Pionierinnen des deutschen Frauenfußballs

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PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS

Umschlag_Umschlag 06.06.11 13:53 Seite 2

ISBN 978-3-932942-37-2

PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS


PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS


IMPRESSUM

HERAUSGEBER Dr. Richard Zacharuk, Dr. Snejanka Bauer im Auftrag der Stadt Frankfurt am Main

Der vorliegende Katalog erscheint zur gleichnamigen Ausstellung. Ikonen-Museum der Stadt Frankfurt am Main, Stiftung Dr. Schmidt-Voigt 19. Juni bis 28. August 2011

KOORDINATION Dr. Richard Zacharuk, Dr. Snejanka Bauer, Günther Bauer

KURATOR Dr. Snejanka Bauer

LAYOUTDESIGN g.e.n.a.u. Visuelle Kommunikation, Frankfurt am Main

KONZEPTION DER AUSSTELLUNG Günther Bauer

VERLAG LEGAT Verlag

AUSSTELLUNGSKOORDINATION Kay Linke, Günther Bauer, Dr. Richard Zacharuk, Dr. Snejanka Bauer

KATALOGDRUCK Kohlhammer & Wallishauser GmbH, Hechingen FOTOS Günther Bauer

AUSSTELLUNGSDESIGN Alexandra Neubauer, Günther Bauer AUSSTELLUNGSAUFBAU Alexandra Neubauer, Ingrid Tobergte

Claudia Roth (Seite 6), MdB, Deutscher Bundestag; Nicola Beer (Seite 7), Staatssekretärin für Europaangelegenheiten, Hessisches Ministerium der Justiz, für Integration und Europa

ÖFFENTLICHKEITSARBEIT Jung, Hardtmann & Freunde

TEXTKONZEPTION Dr. Doris Gruber

KOMMUNIKATIVES DESIGN g.e.n.a.u. Visuelle Kommunikation

ISBN: 978-3-932942-37-2

ASSISTENZ Marina Medina

© COPYRIGHT 2011 SportARTproject Günther Bauer; Fotos, Texte, Audio- und Filmaufnahmen © Autoren © Stadt Frankfurt am Main Keine der Abbildungen und der Texte dürfen kopiert oder vervielfältigt werden, außer mit schriftlicher Genehmigung der Autoren. Bibliographische Information der Deutschen Bibliothek: Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie, detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über https://portal.d-nb.de

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PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS

INTERNETPRÄSENZ Ikonen-Museum, www.ikonenmuseumfrankfurt.de Andreas Bauer SportARTproject, www.sportartproject.de Visio7, Frankfurt am Main

MITARBEIT Kay Linke, Kamera- und Lichtassistenz, Organisation Martina Henschke, Postproduktion Markus Gerlich, Ausstellungstableaus VIDEOFILM Jaška Klocke Autor: Günther Bauer 1. Kamera, Schnitt: Jaška Klocke Kamera: Salar Baygan, Michael Bennett, Robert Schulzmann, Harald Schmuck, Christian Weber, Michael Pohl und Tobias Oechler AUDIOSTATIONEN Dr. Doris Gruber und Günther Bauer Oliver Weilandt / IAD, Audioschnitt Burkhard Dämmer, Entwurf, Konstruktion DRUCK DER FOTO-TRIPTYCHEN Brieke GmbH, Frankfurt am Main FILM-INTERVIEWS Günther Bauer TRANSKRIPTION DER INTERVIEWS Dr. Doris Gruber, Kai Pelka


INHALTSVERZEICHNIS

VORWORT

PIONIERINNEN DES

FRAUEN, FUSSBALL, KULT?

DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS ............................................ 15

Dr. Richard Zacharuk, Leiter des Ikonen-Museums ........................... 5 FORTUNA DORTMUND Die Pionierinnen der 50er Jahre ...................................................... 17 DER WEITE WEG DER FUSSBALLPIONIERINNEN Claudia Roth, Parteivorsitzende, Bündnis 90/Die Grünen .................... 6

SPIELERINNEN AB 1970 ............................................................... 27

GEDUSCHT WIRD GEMEINSAM

TRAINERINNEN UND TRAINER,

Interview mit Nicola Beer .................................................................. 7

FUNKTIONÄRINNEN UND FUNKTIONÄRE ................................... 63

SEITENWECHSEL

FRAUENFUSSBALL IN DER DDR .................................................. 84

Tanja Walther-Ahrens ....................................................................... 8 FRAUENFUSSBALL IN DEUTSCHLAND PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS –

Die Entwicklung seit 1930 im Überblick .......................................... 90

DER ANDERE BLICK AUF DEN FRAUENFUSSBALL Dr. Doris Gruber ............................................................................. 10 ALLE TRIPTYCHEN IM ÜBERBLICK.............................................. 92 PIONIERINNEN MIT AUSDAUER

AUTOREN ..................................................................................... 94

Barbara Unmüßig, Vorstand Heinrich-Böll-Stiftung .......................... 13

QUELLENNACHWEIS ................................................................... 96

PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS

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DER WEITE WEG DER FUSSBALLPIONIERINNEN CLAUDIA ROTH, PARTEIVORSITZENDE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Ausstellung „Pionierinnen des deutschen

beim Training für Frauen nur die schlechtesten

Frauenfußballs“ zeigt Frauen, die Geschichte

Bälle gab oder sie den „heiligen Rasen“ der

geschrieben haben – und dabei eigentlich bloß

Männer nicht betreten durften und auf Neben-

Fußball spielen wollten. Die Freude am Spiel,

plätze abgedrängt wurden. Auch die scheinbar

das war der Ausgangspunkt. Warum sollte frau

fürsorglichen Regeln der Männer waren ein Stein

sich die nehmen lassen? Warum verzichten?

des Anstoßes: Nur bei schönem Wetter spielen

Nur weil Männer das Fußballspiel zu ihrer

zu dürfen, ohne Stollenschuhe, mit einem Ju-

Bastion erkoren hatten?

gendball und nur 2 x 30 Minuten – das alles weckte den Widerstandsgeist der Frauen.

Die Fußballpionierinnen haben den Weg bereitet. In nur wenigen Jahren wurde Fußball zu einer

Schritt für Schritt erkämpften sie sich gleiche

der beliebtesten Sportarten auch für Frauen.

Rechte in ihrem Sport – und eine breite gesell-

Das Tor des Monats in der ARD-Sportschau im

schaftliche Anerkennung. Unter der Hand, ohne

Jahr 1974 durch Bärbel Wohlleben war ein

Absicht und komplizierte Theorien wurde der

erster Paukenschlag. Es folgten große Erfolge

Kampf der Fußballerinnen um die „schönste Ne-

für unsere Frauenteams, Europa- und Weltmeis-

bensache der Welt“ Teil einer gesellschaftlichen

terschaften. Weltbekannte Spielerinnen und

„Hauptsache“, nämlich des großen Engagements

Trainerinnen aus unserem Land geben dem

für faire und gleichberechtigte Teilhabe von Frauen

Frauenfußball heute ein Gesicht.

überall im Land – im Sport, in hunderten von Vereinen und weit darüber hinaus.

Aber die Fußballpionierinnen haben auch Gesellschaftsgeschichte geschrieben. Sie haben un-

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Die Ausstellung „Pionierinnen des deutschen

endlich viel geleistet für die Chancen von Frauen

Frauenfußballs“ zeigt, was für ein langer und oft

in unserer Gesellschaft. Dabei kam das Thema

mühsamer Weg das war. In sympathischen und

Geschlechtergerechtigkeit eher „von außen“ he-

einfühlsamen Porträts, die erahnen lassen,

rein, durch Benachteiligungen, Abwertungen,

was wir den Fußballpionierinnen zu verdanken

zeitweilige Verbote und subtile und offene Dis-

haben. Vielen Dank und viel Erfolg für diese

kriminierungen der Fußballerinnen – wenn es

wichtige Dokumentation!

PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS


PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS – DER ANDERE BLICK AUF DEN FRAUENFUSSBALL DR. DORIS GRUBER

Auf der Trainerbank wird alles erzählt, Stimmbilder erwecken Erinnerungen

Ich traf Günther Bauer zum ersten Mal in einem

Die Fußballerinnen der Anfänge waren im Jen-

Café, er stellte mir das Ausstellungsprojekt vor.

seits des Mainstream verortet. Weibliche Körper

Die Bilder überzeugten mich sofort, die Anord-

passten dem herrschenden Männerblick der

nung der Fotografien in einem Triptychon irri-

50er Jahre nicht, also wurde der Kampfsport

tierte mich jedoch auch. Triptychon – Altarbild:

Fußball als „ungesund“ für Damen erklärt und

Fußballspielerinnen als Ikonen? Dem wider-

vom DFB verboten. Um den Weg aus dem „Jen-

sprach das aus den Porträts sprechende Per-

seits“ heraus zu dokumentieren, bedarf es eines

sönliche, die menschliche Nähe. Ein Projekt, das

Blicks, der auch das Andere, Vergessene er-

subtile Widersprüche sichtbar macht: die Er-

fasst. Entsprechend dieser Logik stehen in der

folgsgeschichte des deutschen Frauenfußballs

Ausstellung nicht nur „Stars“ im Vordergrund.

von ihren Wurzeln her zu betrachten, nicht rein

Bei Günther Bauer stand ein Schock am An-

faktisch orientiert, sondern mit der Motivation,

fang, der erst das tiefere Interesse am Frauen-

persönliche und emotionale Momente nachvoll-

fußball auslöste: Die Erkenntnis, dass der DFB

ziehbar zu machen.

Frauenfußball bis 1970 verboten hatte. Auch dies – heute oft vergessen.

Der Ausgangspunkt: Jenseits des Mainstream Auch wenn die Metapher

Fotografische Momente – erinnerte Ge-

des „anderes Blicks“ mittlerweile ab-

schichte Günther Bauer forschte nach und

gegriffen erscheint, hier muss sie am

begegnete den Spielerinnen der ersten Stunde

Anfang stehen. Denn der Ausgangs-

in ausführlichen Gesprächen, Interviews und

punkt von Günther Bauers Projekt

Foto-Sessions. Es war eine Reise durch

„Pionierinnen des deutschen Frauen-

Deutschland, aber auch eine Reise in viele

fußballs“ ist nicht der Blick des Foto-

Erlebniswelten. Das „Making of“ wird im Film

grafen auf seine Objekte. Es ist der

reflektiert, wenn der Fotograf mit der Pionierin

kurvenreiche, manchmal holprige

erscheint: beide sind Teilnehmende einer Be-

Weg hin zu den Menschen, die im

gegnung, einer gemeinsamen Geschichte, die in

Fokus stehen, eine Annäherung an

diesem Moment entsteht. Wenngleich die Insze-

die Pionierinnen in Begegnungen

nierung notwenig ist, das Arrangement vorberei-

und Gesprächen, aus denen he-

tet werden muss – Treffen am Ort des Spiels,

raus die Fotografien entstanden.

Nahaufnahme der Person, die Auswahl eines Erinnerungsstücks –, so ist doch das Zusammen-

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PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS


Günther Bauer fotografiert die Dortmunder Pionierinnen mit seiner Großformat-Kamera

wirken dieser Komponenten von dem Moment

aufgeweicht, Positionen in Frage gestellt. Im

abhängig, in dem die Begegnung stattfindet. Sie

Dialog vieler gibt es nicht die eine Wahrheit, viel-

bestimmt, welche Atmosphäre spürbar wird,

mehr werden Ambivalenzen und Widersprüche

welche Erinnerungen aufsteigen und welche

deutlich. Ein solcher Erinnerungstext durch-

Emotionen das Bild prägen werden.

kreuzt eindeutige Standpunkte und objektivierte Sichtweisen.

Die Interviews stellen die Basis für den Text des Katalogs dar. Es sind persönliche Geschichten,

Ein emanzipatorisches Projekt? Konzeptuell

die wiederum Puzzlesteine der Kollektiv-

bedeutet dies: Das künstlerische Projekt stellt

geschichte sind und Eindrücke der Entwicklung

Frauen-Fußballgeschichte nicht nur durch Per-

des deutschen Frauenfußballs geben. In den

sönlichkeiten vor, es bedient sich auch eines

Audiostationen machen Gesprächscollagen das

kommunikativen Verfahrens, das Gleichberech-

Erinnerte erlebbar. Die Inhalte ergaben sich im

tigung in der Darstellung herstellt. Der emanzi-

Gespräch, bestimmte Themen tauchen aber in

patorische Anspruch wird umgesetzt: Die

den Fragen Günther Bauers immer wieder auf:

Pionierinnen behalten ihre eigene Stimme. Sie

Was hat Frauenfußball mit Emanzipation zu tun?

werden im Bild nicht zum weiblichen Objekt, wie

Was waren die emotionalsten Momente? Wie

es in der Fotografie oft üblich ist, sondern blei-

war Frauenfußball früher, wie ist er heute? Wie

ben Subjekt: sie wählen Ort und Erinnerungs-

reagierten damals das Umfeld, die Gesellschaft?

stück,

Und was hat sich verändert? Besonders der

Atmosphäre. Die Text-Porträts folgen ebenfalls

Film nimmt diese Fragen aus unterschiedlichen

dem Gedanken der selbst erzählten Geschichte:

Perspektiven auf und liefert ein komplexes Bild

hier wird weitgehend auf kommentarische

der gesellschaftlichen Einflüsse.

Ergänzungen verzichtet.

Jede Begegnung ermöglichte bei den Pionierin-

Die Fotografien stellen die Protagonist_innen

nen einen persönlichen Erinnerungsprozess. Ge-

des Frauenfußballs in den Vordergrund, ohne

sie

bestimmen

Emotionalität

Bärbel Wohlleben durchforscht ihr Privatarchiv

und

danken und Gefühle kamen im Gespräch zum

qualitativ einzuordnen. Chronologie spielt eine

Vorschein. Diese „orale“ Weitergabe von stories

Rolle, ist aber nicht das einzige Strukturelement.

gilt als archaische Form der Geschichtsüber-

Es ist eher eine Präsentation des „Neben-

lieferung. Sie ist persönlich, dynamisch und kon-

einander“, der Versuch zu verstehen, indem

taktorientiert. Im Sprechakt werden Gültigkeiten

eine Gleichrangigkeit der Personen – der

Während der Dreharbeiten mit Ferdi Stang

PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS

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Bundestrainerin Silvia Neid erzählt ihre Geschichte in der Commerzbank-Arena Frankfurt

Fotografien/Triptychen –, aber auch der Medien

wichtig war, sowie das Foto einer „Trophäe“ von

– Text, Audiomaterial, Film – hergestellt wird.

persönlicher Bedeutung. Diese Dreiheit – Mensch,

Symbolhaft erzeugt dies eine Gleichwertigkeit

Ort, Erinnerungssymbol – bildet eine Einheit. Sie

der Inhalte: Subjekt, persönliche Erinnerung,

beinhaltet das emotionale Moment, die Beziehung

Emotion,

zwischen Person, Ort und Erinnerung. Hier ver-

kollektive

Ereignisse,

Fußballge-

schichte fließen zusammen.

binden sich Gegenwart und Vergangenheit, aber auch subjektive Erinnerung und kollektive Fußball-

Ästhetische Umsetzung und multimediales

geschichte. Im Ausstellungsraum tritt das Tripty-

Konzept Die Ausstellung zieht durch Deutsch-

chon in Beziehung zu anderen. Die individuelle

land und wird an jedem Ausstellungsort anders

Geschichte, die Persönlichkeit wird als Teil einer

präsentiert. Einmal Konstruiertes darf sich auf-

Gemeinschaft erkennbar. Dieser gemeinschaft-

lösen und neu zusammenfügen. Was konstant

liche Charakter – Zusammengehörigkeit, geteilte

bleibt, sind die Exponate, Audiostationen, Text,

Spielfreude und geteilte Enttäuschungen – ist Leit-

Film. Im Ikonenmuseum werden allerdings

motiv des Erinnerungstextes der Einzelnen.

exklusiv Erinnerungsstücke ausgestellt, die atZu Besuch bei Hannelore Ratzeburg in der DFB-Zentrale

mosphärisch noch einmal verdichtend wirken.

Es ist dieses einzigartige Wechselspiel zwischen

Darüber hinaus ist das Zusammenwirken der

Gemeinschaft und Individuum, welches in dieser

unterschiedlichen Elemente zentral, die Möglich-

Ausstellung sichtbar und erlebbar wird. Sie gibt

keit, für die Rezeption unterschiedliche sinnliche

den Pionier_innen des Frauenfußballs einen Ort –

Wahrnehmungskanäle zu nutzen: das visuell-

sowohl bekannten wie unbekannten. Der enthu-

künstlerische Element in der Fotografie, die

siastische Geist des Anfangs, die Spielfreude, die

auditiv erfahrbaren Text-Collagen der Hör-Sta-

durch die Gemeinschaft so stark wurde, dass sie

tionen, der breite Themenfelder umfassende

nicht mehr gebremst werden konnte, wird für die

Film mit seinen sowohl auditiven, visuellen

Besucher_innen erlebbar. Gleichzeitig dokumen-

als auch kommunikativen Komponenten und

tiert die Ausstellung das Ende dieser Aufbruchs-

der dokumentierende Text. In diesem Sinne ist

phase. Frauenfußball ist „angekommen“, heute

„multimedial“ zu verstehen.

bestehen und entstehen Stars. Dass diese „Ikonisierung“ mittlerweile stattfinden kann, belegt,

Begeisterung bei „Tour-Start“ in Mönchengladbach

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PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS

Kern der Ausstellung sind die Triptychen. Jedes

dass der Aufbruch tatsächlich zum Erfolg geführt

beinhaltet eine großformatige Aufnahme der Per-

hat. Deutlich wird, dass er nur durch das Zusam-

son, ein Bild des Ortes, der für das Fußballspielen

menwirken vieler ermöglicht worden ist.


PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS Wer sind die Pionierinnen des deutschen

her. Die Porträts fangen den Menschen, die Per-

Frauenfußballs? Wer sind die Menschen, die die

sönlichkeit ein, andere Fotos die Orte des

Entwicklung des deutschen Frauenfußballs

Erinnerns: z.B. eine wichtige Spielstätte. Die ab-

ermöglicht und gestaltet haben? Diese Fragen

gelichteten Trophäen, Pokale und anderen Erin-

sind der Ausgangspunkt für das multimediale

nerungsstücke markieren Fußballgeschichte

Ausstellungsprojekt des Fotografen Günther

und gleichzeitig persönliche, emotionale Mo-

Bauer: SportART – Pionierinnen des deutschen

mente. Die Wahl des Triptychons für die künst-

Frauenfußballs. Ausgerüstet mit Großbildkamera

lerische Darstellung betont die Beziehung

und Aufnahmegerät begann Günther Bauer

zwischen Mensch, Ort und Erinnerung.

seine Suche nach Antworten. Ziel war es, die Geschichte des Frauenfußballs in Deutschland

Jedes Foto, jede Geschichte ist ein Mosaikstein

aus den persönlichen Geschichten derjenigen

in der Gesamtgeschichte des deutschen Frau-

herauszuschälen, die den Frauenfußball in sei-

enfußballs. Die Besucher der Ausstellung erle-

nen Anfängen, aber auch in den späteren Pha-

ben dies emotional und ästhetisch nach.

sen geprägt haben. Diese Protagonistinnen und schaftliche Themen deutlich, der Wandel des

Protagonisten waren zunächst die fußballspie-

Die Basis des Begleittextes in diesem Heft bilden

lenden Frauen selbst, aber auch Trainerinnen,

die ausführlichen Interviews, die Günther Bauer

Frauenbildes spielt eine besondere Rolle. Auch

Trainer, Funktionäre und Funktionärinnen. Dabei

mit den porträtierten Personen über viele Monate

Aspekte wie die Wichtigkeit von Geld oder Sta-

sollten nicht nur die bekannten Gesichter des

hinweg geführt hat. Alle Zitate der Einzeldarstel-

tus im Fußball, sportliche Entwicklungen und

Frauenfußballs einen Platz erhalten, sondern

lungen dieses Heftes sind ihnen entnommen.

Perspektiven des Frauenfußballs werden ange-

auch diejenigen, deren Pionierarbeit heute fast vergessen ist.

sprochen. Die persönlichen Statements laden ein zu einer Reise durch die Zeit. Bunt, manchmal ernst,

Im Zusammenspiel von künstlerischem Bild und

Die Begegnungen mit diesen Menschen waren

manchmal komisch, spiegeln sie vielfältige

dokumentarischem Text, Film- und Audiomaterial

geprägt von Herzlichkeit, Gastfreundschaft und

Facetten einer gemeinsamen Geschichte wider.

entsteht ein komplexes Gesamtbild von Gegen-

wunderbaren Erinnerungsgeschichten voller

wart und Vergangenheit des deutschen Frauen-

spannender Erlebnisse und starker Emotionen.

Als Gesamtbild zeigen die Triptychen subjektive

Diese einzufangen und in ihrer Einzigartigkeit

und kollektive Dimensionen der Geschichte des

mitzuteilen ist das Anliegen der Ausstellung. Sie

deutschen Frauenfußballs nicht nur auf, sondern

stellt mittels künstlerischer Fotografien, Text,

machen sie auch erlebbar, nachvollziehbar. In

Audio-Stationen und Film Erinnerungsbrücken

den Interviews werden darüber hinaus gesell-

fußballs, das weiterhin diskutiert werden muss.

PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS

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„Es ist einfach wunderbar, Fußball zu spielen.“

Damenfußballverein Fortuna Dortmund, 1955

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FORTUNA DORTMUND – PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS


FORTUNA DORTMUND DIE PIONIERINNEN DER 50ER JAHRE

1955 wird der Damenfußballverein Fortuna

Zeitgleich mit der Vereinsgründung 1955 unter-

Dortmund gegründet. Treibende Kräfte sind

sagt der DFB seinen Vereinen, Frauenfußball-

Anne Droste und ihr Bruder Karl-Heinz, der

abteilungen zu gründen, zu unterstützen oder

die Mannschaft auch trainiert. Renate Bress,

auch nur zu dulden. Es werden Strafen ange-

geb. Müller, Inge Kwast, Christa Kleinhans und

droht, vor allem der Entzug des Sport-

die mit 15 Jahren angeworbene Margarete

groschens, der eine wichtige Unterstützung für

Eisleben gehören ebenfalls dazu.

die Vereine ist. In Folge werden die fußballspielenden Frauen von den Plätzen vertrieben, die

Bis 1965 werden Vereins- und Länderspiele ge-

Ausrüstung wird verweigert, Schiedsrichtern

spielt; der Manager Josef Floritz organisiert Wo-

und Linienrichtern ist es untersagt, sich bei

chenendspiele vor allem im süddeutschen

Frauenfußballspielen zu betätigen.

Raum. Auf Länderebene kommt es zu Einladungen u.a. nach Italien, Österreich, Luxem-

Dennoch besteht Fortuna Dortmund zehn Jahre

burg. Die Dortmunderinnen sind die Aus-

– bis der Verein erkennen muss, dass neben

wahlmannschaft des Nationalteams, das trotz

mangelnder finanzieller und sonstiger Unterstüt-

offiziellen DFB-Verbotes aktiv ist: das erste Län-

zung vor allem der Nachwuchs fehlt.

derspiel findet am 23.9.1956 in Essen gegen die holländische Damenmannschaft statt, Deutsch-

Dort, wo der Frauenfußball zwischen 1955

land gewinnt 2:1. Auch beim zweiten Länder-

und 1965 ausgetragen wird, stößt er auf Be-

spiel in München siegen die deutschen Frauen

geisterung. Die Frauen ziehen bei ihren Spielen

– vor 15.000 Zuschauern.

Tausende von Zuschauern an und werden in ihrer sportlichen Leistung anerkannt. Die Presse der Zeit spiegelt diese Akzeptanz ebenso wider wie die offizielle Doktrin des „schädlichen Frauenfußballs“.

Die elf Damen von DSV Fortuna 1955 ignorieren das Verbot des DFB und genießen allen Widerständen zum Trotz ihren Traumsport

FORTUNA DORTMUND – PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS

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ANNE DROSTE RENATE BRESS, GEB. MÜLLER

Dortmund, Borsigplatz, 2010

Position: Mittelfeld-Spielmacherin, Nr. 10

Position: Verteidigung

ERINNERUNGSSTÜCKE: TRIKOT FORTUNA DORTMUND, SPIELERINNENPÄSSE, GELDBÖRSE

Wie es anfing: Als Kinder „pölten“ sie – Anne

Persönliche Highlights: „Jedes Spiel war

Droste mit ihrem Bruder und seinen Freunden

schön!“ (Droste). – Nach Italien reisen und dort

auf der Straße, Renate Müller schoss mit einem

ein Turnier spielen. – Nach Frankreich eingela-

Behelfsball aus Stoff, der durch ein Band zu-

den werden, Luxemburg, Österreich, um dort zu

sammengehalten wurde, auf Kellerlöcher.

spielen und gleichzeitig das Land zu erkunden:

Anne Droste Geboren: 1937 Beruf: kaufm. Angestellte Vorbild: Fritz Walter

„Das war herrlich!“

Renate Bress, geb. Müller Geboren: 1937 Beruf: Buchbinderin

im Nationalteam bei den ersten Länderspielen

Fußballalltag: Das Training nach Feierabend ist

Mitgründerinnen des Damenfußballvereins DSV Fortuna Dortmund (1955)

(1956/1957), als deutsche Auswahl im Ausland,

Höhepunkt des Tages. Den Spielen am Wo-

lösen den Verein 1965 auf

z.B. auf Italien-Tournee 1962 – vor einem be-

chenende fiebern die Vereinsfrauen entgegen,

Anne Drostes Bruder Karl-Heinz trainiert lange Zeit den Verein

geisterten italienischen Publikum.

und wenn sie nicht rechtzeitig zur Abfahrt von

Pionierinnen: beim Verein Fortuna Dortmund,

der Arbeit loskommen, fahren Anne Droste und Karriere: Anne Droste wird von einem Haus-

Renate Müller auch schon mal per Anhalter zu

bewohner gefragt, ob sie nicht Lust hätte, in

einem Spiel. Als mal wieder eine Nacht mit dem

einer Damenmannschaft zu spielen. Sie ist 19

Bus durchgefahren wird, verschläft Renate Mül-

und „richtig begeistert und hab sofort zuge-

ler den Spielbeginn am nächsten Tag, was nie-

sagt“. Es folgen 10 Jahre mit Fortuna Dortmund.

mand tragisch nimmt. Anne Droste spielt

Droste und Müller sind Spielerinnen im ersten DamenfußballLänderspiel (gegen Holland, 2:1) 1956 in Essen und im zweiten Länderspiel Deutschland – Holland (4:2) 1957 in München beide nehmen teil an ca. 150 Länderspielen mit Fortuna Dortmund – trotz DFB-Verbot (1955) sie bestreiten viele Auslandsspiele mit dem Verein und reisen u.a. nach Österreich, Italien, Luxemburg

dagegen einmal unter falschem Namen, weil sie Renate Müller wird beim Fußballspielen beob-

eigentlich arbeiten müsste – aber ihre Mutter hat

achtet und erfährt von einem Kioskbesitzer,

sie, wie öfter mal, krank gemeldet, damit sie ein

dass es „Damenfußball“ tatsächlich gibt – im

wichtiges Spiel bestreiten kann.

Verein Fortuna Dortmund, wo sie 14 Tage später zum ersten Training geht.

Enttäuschung: Dass es vorbei ist – das letzte Spiel von Fortuna Dortmund

Fußballspielen – damals: hieß Improvisieren.

findet 1965 in Schwerte statt:

Da die Frauen nicht auf Vereinsplätzen spielen

„Das war schade. Da waren

dürfen, suchen sie sich andere Orte, z.B. öffent-

wir alle traurig“ (Droste).

liche Parks, aber auch von dort werden sie immer wieder vertrieben. „Dann hat von einer Sportkollegin der Vater uns den Garten zur Verfügung gestellt. Er hat Tore gezimmert und dann durften wir in Ruhe und Frieden trainieren“ (Droste).

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FORTUNA DORTMUND – PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS

Eines der vielen nett gemeinten Geschenke für die Damen anlässlich eines Spiels (natürlich ohne Inhalt)


Anne Droste (links) und Renate Bress, geb. Müller (rechts)

„Pionierinnen des Frauenfußballs – sind eigentlich wir!“

FORTUNA DORTMUND – PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS

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SPIELERINNEN AB 1970 – PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS


SPIELERINNEN AB 1970

70ER JAHRE: AUFBRUCHSTIMMUNG Ende 60er: Der gesellschaftliche Aufbruch –

90ER JAHRE: FRAUENFUSSBALL ETABLIERT SICH

Studentenbewegung und Frauenbewegung –

1990/1991: Erste Saison der zweigleisigen

schlägt sich im Fußball nieder: Es entstehen zu-

Bundesliga.

nehmend Frauenfußballvereine bzw. Frauenfuß-

Aus „Damen“- wird „Frauenfußball“ im DFB-

ballabteilungen in den Vereinen.

Sprachgebrauch.

1970: Der DFB hebt „notgedrungen“ das Frauen-

1995: Deutsche werden Vize-Weltmeisterinnen.

fußballverbot auf – die Gefahr bestand, dass

Ab Mitte der 90er ist Deutschland die führende

andere die Organisation des Frauenfußballs über-

Frauenfußballmannschaft Europas – EM-Titel

nehmen.

1989, 1991, ab 1995 ungebrochen bis 2009.

1974: Die erste Deutsche Meisterschaft der Frauen findet statt. Trotz mangelnder Unterstüt-

Bei den Spielerinnen findet ab den 90ern eine

zung in vielen Vereinen und Widerständen beim

immer stärkere Professionalisierung statt. Spie-

DFB findet Frauenfußball massiven Zulauf.

lerinnen des Nationalteams wechseln z.B. zur US-Profiliga (Doris Fitschen, Steffi Jones, Maren

80ER JAHRE: STRUKTUREN ENTSTEHEN UND BESTEHEN

Meinert, Bettina Wiegmann).

1981/1982: Die Nationalelf entsteht – aus dem

Die wenigsten verdienen jedoch genug Geld mit

Kern der zu der Zeit erfolgreichsten Vereins-

dem Fußball, um sich auch in finanzieller Hinsicht

mannschaft SSG 09 Bergisch Gladbach.

Profi nennen zu können. Dies gilt auch für das

1981: DFB-Pokal wird eingeführt

neue Jahrtausend. Allerdings nimmt die Anzahl

1982: Erstes Länderspiel Nationalteam – souve-

der Profi-Fußballspielerinnen zu, und zunehmend

räner Sieg der Deutschen gegen die Schweiz 5:1

werden nun aus ehemaligen Spielerinnen auch

1989: EM in Deutschland: Deutschland gewinnt

Trainerinnen im Fußball (Anouschka Bernhard),

vor 22.000 Zuschauern gegen Norwegen. Der

Managerinnen (Katja Kraus) oder andere „Bot-

DFB prämiert die Weltmeisterinnen mit dem

schafterinnen des Frauenfußballs“ (Steffi Jones).

mittlerweile

berühmten

Kaffeeservice

Inge Rutloff, Helga Waluga und Fritzi Schuhmacher vom SC Bad Neuenahr nach dem Spiel (Privatarchiv Heinz Schweden)

von

Villeroy & Boch.

Dieses Armband verlieh der DFB den Deutschen Meisterinnen – hier dem Sieger von 1975, den Spielerinnen des Bonner SC (Privatbesitz Angelika Schmitt) SPIELERINNEN AB 1970 – PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS

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MARTINA HERTEL, GEB. ARZDORF

Bad Neuenahr, Bolzplatz SV Walporzheim, 2010

Position: Stürmerin mit Nr. 9 oder Nr. 10, schießt über 200 Tore und wird „weiblicher Gerd Müller“ genannt

ERINNERUNGSSTÜCK: FANPOST

Geboren: 1954 Beruf: Einzelhandelskauffrau

Wie es anfing: als Fortführung der Familientradition – der Vater spielte, der Bruder spielte und

likums bei der WM in Italien. Öffentliche Unter-

1969: fährt mit ihrem Vater zum Probetraining zum SC 07 Bad Neuenahr und wird gleich am nächsten Tag beim großen Maiturnier eingesetzt

Martina ebenfalls. Der Vater begleitet sie auch

stützung, aber auch Bedenken, Belächeln.

1970: nimmt mit dem SC 07 Bad Neuenahr an der ersten (inoffiziellen) WM in Italien teil und wird sofort zum „Shootingstar“ – es gibt allerdings hohe Niederlagen gegen England und Dänemark. Die 15-jährige Martina schießt das einzige Tor der deutschen Mannschaft. Anschließend schießt sie im deutschen Fernsehen, im aktuellen Sportstudio mit Trainer Heinz Schweden auf die Torwand. bis 1978: beibt dem SC 07 Bad Neuenahr treu, nur kurze Gastspiele bei Neuwied, Moselweiß, Bergisch Gladbach 1978: Geburt ihres Sohnes, beendet ihre Fußballkarriere

Erinnerungen: Begeisterungsstürme des Pub-

zum Probetraining bei Bad Neuenahr. „Ich habe

Besonders Reporter „waren schon manchmal ein

schon immer Fußball gespielt. Für mich war das

bisschen peinlich.“ Bei den Zuschauern gab es

nur eine Fortsetzung vom Laiendasein zwischen

zunächst viele „Gaffer, ganz einfach und klar.

den Jungs, jetzt bei den Damen zu spielen.“

Aber nachdem Leistungen gebracht wurden, hat sich auch die Meinung der Zuschauer geändert.“

Pionierin: als Spielerin und Torschützin der ersten Stunde, 15-jährige Vertreterin Deutschlands

Stärken: Ehrgeiz, Kampfgeist, Spielfreude.

bei der inoffiziellen WM in Italien.

„Ohne Kampf und ohne Training kann man keine Leistung bringen.“

Warum Fußball spielen? „Mir war nur wichtig zu gewinnen, erst mal. Und die Gemeinschaft war sehr schön. Wir haben viel unternommen. Und das hat mich eigentlich dazu getrieben weiterzumachen.“ Persönliche Highlights: WM in Italien 1970, Fußballspielen auf Mallorca, Vereinsspiele in Frankreich, Belgien, Holland und anderen europäischen Ländern. „Wir sind sehr weit rumgekommen, damals schon.“ Persönliche Niederlage: die verlorenen Spiele gegen TuS Wörrstadt: „Wir waren sehr stark zu der Zeit. Ich kann mich kaum erinnern, mal ein Spiel verloren zu haben. Der einzige Gegner, der uns zu schaffen machte, war damals Wörrstadt.“

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SPIELERINNEN AB 1970 – PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS

Shooting-Star Martina Arzdorf wird von den Medien geliebt und darf im ZDF gegen die Torwand schießen


„Fußball war für mich zur damaligen Zeit alles.“

SPIELERINNEN AB 1970 – PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS

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STEFFI JONES

Frankfurt, Bolzplatz Bonames, 2010

Position: Abwehr, defensives Mittelfeld

ERINNERUNGSSTÜCKE: DAS TRIKOT VOM DFB-POKALFINALE 2006/2007 (DAS MIT EINEM SIEG NACH ELFMETERSCHIESSEN FÜR DEN 1. FFC ENDET) UND DIE VON FIFA-CHEF SEPP BLATTER 2010 VERLIEHENE MEDAILLE Geboren: 1972 Beruf: gelernte Groß- und Außenhandelskauffrau, Fußballspielerin, Funktionärin

Wie es anfing: mit vier Jahren, angespornt

Fußballalltag – als „Semiprofi“: Um 6 Uhr

durch den größeren Bruder. Steffi spielt im

aufstehen, Lauftraining, dann zur Arbeit. Nach

Kindergarten, in der Schule und im Verein

Feierabend Training, Spiele am Wochenende:

1976–1986: SV Bonames (Jungen)

mit und gegen Jungen – bis Monika Staab die

„Da musstest du immer gucken, dass du dich

1986–1997: von Monika Staab für die SG Praunheim entdeckt, spielt dort mit Pausen (s.u.),

14-Jährige zur SG Praunheim holt.

nicht verletzt, weil der Arbeitgeber das nicht so

1990 Qualifikation Bundesliga 199 –1992: FSV Frankfurt

witzig fand.“ Pionierin: als Spielerin zunächst gegen den Willen ihrer Mutter, für die Fußball ein Macho-Sport

Stärken als Spielerin: Stellungsspiel, Pässe,

ist. Spielführerin unter Jungs sein, „das war sehr

Kopfbälle, schnelle Auffassung, ein Spiel lesen

1993 –1994: TuS Niederkirchen

wichtig für mein späteres Leben“. Später ist sie

können, gut im Team spielen, Ehrgeiz. „Ich

1997–1998: FSV Frankfurt

Nationalspielerin neben Ausbildung und Job,

hatte keine Angst davor, Verantwortung zu

1998 – 2000: SC 07 Bad Neuenahr

dann endlich Fußballprofi – wenn auch in den

übernehmen, und ich konnte wirklich beißen.“

2000 – 2007: 1. FFC Frankfurt, Ende der aktiven Karriere ist das Spiel gegen Wolfsburg mit einem von ihr geschossenen Tor (1:1)

USA – und heute Organisationsprofi bei der FIFA.

Als Mensch ist sie sozial engagiert und denkt positiv.

Karriere: Beginn 1986 bei der SG Praunheim,

2002 – 2003: US-Profiliga WUSA

Wechsel zu verschiedenen Mannschaften, aber

Ausblick Frauenfußball:

1993 – 2007: Frauen-Nationalmannschaft:

immer wieder Rückkehr zu Praunheim bzw. zum

„Die Pionierinnen von damals

2003 Weltmeisterin; 1997, 2001, 2005 Europameisterin; 2000, 2004 Olympia Bronze

1. FFC, der „Familie und Auffangbecken“ bleibt.

haben vieles für uns möglich

1993 Eintritt über die Hessenauswahl ins Natio-

gemacht. Von daher sehe ich

2003 US-Meisterin

nalteam, 2003 wird sie Weltmeisterin mit

mich in der Verantwortung,

6 x Deutsche Meisterin, 4 x DFB-Pokalsiegerin mit dem 1. FFC

Ver letzung. Sie spielt 111 Länderspiele, holt

dass man seinen Teil beiträgt. Es

zahlreiche Titel auf nationaler und internationaler

ist ganz wichtig, dass alle mitwir-

2 x UEFA-Cup-Sieg

Ebene und gilt als absolute Leistungsträgerin.

ken, dass sich die Vereinsstruk-

2005: Sportlerin des Jahres Hessen 2006: Verdienstorden des Landes Hessen 2007: Ende der aktiven Spielkarriere

turen verändern, dass alles Was Fußball gibt: Durchsetzungsvermögen, Selbstvertrauen, Selbstwert, Freude.

2008: OK-Präsidentin für die FIFA Frauen-WM 2011

Persönliches Highlight und Enttäuschung:

müssen wir Schritt für

Kreuzbandriss bei der WM 2003. „Wenn man

Schritt weitergehen.“

sich während einer WM verletzt und nach Hause wird dann hinfällig, wenn die Mannschaft Weltmeister wird. Und so war es dann.“

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die Frauen-Bundesliga noch attraktiver wird. Deswegen

muss, dann ist das erst mal schlimm, aber das

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professioneller wird, dass

SPIELERINNEN AB 1970 – PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS


„Fußball ist wirklich viel mehr als nur dieses Spiel. Man kann über den Fußball Botschaften transportieren, Werte vermitteln: Respekt und Fair-Play.“

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Essen, Stadthafen, 2010

„Ich hatte immer den richtigen Tor-Instinkt, ich war immer im richtigen Moment da.“

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DORIS KRESIMON Position: Mittelstürmerin

ERINNERUNGSSTÜCK: MEDAILLE DER INOFFIZIELLEN WELTMEISTERSCHAFT IN TAIWAN

Wie es anfing: als sie laufen lernt, mit dem Ball

Fußballalltag: Dreimal in der Woche eine

in der Hand – „und weggeschmissen, dann bin

Stunde hin zum Training und zurück – mit Un-

ich hinterhergelaufen“. Mit acht, neun spielt sie

terstützung der Eltern, die beim Spritgeld nach-

statt mit Puppen lieber Fußball auf der Straße.

helfen. Der Papa putzt die Schuhe fürs Spiel,

Später steigt sie in die Damenmannschaft Rot-

damit die Tochter ihre „Törchen“ macht – „hat

Weiß Essen ein – mit Erlaubnis der Eltern: „Von

funktioniert!“

klein an war nur Fußball in meinem Kopf.“ Warum Fußball spielen? Zusammenhalt prägt Pionierin: als Fußballspielerin aus Leidenschaft.

die Mannschaft: „Wir waren eine Bomben-

Wird nach einem Jahr Rot-Weiß schon abge-

truppe, wir hatten immer Spaß.“ Obwohl das

worben vom TSV Essen, um dann vom KBC

Training unter Anne Trabant hart ist; ab und zu

Duisburg angeworben zu werden – natürlich

wird kontrolliert, wie spät es abends in der Disco

alles ohne Geld. „Der große Trumpf“: die Abwer-

geworden ist.

bung nach Bergisch Gladbach, „ihrem“ Verein, mit dem sie u.a. inoffizielle Weltmeisterin wird –

Persönliche Stärken: Ehrgeiz, ein starker linker

als Torschützenkönigin. Schützin des jeweils

Fuß, Kopfballtore.

erstes Tores im ersten Länderspiel der Nationalmannschaft und im ersten DFB-Pokalfinale.

Persönliches Highlight: Das erste Tor für Deutschland im ersten Länderspiel 1982 Deutschland gegen die Schweiz (5:1) – „macht

Geboren: 1955 Beruf: Buchbinderin spielt als Teenager bei Rot-Weiß Essen, dann beim KBC Duisburg 1978 –1986: wird für die SSG 09 Bergisch Gladbach angeworben und spielt dort 8 Jahre 6 x Deutsche Meisterin 1979 –1984, 3 x DFB-Pokal, schießt 3 Tore zum 5:0 – Sieg gegen TuS Wörrstadt im ersten Finale um den DFB-Pokal 1981: Länderpokal der Damen, Mittelrhein 1981/1984: „Weltpokal“ bei den inoffiziellen Weltmeisterschaften in Taiwan (mit Bergisch Gladbach) 1982 –1983: Nationalteam, Torschützin des ersten deutschen Länderspieltores der Frauen am 10. November 1982; sie erzielt in der 25. Minute das 1:0 gegen die Schweiz, Endergebnis 5:1, insgesamt 7 Länderspiele 1986: Abschied vom aktiven Fußball

ja nicht jeder!“ Traurigster Moment: als sie aufhört, aktiv Fußball zu spielen.

Doris Kresimon hat selbst geschätzt „40 Tore in der Saison“, mindestens 350 Tore in ihrer Spielzeit für Bergisch Gladbach geschossen. Sie trainiert noch 5 Jahre die Mädchenmannschaft.

Erinnerung: Niemand hat Geld fürs Spielen bekommen: „Wir mussten Geld noch mitbringen.“ Als der Verein Deutscher Meister wird, gibt es 250 Mark „einmalig“. Das Spielen heute würde sie reizen, wenn sie für Leistung auch mal was bekäme. Aber schminken und lange Haare tra-

Die torgefährliche Stürmerin Doris Kresimon erzielte das erste Tor im ersten deutschen Länderspiel

gen, so wie viele Mädels heute? „Passt nicht!“

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BÄRBEL WOHLLEBEN

Ingelheim, Sportanlage, 2010

Position: Mittelfeld, Sturm

ERINNERUNGSSTÜCK: MEDAILLE „TOR DES MONATS“ 1974

terschaft mit Bad Neuenahr. Das Tor des Monats 1974 war für sie „ein schöner Nebeneffekt“, als prägender empfand sie Reisen und den Mauerfall in Berlin. Rückblick auf die Anfänge: „Man hatte damals aufgrund von Unaufgeklärtheit den Eindruck, dass es nicht gesund wäre für Frauen, Fußball zu spielen. Und irgendwann kamen aber Mediziner an die Front und haben aufgeklärt, dass – ob Männlein Geboren: 1943 Beruf: Leiterin der Anwaltskanzlei ihres Vaters, heute Rentnerin und Jugendtrainerin Bis 1958: spielt mit einer Sondergenehmigung bis zu ihrem 16. Lebensjahr in einer Jungenmannschaft 1959 –1969: aktive Handballspielerin

Wie es anfing: als 4 – 5-jähriges Mädchen, das von ihren fußballspielenden Brüdern als „Vierte im Bunde“ gebraucht wurde. Der weltoffene Vater

Erfahrungen als Trainerin: „Kinder haben sehr

setzte per Sondergenehmigung durch, dass

viel Spaß am Fußballspielen, ob Junge oder

Bärbel bis 15 mit den Jungen im Verein spielen

Mädchen ist völlig egal.“

konnte – danach nur noch inoffiziell. Persönliche Stärken:

1969 –1975: Spielerin bei TuS Wörrstadt 1973: gewinnt mit dem TuS Wörrstadt den Goldpokal (inoffizielle Deutsche Meisterschaft) 1974: TuS Wörrstadt wird erster Deutscher Meister im Frauenfußball

oder Weiblein – jeder Fußball spielen kann.“

Pionierin: als Spielerin der ersten Stunde, kurz

dis zipliniert, ehrgeizig,

bevor der DFB das Fußballverbot aufhob (ab 1969

direkt, tonangebend. Als

bei TuS Wörrstadt); als erste Deutsche Meisterin

Trainerin einfühlsam und

mit Wörrstadt 1974; als Spielerin vieler offizieller

Vorbild.

und inoffizieller Spiele und „Star“ des ersten Tor

Bärbel Wohlleben gewinnt als erste Frau die Wahl zum „Tor des Monats“ in der ARD-Sportschau

des Monats durch eine Fußballerin; als engagierte

Lebensdevise: „Immer

Trainerin von Jungen- und Mädchenmannschaften

mal wieder was Neues

1977: kauft sich frei und wechselt zur NSG Oberst Schiel

bis heute.

anpacken, damit das Leben interessant

Deutsche Vizemeisterschaft 1978: SC 07 Bad Neuenahr – Deutscher Meister 1980: FSV Frankfurt 1981 –1986: lässt bei der SpVgg Ingelheim ihre Karriere ausklingen

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Persönliche Highlights: die 1. Deutsche Meisterschaft 1974 mit TuS Wörrstadt als Siegerin: „ein großer Moment“. Inoffizielle Länderspiele Anfang der 70er. Goldpokal 1973. 1978 Deutsche Meis-

SPIELERINNEN AB 1970 – PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS

bleibt.“


„Emanzipation war für mich überhaupt nie ein Thema. Unser Gedanke war nicht, uns auf dem Sportplatz zu emanzipieren, sondern Fußball zu spielen.“ SPIELERINNEN AB 1970 – PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS

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„Die Faszination am Fußball ist für mich, dass man gemeinsam, als Team, unheimlich viel erreichen kann“ (Monika Staab)

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TRAINERINNEN UND TRAINER / FUNKTIONÄRINNEN UND FUNKTIONÄRE – PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS


TRAINERINNEN UND TRAINER, FUNKTIONÄRINNEN UND FUNKTIONÄRE 40 Jahre „offizieller“ Frauenfußball: das be-

Aufbau Nationalteam 1981/82 wird Gero Bisanz

deutet bei vielen Pionierinnen und Pionieren

beauftragt, eine Frauen-Nationalelf zusammen-

nicht nur Jahre aktiven Fußballspielens, sondern

zustellen. Seine Co-Trainerin Anne Trabant ist

auch Training, Verbandsarbeit, Ehrenämter in

zunächst sogar selbst noch als Spielerin mit dabei. Sie wird abgelöst von Tina Theune-

Vereinen und anderes Engagement.

Meyer, mit der Bisanz einen hervorragenden Training an der Basis Die ersten Frauenmann-

Nachwuchs aufbaut. Theune-Meyer wird

schaften entstehen zum Teil aus Spaß, Übermut

1996 Cheftrainerin – und bislang erfolg-

und der Lust an einem besonderen Spektakel.

reichste Nationaltrainerin. Sie gibt ihr Amt

Viele glauben nicht, dass die Frauen es ernst mit

an ihre Assistentin, die ehemalige Spielerin

dem Fußball meinen – aber sie tun es, unter-

Silvia Neid, ab. Die Frauen haben sich nun

stützt von engagierten Trainern, die, wie Bernd

auch als Trainerinnen bewiesen – zumindest

Schröder, richtigen Fußball wollen oder gar kei-

als Trainerinnen der Frauen.

nen. Hinter erfolgreichen Teams stehen zielstrebige Trainer, aber auch Trainerinnen wie Anne

Fußball international Die deutsche National-

Trabant oder Monika Koch-Emsermann (FSV).

elf feiert internationale Erfolge als vielfache

DFB 1970 stimmen beim Verband noch zwei

(2003 und 2007). Gefeierte Stars sind aber

Europameisterin und zweimalige Weltmeisterin Männer gegen die Aufhebung des Frauenfuß-

auch international erfolgreiche Vereine wie der

ballverbots. 1977 gibt es dann eine Frau im

1. FFC Frankfurt, Turbine Potsdam oder FCR

Spielausschuss, die sich mit starker Stimme für

2001 Duisburg – beim 2002 eingeführten UEFA-

den Frauenfußball einsetzt: Hannelore Ratze-

Cup bzw. Champions League seit 2009.

burg. Sie setzt alle wichtigen Neuerungen für

Frauenfußball findet grenzüberschreitend statt,

den Frauenfußball durch: Pokalwettbewerb, Na-

Pionierarbeit ebenfalls: Monika Staab ist seit

tionalteam, Bundesliga. Doch die Frauen wollen

2007 international als Entwicklungshelferin in

nicht nur spielen, sondern auch Trainerlizenzen

Sachen Frauenfußball für die FIFA unterwegs –

erwerben – Monika Koch ist die erste, die dies

und macht damit deutlich, dass Fußball mehr ist

gegen Widerstände durchsetzt (1976, B-Lizenz).

als ein Spiel.

1985 wird Tina Theune-Meyer die erste Frau sein, die den Fußball-Lehrer absolviert – und damit berechtigt wäre, auch männliche Bundes-

Die „Fußball-Ikonen“ Franz Beckenbauer und Gerd Müller zusammen mit den Bad Neuenahrer Fußballerinnen (oben) Gero Bisanz mit Tina Theune-Meyer, der ersten Frau mit Fußball-Lehrerlizenz (unten)

liga-Vereine zu trainieren. TRAINERINNEN UND TRAINER / FUNKTIONÄRINNEN UND FUNKTIONÄRE – PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS

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Köln, Radstadion Mü ngersdorf, 2010

GERO BISANZ Spieler beim 1. FC Köln (1956 –1960) und Viktoria Köln (1960 –1969)

ERINNERUNGSSTÜCK: SPORTWISSENSCHAFTLICHE TRAININGSUNTERLAGEN DER NATIONALSPIELERINNEN

Geboren: 1935 Beruf: Sportlehrer

Wie es anfing: vom aktiven Fußballspieler,

Erfolge: „Ich musste mich gegen das Lächeln

Sportlehrer, Fußballtrainer zum Dozenten und

meiner lieben Trainerkollegen durchsetzen“ – was

Spieler beim 1. FC Köln (1956 –1960) und Viktoria Köln (1960 –1969)

Ausbilder an der Sporthochschule Köln, der

ihm nicht schwerfällt. 1995 Vizeweltmeister, 1996

vom DFB 1981/1982 beauftragt wird, die

Vierter bei den Olympischen Spielen: „Das Fun-

1969: Sportlehrer am Gymnasium und Amateur-Trainer

Frauen-Nationalmannschaft zu trainieren: „Ich

dament ist gegossen.“ Der Durchbruch, der bei

hatte bis 1970 überhaupt nichts von Frauen-

Medien und Fachleuten die Anerkennung brachte,

Ab 1970: Dozent an der Kölner Sporthochschule

fußball gehört. Habe den Studentinnen, die fuß-

1989 gegen Norwegen: „ein sehr, sehr gutes Spiel

ballwillig waren, versucht, das Fußballspielen

bei strahlendem Sonnenschein und ausverkauf-

Ab 1971: Ausbilder der Fußball-Lehrer

beizubringen. Aber an Frauenfußball in Vereinen

tem Haus mit über 23.000 Zuschauern“.

Ab 1980: Leiter der DFB-FußballtrainerAusbildung und B-Nationaltrainer

habe ich überhaupt keinen Gedanken verschwendet.“

1982 –1996: Trainer der Deutschen Fußballnationalmannschaft der Frauen Aufbau und Professionalisierung des Nationalteams, Aufbau von Nachwuchsteams U 18, U 19, U 20, zunächst in Zusammenarbeit mit Spielertrainerin Anne Trabant, dann mit der langjährigen Assistentin Tina Theune 10. November 1982: Debüt als Trainer der Frauennationalmannschaft in Koblenz beim Länderspiel gegen die Schweiz (5:1) 1989 und 1991 Gewinn der Europameisterschaft mit dem Nationalteam, 4. Platz bei der WM 1991

Erinnerung: „Ich habe die Anfänge, glaube ich,

zur Auflockerung. Das mindert nicht den Ehr-

so erlebt wie jeder männliche Zuschauer. Es war

geiz: „Wir haben mit unserer Einstellung, unse-

damals schon ein wenig Volksbelustigung und

rem Willen und unserem Kampfgeist Anschluss

nicht so sehr Leistungssport.“ Heute ist es so,

an den inter nationalen Bereich gefunden.“

„dass man als Mann auch sagen kann: ich geh heute mal ein Frauenländerspiel anschauen. Das macht mir Spaß!“

Er braucht noch Zuspruch durch die Medien,

Weg als Trainer: in den ersten Jahren viele

genblick geschieht“. Die WM 2011 wird ihren

Reisen mit Sichtung potenzieller Spielerinnen,

Beitrag dazu leisten. „Es wird ein großes Event.“

engagierter Aufbau der Mannschaft, Sondertrai-

1996: übergibt das Traineramt nach 127 Länderspielen an seine Assistentin Tina Theune Letztes Spiel: 1:1 gegen Brasilien beim olympischen Turnier in Atlanta

ning: „Ich habe mir die Zeit genommen, wirklich

1996 –2000: DFB-Chefausbilder

gen. Und im Laufe der Zeit habe ich gemerkt,

2000: Mitgründer der Stiftung Jugendfußball, Mitglied im Kuratorium

dass das eine gute Sache war, weil die Mäd-

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Zukunft des deutschen Frauenfußballs: „obwohl das schon sehr, sehr gut ist, was im Au-

1995 Europameister und Vizeweltmeister

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Persönlicher Stil: Er spornt an durch Spaß und gute Laune, macht auch mal einen Kopfstand

individuelles Training zu machen. Alle Dinge, die wirklich fußballspezifische Fertigkeiten betrafen, haben wir versucht auf ein hohes Niveau zu brin-

chen sich wirklich sehr verbessert haben.“

TRAINERINNEN UND TRAINER / FUNKTIONÄRINNEN UND FUNKTIONÄRE – PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS


„Mein Ziel war es immer, das Training so zu gestalten, dass die Mädchen lachend umgefallen sind, also lachend vom Training nach Hause gegangen sind.“

Die Trainingspläne des Chef-Trainers folgten streng sportwissenschaftlichen Kriterien und Bewertungsaspekten, nach denen die Spielerinnen bewertet wurden. Auch die einzelnen taktischen Spielzüge wurden akribisch festgehalten.

TRAINERINNEN UND TRAINER / FUNKTIONÄRINNEN UND FUNKTIONÄRE – PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS

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SILVIA NEID

Frankfurt, Stadion, 2010

Position: Mittelfeld, Sturm

ERINNERUNGSSTÜCK: KNIEBANDAGE, IHR „MARKENZEICHEN“, TRUG SIE SEIT EINER VERLETZUNG 1989 BEI JEDEM SPIEL Geboren: 1964 Beruf: gelernte Großhandelskauffrau, Nationaltrainerin

1988: „Tor des Monats“ der ARD-Sportschau Kapitänin der Nationalmannschaft, Rekordnationalspielerin

1974 –1980: mit 10 Jahren Vereinsfußball beim SV Schlierstadt

1995: Vize-Weltmeisterin

1980 –1983: SC Klinge Seckach 1982: Debüt im Nationalteam am 10.11. im ersten Länderspiel der Nationalmannschaft gegen die Schweiz, sie wird eingewechselt und schießt 2 Tore (5:1) 1983 –1985: SSG 09 Bergisch Gladbach, Gewinn der Deutschen Meisterschaft, DFB-Pokals und „Weltpokal“ in Taiwan (1984) 1985 –1996: TSV Siegen, 5 x DFB-Pokal, 6 x Deutsche Meisterin

1989 –1995: 3 x Europameisterin, WM-Vierte

1996: Teilnahme Olympia, Abschied als aktive Spielerin, beginnt Trainerlaufbahn Nachwuchstrainerin 2005: Assistentin von Bundestrainerin Tina Theune-Meyer seit 2009: Cheftrainerin Erfolge u.a.: Algarve Cup (2006), WM (2007), Bronze Olympische Spiele (2008), Europameisterin (2009) 2007: Bundesverdienstkreuz am Bande, Silbernes Lorbeerblatt 2010: FIFA Welttrainerin des Jahres

Wie es anfing: Als kleines Mädchen bolzt sie mit

Das Faszinierende an Fußball: Spaß, Strategie, Er-

Vater und Bruder – eine „sehr fußballverrückte Fami-

folg, „dass man bestimmt, was der Ball macht und nicht,

lie“. Später kickt sie mit den Jungen auf dem Bolzplatz

dass der Ball bestimmt, was ich mache.“

und „wurde nach einer gewissen Zeit respektiert“. Mit 11 Jahren spielt sie in einer Frauenmannschaft, sieben

Persönliche Stärken: ehrgeizig, strategisch, diszipli-

Jahre später ist sie beim ersten Länderspiel der Natio-

niert, engagiert. „Wenn ich mir etwas in den Kopf ge-

nalmannschaft dabei: „Ich hatte Glück!“

setzt habe, dann ziehe ich es durch!“

Pionierin: als fußballspielendes Mädchen unter Jun-

Persönliche Highlights: das erste Länderspiel in Ko-

gen, als zweitjüngste Spielerin im ersten Länderspiel

blenz 1982; die erste EM 1989 mit Sieg über Norwegen

der Nationalmannschaft, als Rekordnationalspielerin,

– das Endspiel wird live im Fernsehen übertragen und

Alltag mit Fußball: Acht Stunden arbeiten, zum Trai-

als erfolgreiche Nachwuchstrainerin und Nationaltrai-

das Stadion ist voll, „ein tolles Erlebnis“.

ning fahren, 60 km hin und wieder zurück, abends spät

Enttäuschende Momente: bei der WM in China 1991

strapaziös.“ Sie wechselt von Schlierstadt nach Ber-

ins Bett und morgens um 5 Uhr aufstehen: „Das war

nerin mit großem persönlichen Einsatz für die Entwicklung des Frauenfußballs.

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schießt sie im ersten Spiel ein Tor und verletzt sich 4

gisch Gladbach, um statt zwei- nun viermal pro Woche

Minuten später so schwer, dass sie aufhören muss:

zu trainieren, ohne Geld, höchstens mal 30 DM Zu-

„Das war schon ein Erlebnis, von Wolke sieben direkt

schuss für Fußballschuhe. Aber klar ist, „dass ich das

heruntergeknallt!“

so will, weil ich einfach Spaß hatte an diesem Sport.“

TRAINERINNEN UND TRAINER / FUNKTIONÄRINNEN UND FUNKTIONÄRE – PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS


„Fußball spielen ist wie Schach spielen. Und am allerbesten ist natürlich, wenn alles aufgeht und man das Spiel mit seiner Strategie gewinnt.“

TRAINERINNEN UND TRAINER / FUNKTIONÄRINNEN UND FUNKTIONÄRE – PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS

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„Was mich immer begeistert hat: dass man gemeinsam etwas erreichen kann, dass man im Team Berge versetzen kann – daran glaube ich.“

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TRAINERINNEN UND TRAINER / FUNKTIONÄRINNEN UND FUNKTIONÄRE – PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS


MONIKA STAAB

Frankfurt, SG Praunheim, 2010

Position: Mittelfeld Nr. 10, Spezialistin für Freistöße und Kopfballtore

ERINNERUNGSSTÜCK: ZERBROCHENE FENSTERSCHEIBEN

Wie es anfing: mit 4 Jahren – spielte mit den Jungen auf der Straße Fußball und schoss mit ihnen Fensterscheiben ein. Pionierin: als Spielerin (SG Rosenhöhe, Kickers Offenbach, SG Praunheim), dann Trainerin der SG Praunheim/1. FFC Frankfurt. Von Anfang an ist sie beim 1. FFC Frankfurt dabei, insgesamt 23 Jahre bei SG Praunheim/1. FFC – neben Vollzeitbeschäftigung in ihrem Geschäft mit Hotel, Bäckerei und Café. Persönlicher Rückblick: „Es was sehr schwierig, Ihr Tagesablauf als aktive Spielerin: um 5 Uhr

Leute im Frauenfußball zu finden, es gehörte sehr

morgens aufstehen, um 23 Uhr schlafen gehen,

viel Idealismus dazu, sehr viel Interesse. Wir haben

7 Tage die Woche, sehr stressig.

das aufgebaut, wir haben auch sehr viel selbst finanziell investiert. Es war für mich schon auch ein

Warum Fußball spielen? „Für mich war Fußball

kleines Baby, was wir da großgezogen haben.“

immer das, was mir sehr viel gegeben hat. Sehr viel Kraft, sehr viel Energie, sehr viel Ausgleich.“

Ihr Traum: das Hobby – Fußball – zum Beruf zu machen – ist erfüllt. Seit 2007 fördert sie auf

Persönliches Highlight: 1. UEFA-Cup-Sieg

inter nationaler Ebene Frauenfußball als Ent-

des 1. FFC 2002 im Frankfurter Waldstadion vor

wicklungshelferin der FIFA aktiv vor Ort – z.B.

Geboren: 1959 Beruf: Fußballtrainerin, FIFA-Beraterin in Sachen Frauenfußball weltweit Vorbilder: Anne Trabant, Günter Netzer 1970: spielt mit 11 Jahren als „Küken“ bei der Frauenmannschaft SG Rosenhöhe (Offenbach) 1974: Wechsel des gesamten Teams zu Kickers Offenbach 1977: Wechsel zu NSG Oberst Schiel (Frankfurt), Deutsche Vizemeisterin nach knapper Niederlage gegen SSG 09 Bergisch Gladbach 1978: zahlreiche Auslandsreisen, „um Sprachen zu lernen“ und Fußball zu spielen – u.a. bei Queens Park Rangers, Portness, FC Southhampton, Paris St. Germain

14.000 Zuschauern bei strömendem Regen:

bei Mädchen- und Frauenvereinen in Pakistan,

1983: Rückkehr nach Deutschland, Spielerin bei SG Praunheim, Mittelfeldmotor und Mannschaftsführerin; Spezialistin für Freistöße, Kopfballtore, Flanken, Eckbälle, strategisches Spiel

„Das war das Größte für uns, als erste in die

Palästina, Sri Lanka oder auf den Salomonen.

1990: Qualifikation für die Bundesliga 1992: beendet ihre Laufbahn als aktive Spielerin, 4. deutsche Frau, die den Fußball-Lehrer macht

Geschichte einzugehen.“ Besondere Kennzeichen: sehr viel Engagement Persönliche Niederlage: die verlorenen Duelle des 1. FFC Frankfurt gegen den FSV: „Die waren auch besser. Und wir haben uns dann gesagt, irgendwann wird die letzte Gans die erste Gans einholen, und das haben wir dann über Jahre mit sehr viel Geduld geschafft.“

und Willenskraft, ausgesprochener Teamgeist.

1999–2004: Mitbegründerin des 1. FFC Frankfurt (hervorgegangen aus der SG Praunheim), Trainerin und 1. Vorsitzende des 1. FFC: 4 x Deutscher Meister, 5 x DFB Pokal, 1 x UEFA-Cup Trainerin der ersten Mädchenmannschaft der SG Praunheim 2006: legt das Amt als Präsidentin des 1. FFC nieder und wird Trainerin der Frauennationalmannschaft von Bahrein Ab 2007: arbeitet für die FIFA als Entwicklungshelferin für den Frauenfußball

TRAINERINNEN UND TRAINER / FUNKTIONÄRINNEN UND FUNKTIONÄRE – PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS

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FRAUENFUSSBALL IN DER DDR

Frauenfußball ist in der DDR nicht verboten – es

Einige Mannschaften dieser Zeit entstehen

Potsdam, Stadion am Luftschiffhafen, 2010

Neun Jahre später werden auf dem SED-Partei-

gilt ja Gleichberechtigung für Frauen und Männer,

„aus Gag“. Nicht bei allen hält die Begeisterung

tag endlich die Bezirksbestenermittlungen be-

zumindest offiziell. Bereits1960 berichtete die

an, es gibt jedoch einige ehrgeizige Teams. Aber

schlossen. Es gibt von nun an „Turniere der

ostdeutsche Fußball-Woche von einem Fußball-

es ist ähnlich wie im Westen: Die Spiele finden

Bezirksbesten bis zur Ermittlung der besten

spiel in der Elbmetropole (Linne), Ende der 60er

häufig zur Belustigung der Zuschauer statt, bei

Frauenmannschaft der DDR“ (zit. n. Hen-

Jahre gründen sich die ersten Frauenfußball-Ver-

Dorf- und Stadtfesten, wo es nicht immer um

nies/Meuren, 171). Außerdem wird eine

eine, oft als Betriebssportgemeinschaften wie

den Sport geht. Und die große Förderung

Arbeitsgruppe Frauenfußball beschlos-

z.B. Turbine Potsdam. Sie erhalten jedoch kei-

bleibt aus.

nen Anteil an den Sportförderprogrammen, da

sen, der auch Bernd Schröder angehört. Nicht nur Top-

Frauenfußball keine olympische Sportart ist. Die

1970 findet die erste Dresdner

Spielerinnen wie Sabine

Regel der DDR lautet: Fördern, wo Leistung in-

Bezirksmeisterschaft statt, Be-

Seidel kritisieren einiges an

ternational gezeigt werden kann. Und dies ist

richte darüber erscheinen in der

beim Frauenfußball nicht der Fall. Dennoch be-

Presse, die Öffentlichkeit nimmt

tont Bernd Schröder den von Anfang an bestim-

Notiz von einer Sportart, die

wickelt sich, ab 1987 wird

menden Leistungsgedanken bei „seinem“ Verein

immer populärer wird. So muss

auch um einen Pokal gespielt,

Turbine Potsdam.

den

Bestenermittlungen.

Aber der Frauenfußball ent-

schließlich der DFV reagieren: 1971

des Demokratischen Frauen-

wird Frauenfußball in die Verbands-

Bundes.

Wladimir Zwetkow sah als einer der Ersten eine

spielordnung aufgenommen. Neue

Zukunft für den Frauenfußball in der DDR: In

Vereine entstehen, aber Frauenfußball

Turbine Potsdam spielt nicht nur

Dresden spielt der Bulgare zunächst selbst

soll nicht als Profi-Sport, sondern als

Fußball, trainiert Schüler und beobachtet dabei

Freizeit- und Erholungssport Fuß fassen,

Rolle, sondern entwickelt sich auch

das Training der Handballerinnen. Die Idee ent-

und der Nachwuchs findet keinen Platz, da

nach der Wende zu einer gesamt-

steht – warum sollen Frauen nicht auch Fußball

offiziell erst Frauen ab 16 Jahren spielen.

in der DDR eine herausragende

deutschen und internationalen Spit-

spielen? BSG Empor Dresden-Mitte bekommt

zenmannschaft. 1994 steigt der

durch ihn das erste Frauenfußballteam der

Verein in die Bundesliga auf,

DDR, Gisela Rühle ist Spielführerin.

2004 wird er zum ersten Mal Deutscher Meister. Der DFV-Wanderpokal für den jeweiligen Sieger im DDR-FrauenfußballEndturnier (DDR-Bestenermittlung)

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FRAUENFUSSBALL IN DER DDR – PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS


„Emanzipation war für mich überhaupt nie ein Thema. Unser Gedanke war nicht, uns auf dem Sportplatz zu emanzipieren, sondern Fußball zu spielen.“

FRAUENFUSSBALL IN DER DDR – PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS

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BERND SCHRÖDER Position: Torwart bis zur DDR-Oberliga

ERINNERUNGSSTÜCK: WANDERPOKAL DES DEUTSCHEN FUSSBALLVERBANDES (DFV)

Wie es anfing: spielte als Kind schon gern Fuß-

Das Tolle an Fußball – ist Kreativität, Leiden-

ball „und dann spielt man die Klassen so durch

schaft, Teamgeist: „Das Team ist der Star.“

bis ganz hoch in die Oberliga“ – höchste Spielklasse, ein halbes Jahr lang, bis er sich in

Geboren: 1942 Beruf: Diplom-Ingenieur, studierte Betriebswissenschaft, Abteilungsleiter und Fußballtrainer

Erfolgsrezept von Turbine Potsdam und

Studium und Beruf stürzt. Und in das Training

ihrem Trainer: „Wir haben von Anfang an auf

der Frauen von Turbine Potsdam.

Leistung gesetzt.“ Erfolg muss man auf lange

Pionier – weil er Ja zur Verantwortung sagte,

und dranbleiben.

Sicht planen und trainieren, „ernsthaft rangehen“ die Frauenfußballmannschaft zu trainieren, an

Aktiver Spieler Torwart bis zur DDR-Oberliga

die noch niemand so recht glaubte – Turbine

Frauenfußball DDR – BRD: Im Berliner Raum

Potsdam. Entstanden durch eine Art Silvester-

hat man Informationen über den Frauenfußball

Trainer des Frauenteams BSG Turbine Potsdam von Beginn an (1971)

scherz, der Aufruf am schwarzen Brett eines

im Westen: „Wir haben immer den Wunsch ge-

Energieunternehmens an fußballinteressierte

habt, mal gegen Bergisch Gladbach oder Bonner

6 Mal Sieger der Bestenermittlung (DDR-Meisterschaft) mit Turbine Potsdam

Frauen. „Und dann waren 40 Mädels und

SC zu spielen.“ Es gelingt nie, die Einladungen

1990: betreut die DDR-Frauen-Nationalmannschaft bei ihrem einzigen Länderspiel (0:3 gegen die CSFR) 1992: tritt als Trainer aus beruflichen Gründen zurück, wird Manager des Vereinsbis 1997. 1997: kehrt auf die Trainerbank zurück Die Frauen von Turbine machen sich als 1. FFC Turbine Potsdam selbständig und werden zum ersten Konkurrenten des 1. FFC Frankfurt.

Frauen da.“ Er erklärt sich als Trainer bereit und

gehen immer irgendwie verloren – bis zur Wende,

bleibt es 40 Jahre: „Ich wollte es eigentlich nur

als sich die Turbine gesamtdeutsch profiliert.

für den Tag machen.“ Geschichte des Frauenfußballs – auch in Warum wollten damals so viele Frauen

der DDR zweischneidig: Es wird zwar Gleich-

spielen? Fußball ist kein Saisonsport wie Hand-

berechtigung proklamiert, tatsächlich hat der

ball. Mehr Zuschauer kommen, Fußball wird

Frauenfußball nicht dieselben Chancen wie an-

häufiger im Fernsehen gezeigt. Es ist mehr

dere Frauensportarten. Heute ist er wesentlich

„Ruhm und Ehre“ zu holen.

attraktiver und in allen Schichten akzeptiert.

Bis 2011 gewinnen die „Torbinen“ je 3 Mal den DFB-Pokal und den DFB-Hallencup sowie 5 Mal die Deutsche Meisterschaft (2004, 2006, 2009, 2010, 2011) International werden sie 2005 UEFA-Cup-Sieger und gewinnen 2010 die Champions League in einem dramatischen Elfmeterschießen gegen Olympique Lyon

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FRAUENFUSSBALL IN DER DDR – PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS


„Wir müssen gute Dinge vom Männerfußball übernehmen, aber wir müssen unsere eigene Philosophie haben.“

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ALLE TRIPTYCHEN IM ÜBERBLICK

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PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS


PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS

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AUTOREN UND FOTOGRAF DR. RICHARD ZACHARUK

DR. DORIS GRUBER

Seit 1988 Leiter des Ikonen-Museums der Stadt Frankfurt am Main. Studium

Literaturwissenschaftlerin, Autorin/Texterin, Kommunikationstrainerin;

der Byzantinischen Kunstgeschichte, der Allgemeinen Kunstgeschichte und

verschiedene Kulturprojekte, Forschungen zu Geschlechterfragen im

der Volkskunde in München mit Magisterabschluss. Promotion an der

kommunikativen und literarischen Bereich, wissenschaftliche Publikationen

Universität Marburg. Zahlreiche Publikationen.

zur Ästhetisierung von Gender/Geschlecht; verschiedene Textprojekte in den Gebieten Sachbuch, Belletristik, Kunst/Kultur, Werbung.

CLAUDIA ROTH Bundesvorsitzende Bündnis 90/ Die GRÜNEN; seit 1998 im Bundestag;

GÜNTHER BAUER

engagiert für Menschen- und Bürgerrechte; Sprecherin des DFB-Umweltbei-

Arbeitet seit über 20 Jahren als selbständiger Fotograf. Nach einem

rats zur Förderung von Green Goal 2011 – Durchführung umweltfreundlicher

achtjährigen Auslandsaufenthalt in Madrid kehrte er 2000 wieder nach

und klimafairer Sportveranstaltungen, aktuell FIFA Frauen-WM; Mitglied des

Frankfurt zurück. Seine großformatigen Porträts spanischer Flamenco-

Kuratoriums der DFB-Kulturstiftung sowie der Kommission Nachhaltigkeit.

künstler wurden in Bremen (Instituto Cervantes, 2006), Madrid (PhotoEspaña, 2006) und in Sevilla (Monat der Fotografie, 2008) ausgestellt.

BARBARA UNMÜSSIG

Seit Mai 2011 zeigt das „Fotografie Forum Frankfurt“ die Ausstellung

Politikwissenschaftlerin, seit 2002 Vorstandsmitglied der Heinrich-Böll-

„La Cara del Flamenco“ im Instituto Cervantes in Frankfurt.

Stiftung, verantwortlich für die Programmentwicklung für Lateinamerika, Afrika, Asien, Nahost sowie das Gunda-Werner-Institut für Feminismus

SportARTproject wurde 2006 als Ausstellungs- und Internetplattform für

und Geschlechterdemokratie; u.a. Gründungsmitglied des Deutschen

Sport-und Kulturprojekte von Günther Bauer zusammen mit Martina

Instituts für Menschenrechte und stellvertretende Vorsitzende des

Henschke gegründet. Die Portätaufnahmen von Senioren-Sportlerinnen

Kuratoriums; verschiedene Publikationen zu Themen wie internationale

und Sportlern im Alter von 35-96 Jahren bei der Senioren-Tischtennis-

Finanzen, Umweltpolitik, Klimawandel.

WM 2006 in Bremen sowie beim Internationalen Deutschen Turnfest 2009 in Frankfurt wurden auf der Online-Galerie (www.sportartproject.de)

TANJA WALTHER-AHRENS

ausgestellt.

Lehrerin, Sportwissenschaftlerin und Fußballspielerin mit Stationen bei Tennis Borussia Berlin und Turbine Potsdam, beid Bundesligavereine, bis

Nach intensiver Recherche begab sich Günther Bauer 2010 mit seiner

1999. Spielt in der Berliner Landesliga beim SV Seitenwechsel, ist engagiert

Großbildkamera und Interviewmikrofon auf die Spurensuche nach den

im Fußball mit den Themen Homosexualität und Homophobie; Mitglied

„Pionierinnen des deutschen Frauenfußballs“.

der deutschen Akademie für Fußballkultur; ausgezeichnet u.a. mit dem Tolerantia Preis 2008 (zusammen mit Theo Zwanziger und Philipp Lahm).

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AUF DEN SPUREN DER PIONIERINNEN

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PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS

Umschlag_Umschlag 06.06.11 13:53 Seite 2

ISBN 978-3-932942-37-2

PIONIERINNEN DES DEUTSCHEN FRAUENFUSSBALLS


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