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Digital Twins: Virtuelle Kopien aus Bits und Bytes

Virtuelle Kopien aus Bits und Bytes

Digital Twins – Kosten einsparen, effizienter machen, exakter gestalten. Digitale Zwillinge revolutionieren das Errichten und den Betrieb von Liegenschaften – und erleichtern sogar die Stadtplanung.

Von Richard Haimann Illustration: Depositphotos.com – Fotos: zVg

Es sind zumeist einschneidende Ereignisse, die einen Menschen grundlegend verändern. Bei Marcel Gasser ist es 2014 eine medizinische Diagnose: Hirntumor. Der Entrepreneur aus Lugano steigt aus Hektik und Stress des Unternehmeralltags aus, reist um die Welt «Mit digitalen Zwillingen kann vor der und wird zum «Business Angel», zu einem Menschen, der Start-ups hilft, ihr Geschäftsmodell zu realisieren. Und

Errichtung eines Gasser, Sohn eines Architekten, wird

Gebäudes dessen zum Projektentwickler. Er will ImmobiAuswirkung auf die lien schaffen, welche die Welt ein Stück lokale Umgebung geprüft werden.» weit besser machen. Diese Häuser, sagt Marcel Gasser, sollen «eine Quelle kollektiven und gemeinMaximilian Gick, schaftlichen Reichtums» sein, die «eine

Head of Business Deve- Beteiligung und Zusammenarbeit zwilopment, Nomoko schen Gleichgesinnten ermöglichen». Er will mit ihnen die «Umwelt heilen, die menschliche Natur unterstützen und Menschen auf der ganzen Welt inspirieren». Den Namen für sein Immobilienunternehmen entlehnt Gasser den altindischen Veden, der frühesten Sammlung mündlicher religiöser Überlieferungen auf dem asiatischen Subkontinent: Akasha steht im Buddhismus für «Raum». Für sein jüngstes Immobilienprojekt hat sich Gasser mit einem Unternehmen zusammengetan, an dem er sich selbst 2015 als Investor der ersten Phase finanziell beteiligt hat: die Nomoko AG in Zürich, ein Softwarespezialist für sogenannte Digital Twins, für digitale Zwillinge – aus Bits und Bytes errechnete Kopien von Gebäuden und deren Umgebung, die im virtuellen Raum in allen drei Dimensionen erstellt wird. Es sind Simulationen, die es dem Betrachter ermöglichen, durch Gänge und Zimmer zu wandeln oder zu prüfen, wie sich ein geplantes Bauwerk in die Landschaften einfügen wird. «Mit einem digitalen Zwilling ist es möglich, bereits vor der Errichtung eines Gebäudes dessen Formen und Auswirkungen auf die lokale Umgebung in Augenschein zu nehmen», sagt Maximilian Gick, Head of Business Development bei Nomoko. Sämtliche Einzelheiten der Liegenschaft – von ihrer Form und etwaigen Auflagen der Baugenehmigung bis hin zu den Details der Verlegung von Wasser- und Stromleitungen, von der verwendeten Dämmung bis hin zum Fussbodenbelag lassen sich in einer dreidimensionalen Replik wiedergeben. Inklusive der Simulation von Alterungsprozessen der genutzten Materialien. «Unsere Digital-Twin-Plattform macht aus den in sich

Mit Digital Twins, einer der wichtigsten Technologien der Industrie 4.0, können Produkte, Dienstleistungen und Prozesse digital abgebildet und optimiert werden – und auch ganze Gebäude.

geschlossenen Anwendungen, fragmentierten Prozessen und intransparenten Daten der Immobilienbranche ein einheitliches, kontextualisiertes digitales Ganzes und ermöglicht allen Beteiligten in jeder Phase des Lebenszyklus eines Gebäudes Zugriff sowie digitales Verständnis – ganz ohne physische Interaktion», sagt Gick.

Pilotprojekt in Lugano

Gasser will nahe Lugano, auf einem Hügel oberhalb des Lago Maggiore, ein Kongresszentrum schaffen für Unternehmensgründer und deren potenzielle Kapitalgeber. «Die Entwicklung ist eigentlich fast ein Club – ein Rückzugszentrum –, in dem Investoren, Unternehmer und Start-ups zusammenkommen und rund um das Thema ‹bewusstes Wirtschaften› zusammenarbeiten können», sagt Gasser. «Ein Ort, um die Sharing Economy zu erforschen und Nachhaltigkeit nicht nur auf geschäftlicher Ebene, sondern auch persönlich und für einige auch spirituell zu fördern.» Der Immobilienunternehmer lässt von einem Architekten ein komplexes, dreieckiges Gebäude entwerfen. Dann wendet er sich an Nomoko, um ein massstabsgetreues 3D-Modell der Landschaft rund um den Standort erstellen zu lassen. «Wir haben alles mit Drohnen aufgenommen und die dabei gewonnenen Daten unserem 3D-Modellierungsteam übergeben», sagt Gick. «Anschliessend wurden die CAD-Entwürfe des Architekten für das Gebäude in das Modell integriert.» Gasser kann nun im virtuellen Raum verschiedene Szenarien testen und simulieren. Wie sollte das Gebäude optimal ausgerichtet sein? Wohin fällt an kurzen Winter- und langen Sommertagen zu welcher Stunde das Sonnenlicht? Wo könnte Hitze brüten? Wo gibt es kühlenden Schatten? Welcher Lärmpegel wirkt aus der Umgebung ein oder wird an sie abgegeben? Für Gasser sind dies Fragen, die vor Baubeginn eindeutig geklärt werden müssen: «Von räumlichen Ansichten über Simulationen bis hin zu den physischen Auswirkungen des Gebäudes gibt es nichts Wichtigeres als Präzision.» Inzwischen stehen Architektur und Konzept. Der Grundstein für das Zentrum bei Lugano soll in diesem Jahr gelegt werden. Die im digitalen Zwilling hinterlegten Gebäudedaten, von der Statik bis zur Platzierung der Lichtschalter, sollen zudem die Grundlage für 20 weitere solcher Zentren an anderen Orten der Welt bilden.

«Es gibt nichts Wichtigeres als Präzision.» Marcel Gasser, Eigentümer Akasha

Was in der Software einmal erfasst und gespeichert ist, lässt sich jederzeit wieder abrufen, um ein identisches Bauwerk noch einmal zu schaffen – doch für Projektentwickler sind Digital Twins noch aus einem anderen Grund interessant. «Sie führen zu deutlichen Kostenersparnissen, da mit ihnen Fehler in der Planungs und Ausführungsphase vermieden werden können», sagt Giuseppe Giglio, Chief Digital Officer (CDO) bei der Steiner AG. Der Zürcher Immobiliendienstleister und Total«Digital Twins führen unternehmer mit einem Entwick

Kosten zu deutlichen ersparnissen, lungsportfolio im Wert von mehr als sechs Milliarden Franken ist zurzeit dabei, die Technologie in grossem damit Fehler in der Stil zu implementieren. «Die ersten

Planungs- und Aus- von uns mit digitalen Zwillingen geführungsphase planten Projekte gehen jetzt in die vermieden werden können.» Ausführung», sagt Steiner Giglio. Experte Giuseppe Giglio, Chief Hohe Skaleneffekte

Digital Officer Steiner AG. Für die nötige Soft und Hardware sowie die zur Bedienung der Programme erforderlichen Spezialisten habe die Steiner AG einen sechsstelligen Frankenbetrag investiert. «Dazu mussten auch neue, extrem leistungsfähige Computer angeschafft werden, weil die Software sehr rechenintensiv ist», sagt der CDO. Allerdings dürften die finanziellen Aufwendungen bald wieder eingespielt sein. «Da die technische Plattform steht, greift fortan der Skaleneffekt», erklärte Giglio. «Bei jedem neuen Bauvorhaben müssen nur noch dessen Daten eingegeben werden.» Darüber hinaus werde es erhebliche Kosteneinsparungen beim Bau und Betrieb der Liegenschaften geben. Klassische Baubeschreibungen in Textform seien immer abstrakt. «Das schafft «Diese Technologie Potenzial für Fehler bei Planung und revolutioniert die Raumplanung.» Bauausführung, weil Vorgaben falsch interpretiert werden können», führt Giglio weiter aus. «Bei der Nutzung von Marcel Muri, Digital Twins hingegen sehen alle am Geschäftsführer, Projekt Beteiligten exakt, wo es in der

Keeas Raumkonzepte Planung etwaige Lücken für potenzielle Kollisionen mit anderen Bereichen gibt und wie welche Arbeiten wann erfolgen müssen.» Zudem ermögliche es der digitale Zwilling, während der Bauphase eine kontinuierliche Qualitätskontrolle durchzuführen. Fortwährend könne überprüft werden, ob die nach und nach erfolgten Arbeiten auch den Plänen entsprächen. «Die Vermeidung von Fehlern dürfte zu einer Kostenersparnis von 10 bis 20 Prozent führen», erwartet Giglio. «In der anschliessenden Betriebsphase der Liegenschaft lassen sich durch einen Digital Twin möglicherweise sogar die Kosten um mehr als 20 Prozent reduzieren.» Weil alle im digitalen Zwilling hinterlegten Daten der Liegenschaften jederzeit abgerufen werden können, liessen sich Unterhaltungs, Renovations und etwaige Umbauarbeiten sehr viel effizienter als bislang gestalten: «Zudem dürfte die Technologie dazu beitragen, den Energieverbrauch zu senken und Wartungsverträge für Heizungs und Klimaanlagen zu optimieren.»

Neue Grundlagen für effiziente Raumplanung

Auch bei der Stadtplanung eröffnen digitale Zwillinge neue Möglichkeiten. «Durch die dreidimensionale Darstellung am Bildschirm wird klar erkennbar, wie eine Immobilie den urbanen Raum verändert und welche Schattenwürfe durch sie entstehen», sagt Nomokos Head of Business Development, Gick. Über die Webseiten von Gemeinden könnten neue Bauvorhaben den Bürgern präsentiert und von ihnen Anregungen und Kritik eingeholt werden. «Bei einer Einwohnerversammlung werden nur jene umfänglich informiert, die den Anlass besuchen», sagt Gick. «Sind alle Details inklusive eines virtuellen Rundgangs online abrufbar, kann sich jeder Bürger zu einer ihm passenden Zeit informieren.» Das Stadtplanungsbüro Keeas Raumkonzepte in Zürich setzt bei der Präsentation gross angelegter Planungsprojekte deshalb bereits auf Digital Twins. «Diese Technologie revolutioniert die Raumplanung», sagt KeeasTeilhaber und Geschäftsführer Marcel Muri. Durch die Drohnenaufnahmen von Nomoko liessen sich «ultrapräzise, digitale dreidimensionale Modelle von Gemeinden inklusive Schatten und Ansichtssimulationen erstellen» – was dabei helfe, wohnliche Quartiere zu schaffen. «Durch das dreidimensionale Modell wird die Stadtentwicklung als realer gebauter Raum definiert, der interaktiv, zugänglich und editierbar ist», sagt Muri. Vorbei seien die Zeiten, als die Bebauungsplanung «etwas Abstraktes war, das in Worten, Längen, Formen und Abständen beschrieben wurde». ∙

Mehr zum Konzept des «digitalen Immobilienzwillings» erfahren Sie am Kongress The Big Handshake.

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