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3D-Druck

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Digitalisierung

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Kiste in der Decke

3D-Druck – Zu viel Schall in Bürogebäuden nervt nicht nur, sondern ist dauerhaft gesundheitsschädlich. Aber wie bringt man Schallschutz, Energieeffizienz und Behaglichkeit unter einen Hut? In der neuen Unit STEP2 der Forschungs- und Innovationsplattform von Empa und Eawag hat man eine Lösung gefunden.

Von Susanne Osadnik – Fotos: BASF 3D Printing Solutions, Stahlton Bauteile AG

Lärm nervt nicht nur. Er ist auch gesundheitsschädlich. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt seit Langem: Lärm ist die zweitgrösste Bedrohung für die Gesundheit europäischer Bürger. Zu viel Schall verursacht auf Dauer nachhaltige gesundheitliche Beeinträchtigungen, weil er sich auf den gesamten Organismus auswirkt: Der Stresspegel steigt, die Leistungsfähigkeit leidet. Und damit sinkt auch die Produktivität am Arbeitsplatz. Auch in modernen Bürogebäuden sind Schallprobleme ein Thema, mit dem sich Bauplaner auseinandersetzen müssen – und dabei nicht selten in Konflikt mit den «Wir sparen Architekten geraten. Ästhetische AspekRessourcen, reduzieren das Gewicht und te eines Gebäudes sind nicht immer kompatibel mit baulichen Voraussetzungen oder Notwendigkeiten beim Lärmsteigern die Kosten- schutz. Vor allem dort, wo viel Glas und und Energieeffizienz.» glatter Sichtbeton zum Einsatz kommen, Silvan Oesterle, NEST sind Schallprobleme programmiert. Lange Nachhallzeiten sind schlechte Voraussetzungen für die Nutzung der Büros und Konferenzräume. Eines von vielen Problemen, derer man sich auch in der neu geschaffenen Unit STEP2 des NEST, der Forschungs- und Innovationsplattform von Empa und Eawag, angenommen hat. Diverse Partner aus Forschung und Wirtschaft arbeiten in dieser Unit gemeinsam daran, Innovationen in den Bereichen Kreislaufwirtschaft, digitale und industrielle Fabrikation, bei der Gebäudehülle sowie im Energiesystem zu beschleunigen – und marktfähige Lösungen zu entwickeln. Ein zentrales Element ist dabei die Optimierung von Energieeffizienz und Behaglichkeit. Aus diesem Grund hat die WaltGalmarini AG ein umfassendes Energiekonzept für STEP2 ausgearbeitet. Ein wichtiger Bestandteil davon ist eine Sichtbetondecke, die als Speichermasse genutzt werden kann. Das Projektteam entwickelte eine RippenFiligrandecke in Sichtbetonqualität, die leichter und ressourcensparender als herkömmliche Lösungen ist und dennoch Spannweiten bis zu 14 Metern erlaubt. «Auf der einen Seite erfüllt die Geschossdecke im Betrieb die Funktion einer thermischen Speichermasse. Auf der anderen Seite wird bei diesem Deckenkonzept bis zu 40 Prozent weniger Material benötigt als bei normalen Filigrandecken. Wir sparen Ressourcen ein, reduzieren das Gewicht und steigern gleichzeitig die Kosten- und Energieeffizienz», erklärt Silvan Oesterle, Mitbegründer des Architekturbüros ROK und leitender Architekt der NEST-Unit STEP2. Dieses innovative Vorfertigungsverfahren, mit dem sich Geschossdecken für Massivhäuser effizient herstellen lassen, überzeugte auch die Stahlton Bauteile AG, die daraufhin als Industriepartner in das Projekt einstieg, das Verfahren massgeblich mitentwickelte und dieses nun im eigenen Werk anwenden wird. Allerdings stellte sich im Verlauf des Deckenprojekts heraus, dass konventionelle Akustiklösungen die optimale Umsetzung des bereits erarbeiteten Energiekonzepts behindern würden. Eine Alternative musste her, und Silvan Oesterle fand sie: Er erstellte eine erste 3D-Skizze für eine innovative Akustikbox, die in die Decke integriert werden kann. Gemeinsam mit den 3D-Druckspezialisten von BASF 3D Printing Solutions, der Stahlton Bauteile AG als Produzent von vorgefertigten innovativen Betonelementen und den Akustikexperten der Empa wurde die Box weiterentwickelt. Der Clou: Der 3D-Druck ermöglichte, die Geometrie und Performance so sehr weiter zu optimieren, dass sich die Akustikeigenschaften sowie auch die Platzierung im Deckenelement nochmals verbesserten. Das Ergebnis ist eine in sich geschlossene Akustikbox, die komplett mittels 3D-Druck von der Stahlton Bauteile AG hergestellt wird. Das Innenleben der Box besteht aus einem mineralischen Absorberschaum von BASF, der im mittleren Frequenzbereich eine bessere Schall-

Im 3D-Drucker entsteht eine komplexe Akustiklösung, welche eine hohe Akustikqualität des Raumes trotz schallharter Oberfläche schafft und gleichzeitig die Gestaltungsfreiheit für die Architekten und Architektinnen erweitert.

absorption aufweist als herkömmliche Schallabsorber. Auf der unteren Seite befinden sich Löcher, die den Übergang zur Decke darstellen. Dadurch entsteht in den Deckenelementen eine Perforation, über die der Schall aufgenommen und absorbiert wird. «Unsere Akustikbox hilft nicht nur dabei, Die Akustikbox hilft, Energiekonzepdas Energiekonzept wie geplant umzu- te wie geplant umsetzen, sondern bringt auch weitere zusetzen, und bringt marktrelevante Vorteile», sagt Oesterle. weitere marktrele«Durch diese Lösung kann die Akustik sehr dezent in die Decke integriert wervante Vorteile. den. Die Position und die Form der Löcher in der 3D-Deckenuntersicht sind zudem variabel, wodurch die architektonische Gestaltungsfreiheit im Vergleich zu herkömmlichen 2DAkustikelementen extrem erhöht wird.» Ein weiterer Vorteil: Da der 3D-Druck zu 100 Prozent mineralisch ist, kann er vollständig und rückstandslos recycelt werden. ∙

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