November 2011 deutsche ausgabe
Beiträge & Einreichungen FREE we tranfser - channel http://www.superior.wetransfer.com Wir freuen uns auf Beiträge & Einreichungen „connected to fashion“ von Fotografen, Filme- / Videomachern, Make-up & Hair Artists, Models, Stylisten, Künstlern und Autoren.
Editorial Liebe SUPERIOR Leserinnen und Leser, aller guten Dinge sind bekanntlich drei. Neben unserer Homepage und dem Printmagazin gibt es nun SUPERIOR MAGAZINE Online. Im zweimonatlichen Rhythmus präsentieren wir darin Fotografie, Film und Text connected to fashion in den Rubriken TALENTS, VIS-A-VIS, ART & DESIGN und COMMITMENT. Außerdem beschäftigte uns die Frage, an was die meisten Menschen denken, wenn sie „green fashion“ hören? An aufregende, glamouröse Mode? Nein? DOCH! Jedenfalls dachten wir daran, als wir Magdalena Schaffrin vom GREENshowroom und Fredericke Winkler von Beyond Berlin unsere Idee für das Green Fashion Editorial vorstellten. Der Tenor der Serie: „Faire und nachhaltige Mode wird immer glanzvoller und luxuriöser“. Dazu passend wählten wir die Location, das im Bau befindliche Luxus-Design-Hotel Das Stue. Und weil wir das Thema „green fashion“ interessant und wichtig finden, haben wir im SUPERIOR MAGAZINE Online kurzerhand die Rubrik SUPERIOR GREEN geschaffen, in der es Hintergründiges und Visuelles zu diesem Thema gibt. Viel Spaß beim Schauen und Lesen wünschen Euch Tom, Marc und das SUPERIOR Team
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Content
btk im Interview S.44
Ambassador of Luxury Marc Huth & Bastian Achard S.64
Common Delusions & Urban Classics Marc Huth S.12
Katrin Thomas im Interview S.50
Labels we like S.74
Day by day Tino Cris贸 S.22
Fashion Victims Katrin Thomas S.56 Trapped Spirit Ines Schult S.32
Esmod im Interview S.76
Cover Photographer: Marc Huth Styling: Agnes Friedrich Make-up & Hair: Agnieszka Schillert Model: Nelly Marie Bojahr @ Modelfabrik Blouse: STUDIO ECOCENTRIC Necklace: MATERIA PRIMA
OPENING 2012
Das Stue · Hotel Berlin Tiergarten Drakestrasse 1 · 10787 Berlin · Germany · +49 30 311 722-0 · www.das-stue.com · stay@das-stue.com Pre Opening Office: Genthiner Strasse 48 · 10785 Berlin
Content
Victor Clear im Interview S.100 Vienna night story Bastian Jung S.78
Torsten Warmuth im Interview S.102 Revolt Esteban S.86
PROTECT! MICHALSKY for WWF S.114
Impressum S.116
NEXT ISSUE
STREET January 2012 Freddy Reitz S.112 Beautiful Johanna Brinckmann S.90
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Common Delusions
& Urban Classics Von Bardonitz und ZEHA Berlin transportieren geschichtliche Zusammenhänge in den aktuellen Zeitgeist. Dabei ergibt sich eine Symbiose aus unkomplizierter Stilsicherheit im geschlechterübergreifenden Konsens. Bei der URBAN CLASSIC Serie von ZEHA Berlin handelt es sich um traditionelle Herrenschnitte, die in moderner Schnittführung für Sie und Ihn gefertigt werden. Auch der typische von Bardonitz-Stil hat keine eindeutige Geschlechter-Zuordnung. Für die aktuelle Autumn/Fall Kollektion COMMON DELUSIONS wählte die Designerin DerbySchnitte und Chelsea Boots der URBAN CLASSIC Kollektion von ZEHA Berlin. Photographer Marc Huth Assistant Bastian Achard Models Maximilian @ DOPAMIN Christien @ McFit Models Make-up & Hair Nicole Constanze Murek Clothes von Bardonitz Shoes ZEHA Berlin
Clothes: von Bardonitz Shoes: ZEHA Berlin
Clothes: von Bardonitz Shoes: ZEHA Berlin
Clothes: von Bardonitz Shoes: ZEHA Berlin
Clothes: von Bardonitz Shoes: ZEHA Berlin
Clothes: von Bardonitz Shoes: ZEHA Berlin
Clothes: von Bardonitz
Clothes: von Bardonitz Shoes: ZEHA Berlin
Day by day
Photographer: Tino Cris贸 Styling: Leonard Engel Assistance: Fito Cano Model: Chris Kightley
Shirt: Skotch&Soda Ring: Tiffany‘s Trousers: Moschin Shoes: Zara Men
Shirt: Lavin Scarf: Dries van Noten
Shirt: Suite Watch: Vintage Trousers: ck Braces: Robert Geller
Shirt: Skotch & Soda Ring: Tiffany‘s Belt: Gucci Trousers: Moschino
Shirt: Strenesse Tie: Boss Belt: Ludwig Reiter Trousers: Givenchy Shoes: Budapester Sun glasses: Ray Ben
Shirt: Strenesse Tie: Boss Belt: Ludwig Reiter Trousers: Givenchy
Bow-tie: Herr von Eden Shirt: Eterna Jacket: D&G
Shirt: Diesel Shorts: Armani
Trapped Spirit Ines Schult erzählt, wie es zu der Fotostrecke „Trapped Spirit“ kam: „Die Strecke entstand in Zusammenarbeit mit dem Fotografen Lukasz Wolejko-Wolejszo, den ich schon von anderen Produktionen aus Berlin kenne. Unsere erste Produktion hatten wir zusammen für das Berliner Modelabel Mila Miyahara. Nach diesem 15 Stunden gemeinsamer Arbeit wussten wir, dass wir ein tolles Team sind.Von diesem Zeitpunkt an arbeiteten wir bei Jobs und freien Arbeiten zusammen und verstehen uns auch privat sehr gut. Das ist auch einer der Gründe, warum ich diese Strecke zusammen mit Ihm produzierte. Zum Jubiläum meiner zweijährigen Selbstständigkeit im Oktober präsentierte ich im Rahmen einer Ausstellung zwölf Werke aus vier verschiedenen Strecken. Die Veranstaltung nahm ich zum Anlass, mich bei all denjenigen zu bedanken, die mich die gesamte Zeit meiner Laufbahn über begleitet, unterstützt sowie mich in meinem Vorhaben bestärkt haben.
Mit Lukasz wollte ich auf jeden Fall die Modestrecke produzieren, weil er im Fashionbereich sehr etabliert ist. Gemeinsam entschieden wir uns, dem „schwarzen“ Thema zu widmen. Wir haben uns in Berlin kennengelernt und so war es uns wichtig, ein Teil von Berlin in die Strecke mit einzubeziehen. Schwarz trägt immer was Dunkles und Düsteres mit sich, so dass wir an dunkle Seelen dachten. So kamen wir auf die Location, die eine Gedenkstätte für ein ehemaliges Moabiter Frauengefängnis ist. In einer ehemaligen Zelle, in der es so viel Leid gab, spielt unsere Strecke, welche unser Model Lena Fishman in der Rolle einer gefangenen Seele einer ehemaligen Insassin zeigt. Der psychedelische Schnitt des Kurzfilms unterstützt das Konzept, sowie die Mode von f.rau, welche eine gemeinsame Kundin und Bekannte von uns ist. Ihre Mode passte farblich sowie thematisch gut zu dem Konzept.“
In den letzten zwei Jahren haben ich im Fashion und Beautybereich gearbeitet. Deshalb wollt ich gezielt diese Themen in meiner Ausstellung zeigen. Von Fashion über Beauty.Von farbig bis schwarz. So entstand der Name zu meiner Veranstaltung „kunterbunt bis schwarz“. Für mich war es eine sehr persönliche Ausstellung. Aus diesem Grund wollte ich sie mit den Fotografen Camilla Camaglia, Florian Schmidt und Lukasz Wolejko-Wolejszo umsetzen. Da ich ihre Arbeit, ihre Arbeitsweise und vor allem sie selbst sehr schätze.
Make-up & Hair: Ines Schult Photographer: Lukasz Wolejko-Wolejszo Model: Lena Fishmann at M4 Designer: f.rau Hair Assistant: Caroline Smoch
Photo: Marc Huth
„Die meisten Bewerber wollen entweder Künstler, Reisefotograf oder Modefotograf werden.“ Interview an der Berliner Technische Kunsthochschule (btk)
Die Digitalisierung der Medien hat die Fotografie und das Arbeitsumfeld für Fotografen stark verändert.Wer sich der Fotografie professionell widmet, dem stehen vielfältige technische Möglichkeiten zur Verfügung, die das Leben als Fotograf erleichtern. Gleichzeitig erhöht sich dadurch allerdings der Konkurrenzdruck. Um so wichtiger ist daher eine fundierte, breite und praxisnahe Ausbildung, um sich in dem Metier zu behaupten.
Die btk konzentriert sich mit ihren Studiengängen Motion Design, Interaction Design, Fotografie, Kommunikationsdesign, Illustration und Kommunikationsmanagement auf Tätigkeitsfelder in der Medien- und Kommunikationsbranche. Alle Studien gänge schließen mit dem Bachelor of Arts ab. Den Absolventen stehen eine breite Palette an Designberufen wie Art Director, Motiondesigner, 3D Artist, TV-Designer, Interfacedesigner, Webdesigner, Bildredakteur, Werberegisseur oder MultimediaKonzeptioner, um nur einige zu nennen.
Ein gutes Sprungbrett in den Beruf ist die private Berliner Technische Kunsthochschule (btk). Sie wurde im Frühjahr 2006 aus der Berliner Technischen Kunstschule, einer Akademie für Gestaltung, am Potsdamer Platz gegründet und gehört zum Verbund Technischer Kunstschulen, einem der größten und ältesten privaten Bildungsnetzwerke für Gestaltung in Deutschland, mit weiteren Standorten in Hamburg.
Der jüngste Studiengang, der Bachelor of Arts in Fotografie ist gerade mal ein Jahr alt und erfreut sich großer Beliebtheit. Superior Magazine wollte mehr über den Fotografie-Studiengang an der btk wissen und traf sich zum Gespräch mit deren Rektor Prof. Matthias Leupold, den Dozenten Prof.Andrej Glusgold und Prof. Katrin Thomas sowie Carsten Bäumler, zuständig für allgemeine Studienberatung.
Photo: Marc Huth
Warum haben Sie einen eigenen Bachelor in Fotografie eingeführt? Leupold: Mit dem expliziten Studiengang Fotografie (B.A.) haben wir im Oktober 2010 begonnen. Die Fotografie selbst war bei uns allerdings schon seit 2006 in dem Studiengang Motion Design mit sechs Kursen sehr präsent. Zwar ist ein Bachelor für das Fach Fotografie nicht zwingend notwendig, aber er gewinnt im Zuge des Bologna-Prozesses zunehmend an Bedeutung und es hilft den Studenten, einen international vergleichbaren Abschluss zu haben. Glusgold: Die Vergleichbarkeit und die Offenheit gerade auch für ausländische Studenten - wir haben Studenten aus 26 Ländern - ist mit Sicherheit wichtig.Aber es gibt auch Nachteile. Das heutige Bachelor-System ist im Vergleich zu meinem eigenen Studium viel verschulter und die Studenten haben weniger Freiräume, um in Ruhe an eigenen Bildfindungen und größeren Serien zu arbeiten. Da es keine Fachklassen mehr gibt, können die Studenten nicht längerfristig von einem Dozenten betreut werden, was für die eigene Entwicklung am besten wäre. Welche Besonderheiten zeichnen den Studiengang Fotografie an der btk aus?
Leupold: In dem Studiengang sind sowohl künstlerische als auch theoretische Grundlagen stark verankert. Wir bieten Fächer wie Philosophie, Design- bzw. Medien-Theorie, Geschichte der Fotografie oder Filmwissenschaft an. In unserem Atelier können sich die Studenten mit künstlerischen Grundlagen wie Malerei oder Illustration beschäftigen. Eine breite Ausbildung ist uns sehr wichtig.Wer Fotografie an der btk studiert, der studiert das quasi im Verbund mit den anderen Designrichtungen wie Kommunikationsdesign, Motion Design und Interaction Design. Jeder Student muss zwei Module aus benachbarten Designstudiengängen belegen. Das ist unseres Erachtens wichtig im Hinblick auf die spätere Berufstätigkeit. Denn Fotografen gibt es ‚wie Sand am Meer‘ und es ist absehbar, dass Fotografen auch in anderen Bereichen ihr Geld verdienen müssen. Eine breite fachliche Ausbildung ist das eine, Auslandserfahrung das andere. Ist dies ein Thema an der btk? Leupold: Die btk gibt es jetzt seit fünf Jahren, da entwickeln sich solche Partnerschaften natürlich erst noch. Wir haben zum Beispiel eine Partnerschaft zu Bezalel, der bekanntesten Designschule in Israel. Aber es ist nicht so einfach, dorthin Studenten zu schicken, da man hebräisch können muss um
dort zu studieren. Andersherum ist es einfacher, wir haben regelmäßig Studenten von dort bei uns. Dann haben wir Verbindungen zu einer Schule in Istanbul, der Mimar Sinan Güzel Sanatlar Üniversitesi, zu der Novia University of Applied Sciences in Vaasa, Finnland und zur University of Fine Arts in Hanoi, was allerdings erst in den Anfängen steckt. Gerade letztere Verbindung ist für unsere Studenten aufgrund der vollkommen andersartigen Kultur sehr interessant. Last but not least haben wir immer wieder Gäste anderer Schulen bei uns.
Ist es geplant, an der btk einen Masterstudiengang Fotografie anzubieten? Leupold: Es ist viel Arbeit, einen Masterstudiengang zu entwerfen und akkreditieren zu lassen. Daher werden wir natürlich im Vorfeld sorgfältig ermitteln, wie groß die Nachfrage nach solch einem Studiengang tatsächlich ist. Ein Masterstudiengang wäre insbesondere interessant für Studenten anderer Hochschulen aus dem In- und Ausland, da man im Laufe seiner Ausbildung durchaus an verschiedenen Hochschulen gewesen sein sollte. Herr Prof. Leupold, Ihr eigenes Fach ist ‚künstlerische Fotografie und digitale Bildmedien‘. Wie wichtig ist das Thema digitale Medien? Lösen die digitalen Medien die analoge Fotografie ab? Leupold: Man kann nicht sagen, dass es so ein Schritt wäre, wie die Erfindung der Fotografie, die die Malerei zum Beispiel beim realistischen Portraitieren abgelöst hat. Aber nachdem alles auf digital umbauen wollte, gibt es wieder viele junge Leute, die auch analog arbeiten.Vom Marktanteil her werden wahrscheinlich 95% der Bilder digital fotografiert, aber wer sich intensiv mit dem Medium auseinandersetzt, wird immer einen Film im Kühlschrank haben.
Photo: Madelaine Grambow
Glusgold: Im Mai 2011 waren wir in Moskau und haben The Rodchenko Moscow School of Photography and Multimedia besucht, mit der wir einen Austausch und Zusammenarbeit anstreben. Der Erfolg solcher Kooperationen hängt aber auch sehr stark vom Engagement der Partnerinstitution und vom persönlichen Einsatz dort lehrender Personen ab.
Thomas: Eine der grundlegenden Veränderungen innerhalb der digitalen Abbildung ist die unmittelbare, die sofortige Sichtbarkeit des soeben fotografierten Bildes. Dies hat zur Folge, dass die Herangehensweise sich verändert und oftmals „zu früh“ der Prozess der Bildentwicklung abgebrochen wird. Wir versuchen, die Studierenden immer wieder aufzufordern, mit digitaler Technik „im analogen Sinne“ zu fotografieren. Das heißt, während des Prozesses zu einer Aufnahme zu gelangen, die digitale Kontrolle ausschließlich wie ein Polaroid zu benutzen, auf dem Weg zum endgültigen Bild.Wichtig ist, zu allererst ein Verständnis für das Bild, die Bildentstehung, das eigentliche Sehen zu lernen. Leupold: Henri Cartier-Bresson hat das gut beschrieben mit der Vorahnung, wann das Bild kommt. Der Finger müsse sich schon vor dem eigentlichen
Photo: Hannes Albert
Photo: Wiebke Mรถrig
Photo: Karen Steinebronn
Photo: Bastian Achard
Photo: Constantin Gerlach
Bild bewegen und man müsse sozusagen in das Bild hinein fotografieren. Dieses Erlebnis hat der Fotograf eigentlich nur beim analogen Film. Aber natürlich gilt, welche Technik die beste ist, muss man von Fall zu Fall sehen, man kann nicht allgemein sagen, was besser oder schlechter ist.
Photo: Mirko Kraeft
Welche Bedeutung hat Modefotografie an der btk? Glusgold:Viele der bei uns Lehrenden kommen aus dem Grenzbereich zwischen Kunst und angewandter Fotografie. Wir machen sowohl Auftragsarbeiten für Werbung oder Zeitschriften, als auch freie Projekte für Ausstellungen. Die Grenzen zwischen Mode- und Kunstfotografie sind durchlässiger geworden. Man sieht oft Modefotos in Galerien als auch Modestrecken von Fotokünstlern wie zum Beispiel Alec Soth in Modemagazinen.
Leupold: Es gibt keine feste Ausrichtung an der btk, wie es zum Teil an anderen Schulen ist. Die meisten Bewerber wollen entweder Künstler, Reisefotograf oder Modefotograf werden. Glusgold: Ja, Mode ist schon sehr populär. Neben Reise- und Kunstfotografie ist das der Berufswunsch Nr. 1, zumindest am Anfang des Studiums. Wir laden häufig Gäste auch aus dem Bereich der Modefotografie ein. Man lernt am meisten, wenn man Leute trifft, die voll im Beruf stehen. Ebenso besuchen wir Fotografen in ihren Studios, um Vorbilder zu liefern von Leuten, die es wirklich geschafft haben. Das erweitert nicht nur den Horizont, sondern ist auch Ansporn. Denn Fotografie ist mittlerweile ein Künstlerberuf geworden, das heißt, es ist genauso hart geworden, von Fotografie zu leben wie von Schauspielerei oder Schriftstellerei. Früher war die Fotografie sehr stark an das Handwerk gekoppelt. Man musste dieses Handwerk richtig beherrschen, was viele abgeschreckt hat. Heute hat jeder eine digitale Kamera und der technische Aspekt wird immer unwichtiger. Deshalb fühlen sich ganz viele Leute zur Fotografie hingezogen. Aber letztendlich schaffen den Durchbruch nur wenige, denn es werden nicht mehr, sondern weniger Fotografen gebraucht. Zum Beispiel schrumpft der Editorialmarkt, weil immer mehr im Internet stattfindet. Und es wird immer weniger für Fotografen bezahlt, denn die Werbekunden geben weniger für Anzeigen aus, was den Spielraum für Editorials weiter einschränkt. Hinzu kommt, dass der Modefilm immer wichtiger wird. Leupold: Und das führt uns wieder zurück an den Anfang unseres Gesprächs. Eine breit gefächerte und fundierte Ausbildung ist das Beste, was wir unseren Studenten für den Start ins Berufsleben mit auf den Weg geben können.
Interview:Tom Felber
Photo: Christiane Meyer
Photo: Eric Berg
Photo: Martina Trommer
Photo: Thomas Sch채fer
Photo: Marcel Maffei
Entwicklungen in der visuellen Darstellung von Mode Katrin Thomas im Interview
Ab dem Wintersemester 2011/12 lehrt Katrin Thomas „künstlerische Fotografie, Mode- und Portraitfotografie, digitale Bildgestaltung“ an der Berliner Technische Kunsthochschule (btk). Superior Magazine sprach mit ihr über die Entwicklungen in der visuellen Darstellung von Mode.
Wie kamen Sie selbst zur Modefotografie? Mode und Modefotografie hat mich bereits als Kind fasziniert, zuerst als Abbildung einer schönen, heilen Welt. In den 80er Jahren begann ich mich für die Möglichkeiten der Inszenierungen innerhalb der Modewelt zu begeistern, später kam eine kritische Auseinandersetzung mit dem Medium hinzu, die ich sowohl im editorialen Bereich, also durch die Plattform der Magazine, als auch im künstlerischen Kontext umsetzen konnte.
Es interessierte mich, mit dem Begriff von Schönheit und Manipulation zu spielen, mich kritisch mit den Manipulationstechniken der Werbe- und Modefotografie zu befassen. In diesen Zusammenhang entstand 2001 die Arbeit "NOVIEW", in der ich mit einem Hypnotiseur arbeitete, der die kulturell suggerierten Bilder der Mode- und Kosmetikindustrie durch Hypnose wieder rückgängig machen sollte.
Sie haben selbst in verschiedenen Modemetropolen gelebt. Welche hat Sie am meisten für Ihre Arbeit inspiriert? New York war für mich damals eine enorme Inspiration. Es gab allerdings eine Zeit Mitte der 90er, in der ich immer wieder überlegte, nach London zu ziehen. Oft hatte ich das Gefühl, "alleine" mit meiner Arbeit dazustehen. Es schien, dass meine Fotografien für den amerikanischen Markt zu europäisch, und für die Europäer zu amerikanisch waren. Was hat sich im Bereich der visuellen Darstellung von Mode in den letzten Jahren verändert? Die Modefotografie wird zunehmend auf die Stufe aktueller Kunst gestellt und eröffnet so ein immer
spannenderes kreatives Feld. Die Bildthemen ändern sich, mehr und mehr steht das Intellektuelle und Künstlerische im Vordergrund. Gesellschaftliche und kulturelle Themen werden verarbeitet. Durch die wachsende Akzeptanz der Modefotografie in der freien Kunst arbeiten auch mehr Künstler in diesem Feld, und die Plattform der guten Magazine zieht dies an. Die digitale Bildbearbeitung und das Internet, der unmittelbare Austausch von Information ermöglichen völlig neue Parameter, wie die Entstehung völlig neuer Bilder und Geschichten. Und das bewegte Bild, dessen Bedeutung wächst. Natürlich gab und gibt es in jeder Epoche immer wieder die großen Vorbilder, jetzt scheint die Anzahl der künstlerischen Fotografen innerhalb der Modefotografie in die Höhe zu schnellen.
Gibt es Ihrer Meinung nach Unterschiede im visuellen Umgang mit Mode in den unterschiedlichen Metropolen? Da Mode immer stärker ein Ausdruck von internationalem Zeitgeist ist, und durch das Internet immer mehr EINS wird, scheint dieser Unterschied heute unwesentlicher. London hatte einen bestimmten "Look", der, sofern in New York fotografisch weiterverfolgt, oftmals kommerzieller aussah. Frankreich und Italien waren oft weicher und romantischer im Ansatz. Als Modefotograf sieht man die gesamte Modefotografie jetzt in ihrer Zeit und wichtiger noch, im MORGEN, und arbeitet als Individuum international. Es sind die Magazine, die einen unterschiedlichen visuellen Umgang haben, je nach Zielgruppe. Doch sicher inspiriert jede Metropole immer wieder auf unterschiedliche Art.
Wohin wird sich die visuelle Darstellung von Mode entwickeln? Die Bedeutung des Modefilms wird immer größer, Magazine investieren hohe Summen in ihre Webseiten und streichen Budgets für editoriale Modestrecken. Die Mode wandert mehr und mehr ins Internet, wo die Kollektionen unmittelbar gezeigt werden und dort auch immer öfter als Bewegtbild. Nick Knight's SHOWSTUDIO.COM wäre da nur ein Beispiel, aber generell ist der Modefilm als relativ neues Medium noch sehr ausbaufähig. Interview:Tom Felber
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10.00 – 20.00 open to public
Ambassador of Luxury Photographer: Marc Huth, Bastian Achard Styling: Agnes Friedrich Make-up & Hair: Agnieszka Schillert Model: Eugen @ SEEDS , Nelly Marie Bojahr @ Modelfabrik
Style Gallery
Behind the scenes video
Dress: ASANDRI Bracelet: RoyalBLUSH
Dress: ASANDRI Bracelet: RoyalBLUSH
All clothes: Esther Perbandt
Trench coat:Kaska Hass Trousers: Esther Perbandt Shirt: Esther Perbandt Shoes: ALINASCHUERFELD
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Dress: Kaska Hass
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Dress: ASANDRI
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ALINASCHUERFELD
banuq by Atelier Awash
und modern interpretierten Feminität, sondern ihrer vom Zeitgeist geprägten Vision von zeitlosen und alterslosen starken Persönlichkeiten, komplett unabhängig ihres Geschlechts. Ergebnis dessen sind Kollektionen, die zu großen Teilen aus Unisex-Styles bestehen. -[mehr] HANNA felting
Authentischer Luxus: Die Schuhe und Taschen von ALINASCHUERFELD vermitteln eine luxuriöse Diskretion, die einen fließenden Übergang zwischen Zeitgeist und Zeitlosigkeit auf weist - dandyhaft und salonesque für Fräuleins, Kreative, Macher und Stil-Liebende. Für die Freigeister dieser Welt Gentlewomen und Gentlemen von heute. - [mehr]
banuq by Atelier Awash ist ein limited edition Männermode Label, made in Italy. Inspiriert von dem Lifestyle und dem Zeitgeist der zeitgenössischen Menschen, zeigt jedes einzelne Stück eine entspannte und ebenso elegante Annäherung an die Mode. banuq by Atelier Awash hat sich verpflichtet, einen positiven Beitrag für die Umwelt und die Gesellschaft zu leisten. - [mehr] ESTHER PERBANDT HANNA felting supports Slow Fashion and the use of local raw natural fabrics innovatively in design.The freshness and quality of each HANNA felting item is derived from the designer’s unique way of processing Icelandic lamb’s wool, straight from the free-grazing sheep in the mountains and fjords of Iceland. [mehr]
ASANDRI
ASANDRI fertigt vielseitig kombinierbare Modekreationen für die kultivierte und weltoffene Frau, die mitten im Leben steht. Zu den Kollektionen zählen leichte und komfortable Traveller- und Businessoutfits genauso wie glamouröse Beach-, Resortund Swimwear. - [mehr]
ica watermelon Seit Esther Perbandt im Januar 2011 zum ersten mal auch eine Männerlinie präsentierte, verschreibt sich die Designerin nicht mehr nur einer unabhängig
ica watermelon vereint die Konzepte von Nachhaltigkeit und hochwertiger Mode. Das Thema Natur und Umwelt spielt eine zentrale Rolle und wird konzeptionell in Kleidungsstücke umgesetzt. Traditionelle Handarbeitstechniken wie Handstrick und Häkeln werden neu interpretiert und sind ein immer wiederkehrendes Element in den Kollektionen. [mehr]
Seit 2006 kreiert Jana Keller unter dem Label RoyalBLUSH Lederaccessoires mit Gewissen. Die innovativen Schmuckstücke und Taschen werden in Deutschland aus italienischem, rein pflanzlich gegerbten Kalbleder und Bio-Lachs gefertigt. -[mehr] STAT
kex-spitzenkultur by Anita Keckeis
Unabhängig vom Diktat kurzlebiger Trends entwickelt das Berliner Label STUDIO ECOCENTRIC unter dem Titel“Für immer“ eine Kollektion zeitlos femininer Klassiker. Ausgesuchte Originale der 30er bis 70er Jahre werden neu interpretiert und mit besonderen Verarbeitungsdetails und seltenen Vintage - Knöpfen- und Schnallen versehen. Aus Überzeugung verwendet STUDIO ECOCENTRIC feinste hochwertige Materialen und läßt die Kollektionen ausschließlich in Deutschland fertigen. - [mehr] twosquaremeter
Textile Schmuckkreationen aus selbstentworfener Spitze, zeitlos schön. Jedes Design der Schals, Colliers und Gürtel wird höchstens 98 Mal hergestellt. Keine großen Mengen – kein Ausverkauf – kex soll seine Exklusivität und seinen zeitlosen Wert bewahren. - [mehr] RoyalBLUSH
The story of STAT began in NYC, where designers Lenny Leleu and Ingrid MT Meyer first met during an internship at Daryl K, but takes a leap when they meet again in Antwerp. Both designers felt inclined to create a conscious fashion label that persuades with minimalists cuts and sensuous fabrics. - [mehr] STUDIO ECOCENTRIC Das neue, deutsche Label twosquaremeter verbindet Mode mit Kosmetik und bietet mit seiner zweiten Kollektion erneut luxuriöse Designs mit Anti-Aging-Effekt, die sich dank der Verarbeitung der Algen-Faser SeaCell® und Milchfaser-Textilien genauso gut anfühlen wie sie aussehen. - [mehr]
Die Master der Nachhaltigkeit „Grüne“ Mode wird in Berlin immer mehr ein fester Bestandteil der Modeszene, wie der GREENshowroom zur Fashion Week Berlin oder Agenturen wie Beyond Berlin mit ihrem Fokus auf nachhaltige und ethische Mode beweisen. Im Oktober wurde nun eine weitere Etappe auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit und höheren ethischen Standards in der Mode beschritten - der internationale Master-Studiengang „Sustainability in Fashion“ an der ESMOD BERLIN Internationale Kunsthochschule für Mode. Zum Start des Master-Studiengangs traf Tom Felber vom Superior Magazine die Direktorin der ESMOD BERLIN Silvia Kadolsky und die Leiterin des Master-Studiengangs Friederike von Wedel-Parlow. Was macht Mode zu „nachhaltiger Mode“? Kadolsky: Das sind im Wesentlichen drei Aspekte. Die Mode muss ökologisch produziert werden. Das heißt beispielsweise, dass die Natur und die Faser durch die Vermeidung von Pestiziden und die Minimierung des Einsatzes von Chemikalien geschont werden. Der zweite Aspekt ist die ethische Komponente, die Beachtung sozialer Standards. Wichtig sind zum Beispiel faire Löhne und menschenwürdige Arbeitsbedingungen. Und last but not least, Mode ist erst dann nachhaltig, wenn sie auch ökonomisch „funktioniert“. Dazu ist natürlich, wie immer in der Mode, ein gutes Design entscheidend. von Wedel-Parlow: Das ist ein wichtiger Punkt, denn gutes Design und Langlebigkeit beeinflussen nicht nur die Kaufentscheidung, sondern schonen insbesondere auch unsere Ressourcen. Wirklich nachhaltige Mode muss den gesamten textilen Kreislauf berücksichtigen. Schon bei der Produktion der Kleidungsstücke muss man an deren Recycling denken. Durch eine intelligente Wahl der Komponenten und ein ausgefeiltes Rückholsysteme kann man Abfall minimieren und unsere Umwelt schonen. Das Prinzip „Cradle to Cradle“ gewinnt immer mehr an Bedeutung. Wie kann der Käufer sicher sein, dass er wirklich ökologisch und ethisch korrekte Mode kauft?
von Wedel-Parlow: Es gibt Zertifikate auf einem sehr hohen Niveau. Das G.O.T.S.-Siegel zum Beispiel überprüft die Herstellung auf jeder Stufe des Produktionsprozesses. Fairtrade ist eines der bekanntesten Zertifikate hinsichtlich der Beachtung sozialer Standards. Mit derartigen Siegeln kann der Verbraucher sicher sein, dass die Mode auf einem hohen nachhaltigen Niveau liegt. Kadolsky: Die notwendige umfangreiche Prüfung zur Erlangung der Siegel hat allerdings nicht nur positive Seiten. Eine derartige Prüfung ist kostspielig. Gerade kleinere junge Label, die sich häufig intensiv mit diesem Thema beschäftigen undVorreiter sind, können sich eine Zertifizierung kaum leisten. Ohne die entsprechenden Siegel haben diese Label dann Schwierigkeiten bei den Einkäufern entsprechender Läden und bei deren Kunden, da diese nach den Zertifizierungen fragen. Hier gibt es noch Handlungsbedarf. Wie könnte man diese Problematik lösen? Kadolsky: Es gibt sicherlich kein Patentrezept. Aber G.O.T.S. könnte beispielsweise eine Sparte für junge Firmen anbieten, die nachhaltig arbeiten und ihnen eine Zertifizierung auf reduziertem Preisniveau anbieten. von Wedel-Parlow: So etwas fände ich auch wichtig. Außerdem sollten große Firmen, die einzelne Kollektionen nachhaltig produzieren, diese auch zertifizieren lassen. Bei ihnen fallen die Kosten in diesem
Zusammenhang nicht so ins Gewicht. So käme es zu einer Mischfinanzierung zwischen großen und kleinen Labeln. Neben dem Kostenargument zögern allerdings leider immer noch viele große Firmen, diesen Schritt zu gehen, weil sie sich nicht in die Karten schauen lassen wollen, obwohl seitens der Kunden ein Bedürfnis nach mehr Transparenz besteht. Ist das Thema Nachhaltigkeit auch eine Frage des Marketings? Kadolsky: Auf jeden Fall. Viele Konsumenten haben noch diverse Strickmuster im Kopf und denken bei nachhaltiger Mode an den berühmten Jutesack. Dass dies schon längst nicht mehr so ist, beweisen Createure wie Stella McCartney oder Peter Ingwersen von Noir bzw. sieht man auf den immer zahlreicher stattfindenden Messen wie dem GREENshowroom oder der Ethical Fashion Show. In welchen Regionen sind die Konsumenten denn am ehesten bereit, nachhaltige Mode zu kaufen? von Wedel-Parlow: Deutschland ist hier sehr weit vorne, weil wir bereits eine längere ökologische Tradition haben. Derartige Entwicklungen vollziehen sich häufig quasi von innen nach außen. Mit den Lebensmitteln hat es angefangen und nun ist die Mode dran. Aber auch in Kalifornien, New York, London und selbst in Frankreich wird Sustainability zunehmend als Trendthema behandelt. Je mehr die Menschen über das Thema wissen, desto höher wird ihr ökologisches und ethisches Bewusstsein. Zu dieser Wissensvermittlung trägt ja auch der neue Master-Studiengang „Sustainability in Fashion“ hier an der ESMOD BERLIN bei. Was charakterisiert diesen Studiengang? von Wedel-Parlow: Nachhaltigkeit und ethische Standards waren auch bisher schon an der ESMOD BERLIN präsent, zum Beispiel mit der Collection
of Hope oder der jährlichen St. Catherine Show. Bei dem internationalen Master-studiengang „Sustainability in Fashion“ handelt sich um ein einjähriges Programm, in dem allen Themenbereichen entlang der textilen Kette im Zusammenhang mit nachhaltiger Mode Rechnung getragen wird. Dieser ganzheitliche Ansatz beinhaltet zum Beispiel Workshops zu Themen wie „Cradle to Cradle“, Stoffauswahl, Kommunikation und Marketingstrategien, Rückholsysteme und vieles mehr. Besonders wichtig sind uns auch die zahlreichen international renommierten Gastdozenten wie zum Beispiel Francine Pairon (Institut Français de la Mode), Shelley Fox (Parsons The New School for Design, New York) oder Francois Girbaud. Kadolsky: Die Internationalität ist ein wesentliches Merkmal unseres Masterstudiengangs, nicht nur bei den Dozenten. Die zwölf Studenten kommen aus neun Ländern, ein bunter Mix ganz verschiedener Kulturen. Dementsprechend ist die Lehrsprache natürlich Englisch. Ein weiteres Charakteristikum ist die Praxisnähe. Durch den einjährigen Masterstudiengang bieten wir ein europaweit einzigartiges Programm an, da es sich aufgrund der kürzeren Laufzeit besonders gut mit der Praxis verbinden lässt. Das merkt man an der Zusammensetzung der Studenten. Ein Teil von ihnen kommt direkt aus Unternehmen, um sich speziell auf dem Gebiet der Nachhaltigkeit weiterzubilden, und anschließend dieses Wissen in das Unternehmen zu tragen.Auch die Masterarbeiten sind praxisnah und erfolgen in Zusammenarbeit mit verschiedenen Unternehmen. von Wedel-Parlow: Eine derartige Professionalität und Internationalität ist sehr spannend, natürlich für die Studenten, aber auch für die Gastdozenten und für uns. Und am Ende des Studiengangs sind wir einen Schritt weiter auf dem Weg zur „grünen“ Mode, denn unsere Master of Sustainability in Fashion sind Multiplikatoren für nachhaltige und ethische Qualität in der Mode. Interview:Tom Felber
Vienna night story Photographer: Bastian Jung Models: Philipp Bierbaum & Hannah Richter (www.nextcompany.com) Hair & Make-up: Maria Messner Assistants: Nico Elzer & Peter Richter Menswear: Tim Labenda (www.timlabenda.com) Womenswear: Charlotte Ernst
INTERVIEW
mit Esteban, Fotograf / Filmmaker Wie kam es zu dem RevoltProjekt?
Was möchtest Du mit dem Film ausdrücken?
Ich hatte das Konzept zu Revolt schon lange auf dem Tisch liegen, wollte aber zu dem Konzept auch ein sehr ausdrucksstarkes Styling haben. Als ich Tom Rebl kennengelernt habe und von seinen Kreationen sehr angetan war, habe ich ihm mein Konzept geschickt und auf seine Unterstützung gehofft. Glücklicherweise hat ihm mein Konzept gefallen und nach einer gewissen Vorberei tungszeit haben wir es dann zusammen realisiert.
In dem Film geht es um die Revolte der inneren Bestimmung gegen die aktuelle Situation. Zu sein, wie man möchte und nicht zu sein, wie man muss. Suchend nach seiner wahren Persönlichkeit (bengalisches Feuer) und kämpfend gegen eine gezwungene Persönlichkeit (schwarze Szenen).
Wie hat das bei Dir mit der Modefotografie eigentlich angefangen? Meine Passion zur Modefotografie kam sehr spät. Erst mit 18 hab ich ernsthaft damit angefangen, Mode zu fotografieren. Dabei war mein Interesse an Mode schon immer da, jedoch hatte ich die Fotografie vorher irgendwie nie für mich entdeckt.Warum weiß ich bis heute nicht, aber als ich dann mit 18 meine erste Kamera bekam und nach einiger Zeit das ganze mit der Mode verbunden habe und ein Model fotografieren durfte,
war für mich klar, dass ist genau das, worauf ich Lust habe. Fortan an bin ich mehr und mehr in die Modeszene eingestiegen. Worauf liegt Dein Schwerpunkt? Fotografie oder Film? Entscheidender Wendepunkt in meiner Zeit war die Einführung der 5D Mark II, womit ich zum ersten Mal auch mit bewegten Bildern in Berührung kam. Als mir dann die Chance gegeben wurde, einen ersten Film von mir von einer professionellen Postproduction bearbeiten zu lassen, die mich bis heute unterstützt, ging ich den nächsten Schritt und habe schnell gemerkt, wie sehr mich Film emotional bewegt. Seitdem habe ich meinen Schwerpunkt klar auf Film gelegt, fotografiere bei je-
dem Film aber immer noch zusätzlich, denn Fotografie bedeutet mir immer noch sehr viel.
Wird der Film irgendwann die Modefotografie einmal verdrängen?
Was ist das Besondere am Modefilm im Gegensatz zur Fotografie?
Ich glaube nicht, dass Modefilm und Modefotografie als Konkurrenten zu betrachten sind. Viel mehr können sie sich in Zukunft ergänzen. Zu jeder Printkampagne wird ein kurzer Fashion Film oder Making Of gemacht, so wie viele Designer es bereits vormachen. Die Leute wollen nicht einen Film oder eine Strecke alleine, sie wollen eher beides.
Das Besondere am Modefilm ist die Chance, innerhalb kürzester Zeit den Betrachter zu fesseln und emotional zu berühren. Besonders die Musik verleiht dem Film einen noch persönlicheren Ansatz, als es beim Foto möglich wäre. Hinzu kommt der Schnitt und deine Geschichte hinter den Bildern. Das alles macht es zu einer Komposition aus verschiedenen Einflüssen, was es für mich so besonders und individuell macht.
Was inspiriert Dich zu Deinen Filmen? Inspiration finde ich überall. Ich kann mich da von so vielen Dingen inspirieren lassen, da der Film so viele Einflüsse mit sich bringt. Ob Musik, Videos, Fotos oder interessante Orte, das alles kann einen inspirieren und den Anstoß zu einem neuen Konzept geben. Obwohl Fashion Film oft sehr künstlerisch und ausdrucksstark ist, versuche ich in meinen Filmen den kommerziellen Touch nie zu vergessen. Ich versuche mich, auf dem schmalen Grad zwischen Kunst und Kommerz zu bewegen, um sowohl Designer als auch kommerzielle Label ansprechen zu können. Storykonzepte sind mir dabei sehr wichtig,
um nicht nur schöne Bilder zu produzieren, sondern auch etwas damit ausdrücken möchte. Hast Du einen bestimmten Stil in Deinen Filmen? Bezogen auf den Look meiner Filme würde ich sie stilistisch als sehr modern und kontrastreich beschreiben. Sie haben eher Spielfilmcharakter mit klaren Schnitten, als mit großartigen Effekten und Überlagerungen. Welches Projekt würdest Du gerne in nächster Zeit umsetzen? Da ich auf meiner Filmrolle bisher fast nur Männermodefilme habe und ein Männermodefilm gerade noch in der Postproduction ist, will in Zu-
kunft gerne mehr Filme mit weiblichen Models produzieren. Umsetzen würde ich auch sehr gerne ein neues Musikvideo.
REVOLT Video
Johanna Brinckmann im Interview
Wie kam es zu Deiner Serie? Die Serie „Beautyful“ wurde in Hamburg an einem der letzten Sonnentage geshootet.Viele derartige Tage gab es diesen Sommer ja nicht, aber dann kam noch einmal ein paar Tage ein richtiges SommerFeeling auf und da wollte ich eine Art „Straßenschmutz trifft Karibik Feeling“ einfangen - Hilda kommt aus Brasilien, das passte super. Die Idee, an einer Hot Dog Bude, an der ich mal vorbeigefahren bin, zu shooten, kam mir ganz spontan. Zum Glück waren die Imbissbesitzer sehr entspannt und wir konnten dort fotografieren. Kannst du uns etwas über deine Anfänge als Fotografin erzählen? Ich habe damals mit 15 angefangen, Filme zu drehen – in jeder freien Minute habe ich irgendetwas geschrieben und dann versucht, es in Bildern umzusetzen und mit Musik zu unterlegen. Ich merkte aber schnell, dass es mich eher in die Richtung Fotografie zog, weil ich da einfach selbstständiger arbeiten kann, als beim Film. Woher beziehst Du Deine Inspirationen? Das kann eine zerdrückte Pepsi Dose sein oder eine Filmszene, ein fettiger Burger, eine spontane Situation, die ich auf der Strasse sehe, ein Gang über den Flohmarkt oder ein knall gelber Wischmopp ...Wenn die Gedanken frei sind, lauern überall Eindrücke, die sich in meinem Kopf schnell in Bilder wandeln. Natürlich lasse ich mich auch von Looks inspirieren, die ich im Internet oder in Magazinen sehe, aber ich liebe es, etwas zu schaffen, was ich noch nie GENAU SO gesehen habe.
Welche Gefühle oder „Botschaft“ möchtest Du mit Deinen Bildern vermitteln?
Wo möchtest Du hin, was ist Dein Ziel als Fotografin?
Ich möchte einfach, dass meine Bilder Spaß machen. Was ich tue, macht mir selbst unglaublich viel Spaß. Ich stecke viel Herzblut in meine Projekte. Es geht mir nicht nur darum, ein Model mit Kleidung abzuknipsen. Es soll etwas erzählen. Es gibt Millionen Fotos, aber viele, die ich mir anschaue, sehen gleich aus und haben keine Botschaft.
The sky is the limit !
Hast Du einen bestimmten Stil, den Du in Deinen Bildern zeigen möchtest? Ich kombiniere gern viele Dinge miteinander, die auf den ersten Blick vielleicht nicht zusammen passen – das gibt mir die Möglichkeit, meine Ideen lebhaft umzusetzen. Mir geht es darum, etwas Schönes, manchmal Witziges, Ironisches und ab und zu Sarkastisches oder Gewagtes zu zeigen. In jedem Fall steht die Ästhetik des Bildes ganz oben. Ich wünsche mir, dass ich mich mit der Zeit eher immer freier machen kann von dem, was andere produzieren und ich meinen Stil weiter herausbilden kann. Gab es in Deiner Karriere schon einmal einen richtigen Tiefpunkt? Ich kann mich spontan an keinen so tiefen Punkt erinnern, dass ich Zweifel an demhatte, was ich erreichen möchte. Aber das schließt für die Zukunft natürlich keine Niederlagen aus, insbesondere, weil ich einen ziemlich hohen Anspruch an das habe, was ich tue. ... Natürlich war ich schon öfter mal unzufrieden mit dem, was ich gemacht habe – aber dann kann man nur sagen: C‘est la vie, weiter zum nächsten Projekt.
Kannst du uns etwas über deine nächsten Projekte erzählen? Über zukünftige Projekte kann ich noch nichts Konkretes sagen – aber checkt einfach ab und zu meinen Blog (johannabrinckman.tumblr.com) und werdet Fans meiner Facebook-Page (Johanna Brinckman Photography). (lacht)
Das Model Victor Clear - Aus dem Stand nach Mailand Welches waren deine größten Erfolge bisher als Model?
Dass Du asiatische Wurzeln hast, sieht man ja. Wo kommst Du genau her? Ich komme ursprünglich aus Korea, bin aber in Usbekistan geboren und aufgewachsen. Nachdem meine Mutter meinen Stiefvater kennenlernte, zogen wir nach Deutschland. Da war ich 8 Jahre alt. In Deutschland angekommen, lebten wir erst in Essen, zogen dann aber aus beruflichen Gründen meiner Eltern nach Dortmund. Nach meinem Abitur entschied ich mich, nach Berlin zuziehen. Wie kamst du zum Modeln? Ich kam zum Modeln, weil mich die damalige Bookerin meiner allerersten Agentur in der U-Bahn angesprochen hat. Das ist knapp ein halbes Jahr her. Bei welcher Agentur bist Du zur Zeit? Vertreten bin ich aktuell bei PMA Models, Talents Models München, Joy Model Management Mailand, Q Management New York,Visage Management Zürich, Premier Model Management London und Look Models Wien. Meine Mutteragentur ist jedoch PMA Models.
Zu meinen größten Erfolgen zähle ich auf jeden Fall meine überhaupt erste Fashion Week in Mailand im Sommer diesen Jahres. Denn dort traf ich nicht nur auf viel Konkurrenz – asiatische Männer Models – die international super erfolgreich und bekannt waren, sondern ergatterte trotz der vielen anderen erfahreneren Models meine erste Kampagne und eine Show. Bei der darauf folgenden Fashion Week in Berlin bekam ich einen Bread&Butter Job und fünf Shows. Vor rund zwei Monaten schoss ich in Mailand die neue TheCorner Kampagne für China. Zur nächsten Fashion Week will ich in New York sein und hoffentlich auch viele Shows abräumen. (lacht) Du bist ein Model mit hohem Wiedererkennungseffekt. Ist das für Jobs ein Vorteil oder ein Nachteil?
Das kann ich leider gar nicht sagen. Ich habe Castings, die super laufen, aber auch Castings, die nicht gut laufen. Wie es eben bei vielen anderen Models auch so ist. Für welche Label bzw. mit welchen Fotografen würdest Du in Zukunft besonders gerne arbeiten? Warum gerade diese? Ich hatte in diesem Jahr eine Option für Emporio Armani und Giorgio Armani und würde die nun gerne im Januar zur nächsten Fashion Week in Mailand in richtige Jobs umwandeln, da ich der Meinung bin, dass ich dann beweisen kann, dass ich
auch als „New Face“ international mit den besten Jungs mithalten kann. Es hatte mich ehrlich gesagt schon sehr gefreut, als Armani mich in Mailand überhaupt optioniert hat. (lacht) Bist Du auch privat immer gestylt? Welche Label trägst Du privat am liebsten? Privat laufe ich recht unauffällig rum, eher schlicht und angepasst – vielleicht auch ein wenig elegant. Ich bin der totale Zara-, H&M–Typ.
From the Real Book, 2011 Artist‘s hand-processed print, gelatin silver paper, toned, 13.4 x 11.8 cm, edition of 10.TW 271
From the Real Book, 2011 Artist‘s hand-processed print, gelatin silver paper, toned, 13.8 x 12.8 cm, edition of 10.TW 272
From the Real Book, 2011 Artist‘s hand-processed print, gelatin silver paper, toned, 12.6 x 19.0 cm, edition of 10.TW 273
Torsten Warmuth im Interview Es gibt Kunstwerke, die fesseln den Betrachter vom ersten Moment an und lassen ihn dann nicht mehr los. So ergeht es vielen bei Torsten Warmuths „Silver Paintings“. Seit Anfang 2011 beschäftigt sich der Künstler intensiv mit dem Thema Jazz; mit seinem Zyklus From the Real Book geht eine neue Stilistik einher. Sabine Felber traf deshalb für SUPERIOR MAGAZINE den in Berlin lebenden und arbeitenden Künstler in seinem Atelier, um mehr über ihn und seine Kunst zu erfahren: Herr Warmuth, wie entsteht das Neue in Kunst und Fotokunst? Um etwas wirklich Neues machen zu können, muss man „Vatermord“ begehen. Das ist das A und O. Aber einen solchen Kraftakt vermisse ich allzu oft in der Fotokunst der Gegenwart. Nehmen Sie zum Beispiel die Becher-Schule: Am Anfang stand da ein hoch innovativ arbeitendes Künstlerpaar. Und deren erste Schüler haben aus dem Vorgefundenen etwas je Eigenes gemacht – ohne dabei Ihre Bewunderung für die Meister gänzlich aufzugeben. Das, was jedoch heute unter dem Label BecherSchule angepriesen wird, das ist meistens nur noch ein billiger Aufguss alter Muster. Ein Nachmachen. Ein Kopieren. Das hat keine innere Notwendigkeit. Als Künstler muss man sich doch immer wieder nach dem „Warum“ befragen lassen – egal ob in der Literatur, der Malerei oder eben der Fotografie.
Was war denn die innere Notwendigkeit, aus der jenes Verfahren hervorgegangen ist, das sie selbst Silver Painting nennen? Ich war auf der Suche nach mehr Freiheit. In der klassischen Fotografie ist man zuweilen sehr eingeschränkt. Das Bild, das hier entsteht, ist sehr von der Technik geleitet. Von Blende, Belichtungszeit und Objektivauswahl. Mir aber stand der Sinn nach freieren Konstruktionen und kreativeren Gestaltungsmöglichkeiten. Ich wollte Bilder aus meinen Vorstellungswelten verwirklichen. Nicht mehr das Motiv vor der Kamera sollte das spätere Bild bestimmen; sondern ich wollte durch meinen Eingriff in das Negativ und durch die Arbeitsprozesse in der Dunkelkammer festlegen, wie das fertige Bild am Ende auszusehen hatte. Nicht die Realität sollte das Ergebnis vorwegnehmen, sondern die Vorstellung davon; die Erinnerung an sie; die Spiegelung. Nach langen Experimenten ist dann daraus 2009 das Silver Painting entstanden.
Fro Arti 13.6
om the Real Book, 2011 ist‘s hand-processed print, gelatin silver paper, toned, 6 x 16.0 cm, edition of 10.TW 274
From the Real Book, 2011 Artist‘s hand-processed print, gelatin silver paper, toned, 11.2 x 13.8 cm, edition of 10.TW 275
Was genau ist das: ein Silver Painting? Wenn man sich nur auf das Wort bezieht, dann steht Silver natürlich für das Fotopapier – für den Silbergelatineabzug. Dieses Papier ist mit einer extrem dicken Silberschicht versehen.Auf diese Weise entsteht die räumliche Tiefe des Bildes. Painting wiederum bezieht sich auf den malerisch-gestalterischen Aspekt meiner Arbeit. Da geht es zunächst um den partiellen Lichtauftrag, dann aber auch um das Malen mit Farben erzeugenden Flüssigkeiten – mit Tonern und Bleichern. Jedes Bild ist ein komplexer Geburtsvorgang. Zunächst montiere ich mehrere Negative übereinander, die oft schon im Vorhinein derart chemisch bearbeitet worden sind, so dass sie meiner späteren Bildvorstellung entsprechen. Danach entsteht der partielle Lichtauftrag auf dem Fotopapier. Und zuletzt erarbeite ich mir jede Figur nach und nach mit Tonern und Bleichern. In einem einzelnen Bild steckt also ungemein viel Arbeit und Energie. Das ist auch der Grund dafür, dass ich mich von den klassischen fotografischen Editionen verabschiedet habe und nur noch Unikate anfertige. Ein Silver Painting ist nicht reproduzierbar.
From the Real Book, 2011 Artist‘s hand-processed print, gelatin silver paper, toned, 13.2 x 14.0 cm, edition of 10.TW 277
Ein Silver Painting entsteht aber dennoch in einem in allen Phasen analogen, fotografischen Prozess. Würden Sie sich als analogen Fotografen bezeichnen? Das ist ein sehr weites Feld. Ich habe mich eigentlich nie als Fotograf gesehen, sondern immer als Künstler. Fotografen haben die Aufgabe der Reproduktion von Wirklichkeit. Mit dem Aufkommen der Fotografie im 19. Jahrhundert ist die Malerei erlöst worden von ihrer Abbildungsfunktion. Das hat fortan die Fotografie für sie übernommen. Das Silver Painting aber will nicht abbilden. Es ist von jeglicher Funktion befreit. Niemand braucht es. Und von daher ist es reine Kunst. Es geht um das, was Kant das „interessenlose Wohlgefallen“ genannt hat. Vielleicht hängt das ein wenig mit dem „digital turn“ zusammen. Die reine Abbildung fällt heute der Digitalfotografie zu. Somit ist die analoge Fotografie frei geworden. Und ich bediene mich in gewisser Weise dieser neu gewonnenen Freiheit des Analogen. Wie sind Sie überhaupt zur künstlerischen Arbeit mit diesen fotografischen Mitteln gekommen? Mein Vater war Fotograf. Er hat Postkarten produziert und Dokumentarfotografien für Museen und Ausstellungen erstellt. Das hat mich geprägt. Ich bin quasi mit dem Geruch vom Fixierbad aufge-
Bass Solo, 2008 Artist‘s hand-processed print, gelatin silver paper, multi-toned, 161.5 x 87 cm, edition of 3.TW 234
Closer, 2011 Silver painting, 30 x 21.4 cm, unique.TW 270
La dernière nuit, 2011 Silver painting, 96.5 x 177 cm, unique.TW 268
wachsen. Und schon sehr früh bekam ich eine eigene Kamera geschenkt. Eine 6x6 Pouva Start. Mit der habe ich schon als Kind zu experimentieren begonnen. Da man damals in der DDR aber nur wenig fotografische Technik kaufen konnte, habe ich mich eher auf den fototechnischen Prozess konzentriert. Da hat mir mein Vater vieles beibringen können. Sie haben sich dann zunächst dafür entschieden, Mathematik zu studieren. Bestehen Zusammenhänge zwischen diesem strukturwissenschaftlichen Studiengang und der Fotografie? Die Mathematik hat mir durchaus bei der Entwicklung des Silver Painting geholfen. Ihr analytischer Ansatz kam mir etwa zur Hilfe, als ich 2002 mit Negativ-Verklebungen, Farbauftrag und dem Einsatz von Tonern zu experimentieren begonnen hatte. Ich wusste zu Beginn überhaupt nicht, wohin die Reise gehen sollte. Wenn ich etwa auf einem Bild eine bestimmte Farbigkeit erzielt hatte, dann war es mir nur schwer möglich, diesen Effekt auf einem weiteren Bild noch einmal zu wiederholen. In diesen komplexen Tonungsprozessen war kaum
etwas steuerbar. Nur langsam und auf Basis zahlreicher Experimente entdeckte ich die Gesetzmäßigkeiten, die dahinter steckten. Aber ansonsten existieren Fotografie und Mathematik natürlich in sehr getrennten Welten. Als ich mich dazu durchgerungen hatte, mich ganz der Fotografie zuzuwenden, hatte ich am Anfang Angst. Konnte ich mit meiner Kunst auch meinen Lebensunterhalt bestreiten? Man muss ja gerade in der analogen Fotografie eine Menge Anschaffungen tätigen. Zudem sind die Kosten für jedes Bild, das in meinem Atelier entsteht, immens hoch. Die Initialzündung kam damals von dem Fotohistoriker Enno Kaufhold. Nachdem er einen Katalogtext zu einer meiner ersten größeren Ausstellungen geschrieben hatte, sagte er zu mir: „Das sind wunderbare Arbeiten. Aber wovon wollen Sie eigentlich leben?“ Ich war 27. Und so lautete meine kecke Antwort: „Na, von diesen Bildern natürlich“. Was hat Ihr Vater damals dazu gesagt? Der ist nicht wirklich begeistert gewesen. Wie gesagt: er war Gebrauchsfotograf. Für meine Entscheidung für die freie Kunst hat er wenig Verständnis gehabt.
The Old Man‘s Song, 2011 Silver painting, 65 x 99.5 cm, unique.TW 269
Haben Sie denn selbst nie im angewandten Bereich der Fotografie gearbeitet? Am Anfang habe ich das auch gemacht, da bin ich zweigleisig gefahren. Die Gebrauchsfotografie hat mir mein Auskommen gesichert. Ich arbeitete damals zwei Jahre lang bei einem Architekturfotografen. Das war eine unglaublich wichtige Phase im Hinblick auf mein handwerkliches fotografisches Können. Ich lernte von der Pike auf mit einer Großbildkamera umzugehen und ein Atelier zu organisieren. Später habe ich dann auch noch für verschiedene Verlage Produktfotografie gemacht. Aber irgendwann merkte ich, dass mich das einschränkte. Niemand hat schließlich zwei Köpfe. Die Auftragsfotografie ist sehr steril und sauber. Und ich wollte ja meinen eigenen ikonografischen Kosmos kreieren. Als vor einigen Jahren der extreme Preisverfall in der angewandten Fotografie einsetzte, war ich zum Glück soweit, dass ich von meinen künstlerischen Arbeiten leben konnte. Viele dieser künstlerischen Fotografien sind in den letzten Jahren im Ausland entstanden – in New York, Neapel, Kairo oder Paris.
Unterwegssein ist für mich ein essenzieller Lebensdrang – selbst innerhalb Berlins, wo ich ja eigentlich zuhause bin. Mir ist hier zum Beispiel mal eine sehr gute Arbeit gelungen, nachdem ich mich für einige Tage in ein Hotel einquartiert hatte.Vielleicht brauche ich diese Übergangsorte – diese Passagen, von denen Walter Benjamin einmal gesprochen hat – um kreativ zu sein. Und die findet man natürlich am besten, wenn man unterwegs ist. Picasso hat einmal gesagt, dass ohne Einsamkeit nichts entstehen könne. Diesen Gedanken kann ich vollkommen unterschreiben. Ein Hotelzimmer ist der ideale Ort, um zu mir selbst zu kommen. Bekommt man in der Fremde nicht allzu schnell einen Touristenblick? Darin besteht in der Tat eine Gefahr. Schnell macht man Bilder, die sich auch in einem x-beliebigen Reiseführer von Marco Polo wiederfinden könnten. Deshalb sollte man sich mit dem Fotografieren Zeit lassen. Die ersten Tage in einer fremden Stadt sollte man nur mit einem Notizbuch bewaffnet unterwegs sein. Nach dieser ersten Phase kommen dann die tieferliegenden Blicke und Geschichten ans Licht. Oft ist es auch gut, in der Fremde be-
The Listener, 2011 Silver painting, 77.5 x 128 cm, unique.TW 281
wusst jene Orte zu suchen, die die Touristen nicht frequentieren. In Kairo zum Beispiel hatte ich das Glück, mit einem ortskundigen Freund unterwegs gewesen zu sein. Der hat mich in Kontakt zu den Bewohnern der Stadt gebracht; zu Mikrokosmen, in die ich für meine Arbeit eintauchen konnte. Ein Glücksfall, denn eine Stadt wie Kairo ist eine totale Herausforderung. Wie finden Sie an solchen Orten Ihre Motive? Ich habe am Anfang mindestens zwanzig Ideen und Vorstellungen davon, was ich machen möchte. Manche davon fallen sofort wieder unter den Tisch, weil sie sich zeitlich oder technisch nicht realisieren lassen. Letztlich geht es immer um die Frage, was die Stadt für mich selber zu etwas Besonderem macht. Und so lande ich dann meistens bei zwei, drei großen Themen. In Kairo war das zum Beispiel eine Serie über orientalisch gekleidete Menschen vor geschlossenen Rollläden sowie eine Serie über Taxifahrer. Was ich bei all diesen Serien spannend fand, war der Aspekt des „Machismo“. Die Taxifahrer zum Beispiel haben sich innerhalb ihrer Autos Freiräume geschaffen, um in der islamisch geprägten Kultur wie „westeuropäische Macho-Typen“ auftreten zu können – mit Kettchen, kariertem Hemd und Westernstiefeln. Das sieht man sonst nur an ganz wenigen Orten der Stadt. Dennoch frage ich mich oft, ob Ihre Serien vornehmlich von den konkreten Orten ihrer Entstehung handeln oder ob sie nicht vielmehr Ihr persönliches Innenleben widerspiegeln. Das kann man nicht ganz trennen. Alles was ich sehe, ist durch mich als Person wahrgenommen, gefiltert und inspiriert worden. Die Bilder von den Taxifahrern etwa gibt es nur, weil ich sie so gesehen und festgehalten habe.
Bei all diesen Bildern von der Fremde: Ihre eigentliche Heimat ist seit dem Jahr 2000 Berlin. Was macht diese Stadt für einen Künstler noch immer so interessant? Berlin fühlt sich für mich an wie New York am Ende der 1980er Jahre – auch wenn ich diese Zeit damals natürlich nur aus Erzählungen kenne. In Berlin gibt es Bewegung. Und in Berlin kann sich ein Künstler noch das leisten, was er für seine Arbeit vornehmlich braucht: ein Atelier.Vielleicht wird das nicht mehr lange so sein, aber noch findet man hier die idealen Bedingungen vor. Interview: Sabine Felber | Bearbeitung: Ralf Hanselle
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„US Flag“, Acryl on canvas, 170 x 300 cm
Home, smart home Als wir die Künstlerin Freddy Reitz im Juni für unser Interview in ihrem Atelier besuchten, saß sie quasi auf gepackten Koffern, denn es stand die Aufgabe ihres (alten) Ateliers bevor. Nun, fünf Monate später gab es einen guten Grund zufeiern, die Einweihung ihres neuen Ateliers „Freddy Twoo“.Weiß und geräumig präsentieren sich die neuen Räumlichkeiten, die Freddy Reitz sowohl als Atelier als auch als Galerie nutzen wird. Home, Sweet Home! Wie in ihrer Kunst verband die deutsch-amerikanische Künstlerin die Einweihungsparty mit einem Statement. Die geladenen Gäste konnten die Premiere ihres neuesten Kunstwerks bestaunen - den nagelneuen smart fortwo „Freddy Reitz edition“. Die für ihre Correspondent Art bekannte Künstlerin ist eine Streiterin für die Umwelt und seit Jahren ein bekennender Fan der Marke smart und fährt daher privat natürlich die Elektro-Variante, den smart fortwo electric drive.
Für die Gestaltung der „Freddy Reitz edition“ bemalte sie den Prototypen von Hand mit Acrylfarben nach ihrem Werk „US Flag“. Ferner gestaltete sie das gesamte Interieur in ihrer Lieblingsfarbe Rot. Wer also schon immer ein Freddy Reitz Werk sein Eigen nennen wollte, kann es sich nun nicht nur an die Wand hängen, sondern auch in die Garage stellen.
Behind the scenes Video
PROTECT! - MICHALSKY for WWF Die Natur inspirierte Modeschöpfer von jeher. Dass die Mode der Natur auch etwas zurück geben kann, beweist der in Berlin ansässige Modeschöpfer Michael Michalsky. Er hat für die Naturschutzorganisation WWF eine exklusive T-Shirt Kollektion mit dem Titel „PROTECT! - MICHALSKY for WWF“ entworfen. Die Kollektion besteht aus T-Shirts, natürlich aus organic Cotton, mit speziell entwickelten Tier-Illustrationen. Fünf Euro pro T-Shirt gehen als Unterstützung an den WWF.
„Natur- und Umweltschutz ist in letzter Zeit in der Öffentlichkeit zu sehr in den Hintergrund geraten. Mit der Kollektion „PROTECT!“ wollen wir auf die Ziele und Projekte des WWF Deutschland aufmerksam machen und zum Erhalt der Einzigartigkeit der Natur beitragen. Die Kollektion stellt Tierarten dar, deren Überleben in der Natur gefährdet ist. Die Bedrohungen sind meist vom Menschen verursacht: Umwandlung der Lebensräume der Tiere zu industriellen Nutzflächen, Abholzungen, Überfischung, etc. Mit „PROTECT!“ setzen wir uns dafür ein, dass die Artenvielfalt in unserer Natur auch kommenden Generationen erhalten bleibt“, erklärt Michael Michalsky in einem Interview mit dem WWF. Erhältlich sind die T-Shirts in MICHALSKY Stores, bei ausgewählten Handelspartnern sowie im Online-Shop über www. michalsky.com.
IMPRESSUM SUPERIOR MAGAZINE Lychener Strasse 76, 10437 Berlin www.superior-mag.com connection@superior-mag.com Publisher Tom Felber Chief Editor V.i.S.d.P. Tom Felber | tom@superior-mag.com Photography Director Marc Huth | marc@superior-mag.com Editorial Department editor@superior-mag.com Advertising advertising@superior-mag.com PR Management press@superior-mag.com Superior Magazine accepts no liability for any unsolicited material whatsoever. Opinions contained in the editorial content are those of the contributors and not necessarily those of the publisher of Superior Magazine. Despite careful control Superior Magazine accepts no liability for the content of external links. Any reproduction in whole or in part without written permission is strictly prohibited.
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