Abschlussbericht Marian Knittler

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Lange habe ich damals

nicht mit der Entscheidung gehapert, nach Abschluss meines Abiturs meinen bisherigen Alltag zurück zu lassen und meine weiteren Schritte in Sachen Studium erstmal aufzuschieben. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt nun mal schon einiges an Auslandserfahrung in verschiedenen Kontexten gesammelt und war mir sicher, dass auch diese Zeit eine bereichernde Erfahrung sein wird. Nur WIE intensiv, WIE dicht und WIE einzigartig all diese Eindrücke sein würden, damit hatte ich rückblickend betrachtet niemals gerechnet! Schon sehr früh erkannte ich, dass ich mich in Lima wohlfühlen würde. Ich weiß gar nicht, woran genau man dieses Gefühl letztendlich festmachen konnte. Aber für mich war diese Stadt wohl die erwünschte Mischung aus Abenteuer auf der einen und einem Zuhause auf der anderen Seite! Ich hatte das Glück, nicht nur von den bisherigen kulturweit-Freiwilligen mit offenen Armen aufgenommen und in die Eigenarten der Millionenstadt eingeführt zu werden. Ich habe auch blitzschnell eine Wohnung finden können, die von den Rahmenbedingungen, ganz besonders aber von der Gesellschaft her das Beste war, was mir passieren konnte! Während sich die Konstellation der WGMitbewohner zu einem großen Teil immer wieder veränderte, so lebte ich aber dauerhaft zusammen mit Melissa und ihrer kleinen siebenjährigen Tochter Sibila, die für mich zu meiner kleinen Familie hier heranwuchsen. Und ganz abgesehen, wie sehr wir uns persönlich unheimlich gut angefreundet haben, war es auch ganz allgemein ein unglaublicher Vorteil, rein mit Peruanern zusammen gelebt zu haben. Das peruanische Leben und natürlich das peruanische Spanisch bis in seine umgangssprachlichen Eigenarten lernt man so in einer Intensivität kennen, die einem niemand anders geben kann! Auch der Arbeitsalltag im Colegio Santiago Apóstol war eine tolle Erfahrung! Ich hatte das Privileg, mit Alex und Anghela zusammenzuarbeiten, die ich schon nach kurzer Zeit nicht nur Kollegen, sondern auch gute Freunde nennen durfte. Das ist natürlich beste Grundlage für die gemeinsame Zusammenarbeit im Deutschunterricht und allem, was dazu gehört. In der Tat war es zu Anfang schwer, trotz der für mich neuen Lehrerrolle und einer gewissen Sprachbarriere selbstbewusst meinen Teil zum Unterricht beizutragen… Aber das unstillbare Interesse der Schüler am „gringo“ (= Ausländer) und seinen Gepflogenheiten hat mir schnell diese Angst genommen. Allerspätestens in den letzten Wochen habe ich das Gefühl - ob jetzt bei meiner Handball-AG, beim Abschlussball der Oberstufe, zu dem ich eingeladen wurde oder bei den nachmittäglichen „pichangas“ (= Fußballmatches) mit Schülern: ich konnte mit meiner Arbeit in gewisser Weise dazu beitragen, die Barrieren zwischen den Nationen verschwimmen zu lassen… Wer aber nur in Lima rumhockt, würde definitiv etwas verpassen! Das größte Plus, was Peru meiner Meinung nach zu bieten hat, ist die unglaubliche Vielfalt des Landes und seiner direkten Nachbarn! Von karibischen Stränden, über tropischen Regenwald, koloniale Provinzstädte, vulkanische Hochlandplateaus, hohe Sanddünen, raue Felsinseln, bis


hin zu den für Peru einzigartigen Relikten der Inka-Ära – dieses Land und dieser Kontinent bieten alles, was das Herz begehrt! Gerade für mich, als jemand der ständig mit der Kamera im Anschlag reist, war es ein Mekka an tollen Fotomotiven, die noch für lange Zeit meine Wände dekorieren werden.


Auch wenn es nicht immer NUR einfach war, ist es trotzdem nicht weit hergeholt, wenn ich sage: ich habe mich in Peru und Lima verliebt… Die Menschen, die Stimmung auf den Straßen und in den Bussen, die Musik und die Tänze (egal ob traditionell oder modern), das Essen, der Pisco und ganz besonders die Sprache – alle diese Facetten haben es mir nachhaltig angetan! Und so bedeutet meine Rückreise auch ein schwerer Abschied: Von Melissa, meiner besten Freundin vom anderen Kontinent - von Sibila, die ich liebgewonnen habe, als wäre sie meine eigene Tochter – von Alex und Anghela, die mich schon länger und nur halb zum Scherz ihren „Adoptivsohn“ nennen… Ich danke „kulturweit“ für diese Bereicherung und danke Jan und Steffie von PASCH, die mir nicht nur auf professioneller Ebene immer unter die Arme gegriffen haben, sondern mit denen ich auch auf menschlicher Ebene immer eine tolle Zeit und Zusammenarbeit genoss! Ich muss auch zugeben, dass ich mich trotz allem auch wahnsinnig auf das freue, zu dem ich jetzt zurückkehre – sowohl um all die verpassten Momente mit den Liebsten in der Heimat nachzuholen, genauso aber, um jetzt (gestärkt durch dieses einzigartige Jahr im Rücken) meine nächsten Schritte zu gehen. Trotzdem bleibt ein großer Teil von mir hier… ¡Viva Peru, vuelvo por ti!


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