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Wir dürften nicht die Nachhaltigkeitspolizei spielen
Christina Dean „Wir dürften nicht die Nachhaltigkeitspolizei spielen“
Christina Dean ist eine Ikone der NGO-Arbeit für eine bessere Modeindustrie. Mit publikumswirksamen Aktionen weist die gebürtige Engländerin auf die Missstände hin, die durch Fast-Fashion-Konsum und umweltschädliche Produktionsprozesse entstehen. Ihre Organisation Redress schafft Aufklärung und Bewusstsein. Um auf die Probleme durch Textilmüll aufmerksam zu machen, trug sie ein Jahr lang nur Outfits aus dem, was in ihrer Wahlheimat Hongkong auf der Müllhalde landete. Interview: Stephan Huber. Fotos: Paul Sunga, Redress Eine Frau mit einer Mission: Christina Dean, Gründerin von Redress, sind die Ressourcen- vergeudung in der Mode und der textile Müll ein Dorn im Auge.
Als Sie Redress gestartet haben, war das Thema nachhaltige Mode nicht annähernd auf der internationalen Agenda. War das ein Kampf gegen Windmühlen? Ausgenommen bei einigen wenigen Leuten war es auf überhaupt keiner Agenda. Aber das ist bei jedem Veränderungsprozess so: Es gibt ein paar Menschen, die Dinge früh erkennen, weil sie sich dieser Angelegenheiten bewusst sind. 2007 lag der Fokus dieser Pioniere vor allem auf landwirtschaftlichen Aspekten, man wollte der Biobaumwolle einen Aufschwung bescheren. Die Fragen waren schon damals die richtigen, aber es war ein Nischenthema. Der Funke sprang noch nicht auf das Gros der Modeindustrie über. Trotzdem würde ich es nicht als Kampf gegen Windmühlen bezeichnen. Die Herausforderung war, die Leute zu überzeugen. Wir mussten uns damals permanent rechtfertigen.
Die junge Aktivistin Greta Thunberg hat im Lauf des letzten Jahres großartige Arbeit geleistet, um ökologisches Bewusstsein breiter und tiefer zu verankern. Die Menschen scheinen tatsächlich ihre Denkweise zu ändern, besonders hier in Europa. Haben Sie auch das Gefühl, dass die Klimakrise heute in allen Köpfen angekommen ist?
Sie ist noch nicht überall angekommen, wird aber immer mehr zum Mainstream-Thema. Vor zehn Jahren war die Frage noch unbedeutend, wir kannten auch noch nicht die Fakten. Heute wissen wir, dass Mode jedes Jahr für rund zehn Prozent der weltweiten Treibhausgase verantwortlich ist, mehr als die Schifffahrts- und Flugindustrie zusammengenommen. Heute hört man solche Dinge überall. Diese Zahlen haben sich in das Gedächtnis der Menschen gegraben. Journalisten berichten viel darüber, und das ist großartig. Die Medien sind heute so gut informiert, sie wollen Antworten auf brennende Fragen, sie schürfen tief. Dadurch entstehen sowohl ein besseres Verständnis als auch der Bedarf, noch mehr wissen zu wollen.
Zehn Prozent der globalen CO₂-Emissionen durch die Modeindustrie, das raubt einem buchstäblich den Atem. Mit Redress kritisieren Sie Luftverschmutzung, den Anteil der Industrie an Wasserverschmutzung, chemischer Verunreinigung, Verschwendung und Müll. Können Sie uns eine Vorstellung davon geben, wie sehr die Modeindustrie der Umwelt schadet?
Da müssen wir uns verschiedene Lieferketten und die Beschaffungsquellen der Industrie ansehen. Zum einen kommen die Ressourcen aus der Landwirtschaft, da geht es um Baumwolle und damit zusammenhängend den Wasserverbrauch. Die Weltbank schätzt, dass 17 bis 20 Prozent der gesamten industriellen Wasserverunreinigung nur allein durch Textilfärbung und den
Endverarbeitungsprozess verursacht werden. Aber die Modebranche bedient sich auch bei der Roh- und Erdölindustrie. In der Erdölgewinnung sind der CO₂-Ausstoß und der Schaden, den die Förderung anrichtet, die Themen. Es geht aber auch um Forstwirtschaft, genauer gesagt um das Holz, woraus man Viskose und Lyocell herstellen kann. Hinzu kommen Minen als Rohstofflieferanten für Metalle. Weiters die Viehzucht, da kommt der Tierschutz ins Spiel. Zu guter Letzt muss man noch den Anteil der Mode am weltweiten Müll betrachten – die Modeindustrie ist für 92 Millionen Tonnen Textilmüll jedes Jahr verantwortlich.
Mode ist also ein Klimakiller?
Sie ist mit Sicherheit eine der größten, die Umwelt verschmutzenden Industrien der Welt. Im Grunde ist Mode eine sehr unökologische Industrie. Auch wenn man alles richtig macht und verträgliche Chemikalien verwendet. Multipliziert man das mal 100 Milliarden Kleidungsstücke pro Jahr, kann das nur negative Auswirkungen auf die Umwelt haben – und mit denen sehen wir uns heute konfrontiert.
Ich habe gelesen, dass ein Drittel des Volumens, das an Kleidung produziert wird, direkt auf dem Müll landet. Ist Überproduktion also das größte Übel?
Überproduktion und Überkonsumation sind auf jeden Fall zwei wichtige Themen. Einerseits gibt es zu viel Kleidung auf dem Markt, wir erzeugen zu viel. Das Businessmodell der gesamten Wirtschaft baut nun einmal auf Wachstum auf. Und die Modeindustrie konzentriert ihr Wachstum auf den Verkauf von mehr und mehr Teilen. Deswegen haben wir diesen Missstand, wir haben zu viel produziert und werden jetzt mit Waren überschwemmt. Zum Thema Verbrauch gibt es übrigens zwei hässliche Realitäten. Laut der Ellen MacArthur Foundation hat sich der Modekonsum zwischen den Jahren 2000 und 2014 auf 100 Milliarden Stück pro Jahr verdoppelt. In nur 14 Jahren! Besonders in den aufstrebenden Märkten steigt der Modekonsum. Zweitens florieren derzeit aggressive Anbieter billiger Fast-Fashion, und ich meine damit nicht die weltweit bekannten. Wir sprechen von Marken, die erschreckend billig das unterste Preissegment aufblähen. Sie entziehen sich jeglicher Kontrolle, aber die Leute kaufen dennoch ihr Zeug.
Sollten die Endverbraucher dann nicht auch für Verschwendung und Überkonsumation in die Pflicht genommen werden? Oder liegt die Verantwortung einzig und allein bei der Industrie und dem Einzelhandel?
Der Verbraucher trägt natürlich viel zu diesem Problem bei. Er treibt ja die Industrie durch Konsum an. Es wird aber immer stärker ein wachsendes Bewusstsein erkennbar, gerade auch bei jüngeren Kunden. So hat Fast Fashion zum Beispiel bereits viel von ihrem vermeintlichen Glamour verloren. Die jüngere Käuferschicht tendiert heute mehr und mehr zu einer Bedarfsgarderobe mit zeitloser, nachhaltiger Mode. Aber um diese Nachhaltigkeit zu forcieren, sollten Konsumenten nicht nur weniger kaufen, sondern die Modeindustrie muss auch
weniger produzieren. Man kann diesen Umstand nicht mit süßer Zuckerglasur überdecken und hoffen, es geht schon vorbei. Laut einem Bericht, der während der Copenhagen Fashion Summit veröffentlicht wurde, haben 50 Prozent der Modeindustrie bisher trotzdem nichts in Richtung Nachhaltigkeit unternommen. Also wenn das kein Weckruf ist, dann weiß ich auch nicht. Das ist absolut scheußlich und erschüttert mich sehr.
Und wenn es einen Kompromiss geben würde? Eine erhebliche Reduktion der Kleiderproduktion und im Gegenzug ein etwas höherer Preis für besser gefertigte Waren?
Ich glaube nicht, dass Konsumenten mehr für Kleidung ausgeben wollen. Im Einzelhandel findet man ja verschiedenste Käuferschichten. Es gibt die Preisbewussten, die nur nach Bedarf kaufen. Dann hat man die Luxuskäufer, die jeden Tag ein Luxusprodukt erwerben wollen. Und dann gibt es die, die nur unabhängig von allen Zwängen einkaufen wollen. Ich persönlich würde gerne ein reduziertes Konsumverhalten sehen. Aber das muss der Motivation des Käufers entgegenkommen, eben dass Menschen das Shoppen lieben. Und sie wollen Kleidung tragen, die sich abhebt. Da muss auch der Einzelhandel den Charakter der Menschen, die in die Geschäfte kommen, respektieren, ihre Vorlieben, ihre Ansprüche und Erwartungen. Denn letztendlich sind wir ja menschliche Wesen mit Wünschen und speziellen Vorstellungen. Den Lösungsansatz: „Du sollst nicht shoppen“, gibt es nicht. Das wird nie passieren.
Ihre NGO inspiriert Menschen zu positiven, ökologischen Veränderungen und möchte die Modeindustrie auf einen Weg zu einer nachhaltigen Zukunft mit weniger Müll bringen. Kann man das mit vielen, kleinen Schritten erreichen oder braucht es einen radikalen Wandel?
Es gibt bereits viele Bemühungen und Aktionen an verschiedenen Punkten der Wertschöpfungskette. Aber wenn wir nur versuchen, das Schlechte zu eliminieren, kommen wir nicht schnell genug voran, weil wir trotzdem noch zu viele Rohstoffe abbauen, die wir am Ende doch nur wegwerfen. Natürlich sind diese kleinen Verbesserungen gut: Weniger Wasser, weniger Verarbeitung, etwas bessere Chemikalien oder auf Sonnenenergie in Fabriken umstellen. Aber der Knackpunkt ist, dass die Modeindustrie 53 Millionen Tonnen Rohmaterialien verbraucht. Und innerhalb eines Jahres landen 75 Prozent der erzeugten Kleidungsstücke auf Müllhalden oder in Verbrennungsanlagen. Ich hoffe also, dass es radikal neue Ansätze gibt. Ich möchte noch erleben, dass wir echtes Recycling zustande bringen, also neue Fasern aus alten Fasern. Ich hoffe, dass das bald den Stellenwert bekommt, den es verdient und endlich in Schwung kommt.
Recycling würde die Mode von ihren Sünden erlösen?
Also idealerweise könnten wir unter perfekten Bedingungen diese Alttextilien recyceln und sie im Verbraucherkreislauf halten. Dann würden die Leute wieder mit Lust
und Liebe einkaufen. Sie würden die Wirtschaft ankurbeln und Arbeitsplätze schaffen und ohne schlechtes Gewissen sagen können: Heute trage ich Pink und morgen Lila. Sie könnten die ganze kreative Palette der Modewelt auskosten. Genau das wäre das Ziel. Dann müssten wir nicht mehr die Polizisten sein, die den Leuten sagen muss: Du darfst Mode nicht genießen.
Woran scheitert Recycling bisher, sind das nur technische Fragen?
Die technischen Fragen sind ein Teil davon. Echtes Faserrecycling erfordert eine komplexe Systematik: Logistik, Sammlung, Sortierung und Lagerung. Die Rücknahme von Altware stellt die heutige Logistikkette auf den Kopf und ist eine Herausforderung für sich: Haben wir genug Kleidercontainer überall? Sind die Regierungen für die Durchführung verantwortlich? Wohin kommen die Textilien und in welche Länder werden sie dann verschickt? Selbst wenn alles gesammelt wird, haben wir das Problem, dass Textilien mit den derzeitigen Techniken nicht einfach so recycelt werden können. Im Moment durchlaufen Textilien lediglich einen Downcycling-Prozess. Man nimmt Kleidung aus hochwertigen Stofffasern und produziert daraus Putzlappen und Teppiche. Das Ziel muss lauten, aus (Alt-)Kleidung wieder Kleidung zu machen, was wir als Faser-zu-Faser-Recycling bezeichnen. Laut Ellen MacArthur Foundation wird allerdings nur ein Prozent aller Stofffasern, die jedes Jahr den Weg in die Modewelt finden, wieder zu Kleidung recycelt. Aber der Großteil der Kleidung wird nicht recycelt. Das ist doch verrückt: Wir können Recycling-Toilettenpapier herstellen, mit dem sich Menschen den Hintern abwischen. Aber Textilien werfen wir immer noch einfach in den Müll!
Ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Technologie hier aufholt? Es gibt ja auch Textilfasern, die leichter zu recyceln sind.
Das wäre die Lösung und wir werden das im Rahmen der technischen Möglichkeiten auch erreichen. Der große Goldrausch in dieser Branche wird sicher dadurch befeuert werden, einen Weg zu finden, um Mischgewebe, zum Beispiel aus Polyester und Baumwolle, zu trennen. Aus reiner Baumwolle wieder Baumwolle zu machen, ist ziemlich einfach. Aber ein Großteil der heutigen Kleidung ist eine Mischung aus natürlichen und synthetischen Fasern und die kann man aufgrund der verschiedenen Zusammensetzungen nicht so einfach weiterverarbeiten. Es braucht eine Methode, diese beiden chemisch unterschiedlichen Bestandteile zu trennen.
Wäre damit schon alles gelöst – oder mildert das nur die negativen Auswirkungen unserer verrückten Marktpraktiken?
Wir müssen eine Recyling-Lösung finden. Speziell für Leute, die oft kaufen und ihre Kleidung schnell wieder loswerden. Aber im Grunde gibt es keine Lösung für die ganze Industrie. Man muss sich jeden einzelnen Markt genau ansehen und herausfinden, was jede Bevölkerungsgruppe selbst ändern kann. Eine Frau kauft
zum Beispiel Luxusmode. Warum kauft sie die nicht Second-Hand? Diese Käufergruppe könnte ja ebenso mit Second-Hand-Mode glücklich werden. Recycling-Textilien passen da wahrscheinlich eher zur Fast Fashion.
… was das Thema Verleih aufbringt.
Genau, und das erfüllt seinen Zweck wirklich. Wenn wir uns den ganzen Kuchen des Verbrauchermarkts ansehen, ist der Verleih ja für genau diejenigen da, die immer neue Designerstücke wollen, ohne dauernd Neues zu kaufen.
Die meisten Leute, die ich kenne, tragen sozusagen „Advanced Basics“, keine High-Fashion-Teile. Für diese Konsumenten macht es absolut Sinn, Qualität zu kaufen, die länger hält. Stattdessen gaukelt uns die Industrie vor, die Mode alle drei, vier oder sechs Monate neu zu erfinden. Sollten wir Modezyklen neu definieren und Trends einfach vergessen?
Gut, sie sprechen da über einen speziellen Kreis von Leuten, nennen wir sie die Steve-Jobs.-Typen. Sie haben eine simple, bequeme und haltbare Gebrauchsgarderobe. Aber das ist nur ein Teil der Bevölkerung, für den Langlebigkeit wichtig ist. Für sie ist es die richtige Lösung, aber es wird niemals ein 18 Jahre altes Mädchen glücklich machen, das jede Nacht in einen Club geht. Nehmen wir Boohoo, einen dieser Ultra-Fast-Fashion-Onlinehändler. Seit 2014 ist sein Umsatz um 680 Prozent gewachsen. Seine Zielgruppe entstammt der Generation der Aktivisten, also der Kids, die heute für Klimaschutz demonstrieren und Greta Thunberg folgen. Aber genau diese Altersgruppe steigert den Umsatz von Boohoo auf diese exorbitanten Prozentzahlen. Das Schöne an unserer Welt ist aber doch, dass wir alle verschieden sind. Deswegen brauchen wir Lösungen, die alle Verbrauchergruppen ansprechen. Es gibt da keine allgemeingültige Antwort. Wir leben nun einmal in einer bunten Welt.
Redress arbeitet mit der Industrie zusammen, um gewisse Methoden zu ändern. Das zieht sich durch die ganze Lieferkette der Modebranche. Durch verschiedene Kampagnen leisten Sie aber auch sehr viel Aufklärungsarbeit bei Endverbrauchern, damit diese bessere Entscheidungen treffen, was das Kaufen, Tragen und Entsorgen von Kleidung betrifft. Können Sie uns erzählen, wie das genau abläuft?
Wir verwenden tatsächlich den Begriff Aufklärung, aber das klingt so mühsam für den Verbraucher. Wir versuchen, sie zu inspirieren, bessere Praktiken im Umgang mit Kleidung zu finden. Wir wollen ihnen die Liebe zur Mode näher bringen und ans Herz legen, Kleidung besser zu behandeln und längerfristig zu denken. Wir wurden vom britischen Verlagshaus Thames & Hudson beauftragt, ein Buch mit dem Titel „Dress [with] Sense: The Practical Guide to a Conscious Closet“ zu schreiben. Es ist in verschiedenen Ländern erschienen und wurde in mehrere Sprachen übersetzt. Es ist ein praktischer Ratgeber für Modekonsumenten mit Tipps zum Thema Kaufen, Tragen und Entsorgen von Kleidung. Es versorgt sie auch mit dem Know-how, einen Kleiderschrank bewusster zu gestalten. Dann haben wir eine Fernsehserie,
„Frontline Fashion“, die kann man jetzt auch im Internet auf Youtube sehen. Der Konsument kann am Bildschirm talentierte, aufstrebende Modedesigner bei ihrer Arbeit begleiten. Jeder der Designer ist Finalist des Redress Design Award und alle wollen die Zukunft der Mode neu definieren. Außerdem organisieren wir viele Events, meist in Hongkong, wir halten DIY-Workshops ab und veranstalten Vorträge und Diskussionsrunden.
Ihr Hauptsitz ist Hongkong, aber die Themen, die Sie aufgreifen, sind globaler Natur. Können Sie sich vorstellen Ihre Mission auch auf Europa auszuweiten?
Wir haben mit vielen europäischen Firmen zu tun, nicht nur mit asiatischen, aber der Großteil unserer Basisarbeit passiert hier mit Marken und Unternehmen vor Ort. Das stimmt. Im Moment wachsen wir, konsolidieren uns, erweitern das Team und verbessern unsere KPI-Auswertung und Prognosemöglichkeiten. Es gab tatsächlich bereits großes Interesse daran, ein Büro in anderen Märkten außerhalb Asiens einzurichten, aber das ist momentan nicht möglich. Man muss Schwerpunkte setzen. Wann immer es sich ausgeht, machen wir das gerne, aber derzeit würde unsere Leistungsfähigkeit darunter leiden.
Ihre Organisation ist eine NGO. Arbeiten Sie trotzdem mit Regierungen zusammen? Wofür sie kämpfen, ist schließlich von enormer Bedeutung und wir brauchen dringend Veränderungen. Wäre es da nicht sinnvoll, die internationale Politik mit ins Boot zu holen?
Um gleiche Wettbewerbsbedingungen zu haben, braucht man die Gesetzgebung der Regierungen. Einige Firmen haben ja bereits viel Anstrengung und Geld in die Lieferkette gesteckt, um mehr Nachhaltigkeit zu schaffen. Wenn die Gesetzgebung fehlt, können die Konkurrenzanbieter machen, was sie wollen, und das ist nicht fair. Da brauchen wir einen massiven Tritt in den Arsch. Der einzige Interessenvertreter, der in solchen Fällen aktiv werden sollte, ist die Regierung. Aber Redress arbeitet nicht auf dieser Ebene. Es liegt außerhalb unserer Mission und Möglichkeiten, Lobbying zu betreiben.
Am besten lernt man durch positive Beispiele. Sehen Sie Veränderungen, vielleicht auch nur im kleinen Rahmen, die einen Wandel zum Besseren erkennen lassen? Bewegen wir uns in die richtige Richtung?
Alles, was mir dazu einfällt, hat mit Abfallreduktion zu tun. Das ist unsere Mission. Ich bin vom Aufstieg des Upcycling begeistert, also aus Abfalltextilien Kleider zu machen, was definitiv immer mehr im Trend liegt. Dann haben wir aber auch noch Recycling. Obwohl es noch nicht ausgereift ist, passiert da schon einiges. Recycling ist spannend, weil man direkt und ohne große Umschweife großen Nutzen daraus ziehen kann. Und nicht zu vergessen der Aufstieg der Märkte für Wiederverkauf, Re-Commerce und Modeverleih. Mit diesen Möglichkeiten in unseren Händen ist unsere Zukunftsperspektive sehr aufregend, nicht nur für mich, sondern für eine Menge Menschen.
Ein schier unlösbares Problem. Jedes Jahr landen 92 Millionen Tonnen Textilmüll auf unseren Deponien, oft wurden die Stücke kein Jahr getragen. Weil Recycling noch in den Kinderschuhen steckt, will Christina Dean Kon- sumenten aufklären. Sie sollen weiterhin ein positives Erlebnis beim Shopping haben, aber bewusster entscheiden.