„Da kann ich mich daschiaßn als Nachrichtensatiriker“ Mit einem seriösen Auftreten und Fragen, die sich sonst vielleicht keiner zu stellen traut, ist Satire-Reporter Peter Klien DIE mediale Kultfigur der Stunde - vom Publikum geliebt, von Politikern gefürchtet. Ein Gespräch über die Grenzen der Satire, die Dünnhäutigkeit der ÖVP, Schmerzensschreie der Politik, den direkten Draht aus dem Bundeskanzleramt in den ORF und seinem Verhältnis zu Herbert Kickl. Und nicht zuletzt auch über die Verhaberung in Österreich und die positiven Seiten des Nichts-Tuns. SUMO: Peter Klien, Sie haben als Briefträger und in der ORF-Wissenschaftsredaktion gejobbt, Gedichte geschrieben, sind leidenschaftlicher Hobbykicker und riesiger Yoga Fan, Universitätslektor für Philosophie, Bibliothekar der TU Wien, Pressesprecher des österreichischen Bibliotheken Verbundes, Gag-Schreiber und Außenreporter von „Willkommen Österreich“, Journalist für den „online-Wiener“, „Millionenshow“ Kandidat, Sänger, LateNight Host von „Gute Nacht Österreich“ (GNÖ), Moderator für Ö1 in der Sendung „Neue Musik im Härtetest“, haben die Schauspielschule besucht und sind nicht zuletzt Bergbauer im Ötztal! Klien: Gut, nachdem sie mehr oder weniger mein Leben zusammengefasst haben, sind wir durch. (lacht) SUMO: Wie passt das zusammen, wie sind Sie in die Satire gerutscht? Klien: Na ja, das hat schon länger in mir geschlummert. Ich habe schon immer gerne Kabarett gehabt. Ich habe als Kind schon gerne den Komikern auf der Theaterbühne zugeschaut. Es hat mich immer schon selbst fasziniert, Witze auszuprobieren zum Beispiel auf irgendwelchen Kinderlagern am Lagerfeuer was zu spielen, und dann zu schauen, ob irgendwer lacht. Dementsprechend habe ich mir schon nach der Matura überlegt eine Kabarettkarriere einzuschlagen, hab davor schon mit Freunden Bühnenszenen geschrieben und aufgeführt. Ich habe mich aber doch dagegen entschieden, das professionell zu machen und hab gesagt, ich studiere etwas Vernünftiges. Hab mich dann, damit ich viel Geld verdiene für Philosophie entschieden. Nein, natürlich nicht. (lacht) Hat nicht zu großem Reichtum geführt. Es hat sich erst über die Jahre gezeigt, dass es für mich die größte Freude ist, auf der Bühne zu stehen. SUMO: Warum braucht es Satire, es gibt ja normale Nachrichten? Klien: Eine abgedroschene Rede sagt ja, dass die Realität die Satire permanent überholt. Die Chats, die
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aufgetaucht sind zwischen dem Bundeskanzler, dem Finanzminister und dem Chef der ÖBAG, haben natürlich in vielerlei Hinsicht Satire-Potenzial. In GNÖ habe ich Chats innerhalb der Bundesregierung präsentiert, die wahrscheinlich gar nicht so lustig waren, wie die echten Chats. Von daher mag schon etwas dran sein, dass die Realität die Satire überholt hat. Allerdings bin ich der fixen Überzeugung, dass es Satire als eigene Schiene braucht. Wenn man jetzt nach den Gründen suchen würde - ich bleib jetzt bei GNÖ ist es glaube ich schon ein Faktum, dass die Menschen nach der Mischung zwischen Fakten, harten Fakten und vielleicht Fakten, die gar nicht so eingängig sind, suchen. Eine Mischung aus Fakten, mit einer satirischen Präsentation, mit einem Augenzwinkern, mit einem Schmäh zwischendurch, ist ein Format, das den Leuten gefällt. Vor allem für die jungen Leute ist die Mischung attraktiv. Man lernt etwas, aber bekommt es nicht trocken präsentiert. Aus diesen Gründen sehe ich Satire als notwendig.
Satire hat die Freiheit einer eigenen Meinung. Journalismus hat das per se nicht. SUMO: Sind Satiriker*innen die besseren Journalist*innen? Klien: Kann man nicht per se sagen. Es gibt guten und schlechten Journalismus, es gibt gute und schlechte Satire. Satire hat die Freiheit einer eigenen Meinung. Journalismus hat das per se nicht. Es gibt zwar die Glosse oder den Kommentar aber diese werden als solche ausgeschildert. Bei Satire sind die Grenzen fließend, es werden Fakten gezeigt, aber auch schnell kommentiert, bestätigt, gelobt, kritisiert, verworfen. Das ist eine große Freiheit und die andere Freiheit der Satire ist die der Form der Präsentation. Ich kann am Moderatorenpult Nachrichten verlesen, genauso wie ich im Feld als Reporter die verschiedensten verrückten Sachen
Interview mit Nachrichtensatiriker Peter Klien
machen kann. Ich bin sehr frei in der Form. Diese Freiheit, in der inhaltlichen Präsentation als auch in der formalen Aufarbeitung, eröffnet viele Möglichkeiten, die normaler Journalismus nicht hat. Das macht den Journalismus nicht schlechter, aber grenzt Satire von Journalismus ab. SUMO: In GNÖ war der erste Teil immer newslastig während der zweite sich auf die Satire konzentriert hat. Hat das einen bestimmten Grund? Klien: Nein, die Grundidee der Show war ein satirisches Dossier. Einen Sendungsschwerpunkt zu einem Thema zu machen, das sich dann in unseren Plänen von 10 bis 15 Minuten erstreckt. Und das sollte das Herzstück der Sendung werden, das hat sich dann auch so verwirklicht. Der zweite Teil der Sendung war, was die Sendung besonders gemacht hat und den Wiedererkennungswert der Sendung garantiert hat. War natürlich etwas Neues, haben wir in Österreich bisher nicht gehabt, eine so ernsthafte Auseinandersetzung mit, Themen, die aufs Erste gar nicht so interessant klingen. Bodenverbrauch, Flächenversiegelung, dass Österreich zubetoniert wird. Ist vielleicht nicht so, dass man sofort darauf klickt oder sich besonders dafür interessiert, aber wenn man hineingezogen wird ins Thema, kann das passieren.
Mir waren die inhaltliche Recherche und die Überprüfung der Fakten immer extrem wichtig ... SUMO: Ganz viele Jugendliche und junge Erwachsene nehmen Satire als Information wahr. Sind Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst? Müsste man die Jungen nicht noch mehr mit Satire abholen? Klien: Ja das ist etwas, was ich unbedingt machen möchte. Ich bin mir der Verantwortung bewusst, nehme diese