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Luciano Berio Rendering Dmitri Schostakowitsch
Sinfonie Nr. 15 A-Dur op. 141
Rückblick, Restaurierung, Zitat und visionäre eigene Klangsprachen prägen dieses Sinfoniekonzert. In beiden Werken spielt die Celesta, dieses wundersame, glockenspielartige Tasteninstrument eine zentrale Rolle als Vermittlerin zwischen Welten.
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Der italienische Komponist Luciano Berio (1925–2003) vollendete Schuberts letztes Werk, indem er u. a. Harmonie und Polyphonie ausarbeitete und die Bruchstücke orchestrierte. Fehlende Anfänge, Enden und Übergänge komponierte Berio neu in seinem eigenen, modernen Stil. Die Celesta leitet mit ihrem irrealen Klang die Zuhörer:innen in die Welt jenseits der Schubertschen Originalklänge.
Viele Parallelen zu diesem Werk finden sich in der 15. Sinfonie von Schostakowitsch: Es ist ebenfalls seine letzte Sinfonie, allerdings vollkommen fertiggestellt. Und auch hier werden Material aus früheren eigenen Werken und Zitate anderer Komponisten verwendet und dem eigenen Klang perfekt angepasst. Passend zur Spielzeit im Musiktheater wird u. a. Rossinis Ouvertüre zu »Wilhelm Tell« zitiert, seinen »Barbiere« erleben Sie ab Oktober im Staatstheater. Außerdem wird die Schicksalsfrage aus Wagners »Götterdämmerung« zitiert, ein Rückblick in die vergangene Spielzeit. Schostakowitsch blickt auf sein Leben, aber auch auf die Musikgeschichte des 19. und 20. Jahrhundert zurück, und verbindet disparate Elemente mit seiner sehr eigenen Klangfarbe.
Musikalische Leitung: Mino Marani
Louise Farrenc
Ouvertüre Nr. 2
Es-Dur op. 24
Wolfgang
Amadeus Mozart
Hornkonzert Nr. 3 Es-Dur
KV 447
Camille
Saint-Saëns
Sinfonie Nr. 1
Es-Dur op. 2
»Ein neues ernstes Werk erregt sicherlich immer große Aufmerksamkeit; aber wenn sich sein Autor als eine Frau erweist, die die leichten Erfolge der oberflächlichen Kompositionen verschmäht […]« (Thérèse Wartel, 1850). Die Ouvertüre der französischen Komponistin eröffnet das erste Konzert des »Artist in Residence« Stefan Dohr. Der Solohornist der Berliner Philharmoniker prägt das Konzertprogramm der Spielzeit und stellt sich dem Braunschweiger Publikum mit Wolfgang Amadeus Mozarts Hornkonzert vor, das dieser dem Hornisten Joseph Leutgeb gewidmet und auf den Leib geschrieben hatte, in bester Kenntnis der Möglichkeiten des Instruments hochvirtuos und bestens geeignet zur Eröffnung der Residence. In der zweiten Konzerthälfte erklingt in großer Orchesterbesetzung die französische Romantik: Saint-Saëns’ Sinfonie Nr. 1 war ein Überraschungserfolg des 18-jährigen Komponisten, der mit diesem Werk die Unterstützung u. a. Hector Berlioz’ und Charles Gounods erhielt. Vollkommen zu Unrecht gehört diese Sinfonie nicht zur Auswahl der regelmäßig aufgeführten, was sich unbedingt ändern sollte – überzeugen Sie sich selbst!
Musikalische Leitung: Srba Dinić Solist: Stefan Dohr, Horn
Johannes Brahms
Es tönt ein voller Harfenklang op. 17.1 Richard Strauss Hornkonzert
Nr. 2 Es-Dur
TrV 283
Robert Schumann
4. Sinfonie d-Moll op. 120
»Vier Gesänge für Frauenchor« op. 17 gehören zu den frühen Chorwerken von Brahms. Er komponierte sie Anfang 1860 für den von ihm geleiteten Hamburger Frauenchor. Hochromantisch ist die Instrumentation, auch die Wahl der Texte stellt einen kleinen Querschnitt durch die literarische Romantik und ihre Quellen dar. Der erste Gesang »Es tönt ein voller Harfenklang« mag auch zu der Kombination von Stimme und Instrumenten angeregt haben. Die subjektive Stimmung des ihm zugrundeliegenden Gedichts von Ruperti wird durch das episch-musikalische Element von Hörnern und Harfe betont.
Richard Strauss komponierte 1942 in Wien sein Hornkonzert Nr. 2. Das Werk wurde 1943 bei den Salzburger Festspielen uraufgeführt und 1944 aufgenommen, beide mit Solohornist Gottfried von Freiberg. Das Konzert wurde von dem britischen Hornisten Dennis Brain aufgegriffen und populär gemacht. Seitdem ist es das am häufigsten aufgeführte und aufgenommene Hornkonzert des 20. Jahrhunderts.
Musikalische Leitung: Srba Dinić
Solist: Stefan Dohr, Horn
Damenchor des Staatstheaters Braunschweig
Florence Price
Dances in the Canebrakes
Caroline Shaw
Watermark Concerto for piano
Charles Ives
The Unanswered Question Kurt Weill
Sinfonie Nr. 2
Dieses vergleichsweise junge Konzertprogramm zeigt neben den im klassischen Repertoire inzwischen verankerten Werken von Charles Ives und Kurt Weill auch Stücke von Florence Price und Caroline Shaw. Price, eine der ersten erfolgreichen afro-amerikanischen Komponistinnen, wurde 1887 in Arkansas geboren. Ihr Werk »Dances in the Canebrakes« komponierte sie 1953, in ihrem Todesjahr, zunächst als Klavierstück. Die drei Teile orientieren sich jeweils an Gesellschaftstänzen aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert. Shaw wurde 1982 in North Carolina geboren. Sie ist Geigerin, Sängerin, Komponistin und gewann 2013 den Pulitzer Prize of Music, außerdem arbeitete sie mehrfach mit dem Rapper und Produzenten Kanye West zusammen. Ihr Stück »Watermark« ist eine Art Hommage an Beethovens drittes Klavierkonzert. Ives, der US-amerikanische Komponist, wurde 1874 geboren. Sein Werk ist von Experimentierfreudigkeit und dem Einsatz von Dissonanzen geprägt. »The Unanswered Question« komponierte er 1906 und war seiner Zeit dabei weit voraus. Obwohl Weill (1900–1950) seinen Ruhm durch die Zusammenarbeit mit Brecht u. a. mit der »Dreigroschenoper« erlangte, spannte der einstige BusoniSchüler in seinem Œuvre einen weiten Bogen vom Musiktheater über den Jazz bis hinein in den Konzertsaal.
Musikalische Leitung: Garrett Keast
Solistin: Annika Treutler, Klavier
Modest Mussorgski
Eine Nacht auf dem kahlen Berge
Detlev Glanert / Johannes Brahms
Vier ernste Gesänge Alexander Glasunow
Sinfonie Nr. 8
Es-Dur op. 83
Die sinfonische Dichtung »Eine Nacht auf dem kahlen Berge« ist das einzige größere Orchesterwerk des russischen Komponisten Modest Mussorgski, das allerdings zu seinen Lebzeiten nie öffentlich aufgeführt wurde. Das Stück beschreibt den Tanz der Hexen in der Johannisnacht auf dem Lyssaja gora (»kahlen Berg«), einem Ort der slawischen Mythologie, der ähnlich dem Blocksberg als Versammlungsort der Hexen gilt. Unter anderem hat Walt Disney die Musik dieses Werkes in der Bearbeitung von Leopold Stokowski als Teil seines Zeichentrickfilms »Fantasia« in prägnante Szenen umgesetzt.
Alexander Glasunow war ein Phänomen unter den Komponisten seiner Generation. Seine Sinfonien sind Dokumente der Kultur des untergehenden russischen Zarenreichs – und eine Wiederentdeckung wert. Nur sehr wenigen Dirigenten erschloss sich der Geist dieses Meisterwerkes. Gleichwohl gehört Glasunows Sinfonie Nr. 8 in Russland zum Kernrepertoire. Im Westen blieb die –neben Skrjabins und Rachmaninows Beiträgen zu dieser Gattung – bedeutendste russische Sinfonie ihrer Zeit nahezu unbekannt.
Musikalische Leitung: Srba Dinić
Solist: N.N., Bariton
Fanfare for uncommon Orchestra
Aaron Copland / Leonard Bernstein u. a.
Stefan Dohr, der diesjährige Artist in Residence des Staatsorchesters, ist als gefeierter Solist, Kammermusiker und Solohornist der Berliner Philharmoniker eine Ikone der internationalen Hornlandschaft. Neben dieser Arbeit spielt und leitet er auch unterschiedliche kammermusikalische Ensembles.
Im 9. Sinfoniekonzert präsentiert er die hinteren Reihen des Staatsorchesters Braunschweig. Ohne die schützende Fläche der Streichinstrumente treten die Bläser, Blech- und Holzblasinstrumente, sowie die Schlagzeuggruppe ganz bewusst in die erste Reihe und in den Fokus des Konzertpublikums. Unter der musikalischen Leitung des Artist in Residence spielen sie endlich auch einmal Erste Geige. Dabei kommt ein Repertoire von musikalischen Leckerbissen zu Gehör, das im normalen Konzertbetrieb eines Sinfonieorchesters mit der üblichen ausgewogenen Besetzung aus allen Stimmgruppen nicht denkbar, aber unbedingt erlebenswert ist, gerade von einem professionellen Klangkörper musiziert.
PlayConduct: Stefan Dohr Bläser:innen und die Schlagwerk-Gruppe des Staatsorchesters Braunschweig
Die Hinrichtung des Stepan Rasin op. 119 & 5. Sinfonie d-Moll op. 47
Kantaten sind nicht unbedingt die Gattung, die man besonders eng mit Dmitri Schostakowitsch verbindet. In seiner »Hinrichtung des Stepan Rasin« erzählt er hier teilweise naturalistisch, düster, machtvoll und farbenreich von einem in Russland berühmten Kosakenoberst, der im 17. Jahrhundert eine erfolglose Revolte gegen Zar Alexej I., den Vater von Peter dem Großen, anführte. Er wurde gefangen, gefoltert , schließlich verraten und enthauptet und posthum zum Volkshelden. Schostakowitsch komponierte seine wirkungsvolle Kantate 1964, also in deutlich liberaleren Zeiten und stellt dramatisch Masse und Individuum in der Rebellion gegen ein unterdrückendes Regime gegenüber. Schostakowitschs 5. Sinfonie entstand zur Zeit des Großen Stalinistischen Terrors. Seine 4. Sinfonie hatte er auf Grund eines kritischen »Prawda«-Artikels zurückziehen müssen. Nach der Uraufführung der 5. Sinfonie galt das Werk offiziell als Beweis der Rückkehr des verlorenen Sohnes unter die Fittiche der linientreuen Kulturpolitik. Die Sinfonie wurde zu einem großen Publikumserfolg. Das Marschfinale wurde als Verherrlichung des Regimes angesehen. Die in ihrer Echtheit umstrittenen Memoiren Schostakowitschs behaupten dagegen, dass der Triumphmarsch in Wirklichkeit ein Todesmarsch sei. In jedem Fall große, russische Sinfonik.
Musikalische Leitung: Srba Dinić Solist: N.N., Bass Chor des Staatstheaters Braunschweig