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Das mangelnde Licht
Nino Haratischwili
Nach Jahren der inneren wie äußeren Entfernung voneinander begegnen sich Keto, Nene und Ira 2019 in Brüssel wieder. Anlass für das Zusammentreffen ist eine Foto-Retrospektive ihrer toten Freundin Dina, der kompromisslosesten und lebenshungrigsten der einstmals vier jungen Frauen. Momentaufnahmen ihrer gemeinsamen Jugend katapultieren die Überlebenden zurück ins Tbilisi der späten 80er und frühen 90er Jahre. Hier berauschen sie sich am Leben, der ersten großen Liebe und an der unwahrscheinlichen Freundschaft, die sie verbindet. Sie feiern dabei aber auch eine Gnadenfrist, bis die Realität über sie hereinbricht. Und mit ihr all das, was die ersten Jahre der georgischen Unabhängigkeit bringen: Chaos in den Straßen, Drogen, Bandenkriminalität und Gewalt in einem patriarchal strukturierten Land.
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Unverzeihlicher Verrat und tragischer Tod stellen die Freundschaft der vier auf die Probe und ihr ganz privates Auseinanderdriften spiegelt die Gespaltenheit einer jungen Demokratie im Bürgerkrieg. Dennoch ist keine der vier bereit, sich mit dem Mangel an Licht abzufinden.
Die seit 2003 in Deutschland lebende Nino Haratischwili erzählt nach ihrem Bestseller »Das achte Leben – für Brilka« erneut mit soghafter Emotionalität und kraftvoller Bildsprache von ihrer Heimat Georgien. Eindringlich stellt sie dabei die Frage nach persönlicher Verantwortung: Wie handelt man moralisch richtig in einer Welt, die jeder Logik zu entbehren scheint?
Regie: Dagmar Schlingmann
Bühne: Sabine Mader
Kostüme: Inge Medert
Musik: Alexandra Holtsch
Dramaturgie: Katharina Gerschler
»Das mangelnde Licht« wird gefördert von der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz.
PREMIERE 18.11.2023
KLEINES HAUS
Babettes Fest
Nach dem Roman von Karen Blixen in einer Bühnenfassung von Christoph Diem und Holger Schröder
Nach den Aufständen der Pariser Kommune 1871 haben zwei gottesfürchtige Schwestern, die an einem norwegischen Fjord leben, die geflüchtete Köchin Babette aus Paris aufgenommen. Zwölf Jahre besorgt sie nun bereits deren Haushalt. In dieser Zeit hat Babette an einer Lotterie in Frankreich teilgenommen – und erzielt schließlich den Hauptgewinn: 10.000 Francs. Babette möchte nun den Schwestern und der Gemeinde ein großes Festmahl zubereiten. Über seine Zusammensetzung erfährt man nicht viel, doch der Genuss verändert die Gäste, ohne dass es ihnen bewusst wäre. Erzogen zu einer bescheidenen Lebensweise, fehlt ihnen das Bewusstsein, dieses kulinarische Meisterwerk als solches zu begreifen, auch wenn es Resonanzen an vergangene Sehnsüchte und verpasste Momente auslöst.
Karen Blixens leise Erzählung holt große Fragen über die Kompromisslosigkeit, mit der man seiner Kunst folgt (oder folgen muss), über die Einsamkeit des Schaffensprozesses, seine Flüchtigkeit und seinen lang anhaltenden Nachklang in eine abgelegene Welt am Rande der Zivilisation. Auch das Braunschweiger Publikum soll Teil werden der Festgesellschaft und sich am Prozess (kulinarischen) Kunstschaffens berauschen.
Regisseur Christoph Diem hat zusammen mit Ausstatter Florian Barth und Dramaturg Holger Schröder bereits viele Stücke auf die Bühne gebracht, dabei aber auch nicht-dramatische Vorlagen wie Romane oder Filmstoffe realisiert, wie zuletzt die Chaplin-Adaption »City Lights« im Kleinen Haus.
Regie: Christoph Diem
Bühne & Video: Florian Barth
Kostüme: Elena Gaus
Dramaturgie: Holger Schröder
»Babettes Fest« wird gefördert von der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz.
Wir werden diese Nacht nicht sterben
Guido Wertheimer
Viele Gespenster gehen um in Berlin. Der Autor und Erzähler dieser performativen Spurensuche und Aron, der rätselhafte junge Berliner Jude, den die Universität ihm zur Seite stellt, spazieren hinter ihnen her und versuchen, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Manchmal sind die Gespenster zum Greifen nah, manchmal verflüchtigen sie sich oder verstecken sich in den Ereignissen der Gegenwart.
Guido Wertheimer schreibt ein Tagebuch über seinen Aufenthalt in Berlin, die Stadt, in der seine Großeltern geboren wurden. Anfang 2020 besucht er die Orte, an denen sich die Geschichte seiner Familie in den 1920er und 1930er Jahren abspielte (oder sich hätte abspielen können). Dabei versucht er nicht, Fragen des Judentums oder des Nationalsozialismus zu bearbeiten: Was er beschreibt, ist eine Außensicht auf die Stadt, die eigene Geschichte, die Vergangenheit seiner Familie wie die eigene Gegenwart. Die Verse skandieren den Lauf der Zeit, folgen ihm, reflektieren ihn, verweilen manchmal in kleinen Momenten der Reise und werden dann zurückgeschleudert ins Zeitgeschehen. Es sind Seiten eines bestimmten Tagebuchs, die aber durch den Resonanzkörper der Bühne kollektive Erfahrungen und Gefühle berühren.
Guido Wertheimer, geboren 1996 in Buenos Aires, erhielt für sein Stück 2022 den Preis der jungen Dramatik des Staatstheaters Braunschweig und des Theaters Magdeburg. Seine Arbeiten als Autor und Regisseur in Argentinien, Kolumbien, Ecuador, Peru, Bolivien und Deutschland befassen sich mit Erinnerung, Identität, Archiv, den Städten. Seit 2020 studiert er als Stipendiat der Heinrich-Böll-Stiftung Szenisches Schreiben an der UdK Berlin.
Regie: Guido Wertheimer
Rauminstallation: Florian Barth
Originalmusik & Sounddesign:
Gustavo Obligado
Visuelle Installation:
Ella Estrella Tischa Raetzer
Archivbearbeitung: Ana Iramain
Dramaturgie: Katharina Gerschler
PREMIERE