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KI: Das Archiv hat ausgedient
Das Archiv hat ausgedient
Künstliche Intelligenz – Das Ordnen und die Analyse von Dokumenten ist die Kernkompetenz des Berliner PropTechs Architrave. Von dem System, das mit KI arbeitet, profitieren nicht zuletzt international tätige Asset-Manager. Doch Architrave-Gründer Maurice Grassau hat sich für die Zukunft noch mehr vorgenommen: Er will ein umfassendes digitales Ökosystem schaffen.
Von Christian Hunziker – Fotos: Architrave
So sieht es in manchen Archiven von Immobilienunternehmen aus. Daten, heisst es immer wieder, seien das Öl des 21. Jahrhunderts. Doch dieses Öl zum Sprudeln zu bringen ist in der Immobilienbranche nicht so einfach. Immer noch, berichtet Maurice Grassau, Gründer und CEO des Berliner Technologieunternehmens Architrave GmbH, lagern in den Archiven von Immobilienunternehmen Unmengen von Ordnern mit relevanten Informationen, die man nur mit enormem Aufwand nutzbar machen kann. Dies zu ändern ist das Ziel des 2012 gegründeten PropTechs, das derzeit 120 Mitarbeiter an drei Standorten (Berlin, Dresden und London) zählt, gut 90 Kunden betreut und für das laufende Jahr einen Umsatz von sieben Millionen Euro erwartet. Mit Verweis auf die äusserst erfolgreiche japanische Aufräum-Expertin bezeichnet Grassau Architrave als «die Marie Kondo der Immobilienbranche» (siehe Interview Seite 56). Das bedeutet nach seinen Worten, «dass wir den gesamten Dokumentenbestand aufräumen, die Dokumente in Daten verwandeln und so dafür sorgen, dass die Dokumente in Zukunft viel besser und schneller aufzufinden sind». Dies geschieht mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI).
Vorteile bei Transaktionen
Architrave ist nicht das einzige junge Technologieunternehmen in Deutschland, das Bestandshaltern und Investoren seine Dienste anbietet. Auch die Evana AG mit Sitz in Frankfurt am Main und Saarbrücken sowie das ebenfalls 2012 in Berlin gegründete PropTech Leverton bieten KI-gestützte Lösungen für das Datenmanagement an. Letzteres wurde allerdings 2019 von einem USUnternehmen übernommen und hat kein Büro in Deutschland mehr. Auf die Datenanalyse insbesondere bei Transaktionen sind zudem Unternehmen wie Drooms und Cloudbrixx spezialisiert. Leider tauchten bei den Unterlagen, die für Immobilientransaktionen bereitgestellt würden, immer wieder Probleme auf, sagt Marc Mockwitz, geschäftsführender Gesellschafter von Cloudbrixx. Laut einer Umfrage, die Cloudbrixx Ende vergangenen Jahres unter Maklern, Asset-Managern und anderen an Transaktionen Beteiligten durchführte, liegen immer noch 21 Prozent der für eine Transaktion notwendigen Dokumente lediglich in Papierform vor. Bei Transaktionen geht es nicht nur darum, die Dokumente verfügbar zu machen, sondern auch darum, sie gezielt auszuwerten. «Unser System gibt bei Transaktionen automatisch diejenigen Dokumentenklassen heraus, die für den Verkauf benötigt werden», sagt Architrave-Chef Grassau. «Ausserdem zeigt es sogar auf, welche Dokumente ergänzt werden müssen – zum Beispiel wenn die Unterschrift unter dem Mietvertrag fehlt.» Das KI-gestützte Tool von Architrave, welches auf den Namen Delphi getauft wurde, ist jedoch nicht auf Ankäufe und Verkäufe beschränkt. «Unser System ermöglicht es unseren Kunden, ihre Kernprozesse mit grösserer Geschwindigkeit auszulösen. Wenn es zum Beispiel um eine Bewertung geht, so erkennt das System eigenständig, welche Dokumente der Bewerter braucht»,
© Depositphotos.com KI wird zum Trendthema – auch in der Immobilienwirtschaft. Insbesondere der steigende Zwang zur Effizienz und Geschwindigkeit sowie das Bewusstsein über die Notwendigkeit der Sicherung der Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit bauen den Veränderungsdruck in der Branche auf.
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21 Prozent der für eine Transaktion benötigten Dokumente liegen laut einer Umfrage nur in Papierform vor.
erläutert Grassau. Auch in der Bewirtschaftungsphase wirke sich das System positiv aus, und zwar insbesondere beim Thema ESG. «Bei vielen älteren Gebäuden weiss niemand, wie hoch der Energieverbrauch ist», verdeutlicht dies Grassau. «Erst das Bereitstellen aller Daten aus dem Energieausweis ermöglicht es den Kunden, eine passende ESG-Strategie zu entwickeln und umzusetzen.»
Alles beginnt mit Ordnern
Wie aber funktioniert dieses System? Zunächst einmal mit Handarbeit. 2018 kaufte Architrave ein Dresdner Unternehmen, das Immobiliendokumente archiviert und scannt. «Wenn wir einen Auftrag bekommen, fahren wir mit dem Laster ins Archiv des betreffenden Unternehmens und räumen es aus», berichtet der Architrave-Chef. «Von zehn Leitz-Ordnern, die in Dresden ankommen, überlebt nach der ersten manuellen Durchsicht nur einer. Denn Heizkostenabrechnungen aus den 1980er-Jahren braucht kein Mensch mehr.» Erst danach tritt die künstliche Intelligenz in Aktion. Diese prüft zunächst, ob es sich um einen Plan oder ein Dokument handelt. Wenn es ein Dokument ist, findet das System anschliessend heraus, ob es ein Mietvertrag, ein Grundbuchauszug, ein Wartungsvertrag oder ein anderer Dokumententyp ist. Schliesslich filtert es die wichtigen Informationen heraus – zum Beispiel den Namen des Mieters und die Dauer des Mietvertrags. Insgesamt analysiert das Delphi-System nicht weniger als 385 Dokumentenklassen, die sich auf Immobilien beziehen. Diese Vielzahl stellt allerdings auch eine Herausforderung dar – und zwar insbesondere für grosse Asset-Manager, die in verschiedenen Ländern Bestände haben. Dafür hat Architrave in Zusammenarbeit mit der Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS) und der Beratungsgesellschaft Drees & Sommer eine Lösung gefunden. Diese verzichtet darauf, beispielsweise das Wort Grundbuchauszug ins Spanische oder Englische zu übersetzen, und legt stattdessen diejenigen Dokumente fest, die benötigt werden, um in Spanien oder dem Vereinigten Königreich Eigentum nachzuweisen. «Global agierenden Asset-Managern», betont Grassau, «können wir auf diese Weise einen standardisierten Umgang mit Dokumenten gewährleisten.»
Kultureller Brückenschlag
Das liegt nicht zuletzt im Interesse der bedeutenden Asset-Manager Deka Immobilien und Union Investment, die als strategische Investoren an Architrave beteiligt sind. Die Beteiligung von 13 Prozent an Architrave, die Union Investment im Jahr 2017 erwarb, bezeichnete das Unternehmen damals als «wesentliches Element unserer StraWIE LIEGEN DIE DOKUMENTE BEI TRANSAKTIONEN VOR?
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© Cloudbrixx
tegie, die Digitalisierung der Immobilienwirtschaft wirksam und rasch voranzubringen». Ziel sei es, «unsere gemeinsame Vision einer branchenweiten Datenplattform für das Asset-Management zu realisieren». «Die zum Start an die Beteiligung an und die Zusammenarbeit mit dem PropTech geknüpften Erwartungen haben sich für uns erfüllt», sagt heute Fabian Hellbusch, Kommunikationschef von Union Investment Real Estate. «Beide Partner
«Ein Unternehmen, haben in der Zusammenarbeit sehr viel das in fünf Jahren immer noch nicht gelernt, Verständnis für die Entscheidungsprozesse des Partners aufgebaut und den kulturellen Brückenschlag nach weiss, wo seine einer kurzen Anlaufphase sehr gut hinDokumente und bekommen.» Daten sind, wird dann Wie ein etabliertes Immobilienunternehnicht mehr viel Kapital einsammeln.» men und ein PropTech am besten zusammenarbeiten, beschäftigt auch die Beratungsgesellschaft Drees & Sommer, Maurice Grassau, Architrave die 2021 als strategischer Investor bei Architrave eingestiegen ist. «Das A und O einer solchen Partnerschaft ist die Zusammenarbeit auf Augenhöhe», sagt Steffen Szeidl, Vorstandssprecher von Drees & Sommer. «Um die Visionen junger Unternehmen wie Architrave mit unserem Branchen-Know-how zu verbinden, suchen wir über unser Innovationscenter passende Ökosystempartner», sagt Szeidl. «Als Drees & Sommer nehmen wir hier eher die Rolle eines Übersetzers ein – wir bringen die Idee des Startups zusammen mit den Anforderungen unserer Kunden, beispielsweise institutioneller AssetManager.» Als Ziel der Zusammenarbeit mit Architrave bezeichnet es Szeidl, «eine offene Asset-Management-Plattform zu kreieren, die alle Dokumente, Daten und Prozesse der immobilienwirtschaftlichen Wertschöpfungskette managen kann». Durch den Einsatz künstlicher Intelligenz liefere diese Plattform «konkrete Mehrwerte in Übersicht, Analyse und Management». Dabei beobachtet Architrave-Chef Maurice Grassau, dass der Grad der Digitalisierung in der Immobilienbranche sehr unterschiedlich ist: «Während manche Firmen in ihrem digitalen Ökosystem schon weit vorangekommen sind, stehen andere noch ganz am Anfang.» Für diese Marktteilnehmer, vermutet Grassau, dürfte es in Zukunft schwierig werden: «Ein Unternehmen, das in fünf Jahren immer noch nicht weiss, wo seine Dokumente und Daten sind, wird dann nicht mehr viel Kapital einsammeln.» •
«Die Marie Kondo der Immobilienbranche»
Architrave-Gründer Maurice Grassau über Erfolge und Ziele seines Unternehmens
Herr Grassau, wie beschreiben Sie in aller Kürze, was Architrave macht? Wir sind die Marie Kondo der Immobilienbranche. Das bedeutet, dass wir den gesamten Dokumentenbestand aufräumen, die Dokumente in Daten verwandeln und so dafür sorgen, dass die Dokumente in Zukunft viel besser und schneller aufzufinden sind. Dabei arbeiten wir mit künstlicher Intelligenz. «Delphi», unser KI-System, hat eine Trefferquote von 90 bis 95 Prozent. Weil wir unseren Kunden zu 100 Prozent richtige Daten geben wollen, arbeiten wir zusätzlich mit manueller Qualitätssicherung. Denn wir wollen nicht Wasser auf die Mühlen derjenigen Marktakteure leiten, die Bedenken gegen die Digitalisierung haben.
Wie sehen Ihre Zukunftspläne aus? Wir werden unser System ausbauen und noch zuverlässiger machen. Darüber hinaus werden wir aber auch weiter wachsen. Dabei liegt unser Fokus klar auf anorganischem Wachstum. Wir sind im In- und Ausland aktiv auf der Suche nach Unternehmen, die wir kaufen können. Um dies zu ermöglichen, haben wir Finanzpartner mit ins Boot genommen. Interessant für uns sind Applikationen, die unseren Kunden in Ergänzung zu unserem bestehenden System einen Mehrwert bieten. Denn wir haben erkannt, dass das Dokumententhema allein nicht ausreicht, um ein bedeutender Player zu werden. Nur im Schulterschluss und mit einem kombinierten Angebot wird es uns gelingen, auf 20 bis 30 Millionen Euro zu kommen.
Was können das für Applikationen sein? Es können Anwendungen in der Managementphase von Immobilien sein, aber auch Applikationen, die bereits die Build-Phase abdecken. Denn je früher wir einsteigen, desto mehr Daten haben wir auf unserer Plattform, was wiederum hilft, unsere KI besser zu machen. Auf jeden Fall bin ich überzeugt, dass es nicht die Zukunft sein kann, dass ein Asset-Manager mit 300 Apps von 300 unterschiedlichen PropTechs arbeiten muss. Wir sind jetzt in einer Phase, in der es eine Marktkonsolidierung geben wird und geben muss. Unser Ziel ist es, den Asset-Managern proaktiv ein digitales Ökosystem anzubieten. Und in diesem Ökosystem sind Dokumente nur ein Mosaikstein. Vielen Dank für das Gespräch.
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