SUMO #37

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© Copyright: Christian Redtenbacher

Alles nur Spaß? Was hinter dem Beruf der KarikaturistInnen wirklich steckt Wir schmunzeln über ihre Darstellungen. Wir ärgern uns mit ihnen über politische Geschehnisse. Wir bewundern ihre Fähigkeit, eine brenzlige Situation humorvoll dazustellen. KarikaturistInnen sind KünstlerInnen, die wissen, wie man Neuigkeiten, Skandale und Krisen so darstellt, dass man laut auflachen muss. SUMO sprach über das Berufsbild mit dem österreichischen Star-Karikaturisten Gerhard Haderer, sowie mit dem Künstlerischen Direktor des Karikaturmuseums Krems Gottfried Gusenbauer und mit der Leiterin des Österreichischen Karikaturenvereins Nina Herzog. Was mit übertriebenen Portraits im 18. Jahrhundert anfing, hat sich zu einer eigenständigen Kunstform entwickelt. Die Karikatur ist eine Form der satirischen Darstellung einer bestimmten Person oder einer Situation. Nina Herzog promovierte zu diesem Thema. Im SUMO-Interview erklärt sie, dass man einst angefangen hätte, Persönlichkeiten wie Könige nicht als erhaben und mächtig dazustellen, sondern anhand eines spezifischen äußeren Merkmals, wie etwa einer großen Nase. Manchmal hätte man auch versucht, einen bestimmten negativen Charakterzug bildlich aufzubereiten. Mit der Zeit wurden die Zeichnungen immer satirischer und noch übertriebener. Diese Entwicklung hat sich bis heute durchgezogen. Herzog meint, dass die Karikatur ihren Höhepunkt an persönlicher Freiheit im 21. Jahrhundert erreicht hätte, da man zum Beispiel hochrangige PolitikerInnen auf der Toilette zeigt. Sie kann sich nicht vorstellen, dass man Karikaturen wie diese noch übertrumpfen könne, aber hofft, dass diese Freiheit erhalten bliebe. Die Grundfunktion der Karikatur habe sich nicht verändert: Personen in einer hohen gesellschaftlichen Position von ihrem sinnbildlichen Podium herunterzuholen und sie zu vermenschlichen.

Wie man überhaupt KarikaturistIn wird Der Werdegang von KarikaturistInnen

kann auf verschiedene Weisen verlaufen. Gerhard Haderer berichtet, dass er zu Beginn Grafikdesigner in Linz war und das Zeichnen von Karikaturen als Hobby angefangen habe. Er benutzte das Zeichnen als Methode zum Stressabbau. „Es ist nie meine Absicht gewesen, lustig zu sein. Für mich ist es eine Art Ventil. Wenn ich jetzt irgendeine Zeichnung mache, die auch politisch ist, wobei ich mich zum Beispiel an Herrn Kurz reibe, dann fühle ich mich danach besser, vor allem, weil ich etwas öffentlich gesagt habe. Ich zeichne mir meine Sichtweise praktisch von der Seele.“ Haderer habe anfangs nur für sich selbst und seinen Freundeskreis gezeichnet, da jedoch die Karikaturen so gut aufgenommen wurden, kamen die ersten Jobangebote von Zeitungen. Er bezeichnet seinen Werdegang geradezu als paradiesisch. Wenn man heute Karikaturist/in werden will, sehen die Umstände vermutlich etwas anders aus. Gottfried Gusenbauer berichtet, dass es für KarikaturistInnen zunehmend schwerer werde, vor allem durch die Gratiskultur und den internationalen Wettbewerb aufgrund der Digitalisierung. Es scheint, als wären immer weniger finanzielle Mittel da, um von dem Beruf leben zu können. Versuche dem entgegenzuwirken gibt es: Sowohl das Karikaturmuseum in Krems, als auch der Österreichische Karikaturenverein veranstalten immer wieder Wettbewerbe, um die KünstlerInnen aktiv zu fördern. Die Karriere des österreichischen Karikaturisten Thomas Wizany

habe mit einem gewonnenen Malwettbewerb begonnen, und damit sei er kein Einzelfall. „Wir als Österreichischer Karikaturenverein haben den Salzburger Karikaturenpreis. Damit fördern wir Nachwuchstalente, also Leute mit Interesse ihr Talent auch zu zeigen. Wenn man so einen Wettbewerb gewinnt, hat man natürlich wieder einen Pluspunkt im Lebenslauf als Karikaturist/in und kommt so vielleicht auch weiter“, so die Leiterin des Karikaturenvereins.

Satirische Zeichnungen mit tiefer Bedeutung? So prägnant wie die Zeichnungen oft sind, hinterfragt man als Rezipient/ in gleichwohl die Intentionen dahinter und ob der/die Karikaturist/in auf die Gesellschaft einwirken möchte. Haderer meint dazu: „Wenn ich den Eindruck hätte, dass ich einen Einfluss nähme auf die politischen Abläufe, wäre ich vollkommen gehemmt. Ich hatte niemals als Ziel etwas politisch zu ändern, sondern immer eine bestimmte Perspektive strapaziert. Das ist die Perspektive der einzelnen Betroffenen, sprich meiner FreundInnen und meiner Familie.“ Haderer berichtet auch, dass ihn vereinzelte PolitikerInnen immer wieder wegen seinen Arbeiten getadelt hätten, andere jedoch versuchen ihn als Verbündeten zu gewinnen und laden ihn dazu auch hin und wieder zum Essen ein. Auch Nina Herzog schreibt der Karikatur keinen großen Einfluss zu.

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