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Jahrestagung der Kleinwasserkraft im Val de Bagnes (VS
Ermutigung der Branche im Spannungsfeld von Politik und Technik
Die Jahrestagung von Swiss Small Hydro konnte endlich stattfinden, und das bei prächtigem Herbstwetter. Mit der Unterstützung von EnergieSchweiz und dank der gewissenhaften Organisation unserer beiden Gastgeber – der Gemeinde Val de Bagnes und der ALTIS Groupe SA – lief alles wie am Schnürchen. Ein Treffen mit gut 60 Teilnehmern, das gewidmet war der Kleinwasserkraft, ihren Turbinen, ihren Herausforderungen, ihrer Politik und vor allem ihren leidenschaftlichen Akteuren, die sich für die Energiewende so kräftig wie das Gefälle des Val de Bagnes einsetzen.
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EIN PRÄSIDIALER AUFTAKT
Der Walliser Staatsrat, Vorsteher des Energiedepartements und Präsident der Regierungskonferenz der Gebirgskantone, Roberto Schmidt, brachte es bei der Eröffnung auf den Punkt: «Jede kWh zählt», und erinnerte daran, dass die grosse Wasserkraft an der Seite der kleinen steht. Der Gemeindepräsident Christophe Maret stellte stolz seine Gemeinde vor, eine der flächenmässig grössten der Schweiz. In einer treffenden und heiteren Rede skizzierte der Präsident von Swiss Small Hydro, Nationalrat Benjamin Roduit die aktuelle Situation der Schweizer Kleinwasserkraft, welche sich im Zentrum der energiepolitischen Herausforderungen der Schweiz befindet. Seine Zusammenfassung der aktuellen Schweizer Energiepolitik ist so gut, dass sie im Anschluss wiedergegeben wird.
Spannende Vorträge aus Politik und Technik Es folgten spannende Fachbeiträge zu aktuellen Themen der Kleinwasserkraft. Dabei ging es um die Förderpolitik des Bundes, aber auch um technische Themen (HES SO Wallis, Mhylab). Das brennendste Interesse der «Klein-
Roberto Schmidt, Walliser Staatsrat und Präsident der Regierungskonferenz der Gebirgskantone Swiss Small Hydro kraftwerkler» war natürlich, wie es mit der Förderung weitergehen soll. Matteo Bonalumi vom Bundesamt für Energie BFE erläuterte die Rahmenbedingungen für die Wasserkraft: Die geltenden und die für 2023 vorgesehenen. Auch wenn das Ende des Einspeisevergütungssystems KEV beschlossen wurde, ist das Recht auf Investitionsbeiträge für bestimmte neue Standorte zwar noch nicht garantiert, aber auf gutem Wege angesichts der Ziele für die Stromerzeugung für 2035 und 2050 und der Entwicklung der Elektromobilität.
Die Vorträge der Jahrestagung 2021 können aus dem Internet heruntergeladen werden: www.swissmallhydro.ch/de/verband/fachtagung
Zwischen den Vorträgen gab es wie üblich Gelegenheit, sich an den Informationsständen unserer Mitgliederfirmen über allerlei Produkte und Dienstleistungen zu informieren. Die Besichtigungsziele – eine alte mit Wasserkraft betriebene Schmiede (Forge Oreiller), ein Abwasser turbinierendes Kraftwerk (Profray 1) und ein Kraftwerk mit Triebwasser aus einem Wildbach (Profray 2) zeigten die lange Geschichte und grosse Bandbreite der Kleinwasserkraft.
Die Tagung endete auf dem Platz der ARA Profray mit der Degustation von bekömmlichem Walliser Fleisch und Wein. Wir freuen uns bereits auf das Wiedersehen im Baselbiet.
Allgemeine Fotos der Jahrestagung 2021: www.bit.ly/30GCUrN
Präsident SSH Nationalrat Benjamin Roduit Swiss Small Hydro
AUSZUG SEINER REDE AN DER JAHRESTAGUNG
«Und nun zu unseren Sorgen. Während Covid unsere Branche nicht wirklich berührt hat, gefährden andere Ereignisse die Gesundheit der Energiegewinnung im Allgemeinen.
So führt der Misserfolg der institutionellen Vereinbarung zu grosser Unsicherheit und verschiebt das europäische Stromabkommen auf unbestimmte Zeit. Dies bedeutet vor allem, dass nicht klar ist, auf welches Marktmodell die Stromproduktion in den kommenden Jahren setzen muss.
Die Ablehnung des CO2-Gesetzes durch das Volk im vergangenen Juni bringt auch viele Unsicherheiten mit sich. Wie werden wir die erneuerbaren Energien finanzieren, die den Atomausstieg und die für 2050 geplante Carbon-Neutralität kompensieren sollen?
Wenn wir wissen, dass der Energieverbrauch inklusive Elektromobilität in der Zwischenzeit um mehr als 10% steigen wird, können wir uns vorstellen, dass es schwierig sein wird, die Ziele für 2050 zu erreichen. Deshalb müssen wir die Öffentlichkeit und die Entscheidungsträger immer wieder daran erinnern, dass jede Kilowattstunde sauberer, erneuerbarer und einheimischer Energie zählt. Der Beitrag unserer kleinen Wasserkraftwerke ist daher von echter Bedeutung.
Zur Erinnerung: Kleinwasserkraftwerke erzeugen 6,5% des schweizerischen Stromverbrauchs (4 Terawattstunden) und ihr Potenzial beträgt 5,5 Terawattstunden, wenn wir die korrekten Rahmenbedingungen sichern.
Allerdings muss man feststellen, dass der Kampf dafür hart ist. Im Parlament werden wir oft von Umweltgruppen kritisiert, die der Meinung sind, dass unsere Produktionskosten zu hoch seien und nicht mehr subventioniert werden sollten. Schlimmer noch: Man behauptet, wir würden die Biodiversität durch die Gewässernutzung schädigen, was in der Schweiz nicht mehr erlaubt sein sollte. Das habe ich mir nicht ausgedacht, das hat mir ein Parlamentsmitglied während unserer letzten Sitzung gesagt.
Im September haben wir über eine Initiative für erneuerbare Energien debattiert und dabei insbesondere um die Kleinwasserkraft gekämpft. Wir mussten dabei direkte Angriffe abwehren, die auf die Streichung sämtlicher Unterstützungsgelder für Anlagen mit weniger als 3MW Leistung zielten. Zusammen mit den Grosswasserkraftwerken sind wir dieses Mal davongekommen, aber bis wann? Der nächste Kampf steht kurz bevor mit der Debatte über den «Mantelerlass», einem Bundesgesetz für eine sichere Stromversorgung auf der Basis erneuerbarer Energien.
Wir müssen vor allem die technische Qualität unserer Anlagen vermitteln, und das ist der Hauptgrund für eine Tagung wie die heutige. Wir werden auch unser Wissen zeigen müssen, wie wir Wasser zur Stromerzeugung nutzen und es zugleich unter ökologischen Gesichtspunkten schützen. Das Wohlwollen gegenüber der Kleinwasserkraft in der Öffentlichkeit soll gefördert werden – sie unterstützt grundsätzlich die dezentrale Stromproduktion und das Prinzip des lokalen Eigenverbrauchs, wie wir es mit unseren zahlreichen Anlagen bereits anbieten.
Ich kann nicht abschliessen, ohne noch ein schwerwiegendes Problem zu erwähnen: Die Frage der ehehaften Wasserrechte und den Drang einiger Kantone, unsere Konzessionen in Frage zu stellen sowie die Sanierung der betroffenen Anlagen innert kürzester Zeit zu fordern. Da uns mehrere Mitglieder über Schwierigkeiten in ihren Kantonen informiert hatten, gaben wir ein Rechtsgutachten über diese ehehaften Rechte in Auftrag, das Ihnen im Laufe des Jahres zur Verfügung gestellt worden ist. Darüber hinaus haben wir im Zusammenhang mit der Klage eines Verbandsmitgliedes beschlossen, uns rechtlich beraten zu lassen. Sobald die Entscheidung bekannt ist, wird sie Ihnen mitgeteilt und kann dann als Vorlage für andere Fälle dienen. Wir laden Sie ein, Ihre Erfahrungen mit uns zu teilen. Ein entsprechendes Schreiben wird Ihnen in Kürze zugestellt.
Wie man sehen kann, tun wir unser Bestes, um Sie zu schützen! Vergessen Sie aber nicht, dass es vor allem Ihnen, Ihrer Motivation und der Qualität Ihrer Arbeit zu verdanken ist, dass wir in der Lage sein werden, unsere Anliegen auf der höchsten politischen Ebene einzubringen. Nachdem ich als Präsident des Verbandes Swiss Small Hydro von Frau Sommaruga zweimal zum runden Tischen eingeladen worden bin, scheint die Botschaft anzukommen. Ein Beispiel: Bei meinem letzten Treffen mit der Bundesrätin begrüsste mich diese mit den Worten: «Wie geht es der Kleinwasserkraft?» Ich sagte ihr, dass es im aktuellen Kontext noch nicht schlecht läuft, aber dass diese in Zukunft viel stärker berücksichtigt werden muss.»