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DAS KLEINGEDRUCKTE
Unser heutiger Beitrag dreht sich um nichts Geringeres als ethische Verantwortung, umfassende Vorsichtsmaßnahmen, breit angelegte Aufklärung, bestmögliche Schadensbegrenzung, wohlüberlegte Dosierung und den Schutz von Kindern und Jugendlichen, Schwangeren und Stillenden. Klingt ein wenig, als wenn wir eine neue Bibel geschrieben hätten, stimmts?
Dabei handelt der Beitrag von einem gar nicht mal großen Stückchen Papier, das auch tatsächlich in einem Maße mit Kleingedrucktem gefüllt ist, dass es eine Lust ist; neugierig geworden? Wir widmen diesem Beitrag dem sogenannten Beipackzettel, der in Medikamenten jeglicher Art zu finden ist. Die Silbe »Bei« weist darauf hin, dass dieser Zettel eigentlich nur dazugehört, also nicht den eigentlich wichtigen Inhalt der Medizinverpackung darstellt. Absurd, denn steht doch ganz oben auf dem Beipackzettel, dass man ihn unbedingt vor der Einnahme der Medizin gründlich studieren möchte. Da fängt die Malaise an, denn das Kleingedruckte auf dem Beipackzettel macht seinem Namen wirklich alle Ehre. Man sollte der pharmazeutischen Industrie empfehlen, neben dem Zettel auch eine Beipacklupe beizulegen; nur wegen der Lesbarkeit. Ein weiteres eher der Form zuzuordnendes Kriterium für einen Beipackzettel stellt die kunstvolle Faltung dar, die dafür sorgt, dass der Zettel ja auch noch in die kleinste Tablettenschachtel passt. Man merkt, dass ein Medikament etwas Besonderes ist, so wie eine Origami-Faltung eines Schwans zum Beispiel, die man auch nicht mal so aus dem Handgelenk schüttelt. Das dünne Papier erhöht die Wertigkeit außerdem.
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Beim Inhalt wird es noch komplizierter. Als Erstes wird erklärt, was man denn da in der Schachtel der Tube oder dem Döschen, im Fläschchen, in der Ampulle oder als Filmtablette überhaupt (egal ob mit oder ohne Rezept) erworben hat. Dann wird beschrieben, gegen welche Krankheit oder welche Beschwerden die Medizin, die da nun vor einem liegt, zur Anwendung kommen soll. Damit kann ausgeschlossen werden, dass man Lutschtabletten gegen Halsschmerzen zur Linderung von Blutergüssen anwendet. Oder andersherum Schmerzgel gegen Verstauchungen innerlich anwendet. Es ist aber noch mehr Vorsicht geboten. Medikamenten scheint es nämlich eigen zu sein, sich nicht richtig gut zu vertragen, jedenfalls untereinander. Sollte jemand vorhaben, in der Eigenmedikation drei Tabletten täglich der Sorte X zu nehmen, dann muss er erst einmal ganz tief in sich hineinhorchen und eruieren, ob er nicht im vergangenen halben Jahr einmal eine halbe Tablette der Sorte Y zu sich genommen hat. X und Y vertragen sich nämlich nicht. So wie sich die Medikamente R und V nicht vertragen, oder L und M, oder N und X, oder Y und M … Bei den Regeln der Einnahme trifft man häufig auf den Fall, dass die Menge der einzunehmenden Medizin in einer gewissen Abhängigkeit vom Körpergewicht steht. Da das so ist, ist die Pharmaindustrie derzeit am Überlegen, neben der Beipacklupe auch eine digitale Beipackwaage hinzuzufügen. Dass Kinder, ThemaSchwangere und StilLorem Ipsumlende eines besonderen Schutzes bedürfen, ist ja jedem klar. Problematisch ist die Sache für Frauen, die zum Beispiel noch gar nicht wissen, dass sie schwanger sind. Meine Empfehlung: Beifügung eines Beipack-Schwangerschaftstests.
Das tatsächliche Kleingedruckte
Bei den Nebenwirkungen wird es richtig gruselig. Nach der Lektüre ist man im Regelfall froh, nicht schon von derselben durch Hautausschlag, Rötung der Mundschleimhäute oder Risse in den Fingernägeln erste Spuren derselben zu erkennen. Entschließt man sich aber trotzdem, das Medikament anzuwenden, dann empfiehlt es sich, sich sofort nach Einnahme oder Auftragen ins Bett zu legen, das Handy mit der bereits vorinstallierten Notrufnummer auf den Nachttisch zu legen und so intensiv wie möglich in sich hineinzuhorchen, ob man nach einer halben Stunde, einer Stunde oder gar zwei Stunden noch atmet. Wenn ja, ist alles gut gegangen.
Für diesen Fall herzliche Glückwünsche,
Euer
Stefan Tschök
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