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1 Die gesetzliche Erbfolge
from Recht 07 - SV
1 Die gesetzliche Erbfolge
Das Erbrecht regelt die Rechtsfragen rund um die Vermögens- und Schuldverhältnisse im Todesfall eines Menschen.
■ Eine verstorbene Person wird im Erbrecht als Erblasser bezeichnet. ■ Die Erben treten in alle Rechte und Pflichten des Erblassers ein, d. h., sie werden Eigentümer und Besitzer aller Vermögensteile – und übernehmen auch alle Schulden.
Mit dem Tod erlöschen lediglich diejenigen Verpflichtungen, die mit einer Person untrennbar verbunden sind, also z. B. ihre Verpflichtungen aus einem Arbeitsvertrag. ■ Die von einer Erblasserin hinterlassenen Vermögensteile und Schulden heissen Erbschaft oder Nachlass.
Bei Auflösung einer Ehe durch den Tod eines Ehepartners werden zuerst die Vermögensteile von Mann und Frau ausgeschieden. Der überlebende Ehegatte erhält – je nach Güterstand – einen mehr oder weniger grossen Teil des Vermögens aus der güterrechtlichen Auseinandersetzung (Aufteilung des ehelichen Vermögens). Das verbleibende Vermögen (bei der Errungenschaftsbeteiligung also das Eigengut des verstorbenen Ehepartners sowie die Hälfte der Errungenschaften) wird unter den Erben aufgeteilt. Zu diesen Erben gehört auch der überlebende Ehegatte. Partnerinnen und Partner einer eingetragenen Partnerschaft werden wie Ehepaare ohne gemeinsame Kinder behandelt.
Das Verwandtschaftssystem ist Grundlage für die Erbberechtigung; zudem erhält der überlebende Ehegatte, der ja nicht zu diesem Verwandtschaftssystem gehört, Teile des Nachlasses zugesprochen. Es besteht somit ein enger inhaltlicher Zusammenhang zwischen dem Familienrecht (vgl. Recht / Gesellschaft Kapitel 6), das Fragen der Verwandtschaft und des ehelichen Güterstandes regelt, und dem Erbrecht, das die Verteilung des Vermögens einer verstorbenen Person festlegt.
Das Gesetz bestimmt die Verwandten des Erblassers und seinen allfällig überlebenden Ehegatten als Erben. Wenn ein Erblasser davon abweichen und andere Personen als Erben einsetzen will, muss er eine «Verfügung von Todes wegen» aufstellen; darunter verstehen wir ein Testament oder einen Erbvertrag. Durch eine solche Verfügung dürfen allerdings nicht alle gesetzlichen Erben übergangen werden. Je näher die gesetzlichen Erben in verwandtschaftlicher Beziehung zum Erblasser stehen, desto stärker werden ihre erbrechtlichen Ansprüche geschützt. Ihr Minimalanspruch wird Pflichtteil genannt.
Gibt es weder erbberechtigte Verwandte noch einen überlebenden Ehegatten und liegt auch keine Verfügung von Todes wegen vor, fällt der Nachlass an das Gemeinwesen. Das kantonale Recht sieht vor, ob der Kanton oder die letzte Wohnsitzgemeinde als erbberechtigt gilt. Meistens werden solche Erbschaften für Fürsorge- oder Ausbildungszwecke verwendet. ■ Grundsätze der gesetzlichen Erbberechtigung Die Verwandtschaftsgliederung nach Stämmen gilt als Grundlage für die Erbberechtigung. Dabei sind folgende Regeln massgebend: ■ Angehörige des näheren Stammes schliessen einen Anspruch des nachfolgenden Stammes aus. Solange auch nur ein einziger Erbe aus dem näheren Stamm vorhanden ist, werden alle Angehörigen der entfernteren Stämme von jedem gesetzlichen Erbanspruch ausgeschlossen. ■ Innerhalb des erbberechtigten Stammes erben zuerst die «Stammträger»: – Wenn der 1. Stamm erbberechtigt ist, sind dies die Kinder (Nachkommen) des Erblassers. – Wenn der 2. Stamm erbberechtigt ist, sind dies die Eltern des Erblassers. – Wenn der 3. Stamm erbberechtigt ist, sind dies die Grosseltern des Erblassers.
Das Erbe wird dabei gleichmässig unter den Stammträgern aufgeteilt. ■ Fällt eine Person als Erbe ausser Betracht, weil sie vor der Erblasserin gestorben ist, so fällt ihr Erbanteil an ihre Nachkommen, die zu gleichen Teilen erbberechtigt sind.
■ Überlebender Ehegatte Der überlebende Ehegatte ist die einzige Person, die mit dem Erblasser nicht verwandt ist und trotzdem in der Stellung eines gesetzlichen Erben steht. Sein Erbanspruch richtet sich danach, aus welchem Stamm weitere gesetzliche Erben erbberechtigt sind.
■ Teilt die überlebende Ehepartnerin den Nachlass mit Nachkommen des Erblassers, erhält sie die Hälfte.
■ Sind Erben aus dem elterlichen Stamm neben dem überlebenden Ehepartner erbberechtigt, so erhält er drei Viertel des Nachlasses.
■ Wenn schliesslich keine Erben des elterlichen Stammes mehr vorhanden sind, erhält der überlebende Ehegatte die ganze Erbschaft.
1 2
Ehefrau Erblasser
1 2
1 4
Kinder
Eltern
3 4
Ehepartner Erblasserin
Für geschiedene Ehegatten bestehen keinerlei Erbansprüche mehr. Das Scheidungsurteil beendet die gegenseitigen finanziellen Forderungen gesetzlicher oder vertraglicher Natur zwischen den Eheleuten. So fällt z. B. eine Begünstigungsklausel «zugunsten des Ehepartners» aus einer Lebensversicherungspolice automatisch dahin.
Diese gesetzliche Erbfolgeordnung tritt «automatisch» in Kraft. Es wird damit verhindert, dass Unklarheiten über das Schicksal eines Nachlasses entstehen, wenn jemand keine Vorkehrungen für den Fall seines Ablebens getroffen hat.
■ Die gesetzlichen Erben nach Stämmen
3.Stamm: Grosseltern
Grosseltern Grosseltern mütterlicherseits väterlicherseits
Onkel 2.Stamm: Eltern
Eltern
Geschwister Tante
Schwägerin Bruder Ehefrau
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1.Stamm: Nachkommen Erblasser
Nachkommen: Kinder Schwester
Kinder der Nachkommen: Enkelinnen und Enkel
Nur Personen, die biologisch voneinander abstammen oder gemeinsame Vorfahren haben (Blutsverwandte), besitzen einen gesetzlichen Erbanspruch. Von diesem Prinzip ausgenommen sind der überlebende Ehepartner sowie adoptierte Kinder, diese werden im Erbrecht wie leibliche Kinder behandelt.
Durch Heirat verbundene Personen (Angeheiratete, Verschwägerte) sind in diesem Sinne nicht verwandt. Schwiegersohn, Schwägerin und Stiefkinder kommen in der gesetzlichen Erbfolge nicht vor; sie können aber in einem Testament berücksichtigt werden.