Télécran January 2013

Page 1

a k t u e l l F

E

R

N

S

E

H

RTL TELE LETZBUERG

Luxemburger im Ausland Während der Weihnachtsferien zeigt RTL Telé Lëtzebuerg Porträts von Luxemburgern, die an verschiedenen Ecken des Planeten leben. Einige dieser Reportagen wurden von Anne Faber produziert, einer Luxemburger Journalistin, die in London lebt. Anne ist auch Mitarbeiterin von Télécran und stellt auf den folgenden Seiten die zwei Luxemburger vor, die in ihren TV-Reportagen am 2. und am 3. Januar im Mittelpunkt stehen werden.

Er lebt den American Dream: Michel Franck kam vor mehr als drei Jahrzehnten in die GlamourMetropole New York. Nach kurzen Anlaufschwierigkeiten hat sich der Architekt dort einen Namen gemacht. Er hängt aber mit dem Herzen immer noch an seiner Heimat.

40

T E L ECR A N 01/2013


Michel Franck

Ein in

Luxemburger New York T E L ECR A N 01/2013

41


l S

E

i

R

f

V

e I

C

E

N

ew York City – ein architektonisches Wunderwerk. In der Stadt, die niemals schläft, findet sich ein bunter Mix aus unterschiedlichen Stilrichtungen: Vom Jugendstil-Charme des Crystler Buildings, über das ikonische Empire State Building bis hin zum schneckenhausartigen Guggenheim ist jede erdenkliche Struktur vertreten. Manhattans Skyline ist wohl eine der bekanntesten der Welt – und befindet sich in einem stetigen Wechsel. Keine andere Stadt verleitet so zum Träumen wie der Big Apple. Daher zieht die Metropole auch viele Auswanderer an.

Träume werden wahr. Auch er konnte nicht widerstehen: Vor 33 Jahren zog es den Luxemburger Michel Franck nach Manhattan. Der damals frischgebackene Architekt wagte sich nach New York, um hier seinen eigenen American Dream zu verfolgen: Er wollte das Stadtbild mit beeinflussen. Kaum angekommen, zog Michel Franck bereits den ersten Job in einem New Yorker Architektenbüro an Land. Seither ging es mit seiner Karriere steil bergauf. Es dauerte knapp zwei Jahre, bis

Business: Im „Luxembourg House“ (oben) trifft sich Michel Franck oft mit Geschäftspartnern und bespricht geplante Projekte – beispielsweise auch über den renovierten Modeladen, der an eine Bücherei erinnert (unten).

sich der Luxemburger in der Großstadt selbstständig machte. „Seitdem bin ich immer mein eigener Boss gewesen und hatte mein eigenes Büro“, betont er glücklich. Heute ist Michel Franck Partner des New Yorker Architektenbüros Spacesmith, das sich im südlichen Teil von Manhattan befindet. Die Firma konzentriert sich vor allem auf kleine Projekte: Die Ausstattung von Restaurants und Geschäften oder auch das Renovieren von Bürogebäuden stehen auf dem Plan. Bevor es jedoch an die Arbeit geht, werden die Details besprochen. Besonderes Highlight dabei: Die Meetings finden in einem halbverglasten Besprechungsraum statt. Von dort aus hat Michel Franck einen perfekten Ausblick auf den Freedom Tower, der ihm manchmal als Inspiration dient. An solch einem Platz fallen Diskussionen natürlich gleich viel leichter.

Kleines Formtief. Vor vier Jahren noch ging es nicht so emsig voran: die Firma war stark von der Finanzkrise betroffen. „Ich erinnere mich, als Lehman Brothers im September 2008 bankrott ging: gleich am nächsten Tag wurden die meisten unserer Projekte eingestellt. Wir mussten die Firma dann innerhalb von zwei Jahren von 30 auf 10 Leute herunterschrauben. Ich selbst habe mir während eines kompletten Jahres kein Gehalt gezahlt. Das war eine harte Nuss.“ In der Zwischenzeit hat sich die Lage jedoch verbessert: ehemalige Kunden kehren zu Spacesmith zurück, neue Projekte sprießen hervor und das Team zählt bereits wieder 20 Angestellte. Ein weiteres Zeichen dafür, dass es bergauf geht: Ständig klingelt Michel Franck´s Blackberry – Anfragen oder Aufträge warten auf ihn. Er selbst ergreift auch gerne mal die Initiative und fragt bei potenziellen Kunden nach.

Schicker Nordeuropäer. Seine Projekte sind so vielschichtig wie Manhattans Skyline. Beispielsweise zeigte sich seine Firma für das Interieur eines edlen Skandinavischen Restaurants verantwortlich. Das „Aquavit“, das unter anderem mit einem Michelin-Stern gekürt wurde, zeichnet sich durch ein schlichtes Design aus Holz, Glas und Stein aus. Vor acht Jahren schuf der Architekt diese kleine Wohlfühloase inmitten des Stadtkerns.

42

T E L ECR A N 01/2013


S

Ob nun für ein Geschäftsessen oder Privat – Michel Franck mag diesen Ort: „Das Schöne beim Restaurant Entwerfen ist, dass ich mich nach Beendigung des Projekts dort wie Zuhause fühle. Und ich genieße es, die Leute zu beobachten, um zu sehen, wie Gäste den Raum, den wir entworfen haben, nutzen.“ Auch in Soho hat der Luxemburger Architekt seine Spuren hinterlassen: Den Flagship Store der Edelmarke Mulberry hat Michel Franck renoviert – auch wenn man das auf den ersten Blick nicht denken würde: „Wir haben das Loft in Soho komplett auseinandergenommen: Die Feuerlöschanlage wurde ersetzt und alles auf den neusten Stand gebracht. Zugleich aber mussten wir alle alten Elemente beibehalten, wie die Decke und die alten Säulen, so dass es schlussendlich so aussah, als hätten wir gar nichts gemacht.“ Zusätzlich wurden einige überraschende Elemente hinzugefügt: Eine Unmenge an Büchern begrüßt die zahlreichen Kunden nun in dem Modeladen – eine Hommage an die Vergangenheit von Soho, das vor Jahrzehnten als Zentrum der New Yorker Druckereien und Bücherverlage galt war. „Ich weiß nicht, wie viel Bücher wir hier reingeschleppt haben, aber eins kann ich sagen: die Dinger waren so schwer, dass wir den gesamten Boden verstärken mussten, um die Struktur tragen zu können.“

Heimatverbunden. Neben diesen Arbeiten, gibt es noch Projekte, die Michel Franck ganz nah am Herzen liegen – Projekte, die mit der Heimat zu tun haben. So hatte sein New Yorker Büro vor einigen Jahren den Plan des Luxemburger „Stäreplatz“ gemacht – eine Vision, die bis heute leider nicht realisiert werden konnte. Auch in New York hat Michel Franck ein Stück Luxemburg mit beeinflusst: die Renovierung des „Luxembourg House“ wurde ihm überlassen. Die ehemalige Residenz von Irving Berlin – der amerikanische Komponist, der für den Ohrwurm „White Christmas“ verantwortlich ist – wurde im Jahr 1990 von der Luxemburgischen Regierung gekauft. Die Innenräume des ansehnlichen Stadthauses mussten komplett umgebaut werden, um fortan für offizielle Dienste der Luxemburgischen Vertreter zu dienen.

l

E

R

„Das Haus war einfach nicht als Konsulat, Touristenbüro oder Chambre de Commerce geeignet“, erklärt Michel Franck den immensen Aufwand, der betrieben wurde. Daher wartete ordentlich Arbeit auf die Architektentruppe: Im Inneren wurde alles herausgerissen, um das Gebäude von Grund auf zu modernisieren – jedoch so, dass der antike Look erhalten blieb. Selbst heute noch fühlt sich Michel Franck mit der Residenz eng verbunden: Denn inzwischen befindet sich darin auch die „American Chamber of Commerce“, bei der er Präsident ist. Die Vereinigung wurde vor 20 Jahren ins Leben gerufen, um die geschäftlichen Beziehungen zwischen Luxemburg und Amerika zu verstärken. „Eigentlich setze ich mich hier in New York mehr für mein Land ein, als wenn ich immer noch in Luxemburg leben würde.“

I

f

C

„Hätte ich jemals gedacht, dass ich heute noch immer hier leben würde? Niemals.“

Schicksalhaft. Allerdings hatte der gebürtige Luxemburger nie geplant, sein Leben in New York zu verbringen. Dennoch freut sich Michel Franck, dass alles so kam: „Hätte ich jemals gedacht, dass ich heute noch immer hier leben würde? Niemals. Aber das Leben hat seinen Lauf genommen. Ich habe hier in New York geheiratet, Kinder gekriegt und meine Wurzeln geschlagen.“

Michel Franck ist einfach so in sein Glück hineingeschlittert.

Regelmäßig überbrückt er die Zeitzonen und telefoniert mit seiner Mutter, die noch immer in Luxemburg lebt. Die Heimat besucht Michel Franck noch von Zeit zu Zeit und pflegt dort den Kontakt mit Freunden und Familie. 33 Jahre in Amerika haben natürlich ihre Spuren hinterlassen – jedoch steht eines für den Architekten fest: „Ich bin und bleibe Luxemburger. Ich lebe und arbeite hier, habe meine Familie in den USA und bin eigentlich New Yorker. Aber trotzdem fühle ich mich vor allem als eins: als Luxemburger.“ Anne Faber

Mittwoch | 1920 | RTL Télé Lëtzebuerg De Magazin Spezial – Lëtzebuerger am Ausland

Zum Abschalten: Ob nun geschäftlich oder privat – im Restaurant „Aquavit“ fühlt sich Michel Franck wohl. T E L ECR A N 01/2013

i

V

43

e E


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.