Nr. 4 17. 4. 2015
www.syndicom.ch Gewerkschaft Medien und Kommunikation
die zeitung
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dossier-serie digitale Revolution
Folge 1: Visionen und Dienstleistungswandel bei der Post im digitalen Zeitalter Seiten 2–3
telecom/It
syndicom hat mit dem Netzbauer Network 41 einen GAV abgeschlossen Seite 5
International
letzte
Zwanzigtausend Menschen aus aller Welt am diesjährigen Weltsozialforum in Tunis Seite 10
Ein Gespräch mit dem SRG-Generaldirektor Roger de Weck Seite 16
Tag der Arbeit
Soziale Gerechtigkeit statt Ausgrenzung! 1890 gingen in der Schweiz und weltweit erstmals Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter am 1. Mai gemeinsam auf die Strasse. Sie folgten dem Ruf des internationalen Arbeiterkongresses von Paris. Dieser hatte den 1. Mai zum internationalen Tag der Arbeit ausgerufen, nach harten Auseinandersetzungen in Chicago anlässlich eines Streiks für den 8-Stunden-Arbeitstag. Lautstark forderten die Kolleginnen und Kollegen auch in der Schweiz den 8-Stunden-Tag. Die Patrons wollten davon nichts wissen. Dagegen sind wir angetreten. Der Kampf für gute Arbeitsbedingungen und eine gerechte Teilhabe an den Früchten der Arbeit wurde auch in der Schweiz hart geführt. Am Arbeitsplatz und auf der Strasse. Die 1.-Mai-Kundgebungen wurden lauter und hatten Zulauf. Wir haben seither viel erreicht: In vielen Betrieben setzten wir den 8-Stunden-Tag und zumeist die 5-Tage-Woche durch, ebenso Ferien, höhere Löhne, mehr Arbeitssicherheit, Unfall-, Kranken- und Rentenversicherungen. Kurz: Die Arbeiterbewegung erkämpfte mehr soziale Gerechtigkeit.
Unser Kampf geht weiter! Die Schweiz ist so reich wie noch nie. Wir könnten es uns leisten, dass es allen Arbeitnehmenden, allen RentnerInnen gut geht. Die Realität ist leider anders. Die sozialen Gegensätze nehmen zu. Einkommen und Vermögen sind extrem ungleich verteilt. Die Schere zwischen oben und unten öffnet sich. Immer mehr Menschen werden zu Globalisierungsverlierern. Ältere Arbeitnehmende werden aus der Arbeitswelt in die Sozialhilfe abgedrängt. Später bezahlen sie diese Ungerechtigkeit mit mageren Renten. Für junge Menschen wird es schwieriger, rasch in den normalen Arbeitsmarkt zu kommen. Die Erwerbslosigkeit ist mit 4,9 Prozent hoch, höher als in Baden-Württemberg und Bayern. Von Vollbeschäftigung sind wir weit entfernt. Der Lohndruck steigt. Und die Belastung am Arbeitsplatz hat spürbar zugenommen. Das alles macht den Menschen Sorgen. Dagegen treten wir an. Statt die Probleme anzugehen, wollen bürgerliche Parteien, Wirtschaftsverbände und Arbeitgeber die soziale Gerechtigkeit aushöhlen. Zahlreich sind die Patrons, die den stark überbewerteten Franken zum Vorwand nehmen, um ihre Margen zu erhöhen.
Fortsetzung auf Seite 8 Alle Veranstaltungen auf einen Blick: Seiten 8–9
2 | Branchen Neue Serie
Vernetzte Zukunft Die digitale Revolution hat eben erst begonnen und sie wird grösser sein als jede andere zuvor. Nicht mehr menschliche Arbeit, sondern «Big Data» heisst das Geschäft der Zukunft. Der Mittelstand sollte sich warm anziehen. Nina Scheu Schon heute wissen die meisten Autos, wo ein Stau die Strassen verstopft. In Zukunft wird uns unser Fahrzeug auch warnen, bevor etwas kaputt geht. Wahrscheinlich weiss es dann auch, wo das nötige Ersatzteil an Lager liegt, und hat bereits jenen Termin mit der Garage vereinbart, der am besten in unsere Agenda passt. Die Zahnbürste der Zukunft lässt sich am Computer unseren persönlichen Bedürfnissen anpassen und nach erfolgter Bezahlung (online, versteht sich) im 3D-Drucker zu Hause herstellen. Und: Anhand unserer Augenbewegungen und Klick-Geschwindigkeiten, die bereits jetzt messbar sind, bestimmen Arbeitgeber, wer konzentriert und rationell arbeitet oder gegebenenfalls in die Frühpensionierung abgeschoben werden könnte. Die Folgen der Digitalisierung sind weit grösser, als es jetzt noch den Anschein macht, denn sie verändern unser Verhalten und machen uns manipulierbar. Längst sind für viele die Empfehlungen ihrer «Freunde» auf Facebook und Twitter die wichtigere Informationsquelle als die (noch) nach journalistischen Kriterien zusammengestellten Portale der Medienhäuser. Wie also sollen die Zeitungs- und Zeitschriftenverlage in Zukunft Gewinne machen, nachdem sie ihre Druckereien und Printprodukte ins Elend geritten oder schon geschlossen haben? Big Data – Das Zauberwort Die Lösungsstrategie zeichnet sich bei der Schweizerischen Post am deutlichsten ab (siehe den ersten Artikel unserer Serie, rechts) – sie wird aber längst von fast allen grossen Unternehmen verfolgt: Daten sammeln heisst das Zauberwort, oder auf Neudeutsch «Big Data». Jeder Einkauf, den wir tätigen, jeder Brief, den wir versenden, jede Zugfahrt, die wir unternehmen, wird registriert und für unser persönliches Konsumprofil gespeichert. Zu schweigen von den finanziellen Transaktionen, die bis ins Detail erfasst werden. Sie haben hohe Krankheitskosten? Keine Versicherung wird Sie mehr aufnehmen. Sie trinken ausschliesslich Cola Zero? Sie werden mehr dafür bezahlen, weil der Chip im Einkaufswagen schon weiss, dass Sie eher dazu bereit sind als ihr Nachbar, dem deshalb schon am Ladeneingang ein Cola-Aktionsangebot aufs Handy geschickt wurde. Die Kluft zwischen jenen, die über die Technik bestimmen, und jenen, die sie am Laufen halten, wird sich genauso verbreitern wie jene zwischen Arm und Reich. Dazwischen gähnt die Leere. Was tun mit all den Schalterbeamten, dem Verkaufspersonal, den Dienstleistenden, deren Arbeit nicht mehr gebraucht und nicht mehr bezahlt wird? In den kommenden Ausgaben dieser Zeitung wollen wir den Blick auf die Digitalisierung in den von syndicom vertretenen Branchen richten. Den Anfang macht ein Überblick über die Zukunftsvisionen und den Dienstleistungswandel der Post, die zu den grössten Spielern im Poker um die Gewinne der digitalen Zukunft gehört. Ausserdem setzte sich auch die GAV-Strategiegruppe Swisscom mit der Zukunft einer digitalisierten und vernetzten Arbeitswelt auseinander (Bericht auf Seite 4).
syndicom | Nr. 4 | 17. April 2015 Die digitale revolution und ihre Folgen #1
Die Arbeit machen die «Einfach mit System» heisst der Slogan, unter welchem die Post-Leitung Anfang Jahr ihre Vision für die Zukunft des Unternehmens lanciert hat. Mit neuen Online-Applikationen wird der Zugang zu den Dienstleistungen der Post möglicherweise kundenfreundlicher. Eng damit verknüpft sind ein permanenter Effizienzdruck auf die Beschäftigten und ein weiterer Umbau der Stellenprofile des Unternehmens. Bruno Schmucki Im letzten Jahr reiste die Konzernleitung der Schweizerischen Post gemeinsam ins kalifornische Silicon Valley, um an einem mehrtägigen Workshop an der Vision für die Zukunft des Unternehmens zu feilen. Der Ort – die Heimat vieler grosser ITund Computerunternehmen – sollte nicht nur als Kulisse, sondern auch als Inspiration und Programm dienen.
die ganze Schweiz und wird an rund einem Dutzend so genannter «Visiorama»-Veranstaltungen erklären, «wohin die Schweizerische Post sich entwickeln will und welche Chancen und Herausforderungen uns auf diesem Weg erwarten». Die Teilnahme ist freiwillig, ausserhalb der Arbeitszeit, die Verpflegung offeriert und die Platzzahl beschränkt.
Kader war «begeistert»
Postschalter im Handy
Im vergangenen Herbst wurde dann an einer Tagung in Zermatt das Kaderpersonal als «interne Botschafter» installiert. Die Vision sei «allseits begeistert aufgenommen worden», berichtet die Mitarbeitenden-Zeitung «Die Post» im Januar. In der gleichen Ausgabe legen auch die Chefs ihre Bekenntnisse ab. Personal-
Die Stossrichtung der künftigen Entwicklung ist aber auch für Aussenstehende offensichtlich: Die Post hat im vergangenen Jahr wiederum sehr viel Geld in die Digitalisierung und Automatisierung investiert. Sie führte mehrere neue Dienstleistungen ein, welche die Brücke zwischen physischer und digitaler Ebene schlagen sollen. Augenscheinlich ist das «Der Druck auf die beim «PostCard Crea tor», einer App, welAnstellungsprofile wird sich che das Hochladen auf jeden Fall erhöhen.» von digitalen Bildern erlaubt, die dann als gedruckte Postkarte verschickt werden können. Wer leiter Yves-André Jeandupeux möchte zum Beispiel am neuen sich die App aufs Smartphone Hauptsitz auf ein eigenes Büro lädt, kann eine Karte pro Tag verzichten, um die Vernetzung gratis versenden. Oder der elekund Zusammenarbeit zu verein- tronische Briefkasten, der unter fachen. Und Franz Huber, Leiter dem Namen «E-Post Office» lanPoststellen und Verkauf, emp- ciert wurde. Die EmpfängerInfiehlt den Mitarbeitenden, «sich nen der Briefe können entscheimit den Inhalten auseinanderzu- den, dass ihre Briefe eingescannt setzen, um den tieferen Sinn zu und als E-Mail geschickt werden sollen. erkennen und ihn zu verstehen». Um diesen Sinnfindungs-Prozess Via das Online-Tool «Meine Senbeim Personal zu beschleuni- dungen» wird die Auslieferung gen, tourt die Post-Chefin ab eines Pakets per SMS angekünAnfang Mai persönlich durch digt und kann dem Kunden-
bedürfnis angepasst werden: Umleiten auf eine andere Adresse, Zustellung verschieben oder Abholung auf einer Poststelle. Auf dem traditionellen gelben Abholzettel hat es neu einen QR-Code, der den Zugriff via Smartphone auf die Online-Anwendung vereinfacht. Und selbst die gute alte Briefmarke hat unterdessen eine elektronische Schwester erhalten. Ein SMS genügt, und man erhält einen Zahlen-Code, der, per Hand auf den Brief geschrieben, die Marke ersetzt.
Persönliche Reklame für den gläsernen Bankkunden Schliesslich wartete auch die PostFinance mit digitalen Neuerungen auf. Die Umgestaltung der Plattform E-Finance im letzten Herbst schafft neue elektronische Schnittstellen. Und dank einer umstrittenen Änderung der Geschäftsbedingungen hat PostFinance jetzt auch Zugriff auf die Kundendaten, welche sie für das gezielte Aufschalten von Angeboten von Dritten nutzen will. Mit dem «gläsernen Kunden» lässt sich viel Geld verdienen. Und die Anwendung «Twint» ist ein «digitales Portemonnaie», welches das mobile, bargeldlose Zahlen mit dem Smartphone möglich macht. Die neuen Zugänge über das Internet haben allesamt den Effekt, dass der Schalter in der lokalen Poststelle weiter an Bedeutung verliert. Im Finanzbericht 2014 heisst es dazu: «Das vermehrte Umsteigen der Kundinnen und Kunden auf elektronische Dienstleistungen und Angebote bewirkt weiterhin einen Rück-
GAV Post on Tour
Der neue GAV, eine soli
© SUSANNE OEHLER
An zahlreichen syndicom-Veranstaltungen in der ganzen Schweiz haben sich Angestellte der Post in den letzten Wochen über ihren neuen GAV informiert, Fragen gestellt und diskutiert. Eine Mehrheit findet, der Umbau des Vertrags sei gelungen und die guten Arbeitsbedingungen bei der Post seien gesichert.
was bringt der neue GAV? ∙ Schweizweit organisierte syndicom Diskussionsrunden für die MitarbeiterInnen der Post.
Anfang März gaben die Sozialpartner bekannt, dass die Verhandlungen zum GAV Post 2016 abgeschlossen sind. In einer Woche werden dann 250 syn-
dicom-Delegierte an einer gros sen GAV-Konferenz in Bern entscheiden, ob sie das Resultat akzeptieren wollen oder nicht.
Branchen | 3
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Maschinen und die Kundschaft
© MONTAGE PLONK & REPLONK – ARCHIVES MUSÉE DE L A POS TE PARIS
Die Regionalzustellung kommt bei Madame Michon pünktlich an.
gang der Briefmenge und der Nachfrage nach klassischen Dienstleistungen am Schalter.» Das erfordere «gezielte Weiterentwicklung des Postnetzes». Im Klartext: Poststellenschliessungen, Umwandlungen in Agenturen und Hausservice. Ein anderer Bundesbetrieb – die SBB – verfolgt die gleiche Strategie. So verkündete ihr Verwaltungsratspräsident, der Ex-PostChef Ulrich Gygi, jüngst in der Sonntagspresse: «Es ist klar, dass wir längerfristig nicht einfach neue Verkaufskanäle wie Online und das Mobiltelefon hinzufügen können, ohne die Verkaufsstellen zu reduzieren.» Eine ähnliche Wirkung hat die Automatisierung vieler Prozesse bei der Brief- und Paketpost. Das ist zwar kein neuer Trend, aber er wurde in den letzten Jahren noch weiter verstärkt. Bis Ende 2015 werden rund 55 Prozent der Briefe maschinell für die Gangfolge bis zum privaten Briefkasten vorsortiert. Das hat Konsequenzen für die ZustellerInnen. Ihre Arbeitseinsätze werden kürzer, weil das manuelle Sortieren entfällt. Statt Vollzeit- werden vermehrt Teilzeitjobs geschaffen. Die Touren können zudem laufend optimiert werden.
abholen müssen stat t zugestellt bekommen In diese Richtung geht auch ein Pilotprojekt in den Kantonen Waadt und Freiburg. Mit
« Poste à la carte» soll getestet werden, ob die EmpfängerInnen es wünschen, nur an bestimmten Tagen bedient zu werden. Der deklarierte Kundennutzen verschränkt sich hier mit der Effizienzsteigerung. Neue Anlagen und Erhöhung der Kapazitäten ermöglichen zudem die wachsende Paketmenge zu bewältigen, die durch den Onlinehandel generiert wird. Die Post reagiert auf den Druck der Branche mit der Erweiterung der Zustellzeiten und der Möglichkeit, Pakete in Automatenfächern rund um die Uhr abzuholen. Bereits an rund 30 Standorten stehen die Anlagen von «My Post 24».
Das Paket befüllt und adressiert sich selbst Der boomende Onlinehandel hat noch eine weitere Investition der Post angestossen. In Oftringen wurde ein «hochautomatisiertes» Warenlager mit dem Namen «YellowCube» erstellt, das einen kompletten Logistik-Service für Onlinehändler anbietet. Dort arbeiten jetzt die gelben Roboter. In diesem Zusammenhang wird auch die lokale Poststelle eine neue Funktion im E-Commerce erhalten: Sie wird dem Onlinehandel in Zukunft eine physische Marketing-Plattform bieten und als «Showroom»-Fläche dienen. Auch für diese Neuerung läuft soeben ein Pilotversuch an.
Natürlich sind die Auswirkungen dieser Entwicklung für die Post-Mitarbeitenden nicht genau absehbar. Klar ist aber, dass sie sich auf massive Veränderungen einstellen müssen. Sonst wären die Wortwolken der Post-Chefs in der Mitarbeiterzeitung nicht so gross und die Beschwörungsformeln nicht so eindringlich.
Folgen für die Beschäftigungsprofile Der Druck auf die Anstellungsprofile im Verkauf und in der Zustellung wird sich auf jeden Fall erhöhen. Eine weitere absehbare Gefahr besteht darin, dass die Post vermehrt Arbeit an eigene oder fremde Unternehmen auslagert, wo die Löhne niedriger, die Anstellungsbedingungen schlechter und die Kosten tiefer sind. So werden zum Beispiel nur noch 20 Prozent der Postsachen durch die Post selbst transportiert. Die «WagenführerInnen» sollen mit der Zeit ganz weggespart werden. Die neue Post-Vision verlangt erhöhte gewerkschaftliche Aufmerksamkeit. Unter dem Deckmantel der Modernisierung darf die Deregulierung der Arbeitsbedingungen nicht vorangetrieben und das Personal nicht unter einen ständigen Effizienzdruck gesetzt werden. Die Post lebt davon, dass sie mit zufriedenen Mitarbeitenden einen hochwertigen Service public erbringt.
Der Post geht es gut Die Schweizerische Post hat im vergangenen Jahr einen Gewinn von 638 Millionen Franken erwirtschaftet – 12 Mio. mehr als im Vorjahr. Das Betriebsergebnis war mit 803 Millionen etwas tiefer als letztes Jahr. Der Hauptgrund seien Wertberichtigungen bei Finanzlagen. Die Post investierte im vergangenen Jahr 443 Millionen Franken in verschiedene Digitalisierungs- und Automatisierungsprojekte (siehe Infografik). Das Unternehmen zählte 2014 insgesamt 44 681 Vollzeitstellen – rund 575 mehr als im Vorjahr. Allerdings nahm der Personalbestand im Ausland um rund 850 zu, was bedeutet, dass in der Schweiz 275 Vollzeitstellen weggefallen sind. (sda)
An den über 100 Veranstaltungen zwischen St. Gallen und Genf hat syndicom den Puls an der Basis genommen. Es wurde viel diskutiert und es gab einige kritische Fragen: Warum bestehen Unterschiede bei den Zuschlägen von Post CH AG und bei PostAuto AG? Wieso fällt die zweite bezahlte Pause weg? Wie können Feiertage, die auf einen arbeitsfreien Tag fallen, kompensiert werden? Und gibt es weiterhin einen Schutz vor Kündigung? Auf wenig Gegenliebe stiess zudem die
Neuregelung der Treueprämien. Viele langjährige MitarbeiterInnen kritisieren diese als klaren Abbau. Die Grundstimmung an den Info-Anlässen lässt sich so zusammenfassen: Wenn man einen Schritt zurücktritt und das Gesamtergebnis betrachtet, so präsentiert sich der neue GAV trotzdem als solide Basis, um weiterhin gute und faire Arbeitsbedingungen bei der Post zu garantieren. Eine Mehrheit akzeptiert deshalb den Umbau des GAV. (bsc)
© DIE SCHWEIZERISCHE POS T
de Basis
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syndicom | Nr. 4 | 17. April 2015
Swisscom und die vierte industrielle revolution
Wie arbeiten wir in Zukunft?
Die GAV-Strategiegruppe Swisscom diskutierte an einem Seminar über die Zukunft der Arbeitswelt, die von der vierten industriellen Revolution — auch «Industrie 4.0» genannt — geprägt sein wird. Franz Schori Dank der Nutzung von Wasser und vor allem Wasserdampf als Antriebsenergie konnten vor rund 200 Jahren in grossem Stil mechanische Produktionsanlagen eingeführt werden. Die Preise von Massengütern sanken und die Entwicklung in den westlichen Ländern nahm Fahrt auf. Die industrielle Revolution liess die Städte wachsen und den Kapitalismus aufblühen. Dies führte zur Bildung von Gewerkschaften, um die damaligen schrecklichen Arbeitsbedingungen zu verbessern. Und um den geschaffenen Mehrwert fairer zu verteilen.
rung und den Einsatz von Elektronik und Informationstechnik. So entstand seit den 1970er-Jahren eine Arbeitswelt, in der sich vielfältige Möglichkeiten zur beruflichen Entwicklung und Entfaltung bieten.
Kollektives Bewusstsein zerfällt Die gewerkschaftliche Herausforderung der dritten industriellen Revolution besteht darin, das Bewusstsein für kollektives Zusammenstehen der Beschäftigten hochzuhalten. Kaum haben wir uns an die dritte industrielle Revolution gewöhnt, befinden wir uns
bereits mitten in der vierten, hin zur sogenannten «Industrie 4.0». Digitalisierung der Arbeit und der Gesellschaft, Internet der Dinge und der Dienste, intelligente und vernetzte Produktion, Big Data und künstliche Intelligenz sind Schlüsselwörter.
Technisch möglich vs. wünsch- und gestaltbar Wir erleben «Industrie 4.0» bereits: mit vielfältigen Segnungen der Smartphones, mit den ersten sich selbst steuernden Fahrzeugen, mit 3-D-Druckern und mit «Google Glass». Ein Grund zur Beängstigung? Die Zukunft findet so oder so
statt. Wer versucht, sie vorwegzunehmen, muss sich nicht davor fürchten, sondern kann und darf sie aktiv mitgestalten.
Abnehmende Beschäftigung Am Seminar der GAV-Strategie gruppe Swisscom hat Rolf Kurath (Organisationsentwickler, ehem. Leiter HR/ER bei Swisscom und später Leiter Training und Transformation der Post) den Teilnehmenden Einblicke gewährt. «Industrie 4.0» biete viele Chancen, berge aber auch Risiken. Aus gesellschafts- und gewerkschaftspolitischer Sicht bestehe das grösste Risiko darin, dass sich
Von der ersten zur vierten industriellen Revolution
4. Industrielle Revolution auf der Basis von CyberPhysischen Systemen Industrie 4.0 3. Industrielle Revolution durch Einsatz von Elektronik und IT zur weiteren Auto matisierung der Produktion
Industrie 2.0
1. Industrielle Revolution durch Einführung mechanischer Produktionsanlagen mit Hilfe von Wasser- und Dampfkraft Ende 18. Jh.
Industrie 1.0 Beginn 20. Jh.
Trennung von Arbeit und Privatleben
Workshops bei Swisscom Die syndicom-Studie zur Entgrenzung der Arbeit (www.syndicom.ch/entgrenzung) zeigt, dass viele der Beschäftigten in der Telecombranche darunter leiden, dass die Arbeit in ihr Privatleben übergreift. syndicom bietet deshalb für alle interessierten Swisscom-Beschäftigten an 15 Swisscom-Standorten Workshops zum Thema an. Unter der Leitung von Sébastien Bourquin, ehem. Prä-
Industrie 3.0
2. Industrielle Revolution durch Einführung arbeitsteiliger Massenproduktion mit Hilfe von elektrischer Energie
sident PV ITS und Firmenvorstand ITS, kann über Verbesserungsmassnahmen diskutiert werden. Die TeilnehmerInnen können 30 Minuten als bezahlte Absenz geltend machen (Code 0605, Gewerkschaftlicher Infoanlass, nicht als Überzeit buchbar). Die Workshops dauern eine Stunde, eine Anmeldung ist nicht nötig. Im Anschluss an die Veranstaltung offerieren wir einen kleinen Imbiss. (FS)
Workshops bei Swisscom «Die Freizeit gehört Dir»: 21. April, 12.30 Uhr: Zürich Müllerstrasse, Diamant 2 21. April, 16.00 Uhr: Zürich Binz, NE40 22. April, 12.00 Uhr: Lausanne Bergières, Salle auditorium 22. April, 15.00 Uhr: Genf Wagner, Salle 34 Mont-Tendre 28. April, 12.30 Uhr: Bern Ittigen, Schilthorn 28. April, 16.30 Uhr: Sion, Salle Multimedia 6. Mai, 11.00 Uhr: St. Gallen, Wassergasse 52, Grosses Sitzungszimmer 7.743 6. Mai, 16.00 Uhr: Chur, Ringstrasse 32, Raum 2.21 29. Mai, 12.00 Uhr: Bern Genfergasse, Konferenzraum BO53, BO55 und BO57
Beginn 70er Jahre 20. Jh.
Grad der Komplexität
Das Fliessband und die Elektrizität brachten rund 100 Jahre später die zweite industrielle Revolution. Die Gewerkschaften hatten vielerorts den 8-Stunden-Tag erkämpft, der bestens zum Dreischicht-Betrieb in den Fabriken passte. Es folgte der lange, aber erfolgreiche Kampf für Sozialversicherungen, Ferien, Gesundheitsschutz und demokratische Gesellschaftsformen. Die Hochkonjunktur der Fünfziger- und Sechzigerjahre steht symbolisch dafür, dass von der zweiten industriellen Revolution praktisch alle profitieren konnten. Der dritte Techniksprung brachte Automatisie-
QUELLE: DFKI/BAUER
Hochkonjunktur, Ferien, Sozialversicherung
Heute
zwar die Produktivität weiter erhöht, aber die Beschäftigung nach der Umrüstungsphase von Wirtschaft und Infrastrukturen abnehme. Laut Kurath fehlt es zurzeit nicht nur an Fachkräften und IT-Know-how, damit Unternehmen den hohen Ansprüchen von «Industrie 4.0» gerecht werden können.
Coaching stat t Führung? Vielmehr mangelt es am passenden Führungsverständnis und am vorbildlichen Führungsverhalten. Vorgesetzte der Zukunft sollen Vorbilder sein, so Kurath, «Coaching statt Führung». Dezentralisiertes Selbstmanagement auf Team-Ebene sei die Zukunft. «In Zukunft braucht es (...) mehr Selbstverantwortung, mehr Vertrauen und einen höheren Fokus auf intrinsische Motivation, also Selbstmotivation», führte Kurath aus. Im Zentrum stehe der Sinn der Arbeit, gemeinsam entwickelte Regeln für die Zusammenarbeit – und bei fast allen Tätigkeiten massgeschneiderte Prozesse. Künftige Organisationsformen stellen auch für Gewerkschaften eine Herausforderung dar. Eine der Gefahren ist die ungeregelte ständige Erreichbarkeit. Womit sich der Kreis schliesst zum aktuellen Problemfeld «Entgrenzung der Arbeit».
* Pol. Fachsekretär Telecom/IT
Arbeitsbedingungen
Galgenfrist für Cablex
Bei der Swisscom-Tochter Cablex steht es mit den Arbeitsbedingungen nicht zum Besten. Viele Cablex-Mitarbeiter sind deshalb bereit, Verbesserungen zu erkämpfen – sollte sich die Situation bis Ende Juni nicht ändern. Franz Schori Nicht zum ersten Mal haben sich am 6. März Cablex-Angestellte an einer Firmenkonferenz über ihre Arbeitsbedingungen unterhalten. Die permanent hohe Arbeitslast verbunden mit Personalknappheit führt seit längerer Zeit viele Kolleginnen und Kollegen an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit. Verstösse gegen das Arbeitsgesetz und den Gesamtarbeitsvertrag sind beinahe an der Tagesordnung. Knauserigkeit bei Spesen und Arbeitskleidern sowie ein rüder Umgangston tragen das Ihre zur schlechten Stimmung bei. syndicom hat sich schon öfters mit Cablex über die teilweise unhaltbaren Zustände unterhalten. Immer wieder wurde Besserung gelobt, die punktuell auch
erfolgte. Von einer nachhaltigen Verbesserung für alle Mitarbeitenden kann aber noch keine Rede sein.
Fast tägliche Verstösse gegen Gesetz und GAV Bereits an einer Firmenkonferenz vom Dezember 14 haben Cablex-Mitarbeiter beschlossen, ihrer Arbeitgeberin noch drei Monate Zeit zu geben. An der Firmenkonferenz vom 6. März haben die rund 70 anwesenden Cablex-Angestellten erfreulicherweise von einzelnen Verbesserungen berichtet. Diese sind zum Teil darauf zurückzuführen, dass die Arbeitsbelastung in den kalten Wintermonaten wetterbedingt deutlich geringer ist als in den wärmeren Monaten.
Die Nagelprobe folgt deshalb im Frühjahr. An einer weiteren Firmenkonferenz vom 3. Juli werden sich die KollegInnen erneut über ihre Arbeitsbedingungen unterhalten. «Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will.» Es ist zu hoffen, dass es der neue Cablex-CEO nicht so weit kommen lässt.
Firmenkonferenz cablex Freitag, 3. Juli 2015, 10.15 Uhr bis ca. 14 Uhr (inkl. Mittagessen). Restaurant Jardin, Militärstrasse 38, Bern Anmeldung: telecom@syndicom.ch oder 058 817 18 18.
Branchen | 5
syndicom | Nr. 4 | 17. April 2015 Gesamtarbeitsvertrag Network 41
«Das ist ein Bekenntnis zum Werkplatz Schweiz» syndicom hat mit dem Zentralschweizer Netzbauer Network 41 einen Gesamtarbeitsvertrag abgeschlossen. Die Verhandlungen verliefen konstruktiv, mit dem Ergebnis können beide Seiten gut leben. So hat sich Firmeninhaber Pius Krummenacher bereit erklärt, in der Gewerkschaftszeitung für die Sozialpartnerschaft auch in schwieriger Konkurrenzlage die Werbetrommel zu rühren. Längerfristig begrüsse er «sicher» einen Branchen-GAV, erklärt Krummenacher im Interview mit Franz Schori*. syndicom: Herr Krummen acher, wir gratulieren Ihnen zum Abschluss des Firmen-GAV, den Sie mit syndicom per 1. Juli 2015 abgeschlossen haben. Was waren Ihre Beweggründe für diesen GAV-Abschluss? Pius Krummenacher: Wir wol-
nehmen mit syndicom einen GAV abgeschlossen. Welche Auswirkungen hat diese Entwicklung auf den Markt, in dem Sie tätig sind? Dies wird bei unseren Kunden eine Signalwirkung haben. Ein klares Bekenntnis der Kunden zu Firmen, welche gesamtarbeitsvertragliche Bedingungen einhalten, ist wünschenswert.
Waren es schwierige Verhandlungen, die Sie mit syndicom geführt haben? Die Verhandlungen waren anspruchsvoll, aber nicht schwierig. Sachbezogen und zielorientiert konnten für die wichtigen Themenschwerpunkte gemeinsam Lösungen gefunden werden.
Network 41 ist eine gewichtige Grösse in der Netzbau-Branche. Wie haben Ihre Mitbewerber auf diesen GAV-Abschluss reagiert? Erste Rückmeldungen sind positiv und eine Signalwirkung ist spürbar.
Mit dem GAV-Abschluss geben Sie einen Teil Ihrer Entscheidungskompetenzen ab. In Zukunft können Sie die Arbeitsbedingungen nicht mehr einseitig verändern. Wie stehen Sie zu dieser Veränderung?
© JENS FRIEDRICH
len einen zukunftsgerichteten GAV Netzbau für unsere Mitarbeiter und die Sozialpartnerschaft aktiv leben.
Zufriedenheit am Konferenztisch ∙ Am 18. Dezember unterzeichnen syndicom und Network 41 den GAV. Von links: CEO Stefan Furch, Inhaber Pius Krummenacher, HR-Leiterin Nicole Imboden, rechts Giorgio Pardini, Leiter Sektor Telecom/IT von syndicom.
Betriebsteile von Network 41 waren bisher verschiedenen GAV unterstellt. Die Ausgangslage ist für uns nicht ganz neu. Mit dem neuen Firmen-GAV sind wir direkt in die Verhandlungen eingebunden und sehen dies als Vorteil.
Welche konkreten Vorteile bringt der GAV-Abschluss für Ihre Mitarbeitenden? syndicom hat ein ausgeprägtes Verständnis für den Netzbau, welches den Mitarbeitern zugute kommt. Verbesserte und angepasste Bedingungen betreffend Arbeitszeit und Urlaub wurden vereinbart. Bei den Gehältern mussten keine wesentlichen Anpassungen vorgenommen
werden, da bereits sehr gute, branchenübliche Löhne bezahlt werden. Ein klares Bekenntnis von Network 41 zum Werkplatz Schweiz.
Schätzungen zufolge werden in den nächsten Jahren rund 15 Milliarden Franken in den Neu- und Ausbau von elektronischen Netzwerken investiert. Wo sehen Sie allfällige Risiken bei einem so hohen Investitionsvolumen? Eine Schwierigkeit sehe ich in der Rentabilität dieser Investitionen, da der Lebenszyklus immer kürzer wird. Eine Folge daraus ist mitunter ein grosser Preisdruck an die Lieferanten und Dienstleister. Die hohen Lohn- und Stückkosten in der
Schweiz werden immer mehr in Frage gestellt.
Nun haben drei Netzbau-Unter-
Würden Sie einen Branchen-GAV in der Netzbau-Branche begrüssen? Langfristig muss das sicher ein Ziel sein. Aufgrund der unterschiedlichen Ausprägung der Netzbaufirmen benötigt dies aber noch etwas Zeit.
* Franz Schori ist Telecom-Fachsekretär bei syndicom.
technische Kommunikation und Systemlösungen Die Vernetzung von Gebäuden, Quartieren und ganzen Städten ist das Kerngeschäft von Network 41. Zu den Kunden von Network 41 zählen Fest- und Mobilnetzbetreiber, private Investoren und die öffentliche Hand. Mit einem Talentprogramm richtet Network 41 ein spezielles Augenmerk auf die Förderung von jungen Nachwuchskräften und auf die Ausbildung von Lernenden in verschiedenen Berufsrichtungen. Network 41 beschäftigt über 300 Mitarbeitende und nebst dem Hauptsitz in Sursee ist das Unternehmen mit neun weiteren Standorten in der Schweiz präsent. International ist Network 41 in Deutschland (Berlin) und in Österreich (Dornbirn) vertreten. (Pressetext Network 41)
Medienpolitik
Service public: Angriff und Verteidigung Die Eidgenössische Medienkommission (EMEK) setzt sich derzeit mit dem Service public im Informationsbereich auseinander. Im Rahmen einer Anhörung kam jetzt die Politik zu Wort. Die Positionen der Parteien waren enorm gegensätzlich. Barbara Bassi Da sich die von der EMEK durchgeführte Analyse an die politischen Kräfte richtet, ist es wichtig, deren Erwartungen und Ideen zu verstehen. In der Anhörung wurde deutlich, wie gross der Klärungsbedarf noch ist. So muss für die SP-Nationalrätin Edith Graf-Litscher jeder Service public auf das öffentliche Wohl und die Demokratie und nicht auf den wirtschaftlichen Erfolg ausgerichtet sein, während die SVP-Nationalrätin Natalie Rickli darunter nur noch Leistungen verstehen will, die der Staat erbringt, weil die Privatwirtschaft das nicht kann. Diese beiden Positionen bildeten die Extreme, zwischen denen sich die Meinungen der politischen Gäste von SP, SVP, CVP, FDP, Grünen und GLP ansiedelten.
Neben Graf-Litscher hoben auch der grüne Nationalrat Balthasar Glättli und CVP-Nationalrat Martin Candinas die Bedeutung von umfassendem Service public hervor. Glättli äusserte seine Besorgnis angesichts der Medienkonzentration und betonte die Bedeutung des viersprachigen SRG-Angebots, das jedoch dem Wandel unserer Gesellschaft entsprechend kosmopolitischer und multikultureller werden sollte. Seine Haltung wird durch jene von Martin Candinas ergänzt, der mit seiner Begrüssung in vier Landessprachen klarstellte, dass die Nation aus verschiedenen Kultur- und Sprachgemeinschaften mit unterschiedlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten besteht. Er erinnerte an die
Agentura da novitads ruman tschas (ANR), die im Diskurs um die Stützung des Service public zu berücksichtigen sei. Candi nas trat ein für starkes, steuerlich subventioniertes öffentliches TV und Radio, denn eine Schwächung des heutigen Systems würde zuerst die kleinen Sprachregionen treffen – Graubünden und das Tessin. Eine ganz andere Meinung vertrat FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen, der überzeugt ist, dass Information vorwiegend von Privatunternehmen und nur subsidiär vom Staat aufbereitet werden müsse. Dann gingen Subventionen ausschliesslich an die SRG und keine an Private. Der SRG würde untersagt, via Internet zu informieren, ausser um audiovisuelles
Material «für andere» bereitzustellen. Noch weiter geht Natalie Rickli (SVP), die das SRG-Angebot radikal beschneiden würde: die SRG solle sich auf Basis informationen zu politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Themen beschränken. Sogar beim Sport solle sie sich nur mit Anlässen befassen, an denen die Schweiz teilnimmt oder die hier stattfinden. Auf die Frage, wie sie ihr Informationskonzept ausserhalb der Deutschschweiz umzusetzen gedenke, musste Rickli einräumen, dass sie die Medienwelt der anderen Sprachregionen nicht kennt. Edith Graf (SP) konterte mit ihrer Sicht, wonach Service public alles umfassen muss, auch Sport und Unterhaltung, um ein Spiegel der Gesellschaft zu sein und
möglichst viele zu erreichen. Zum Schluss ergriff GLP-Nationalrat Jürg Grossen das Wort, der die kulturelle und demokratische Bedeutung der Medien anerkennt, sich aber gegen die Beibehaltung der jetzigen Service-public-Struktur ausspricht. Letztlich wurde klar, dass die PolitikerInnen Medienpolitik fürs Parteibuch betreiben. Sie scheinen kaum bereit, Information als grundlegendes Gut wie Strom, Wasser, Gesundheit und Bildung zu betrachten und sie vor den privaten Interessen einiger weniger zu schützen. Der Kommission bleibt die schwierige Aufgabe, von Einzel interessen zu abstrahieren und jene Aspekte herauszuschälen, die im Interesse der Bevölkerung und der Demokratie liegen.
6 | Branchen
syndicom | Nr. 4 | 17. April 2015
Verpackungsbranche
Verpackungsdruck unter Druck
Kaum eine Woche verging, nachdem der Frankenkurs nicht mehr gestützt wurde, schon schrien die Arbeitgeber nach Kurzarbeit und Lohnsenkungen. Dass man sich gegen solche willkürlichen und meist sogar illegalen Massnahmen wehren kann, zeigen die Beispiele aus Betrieben, wo sich die Betroffenen an unsere Gewerkschaft gewandt haben. Vor drei Monaten hob die Schweizerische Nationalbank den Mindestwechselkurs von 1.20 Franken pro Euro auf. Diese Entscheidung trifft auch unsere Branchen, besonders hart den Buchhandel, Buchbindereien und Verpackungs- und Etikettenbetriebe. Viele Firmen nutzen die Währungspolitik als Anlass, rigorose Sparmassnahmen durchzusetzen. Der Gewerkschaftsbund musste feststellen, dass bereits Hunderte von Betrieben Änderungen bei Arbeitszeit und Lohn eingeführt haben. Die Arbeitgeber und ihre Vertreter müssen in die Pflicht genommen werden und sollen tun, was sie in den Medien behauptet haben: abwarten und sorgfältig abwägen, bevor sie die Arbeitsbedingungen angreifen. Das gilt umso mehr, als verschiedene Betriebe sofort auch illegale Massnahmen getroffen haben und beispielsweise den GrenzgängerInnen die Löhne stärker kürzten als dem Personal mit Schweizer Wohnsitz. Alle Regionen sind von dieser Situation betroffen.
Betriebe ohne GAV schlagen zuerst los In der Westschweiz wurden die Arbeitszeiten der Angestellten des Office du Livre in Fribourg heraufgesetzt und die Löhne
gekürzt. In der Deutschschweiz senkt die Etikettenherstellerin Eson Pac in Aesch BL die Löhne. Die Karl Augustin AG in Thayn gen SH, wo wir bereits 2010 erfolgreich gegen die Bezahlung der GrenzgängerInnen in Euro interveniert haben, will die 45-Stunden-Woche einführen. Auch die Pago AG in Grabs SG, die zur Fuji- Seal-Gruppe gehört, verfolgt dieses Ziel. Und die L immatdruck Zeiler AG in Köniz BE, die der deutschen RLC Packaging Group gehört, will die 45-Stunden-Woche einführen und kündigt eine mögliche Streichung des 13. Monatslohns an, falls 2015 ein negatives Betriebsergebnis resultieren sollte. Im Tessin ist es die S üdpack SA in Bioggio, die unsere Gewerkschaft beschäftigt. Wir wehren uns zusammen mit den Angestellten gegen das Massnahmenpaket der Firma, das eine Erhöhung der Arbeitszeit und die Streichung der Zuschläge oder alternativ eine massive Lohnkürzung umfasst. Alle diese Betriebe unterstehen keinem Gesamtarbeitsvertrag, was erklärt, weshalb sie diese Massnahmen ohne grosse Schwierigkeiten einführen können. Eine Ausnahme bildet die Tessiner Südpack, die einen Firmen-GAV abgeschlossen hat.
Die Lage in der grafischen Industrie Vergleicht man das mit der grafischen Industrie, die über einen landesweiten GAV verfügt, sieht man, dass zwar einige Betriebe Kurzarbeit beantragt haben, mehr aber nicht. Nur: Vorsicht! Der Angriff auf diesen GAV wird schon vorbereitet. Der Arbeitgeberverband will ihn kündigen und wird anlässlich seiner Delegiertenversammlung am 23. April in Zürich über den Verhandlungs-Fahrplan entscheiden. Sein Ziel ist: Einführung der 42-Stunden-Woche und Senkung der Nachtzuschläge auch in den Zeitungsdruckereien.
in organisierten Betrieben kann es gut laufen Informationen sammeln, sich nicht unter Zeitdruck setzen lassen, eine Befristung für allfällige Notmassnahmen und eine Beschäftigungsgarantie verlangen: So würden wir vorgehen, und das empfehlen wir auch unseren Mitgliedern und den Betriebskommissionen. In den Betrieben, wo es keine oder nur geringe gewerkschaftliche Präsenz gibt, ist es schwierig zu intervenieren, und der Druck auf die Beschäftigten ist hoch. Wo Massnahmen aufgezwungen worden sind, hat sich das Arbeitsklima stark verschlech-
Wir haben darüber hinaus Kontakt mit den KollegInnen der Gewerkschaft Verdi in Deutschland aufgenommen, um eine allfällige Unterstützung aus den dortigen vier Betrieben von RLC Packaging zu prüfen. Abschliessend möchte ich allen Die Geschichte von Zeiler Zeiler produziert unter ande- in unseren Branchen tätigen rem Verpackungen für Nespres- betroffenen Personen raten, uns so. Eine Gruppe von Druckern, über das Geschehen in ihrem Betrieb zu informieren und der GewerkInformiert eure Gewerkschaft, schaft beizutreten. Nur so kann man sich holt euch Beratung und Hilfe, der Situation stellen. tretet der Gewerkschaft bei! Anderenfalls bliebe nur der individuelle Rechtsweg oder die die unserer Gewerkschaft ange- Resignation. Es ist wichtig, dass hören, hat sich an uns gewandt, man sich gerade in Betrieben, und gemeinsam haben wir wo Druck und Erpressung herrÄnderungen zu den vom Betrieb schen, mit äusserster Vorsicht angestrebten Massnahmen aus- und Sensibilität bewegt. Dann formuliert und zum Teil auch bleibt der Erfolg nicht aus. durchsetzen können. Die direkt Wir erleben eine wirtschaftBetroffenen haben nicht nur lich schwierige Phase, nicht nur unsere Unterstützung geschätzt, wegen der Aufhebung des Minsondern auch verstanden, wie destkurses. Wir müssen verhinwichtig es ist, die Gewerkschaft dern, dass die Arbeitnehmenden an ihrer Seite zu wissen. Das als Erste zur Kasse gebeten werbetriebliche Abkommen ist bis den und auch noch den höchsEnde 2015 befristet. In der Zwi- ten Preis bezahlen. schenzeit wollen wir die jetzt neu entstehende Betriebskom- Angelo Zanetti, Zentralsekretär mission stärken, welche die wei- Grafische Industrie/Verpackung tere Entwicklung verfolgen und sich vor allem auf künftige Mass- Zum Thema Frankendruck siehe nahmen vorbereiten muss. auch «Recht so!» auf Seite 13. tert. Dabei ginge es auch anders: Neben Südpack, wo wir seit Jahren einen Firmen-Gesamtarbeitsvertrag haben, ist die Limmatdruck Zeiler AG in Köniz ein gutes Beispiel.
Branchenveranstaltung Buch und Medienhandel
Sorgenkind Schweizer Buchhandel Die Branche Buch und Medienhandel von syndicom diskutiert am 3. Mai die aktuellen Probleme der Buchbranche und mögliche Lösungen. Roland Kreuzer, Leiter Sektor Medien Mit dem fatalen Entscheid der Schweizerischen Nationalbank (SNB) vom 15. Januar, den Schweizer Franken nicht mehr bei einem Mindestkurs von 1.20 Franken pro Euro zu fixieren, verteuerten sich Bücher in der Schweiz verglichen mit dem Euro-Raum auf einen Schlag um 10 bis 15 Prozent.
Wer profitiert eigentlich? Schon mit dem ersten Franken-Euro-Schock 2011 und dem Fall der Buchpreisbindung 2012 war die Unsicherheit in der Buchbranche gross. Jetzt stellen sich der Buchbranche erneut viele Herausforderungen und Fragen: Buchhandlungen werben mit Rabatten, doch mit den tieferen Preisen bleibt unter dem Strich bei unveränderten Fix-
kosten in Franken weniger Geld in der Kasse, obwohl AVA und Buchzentrum per April die Preise senkten. Die Angst geht um, dass Online-Bestellungen bei Amazon und Co. wegen deren gestiegenem Preisvorteil zunehmen, und auch Verlage, die vorwiegend im Ausland verkaufen, spüren den zunehmenden Preiskampf. Hat der Schweizer Zwischenbuchhandel noch eine Zukunft oder wird er links liegengelassen – und welche Folgen hätte Letzteres für die kleinen Buchhandlungen? Umgekehrt fragen wir uns auch, wer denn eigentlich vom billigeren Einkauf im Euro-Raum profitiert. Der Branchenvorstand Buch und Medienhandel bei syndicom freut sich auf prominente Gäste, die er für die Branchenver-
anstaltung am 3. Mai gewinnen konnte. Paul Rechsteiner, Präsident des Gewerkschaftsbunds, legt die Strategie des SGB dar. In zahlreichen Unternehmen tragen die ArbeitnehmerInnen die Folgen des SNB-Entscheids: Sie werden mit Lohnkürzungen, Arbeitszeitverlängerung und Arbeitsplatzabbau konfrontiert. Selbst wenn es stimmt, dass einzelne Unternehmen ums Überleben bangen, so sehen wir auch andere Betriebe, die die Situation ausnützen und unbegründet die Arbeitsbedingungen angreifen. Mit prominenten VertreterInnen der Buchbranche diskutieren wir über die Situation und die oben skizzierten Fragen und Probleme der Buchbranche (Moderation Etrit Hasler).
Branchenveranstaltung
Preisdruck: Risiken und Chancen Sonntag, 3. Mai 2015, 10.30 bis 16 Uhr Zürich, Kanzlei Club, Kanzleistrasse 56 (beim Helvetiaplatz) Programm Ab 10 Uhr: Eintreffen, Begrüssung 10.30–11 Uhr: Eine Einschätzung der Buchbranche durch den Branchenvorstand 11–12.30 Uhr: Paul Rechsteiner: Auswirkungen der Franken-Stärke; Fragen und Diskussion 12.30–14 Uhr: Grillplausch 14–16 Uhr: Podium Risiken und Chancen der Buchbranche mit: Maya Itin (Rapunzel, Liestal), Isabella Hof (Ganzoni, Basel), David Ryf (GL-Mitglied und Leiter Einkauf⁄Marketing BZ) und Andrew Rush ton (Stv. Verleger NordSüd Verlag). Anschlies- send Diskussion. Moderation: Etrit Hasler Anmeldung bei caroline.vogt@syndicom.ch
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syndicom | Nr. 4 | 17. April 2015
Merci Maya
Unterzeichnung Sicherheitscharta
syndicom sagt Berufsunfällen den Kampf an heitscharta. syndicom zukünftig den Dialog mit verschiedenen Branchen Sozialpartnern verstärken diese zur Unterzeichnung Charta motivieren.
Unglaublich, aber wahr: An einem regulären Arbeitstag ereignen sich pro Stunde durchschnittlich hundert Berufsunfälle. Jeden zweiten Tag geht einer davon tödlich aus. Das SUVA-Präventionsprogramm «Vision 250 Leben» soll die Anzahl der Berufsunfälle mit Todesfolge und schweren Invaliditätsfällen zwischen 2010 und 2020 halbieren und damit insgesamt 250 Menschenleben bewahren.
will den und und der
sicherheit am Arbeitsplatz optimieren
Stopp bei Gefahr! Die Sicherheitscharta – von der SUVA in Zusammenarbeit mit Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden und Planern erarbeitet – ist das Kernstück dieses Präventionsprogrammes. Wer diese Charta unterzeichnet, bekennt sich öffentlich zu branchenspezifisch erarbeiteten Sicherheitsvorschriften am Arbeitsplatz. Im Besonderen verpflichten sich Unternehmen, folgende Schritte
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syndicom hat die SUVA-Sicherheitscharta unterzeichnet. Mit dem öffentlichen Bekenntnis zu branchenspezifischen Sicherheitsvorschriften sollen Berufsunfälle minimiert werden. Naomi Kunz
in die Wege zu leiten und umzusetzen: • Im ganzen Unternehmen wird das Prinzip «Stopp bei Gefahr – Gefahr beheben – weiterarbeiten» eingeführt. Dieses wird auch im hektischen Arbeitsalltag durchgesetzt. • Die branchenspezifischen «Lebenswichtigen Regeln» wer-
den als verbindlich erklärt oder es werden zusammen mit der SUVA eigene Sicherheitsregeln für den Betrieb definiert. • Mitarbeitenden werden die Sicherheitsregeln mittels Schulungen erklärt – wenn möglich an den Arbeitsplätzen. Seit Februar 2015 ist syndicom Mitunterzeichnerin der Sicher-
«Wir wollen uns dafür einsetzen, die Sicherheit am Arbeitsplatz zu optimieren. Denn arbeiten darf keinesfalls lebensgefährlich sein», sagt Bernadette Häfliger Berger, syndicom-Vizepräsidentin und Leiterin Gleichstellung und Recht. Maya Griesser, bisherige Sicherheitsbeauftragte von syndicom, bekräftigt: «Es ist richtig, dass syndicom die Sicherheitscharta unterschrieben hat. Nun geht es darum, dass wir diesbezüglich Kontakte mit den Betrieben aufnehmen.»
Weitere Infos und Unterzeichnung der Charta: www.sicherheits-charta.ch/
Maya Griesser An dieser Stelle möchten wir Maya Griesser offiziell in den Ruhestand verabschieden. Wir wünschen ihr für ihre Zukunft alles Gute und bedanken uns herzlich für ihr langjähriges Engagement in der Gewerkschaft! Maya Griesser war seit 1999 während vielen Jahren Regionalsekretärin bei comedia in Zürich. Nach einer längeren Abwesenheit aus gesundheitlichen Gründen gelang ihr 2012 der Wiedereinstieg als Sicherheitsfachfrau bei syndicom. Seither war Maya für Sicherheits- und Gesundheitsfragen innerhalb der Gewerkschaft zuständig und als Mitglied der entsprechenden Kommission tätig. In Zukunft will sich die gelernte Tiefdruck-Retoucheurin vor allem dem Radieren widmen. Wir wünschen frohes, kreatives Arbeiten!
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Reka-Ferienhilfe
Endlich Ferien! Und jetzt? Mit der Reka-Ferienhilfe können sich jedes Jahr 1300 Familien und Alleinerziehende eine Ferienwoche für 100 Franken leisten. Doch was anstellen mit der vielen freien Zeit? Die Erlebnisferienwochen in den Reka-Feriendörfern Bergün und Pany bieten ein abwechslungsreiches Ferienprogramm.
«Ziel des Ferienprogramms ist es, die Eltern nicht nur durch die Kinderbetreuung zu entlasten. Wir wollen sie motivieren, etwas gemeinsam zu unternehmen und andere Familien kennenzulernen», sagt Reka-Gast geber Ruedi Sidler. Die Erlebnisferien im Reka-Feriendorf Bergün hat er gemeinsam mit seiner Frau Marlies und dem Ferienhilfeteam lanciert. Die Ferienwoche kostet inklusive Teilnahme am Programm nur einen Solidaritätsbeitrag von 100 Franken für die ganze Familie. Natur, Spiel, Sport und Genuss Die Ferienwoche startet mit einem gemeinsamen Sonntagsfrühstück. Die Familien lernen sich kennen, die Gastgeber informieren über das Wochenprogramm und geben Tipps und Ideen, wie die Familien die Gegend auf eigene Faust entdecken können. Während der Woche werden dann verschiedene Ausflüge, leichte Wanderungen und gemeinsame Aktivitäten organisiert. Daneben hat jede Familie genügend Zeit für eigene Unternehmungen. «Diese Ferienwochen sind auch für uns ein Erlebnis», sagt Marlies Sidler. «Unsere Gäste sind meist unkompliziert und kommunizieren ohne Vorurteile mit Teilnehmern unterschiedlicher Hautfarbe und Kultur. Unser Engagement wird sehr geschätzt und wir freuen uns sehr darüber, wie sich die Kontakte entwickeln.» Die Erlebnisferien für Familien und Alleinerziehende mit Kindern von 4 bis 12 Jahren werden in den Reka-Feriendörfern Bergün (3.–10. Oktober 2015) und Pany (10.–17. Oktober 2015) angeboten. Teilnahmebedingungen, Anmeldung und Informationen zu weiteren Angeboten der Reka-Ferienhilfe unter reka.ch/sozialangebote oder per Telefon +41 31 329 66 80.
Das Geissentrekking in Bergün ist ein Highlight für die Kinder.
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syndicom | Nr. 4 | 17. April 2015
AGENDA zum 1. MAI 2015 syndicom-Präsident Alain Carrupt spricht am 1. Mai in Sissach BL. Dominik Dietrich (Regionalsekretär syndicom) spricht in St. Gallen und Rorschach.
Kanton Aargau Aarau 16 Uhr Besammlung auf dem Bahnhofplatz, Umzug zum Kirchplatz. Moderation: Silvia Dell’Aquila (VPOD-Regionalsekretärin Aargau-Solothurn). Ansprachen: Itamar Piller (Co-Präsident Junge Grüne Aargau), Viviane Hösli (SP-Grossrätin, Präsidentin SP-Frauen) und Cédric Wermuth (SP-Nationalrat, Co-Präsident SP Aargau). Ab 15 Uhr Festwirtschaft mit Info- und Marktständen, Darbietungen von Patti Basler (Slam-Poetry) und dem Trio Kautschuk (Klezmer und Gypsy-Jazz). Baden Ab 13 Uhr auf dem Bahnhofplatz. Modera tion: Geri Müller (Stadtammann Baden, Nationalrat Grüne). Ansprachen: Pascal Pfister (Unia-Sekretär Aargau), Yvonne Feri (SP-Nationalrätin, Präsidentin SP-Frauen Schweiz) und Fabian Molina (Präsident Juso Schweiz). 14 Uhr Umzug durch die Innenstadt. Bis 21.30 Uhr Festwirtschaft mit Kaffee, Kuchen, Wurst und Bier. Darbietungen: Frank Powers (Musik), Manuel Diener (Slampoet) und Those And The Weirdo. Kinderprogramm 15 bis 17 Uhr. 21 bis 2 Uhr Disco im Royal mit DJ Max & Tosen. Beinwil am See, Donnerstag, 30. April Ab 18.30 Uhr im Foyer des Restaurants Löwen. Moderation: Ruedi Lanz (SP-Präsident Bezirk Kulm). Ansprachen: Claudia Mauchle (SP-Nationalratskandidatin, Vorstand AGB) und Urs Hofmann (SP-Regierungsrat). Festwirtschaft, rote Spaghetti und Infostände. Brugg Ab 17 Uhr auf dem Neumarktplatz. Moderation: Sacha Schenker (SP-Nationalratskandidat Bezirk Brugg) und Alessandra Manzelli (SP-Nationalratskandidatin Bezirk Brugg). Ansprachen: Sacha Schenker, Alessandra Manzelli, Pascale Bruderer (SP-Ständerätin) und Vanessa von Bothmer (Unia-Sekretärin, Basel). 17 Uhr Apéro. Festwirtschaft mit Kulinarischem vom Grill, Kaffee und Kuchen. Patti Basler (Slam Poetry). Lenzburg Ab 15 Uhr auf dem Metzgplatz. Moderation: Aurel Gautschi (Juso Aargau). Ansprachen: Irène Kälin (Grossrätin Grüne, Unia-Sekretärin Aargau), Max Chopard (SP-National-
rat) und Mia Kicki Gujer (Co-Präsidentin Juso Aargau). Festwirtschaft mit Grill, traditionellem Essen, Kaffee und Kuchen, Infoständen und Musik. Muri Ab 17.30 Uhr im reformierten Kirchgemeindehaus. Moderation: Andrea Rey (Nationalratskandidatin, Präsidentin SP Bezirk Muri). Ansprachen: Max Chopard (SP-Nationalrat) und Yvonne Feri (SP-Nationalrätin, Präsidentin SP Frauen Schweiz). Festwirtschaft mit kulinarischen Köstlichkeiten und musikalischer Unterhaltung. Rheinfelden Ab 11.30 Uhr im Clublokal Colonia Libera, im Rumpel. 13.10 Uhr Demo-Marsch zur Schifflände, Treffen mit deutschen KollegInnen. Apéro an der Schifflände. Begrüssung: Colette Basler (Nationalratskandidatin) und Claudia Rohrer (Nationalratskandidatin). Ansprachen: Katrin Distler (Präsidentin Interregionaler Gewerkschaftsrat), Cédric Wermuth (SP-Nationalrat), Kurt Emmenegger (SP-Grossrat, Präsident AGB) und Manuel Avallone (Vizepräsident SEV). Bis 20 Uhr Festbetrieb im Rumpel. Enzos Spaghetti und Unterhaltung mit Donato. Zofingen Ab 16 Uhr in der Markthalle. Moderation: Martin Zimmerli (Präsident Maikomitee Bezirk Zofingen). Ansprachen: Chris Kelley (Unia-Sekretär), Claudia Mauchle (SP-Nationalratskandidatin, Vorstand AGB) und Giorgio Tuti (Präsident SEV, Vizepräsident SGB). Festbeiz der SP Oftringen mit Tombola, Ständen und Musik von 3 Ts & Triple Trouble. Kanton Basel-Landschaft Sissach 13.30 bis etwa 17 Uhr Festbetrieb im Jakobshof. Umzug vom Bahnhof Sissach via Bahnhofstrasse, Strichcode, Hauptstrasse zum Jakobshof. Ansprachen: Andreas GigerSchmid (Präsident GBBL, Landrat SP), Susanne Leutenegger Oberholzer (Nationalrätin SP), Alain Carrupt (Präsident Gewerkschaft syndicom) und Samira Marti (Nationalratskandidatin Juso BL). Musik mit der Streetband Brazz Attack. Kanton Basel-Stadt Basel Ab 10 Uhr Besammlung auf dem Messeplatz. 10.30 Uhr Umzug via Claraplatz, Rheinbrücke zum Marktplatz. 11 Uhr Kundgebung auf dem Marktplatz. Ansprachen: Toya Krum menacher (Präsidentin BGB), Aleksandra Pavlou (Gast aus Griechenland, Syriza-Aktivistin), Vania Alleva (SGB-Vizepräsidentin, Co-Präsidentin Unia), Mustafa Atici (SP-Na-
tionalratskandidat Basel Stadt) und Etrit Hasler (Slampoet). 12 bis 19 Uhr Festwirtschaft auf dem Marktplatz, Darbietungen: Caramelo, Yagmur, Freylax‘ Orkestar und The Blackberry Brandies. Kanton Bern Bern 10.30 Uhr Besammlung in der Kramgasse. 11 Uhr Umzug. Ansprachen: Béatrice Stucki (VPOD-Regionalsekretärin, SP-Grossrätin, Präsidentin GSB), Corrado Pardini (SP-Nationalrat, Präsident GKB), Regula Rytz (Nationalrätin Grüne, Co-Präsidentin Grüne Schweiz), Vertretung der Jugend und der Migration. Fest auf dem Bundesplatz. Risotto von 12.30 bis 13.30 Uhr und zwischen 18 Uhr und 19 Uhr, mit Maibändel gratis. Diverse Verpflegungsstände. Darbietungen von DJ Salvi, Nybura Oryantal, Daria and the Brothers, Sibill et les Beaux, Jon and Voss und Chaostruppe. Diskussionen im Zelt: 14.30 Uhr «Lohnarbeit» mit dem Überzeit-Kollektiv, 17 Uhr Diskussion zum Internationalismus. 21 Uhr Kabarett Linggi Schnure mit ihrem Programm «gschafft» im Ono, Kramgasse 6. Ab 10 Uhr findet auf der Allmend der traditionelle Lenincup (Fussballturnier) statt. Anmeldungen bis 24. April an gerber.thomas@bluewin.ch. Biel Ab 12 Uhr Festbetrieb mit Essensständen auf dem Zentralplatz. 16 Uhr Besammlung auf dem Bahnhofplatz. Umzug via Zentralstrasse, Nidaugasse auf den Zentralplatz. Ansprachen: Corrado Pardini (SP-Nationalrat und Unia-Geschäftsleitung), Samantha Dunning (Grossrätin Kanton Bern, Stadträtin Biel) und Lena Frank (Co-Präsidentin Junge Grüne Schweiz, Stadträtin Biel). Konzert Lucien Dubuis Trio. Burgdorf Ab 17.30 Uhr auf der Brüder-Schnell-Terrasse (bei schlechtem Wetter unter den Marktlauben). Ansprachen: Pedro Lenz (Dichter und Schriftsteller), Marina Frigerio (Autorin) und Andrea Lüthi (SP-Grossrätin Burg dorf). Ab 16.30 Uhr Festwirtschaft mit der Harmoniemusik Burgdorf und Clochard Deluxe («Ostblock-Untergrund-Musik»). Langenthal Ab 16 Uhr auf dem Wuhrplatz. Ansprachen: Tamara Funiciello (Nationalratskandidatin, Unia), Adrian Wüthrich (SP-Nationalratskandidat) und Flavia Wasserfallen (SP-Generalsekretärin). Festbetrieb mit musikalischer Unterhaltung von Salsa Pinton.
Nord. Transfer mit dem Bus nach Lengnau, Dorfschulhaus. Ansprachen: Roberto Zanetti (Ständerat Kanton Solothurn), Bea Heim (Nationalrätin Kanton Solothurn), Remo Bill (Präsident SP Grenchen, Nationalratskandidat) und Dana Augsburger-Brom (SP-Stadträtin Biel, Vorstandsmitglied Unia Biel, Nationalratskandidatin). Festwirtschaft 16.15 bis 20 Uhr in der Aula des Dorfschulhauses Lengnau mit Gratisrisotto, Bratwurst und Salat. Politkabarett Linggi Schnure mit dem Programm «gschafft». Roggwil 11.30 bis 14 Uhr Festwirtschaft auf dem Schulhausplatz, bei schlechtem Wetter im ref. Kirchgemeindehaus. Ansprachen: Pierre Masson (Grossrat), Flavia Wasserfallen (Generalsekretärin SPS) und NationalratskandidatInnen. Hüpfburg für die Kinder. Thun Ab 14 Uhr auf dem Rathausplatz. Moderation: Roman Gugger (Stadtrat Grüne, SEV-Gewerkschaftssekretär). Ansprachen: Corrado Pardini (SP-Nationalrat, Leiter Industrie Unia), Christine Häsler (Grossrätin Grüne), Lea Kusano (Mitglied GL SP-Frauen Schweiz) und Alex Zeller (Juso Thun, Vertreter der Jugend). 16.30 Uhr Jubiläumsumzug «125 Jahre 1. Mai» durch die Stadt. Bis 0.30 Uhr Festwirtschaft und Darbietungen von: Thomas Melone, Rety del Rey, Loose Connection, DJ Günter G. und AKuT. Kinder- und Jugendanimation, Schätzfrage, Vegi-Menü, Bratwurststand und Crêpes. Ab 23 Uhr After-Party im «Mundwerk» mit DJ Mulungu & DJ Vokuhila. Kanton Graubünden Chur 17 Uhr auf dem Theaterplatz. Ansprachen: Paul Rechsteiner (SGB-Präsident, SP-Ständerat), Silva Semadeni (SP-Nationalrätin) und Kurzreden von Juso und KurdInnen. Festwirtschaft bis 19.30 Uhr mit Musik und Hüpfburg für die Kinder. Im Anschluss Fest in der Kulturbar Werkstatt, Untere Gasse 9. Kanton Luzern Luzern Ab 11 Uhr auf dem Kapellplatz. Ansprachen von RegierungsratskandidatInnen. Festwirtschaft mit Infoständen bis 22 Uhr.
Lengnau 15.15 Uhr Besammlung auf dem Marktplatz Grenchen, Umzug zum Bahnhof Grenchen
Kanton Sankt Gallen Rapperswil Festwirtschaft ab 11.30 Uhr auf dem Fischmarktplatz. 15 Uhr Begrüssung: Peter Hüppi (Nationalratskandidat). Ansprachen: Barbara Gysi (Präsidentin kantonaler Gewerkschaftsbund, Nationalrätin Wil) und Paul Rechsteiner (SGB-Präsident, SP-Ständerat). Festbetrieb bis 18 Uhr.
Statt Probleme zu lösen, werden die Nöte und Ängste der Menschen mit Ausgrenzungskampagnen bewirtschaftet: Gegen SozialhilfeempfängerInnen, gegen IV-BezügerInnen, gegen religiöse Minderheiten und vor allem gegen AusländerInnen. Ausgrenzung und Diskriminierung schaden nicht nur den Betroffenen, sondern auch der Gesellschaft. Ausgrenzung gefährdet unseren Wohlstand! Dagegen treten wir an. Soziale Gerechtigkeit ist das Gebot der Stunde. Gute Löhne und Renten, gute
Arbeitsbedingungen, sichere Arbeitsplätze und Lohngleichheit sind in der Schweiz wirtschaftlich eine Frage des Willens und des Kräfteverhältnisses. Deshalb fordern wir lautstark: Gute Löhne und bessere Renten, gute Arbeitsbedingungen und Vollbeschäftigung. Wir fordern eine gerechte, solidarische, diskriminierungsfreie und offene Schweiz. Dafür rufen wir im 125. Jahr der Maifeier unsere Losung ins Land: Soziale Gerechtigkeit statt Ausgrenzung! Schweizerischer Gewerkschaftsbund
Tag der Arbeit
Soziale Gerechtigkeit statt Ausgrenzung! Fortsetzung von Seite 1 Getreu dem Prinzip: «In guten Zeiten die Gewinne einstreichen, in schlechten Zeiten die Risiken auf die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen abwälzen», führen Betriebe illegale Eurolöhne ein, senken Löhne, lagern Arbeitsplätze aus und erhöhen die Arbeitszeit. Gegen diese «Frankenkrisengewinnler» treten wir an. Statt von der Nationalbank die Durchsetzung ihres gesetzlichen Auftrags zu fordern und für einen angemessenen Euro-
Franken-Kurs einzustehen, stimmen die bürgerlichen Parteien in den Chor der Wirtschaftsverbände ein und propagieren altbekannte ideologische Rezepte: Deregulierung, Service public abbauen, Sparprogramme, Sozialabbau, Steuersenkungen für Unternehmen und Reiche und Verzicht auf längst fällige Massnahmen wie jene zur Durchsetzung der in der Verfassung verankerten Lohngleichheit. Dagegen treten wir an.
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syndicom | Nr. 4 | 17. April 2015
St. Gallen, Donnerstag, 30. April Ab 19.30 Uhr im Frauenarchiv, Florastras se 6. Ansprache: Catherine Weber (VPOD-Gewerkschaftssekretärin, Geschäftsführerin Grundrechte.ch), Thema: Überwachungsstaat reloaded. Wo steht die Schweiz nach Snowden und nach den Anschlägen in Paris? Zum aktuellen Stand des Nachrichtendienstgesetzes. St. Gallen, 1. Mai 17 Uhr Besammlung auf dem Bahnhofplatz. Umzug via Kornhausstrasse, Multergasse, Burggraben in die Marktgasse. Ansprachen: Barbara Gysi (Präsidentin kantonaler Gewerkschaftsbund, Nationalrätin Wil), Dominik Dietrich (Sekretär syndicom, Präsident Gewerkschaftsbund Stadt Sankt Gallen), Beat Schenk (Unia-Jugend) und Cenk Bulut (DEM – Kurd Schweiz). Festwirtschaft mit kulinarischen Höhenflügen und Musik von Richie Pavledis. 20 Uhr Konzert in der Grabenhalle. Wil Ab 19 Uhr im Restaurant Gemsli. Ansprachen: Paul Rechsteiner (SGB-Präsident, SP-Ständerat) und Fabian Molina (Präsident Juso Schweiz). Festbetrieb mit Musik von The Bear’s Cave. Kanton Schaffhausen Schaffhausen, Donnerstag, 30. April Juso-Vorfest im Mosergarten. 17 Uhr Barbetrieb mit Bier, Grill und Salat. 19 Uhr Poetry Slam. 20 Uhr Konzert mit Jah Pirates und Stone Free. Anschl. Musik von Boom di Ting. Schaffhausen, 1. Mai 11 Uhr Besammlung in der Vorstadt. 11.30 Uhr Umzug via Schwertstrasse, Bahnhofstrasse, Obertor zum Fronwagplatz. Reden zum Sparpaket ESH4: Martina Munz (SP-Nationalrätin Schaffhausen) und andere. Bis 15.30 Uhr Volksfest mit Musik auf dem Fronwagplatz. Ab 16 Uhr im Mosergarten AL-Nachtfest mit Barbetrieb und tamilischen Spezialitäten. 19.30 Uhr Konzert Fearless Faiting Goats und Ouijaboard Club. Kanton Solothurn Balsthal Ab 14.30 Uhr auf dem Platz hinter dem Bürgerhaus. Ansprache: Peter Schafer (Stadtrat Olten und Nationalratskandidat). Bis 17 Uhr Festbetrieb mit Tanzdarbietung. Grenchen 15.15 Uhr Besammlung auf dem Marktplatz Grenchen, Umzug zum Bahnhof Grenchen Nord. Transfer mit dem Bus nach Lengnau, Dorfschulhaus. Festlichkeiten siehe Lengnau BE. Olten 13.30 Uhr Besammlung auf dem Bifangplatz. Umzug zum Kulturzentrum Schützi. Moderation: Urs Huber (Präsident 1.-MaiFest Olten). Ansprachen: Lena Frank (Nationale Jugendsekretärin Unia) und Philipp Hadorn (SP-Nationalrat, SEV). Festwirtschaft mit italienischer Küche, Sangria, Bar,
125 Jahre Erster Mai In über 100 Staaten gilt der 1. Mai heutztage als Feiertag. 2015 ist es 125 Jahre her, seit der Erste Mai zum ersten Mal begangen wurde. Der Erste Mai spiegelt die Geschichte der weit verästelten sozialen Bewegungen und politischen Parteien im Kampf für Gerechtigkeit und Menschenrechte. Die Gewerkschaften haben diese Geschichte entscheidend geprägt. Ursprünge und Geschichte des 1. Mai Die gegen Ende des 19. Jahrhunderts erstarkende Arbeiterbewegung stellte vor allem den 8-Stunden-Tag in den Mittelpunkt ihrer Forderungen. US-amerikanische Gewerkschaften wollten diese Forderung am 1. Mai 1886 durchsetzen. Der 1. Mai war in den USA der Tag, an dem die Arbeiter traditionell ihre neuen Arbeitsbedingungen aushandelten. In Chicago begann an diesem 1. Mai ein umfassender Streik, der am 4. Mai in einem Attentat auf die Polizei und einer offenen Strassenschlacht endete. In einem Prozess wurden anschliessend 7 Arbeiterführer zum Tod verurteilt (an vier Personen wurde die Strafe vollzogen), einer beging in der Zelle Selbstmord, zwei wurden zu einer lebenslänglichen Strafe «begnadigt». Auch in Europa und Australien forderte die junge Arbeiterbewegung primär den 8-Stunden-Tag und humanere Arbeitsbedingungen. Der internationale Arbeiterkongress von Paris 1889, der sich als II. Internationale konstituierte, wollte dies mit einer «gleichzeitigen Forderung an die öffentlichen Gewalten» in allen Städten und Ländern erreichen. In Erinnerung an den Streik von Chicago sollte der Kampf um den 8-Stunden-Tag am 1. Mai 1890 beginnen. Ein Jahr später folgte die Entscheidung der II. Internationalen, den 1. Mai nunmehr an jedem Tag als Kampftag zu begehen. Anfänge des 1. Mai in der Schweiz In der Schweiz wurde 1890 der 1. Mai bereits in 34 Orten gefeiert. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund organisierte damals knapp 5000 Mitglieder, die Sozialdemokratische Partei der Schweiz war erst 9 Monate alt. «Einige tausend» dürften an diesem Tag auch der Arbeit ferngeblieben sein, weitaus am meisten in Bern, wo am frühen Nachmittag bereits rund 2000 marschierende Personen gezählt
Tombola und Robinsonspielplatz. 20.15 Uhr Son de la Suiza (Latin-Music). Festbetrieb bis 3 Uhr. Solothurn 14.45 Uhr Besammlung beim Gewerbeschulhaus. 15 Uhr Umzug via Wengibrücke, Kronenstutz zur Fischergasse. Ansprachen: Roberto Zanetti (Ständerat Gerlafingen) und weitere Mitglieder des 1.-Mai-Komitees. Festwirtschaft ab 15.30 Uhr in der Fischergasse. 18 Uhr Konzert. 21 bis 2 Uhr Disco im Restaurant Kreuz. Kanton Schwyz Biberbrugg Ab 18.30 Uhr im Hotel Post. Ansprachen: Andy Tschümperlin (SP-Nationalrat Schwyz) und Alex Granato (Unia-Regionalsekretär Pfäffikon). Festwirtschaft mit Musik von Bludi. Kanton Thurgau Romanshorn Ab 10.30 Uhr im Locorama. Begrüssung: Aliye Gül (SP-Grossrätin, Stadträtin Romanshorn). Ansprachen: Paul Rechsteiner (SGB-Präsident, SP-Ständerat). Schlusswort: Edith Graf-Litscher (Präsidentin TGGB, SP-Nationalrätin, SEV-Sekretärin). Festwirtschaft mit Pasta, Grill und Kuchenbuffet. 13 bis 15 Uhr Führung durch das Locorama.
wurden. Mehr Zulauf hatten in den meisten Orten die Abendveranstaltungen (die gute Quellenlage über die Teilnahme an den ersten Mai-Feiern rührt daher, dass der Bundesanwalt die Manifestationen systematisch bespitzeln liess). 1910 wurden in der Schweiz 96 Orte mit 1.-Mai-Feiern gezählt. In Zürich wurden vor dem Ersten Weltkrieg mehrmals über 10 000 Teilnehmende gezählt. Mit dem Weltkrieg kommt ein Einbruch, mit der wachsenden Not der Arbeiterfami lien 1918 aber wieder ein Zuwachs an Teilnehmenden. Der grösste Schweizer 1.-Mai-Umzug findet 1919 mit rund 50 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern in Zürich statt. Kurz zuvor war – als späte Ernte des Generalstreiks – der 8-Stunden-Tag (die 48-Stunden-Woche) für viele Branchen eingeführt worden. Integration und neue Forderungen In den Zwanzigerjahren sind die 1.-Mai-Feiern in der Schweiz vor allem von innerlinken Richtungskämpfen geprägt, in den Dreissiger- und den Kriegsjahren vom Kampf gegen den Faschismus und in den Nachkriegsjahren von der allmählichen Integration in den bürgerlichen bzw. sozialdemokratisch-gewerkschaftlich mitgeprägten Staat. Ab den 50er-Jahren symbolisieren Trachtengruppen und Ehrendamen an den Umzügen bescheidenere Forderungen. Militante Äusserungen sind nur mehr am Rand zu vernehmen. Wichtigste oppositionelle Stimme sind die «Gastarbeiter», die ab den 60er-Jahren die Umzüge zu dominieren beginnen. Wenig später bringen die neuen Linken – die Studenten-, Frauen-, Ökologie-, Friedens-, Drittwelt- und Anti-AKW-Bewegung – neue Forderungen in die Demonstrationen. Seit den 70er-Jahren prägen die klassischen GewerkschafterInnen, die Exilgruppen und die neuen sozialen Bewegungen die Umzüge. Seit den 90er-Jahren zeichnet sich eine Vereinheitlichung der drei Blöcke ab, zumeist unter gewerkschaftlicher Leitung. Das überrascht nicht, haben sich doch die Gewerkschaften in den letzten 25 Jahren gründlich reformiert. Sie stellen heute schweizweit die grösste EmigrantInnen-Organisation dar. Und viele sozial Bewegte ehemaliger kleinerer Organisationen, die sich links der SP positionierten, spielen heute in der Gewerkschaft eine wichtige Rolle, sei es als Profigewerkschafterinnen oder als «militants». Ewald Ackermann, SGB © Z VG
Rorschach Ab 19 Uhr in der Café Bar Treppenhaus. Ansprachen: Barbara Gysi (Präsidentin kantonaler Gewerkschaftsbund, Nationalrätin Wil) und Dominik Dietrich (Sekretär syndicom, Präsident Gewerkschaftsbund Stadt Sankt Gallen). Festwirtschaft mit Apéro.
Kanton Uri Altdorf Ab 18 Uhr auf dem Unterlehn. Ansprachen: Barbara Spalinger (Vizepräsidentin SEV) und Arno Kest (Präsident Syna). Festwirtschaft mit Risotto. Kanton Zug Zug Ab 17 Uhr auf dem Landsgemeindeplatz. Ansprachen: Katharina Prelicz-Huber (VPOD-Präsidentin), Anna Spescha (Co-Präsidentin Juso Zug) und Fabienne Widmer (Junge Alternative Zug). Offenes Mikrofon, Festwirtschaft mit Musik von Joelle Iana Flanders. Kanton Zürich Bülach Ab 10.30 Uhr im Eventzentrum Guss 39. Ansprachen: Mattea Meyer (Kantonsrätin Juso Winterthur), Roman Burger (Geschäftsleiter Unia Zürich-Schaffhausen) und Priska Seiler Graf (SP-Kantonsrätin, Stadträtin Kloten). Festwirtschaft mit Infoständen. Winterthur 11 Uhr Besammlung auf dem Neumarkt. Ansprachen: Jacqueline Fehr (SP-Nationalrätin), Ueli Mäder (Soziologe) und Julio Valero (Unia). Umzug via Bahnhofplatz, Graben zur Reithalle. 14 Uhr Ansprache:
Roman Burger (Unia). Bis 18 Uhr Festwirtschaft bei der Reithalle. 16 Uhr Konzert von Götz Widmann. Kinderprogramm. Zürich, Donnerstag, 30. April Ab 14.30 Uhr Maivorfeier «Das Herz schlägt links!» im Volkshaus, Blauer Saal. Ansprachen: Markus Notter (Präsident des Europa instituts Uni Zürich) und Andreas Rieger (SGB-Delegierter im Europäischen Gewerkschaftsbund). Grussbotschaften: Rebekka Wyler (Vizepräsidentin SP Kanton Zürich), Markus Bischoff (GBKZ-Präsident) und Marco Medici (Avivo). Arbeiterlieder vom Chor Tigersprung. Kleine Festwirtschaft. Zürich, 1. Mai 10 Uhr Besammlung in der Lagerstrasse, Nähe Hauptbahnhof. Umzug zum Sechseläutenplatz. 11 bis 15 Uhr Kundgebung auf dem Sechseläutenplatz, Ansprachen: Giorgio Tuti (Präsident SEV und Vize-Präsident SGB) und weitere. Abschlusskundgebung mit Redebeiträgen, Musik von Pamplona Grup. Zürich, 1. Mai bis 3. Mai Grosses Zürcher Polit-Fest auf dem Kasernenareal. Am 1. Mai mit Kinderfest. Weitere Informationen unter www.1mai.ch. Onlinekarte mit allen Veranstaltungen und aktualisierten Infos: www.sgb.ch
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syndicom | Nr. 4 | 17. April 2015
Weltsozialforum 2015
Ohne Hierarchie, ohne Doktrin Zwanzigtausend Menschen aus aller Welt versammelten sich Mitte März am zwölften Weltsozialforum in Tunis. Impressionen und Wortmeldungen von gewerkschaftsnahen Mitgliedern der schweizerischen Delegation. Sina Bühler*
Dem WEF zum Trotz Eine andere Welt ist möglich ∙ Am Eröffnungsmarsch des Weltsozialforums, nur wenige Tage nach dem Terroranschlag auf ein Museum in Tunis, bekundeten die internationalen Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Solidarität mit Tunesien.
Antreten gegen eine «immer komplexere Realität» Ein Teilnehmer ist Sergio Ferrari. Er ist als Sprecher der Organisation E-changer hier, die soziale Bewegungen mit Expertise unterstützt, und war früher Vorstandsmitglied der Branche Presse und elektronische Medien von syndicom. Ihn beeindruckt die Kraft, die der Anlass auch bei der zwölften Austragung noch hat: «Nach den Attentaten dachten wir, das Forum sei gestorben. Nicht aus Sicherheitsbedenken, sondern weil die Globalisierungskritiker einer immer komplexeren Realität entgegentreten müssen.» Die Reife der Diskussionen in den Workshops und Versammlungen habe ihn überrascht und wieder neu begeistert. E-changer hat am Parlamentarierfo-
rum, das innerhalb des WSF tagte, eine Initiative vorgestellt. Sie verlangt, dass Unternehmen mit Sitz in der Schweiz auch verantwortlich für die Einhaltung der Menschenrechte weltweit sei-
ich besucht habe, waren immer Frauen auf dem Podium vertreten.» Wichtig sei ihr auch jeweils das Vorprogramm zum WSF, das von E-changer/Comundo und Alliance Sud organisiert wird. «Ich habe heuer ein Frauenhaus und die unabhängi«Im täglichen Arbeitskampf ge Wahlkommission geht das Internationalistische besuchen können.» Die Wahlkommission ein wenig vergessen.» führe Kampagnen auf Pierluigi Fedele, Unia dem Lande durch, um die AnalphabetInnen zu erreichen. «Offenen. Die Idee wird nun von vielen bar war das auch bei Frauen Parlamentarierinnen und Parla- erfolgreich», freut sich Wüthmentariern in ihr eigenes Land rich, «viele auf dem Land haben getragen. Kalthoum Kennou gewählt, die einzige Frau, die Ende 2014 am Präsidentschaftswahlkampf teil«La femme tunisienne» Die ehemalige syndicom-Zent- genommen hat.» Kalthoum Kenralsekretärin Therese Wüthrich nou ist eine eindrückliche Frau, ist zum zweiten Mal in Tune- die der Schweizer Delegation sien, sie hat bereits am Forum vieles über «La femme tunisien2013 teilgenommen. «Damals ne» erzählt hat, die kämpferiwie heute sind viele Frauen aus sche tunesische Frau. Und auch dem Maghreb am Forum prä- darüber, wie wenig die Frauen andererseits in der Regierung, sent. In den Workshops, die
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tion ans WSF mit. Unter den 70 Schweizer Teilnehmenden sind Parlamentarier, Gewerkschafterinnen, Journalisten und Vertreterinnen von NGOs.
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Laut den Organisatoren haben sich 20 000 einzelne Teilnehmende und 4300 Organisationen aus 120 Ländern angemeldet. Obwohl knapp eine Woche vor der Eröffnung ein Anschlag im Bardo-Museum in Tunis 24 Menschen das Leben kostete, habe es nicht mehr als zehn Absagen gegeben. Geboren wurde das Weltsozialforum 2001 in Porto Alegre (Brasilien): Als Akt des Widerstands gegen das World Economic Forum (WEF), die Wirtschaftsgipfel der G8-Länder und die Bestrebungen der multinationalen Unternehmen, welche die ganze Welt unter den Mächtigen aufteilten, ohne die Betroffenen in den Entwicklungsländern mitreden zu lassen. «Die Zivilgesellschaft suchte nach neuen Formen des internationalen Kontaktes, nach einem Ideenaustausch ohne Hierarchien, ohne einheitliche Doktrin. Eine Gegenposition zum WEF», sagt Peter Niggli, der Geschäftsführer von Alliance Sud. Die entwicklungspolitische Arbeitsgemeinschaft wirkt schon seit Jahren an der Reiseorganisation der schweizerischen Delega-
im tunesischen Parlament oder in den Gewerkschaftsleitungen vertreten sind. Der grüne Waadtländer Ständerat Luc Recordon war seit 2004 jedes Jahr dabei. «Für mich ist das eine Weiterbildung. So wie ein Arzt einen Kongress besucht, gehe ich als Politiker an das Weltsozialforum», sagt er. Mindestens so wichtig wie der internationale Austausch seien ihm aber die Kontakte, die er innerhalb der Schweizer Delegation knüpfen könne. «Ich entdecke jedes Jahr neue Schweizer Kolleginnen und Kollegen mit denselben Anliegen wie ich.» Er hoffe, sagt Recordon, das Forum bleibe weiterhin so «kaleidoskopisch» wie bisher. Es gebe nämlich Bestrebungen, die Pluralität in eine einzige, politisch einheitliche Bürgerbewegung zu verwandeln.
Ideen für tunesische Angestellte von Schweizer Firmen Die Gewerkschaft Unia ist mit einer grösseren Delegation in Tunis. Für Geschäftsleitungsmitglied Pierluigi Fedele sind die Arbeiterorganisationen unbedingt Teil der viel beschworenen Zivilgesellschaft, die sich hier trifft. Fedele sieht sie auch heute noch als internationalistische Organisation, «auch wenn wir das in unseren alltäglichen Arbeitskämpfen ein wenig vergessen.» Abgesehen von der ideellen Zugehörigkeit können auch konkrete Anknüpfungspunkte entstehen. «Nehmen wir beispielsweise Schweizer Firmen in Tunesien: Wir haben uns mit dem hiesigen Gewerkschaftsbund Union Générale Tunisienne du Travail (UGTT) über Möglichkeiten ausgetauscht, wie wir die tunesischen Angestellten dieser Firmen unterstützen können.»
* Freie Journalistin und Co-Präsidentin Branchenvorstand Presse und elektronische Medien
© SERGIO FERRARI
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Auf den ersten Blick ist es nur ein grosses Volksfest. Auf dem Gelände der El-Manar-Universität säumen Essenszelte und viel Musik die Laufwege zwischen den Fakultäten. Aber auch unzählige Informationsstände, palästinensische Aktivisten, die sich singend hinter ihrer Flagge versammeln. Globalisierungskritiker aus der ganzen Welt tauschen Adressen und Neuigkeiten, besuchen internationale Diskussionsrunden zu «Informeller Ökonomie», Seminare mit dem Titel «Auswirkungen des TISA-Abkommens auf die Bildung», Workshops zu «Short-Film Shooting» und Vollversammlungen, welche den «Schuldenerlass für Entwicklungsländer» fordern.
International | 11
syndicom | Nr. 4 | 17. April 2015 «kursiv» von Helen Brügger
Kürzlich erzählte mir ein Kollege, er müsse jetzt in der Redaktion neben seinen Artikeln auch noch «die rechte Spalte» machen. Dort, wo im Print die klugen Kommentare stehen, preist seine Tageszeitung im Netz «supergünstige Angebote» mit «Rabatten von über 50 bis 80 Prozent» an, einfach, indem die Leser «mit andern Käufern eine starke Einkaufsgemeinschaft» bilden. So verdealt mein Kollege Bauchmuskeltrainer, Faltenlifting-Kosmetik und tiefwärmende Kräuterstempelmassagen, bevor er eine feinsinnige Kunstkritik verfasst. Ein anderer Kollege erzählte mir, wie seine Zeitung ihn zwecks Verfassens eines PR-Textes an einen Werbekunden vermietet habe. Ein dritter ist unterdessen zum Spezialisten für Advertorials und Advertikel avanciert: Kaum ein Inserent, der nicht entzückt jauchzt, wenn die Edelfeder seine Werbebotschaft mit dem Label eines Artikels oder Editorials adelt. Derweil werden in den Stellenanzeigen für redaktionelle Mitarbeiter keine JournalistInnen mehr, sondern nur noch «Multimedia-Storyteller», «Projektmanager im Digital Innovation Team» oder «Video-Content-Produzenten» gesucht.
Wie zum Teufel soll ich mit meinen gut sechzig Lenzen auf dem Buckel so noch mit meinem Einkommen auskommen? Zum Glück fiel mein Auge in der Lokalzeitung auf ein Inserat der JournalistInnenschule MAZ: «Wer weiss schon, was morgen von Ihnen verlangt wird? Am MAZ werden Sie auf die Zukunft vorbereitet», machte mich das Inserat neugierig. Auch der Titel des Werbetexts, «Multidigitalewebillugrafin», zeigte mir auf den ersten Blick, dass ich mein veraltetes Berufsbild ab sofort neuen Realitäten anpassen müsse. Ich verstand: Die Zukunft meines Berufs gehört den Fitten, Flexiblen, Anpassungsfähigen und Polyvalenten. Ich war zwar schon bisher überzeugt, dass gute Journalisten polyvalent sein müssen. Ich glaubte, sehr viel Verständnis für Politik, Geschichte und Gesellschaft müsse gepaart sein mit feinem Gespür für Menschen, dem Riecher für eine gute Story, der Lust am Aufdecken und Aufklären sowie Stilsicherheit beim Schreiben. Das alles ist offenbar mega out. Tief beschämt habe ich deshalb in den letzten Wochen an meinem Relaunch gearbeitet. Ich meine, nicht nur körper-
lich mit Bauchmuskeltrainer und Kräuterstempelmassagen und so, sondern vor allem auch mental. So versuchte ich mich bald wie folgt anzubieten: «Polyvalente zweisprachige Senior-AllroundMulti-Schreibdienstleisterin mit Eintrag im Berufsregister, langjähriger Publishing-Erfahrung, vertieften Kenntnissen im Profiling gesellschaftlicher Problemzonen und Flair für Branded Content, sicherem Gespür für das Markenumfeld Ihrer Publikation, auch online für die Kreation nahtloser Übergänge zwischen journalistischer und kom merzieller Kommunikation, erfüllt jeden Wunsch, besonders auch im Bereich Bakteriellen Marketings. Biete unwiderstehlichen Premium-Content in allen gewünschten Formen.» Leider habe ich so lange nur Absagen erhalten, bis mir ein jüngerer Kollege erklärte, es heisse nicht Bakterielles, sondern Virales Marketing. Seit ich das korrigiert habe, flutscht es nur so mit den Aufträgen.
© TOMZ
Mein polyvalenter Relaunch
Griechenlands Gewerkschaften
«Die Ratte in Europas Labor»
Zum ersten Mal in der Geschichte ist die Zahl der Menschen in Griechenland ohne Arbeit höher als jene mit Arbeit. Das ist auch das Werk der europäischen Geldgeber, sagt Gewerkschafter Apostolos Kapsalis. Babis Ganotis (Verdi), Michael Stötzel Fonds halbiert wurden, sondern auch, dass die Behörde, welche die Mittel an die Gewerkschaften verteilte, ganz aufgelöst wurde. Nach dem Wahlsieg von Alexis Tsipras und der Linken wechselte Apo«Wir haben das stolos Kapsalis dieRecht auf sen Monat von der GAV-Verhandlungen Gewerkschaft ins Arbeitsministerium. verloren.» Dort soll er aufräuApostolos Kapsalis, men, was Brüssel mit seinen «HilfsArbeitsrechtler programmen» zerstörte. Babis Ganotis geber in Griechenland durch- von der deutschen Dienstleissetzten: «Unser Land ist die Ratte tungsgewerkschaft Verdi hat mit im europäischen Reformlabor», Kapsalis gesprochen. sagte er. Und: «Hier wird geprüft, was an Abbau geht.» Kapsalis Welche Folgen hatte das Diktat arbeitete damals im Forschungs der Troika für das A rbeitsrecht und institut des grössten griechi- die Gewerkschaften? schen Gewerkschaftsbundes, Apostolos Kapsalis: Als Bedindes GSEE. Und war in dieser gung für die Finanzhilfen mussFunktion direkt konfrontiert te Griechenland mehr als 90 mit den Massnahmen, die die Prozent des kollektiven VerTroika (also die EU-Kommissi- trags- und Arbeitsrechts abschafon, die Europäische Zentralbank fen. Bis 2009 hatten wir zum und der IWF) der Regierung in Beispiel das Recht auf die VerAthen diktierte. Dazu gehörten: handlung von Gesamtarbeits• Verbot von GAV-Verhandlun- verträgen. Das haben wir heute gen über Lohnerhöhungen, nicht mehr. Für eine Gewerk• Senkung des Mindestlohns, schaft ist es heute so gut wie • Beschränkung des Streik- unmöglich, mit den Arbeitrechts, gebern einen Gesamtarbeits• Heraufsetzung des Renten vertrag auszuhandeln. 98 Proalters. zent der Unternehmen haben Und nicht zuletzt verlangte die nur zehn bis zwölf BeschäftigTroika die finanzielle Austrock- te, wir haben keine Kultur der nung der Gewerkschaften. Sie Branchengewerkschaften, und waren neben den Mitgliederbei- ausserdem wurden unsere rechtträgen aus einem Fonds gespeist lichen Möglichkeiten so zusamworden, in den alle Beschäftig- mengestrichen, dass wir gegenten des Landes einzahlen muss- über den Arbeitgebern keine ten. Die Troika erzwang nicht wirkliche Verhandlungsmacht nur, dass die Beiträge an diesen mehr haben.
© KEYS TONE/PETROS GIANNAKOURIS
Vor zwei Jahren fand der griechische Arbeitsrechtler Apostolos Kapsalis ein drastisches Bild für den Abbau der Rechte von Beschäftigten und Gewerkschaften, den die europäischen Geld-
Alles verloren – Obdachloser vor geschlossenem Geschäft auf einer ehemaligen Prachtstrasse in Athen. «Griechenland wurde praktisch zerstört», sagt Gewerkschaftsjurist Apostolis Kapsalis.
Mit der Konsequenz, dass es derzeit f aktisch keine kollektiven Arbeitsverträge mehr gibt? In den Betrieben können jetzt noch 60 Prozent der Beschäftigten eine Verhandlungskommission gründen, die mit dem Arbeitgeber einen Haustarifvertrag ab schliessen kann. Meist geschieht das auf Initiative des Arbeitgebers. Dann heisst es oft: Unterschreibt, oder ich entlasse euch. Hier stehen eure Namen und die Lohnsenkung von 25 bis 30 Prozent.
Die linke Syriza-Regierung will das Arbeitsrecht und die Vertrags autonomie der Sozialpartnerinnen wiederherstellen. Sie will auch den Mindestlohn wieder auf das Niveau von 2009 anheben. Ist das zu schaffen?
Schrittweise, ja. Die Regierung wird Gesetze verabschieden, um wieder gewerkschaftliche Lohnund Vertragsverhandlungen zu ermöglichen. In den letzten Jahren haben wir eine Katastrophe erlebt. Die Arbeitslosigkeit der Jugendlichen liegt bei 55 Prozent. Wir haben eine Million Beschäftigte, die teilweise seit mehr als einem Jahr auf ihren Lohn warten. Viele kleine Betriebe würden einen sofortigen Anstieg des Mindestlohns auf das Niveau von 2009 nicht verkraften. Die Folge wäre, dass die Hälfte aller noch Beschäftigten ihre Arbeit verlieren würden. Es käme ausserdem zu einem Anstieg der Schwarzarbeit. Griechenland ist praktisch zerstört worden. Zum ersten Mal ist die Zahl der nicht arbeiten-
den Menschen grösser als die der arbeitenden. Das müssen wir ändern.
Wo steht die griechische Gewerkschaftsbewegung heute? Die Schwäche der Gewerkschaften liegt in ihrer Zersplitterung: Wir haben 4000 Organisationen. Das ist der Weltrekord, gemessen an der Bevölkerung und der Zahl der Beschäftigten. Was wir brauchen, sind nicht all diese Basis-, Betriebs- und regionalen Branchengewerkschaften, die zudem oft noch an einzelne Parteien gebunden sind, sondern höchstens fünf bis sechs grosse und starke Branchengewerkschaften für das ganze Land.
Dieser Beitrag erschien zuerst in «work» vom 20. März.
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syndicom | Nr. 4 | 17. April 2015 Griechenland-Doku
Neu im Kino
Schweizer Sozialdrama
Die Troika am Pranger Eine Dokumentation von Árpád Bondy und Harald Schumann analysiert Versäumnisse im Zuge von Europas bisheriger Sparpolitik, die zur heutigen Misere in Griechenland geführt haben.
Geschichten von Elend – und von Erfolg Regisseur und Drehbuchautor Men Lareida, 1968 in Chur geboren, 2005 durch den Dokumentarfilm «Jo Siffert – Live Fast, Die Young» bekannt geworden, hat das Drehbuch zu «Viktoria»
Franciska Farkas als Viktoria ∙ Das Thema und die Bildsprache des Films wecken durchaus Erinnerungen an «Siamo Italiani» von 1964, den grossen Dokfilm über die «Fremdarbeiter». Auch Men Lareida hatte zunächst eine Dokumentation produziert.
zusammen mit Anna Maros, seiner ungarischen Frau, geschrieben. Seit die beiden 2009 im Zug von Zürich nach Budapest erstmals mit Frauen ins Gespräch kamen, die am Sihl quai ihr Geld verdienten, hat das Thema sie nicht mehr losgelassen. Sie begannen in Ungarn und Zürich zu recherchieren, sprachen mit Hunderten Frauen, hörten sich ihre Geschichten an, von denen viele von Elend und Erniedrigung handelten, andere aber auch von Erfolg und sozialem Aufstieg. Als Lareida und Maros daraus ein Drehbuch entwickelt hatten, begannen sie mit dem Casting, wählten schliesslich unter Hunderten von Bewerberinnen Franciska Farkas für die Rolle der Viktoria aus. Sie hatte noch nie vor einer Kamera gestan-
den, und so nahm Men Lareida selber während zwei Jahren Schauspielunterricht, damit er sie anleiten konnte, bevor er mit dem Drehen begann.
Zürcher Lokalkolorit Die Sihlquai-Szenen selber wurden dann nicht in Zürich, sondern auf einer gesperrten Stras se in Budapest gedreht – was man dem Film nicht anmerkt. Lareida und seine Crew wählten dieses Vorgehen, um einerseits den DarstellerInnen in Budapest, anderseits aber auch den realen Sexarbeiterinnen in Zürich ein ruhiges Arbeiten zu ermöglichen – Letztere wären durch Dreharbeiten stark eingeschränkt worden. Und obwohl viele andere Szenen in Zürich, vor allem an der Lang strasse, realisiert wurden, ist «Viktoria»
ein universeller Film, einer über eine Frau, die sich prostituiert. Und die das deshalb tut, weil es ihr immerhin ein menschenwürdigeres Leben verspricht, als was sie zu Hause kennt. Der Film räumt gründlich mit der bequemen Vorstellung auf, dass Frauen, die auf dem Strassenstrich anschaffen, notwendig Opfer von Menschenhändlern sind. Protagonistin Viktoria und die anderen Frauen sind sich vielmehr bewusst, weshalb sie in die Schweiz gehen und auf welche Art sie dort ihr Geld verdienen werden. Und doch zeigt der Film eindringlich die Härte eines Milieus, das heute, da es in Zürich statt des Sihlquais die Verrichtungsboxen gibt, aus den Augen, aus dem Sinn ist.
Geri Krebs
Buchtipp
Abschiedsbesuch im Arbeiterhotel Schon als Kind liebte ich Hotels und Hotelgeschichten und diese Faszination hat mich bis zum heutigen Tag nicht verlassen. «Von Arbeiterferien und Arbeiterhotels» erzählt die aufschlussreiche, aber zeitlich begrenzte Geschichte der Schweizer Gewerkschaftshotels. Was ich nicht gewusst hatte: In der Schweiz sind bezahlte Ferien für alle Angestellten noch nicht lange selbstverständlich! Erst 1966 wurden sie dank des zähen Kampfes der Gewerkschaften gesetzlich verankert. Um auch den wenig verdienenden Mitgliedern (samt Familien) attraktiven Urlaub zu bezahlbaren Preisen zu ermöglichen, baute oder kaufte fast jede Gewerkschaft zwischen den 1930er- und den 1960er-Jahren ein oder mehrere eigene Hotels. Von diesen
prächtigen Bauten in der Südschweiz, an romantischen Berg hängen und Seeufern, berichtet das vorliegende Buch, von Zeugen schnell vergangener Hoch-Zeiten. Mein geschätzter syndicom-Kollege Stefan Kel-
ler, Schriftsteller, Journalist und Historiker, hat Kolleginnen und Kollegen motiviert, mit ihm ein farbiges, von Geschichten, Gedichten und historischen Bildern belebtes Buch zu produzieren. Auf Einladung der Unia besuchten fünf Schreibende bereits verkaufte Unia-Hotels für eine Abschiedsnacht, mit dem Auftrag, davon zu berichten. Die kreativen Hotelgäste waren Dorothee Elmiger, Annette Hug, Guy Krneta, Adrian Riklin, Suzanne Zahnd und der Fotograf Florian Bachmann, der die Besuche begleitet und dynamisch und eigenwillig illustriert hat. Historische Postkarten kurbeln zusätzlich die Vorstellungskraft an, lassen das Ferienheim Rotschuo, das Hôtel de France in Sainte-Croix, das Hotel Kreuz
in Lenk und viele weitere Arbeiterhotels samt ihrem Personal aufleben! Keller ist mit diesem Buch eine Glanzleistung gelungen, denn es ist nicht nur eine fröhliche, gut gegliederte Sammlung von Reiseberichten und Hotel-Lichtblicken, sondern vermittelt auch gut recherchierten Stoff zur Arbeiterbewegung, der Geschichte des Gewerkschaftskampfs und des Schweizer Tourismus. Nur, man nehme sich in Acht: Beim Lesen entflammt Reiselust – und wie!
Christine Hunziker ist Buchhändlerin und Museumsmitarbeiterin Stefan Keller, Vorwärts zum Genuss, Rotpunktverlag 2014, 152 Seiten, ca. 36 Fr., ISBN 978-3-85869-620-5.
Mit dem Regierungswechsel in Griechenland ist eine Institution in den Fokus gerückt, die in keinem EU-Vertrag jemals vorgesehen war: Die Troika. Über 500 Milliarden Euro haben die Eurostaaten und der Internationale Währungsfonds (IWF) den Krisenländern Griechenland, Irland, Portugal und Zypern geliehen, um sie zahlungsfähig zu halten. Im Gegenzug übertrugen die Kreditgeber nicht gewählten Beamten aus den drei Institutionen IWF, Europäische Zentralbank und Europäische Kommission – der Troika – eine enorme Macht. Ohne jede öffentliche Kontrolle wurde den Regierungen durch die Troika eine Politik aufgezwungen, die das soziale Gefüge bedroht und die Demokratie ausser Kraft
© Z VG
Viktoria ist eine schöne junge Roma-Frau, die in einem armen Aussenquartier von Buda pest mit Mutter, Tante, Bruder und Neffen in einer winzigen Wohnung lebt. Ihren Lebensunterhalt bestreitet sie mit dem Verkauf von Gemüse auf dem Markt, was kaum etwas einbringt. Doch als zwei aus der Schweiz zurückgekehrte Freundinnen ihr erzählen, wie leicht man in Zürich viel Geld verdienen könne, entschliesst sie sich ganz alleine, ein Billett zu kaufen und im Nachtzug «Wiener Walzer» die Reise ins Unbekannte anzutreten. In Zürich wird sie von einer Landsfrau in Empfang genommen, die ihr erklärt, wie in der Schweiz alles läuft, wie sie bei den Behörden ihre Bewilligung holen müsse, damit sie wie Dutzende Ungarinnen am Sihlquai anschaffen könne. Bis da verläuft für Viktoria noch alles – mehr oder weniger – freiwillig, doch dann ist schnell ein Zuhälter namens Junior zur Stelle, eine Spirale von Gewalt, Erpressung und Drogen beginnt.
© MOVIEBIZ
Anderthalb Jahre nach der Auflösung des offenen Strassenstrichs am Zürcher Sihlquai zeigt «Viktoria – A Tale of Grace and Greed» ungeschönt die Realität von damals. Regisseur und Crew haben für «Viktoria» keinen Aufwand gescheut, und so wirkt Men Lareidas erster Spielfilm bestürzend authentisch.
setzt. Einsparungen in verheerendem Ausmass wurden eingefordert, meist ohne positive Auswirkungen auf die Sparpolitik. «Wer Geld hat, lebt, wer kein Geld hat, stirbt», sagt der Arzt Georgios Vichas. Er leitet eine Freiwilligen-Klinik in Athen, um der Bevölkerung kostenlose Behandlungen zu ermöglichen. Eine Begrenzung der Ausgaben im Gesundheitswesen hat dazu geführt, dass rund ein Viertel der Bevölkerung nicht mehr krankenversichert ist und insgesamt mehr als 200 Kliniken schliessen mussten. Genauso absurd wie die Gesundheitspolitik ist die Mindestlohnpolitik, welche die Troika den verschuldeten Ländern abverlangt. Die Armen werden ärmer und die Reichen reicher. Harald Schumann fordert konsequente Transparenz und Verantwortung für ein soziales Europa. Dafür nimmt er seine Zuschauer mit auf eine packende Recherchereise. (red) «Macht ohne Kontrolle – die Troika» von Harald Schumann, 90 Min. Der Dokumentarfilm wurde auf Arte und ARD ausgestrahlt. Im Internet ist er auf Youtube zu finden.
Aktuell | 13
syndicom | Nr. 4 | 17. April 2015 Mitgliederporträt
Manchmal schreibt er selber Briefe
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Eine Tüte Pommes-Chips, frankiert und adressiert Der junge Pöstler aus Schliern bei Köniz ist ein sympathischer, hübscher Kerl, scheu, aber witzig. Obwohl hellhäutig und -haarig, verströmt er südlichen Charme. Bei der Büez hat er schon viel erlebt. «Einmal an einem Samstag hatte ich eine schwarze Tanga-Unterhose zuzustellen. Es war ein Zettel mit Adresse und Briefmarke daran. Oder es war ein mit Adresse versehenes Stück Käse in der Post. Und einmal ein adressierter und frankierter Sack Pommes-Chips.» In den bald zehn Jahren, während derer Ivan für die Post arbeitet, war er in mehreren Bezirken unterwegs – besonders gern in der Lorraine. Dort bediente er während der Lehre auch seine erste Hundertprozenttour. «Das war nicht einfach eine Strasse, die schön geradeaus verlief. Da gings mal links, dann rechts und überall um die Ecken. Und
auch. Rund fünfzig Prozent, als Raumpflegerin. Sie ist eigentlich ebenfalls Briefträgerin, doch passt es wegen der Arbeitszeiten nicht, dass beide im erlernten Beruf arbeiten. «Die Post wurde ja in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Es heisst, dass wir deshalb in Zukunft vielleicht weniger Ferien haben werden. Das könnte ich in Kauf nehmen. Den Verdienst aber brauche «Weniger Ferien könnte ich ich.» Im Hinterkopf vielleicht in Kauf nehmen. Den habe er Angst davor, Lohn brauche ich aber!» dass er die Arbeit verlieren könnte. «Vor Briefträger und syndicom-Mitglied Ivan Calvi, allem, seit ich Kin26, über die neue Aktiengesellschaft Post der habe. Es ist nicht einfach, eine neue Anstellung zu finden.» Ivans grösster zahlungsbelege nach der Tour Wunsch ist, dass seine Frau und an die Hauptkasse ab und fertig.» seine Kinder gesund bleiben. Seit der Einführung der Gangfol- Dass sie glücklich sind und eine gesortierung vor über drei Jah- gute Zukunft haben. «Dann bin ren werden im Team oft Touren auch ich glücklich. Ich habe keizusammengelegt, damit die ein- nen Traum von einem eigenen zelnen BriefträgerInnen über- Haus oder von viel Geld.» haupt auf ihre Arbeitszeit kommen. Da der Zustellschluss auf «geht es uns zu gut?» halb eins festgesetzt ist, ergibt Seit anfangs Lehre ist Ivan Mitsich schon ein Druck, sagt Ivan. glied von syndicom. «Wenn du Und: «Auch früher schon gab Probleme hast, bekommst du es Stress. Zum Beispiel, wenn Unterstützung. Wobei ich solche jemand krank war und wir sei- Gott sei Dank bisher nicht nötig nen Kehr unter uns auf teilen hatte.» Ivan findet auch wichtig, mussten. Heute hats weniger was die Gewerk schaften poliWare, dafür müssen wir öfter tisch machen. Die MitgestalTouren zusammenlegen. Ich tung des neuen GAV zum Beihabe es nicht gern, wenn das spiel. «Der GAV und überhaupt tagelang so ist. Dann bekomme Post-Politik sind allerdings im ich Magenschmerzen.» Gespräch unter Kollegen eigentIvan möchte bei der Post blei- lich kein Thema. Vielleicht geht ben. «Ich mag meine Arbeit sehr. es uns zu gut, momentan.» Manchmal fürchte ich, dass ich auf Teilzeit zurückgestuft wer- Katrin Bärtschi, Briefträgerin den könnte.» Seine Frau arbeitet und Buchautorin Das heisst, dass wir am frühen Morgen und am Nachmittag nicht mehr viel selber sortieren müssen.» Auch den Botensaldo verwalten die Zustellerinnen und Zusteller nicht mehr in eigener Verantwortung. «Heute bekommen wir die Auszahlungsbeutel und geben entweder diese oder die entsprechenden Aus
Ivan Calvi, 26, wollte ursprünglich nicht Briefträger werden, sondern Gipser. Obwohl alle ihn warn ten, das sei ein strenger Beruf, gefiel ihm die Büez. Denn: «Du kannst später sagen, an diesem und diesem Haus habe ich die Wände gebaut.» Ivans Tante meldete ihn dann für Schnuppertage als Briefträger an. Dieser Beruf gefiel ihm auch. Zudem dachte er, die Post sei eine gute Arbeitgeberin, die sichere Stellen garantiere. Ivan wurde zur Aufnahmeprü fung zugelassen und bestand. So machte er seine Lehre in der BZR Ostermundigen, wo er noch heute arbeitet, als Logistiker.
Ivan schreibt einen Brief · Ohne den Beruf wären es vielleicht nur Textnachrichten.
dies mit viel Ware im Anhänger.» Inzwischen kennt Ivan zahlreiche Quartierbewohner und -bewohnerinnen, es ergeben sich viele Gelegenhei ten für einen kleinen Schwatz, insbesondere mit den älteren Menschen. «Mein Beruf gefällt mir. Wir sind draussen und drin nen. Und wir haben Kontakt mit Menschen.» Einer alten, gehbehinderten Frau bringt Ivan die Post in den ersten Stock hinauf. «Wir plaudern dann jeweils ein wenig. Sie freut sich darauf und wartet oft schon am Fenster auf mich.»
«Für meinen Brotverdienst spielen Briefe natürlich eine wichtige Rolle», sagt der junge Briefträger. «Aber auch sonst freue ich mich über Briefe und Karten, wie an Weihnachten oder zum Geburtstag. Ab und zu schreibe ich selber welche.» Wäre er nicht Briefträger, das gibt er zu, würde er jedoch vielleicht nur SMS verschicken.
Spürbar weniger Post Der Briefrückgang sei spürbar, berichtet Ivan. Und die Arbeit sei einfacher geworden. «Es wird jetzt vieles maschinell erledigt.
Recht so!
Nach dem jüngsten Anstieg des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro haben verschiedene Unternehmen angekündigt, sie müssten Angestellte entlassen, die Löhne kürzen, diese nur noch in Euro bezahlen oder die Arbeitszeit ohne finanzielle Entschädigung erhöhen. Ist das legal? Im Arbeitsverhältnis wird eine Arbeitsleistung gegen einen im Voraus festgelegten Lohn erbracht. Das Unternehmerrisiko liegt beim Arbeitgeber. Er muss den vereinbarten Lohn unabhängig von der finanziellen Lage des Unternehmens, unabhängig von externen Einflüssen wie den Wechselkursen entrichten. Eine Lohnsenkung wegen der Aufwertung des Frankens gegenüber dem Euro kommt einer Überwälzung des Risikos auf die Belegschaft gleich. Dasselbe gilt für den plötzlichen
Entscheid, zuvor in Schweizer Franken bezahlte Löhne neu in Euro zu entrichten. Währungsschwankungen sind wie Liquiditätsprobleme oder Auftragsrückgänge externe wirtschaftliche Ereignisse, die zum Risiko des Arbeitgebers gehören. Wer bei guter Wirtschaftslage Gewinne nicht an die Angestellten weitergibt, soll auch wechselkursbedingte Verluste übernehmen und dieses Risiko in seiner Strategie berücksichtigen. Die Arbeitszeit, der Lohn, die Ferien sind wesentliche Ele-
mente des Arbeitsvertrags und können nur mit ausdrücklicher schriftlicher Zustimmung der Arbeitnehmenden geändert werden. Auch dann treten sie erst nach Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist in Kraft («Änderungskündigung»). Die Leute stehen vor der Wahl, die Änderung anzunehmen oder die Kündigung zu riskieren. Man darf sich fragen, ob eine Zustimmung unter diesen Umständen gültig ist: gleicht sie doch mehr einem Zwang als einer freien Willensäusserung. Um einseitige Änderungen der Arbeitsbedingungen durch den Arbeitgeber aufgrund des starken Frankens auszugleichen, können die Arbeitnehmenden
verschiedene Gegenleistungen vom Arbeitgeber fordern und aushandeln. Als Erstes: Transparenz. Die Firma muss alle Zahlen offen legen, aufgrund derer sie die Arbeitszeit erhöhen oder Löhne kürzen will. Verlangte Massnahmen sind zeitlich zu begrenzen, und während dieser Zeit ist ein Kündigungsschutz festzuhalten. Wichtig ist, die Befristung schriftlich so festzuhalten, dass die ursprünglichen Modalitäten nach Ablauf des Massnahmenzeitraums wieder automatisch gelten. Es gilt, keine Vertragsänderung zu unterschreiben, ohne sich vorher Rat und Unterstützung bei syndicom eingeholt zu haben. Wir prüfen die Gesetzmässig-
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Starker Franken = Unbezahlte Mehrarbeit? Isabelle Pauchard (li.) Kathrin Melzani (re.) syndicom Rechtsdienst keit und ob allenfalls sogar eine Massenentlassung vorliegt. Kollektives Vorgehen schützt die Einzelnen und stärkt die Verhandlungsposition der Arbeiterschaft. Sollte euer Arbeitgeber mit Wünschen nach Erhöhung der Arbeitszeit, Lohnkürzung und dergleichen an euch herantreten, ist es wichtig, dass ihr umgehend Kontakt mit syndicom aufnehmt, damit wir euch unterstützen können!
14 | Service
syndicom | Nr. 4 | 17. April 2015 SGB-Tagungen
Weiterbildung MOvendo
Welche Perspektiven für den Service public? D1.8.1506: 24. April; Zürich, VPOD-Zentralsekretariat. Inhalt: Gewerkschaftliche Positionen zur Zukunft des Service public. Referentinnen: Dore Heim (SGB), Judith Bucher (VPOD). Wie regelt die Schweiz die Einwanderung? D1.8.1510: 27. Mai, Zürich, VPOD-Zentralsekretariat. Inhalt: Personenfreizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU, flankierende Massnahmen, Ausländergesetz, gewerkschaftliche Positionen. Referenten: Daniel Lampart (SGB), Marc Spescha (Rechtsanwalt). Betriebsinterne Öffentlichkeits arbeit für die Personalvertretung D1.7.1515: 2. bis 3. Juni, Oberdorf SO, Fortbildungszentrum. Inhalt: Professionelle Kommunikation der Personalvertretung, kritische Beleuchtung der sozialen Medien. Referent: Peter Lüthi (Team- und Organisationsberater). Digitalisierung der Arbeitswelt: Risiko oder Chance? D1.8.1508: 4. Juni, Bern, Unia-Zentralsekretariat. Inhalt: Veränderte Formen der Arbeitsorganisation, erhöhte Anforderungen an die Arbeitszeitflexibilität, Zugang zu Qualifizierungen für die Beschäftigten, «Gute Arbeit» als gewerkschaftliche Strategie. Referenten: Beat Baumann (Unia), Martin Kuhlmann (Arbeits- und Industriesoziologe).
Geschäftsberichte lesen und verstehen D1.7.1513: 18. bis 19. Juni, Olten, Hotel Olten. Inhalt: Bilanz, Erfolgsrechnung, Anhang und Liquiditätsnachweis, wichtige ökonomische Kennzahlen, Informationssammlung. Referent: Thomas F. Meier (Unternehmensberater).
Info und Anmeldung Die Kosten werden für Gewerkschaftsmitglieder meistens von deiner Gewerkschaft getragen. Mit deiner Anmeldung klären wir die Kostenfrage ab und informieren dich unverzüglich. Anmeldung: online auf Movendo.ch, per Mail: info@movendo.ch, Telefon 031 370 00 70 oder Fax 031 370 00 71. Helias Photoshop: update 12. Mai. Referent: Andreas Burkard. Anmeldeschluss: 21. April. Homepage-Baukasten Websites erstellen mit Jimdo. 27. August und 10. September, jeweils 18 bis 21 Uhr. Referent: Diobe Wyss. Anmeldeschluss: 18. August. Up-to-date mit der Adobe Creative Cloud 3. und 4. September. Referent: Andreas Burkard. Anmeldeschluss: 11. August. Gäbig Chläbrig … Ein Leimkurs beim Profi. 4. September, Kumagra, Bern. Referent: Leandro Ferruggia. Anmeldeschluss: 11. August.
Workshop: Ein Plakat analog gestalten Theorie: 9. September, Workshop: 14. bis 16. September, Allmendingen BE, Gasthof Hirschen. Referent: Niklaus Troxler. Anmeldeschluss: 10. August. Workshop: Einführung in die Schriftgestaltung mit Glyphs 11. und 12. September, Zürich, Sihlquai 131, in Kooperation mit Colab Zürich. Referent: Rainer Erich Scheichelbauer. Anmeldeschluss: 18. August. Photoshop: Tipps und Tricks 24. und 25. September. Referent: Dieter Wassmer. Anmeldeschluss: 1. September. Digitale Fotografie Grundkurs 28. und 29. September, Zürich, digital fine art. Referent: Roberto Carbone. Anmeldeschluss: 8. September. Schrift als Bild 5. Oktober, Allmendingen BE, Gasthof Hirschen. Referentin: Kate Wolff. Anmeldeschluss: 15. September. Weiterbildung für Korrektorinnen und Korrektoren 8. bis 10. Oktober, Allmendingen BE, Gasthof Hirschen. Diverse ReferentInnen. Anmeldeschluss: 8. September. Up-to-date mit Photoshop 13. Oktober. Referent: Andreas Burkard. Anmeldeschluss: 22. September.
Infos und Anmeldung: Die Kurse finden – wo nicht anders vermerkt – im syndicom-Bildungszentrum, Looslistras se 15, Bern, statt. Anmeldung: Helias.ch. MAZ Reportage: Wir gehen näher ran 5. und 6. Mai, 18. und 19. Juni (4 Tage). Leitung: Elisabeth Schmidt, Trainerin und Textcoach. Crossmediales Schreiben: Die packende Post für Facebook & Co 11. und 12. Mai (2 Tage). Leitung: Uwe Stolzmann, freier Radio- und Printjournalist, NZZ-Autor.
Das syndicom-Kreuzworträtsel Zu gewinnen gibt es ein praktisches Portemonnaie, gespendet von unserer Dienstleistungspartnerin KPT. Das Lösungswort wird in der nächsten Ausgabe zusammen mit dem Namen des Gewinners oder der Gewinnerin veröffentlicht. Lösungswort und Absender auf einer A6-Postkarte senden an: syndicom-Zeitung, Monbijoustr. 33, Postfach, 3001 Bern. Einsendeschluss: 4. Mai 2015.
SUDOKU Die Lösung des syndicom-Sudokus aus Nr. 3 lautet: 871. Gewonnen hat: Karin Härdi aus Ballwil. Sie erhält Gutscheine im Wert von 30 Franken von unserer Dienstleistungspartnerin ENI. Wir gratulieren herzlich!
Wirksame Lohnkontrollen – jetzt! Referate und Workshops, 12. Juni, Hotel Bern, Bern, 9.30–16.30 Uhr Jedes Jahr entgehen den Frauen aufgrund der Lohndiskriminierung 7,7 Milliarden Franken. Frauenorganisationen und Gewerkschaften setzen sich seit Jahrzehnten ein, um diesen Missstand zu beseitigen. Freiwillige Massnahmen führen nicht zum Erfolg, wie der Lohngleichheitsdialog zeigt, der aufgrund mangelnder Beteiligung von Unternehmen beendet wurde. Die Landesregierung hat staatliche Massnahmen angekündigt: Wie sehen diese aus? Und wie kann die Lohngleichstellung endlich durchgesetzt werden? ReferentInnen und Referenten: – Paul Rechsteiner, Präsident SGB und Ständerat – Regula Bühlmann, Zentralsekretärin SGB; – Jeanne Ramseyer, wissenschaftliche Mitarbeiterin Bundesamt für Justiz – Sylvie Durrer, Direktorin Eidgenössisches Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann – Etiennette J. Verrey, Präsidentin Eidgenössische Kommission für Frauenfragen – Yvonne Feri, Co-Präsidentin Parlamentarische Gruppe Frauen – Kathrin Bertschy, Co-Präsidentin Alliance F – Vania Alleva, Vizepräsidentin SGB
Arbeiten und leben online
Referate und Workshops, 30. Juni, NH Hotel Freiburg,10.00–15.45 Uhr Virtuelle Arbeits- und Kommunikationsformen oder Home-Office haben Einzug in unseren Alltag gehalten. Prekarisierung und Verschlechterungen von Arbeits- und Lohnbedingungen sind mögliche Folgen. Dieser Wandel birgt für Mitarbeitende Risiken vertraglicher und gesundheitlicher Natur, eröffnet aber im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Freizeit auch neue Möglichkeiten. Zahlreiche Studien beweisen, dass die ständige Verfügbarkeit mitverantwortlich ist für die Zunahme psychosozialer Erkrankungen und die daraus resultierenden Gesundheitskosten. Gerade bei virtuellen Arbeitsformen gerät die Arbeitszeiterfassung besonders vonseiten der Arbeitgeber immer mehr unter Druck. ReferentInnen und Referenten: – Elodie Baerlocher, Arbeits- und Organisationspsychologin, Fachstelle UND Familienund Erwerbsarbeit für Männer und Frauen – Nicola Cianferoni, Soziologe, Universität Genf – Luca Cirigliano, Zentralsekretär SGB – Pierluigi Fedele, Geschäftsleitung Unia – Rafaël Weissbrodt, Ergonom, Ergorama, ASA-Spezialist Info und Anmeldung: Movendo.ch
Lokal journalismustag am MAZ 28. Mai (Nachmittag). Leitung: Dozierende aus der Praxis. Kompaktkurs Online II: Video, Apps, Animation & Interaktion 2. Juni bis 15. Juli (6 Tage). Leitung: Dozierende aus der Praxis. Infos und Anmeldung: MAZ.ch
Service | 15
syndicom | Nr. 4 | 17. April 2015 Unsere Pensionierten laden ein Pensionierte Medien Aarau Mittwoch, 6. Mai, 14.15 Uhr, Monatshock im Restaurant Viva in Aarau. Peter Rymann Gruppe Pensionierte Telecom Region Basel Einladung zur Generalversammlung am Dienstag, 28. April, 14.30 Uhr im Rest. Bundesbahn, Hochstrasse 59, Basel. Orientierung und Mitsprache der pensionierten Mitglieder ist uns wichtig. Darum hoffen wir, dass viele Kolleginnen und Kollegen ins «Bundesbähnli» kommen. Wir werden einen Gastreferenten haben, der uns zu den Pensionskassen comPlan und Publica orientieren wird. Den Kranken wünschen wir gute Genesung. Im Anschluss an die GV wird ein Imbiss offeriert. Siehe auch die Einladung mit den Traktanden im «Standpunkt» vom März 2015 und auf www.syndicom.ch/pensionierte. Freundlich ladet ein, für den Vorstand Alex Vögtli Pensioniertenverein Region Basel Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, unsere nächste Monatsversammlung findet am 4. Mai wie gewohnt im Restaurant Bundesbahn, Hochstrasse 59, Basel, statt. Neben den neusten Informationen und den obligaten Trak tanden werden wir das Traktandum «Statuten änderungen» einfügen und die Änderungen besprechen. Wir freuen uns nicht zuletzt auch aus diesem Grund auf ein zahlreiches Erscheinen. Allen Kranken wünschen wir gute Besserung. Für den Vorstand Ernst Knaus, Präsident Pensionierten-Vereinigung Lötschberg Post Liebe KollegInnen, am Dienstag, 5. Mai, treffen wir uns ab 11 Uhr im Hotel Restaurant Simmental in Boltigen. Der Zug «Lötschberger» fährt Thun ab 10.01, ohne Umsteigen Boltigen an 10.50 Uhr. Ab Interlaken Ost 9.29, West ab 9.32, Spiez an 9.50, umsteigen auf «Lötschberger», Spiez ab 10.18, Boltigen an 10.50 Uhr. Anmeldungen nimmt Sektion Zürich
Wir nehmen Abschied
unser Obmann Markus Stender, Tel. 033 335 17 18, entgegen und erteilt auch Auskunft. Den Kranken wünschen wir gute Besserung. Werner + Margrit Haldi Pensioniertenvereinigung St. Gallen Sektor 3 (Medien) Die nächsten Veranstaltungen: Donnerstag, 30. April, 14 Uhr, Regionalsekretariat syndicom Ostschweiz, Zwinglistrasse 3: Präsentation der Plakate aus der Sammlung von Kollege Stefan Heezen. Mittwoch, 10. Juni: Besuch im Museum Kornhaus und der Würth-Sammlung in Rorschach. Separate Einladungen werden versandt. Der nächste Monatshöck im Restaurant Papagei in St. Gallen findet am Donnerstag, 7. Mai, von 14 bis 16 Uhr statt. Fritz Heinze Pensionierte Zürich Medien Frühlingsausflug Titisee Mitte April habt ihr den Flyer für den Frühlingsausflug mit allen Angaben und dem Einzahlungsschein für die Anmeldung erhalten. Erinnerung: Wir treffen uns um 7.45 Uhr auf dem Helvetiaplatz, Cars Wäckerlin. Kaffeehalt: Küssaburg, Mittagessen Bergsee-Restaurant Titisee, Nachmittagshalt in Waldshut. Rückkehr gegen 18.30 Uhr Helvetiaplatz. Anmeldeschluss: 26. April – Auskunft: Jürgen Schendekehl, Sonnenbergstr. 35, 8032 Zürich, juergen.schendekehl@bluewin.ch, Telefon: 044 252 13 35. Jürgen Schendekehl Postveteranenverein Zürich Unsere nächste Versammlung findet am Donnerstag, 7. Mai, um 14.30 Uhr im Volkshaus Zürich statt. (Wegen Auffahrt am 1. Donnerstag im Monat!) Margrit Stahel wird uns über ihre Tätigkeit und über ihre Eindrücke in Nepal berichten. Frau Stahel stellt sich seit mehreren Jahren für die Wohltätigkeit in diesem für uns fremden, aber interessanten Land zur Verfügung. Wir hoffen auf eine grosse Beteiligung. Freundliche Grüsse Der Vorstand
Postveteranenverein Zürich Wandergruppe Am 30. April wandern wir im Thurgau. Zürich ab 8.07, Weinfelden an 8.58, umsteigen von Gleis 1 zum Gleis 3 nach Berg, Abfahrt 9.02. Nach kurzer Fahrt geniessen wir im Hotel Bahnhof Berg Kaffee und Gipfeli. Die Wanderung beginnt recht zahm, mit herrlicher Sicht in die Thurebene und auf den Alpenkranz. Nach einer halben Stunde ändert die Szenerie und wir zweigen ab in eine im Thurgauer Mittelland unerwartete Schlucht. Auf gutem Weg gehts im Wald vorbei an Weiher und Wasserfällen, alles bei kleinen Höhenunterschieden, bis wir die Strasse nach Birwinken erreichen. Nun befinden wir uns wieder in der gewohnten Landschaft und wandern über Klarsreuti nach Zuben. Der flache Weg bietet meist eine gute Fernsicht. Nach ca. 2½ Std. Marschzeit erreichen wir das Restaurant Kreuzstrasse in Zuben, wo wir uns verpflegen. Kurz vorher öffnet sich der Blick auf den Bodensee. Für den Weg bis Altnau, zahm abwärts ziehend, benötigen wir ca. 1 Stunde. Altnau ab 15.42 via Kreuzlingen, Zürich HB an 17.21. Billette: Wohnort nach Berg TG und retour ab Altnau, Fahrpreis Halbtax ab Zürich HB Fr. 30.00. Nächste Wanderung: 28. Mai, mit Nino ins Ticino. Ich freue mich auf eine rege Beteiligung und grüsse euch herzlich Kurt Hakios, 071 446 90 88 Sektion Ostschweiz Am 20. März fand im Rest. Apropos in Gossau die Hauptversammlung der Sektion Ostschweiz statt. Zahlreiche Mitglieder unserer Gruppe dokumentierten das Interesse an der Gewerkschaft mit ihrer Anwesenheit. Das Eröffnungsreferat hielt Paul Rechsteiner, Präsident des Schweiz. Gewerkschaftsbundes und Ständerat des Kantons St. Gallen. Im Weiteren wurden die Mitglieder über die finanzielle Situation der Sektion informiert. Mehr Infos dazu gibt es unter www.pensionierte.info und in der nächsten syndicom-Zeitung. Fritz Heinze Leserbrief Arbeit im Niedrigstlohnbereich der Schweizerischen Post Ich arbeite seit vier Jahren bei der PostTochter Presto AG. Zu einem Stundenlohn von Fr. 16.29. Ja, ihr habt wirklich richtig gelesen: Ich arbeite zu einem Niedrigstlohn von Fr. 16.29 in der Stunde. Dazu kommen noch ein dreizehnter Monatslohn und 10 Prozent Früharbeitszuschlag, aber ausser für den 1. August gibt es für Feiertage keine Entschädigung mehr. Im Prinzip ist es eine Schande für die Schweizerische Post, dass sie solche Niedrigstlöhne in ihrem Konzern toleriert und akzeptiert. Selbst bei einer Lohnerhöhung von 20 Prozent wären unsere Stundenlöhne immer noch unter 20 Franken. Ich bin gerne Frühzusteller der Post, genies se oft die Morgenstimmung und bin darauf erpicht, dass es keine Reklamationen gibt. Und ab und zu träume ich davon, dass es eine Lohnerhöhung von 25 Prozent gibt, dann wären die Stundenlöhne knapp über 20 Franken. Wer weiss, vielleicht schnallt die Post doch noch, dass es für sie eine Schande ist, in ihrem Konzern solche Niedrigstlöhne zu gewähren? Martin Steiner, syndicom-Mitglied, Basel
Jon Cantieni, Sektion Rhätia, 69 Jahre, Mitglied seit 1968. Moriz Despont-Odermat t, Sektion Bern, 99 Jahre, Mitglied seit 1935. Charles Dumont, Sektion Freiburg, 68 Jahre, Mitglied seit 1999. Heini Dutler, Sektion Zürich Logistik, 79 Jahre, Mitglied seit 1953. Arnoldo Ferrari, Sektion Zürich Telecom, 90 Jahre, Mitglied seit 1949. Reinhard Girardet, Sektion Ostschweiz, 65 Jahre, Mitglied seit 1967. Francis Grand, Sektion Freiburg, 94 Jahre, Mitglied seit 1999. Pius Hitz, Sektion Aargau, 60 Jahre, Mitglied seit 1970. Karl Holderegger, Sektion Zürich Logistik, 86 Jahre, Mitglied seit 1945. Karl Keller, Sektion Zürich Logistik, 92 Jahre, Mitglied seit 1945. Philipp Koneth, Sektion Zürich Logistik, 89 Jahre, Mitglied seit 1945. Bruno Kuhn, Sektion Zürich Logistik, 69 Jahre, Mitglied seit 1963. Edwin Kunz, Sektion Zürich Telecom, 93 Jahre, Mitglied seit 1948. Marcel Landry, Sektion Biel/Bienne, 88 Jahre, Mitglied seit 1954. Hermann Moser, Sektion Ostschweiz, 83 Jahre, Mitglied seit 1956. René Müller, Sektion Ostschweiz, 87 Jahre, Mitglied seit 1949. Kurt Müntener, Sektion Thurgau Post, 68 Jahre, Mitglied seit 1980. Walter Roth, Sektion Bern Postpersonal, 90 Jahre, Mitglied seit 1949. Hans-Rudolf Schaub, Sektion Region Basel, 78 Jahre, Mitglied seit 1954. Ot to Scherrer, Sektion Linth Post, 59 Jahre, Mitglied seit 1999. Gerhard Schlichting, Sektion Bern, 88 Jahre, Mitglied seit 1947. Alfred Schmid, Sektion Region Basel, 73 Jahre, Mitglied seit 1966. Heinrich Schor, Sektion Bern Postpersonal, 72 Jahre, Mitglied seit 1970. Hans Trost, Sektion Emmental-Ober aargau Post, 88 Jahre, Mitglied seit 1946. Eugen Zbinden, Sektion Region Basel, 85 Jahre, Mitglied seit 1959. IMpressum
syndicom-Zeitung Redaktion: Naomi Kunz Tel. 058 817 18 18, redaktion@syndicom.ch layout: Katja Leudolph Lektorat: Ulrike Krüger adressänderungen: syndicom, Adressverwaltung, Monbijoustrasse 33, Postfach, 3001 Bern Tel. 058 817 18 18, Fax 058 817 18 17 inserate: stab@syndicom.ch druck: Ringier Print Ebikonerstrasse 75, 6043 Adligenswil verlegerin: syndicom – Gewerkschaft Medien und K ommunikation. «syndicom» erscheint 12 Mal im Jahr. Ausgabe Nr. 5 erscheint am 15. Mai. Redaktionsschluss: 27. April.
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syndicom | Nr. 4 | 17. April 2015
Interview mit Roger de Weck
«Natürlich gehört Unterhaltung dazu» Die Schweizerischen Radio- und Fernseh Gesellschaft (SRG) ist unter Beschuss neoliberaler Kreise geraten, die den Service public zerschlagen wollen. Wir baten SRG-Generaldirektor Roger de Weck um ein Gespräch. Interview: Antonella Rainoldi*
richtige Mischung. Für ein gutes Fernseh- oder Radioprogramm braucht es bestimmte Zutaten. Diese Zutaten sind bei den Sendern des Service public völlig anders als bei kommerziellen Sendern. Ein Privatsender wird während der Prime Time niemals Kultur-, Wissenschaftsoder Wirtschaftsmagazine ausstrahlen.
Zur richtigen Mischung zählt auch die Unterhaltung. Gehört diese Ihrer Auffassung nach tatsächlich zum Service public? Natürlich. Die Bundesverfassung nennt im Radio- und Fernseh-Artikel neben der Information, der Bildung und der Kultur auch die Unterhaltung als Auftrag. Das ist kein Zufall. Es gibt auf der ganzen Welt keinen Sender mit Vollprogramm, der auf die Unterhaltung mit ihren wichtigen Zuschaueranteilen verzichten kann. Wenn der Service public nicht das breite Publikum erreicht, ist er kein Service public. Service public heisst Dienstleistungen für das Publikum, und zwar auch für das Massenpublikum.
Audio, Video und neu auch Text: Man hört Vorwürfe, dass die SRG auf dem Internet über ihren öffentlichen Auftrag hinausgeht. Dieser Vorwurf ist haltlos. Die SRG hat als Kernaufgabe die Herstellung von audio visuellen Inhalten. Im Digitalzeitalter müssen wir uns nach den Publikumsgewohnheiten richten. Mit dem Internet verfügen wir zum ersten Mal in der Geschichte über eine Gesamtplattform für Bild, Ton und Text. Die SRG bleibt ihrer Aufgabe treu. Der Text soll in erster Linie das audiovisuelle Angebot unterstützen.
Problematisch sind jene Texte, die nichts zu tun haben mit den ausgestrahlten TV- und Radio-Beiträgen. Laut Konzession sollten Artikel, die nicht in direktem Zusammenhang mit einer Fernseh- oder Radiosendung stehen, nicht länger sein als 1000 Zeichen. Dagegen steht es uns frei, jene Inhalte zu vertiefen, die zeitlich oder thematisch einen direkten Bezug haben zu einem Beitrag.
finanzielle Grundlagen sich mit dem neuen Gesetz ebenfalls verbessern werden.
all und jederzeit. Im Digitalzeitalter verfügt praktisch jeder Haushalt über mindestens ein Gerät, mit dem man auf unsere Radio- und Fernsehprogramme zugreifen kann. Deshalb haben Bundesrat und Parlament entschieden, die gegenwärtige Gebührenregelung durch eine generelle Abgabe zu ersetzen. Das bringt erhebliche Vorteile mit sich.
Wieso hat der Schweiz. Gewerbeverband (SGV) als Vertreter der kleinen und mittleren Unternehmen das Referendum gegen die Revision des RTVG ergriffen?
Ein weiterer Vorwurf: Dem Service public steht zu viel Geld zur Verfügung. Es gibt Kreise, welche die Werbung verbieten möchten, wie in anderen europäischen Ländern. Wie zum Beispiel in Deutschland? Hier ist man mit 80 Millionen EinwohnerInnen und Deutsch als einziger Landessprache tatsächlich nicht von Werbung abhängig. Die öffentlichen Sender zeigen nach 20 Uhr keine Fernsehspots mehr. Im Budget von ARD und ZDF machen die Werbeeinnahmen gerade mal 5 Prozent aus. In einem Land wie der Schweiz mit 8 Millionen EinwohnerInnen und Programmen in vier Landessprachen wäre die Vollfinanzierung aller Produktionen über Gebühren viel zu teuer. Die Werbung deckt 25 Prozent unserer Programm aufwände ab. Nur so bleiben die Gebühren im Rahmen.
Wenn wir schon bei den Gebühren sind: Worum geht es bei der Revision des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen (RTVG), über die wir am 14. Juni abstimmen? Bei dieser Abstimmung geht es um das Finanzierungsmodell für den Service public, nicht um den Service public als solchen. Heute ist die Gebührenpflicht geknüpft an den Besitz eines Empfangsgerätes. Nun verfolgen aber immer mehr Menschen unsere Programme auf ihren Smartphones, Tablets, Computern, über-
© PIERRE-WILLIAM HENR Y
Die Diskussionen über den Service public nehmen kein Ende. Welche Dienstleistungen verstehen Sie unter gutem Service public? Roger de Weck: Entscheidend ist die
Ich habe mich auch gewundert, weil ja die Mehrheit der Unternehmen vom neuen System profitiert. Die Angebote der SRG werden auch in den Unternehmen immer stärker genutzt, nicht nur in den Lieferwagen oder Geschäftsautos. Seit der Einführung der Online-Angebote können sich alle jederzeit auf den neuesten Informationsstand bringen. Das kann im Geschäftsleben durchaus nützlich sein. Aus diesem Grund stehen auch grosse Verbände wie Gastro suisse, Economiesuisse oder der Schweiz. Bauernverband hinter dem neuen Gesetz und teilen die Auffassung des Gewerbeverbands in keiner Art und Weise.
Können Sie da konkrete Beispiele nennen? Die Billag erhält weniger Geld. Es gibt keine Inspektoren mehr. Die Lösung ist einfacher und weniger bürokratisch, liberaler und fairer, weil alle bezahlen müssen. Und vor allem sinkt der Betrag pro Haushalt von 462 auf rund 400 Franken pro Jahr, und rund 75% der Unternehmen bezahlen überhaupt keine Abgaben. Ebenfalls befreit von der Abgabepflicht sind Menschen, die Ergänzungsleistungen zur AHV/IV beziehen sowie BewohnerInnen von Altersheimen. Personen mit einem Zweitwohnsitz müssen nur noch einmal bezahlen. Und wer wirklich überhaupt kein Empfangsgerät besitzt, kann eine fünfjährige Befreiung von der Abgabe verlangen. Sodann erinnere ich daran, dass es bei der neuen Abgabenregelung nicht nur um die SRG geht, sondern auch um 34 lokale oder regionale Privatsender, deren
Auch die Eidg. Medienkommission (EMEK) befasst sich mit dem Service public. Was erwarten Sie von dieser Kommission? Die EMEK befasst sich eingehend mit dem Medienplatz Schweiz und mit der Rolle des Service public. Unsere Medien politik muss sich auf starke Grundlagen abstützen können. In der Öffentlichkeit wird häufig über Medienpolitik diskutiert, aber nicht immer in Kenntnis der Dinge. Die Kommission kann ihr Knowhow, den Sachverstand und das Grundlagenwissen in die Diskussion einbringen und so die Qualität der Auseinandersetzung stärken.
* Journalistin BR Ums gleiche Thema drehen sich der Artikel unten sowie der Bericht «Service public: Angriff und Verteidigung» auf Seite 5.
Abstimmung über die RTVG-Revision
Es geht nicht um Programme, aber um Fairness Oder: Was das revidierte Radio- und Fernsehgesetz mit Schoggi-Osterhasen zu tun hat. Philipp Cueni (SSM) Der Gewerbeverband, Träger des Referendums gegen die Revision des Radiound Fernsehgesetzes (RTVG), gibt sich mehr als Mühe: Er argumentiert mit falschen Zahlen und falschen Behauptungen – offenbar glaubt er selbst nicht daran, auf der Sachebene überzeugen zu können. Zur Taktik gehört auch, über Dinge zu reden, um die es bei der Abstimmung gar nicht geht: Es geht nicht um angeblich abhängige SRG-JournalistInnen und auch nicht um massive Budget erhöhungen der SRG – die gar nicht geplant sind. Und auch das Fernsehprogramm steht nicht zur Abstimmung. Es geht um ein neues Gebührensystem, das fairer ist als das alte, weil alle Gebühren bezahlen – auch die bisherigen Schwarzseher. Um ein System, bei dem die Gebühren von 462 auf 400 Franken
sinken. Schliesslich geht es um Verbesserungen zugunsten der privaten Radiound TV-Stationen, weil diese von höheren Gebührenzuweisungen profitieren, die zugunsten der Aus- und Weiterbildung bei den Privaten eingesetzt werden.
Auch TV-Abstinente profitieren Die SRG erhält nach neuem und nach altem System gleich viel Gebührengeld. Das sind alles gute Gründe für ein JA. Aber worum geht es dem Gewerbeverband wirklich? Er sucht eine Gelegenheit, sich mit populistischen Argumenten gegen die SRG zu profilieren. Dennoch geht es bei dieser Abstimmung um grundsätzliche Überlegungen über das Gesetz hinaus: um das Prinzip der Solidarität. Auch wenn nicht jeder und jede fernsieht und Radio hört, profitieren doch alle vom
System des öffentlichen Rundfunks. Mit seinem Angebot bei Information, Kultur, Unterhaltung (ja – auch die kann manchmal zur gesellschaftlichen Debatte beitragen) und Bildung fördert er den demokratischen Diskurs. Und davon profitieren letztlich auch all jene, welche sich nicht daran beteiligen. Kurz und gut: Es geht um ein faireres Gebührensystem, tiefere Gebühren für die Haushalte, Verbesserungen für die privaten Rundfunkstationen. Und weniger Billag-Kontrollen, also weniger Bürokratie. Letztlich stärkt ein besseres Gebührensystem das Prinzip des Service public im Rundfunkbereich. Da fällt es leicht, für ein JA zur RTVG-Revision zu argumentieren. Und der Osterhase aus Schoggi? Nicht jede schaut TV, nicht jeder isst Schoggi. Trotzdem zahlen alle Steuerzahler ihren
Teil an die staatlichen Subventionen der Schokoladeproduktion (für mehr Infos: «Schoggi-Gesetz» googeln). Den Gewerbeverband stört das nicht. Andere ähnliche Beispiele sind leicht zu finden.
SRG-Arbeitsbedingungen: ein Massstab im Journalismus Und zum Schluss der gewerkschaftliche Aspekt: viele Kolleginnen und Kollegen bei den Verlagshäusern leiden unter Abbaumassnahmen und schlechten Arbeitsbedingungen. Soll man da – wenigstens indirekt – die vergleichsweise guten Bedingungen bei der SRG stärken? Selbstverständlich! Denn eine Schwächung der SRG würde auch die Standards im Journalismus und bei den Arbeitsbedingungen weiter schwächen – zum Schaden aller.