funktion

 Schriften, Lehren,

Suche nach Orientierung

Handlungsangebote, verhaltenssteuernde Traditionen, Werte und Normen

Ethische Funktion

 Traditionen,

Bedürfnis nach Gemeinschaft, Heimat und Geborgenheit

Soziale Integration, Gemeinschaftsbildung, Institutionalisierung, Organisation

Gesellschaftliche Funktion

Erfahrung von Ungerechtigkeit

Artikulation von Widerstand und Protest, Weltabkehr, Weltflucht

Emanzipationsfunktion

 tum, Jenseitshoff-

Rituale, Gebete, Liturgie Mythen, heilige Glaubensformeln, Dogmen

Ethik, Moral, Rituale, Kult Gemeinde, Clique, Basisgruppen, Glaubensgemeinschaften, Kirche Prophetie, Mönch-

Religiöses Leben äußert sich in vielfältigen Bereichen: Bei der Dreikönigsaktion „ersingen“ die Sternsinger wertvolle Hilfe für die Länder des Südens. Foto: Neuhold

 Erklären Sie das Wort „Religion“!

 Erörtern Sie Situationen in unserer Gesellschaft mit Blick auf den funktionalen Religionsbegriff. Problematisieren Sie jene Funktionen, die am meisten/ wenigsten relevant sind!  Entwickeln Sie eine Perspektive, auch ohne Religion auskommen zu können.

Humorvoll betrachtet …

nung, Engagement

Der funktionale Religionsbegriff beschränkt sich auf das, was Religion leistet und bewirkt. Der substanzielle Religionsbegriff bestimmt Religion von ihrem Wesen her, er gibt den Bezugsgegenstand an. Dem substanziellen Religionsbegriff geht es darum, festzustellen, was Religion ist, dem funktionalen, was Religion leistet.

–  ein Lernanlass mit Augenzwinkern

Religion am Gymnasium Hartberg, Themen 02

Erfahrungsschatz der Kirche ...

VERNETZUNGEN

INTERRELIGIÖSE DIALOGE

Der Mensch ist seiner Natur und Berufung nach ein religiöses Wesen. Da er von Gott kommt und zu Gott geht, lebt der Mensch nur in freiwilliger Verbindung mit Gott ein vollmenschliches Leben.

Die Kulturanthropologie steht der Soziologie, vor allem aber der Ethnologie und Volkskunde nahe. Sie schließt aus der vergleichenden Betrachtung aller empirisch erfassbaren Möglichkeiten der menschlichen Kulturgestaltung auf den Menschen als kulturfähiges Wesen insgesamt zurück. Sie geht somit weit über den Bereich der Religion hinaus, obgleich sie diese als zentrale Kulturleistung ebenfalls als Phänomen mit untersucht, jedoch in universellen Kontexten wie bei Leo Frobenius, Bertrand Russell oder Oswald Spengler oder im Rahmen spezieller Fragestellungen wie bei Samuel P. Huntington.

Jüdisches Glaubensbekenntnis In einer „Praktischen Judentumskunde“ heißt es: „Es ist nicht Pflicht, aber guter Brauch, dass jeder Jude an jedem Tage die biblischen Zehn Gebote und die dreizehn Glaubensartikel, in welche der große Maimonides (1135–1204) den Extrakt des jüdischen Glaubens fasste, lese.“ Diese Grundsätze entstanden um das Jahr 1200. Jeder Satz beginnt mit „Ani maamin b‘Emunah shlemah ... Ich glaube mit ganzem Glauben ...‘‘ Die Sätze 3–5 lauten: 3. Ich glaube in ganzem Glauben, dass der Schöpfer, gelobt sei sein Name, jegliche Kreatur schafft und lenkt und dass er allein der Urheber alles dessen ist, was geschah, geschieht und geschehen wird. 4. Ich glaube in ganzem Glauben, dass der Schöpfer, gelobt sei sein Name, unkörperlich ist und frei von jeder Möglichkeit, materiell vorgestellt zu werden; und dass ihm auch keine Gestalt beigelegt werden kann. 5. Ich glaube in ganzem Glauben, dass der Schöpfer, gelobt sei sein Name, Anfang und Ende ist. www.hagalil.com

KKK, 44

18

Juri Alexejewitsch Gagarin als erster Mensch im Weltraum.

Ist der Mensch religiös? – Mensch | Welt | Religion

Vernetzungen

Humorvoll betrachtet ...

Steiger: Bibel, 272

Ist der Mensch religiös? | Mensch – Welt – Religion

–  ein Einordnungsimpuls in die Geisteswissenschaft

Ist der Mensch religiös?  –  Mensch | Welt | Religion

–  entlang der Anforderungsbereiche   Reproduktion, Transfer, Reflexion

 Wählen Sie zwei Umschreibungsversuche von Religion aus. Arbeiten Sie deren Kernaussage heraus und stellen Sie sie einander gegenüber!

Foto: © olly – Fotolia.com

–  der Blick in die Glaubensgeschichte

2

Ursprung | Geist | Wandel

Der Aufbau der Hefte

Themenbereich_01

–  ein Link in die Welt

Jude | Gottesreich | Neues Testament

Fokusräume

Wir wünschen Ihnen viel Freude mit den Heften, gutes Gelingen und ein anregendes Arbeiten.

Der QR-Code

Inhalt

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Interreligiöse Dialoge

–  ein Blick auf eine der großen Weltreligionen


MENSCH | WELT | RELIGION

Themenbereich_01

Inhaltsverzeichnis

1.

In welcher Welt leben wir? – Einige Eckpunkte

4

2.

Dimensionen menschlicher Existenz

6

3.

Woraus schöpft der Mensch Sinn? – Fünf Dimensionen von Sinn

8

4.

Die verschiedenen Arten von „Erfahrung“

10

5.

Wie sinnvoll von Gott reden?

12

6.

Zur Eigenart „religiöser Erfahrung“ und „religiöser Sprache“

14

7.

Wie hältst Du es mit der Religion? – Persönliche Annäherungen

16

8.

Was ist Religion? – Erste Umschreibungsversuche

18

9.1 Die 13 Dimensionen von Religion

20

9.2 Religiöses Leben in Europa

21

10.1 Glauben = Vertrauen = Grundstruktur des Lebens

22

10.2 Warum Glauben vernünftig ist

23

11. Splitter von Religion: Ersatzreligion, Esoterik

24

12. Woran glaubt, wer nicht glaubt? – Religionskritik, Atheismus

26

13. Die Welt der Religionen

28

Vorschlag für eine Aufgabenstellung bei der mündlichen Reifeprüfung aus dem Fach Katholische Religion

30

Ist der Mensch religiös?  |  Mensch – Welt – Religion

3


Themenbereich_01

Ausgangspunkte Ausgangspunkte

MENSCH | WELT | RELIGION 1. In welcher Welt leben wir? – Einige Eckpunkte Globo in der Nussschale

Vier Kameras am Columbus Labor der ISS beobachten unseren Planeten 24 Stunden am Tag. Das Projekt „Columbus Eye – LiveBilder von der ISS im Schulunterricht“ gibt es auf: www.columbuseye.uni-bonn.de/

Kinder der Neuzeit Der Mensch ist das Tier, dem man die Lage erklären muss. Hebt es den Kopf und blickt über den Rand des Offensichtlichen, wird es von Unbehagen am Offenen bedrängt. Unbehagen ist die angemessene Antwort auf den Überschuss des Unerklärlichen vor dem Erschlossenen. Sloterdijk: Kinder, 9

3 Krisen Wir haben es heute mit drei großen Krisen zu tun, so der prominente US-amerikanische Zukunftsforscher Jeremy Rifkin: – erstens mit dem Ende der zweiten industriellen Revolution und der Krise jener Globalisierung, die darauf aufbaut; – zweitens mit dem Ende des fossilen Zeitalters und mit der Energiekrise; – und drittens mit dem Klimawandel, der die menschliche Zivilisation auslöschen könnte.

Als Hauptbezugsdaten für das „Globo“ genannte Dorf werden jene des Jahres 2000 verwendet. Ein Mensch in Globo steht daher stellvertretend für 61 Millionen Menschen in der realen Welt. Das Dorf Globo stellt sich vor … Im Jahr 2000 lebten hier 100 Menschen: ■■ 61 Menschen leben im Dorfteil Asien, davon 25 in Ostasien, 9 in Südostasien, 22 in Südasien, 4 in Westasien und 1 in Zentralasien. ■■ 13 Menschen leben im Dorfteil Afrika, davon 10 in SubsaharaAfrika und 3 in Nordafrika. ■■ 12 Menschen leben im Teil Europa, davon 6 in Westeuropa und 6 in Osteuropa. ■■ 9 Menschen leben in Lateinamerika, davon 6 in Südamerika und 3 in Mittelamerika. ■■ 5 Menschen im Dorfteil Nordamerika. ■■ 0 Menschen (also weniger als 61 Millionen) leben in Ozeanien. Zurzeit stirbt jedes Jahr 1 Mensch und 2 werden geboren. Somit leben heute schon 112 Menschen in Globo. Es werden jährlich 430 Barrel Öl verbraucht, trotzdem leben 27 Menschen ganz ohne Strom und 39 sind zum Kochen und Heizen auf Biomasse angewiesen. Mindestens 28 Menschen sind „fehlernährt“: 17, weil sie hungern, und 11, weil sie fettleibig sind. 15 Menschen leben in Slums, 20 ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser und 45 ohne ausreichende sanitäre Versorgung. Von den 20 Kindern im Alter zwischen 5 und 14 Jahren, die in Globo leben, müssen 4 arbeiten, um zu überleben. 61 Prozent des gesamten Konsums entfallen auf nur 12 Menschen, 39 Prozent auf die restlichen 88. Die 7 Menschen in Westeuropa geben jährlich je 2.150 US$ für ihre

Gesundheit aus, davon ein Viertel privat, die 22 in Südasien nur 130 US$, davon vier Fünftel privat. Nussbaumer/Exenberger/Neuner: Dorf, Beilage 1

Es ist gut Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Es war sehr gut. Genesis 1,1.31a

VERNETZUNGEN

Erfahrungsschatz der Kirche ...

BMS 2 - frei gelassen

„Ihicimus Dieser alleinige wahre Gott hat in seiner Güte und ,allmächtigen Kraft‘ – nicht um Vollkommenheit zu erwerben, sondern um seine Vollkommenheit zu offenbaren durch die Güter, die er den Geschöpfen gewährt – von Anfang der Zeit an aus nichts zugleich beide Schöpfungen geschaffen, die geistige und die körperliche. 1. Vatikanisches Konzil, DS 3002

4

Der Dreikampf

Das Ei des Kolumbus.

Wollte der Mensch die ganze Klasse der Säugetiere zu einem sportlichen Wettbewerb herausfordern, der auf Vielseitigkeit ausgerichtet ist und beispielsweise aus den Aufgaben besteht, 30 km weit zu marschieren, 15 m weit und 5 m tief unter Wasser zu schwimmen, dabei ein paar Gegenstände heraufzuholen und anschließend einige Meter an einem Seil emporzuklettern, was jeder durchschnittliche Mann kann, so findet sich kein einziges Säugetier, das ihm diese drei Dinge nachzumachen imstande ist. Konrad Lorenz, in: Trutwin: Mensch, 107

Ist der Mensch religiös?  –  Mensch | Welt | Religion

Klaus Staeck, 1983.

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MENSCH | WELT | RELIGION  BEVÖLKERUNGSENTWICKLUNG – FLEISCHPRODUKTION

WASSERVERFÜGBARKEIT FÜR BEWOHNERiNNEN 2005 – 2025

2005

10 BewohnerInnen

Themenbereich_01

Weiterarbeiten

5 kg Fleischproduktion (pro Kopf und Jahr)

2025

Das ist ein Muskel, „DieHerz Erschaffung Adams“man ist ein muss ihn gu oft reproduzierter Ausschnitt aus dem Deckenfresko des Malers Michelangelo Buonarroti in der  Sixtinischen Kapelle des PetersZähle doms in fsfassf Rom aus dem Jahre 1512. wmc  Was hat fdsfsfasfsdfsf

LEBENSSTANDARD UND VERSORGUNGSPOTENTIAL nach nordamerikanischem Standard (38 Menschen)

nach südasiatischem Standard (154 Menschen)

1 BewohnerInnen (Farbe je nach Wasserstatus) BewohnerInnen, die nach nordamerikanischem Standard ernährt werden könnten BewohnerInnen, die nach nordamerikanischem Standard nicht ernährt werden könnten BewohnerInnen, die nach südasiatischem Standard ernährt werden könnten

VERTEILUNG DER VERMÖGENSWERTE

 Deuten Sie die Zeichnung von Ivan Steiger, indem Sie sie mit Sprechblasen und passenden Aussagen versehen!  Im Bild von Michelangelo berühren sich Himmel und Erde, Mensch und Gott. Erläutern Sie Berührungspunkte, die sich im Blick auf die vorgestellten Fakten ergeben und vergleichen Sie ihre Ergebnisse mit dem Zitat der Ökumenischen Weltversammlung!

SPRACHEN Spanisch (5) Englisch (6) Russisch (3) Arabisch (7) Bengali (3) Hindi / Urdu (7)

 Erörtern Sie den Befund der Doppelseite als Herausforderung an junge Christinnen und Christen!

Portugiesisch (3) Japanisch (2)

  Nichrifft. Beschreiben Sie anhand einiger dfsffsfff in welcher Welt wir Eckpunkte, leben!

Chinesisch (20) (Mandarin etc.)

Deutsch (2) andere (42)

BewohnerInnen jeweiliger Muttersprache

Anteile am Gesamtvermögen

INTERRELIGIÖSE DIALOGE

Humorvoll betrachtet ...

Wir achten den Lebensraum anderer Lebewesen Islam „Wir bekräftigen, Schauen Sie diedass Buchstaben die Erde Gott genau gehört. an. Das Land und die Gewässer bedeuten Leben für die Menschen … Wir bekräftigen deshalb, dass das Land Gott gehört. Der Mensch soll Boden und Gewässer so nutzen, dass die Erde regelmäßig ihre lebensspendende Kraft wiederherstellen kann, dass ihre Unversehrtheit geschützt wird und dass die Tiere und Lebewesen den Raum zum Leben haben, den sie brauchen. Wir werden jeder Politik widerstehen, die Land als bloße Ware behandelt … Wir verpflichten uns zur Solidarität mit Urvölkern, die um ihre Kultur, ihre Spiritualität und ihre Rechte auf Grund und Boden sowie auf Gewässer kämpfen. Wir verpflichten uns zur Solidarität mit Landarbeitern und armen Bauern, die sich für eine Bodenreform einsetzen, sowie mit den Saisonlandarbeitern. Wir verpflichten uns außerdem, den ökologisch notwendigen Lebensraum anderer Lebewesen zu achten.“ Achte der „Zehn Grundüberzeugungen“, Ökumenische Weltversammlung, Seoul 1990. (de.wikipedia.org/wiki/Konziliarer_Prozess)

Ist der Mensch religiös?  |  Mensch – Welt – Religion

Steiger: Bibel, 13

5


Themenbereich_01

Ausgangspunkte

Seit den 1970er-Jahren gewinnt für die westliche Kultur „Wellness“ immer mehr an Bedeutung. Der Begriff meint einen Zustand von Wohlbefinden und Zufriedenheit und besteht aus den Faktoren Selbstverantwortung, Ernährungsbewusstsein, körperliche Fitness, Stressmanagement und Umweltsensibilität. Im Einklang mit diesem ganzheitlichen Ansatz lässt sich Wellness als Harmonie von Körper, Geist und Seele begreifen. Laut Zahlen des Wirtschaftsforschungsunternehmens Global Insight wird der jährliche Umsatz der Wellness-Branche in Deutschland auf rund 73 Milliarden Euro geschätzt. Bild: © Trueffelpix – Fotolia.com

MENSCH | WELT | RELIGION 3. Woraus schöpft der Mensch Sinn? – Fünf Dimensionen von Sinn Eine breit angelegte Interviewstudie der Psychologin Tatjana Schnell an den Universitäten Trier und Innsbruck hat ermöglicht, einen umfassenden Katalog von Lebensbedeutungen zu identifizieren. Weitere Analysen haben daraufhin ergeben, dass man fünf Bereiche der Sinnfindung oder -stiftung unterscheiden kann: Selbsttranszendenz (vertikal), Selbsttranszendenz (horizontal), Selbstverwirklichung, Ordnung und Wir- und Wohlgefühl. Jeder Mensch weist in diesen fünf Bereichen entweder eine unterdurchschnittliche, eine durchschnittliche oder eine überdurchschnittliche Ausprägung auf. Man kann mehr als eine dieser Dimensionen als zentral in seinem Leben ansehen, oder auch keine (in diesem Fall kann man von einer geringeren Sinnerfüllung ausgehen). Berechnungen haben gezeigt, dass horizontale Selbsttranszendenz, vertikale Selbsttranszendenz und Selbstverwirklichung den größten Einfluss auf Sinnerfüllung haben (in der angegebenen Reihenfolge). Ein besonders wichtiges Ergebnis der Forschung weist auf, dass man das eigene Leben als umso sinnvoller erlebt, je mehr Sinnquellen zur Verfügung stehen und je balancierter diese sind: Es wird also positiv erlebt, wenn man Lebenssinn aus verschiedenen Dimensionen schöpft (z. B. nicht nur aus vertikaler Selbsttranszendenz, sondern gleichzeitig auch aus Wir- und Wohlgefühl; nicht nur aus Selbstverwirklichung, sondern gleichzeitig auch aus vertikaler Selbsttranszendenz, etc.).

Dimension 1: Vertikale Selbsttranszendenz

Menschliches Alter Ein Kind weiß nichts von sich, ein Knabe denket nicht, ein Jüngling wünschet stets, ein Mann hat immer Pflicht, ein Alter hat Verdruss, ein Greis wird wieder Kind: Schau, lieber Mensch, was dies für Herrlichkeiten sind. Friedrich von Logau (1604–1655)

Fragen Ich bin, ich weiß nicht wer. Ich komme, ich weiß nicht woher. Ich gehe, ich weiß nicht wohin. Mich wundert, dass ich so fröhlich bin.

Unter vertikaler Selbsttranszendenz versteht man die Einbindung des eigenen Lebens in einen größeren Gesamtzusammenhang, der Geschehen und Gesetzmäßigkeiten auf dieser Erde überschreitet. Ein religiöser Glaube ist eine Transzendenzeinbindung. Ebenso kann aber auch eine unspezifische Ahnung, dass es noch etwas anderes gibt, der Glaube an Schicksal und höhere Mächte als Transzendenzeinbindung angesehen werden. Generell zeigen die Ergebnisse, dass der Glaube an eine andere Wirklichkeit mit Sinnerfüllung einhergeht. Wichtig ist dabei die Echtheit dieser Orientierung.

Dimension 2: Horizontale Selbsttranszendenz

Der Begriff „horizontale Selbsttranszendenz” fasst all jene Orientierungen zusammen, die sich durch praktische Verantwortungsübernahme und Engagement für einen höheren Wert auszeichnen. Dieser kann altruistisch ausgerichtet sein, wie soziales Engagement, Natur-

verbundenheit oder Generativität, also der Wunsch, etwas zur Verbesserung der Gesellschaft oder der Menschheit beizutragen, sich aber auch auf die eigene Person beziehen, wie Gesundheitsorientierung oder eine hohe Bedeutsamkeit von Selbsterkenntnis. Das Absehen von sich selbst im Engagement für andere Menschen oder die Natur, aber auch das Absehen von momentanen Wünschen und Bedürfnissen hin auf ein größeres Ziel, wie Gesundheit oder das Erlangen von Selbsterkenntnis, gehen mit der Wahrnehmung einher, dass das, was man tut, bedeutungsvoll ist.

Dimension 3: Selbstverwirklichung

Unter Selbstverwirklichung versteht man eine Konzentration auf die eigenen Stärken, Potentiale und Entwicklungsmöglichkeiten. Lebensbedeutungen, die dazu gezählt werden, sind Herausforderung, Individualismus, Entwicklung, Kreativität, Macht, Freiheit und Wissen. Lebensbedeutungen, die dem Bereich Selbstverwirklichung zugeordnet werden können, gehen häufig mit Sinnerleben einher.

Dimension 4: Ordnung

Die Dimension Ordnung fasst Lebensbedeutungen zusammen, die durch Bewahrung, Sachlichkeit und Bodenständigkeit gekennzeichnet sind. So zählen Tradition, Moral, Vernunft und Bodenständigkeit zu dieser Dimension. Lebensbedeutungen dieses Bereichs weisen den geringsten Zusammenhang zu Sinnerfüllung auf, obwohl auch hier noch eine geringe Korrelation besteht.

Dimension 5: Wir- und Wohlgefühl

Die Dimension Wir- und Wohlgefühl fasst eine Orientierung zusammen, die auch als Selbst- und Nächstenliebe umschrieben werden könnte: Hier geht es darum, einerseits die eigenen Bedürfnisse nach Wohlgefühl wahrzunehmen und zu erfüllen, andererseits den Kontakt und die Gemeinschaft mit anderen Menschen zu pflegen und feiern. Typische Lebensbedeutungen in diesem Bereich sind die heute immer wichtiger werdende Wellness, also körperlich-seelische Entspannung und Genuss; aber auch Rituale und Achtsamkeit spielen eine Rolle, im Sinne eines sehr bewussten Umgangs mit den verschiedenen Phasen des Tages, des Jahres, des Lebens. Harmonie in Bezug auf ein inneres Gleichgewicht und ein harmonischer Umgang mit anderen Menschen zählen zu Wir- und Wohlgefühl, ebenso wie Liebe und Romantik, Gemeinschaft, Fürsorge und Spaß und Humor.

Angelus Silesius (1624–1677)

VERNETZUNGEN

Erfahrungsschatz der Kirche ... Der Mensch ist „in Leib und Seele einer“. Die Glaubenslehre sagt, dass die geistige, unsterbliche Seele unmittelbar von Gott erschaffen ist. KKK, 382

Den Menschen hast du nach deinem Bild geschaffen und ihm die Sorge für die ganze Welt anvertraut. Römisches Messbuch, Viertes Hochgebet

Aus der Shell-Jugendstudie 2010

Wie baut man ein Labyrinth?

Seit 1952 beauftragt Shell in Deutschland Forschungsinstitute mit der Erstellung von Studien, um Sichtweisen und Stimmungen von Jugendlichen zu dokumentieren. Die 16. Shell-Jugendstudie präsentiert neben der Sicht auf die Jugendgeneration auch konkrete Denk- und Diskussionsanstöße.  www.shell.de

Wertorientierungen: Pragmatisch, aber nicht angepasst Jugendliche im Alter von 12 bis 25 Jahren (Angaben in %) 97 95

Gute Freunde haben Gutes Familienleben führen

85

Eigenverantwortlich leben und handeln

85 79

Phantasie und Kreativität entwickeln Fleißig und ehrgeizig sein

76

Das Leben in vollen Zügen genießen

72

Hohen Lebensstandard haben

63 55

Eigene Bedürfnisse durchsetzen

90

83 83

78

69

59

58 55

Sozial Benachteiligten helfen 37 38

An Gott glauben Das tun, was die anderen auch tun

92

14 16

2010 2002 Quelle: 16. Shell Jugendstudie, Stand: 2010

8

Ist der Mensch religiös?  –  Mensch | Welt | Religion


MENSCH | WELT | RELIGION Dimensionen von Lebenssinn D1 Selbsttranszendenz vertikal

D2 Selbsttranszendenz horizontal

D3 Selbstverwirklichung

D4 Ordnung

Lebensbedeutungen

Sinn durch ...

S1

Explizite Religiosität

persönliche Gottesbeziehung

S2

Spiritualität

Orientierung an anderer Wirklichkeit / Schicksalsglaube

S3

Soziales Engagement Eintreten für Gemeinwohl oder Menschenrechte

S4

Naturverbundenheit

Einklang und Verbundenheit mit der Natur

S5

Selbsterkenntnis

Suche nach und Auseinandersetzung mit dem Selbst

S6

Gesundheit

Erhalt und Förderung von Fitness und Gesundheit

S6

Generativität

Tun oder Erschaffen von Dingen mit bleibendem Wert

S8

Herausforderung

Suche nach Neuem, Abwechslung und Risiko

S9

Individualismus

Individualität und Ausleben von Potentialen

S10 Macht

Kampf und Dominanz

S11 Entwicklung

Bewegung, Veränderung und Zielstrebigkeit

S12 Leistung

Kompetenz und Erfolg

S13 Freiheit

Ungebundenheit und Selbstbestimmung

S14 Wissen

Hinterfragen und Verstehen dessen, was ist

S15 Kreativität

Ästhetik, Phantasie und schöpferische Gestaltung

S16 Tradition

Festhalten an Ordnung, Bewährtem und Gewohntem

S17 Bodenständigkeit

Pragmatismus und Anwendungsbezug

S18 Moral

Orientierung an Richtlinien und Werten

S19 Vernunft

abwägendes, rationales Handeln

S20 Gemeinschaft

menschliche Nähe und Freundschaft

S21 Spaß

Humor und Vergnügen

S22 Liebe

Romantik und Intimität

D5 Wir- und Wohlgefühl S23 Wellness

Wohlgefühl und Genuss

S24 Fürsorge

Fürsorglichkeit und Hilfsbereitschaft

S25 Bewusstes Erleben

Achtsamkeit und Rituale

S26 Harmonie

Gleichklang mit sich selbst und anderen

Themenbereich_01

Weiterarbeiten

Das Labyrinth in der Kathedrale von Chartres/Frankreich, um 1200 entstanden, ist ein Lehrbuch des inneren Weges. Es weist einen Durchmesser von etwa 12,5 Meter und eine Weglänge von 261,55 Meter auf.  Foto: wmc CC BY-SA 3.0 Daderot

 Zählen Sie die fünf Dimensionen von Lebenssinn auf!  Erläutern Sie jene Dimensionen, die aus Ihrer Sicht gegenwärtig besonders wichtig scheinen!  Erklären Sie den Unterschied zwischen Labyrinth und Irrgarten, und erläutern Sie die Symbolkraft eines Labyrinths für den Lebensweg!  Der Dimension „Wir- und Wohlgefühl“ ist der Spaß zugeordnet. Nehmen Sie dazu Stellung! Beziehen Sie die Karikatur mit ein!

www.sinnforschung.org – Vgl. Tatjana Schnell, Implizite Religiosität. Zur Psychologie des Lebenssinns. Lengerich: Pabst 22009

INTERRELIGIÖSE DIALOGE

Humorvoll betrachtet ...

Dort, mitten im Leben, ist der Ort, wo Gottes Geist zum Zuge kommen will Islam Der große Sie Schauen Kirchenlehrer die Buchstaben Aurelius genau Augustinus an. (354–430) beschreibt in seinen „Confessiones“ (Bekenntnisse), wie oft banal klingende Kleinigkeiten einen suchenden Geist fesseln können: „Vieles andere gab es da, was mein Herz von neuem fesselte: Gespräche und Scherze, gegenseitige wohlwollende Hingebung, gemeinschaftliches Lesen von Büchern angenehmen Inhalts, Tändeleien und gegenseitige Höflichkeit, bisweilige Meinungsverschiedenheit ohne Haß, wie es der Mensch wohl selbst mit sich tut und eine Würze der meist herrschenden Übereinstimmung durch höchst seltene Verschiedenheit der Ansichten; gegenseitige Belehrung, gegenseitiges Lernen, die Abwesenden ungern vermissen, die Kommenden mit Freude empfangen. Derartige Äußerungen gehen aus dem Herzen der einander Befreundeten durch Vermittlung des Mienenspiels, der Sprache, der Blicke und tausend freundliche Gebärden und schmelzen die Gemüter wie durch Zündstoff zusammen und schaffen aus vielen ein einziges.“ Augustinus, Confessiones, 4,8 Ist der Mensch religiös?  |  Mensch – Welt – Religion

Steiger: Bibel, 29

9


Themenbereich_01

Ausgangspunkte

MENSCH | WELT | RELIGION 9.1 Die 13 Dimensionen von Religion Religionen kann man als Zeichensysteme verstehen, die sich im Dialog mit anderen Zeichensystemen der Kultur herausbilden und entfalten. Religionen sind Vielfalt. Es ist unmöglich, ihnen begrifflich umfassend gerecht zu werden. Hier werden 13 Dimensionen von Religion benannt; sie verdeutlichen am Beispiel des Christentums, wie vielschichtig Religion in die europäische Kultur eingebunden ist.

Echt fromm sein Wir wollen gleich zu Anfang erklären, was Religion alles nicht ist. – Eine Sache zum Auswendiglernen, wofür man Punkte bekommt, wenn man alles schön aufsagen kann. – Ein Gefühl, das man ein- oder zweimal im Jahr aus der Kiste zieht, wenn Weihnachten ist oder man zu einer Beerdigung muss. – Eine Einrichtung, die Menschen für dumm verkauft, ihnen erklärt, wen sie wählen müssen, welche Zeitung die richtige für sie ist. – Eine Lehre, die einen dazu bringt, alles, was „von oben“ kommt – von der Regierung, der Polizei, der Schulleitung usw. – für gut und richtig zu halten. Das alles ist nicht Religion, sondern eine merkwürdige Mischung aus Dummheit, Gehorsam, Gefühllosigkeit, Abstumpfung und Feigheit, mit einem dünnen Aufguss von Gott angerührt. Wirkliche Religion, also wenn jemand echt fromm ist, ist ganz anders. Ein richtiger Christ hat Glaubenszweifel und Schwierigkeiten, mit allem was dazugehört: – mit der Kirche und ihren Vertretern; – mit der Bibel und ihren Auslegern; – mit Jesus und was daraus geworden ist; – mit Gott – und da wissen wir noch nicht einmal, ob wir er oder sie von Gott sagen sollen. Sölle/Steffensky: Ja und Amen, 11

Narrative Dimension

Erzähltraditionen, die identitätsstiftend wirken: Bibel, Legenden, geistliches Erzählgut, Erbauungsliteratur; religiöse Romane und Filme.

Historische Dimension

Geschichtliches Erbe, auch Erinnerung an historische Krisen und Konflikte: Entstehungszeit, Kämpfe zwischen Orthodoxie und Heterodoxie, Zeiten der Verfolgung und Kreuzzüge, Reformation, Hexenverbrennung, heilige und prägende Persönlichkeiten; regionale und familiäre Überlieferungen.

Weltanschaulich-kognitive Dimension

Begrifflich-systematische Darstellungen der religiösen Weltansicht und der Glaubensinhalte: Glaubensbekenntnisse und Kurzformeln des Glaubens; Katechismen, Lehrschreiben und Dogmen; Theologien.

Ethische Dimension Gebote, Normen, Werte und Tugenden.

Politische Dimension Impulse für die Gestaltung der Gesellschaft; Kampf für eigene politische Interessen und Ziele; Beiträge zur Meinungsbildung; Denkschriften, Stellungnahmen und Aktionen.

Ökonomische Dimension

Geld und Besitz: Spenden, Kirchensteuer (Kirchenbeitrag) und Zuschüsse; Vermögen und Grundbesitz; Bezahlung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Institutionelle Dimension

Kirchliche Einrichtungen und Verwaltungen: Klerus und Ämter; Kirchenrecht; kirchliche Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser, Telefonseelsorge u. v. a.

Pädagogisch-wissenschaftliche Dimension Katechese und Religionsunterricht, Akademien, Medienarbeit; theologische Hochschulen und Fakultäten.

Soziale Dimension

Gemeinschaften und Zusammenschlüsse: zum Beispiel Gemeinden, Klöster, Orden; kirchliche Vereine, Bibelkreise, Weltjugendtreffen, Kirchenchöre, MinistrantInnengruppen.

Kultisch-rituelle Dimension Gottesdienste, Sakramente, Riten; Feste und Brauchtum, Prozessionen, Wallfahrten.

Emotionale und spirituelle Dimension Lebensgefühl, Atmosphäre christlicher Gemeinschaften, seelische Beheimatung, geistliche Formung; Rhythmus und Feste des Kirchenjahres.

Ästhetische Dimension Architektur (Kirchen, Kapellen, Klöster), Bilder, Musik (Lieder, Messen und Orgelwerke), religiöse Gedichte, Gesänge und Gebete; kirchliche Museen.

Symbolische Dimension Symbole und ikonografische Traditionen, zum Beispiel Kreuz, Madonna; Gottes- und Christusbilder; Himmel und Hölle, Engel, Teufel; Paradies, Arche Noah usw.; Kreuzweg, Kreuzigung, Pietà; Pfingsten/Heiliger Geist. Anmerkung: Zwischen den verschiedenen Dimensionen gibt es vielfältige Überschneidungen; und natürlich sind die Stichwörter zu den einzelnen Dimensionen keineswegs vollständig.

Erfahrungsschatz der Kirche ...

VERNETZUNGEN

Der Glaube ist das Persönlichste eines Menschen, aber er ist dennoch keine Privatsache. Wer glauben will, muss sowohl „ich“ als auch „wir“ sagen können, denn ein Glaube, den man nicht teilen und mitteilen kann, wäre irrational. Der einzelne Gläubige gibt seine freie Zustimmung zum „Wir glauben“ der Kirche.

Die Religionsphänomenologie beschäftigt sich mit individuellen Grundphänomenen des Religiösen und ihrer Beziehungen zueinander, also Fragen wie das Heilige und religiöse Vorstellungswelten wie Gottesglaube, Urzeit, Endzeit oder Jenseits. In der Religionsanthropologie steht allerdings der Mensch in seiner geistigen Entwicklung im Mittelpunkt der Betrachtungen und nicht das Phänomen als solches.

KKK, 166–169, 181, nach: Youcat 24

20

Religionen in Europa.

Die Religionsgeschichte konzentriert sich auf die äußeren und inneren Abläufe der historischen Entwicklungen von Religionen, auf spezifische Phänomene und Formen sowie auf ökonomische, politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen, die dabei jeweils zu beobachten sind bzw. waren. Ist der Mensch religiös?  –  Mensch | Welt | Religion

Quelle: Rüdiger Kaldewey, Franz W. Niehl: Grundwissen Religion. München: Kösel 42013; Bearbeitung und Grafik: Heinz Finster.

Sonntag für Sonntag werden tausende Gottesdienste gefeiert.      Foto: Sonntagsblatt


MENSCH | WELT | RELIGION 9.2 Religiöses Leben in Europa

Themenbereich_01

Weiterarbeiten

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes der Bundesrepublik Deutschland gehörten im Jahr 2001 mindestens 85 Prozent der EU-Bevölkerung einer Religionsgemeinschaft an. Eine Umfrage im Rahmen des Eurobarometers verdeutlicht, dass diese Mitgliedschaft für die einzelnen Menschen eine sehr unterschiedliche Bedeutung haben kann: 52 Prozent der Befragten in den EU-25-Staaten glaubten Anfang 2005 an einen Gott. 27 Prozent glaubten an eine andere spirituelle Kraft, 18 Prozent glaubten weder an einen Gott noch an eine andere spirituelle Kraft. Alle Werte zu den einzelnen EU-Staaten sowie eine Themengrafik „Religionszugehörigkeit“ sind informativ aufbereitet auf der hervorragenden Homepage der Bundeszentrale für politische Bildung: http://www.bpb.de

Religiöser und spiritueller Glaube (Teil 1) Religiöser und spiritueller Glaube (Teil 1) Eurobarometer-Umfrage,Angaben Angaben Prozent Bevölkerung, ausgewählte europäische Staaten, Eurobarometer-Umfrage, inin Prozent derder Bevölkerung, ausgewählte europäische Staaten, 2005 2005 Ich glaube, dass es eine andere spirituelle Kraft gibt. Europäische Union (EU-25)

Ich glaube nicht, dass es einen Gott oder eine andere spirituelle Kraft gibt.

52

Malta

27

18 95

Ich glaube, dass es einen Gott gibt.

Türkei

3 1

3

1

95 2

1

Zypern

90

7 2

Rumänien

90

8

Griechenland

81

Portugal

81

Polen

12

Italien Irland

16

73

6

61 2) Religiöser und spiritueller Glaube (Teil Religiöser und spiritueller Glaube (Teil 1)

3 1

26

3

 Skizzieren Sie den Gedankengang von Sölle/Steffensky! Finden Sie dazu eine grafische Lösung!

1

3

22

Slowakei

 Erklären Sie, was mit „ästhetischer“ Dimension von Religion gemeint ist!

1

6 1

15

74

1

1

16

80

Glaube spricht in der Sprache der Zeichen: Das Kreuz ist im Christentum Erkennungs- und Bekenntniszeichen.  Foto: © rawinfoto – Fotolia.com

weiß nicht

1

4 11 2

SpanienEurobarometer-Umfrage, 59 21 europäische 18 2005 2 Eurobarometer-Umfrage,Angaben Angaben Prozent Bevölkerung, ausgewählte Staaten, 2005 inin Prozent derder Bevölkerung, ausgewählte europäische Staaten, Österreich Litauen

54 0

10

20

30

40

Schweiz

49

50

34 60

70

80

48

Finnland

41

Großbritannien

38

Island

38

Lettland 34

Niederlande

34

Norwegen

32

Dänemark

31

Schweden

10

25

3

47

Ich glaube, dass es eine andere spirituelle Kraft gibt.

5

17

49

40

50

60

4 1

19

1

23

1

30

54 70

26 80

 Problematisieren Sie die katholische Position in Bezug auf den Glauben zwischen „ich“ und „wir“!

27 2

53

30

3

33

50

20

 Erörtern Sie die Dimensionen von Religion am Beispiel der Aussage über den Buddhismus als Zeichensystem. Erörtern Sie Gemeinsamkeiten mit dem Christentum!

3

10

Ich glaube nicht, dass es einen Gott oder eine andere spirituelle Kraft gibt.

37

Seite 1

1

11

49 27

16 0

4

20 2 48

19

Estland

3 100 Prozent

16

40

23

Tschechische Republik

12 9

41

37

Frankreich

90

39

Quelle: Europäische Kommission: Special Eurobarometer: Social values, Science and Technology, June 2005 Lizenz: Creative Commons by-nc-nd/3.0/de Deutschland 47 25 Bundeszentrale für politische Bildung, 2012, www.bpb.de

Ich glaube, dass es einen Gott gibt.

36

weiß nicht 4

8

90

Quelle: Europäische Kommission: Special Eurobarometer: Social values, Science and Technology, June 2005 Lizenz: Creative Commons by-nc-nd/3.0/de Bundeszentrale für politische Bildung, 2012, www.bpb.de

 Interpretieren Sie das Diagramm. Suchen Sie nach Gründen für diese Entwicklung! Belegen Sie dies im Besonderen für Österreich und Estland!

4 100 Prozent

Seite 2

INTERRELIGIÖSE DIALOGE

Humorvoll betrachtet ...

Der Buddhismus als Zeichensystem Religion ist ein ausgezeichneter Lernort für Körpersprache. Feste mit Tänzen, Spielen, Leibesübungen und musischen Agonen (Wettkämpfen) bieten ein reiches Repertoire an Rollen und Szenarien. Religionen ordnen auch den Teilen des Körpers Zeichenwerte zu, etwa den abtrennbaren Teilen wie Fingernägeln, Haaren und Körperflüssigkeiten. Diese einst Teil der Person gewesenen, nun „toten“ Objekte werden als unrein, ekelerregend, aber auch zauberkräftig und sakral angesehen. Dazu kommt eine ikonographische Ausbildung von Elementen der Körpersprache zu Zeichensystemen, etwa in den indischen Religionen und ihren mudras, symbolischen Hand- und Fingerstellungen. Der Buddha im Lotussitz mit den Händen zum Dharmachakra-mudra geformt gehört zu den häufigsten Darstellungen. Dieses Mudra symbolisiert die Bewegung des Rades, die stetige Bewegung der Lehre, die ständig allen Wesen übermittelt wird. Hans Hödl Steiger: Bibel, 293

Ist der Mensch religiös?  |  Mensch – Welt – Religion

21


Themenbereich_01

Ausgangspunkte

MENSCH | WELT | RELIGION 10.1 Glauben = Vertrauen = Grundstruktur des Lebens Gottsuche

Wortbedeutung von „Glauben“

FRANZ VON SALES: „Die Zeit, Gott zu suchen, ist dieses Leben; die Zeit, ihn zu finden, ist der Tod; die Zeit, ihn zu besitzen, ist die Ewigkeit.“

Niklas zu Anne: „Glauben? Ich glaube nur, was ich sehen und anfassen kann.“ Anne zu Niklas: „Dann lass mich mal deinen Verstand sehen und anfassen!“ Foto: Fotolia

Follow me In einer Stadt hat ein Artist sein Hochseil gespannt und führt vor einem großen Publikum seine Kunststücke vor. Zum Abschluss schiebt er auch noch eine Schubkarre über das Seil. Er erntet donnernden Applaus. Da fragt der Seiltänzer die Menge: „Trauen Sie mir zu, dass ich die Schubkarre auf dem gleichen Weg wieder zurückschieben kann?“ Begeistert klatschen alle und rufen „Ja“. Da lacht er und fragt weiter: „Wer kommt zu mir herauf und setzt sich in die Karre?“

… muss schweigen Die Schüler waren in eine Diskussion vertieft über den Ausspruch LaoTses (chinesischer Weiser, 4.–3. Jh. v. Chr.): „Der Wissende redet nicht. Der Redende weiß nicht.“ Als der Meister dazu kam, fragten sie ihn, was die Worte genau bedeuteten. Sagt der Meister: „Wer von euch kennt den Duft einer Rose?“ Alle kannten ihn. Dann sagte er: „Kleidet ihn in Worte.“ Alle schwiegen.

MEISTER ECKHART: „Wer Gott sucht, wer ihn denkt und ihn liebt, der ist bei Gott und ist in Gott, und Gott ist in ihm.“ BERNHARD VON CLAIRVAUX: „Du musst nicht über die Meere reisen, musst keine Wolken durchstoßen und musst nicht die Alpen überqueren. Der Weg, der dir gezeigt wird, ist nicht weit. Du musst deinem Gott nur bis zu dir selbst entgegengehen. Denn das Wort ist dir nahe. Es ist in deinem Mund und in deinem Herzen.“ TERESA VON ÁVILA: „Und dann darf man einem so lieben Gast gegenüber nicht fremd tun. In aller Demut kann man mit ihm reden wie mit einem Vater ... “ MADELEINE DEL BRÉL: „Wenn du an das Ende der Welt gehst, findest du die Spuren Gottes. Steigst du in den Grund deiner Seele, findest du ihn auch dort.“ ROMANO GUARDINI: „Heute habe ich zum ersten Mal verstanden, was es heißt, alle Dinge sprächen von Gott ... Er steht hinter jeder Faser Wirklichkeit. Alles ist immerfort durch ihn. Wer das erfährt, erfährt ihn in allem.“ EDITH STEIN: „Wer Gott nicht findet, der gelangt auch nicht zu sich selbst.“ GEORGE HARRISON: „Alles hat Zeit. Nur die Suche nach Gott nicht.“

Ich glaube an etwas   Inhalt, Sache, Aufgabe, … Ich glaube jemandem   Person (Freund/Freundin, Idol/Vorbild), Gott

Ich glaube dir Vertrauensebene Ich vertraue dir, Ich vertraue Gott in seiner Botschaft

Ich glaube an dich Beziehungsebene Ich liebe dich, du liebst mich, Gott liebt mich, ich will Gott lieben

Glauben vom lat. Wort „credere“ (cor dare) heißt „das Herz schenken, geben“; das althochdeutsche Wort „gelouben“ heißt „sich etwas lieb oder vertraut machen“, beides ist Ausdruck einer personalen Beziehung

Glaube betrifft den ganzen Menschen Ich – Du

Das ICH des Menschen (individuelles Element) Jeder Mensch hat eine religiöse Anlage. Er steht als Einzelner vor dem, was ihm heilig ist. Religion will dem Einzelnen helfen, sein Leben und seine Erfahrungen zu deuten, Angst zu bewältigen und Krisen zu bestehen. Die ICH-DU-Beziehung des Menschen (soziales und institutionelles Element) Der Mensch will in Gemeinschaft leben. Zusammen mit dem Nächsten gestaltet er sein Leben. Gruppen bilden meist feste Formen und Verhaltensregeln (Institutionen). Religiöse Vollzüge wirken gemeinschaftsbildend und wirken auf das gesellschaftliche Bewusstsein ein (Werte, Sozialethik). Umgekehrt bewirken gesellschaftliche Verhältnisse auch Veränderungen der Religionen.

Seele, Gefühl – Verstand, Ratio

Der Mensch mit Gefühlen, Emotionen und Seele (mystisches und emotionales Element) In Religionen geht es wesentlich um „Erfahrung“, d. h. Erlebnisse, die einen tiefen Eindruck im Menschen hinterlassen und durch die sich seine Einstellung zum Leben verändert. Solche Erfahrungen werden anderen mitgeteilt und zu vermitteln versucht; mit den Erfahrungen können andere mitgerissen werden. / Gefahr: Sentimentalität. Der Mensch mit Vernunft, Verstand, Ratio (rationales Element) Religiöse Spekulation und Theologie versuchen, das Religiöse zu ordnen; es tritt meist dem Emotionalen entgegen. Gefahr: Reines Spekulieren und Reden vom Glauben, ohne ihn zu leben.                      Religion am Gymnasium Hartberg, Themen 02

Anthony de Mello

Erfahrungsschatz der Kirche ...

VERNETZUNGEN

Auch wenn der Glaube über der Vernunft steht, so kann es dennoch niemals eine wahre Unstimmigkeit zwischen Glauben und Vernunft geben: denn derselbe Gott, der die Geheimnisse offenbart und den Glauben eingießt, hat in den menschlichen Geist das Licht der Vernunft gelegt.

Die Religionspsychologie beschäftigt sich mit dem anthropologischen Aspekt der Religion in seiner zeitlichen Entwicklung nur am Rande (etwa beim Archetypus) und konzentriert sich auf den Ist-Zustand, wobei vor allem mit den praktischen Mitteln der Psychologie und Tiefenpsychologie gearbeitet wird, etwa bei der Untersuchung des Gewissensproblems.

KKK 158

22

Die Seele ist ein weites Land.

Die Religionsanthropologie deutet den Menschen im Rahmen der christlichen Glaubenslehre und seiner Gottesebenbildlichkeit und ist eng mit der Christologie verbunden.

Ist der Mensch religiös?  –  Mensch | Welt | Religion


MENSCH | WELT | RELIGION 10.2 Warum Glauben vernünftig ist

Themenbereich_01

Weiterarbeiten

Eine Wirklichkeit – verschiedene „Wahrheiten“ Wahrheiten

Gegenstand

Ziel

Wahrheitskriterium

Empirische Wahrheit

die (sinnlich) erfahrbare Welt

Beschreibung von Zusam- Überprüfung im Experiment menhängen; Verwertung der Erkenntnisse

Logische Wahrheit

die Welt des Denkens; gedankliche Gesetzmäßigkeiten;

Erkenntnis / Konstruktion logischer Gesetzmäßigkeiten

Erzählte Wahrheit

die Welt subjektiver Welt- und Lebenserfahrung

eine Erfahrung zum Aus- Authentizität / Echtheit druck bringen, benennen „Ich glaube dir das“

Symbolische Wahrheit

innere / geistige Welt, z. B. Liebe

sichtbar und erfahrbar machen

verstehen, den Sinn erfassen

Religiöse Wahrheit

Gott, Sinn, letzte Wirklichkeit

Gotteserkenntnis, Selbsterkenntnis

Glaubensgewissheit, innere Befreiung, Gelassenheit

Widerspruchsfreiheit; logische Beweisführung

Biblisches Urbild für das vom Menschen immer wieder geforderte Aufbrechen ins Ungewisse ist Abraham, der zunächst gut situiert als Halbnomade im Gebiet des heutigen Irak lebt und von Gott aufgefordert wird, in ein Land aufzubrechen, das ihm verheißen ist (Gen 12). Wiener Genesis: Verheißung an Abraham, 3. Viertel des 6. Jahrhunderts, Kleinasien.

Prero, 207

Die Merkmale des Glaubens

Die Grundsätze der Theologie

1. Der Glaube ist eine Gnade Der Glaube ist ein Geschenk Gottes, eine von ihm eingegossene übernatürliche Tugend. 2. Der Glaube ist ein menschlicher Akt Es widerspricht weder der Freiheit noch dem Verstand des Menschen, Gott Vertrauen zu schenken. 3. Der Glaube und der Verstand Der Glaube sucht zu verstehen. Eine tiefere Erkenntnis führt zu einem stärkeren Glauben. 4. Die Freiheit des Glaubens Der Glaubensakt ist seiner Natur nach freiwillig. Niemand darf zum Glauben gezwungen werden. 5. Die Notwendigkeit des Glaubens Glaube ist „notwendig“, um zum Heil und zum ewigen Leben zu gelangen. 6. Das Ausharren im Glauben Glaube ist „in der Liebe wirksam“, von „Hoffnung getragen“, im „Glauben der Kirche verwurzelt“. 7. Der Glaube – Beginn des ewigen Lebens Auf Erden wird Gott „geglaubt“. Im Himmel wird Gott „geschaut, wie er ist“.

■■ Gott existiert. ■■ Gott ist der tragende Grund und Horizont aller Wirklichkeit. ■■ Gott hat Kontakt mit der Welt aufgenommen und sich offenbart. ■■ Diese Offenbarung ist in der Heiligen Schrift niedergelegt und besitzt universale Geltung. ■■ Als Gemeinschaft der Glaubenden hat die Kirche die Aufgabe, diese Offenbarung auszulegen.

Nach KKK, 153–165

KKK, 170

Für jedes Reden von Gott gilt: „Wir glauben nicht an Formeln, sondern an die Wirklichkeiten, die diese ausdrücken und die der Glaube uns zu ‚berühren‘ erlaubt. Der Akt des Glaubenden hat seinen Zielpunkt nicht bei der Aussage, sondern bei der ausgesagten Wirklichkeit (Thomas von Aquin). Doch wir nähern uns diesen Wirklichkeiten mit Hilfe der Glaubensformeln. Diese ermöglichen, den Glauben auszudrücken und weiterzugeben, ihn in Gemeinschaft zu feiern, ihn uns anzueignen und immer mehr aus ihm zu leben.“

INTERRELIGIÖSE DIALOGE

 Geben Sie die Wortbedeutung von „Glauben“ wieder!  Fassen Sie die Aussagen über das Verhältnis von Glaube und Vernunft zusammen!  Wenden Sie die Grundsätze der Theologie auf das Leben der Kirche heute an!  Wählen Sie ein Zitat aus der Spalte „Gottsuche“ aus, erörtern Sie den Inhalt und nehmen Sie dazu Stellung!  Problematisieren Sie das jüdische Glaubensverständnis im Vergleich zum christlichen!

Humorvoll betrachtet ...

Mein Judesein und mein Menschsein sind eines Judentum, so ist oft gesagt worden, ist primär Religion der Tat. Der Glaube, der lebendige Glaube, ist zwar die unabdingbare Voraussetzung für alles religiöse Tun; aber er wird wenig diskutiert und fast nicht definiert; denn die Ausführung der Gebote und das Erlernen dieses Systems absorbieren die seelischen und geistigen Kräfte. Ich kann nicht abgetrennt davon sprechen wie von einem bestimmten und bestimmbaren Bezirk in meinem Leben und meiner Person. Es durchdringt alle Phasen meines Seins, und jede Aufspaltung in das Jüdische zu Hause und das Humane in der Öffentlichkeit lehne ich als Schizophrenie der Diaspora-Existenz ab. Mein Judesein und mein Menschsein sind eines. Schalom Ben-Chorin Steiger: Bibel, 317

Ist der Mensch religiös?  |  Mensch – Welt – Religion

23


Themenbereich_01

Ausgangspunkte

MENSCH | WELT | RELIGION 12. Woran glaubt, wer nicht glaubt? – Religionskritik, Atheismus APOLOGIE DES GLAUBENS

Wer ist Atheist? – Drei Antworten

Seneca

„Das meiste, dessen der Mensch gewiss ist, kennt er durch den Glauben.“

1.

Atheist ist ein Mensch, der das Göttliche in jeder Form leugnet.

2.

Atheist ist jemand, der das theistische Gottesbild ablehnt, also leugnet, dass es eine einzige göttliche Persönlichkeit gibt, welche die Welt lenkt.

3.

Atheist ist jemand, der „falsche“ Gottheiten verehrt, oder die „richtigen“ Gottheiten verehrt, dies jedoch in „falscher“ Weise tut.

Schopenhauer „Alte oder junge Frau?“ – Nur wer den eigenen Blickpunkt in Frage stellen kann, kann neue Perspektiven einnehmen.     Foto: sehtestbilder.de

An sich glauben … Der Clown und das brennende Dorf Ein Reisezirkus in Dänemark war in Brand geraten. Der Direktor schickte daraufhin den Clown, der schon zur Vorstellung gerüstet war, in das benachbarte Dorf, um Hilfe zu holen, zumal die Gefahr bestand, dass über die abgeernteten, ausgetrockneten Felder das Feuer auch auf das Dorf übergreifen würde. Der Clown eilte in das Dorf und bat die Bewohner, sie möchten eiligst zu dem brennenden Zirkus kommen und löschen helfen. Aber die Dörfler hielten das Geschrei des Clowns lediglich für einen ausgezeichneten Werbetrick, um sie möglichst zahlreich in die Vorstellung zu locken; sie applaudierten und lachten bis zu Tränen. Dem Clown war mehr zum Weinen als zum Lachen zumute; er versuchte vergebens, die Menschen zu beschwören, ihnen klarzumachen, dies sei keine Vorstellung, kein Trick, es sei bitterer Ernst, es brenne wirklich. Sein Flehen steigerte nur das Gelächter, man fand, er spiele seine Rolle ausgezeichnet – bis schließlich in der Tat das Feuer auf das Dorf übergegriffen hatte und jede Hilfe zu spät kam, sodass Dorf und Zirkus gleichermaßen verbrannten.

„Nur der kann über diesen Glauben (an geheimnisvolle, übernatürliche Wirkungen) lächeln, der die Welt ganz und gar begreiflich findet. Das kann man aber nur, wenn man mit überaus flachem Blick in sie hineinschaut, der keine Ahnung davon zulässt, dass wir in ein Meer von Rätseln und Unbegreiflichkeiten versenkt sind.“

Pascal

„Ist die Vernunft am weitesten vorgeschritten, so erkennt sie, dass es noch vieles gibt, was sie nicht zu fassen vermag, und kommt sie nicht dahin, so ist sie sehr schwach.“

Drei verschiedene Konzepte von Atheismus Im allgemeinen Sprachgebrauch überwiegt das Verständnis des Atheismus als einer Weltdeutung, die jede Form des Göttlichen leugnet. Dieses enge Verständnis von „Gottlosigkeit“ kennt zwei Grundformen, den theoretischen und den praktischen Atheismus.

Anselm von Canterbury

„Je mehr wir vom Glauben uns genährt haben, desto reicher werden wir gesättigt im Verständnis.“

Theoretischer Atheismus

Der theoretische Atheismus ist ein überwiegend denkerisches und sprachliches Phänomen. Ihm werden alle Äußerungen zugerechnet, die die Existenz Gottes leugnen. Dazu zählen literarische Abhandlungen und akademische Diskurse ebenso wie Gespräche des Alltags.

Praktischer Atheismus

Der praktische Atheismus liegt dort vor, wo Menschen ein Leben führen, in dem die Frage nach einem letzten Sinnhorizont und damit die Frage nach Gott keine Rolle spielt. Dabei ist es unerheblich, ob diese Menschen die Existenz Gottes stillschweigend leugnen, die Frage nach Gott bewusst ausblenden oder sich einfach abgewöhnt haben, sie zu stellen.

Agnostizismus

Als Sonderform des Atheismus gilt der so genannte Agnostizismus. Diese Geisteshaltung will sich in der Frage einer Existenz Gottes nicht festlegen. Sie setzt die Erkenntnismöglichkeiten der menschlichen Vernunft gering an und behauptet, dass der Mensch in keiner Weise von Gott wissen oder mit ihm Kontakt aufnehmen könne. Damit ist Gott faktisch so gut wie geleugnet, denn ein Gott, der für die Menschen in keiner Weise zugänglich ist, muss für diese bedeutungslos bleiben.

Cicero

„Dass Gott existiert, ist so offenkundig, dass ich an der gesunden Vernunft dessen zweifle, welcher ihn leugnet.“

Psalm 13

„Der Tor spricht in seinem Herzen: Es ist kein Gott.“

La Bruyére

„Ich möchte einen nüchternen, mäßigen, gerechten, keuschen Mann finden, der die Existenz Gottes und die Unsterblichkeit der Seele leugnete; dieser wenigstens würde unparteiisch sein; aber einen solchen Mann gibt es nicht. Texte dieser Seiten: Religion am Gymnasium Hartberg, Themen 02

Gleichnis Kierkegaards, in Cox: Stadt, 32

Erfahrungsschatz der Kirche ...

VERNETZUNGEN

Gott ist ein personales Wesen; er ist die Liebe und der Ursprung des Lebens, nicht kalte kosmische Energie. Der Mensch ist von Gott gewollt und geschaffen, aber er ist nicht selbst göttlich. Auch die Natur und der Kosmos sind nicht Gott (Pantheismus). Vielmehr ist der Schöpfer unendlich viel größer und anders als alles, was er geschaffen hat.

Religionsgeographie Wenn die Religionsgeographie das Verhältnis von Religion und geographischer Umwelt thematisiert, so nimmt sie grundsätzlich die hierbei bestehenden Wechselbeziehungen in den Blick: also nicht nur die Prägung der Umwelt durch die Religion (Umweltprägung), sondern umgekehrt auch die Prägung der Religion durch die Umwelt (Umweltabhängigkeit).

KKK, 2110–2128; Youcat, 356

26

Wo geht‘ s hier zu Gott?

Religionsökonomie Die Religionsökonomie fragt danach, inwieweit religiöses Handeln von wirtschaftlichen Bedingungen bestimmt und folglich in ökonomischen Kategorien zu erfassen ist. Andererseits beschäftigt sie sich mit der Frage, was die wirtschaftlichen Folgen religiösen Handelns sind. Ist der Mensch religiös?  –  Mensch | Welt | Religion


Bild: © bittedankeschön – Fotolia.com

Ich sprach von Dir als von dem sehr Verwandten, zu dem mein Leben hundert Wege weiß, ich nannte Dich: den alle Kinder kannten, den alle Saiten überspannten, für den ich dunkel bin und leis. Ich nannte Dich den Nächsten meiner Nächte und meiner Abende Verschwiegenheit, – und Du bist der, den keiner sich erdächte, wärst Du nicht ausgedacht seit Ewigkeit. Und Du bist der, in dem ich nicht geirrt, den ich betrat wie ein gewohntes Haus. Jetzt geht Dein Wachsen über mich hinaus: Du bist der Werdendste, der wird. Rainer Maria Rilke

MENSCH | WELT | RELIGION

Themenbereich_01

Wichtige Begriffe

Weiterarbeiten

Agnostizismus

Lehre von der Unerkennbarkeit des Transzendenten.

anthropomorph

Vorstellung Gottes in menschenähnlicher Gestalt.

Atheismus

ausdrückliche Leugnung Gottes.

Deismus

Glaube an einen Gott, der die Welt erschaffen hat, dann aber keine Einwirkung mehr auf die Natur und Geschichte hat.

Fetischismus

die Verehrung lebloser Dinge, die entweder als besonders krafterfüllt oder als Träger eines Geistes gelten.

Glaube

innere Hinwendung zum Heiligen, das ein Mensch mit den Kräften des Gemütes und des Verstandes sucht und verehrt und mit dem er eine bleibende Beziehung hat.

Konfession

Glaubensbekenntnis, das eine Gemeinschaft zusammenhält (z. B. kath., ev., orth.), und diese Gemeinschaft selbst.

Magie

Glaube an die Automatik von Kräften, die der Mensch zum eigenen Nutzen wie zu anderer Schaden auszuwerten sucht.

Monotheismus

Glaube an einen einzigen Gott.

Monotheist. Religionen

Judentum, Christentum, Islam.

Mythos

symbolhafte Erzählung über das Ganze des Daseins, den Ursprung der Welt und des Menschen.

Offenbarungsreligionen

Religionen, in denen Gott selbst Kunde über sich und religiöse Wahrheiten gibt.

Orthodoxie

Rechtgläubigkeit, richtige Lehre.

Pantheismus

Ineinanderfließen der Welt bzw. Natur und Gottes.

Polytheismus

Glaube an viele Götter.

Religionswissenschaft

umfasst eine Vielzahl von Disziplinen wie Religionssoziologie, Religionsphilosophie, Religionsphilologie, Religionsgeschichte u. a. und untersucht auf empirischer und theoretischer Grundlage Religionen als gesellschaftliche Phänomene.

Religionsphilosophie

sucht Phänomenen des Religiösen in der Weise philosophischen Verstehens und Deutens nahezukommen.

Synkretismus

Religionsmischung, die entsteht, wenn verschiedene Religionen zusammenkommen.

Theologie

Wissenschaft von Gott, vom Glauben und seinen Aussagen.

Totemismus

hat seinen Namen vom Wort „Totem“, d. i. ein Wesen (Tier, Pflanze), zu dem der Mensch in einer bestimmten magisch-mythischen Verbindung steht.

Transzendenz

das Überschreiten der Grenzen der Erfahrung des Bewusstseins, des Diesseits.

Weltreligionen

die großen Religionen der Welt: Hinduismus, Buddhismus, Judentum, Christentum, Islam.

Die älteste uns erhaltene Darstellung des gekreuzigten Jesus Christus ist kein frommes Andachtsbild, sondern eine Karikatur aus der Zeit der Christenverfolgung: Eine Wandkritzelei auf dem Palatin in Rom zeigt den Gekreuzigten mit Eselskopf, davor einen Beter, darunter die spöttischen Worte: „Alexamenos betet seinen Gott an.“  Fotos: wmc  Geben Sie die Geschichte vom Clown in eigenen Worten wieder!  Erklären Sie die verschiedenen Konzepte von Atheismus!  Erklären Sie die verschiedenen Theismen!  Vergleichen Sie die Karikatur oben mit „Humorvoll betrachtet“ unten und ordnen Sie jeweils eine Überschrift zu!  Diskutieren Sie die Aussagen zu „Apologie des Glaubens“mit „Wichtige Begriffe“ und stellen Sie Zuordnungsmöglichkeiten fest.

INTERRELIGIÖSE DIALOGE

Humorvoll betrachtet ...

Gott im Buddhismus Der Buddha hat in seinen zahlreichen Lehrreden kaum von Gott gesprochen. Wenn der Buddha nach Gott gefragt wurde, antwortete er ausweichend, wie z.B.:„Ich will darauf keine Antwort geben, weil ich nichts sicheres darüber weiß und es auch für den Erlösungsweg der Menschen unbedeutend ist.“ Von einem Gott, der Person, Schöpfer, Vater, Ewiger, Liebe ist, ist beim Buddha keine Rede. Der Buddha wurde deswegen auch als „Atheist“ bezeichnet. Viele Buddhisten weisen jedoch auf Folgendes hin: –  Das Schweigen über Gott bedeutet nicht notwendigerweise Atheismus. –  Erleuchtung und Erlösung, Heil und Leidüberwindung, die zentralen Themen des Buddha, meinen Ähnliches wie das, was andere Religionen „Gott“ nennen oder eng mit Gott in Zusammenhang bringen. buddhismus123.wordpress.com/geschichte/

Ein Atheist und ein Theist stritten über Gott. Eines Tages begegneten beide Gott. Danach glaubte der Atheist an Gott, und der Theist glaubte nicht mehr an Gott. Beide lachten schallend, wie dumm sie früher gewesen waren.

Ist der Mensch religiös?  |  Mensch – Welt – Religion

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Themenbereich_01

Ausgangspunkte

Bereits im Kindergarten interessiert die Glaubenspraxis der Mädchen und Jungen aus unterschiedlichen Religionen.   Foto: www.reformiert-info.de

MENSCH | WELT | RELIGION 13. Die Welt der Religionen

RÖMisch-katholische Kirche Weltweite Seelsorge

Anteil der Katholiken an der Bevölkerung in Prozent

Europa

COM UNITY SPIRIT Thesen der „Grazer Erklärung zum Interreligiösen Dialog“ 1. Jede Stadt ist global. 2. Transzendenz ist ein Wesenszug des Menschen. 3. Religiöse Traditionen haben großes Potenzial für die Entfaltung des Menschen und seiner Beziehungswelten. 4. Über den eigenen Schatten springen. 5. Religionen motivieren zu Engagement ohne Vereinnahmung. 6. Religion ist öffentlich. 7. Gleichgültigkeit und Fundamentalismus widerstehen. 8. Mit Menschen anderer Weltanschauungen zusammenarbeiten. 9. Religionsfreiheit als Menschenrecht gewährleisten. 10. Religiöse Bildung und Bildung über Religionen sind erforderlich. 11. Vielfalt ist Bereicherung. 12. Interreligiöser Dialog vertieft die Identität und stärkt die globale Gemeinschaft. www.interrelgraz2013.com

weltweit

17,5

39,9

Afrika

Katholiken 1.196 Mio.

3,1

26

586 Mio

186 Mio.

285 Mio.

130 Mio.

9 Mio.

1.914

697

1.606

758

129

Katholiken je Bischof 234.326 306.165

266.857

177.459

171.503

69.767

Bischöfe 5.104

Priester 412.236

122.607

37.527

190.150

57.136

4.816

Einwohner je Priester 13.300 7.600

27.100

3.800

48.700

7.600

Katholiken je Priester 2.900 4.800

4.900

1.500

2.300

2.000

Ständige Diakone 39.564 25.441

401

13.151

224

347

Seminaristen 118.990

36.471

26.924

20.564

33.971

1.060

Katechisten 3,160.628 1,886.068

397.383

556.528

304.774

15.875

Laienmissionare 335.502 300.718

6.372

6.334

21.726

352

Ordensschwestern 721.935 195.198

66.375

286.042

165.308

9.012

8.564

17.669

10.461

1.440

16.531

Jährlich veröffentlicht der Fidesdienst, das Presseorgan der Päpstlichen Missionswerke, ausgewählte Statistiken zur Übersicht über die missionarische Tätigkeit der Kirche in aller Welt. Die für diese Seite ausgewählten Daten zum 31. Dezember 2010 geben Auskunft über die Mitglieder, über die seelsorglichen Strukturen und über die Tätigkeiten der Kirche. Quelle: www.fides.org

VERNETZUNGEN

Presseorgan der katholischen Kirche

Open Doors Der Weltverfolgungsindex des Hilfswerks „Open Doors“ ist eine Rangliste von 50 Ländern, die anzeigt, wo Christen wegen ihres Glaubens am stärksten verfolgt und diskriminiert werden. 2015 steht Nordkorea bereits zum 13. Mal auf dem ersten Platz, es folgen Somalia, Irak, Syrien, Afghanistan, Sudan, Iran, Pakistan, Eritrea und Nigeria. Acht der ersten zehn Länder sind muslimisch, islamischer Extremismus gilt in 18 der 20 höchstplatzierten Länder als Haupttriebkraft der Verfolgung. Insgesamt werden nach Angaben von „Open Doors“ etwa 100 Millionen Christen weltweit aufgrund ihres Glaubens verfolgt – damit zählen sie zu der am meisten verfolgten Glaubensgruppierung. www.opendoors.de

2. Vatikanisches Konzil, NA 2

28

Asien Ozeanien

63,2 18,3

Laienbrüder 54.665

Erfahrungsschatz der Kirche ... Die katholische Kirche lehnt nichts von alledem ab, was in diesen Religionen wahr und heilig ist. Mit aufrichtigem Ernst betrachtet sie jene Handlungsund Lebensweisen, jene Vorschriften und Lehren, die zwar in manchem von dem abweichen, was sie selber für wahr hält und lehrt, doch nicht selten einen Strahl jener Wahrheit erkennen lassen, die alle Menschen erleuchtet ...

Amerika

Ist der Mensch religiös?  –  Mensch | Welt | Religion


MENSCH | WELT | RELIGION

Landkarte der Religionen

Redaktion: Heinz Finster, Florian Krizaj; Grafik: Franz Pietro

Weiterarbeiten

Christentum Islam Ohne Religion Hinduismus Buddhismus Indigene Religionen („Naturreligionen“) Sonstige Japanischer Shintoismus/ Buddhismus Judentum

Religionen in Zahlen Die Quellenlage für präzise Aussagen über die Religionszugehörigkeit ist nicht immer einfach. Vorgelegte Zahlen beziehen sich auf eigene statistische Angaben der Religionen und auf plausible Schätzungen für das Jahr 2010. Quellen: Werner Trutwin, Kirche; Encyclopedia Britannica; wikipedia.org; eigene Recherchen.

Christentum 2,21 Mrd

Judentum 14 Mio Mormonen 14 Mio

Katholisches Christentum

Orthodoxie Sonstige

60 Mio

Anglikaner 220 Mio

430 Mio 270 Mio

Indigene Religionen 250 Mio

Ohne Religion 1,32 Mrd

Buddhismus 400 Mio Hinduismus 900 Mio

Der äußere Kreis zeigt die Verteilung der Weltbevölkerung auf die wichtigsten Religionen

Religiöse Zeichen bestimmten weltweit den öffentlichen Raum. Sie sind Zeugen der kulturellen Lebendigkeit einer Gesellschaft.

Foto: Fotolia

 Fassen Sie die wichtigsten Aussagen des Textes über den interreligiösen Dialog im Islam zusammen!  Stellen Sie die „Religionen in Zahlen“ (Kreisdiagramm) in einer anderen grafischen Skizze dar, die die Verhältnisse klar zeigt!  Interpretieren Sie die Tabelle über die Personalentwicklung in der Katholischen Kirche!  Werten Sie die Analyse der „Landkarte der Religionen“ mit mindestens drei Schlussfolgerungen aus!

Protestantisches Christentum

Sikhs 22 Mio Japanischer Shintoismus/ Buddhismus 100 Mio Sonstige 150 Mio

Islam 1,52 Mrd

1,2 Mrd

Themenbereich_01

Der innere Kreis zeigt die Zuordnung der Christen nach ihren Konfessionen

 Nehmen Sie zu den Thesen von Graz (2013) Stellung! Heben Sie jene hervor, die eine reelle Chance auf Umsetzung haben und entwerfen Sie mögliche nächste Schritte auf diesem Weg!

INTERRELIGIÖSE DIALOGE

Humorvoll betrachtet ...

Der Islam und der interreligiöse Dialog Laut Koran gelten Judentum, Christentum und unter Umständen auch andere Religionen als Vorläufer der islamischen Gemeinschaft, deren Glauben sie (laut Mehrheitsmeinung) ebenfalls zu Gott führen könne. Der Islam sei freilich der bessere und beste Weg. Außer auf zahlreiche Hadithen (Aussprüche Muhammads) berufen sich islamische Befürworter des Dialoges gerne auf das Glaubensgespräch des Propheten Muhammad mit den Christen von Nadschaf, das zwar ohne Einigung, aber in gegenseitigem Respekt geführt und beendet wurde und auch im Koran gewürdigt wird. Einige islamische Theologen vertreten die Auffassung, dass das Wort Islam neben der Bezeichnung des konkreten Glaubenssystems auch eine Haltung der Gotteshingabe ausdrücke, die auch von Christen, Juden und anderen praktiziert werden könne. In diesem Sinne könne ein guter Gottgläubiger auch dann Islam praktizieren, wenn er sich selbst nicht als Muslim im engeren Wortsinn verstehe.

Der Schüler kommt zum Meister: „Meister, ich hab es verstanden, alles ist leer! Alles ist leer! Alles ist leer!“ Dann boxt der Meister den Schüler auf den Arm. Der Schüler schreit: „Au!“ Der Meister sagt: „Ich dachte, alles ist leer, dein Arm ist gar nicht mehr da“.

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Themenbereich_01

Maturabeispiel

Vorschlag für eine Aufgabenstellung bei der mündlichen Reifeprüfung aus dem Fach Katholische Religion Themenbereich 1 Die Aufgabenstellung bekommt der Kandidat/die Kandidatin erst, nachdem er/sie die beiden Themenbereiche gezogen hat und sich in unserem Fall für den Themenbereich 1 entschieden hat. Die Aufgabenstellung ist formal nicht zwingend so vorzugeben, jedoch muss sie die drei verschiedenen Anforderungsbereiche enthalten.

„Handle with care“ Plakatmotiv: Andreas Iten

Anforderungsbereich – Reproduktion 1.

Benennen Sie fünf Dimensionen menschlicher Sinnsuche, die aufgrund breit angelegter Studien formuliert worden sind.

Anforderungsbereich – Transfer 1.

Deuten Sie die Grafik und stellen Sie einen Bezug zu den Dimensionen menschlicher Existenz her! Gehen Sie dabei vor allem auf die Transzendentalität des Menschen ein.

Anforderungsbereich – Reflexion 1.

2.

Hintergrund zur Enstehung der Grafik: Das Thema der religiösen Vielfalt im Kanton Luzern übertrugen Studenten der Fachklasse Grafik der Hochschule für Gestaltung und Kunst Luzern im Auftrag der Stadt Luzern in eine Plakatserie für den öffentlichen Raum bereits im Jahr 2005. Grundlage ihrer Arbeit war eine spezielle Veranstaltungsreihe des Religionswissenschaftlichen Seminars der Universität Luzern. Die Studenten entwickelten ihre Definitionen des Themas anhand von Fragen wie zum Beispiel „Wo fängt Religion an, wo hört sie auf?“, „Wie lässt sich Respekt vor dem Fremden entwickeln?“, „Ist Religion vornehmlich Vollzug oder Denken?“. Andreas Iten gestaltete obige Grafik. Stellen Sie sich vor, dass dieses Plakat in Ihrem Ort großflächig angebracht werden soll. Entwickeln Sie Perspektiven zur Umsetzung dieser Plakataktion. Wer könnte das machen? Worauf wäre zu achten? Mit welchen Reaktionen ist zu rechnen?

Quellenangabe zur Grafik: Copyright: Interkulturelles Forum der Stadt Luzern, Mai 2005, in Kooperation mit der Hochschule für Gestaltung und Kunst Luzern (Fachklasse Grafik), der Universität Luzern (Religionswissenschaftliches Seminar) und der APG Luzern. Plakatmotiv: Andreas Iten

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