TASCHEN Magazin Winter 2013/14 (deutsche Ausgabe)

Page 1

Winter 2013/14

moderne aphrodite

Naomi Campbell, die Schaumgeborene

MenschMaschine Wiederentdeckt: Fritz Kahn, Pionier der Infografik

Traurig schĂśn

Die einzigartigen Kunstmärchen von Hans Christian Andersen

Das Ende IST Nah!

Ein lang verschollenes Wunderzeichenbuch der Renaissance

Welt der Wunder 125 Jahre National Geographic

Est. 1980 Diversity is the spice of life!


cartier.com

Wir gehen auf Weltreise – kommen Sie mit!


cartier.com

Wir gehen auf Weltreise – kommen Sie mit!


F A L K E • P.O.BOX 11 09 - D-57376 SCHMALLENBERG / GERMANY

Berlin, Oktober 2013

Liebe Buchwürmer,

ich freue mich sehr, Ihnen eines der schönsten Buchprojekte vorzustellen, das wir je auf die Beine gestellt haben: National Geographic – In 125 Jahren um die Welt. WOW! Was für ein Whopper: drei fantastische Bände, die unsere Welt so zeigen, wie die stets wissbegierigen und wagemutigen Fotografen, Autoren und Redak­teure von National Geographic sie dokumentiert haben – von 1888 bis heute. Um unter den über 11 Millionen Fotos die Highlights aus der 125-jährigen Geschichte des Magazins auszuwählen, gewährte die National Geographic Society unserem Team zum ersten Mal uneingeschränkten Zugang zu ihren Schatzkammern in Washington. Das Resultat stellen wir Ihnen hier vor: ein dreibändiges Buchset im XL-Format in einer weltweit limitierten Auflage von 125.000 nummerierten Exemplaren. Die englische Ausgabe kommt diesen Winter auf den Markt. Deutsche, französische und spanische Ausgaben folgen im Frühjahr 2014.

PURE SHINE

Und da uns die Schönheit der Erde am Herzen liegt und wir etwas dafür tun wollen, dass sie uns erhalten bleibt, hier noch eine weitere Neuigkeit: TASCHEN wird CO2-neutral! Wir werden künftig unseren öko­logischen Fußabdruck komplett neutralisieren, indem wir dem von Lélia Wanick Salgado und Sebastião Salgado gegründeten Instituto Terra, das sich der Wiederaufforstung des Regen­ waldes widmet, Emissionszertifikate in Höhe Im Grünen Trikot: Sebastião Salgado mit dem Rad auf dem Gelände unseres CO2-Ausstoßes abkaufen. Ab sofort des Instituto Terra in Minas Gerais, Brasilien. Foto © TASCHEN tragen Sie also mit jedem TASCHEN-Buch dazu bei, dass irgendwo auf der Welt ein Baum gepflanzt wird. Wie cool ist das denn? Ich würde mich freuen, wenn Sie unsere Initiative und das Projekt des Instituto Terra unterstützen würden. Nähere Informationen dazu finden Sie bitte auf Seite 10/11. Wie stets herzlichen Dank für Ihre Unterstützung und viel Spaß beim Blättern. Peace Benedikt Taschen Halbjährlich heraus­ gegeben von TASCHEN Hohenzollernring 53 D–50672 Köln

Tel: +49-221-20180-0 contact@taschen.com E-Mail-Kontakt für Anzeigen: media@taschen.com Druckauflage: 643.000

Text: Harald Hellmann Design: Andy Disl & Benedikt Taschen Koordination: Florian Kobler, Martin Holz und Jonas Scheler Produktion: Claudia Frey, Frauke Kaiser und Daniela Schädlich Directed and produced by Benedikt Taschen —3—

Cover: Vierjähriges tibetisches Mädchen in traditioneller Tracht. Foto: Alison Wright, 2008. © National Geographic Creative Printed in Germany


F A L K E • P.O.BOX 11 09 - D-57376 SCHMALLENBERG / GERMANY

Berlin, Oktober 2013

Liebe Buchwürmer,

ich freue mich sehr, Ihnen eines der schönsten Buchprojekte vorzustellen, das wir je auf die Beine gestellt haben: National Geographic – In 125 Jahren um die Welt. WOW! Was für ein Whopper: drei fantastische Bände, die unsere Welt so zeigen, wie die stets wissbegierigen und wagemutigen Fotografen, Autoren und Redak­teure von National Geographic sie dokumentiert haben – von 1888 bis heute. Um unter den über 11 Millionen Fotos die Highlights aus der 125-jährigen Geschichte des Magazins auszuwählen, gewährte die National Geographic Society unserem Team zum ersten Mal uneingeschränkten Zugang zu ihren Schatzkammern in Washington. Das Resultat stellen wir Ihnen hier vor: ein dreibändiges Buchset im XL-Format in einer weltweit limitierten Auflage von 125.000 nummerierten Exemplaren. Die englische Ausgabe kommt diesen Winter auf den Markt. Deutsche, französische und spanische Ausgaben folgen im Frühjahr 2014.

PURE SHINE

Und da uns die Schönheit der Erde am Herzen liegt und wir etwas dafür tun wollen, dass sie uns erhalten bleibt, hier noch eine weitere Neuigkeit: TASCHEN wird CO2-neutral! Wir werden künftig unseren öko­logischen Fußabdruck komplett neutralisieren, indem wir dem von Lélia Wanick Salgado und Sebastião Salgado gegründeten Instituto Terra, das sich der Wiederaufforstung des Regen­ waldes widmet, Emissionszertifikate in Höhe Im Grünen Trikot: Sebastião Salgado mit dem Rad auf dem Gelände unseres CO2-Ausstoßes abkaufen. Ab sofort des Instituto Terra in Minas Gerais, Brasilien. Foto © TASCHEN tragen Sie also mit jedem TASCHEN-Buch dazu bei, dass irgendwo auf der Welt ein Baum gepflanzt wird. Wie cool ist das denn? Ich würde mich freuen, wenn Sie unsere Initiative und das Projekt des Instituto Terra unterstützen würden. Nähere Informationen dazu finden Sie bitte auf Seite 10/11. Wie stets herzlichen Dank für Ihre Unterstützung und viel Spaß beim Blättern. Peace Benedikt Taschen Halbjährlich heraus­ gegeben von TASCHEN Hohenzollernring 53 D–50672 Köln

Tel: +49-221-20180-0 contact@taschen.com E-Mail-Kontakt für Anzeigen: media@taschen.com Druckauflage: 643.000

Text: Harald Hellmann Design: Andy Disl & Benedikt Taschen Koordination: Florian Kobler, Martin Holz und Jonas Scheler Produktion: Claudia Frey, Frauke Kaiser und Daniela Schädlich Directed and produced by Benedikt Taschen —3—

Cover: Vierjähriges tibetisches Mädchen in traditioneller Tracht. Foto: Alison Wright, 2008. © National Geographic Creative Printed in Germany


22

Dada oder Data?

Winter 2013/14

8 10

Mein Liebstes buch von TASCHEN

16

TASCHEN-Mitarbeiter verraten ihre Favoriten

UNser Beitrag zur Nachhaltigkeit

Achtung,­­­­­­­­­­­­­­­­ Höllenfeuer!

Das gemeinsame Projekt von TASCHEN und Lélia und Sebastião Salgado

12 nach der natur Eine Liebeserklärung an unsere Erde

40

14 Steine wollen rollen Das ultimative Buch zur ultimativen Rockband

Bist du das, Naomi?

16 Vorsicht, Blutregen! Wiederentdeckt: das Augsburger Wunderzeichenbuch 22 infomaestro Komplexes verständlich machen: das Lebenswerk von Fritz Kahn 32 Märchenstunde H. C. Andersen – vom hässlichen Entlein zum stolzen Schwan 40

She’s got it

Glanz und Gloria der unsterblichen Naomi Campbell

50 Oh, dieser Merkwert Das Beste vom Besten der Kreativbranche

52 Zeichensprache Logos à gogo 54

125 Jahre Welterkundung

TASCHEN auf exklusiver Schatzsuche in den Archiven von National Geographic

76 Fühlt sich warm Innovative Holzarchitektur aus aller Welt

an

82 Die

Revolution geht weiter

Neues aus der Modernist Cuisine

84 Creative living Schickes Wohnen global 90 Architekt

der Architekten

Der poetische Modernismus von Álvaro Siza

93 Ich dich auch Das Fotoalbum von Jane Birkin und Serge Gainsbourg

54

96 In

Quitte oder Aprikose?­­

Strumpfhosen ins All

DC Comics – die Jahre 1956 bis 1970

102 Satyr in Satin Die illustrierte Autobiografie des Playboy-Chefs Hugh M. Hefner 106 Wer

32

Schneekönigin & Co. KG

zu spät kommt ...

Die meistgesuchten antiquarischen TASCHEN-Titel

96

Sternenhimmel über Gotham


22

Dada oder Data?

Winter 2013/14

8 10

Mein Liebstes buch von TASCHEN

16

TASCHEN-Mitarbeiter verraten ihre Favoriten

UNser Beitrag zur Nachhaltigkeit

Achtung,­­­­­­­­­­­­­­­­ Höllenfeuer!

Das gemeinsame Projekt von TASCHEN und Lélia und Sebastião Salgado

12 nach der natur Eine Liebeserklärung an unsere Erde

40

14 Steine wollen rollen Das ultimative Buch zur ultimativen Rockband

Bist du das, Naomi?

16 Vorsicht, Blutregen! Wiederentdeckt: das Augsburger Wunderzeichenbuch 22 infomaestro Komplexes verständlich machen: das Lebenswerk von Fritz Kahn 32 Märchenstunde H. C. Andersen – vom hässlichen Entlein zum stolzen Schwan 40

She’s got it

Glanz und Gloria der unsterblichen Naomi Campbell

50 Oh, dieser Merkwert Das Beste vom Besten der Kreativbranche

52 Zeichensprache Logos à gogo 54

125 Jahre Welterkundung

TASCHEN auf exklusiver Schatzsuche in den Archiven von National Geographic

76 Fühlt sich warm Innovative Holzarchitektur aus aller Welt

an

82 Die

Revolution geht weiter

Neues aus der Modernist Cuisine

84 Creative living Schickes Wohnen global 90 Architekt

der Architekten

Der poetische Modernismus von Álvaro Siza

93 Ich dich auch Das Fotoalbum von Jane Birkin und Serge Gainsbourg

54

96 In

Quitte oder Aprikose?­­

Strumpfhosen ins All

DC Comics – die Jahre 1956 bis 1970

102 Satyr in Satin Die illustrierte Autobiografie des Playboy-Chefs Hugh M. Hefner 106 Wer

32

Schneekönigin & Co. KG

zu spät kommt ...

Die meistgesuchten antiquarischen TASCHEN-Titel

96

Sternenhimmel über Gotham


SHOP MONCLER.COM


SHOP MONCLER.COM


Mein liebstes Buch von TASCHEN ist …

Literature and Popular Culture Editor

„Gar keine Frage: Moonfire. Wenn Norman Mailers Bericht über die Apollo 11-Mission dich nicht für die Raumfahrt begeistern kann, was dann? Zweitens: die tollen Fotos, die dich zurück ins Jahr 1969 versetzen. Und drittens: Bei diesem Projekt habe ich meinen Ehemann kennen gelernt. Wie man sieht, können Bücher also tatsächlich Menschen zusammenbringen!“

Unsere Mitarbeiter empfehlen ihre Lieblingslektüre Illustrationen von Robert Nippoldt

Photography Editor

Production Director

„Die perfekte Verbindung von Form und Inhalt ist das Reizvollste beim Bücher­machen und hier wundervoll geglückt. Lélia und Sebastião Salgado legen die Messlatte ganz nach oben bei der Qualität ihrer Bücher und mit dem großen GENESIS­­­­ wurde alles bisherige noch übertroffen.“

„Vergiss Instagram, das iPhone oder Digital­ fotografie. Das Polaroid ist die ursprüngliche Form der Sofortbildfotografie, eine Kunstform, die dank diesem Buch niemals in Vergessenheit geraten wird.“

Popular Culture and Vintage Book Editor

„Das Augsburger Wunderzeichenbuch. Es ist toll, dass es immer noch derartige Schätze zu entdecken gibt. Wie im Rausch hat der Künstler diese dramatischen Himmelserscheinungen und schrecklichen Untergangsfantasien dargestellt, und jedem einzelnen Bild ist eine unverhohlene Angstlust anzumerken.“

Art and Classics Editor

„Sehet die Zeichen! Bislang in einer Privatsammlung verborgen, ist dieses spektakuläre Werk der Renaissance zum ersten Mal als Faksimileausgabe erhältlich. Mit seinen ausdrucksstarken und überraschend modern anmutenden Darstellungen von wundersamen Natur- und Himmelserscheinungen aus zwei Jahrtausenden ist das Augsburger Wunderzeichenbuch ein visueller Hochgenuss!“

Art Director

„Über den Band bauhaus lernte ich TASCHEN kennen. Ich kaufte ihn noch zu Highschoolzeiten 1991 bei Tower Records. Auch heute noch, nach so vielen Jahren, hat der Titel nichts an Gültigkeit verloren.“

—8—

Film and Photography Editor

„Racinets Complete Costume History ist einer meiner Lieblingstitel. Die Illustrationen sind wunderbar, und ich kann mich gar nicht satt daran sehen, wie Menschen vergangener Epochen sich gekleidet haben.“


Mein liebstes Buch von TASCHEN ist …

Literature and Popular Culture Editor

„Gar keine Frage: Moonfire. Wenn Norman Mailers Bericht über die Apollo 11-Mission dich nicht für die Raumfahrt begeistern kann, was dann? Zweitens: die tollen Fotos, die dich zurück ins Jahr 1969 versetzen. Und drittens: Bei diesem Projekt habe ich meinen Ehemann kennen gelernt. Wie man sieht, können Bücher also tatsächlich Menschen zusammenbringen!“

Unsere Mitarbeiter empfehlen ihre Lieblingslektüre Illustrationen von Robert Nippoldt

Photography Editor

Production Director

„Die perfekte Verbindung von Form und Inhalt ist das Reizvollste beim Bücher­machen und hier wundervoll geglückt. Lélia und Sebastião Salgado legen die Messlatte ganz nach oben bei der Qualität ihrer Bücher und mit dem großen GENESIS­­­­ wurde alles bisherige noch übertroffen.“

„Vergiss Instagram, das iPhone oder Digital­ fotografie. Das Polaroid ist die ursprüngliche Form der Sofortbildfotografie, eine Kunstform, die dank diesem Buch niemals in Vergessenheit geraten wird.“

Popular Culture and Vintage Book Editor

„Das Augsburger Wunderzeichenbuch. Es ist toll, dass es immer noch derartige Schätze zu entdecken gibt. Wie im Rausch hat der Künstler diese dramatischen Himmelserscheinungen und schrecklichen Untergangsfantasien dargestellt, und jedem einzelnen Bild ist eine unverhohlene Angstlust anzumerken.“

Art and Classics Editor

„Sehet die Zeichen! Bislang in einer Privatsammlung verborgen, ist dieses spektakuläre Werk der Renaissance zum ersten Mal als Faksimileausgabe erhältlich. Mit seinen ausdrucksstarken und überraschend modern anmutenden Darstellungen von wundersamen Natur- und Himmelserscheinungen aus zwei Jahrtausenden ist das Augsburger Wunderzeichenbuch ein visueller Hochgenuss!“

Art Director

„Über den Band bauhaus lernte ich TASCHEN kennen. Ich kaufte ihn noch zu Highschoolzeiten 1991 bei Tower Records. Auch heute noch, nach so vielen Jahren, hat der Titel nichts an Gültigkeit verloren.“

—8—

Film and Photography Editor

„Racinets Complete Costume History ist einer meiner Lieblingstitel. Die Illustrationen sind wunderbar, und ich kann mich gar nicht satt daran sehen, wie Menschen vergangener Epochen sich gekleidet haben.“


TASCHEN wird CO2 -neutral

Der Urwald ist zurückgekehrt und bietet einer vielfältigen Fauna Nahrung und Schutz. Mehr als 170 Vogelarten haben sich auf dem Gebiet des Instituto Terra wieder angesiedelt, darunter einheimische Waldkauzarten, Drosseln, Finken und Papageien. Darüber hinaus sind viele Tierarten zurückgekehrt, die hier jahrzehnte-

Foto © Ricardo Beliel

Durch die Unterstützung des Wiederaufforstungsprogramms von Instituto Terra strebt der größte Verleger von Kunstbüchern eine CO2 -neutrale Produktion an.

Sebastião Salgado hat mit seinem im Frühjahr 2013 im TASCHEN-Verlag erschienenen und schnell zum Bestseller avancierten Bildband Genesis ein nachdrückliches Plädoyer für den Erhalt unseres Planeten abgeliefert. TASCHEN ist stolz, den Bildern nun Taten folgen zu lassen und eine

weitere Zusammenarbeit mit Lélia Wanick Salgado, Sebastião Salgado und ihrem Instituto Terra ankündigen zu können. Als Ergebnis dieser neuen ökologischen Partnerschaft wirtschaftet taschen, der größte Kunst­ buchverlag der Welt, künftig CO2-neutral. Das Instituto Terra wurde 1998 in Aimorés im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais auf dem Anwesen der Familie Salgado gegründet. Das weitläufige Gebiet der ehemaligen Rinderfarm war durch Rodung des Regenwaldes zu einer unwirtlichen Steppe geworden. Lélia und Sebastião Salgado beschlossen, das gesamte Gebiet mit den ursprünglich dort

„Doch, man kann die Uhr zurück­ drehen und retten, was für immer verloren schien.“

heimischen Baumarten wiederaufzuforsten. Seitdem hat sich eine beinahe wundersame Verwandlung vollzogen. Mittlerweile werden die Hügel und Ebenen des Instituto Terra von zwei Millionen Bäumen bedeckt, die als Setzlinge nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen in der eigenen Baumschule herangezogen wurden. Unter den mehr als 300 verschiedenen Arten finden sich u. a. das Brasilholz (dem Brasilien seinen Namen verdankt), der Jacarandá Caviúna (oder auch Brasilianischer Palisander) und der Jatoba (auch bekannt als Brasilianische Kirsche). Durch diese Maßnahmen wurde ein neues tropisches Mikroklima geschaffen, das der Bodenerosion Einhalt geboten und den ehemals ausgetrockneten Flüssen und Bächen wieder Wasser zugeführt hat.

—Lélia Wanick Salgado

lang nicht mehr gesichtet worden waren, sodass nun wieder Ozelote, Berglöwen und Tigerkatzen durch die Wälder streifen, aus deren Blätterdach das Geschrei der Affen ertönt. Schlangen, Spinnen und Myriaden von Insekten komplettieren dieses neue Ökosystem. Das Instituto Terra hat ein ehrgeiziges Bildungsprogramm gestartet, das über ökologische Zusammenhänge aufklärt und sich an Schulkinder, Lehrer, Leiter landwirtschaftlicher Kooperationen und die kommunalen Umweltbehörden wendet. Junge Freiwillige nehmen regelmäßig an Baumpflanzungen teil. Mitarbeiter des Instituts besuchen und beraten im Rahmen eines

Links: Lélia Wanick Salgado und Sebastião Salgado vor einer Baumschule im Instituto Terra in Aimorés, Minas Gerais, Brasilien, 2013.

2001

Das Areal des Instituto Terra, nun beinahe wieder im ursprünglichen Zustand, mit einer artenreichen Fauna und Flora.

Foto © Weverson Rocio, 2012

— 10 —

sprechend dem Greenhouse Gas Protocol weltweit jährlich 13 000 Tonnen des Treibhausgases. Dem Instituto Terra hingegen ist es gelungen, dank des Wiederaufforstungsprogramms rund 108 000 Tonnen CO2 aus der Atmosphäre zu binden. TASCHEN wird nun dem Instituto Terra Emissionsrechte in Höhe seines jährlichen CO2-Ausstoßes abkaufen, um so seine gesamten Produktions- und Transport­ prozesse auszugleichen und zugleich eines der weltweit vorbildlichsten Umweltschutzprojekte zu unterstützen. Der TASCHEN-Verlag, der die Umweltinitiative der Salgados seit Langem fördert, freut sich, sein Engagement für die wichtige Arbeit des Instituts auszuweiten. Indem wir dem Instituto Terra neue Mittel zur Verfügung stellen, erhalten wir die befriedigende Gewissheit, in Zukunft eines von wenigen weltweit tätigen Unternehmen zu sein, die CO2-neutral wirtschaften. Wenn Sie das Instituto Terra durch eigenes Engagement oder eine Spende unterstützen möchten, besuchen Sie bitte die Website www.institutoterra.org/donations für weitere Informationen.

Jedes TASCHEN-Buch ein Samenkorn

2013

Das Grundstück der Familie Salgado in Aimorés vor Beginn der Wiederaufforstung. Die vormalige Rinderfarm war durch jahrelangen Raubbau beinahe vollständig entwaldet.

Foto © Sebastião Salgado, 2001

Hilfsprogramms die Farmer und Arbeiter in der Region. Die Arbeit des Instituto Terra hat Modellcharakter, nicht nur für Südamerika. Großflächige Abholzungen und die damit einhergehende Zerstörung von Naturräumen sind ein Thema von globaler Bedeutung. Bäume schenken uns die Luft zum Atmen. Sie geben lebensspendenden Sauerstoff an die Umwelt ab und nehmen überschüssiges Kohlendioxid (CO2 ) auf, einen natürlichen Bestandteil der Luft, den wir Menschen und unsere Industriegesellschaften aber in solchen Mengen produzieren, dass das natürliche Gleichgewicht nachhaltig gestört ist. Dieses überschüssige Kohlendioxid verbleibt in der Atmosphäre und ist nach Ansicht der meisten Wissenschaftler für den Treibhauseffekt und den daraus resultierenden Klimawandel verantwortlich. Was also tun? Neue industrielle Fertigungsprozesse oder Umwelttechnologien können dazu beitragen, die CO2-Emissionen zu reduzieren. Ein anderer Weg ist der sogenannte Emissionshandel. Ein Unternehmen kann klimaneutral werden, indem es selbst den Treibhausgasausstoß reduziert oder aber daran mitwirkt, diesen irgendwo auf der Welt zu kompensieren. TASCHEN hat beschlossen, in Zusammenarbeit mit dem Instituto Terra seinen CO2-Fußabdruck zu neutralisieren. Nach Berechnungen einer hierauf spezialisierten Firma produziert TASCHEN ent-

— 11 —


TASCHEN wird CO2 -neutral

Der Urwald ist zurückgekehrt und bietet einer vielfältigen Fauna Nahrung und Schutz. Mehr als 170 Vogelarten haben sich auf dem Gebiet des Instituto Terra wieder angesiedelt, darunter einheimische Waldkauzarten, Drosseln, Finken und Papageien. Darüber hinaus sind viele Tierarten zurückgekehrt, die hier jahrzehnte-

Foto © Ricardo Beliel

Durch die Unterstützung des Wiederaufforstungsprogramms von Instituto Terra strebt der größte Verleger von Kunstbüchern eine CO2 -neutrale Produktion an.

Sebastião Salgado hat mit seinem im Frühjahr 2013 im TASCHEN-Verlag erschienenen und schnell zum Bestseller avancierten Bildband Genesis ein nachdrückliches Plädoyer für den Erhalt unseres Planeten abgeliefert. TASCHEN ist stolz, den Bildern nun Taten folgen zu lassen und eine

weitere Zusammenarbeit mit Lélia Wanick Salgado, Sebastião Salgado und ihrem Instituto Terra ankündigen zu können. Als Ergebnis dieser neuen ökologischen Partnerschaft wirtschaftet taschen, der größte Kunst­ buchverlag der Welt, künftig CO2-neutral. Das Instituto Terra wurde 1998 in Aimorés im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais auf dem Anwesen der Familie Salgado gegründet. Das weitläufige Gebiet der ehemaligen Rinderfarm war durch Rodung des Regenwaldes zu einer unwirtlichen Steppe geworden. Lélia und Sebastião Salgado beschlossen, das gesamte Gebiet mit den ursprünglich dort

„Doch, man kann die Uhr zurück­ drehen und retten, was für immer verloren schien.“

heimischen Baumarten wiederaufzuforsten. Seitdem hat sich eine beinahe wundersame Verwandlung vollzogen. Mittlerweile werden die Hügel und Ebenen des Instituto Terra von zwei Millionen Bäumen bedeckt, die als Setzlinge nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen in der eigenen Baumschule herangezogen wurden. Unter den mehr als 300 verschiedenen Arten finden sich u. a. das Brasilholz (dem Brasilien seinen Namen verdankt), der Jacarandá Caviúna (oder auch Brasilianischer Palisander) und der Jatoba (auch bekannt als Brasilianische Kirsche). Durch diese Maßnahmen wurde ein neues tropisches Mikroklima geschaffen, das der Bodenerosion Einhalt geboten und den ehemals ausgetrockneten Flüssen und Bächen wieder Wasser zugeführt hat.

—Lélia Wanick Salgado

lang nicht mehr gesichtet worden waren, sodass nun wieder Ozelote, Berglöwen und Tigerkatzen durch die Wälder streifen, aus deren Blätterdach das Geschrei der Affen ertönt. Schlangen, Spinnen und Myriaden von Insekten komplettieren dieses neue Ökosystem. Das Instituto Terra hat ein ehrgeiziges Bildungsprogramm gestartet, das über ökologische Zusammenhänge aufklärt und sich an Schulkinder, Lehrer, Leiter landwirtschaftlicher Kooperationen und die kommunalen Umweltbehörden wendet. Junge Freiwillige nehmen regelmäßig an Baumpflanzungen teil. Mitarbeiter des Instituts besuchen und beraten im Rahmen eines

Links: Lélia Wanick Salgado und Sebastião Salgado vor einer Baumschule im Instituto Terra in Aimorés, Minas Gerais, Brasilien, 2013.

2001

Das Areal des Instituto Terra, nun beinahe wieder im ursprünglichen Zustand, mit einer artenreichen Fauna und Flora.

Foto © Weverson Rocio, 2012

— 10 —

sprechend dem Greenhouse Gas Protocol weltweit jährlich 13 000 Tonnen des Treibhausgases. Dem Instituto Terra hingegen ist es gelungen, dank des Wiederaufforstungsprogramms rund 108 000 Tonnen CO2 aus der Atmosphäre zu binden. TASCHEN wird nun dem Instituto Terra Emissionsrechte in Höhe seines jährlichen CO2-Ausstoßes abkaufen, um so seine gesamten Produktions- und Transport­ prozesse auszugleichen und zugleich eines der weltweit vorbildlichsten Umweltschutzprojekte zu unterstützen. Der TASCHEN-Verlag, der die Umweltinitiative der Salgados seit Langem fördert, freut sich, sein Engagement für die wichtige Arbeit des Instituts auszuweiten. Indem wir dem Instituto Terra neue Mittel zur Verfügung stellen, erhalten wir die befriedigende Gewissheit, in Zukunft eines von wenigen weltweit tätigen Unternehmen zu sein, die CO2-neutral wirtschaften. Wenn Sie das Instituto Terra durch eigenes Engagement oder eine Spende unterstützen möchten, besuchen Sie bitte die Website www.institutoterra.org/donations für weitere Informationen.

Jedes TASCHEN-Buch ein Samenkorn

2013

Das Grundstück der Familie Salgado in Aimorés vor Beginn der Wiederaufforstung. Die vormalige Rinderfarm war durch jahrelangen Raubbau beinahe vollständig entwaldet.

Foto © Sebastião Salgado, 2001

Hilfsprogramms die Farmer und Arbeiter in der Region. Die Arbeit des Instituto Terra hat Modellcharakter, nicht nur für Südamerika. Großflächige Abholzungen und die damit einhergehende Zerstörung von Naturräumen sind ein Thema von globaler Bedeutung. Bäume schenken uns die Luft zum Atmen. Sie geben lebensspendenden Sauerstoff an die Umwelt ab und nehmen überschüssiges Kohlendioxid (CO2 ) auf, einen natürlichen Bestandteil der Luft, den wir Menschen und unsere Industriegesellschaften aber in solchen Mengen produzieren, dass das natürliche Gleichgewicht nachhaltig gestört ist. Dieses überschüssige Kohlendioxid verbleibt in der Atmosphäre und ist nach Ansicht der meisten Wissenschaftler für den Treibhauseffekt und den daraus resultierenden Klimawandel verantwortlich. Was also tun? Neue industrielle Fertigungsprozesse oder Umwelttechnologien können dazu beitragen, die CO2-Emissionen zu reduzieren. Ein anderer Weg ist der sogenannte Emissionshandel. Ein Unternehmen kann klimaneutral werden, indem es selbst den Treibhausgasausstoß reduziert oder aber daran mitwirkt, diesen irgendwo auf der Welt zu kompensieren. TASCHEN hat beschlossen, in Zusammenarbeit mit dem Instituto Terra seinen CO2-Fußabdruck zu neutralisieren. Nach Berechnungen einer hierauf spezialisierten Firma produziert TASCHEN ent-

— 11 —


„Meine Liebeserklärung an den Planeten.“

4.

Auflage

Sebastião Salgados fotografische Hommage an unseren Planeten in seinem ursprünglichen Zustand

€ 49,99 Konzipiert, herausgegeben und gestaltet von Lélia Wanick Salgado, 520 Seiten Ebenso erhältlich als zwei­­bändige, limitierte Sammleredition in SUMO-Größe


„Meine Liebeserklärung an den Planeten.“

4.

Auflage

Sebastião Salgados fotografische Hommage an unseren Planeten in seinem ursprünglichen Zustand

€ 49,99 Konzipiert, herausgegeben und gestaltet von Lélia Wanick Salgado, 520 Seiten Ebenso erhältlich als zwei­­bändige, limitierte Sammleredition in SUMO-Größe


Foto © Gered Mankowitz/Bowstir Ltd

Ladies and gentlemen ... the Rolling Stones!

SUMO Size

MEHR informationen Finden Sie auf www.taschen.com

Die definitive und autorisierte Bildbiografie der Stones – nummeriert und signiert von Mick, Keith, Charlie und Ronnie!


Foto © Gered Mankowitz/Bowstir Ltd

Ladies and gentlemen ... the Rolling Stones!

SUMO Size

MEHR informationen Finden Sie auf www.taschen.com

Die definitive und autorisierte Bildbiografie der Stones – nummeriert und signiert von Mick, Keith, Charlie und Ronnie!


Hagel in Dordrecht 1552 n. Chr., am 17. Mai, ist ein solch grausames Unwetter mit Hagel zu Dordrecht in Holland niedergegangen, dass die Leute gedacht haben, es käme der jüngste Tag. Und es hat etwa eine halbe Stunde gedauert. Etliche der Steine haben ihre schweren Pfund und 8 Lot. Und wo sie herab­ gefallen sind, haben sie grausam übel gestunken.

die pforten der hölle

Das Augsburger Wunderzeichenbuch: ein lang verschollenes Meisterwerk der Renaissance


Hagel in Dordrecht 1552 n. Chr., am 17. Mai, ist ein solch grausames Unwetter mit Hagel zu Dordrecht in Holland niedergegangen, dass die Leute gedacht haben, es käme der jüngste Tag. Und es hat etwa eine halbe Stunde gedauert. Etliche der Steine haben ihre schweren Pfund und 8 Lot. Und wo sie herab­ gefallen sind, haben sie grausam übel gestunken.

die pforten der hölle

Das Augsburger Wunderzeichenbuch: ein lang verschollenes Meisterwerk der Renaissance


Im 1531. Jahr, am sechs- und achtundzwanzigsten Januar, sind in Portugal zu Lissabon am sechsundzwanzigsten Tag nachts am Himmel blutige und feurige Zeichen gesehen worden und ist am achtundzwanzigsten zudem ein großer Walfisch am Himmel gesehen worden. Darauf folgten große Erdbeben, sodass etwa zweihundert Häuser eingefallen sind und mehr als tausend Menschen erschlagen wurden.

Wal und Erdbeben in Lissabon Drachen über Böhmen Im 1533. Jahr, im Oktober, hat man in Böhmen und dem Vogtland, auch im Ascher Ländchen fliegende Drachen gesehen, auf dem Kopf eine Krone, ein Rüssel wie ein Schwein, und auch zwei Flügel. Es dauerte dann etliche Tage an, dass jeden Tag von ihnen mehr als vierhundert miteinander geflogen sind, sowohl große als auch kleine, wie hier gemalt ist.

Im Land der Römer hat man 73 Jahre vor Christi Geburt eine goldene Kugel am Himmel gesehen, die dann auf die Erde herabgekommen und herumgerollt und wieder hinauf in die Luft geflogen ist, in Richtung des Aufgangs der Sonne, sodass sie mit ihrer Größe die Sonne verdeckt hat. Danach folgte der große Römerkrieg.

Tibermonster

1496 nach Christi Geburt, im Monat Januar, zu der Zeit, als der Tiber hoch und weit bei Rom über die Ufer getreten ist: welch Wundertier zeigte sich tot aufgefunden dort, wo das Wüten und die Kraft des Wassers des Tiber nachgelassen hatte, und ist in dieser Gestalt und Form gewesen, wie es da gemalt ist.

goldene kugel


Im 1531. Jahr, am sechs- und achtundzwanzigsten Januar, sind in Portugal zu Lissabon am sechsundzwanzigsten Tag nachts am Himmel blutige und feurige Zeichen gesehen worden und ist am achtundzwanzigsten zudem ein großer Walfisch am Himmel gesehen worden. Darauf folgten große Erdbeben, sodass etwa zweihundert Häuser eingefallen sind und mehr als tausend Menschen erschlagen wurden.

Wal und Erdbeben in Lissabon Drachen über Böhmen Im 1533. Jahr, im Oktober, hat man in Böhmen und dem Vogtland, auch im Ascher Ländchen fliegende Drachen gesehen, auf dem Kopf eine Krone, ein Rüssel wie ein Schwein, und auch zwei Flügel. Es dauerte dann etliche Tage an, dass jeden Tag von ihnen mehr als vierhundert miteinander geflogen sind, sowohl große als auch kleine, wie hier gemalt ist.

Im Land der Römer hat man 73 Jahre vor Christi Geburt eine goldene Kugel am Himmel gesehen, die dann auf die Erde herabgekommen und herumgerollt und wieder hinauf in die Luft geflogen ist, in Richtung des Aufgangs der Sonne, sodass sie mit ihrer Größe die Sonne verdeckt hat. Danach folgte der große Römerkrieg.

Tibermonster

1496 nach Christi Geburt, im Monat Januar, zu der Zeit, als der Tiber hoch und weit bei Rom über die Ufer getreten ist: welch Wundertier zeigte sich tot aufgefunden dort, wo das Wüten und die Kraft des Wassers des Tiber nachgelassen hatte, und ist in dieser Gestalt und Form gewesen, wie es da gemalt ist.

goldene kugel


Das Ende ist nah!

Das erst vor ein paar Jahren wiederentdeckte und jüngst von einem amerikanischen Sammler ersteigerte Augsburger Wunderzeichenbuch ist eines der spektakulärsten Beispiele für die Buchkunst des 16. Jahrhunderts. Das um 1550 entstandene Werk zeigt unerklärliche und verstörende Natur- und Himmelserscheinungen, die das nahe Ende der Welt anzukündigen scheinen.

Himmlischer Schwertkämpfer, Himmelsburg und Kriegsheer über StraSSburg Im 1531. Jahr ist bei Straßburg und in anderen

Gegenden ein blutiges Luftbild mit einem Schwert in seiner Hand gesehen worden, zudem eine feurige Burg und gegenüber ein berittener Heereszug.

Das Wunderzeichenbuch Faksimile mit Kommentarband in einer Schlagkassette, 560­Seiten € 99,99


Das Ende ist nah!

Das erst vor ein paar Jahren wiederentdeckte und jüngst von einem amerikanischen Sammler ersteigerte Augsburger Wunderzeichenbuch ist eines der spektakulärsten Beispiele für die Buchkunst des 16. Jahrhunderts. Das um 1550 entstandene Werk zeigt unerklärliche und verstörende Natur- und Himmelserscheinungen, die das nahe Ende der Welt anzukündigen scheinen.

Himmlischer Schwertkämpfer, Himmelsburg und Kriegsheer über StraSSburg Im 1531. Jahr ist bei Straßburg und in anderen

Gegenden ein blutiges Luftbild mit einem Schwert in seiner Hand gesehen worden, zudem eine feurige Burg und gegenüber ein berittener Heereszug.

Das Wunderzeichenbuch Faksimile mit Kommentarband in einer Schlagkassette, 560­Seiten € 99,99


MenschMAsCHINE Wiederentdeckt: Fritz Kahn, ein Pionier der Infografik

Die visuelle Umsetzung komplexer Vorstellungen ist eine der bedeutendsten Herausforderungen, vor die sich die zahlreichen Grafikdesigner von heute gestellt sehen. Doch wo liegen die Wurzeln dieses Handwerks? Wenn man in die Vergangenheit zurückgeht, liefert das Werk des in Vergessenheit geratenen Genies Fritz Kahn faszinierende Einblicke in die Geburt der Informationsgrafik.

Wie oft haben Sie sich schon vorgestellt, kleine Humanoide würden jeden einzelnen der vielen Vorgänge steuern, die in der Fabrik unseres menschlichen Körpers vor sich gehen? Für alle, die wie ich vor dem naturwissenschaftlichen Fachjargon kapitulieren, vereinfachen Metaphern und Analogien auf probate Weise das Verständnis um die komplexen Mechanismen der alltäg­lichen menschlichen Existenz. Auf eben diese Art zapfte der jetzt wiederentdeckte Visionär Dr. Fritz Kahn (1888–1968), ein deutscher Naturwissenschaftler, Gynäkologe und Schriftsteller, unser kollektives Bewusstes und Unterbe­ wuss­tes an. Zweifellos waren seine Vorstellungen bisweilen absurd, wenn nicht

gar naiv, doch entwickelte er ein großartiges Hilfsmittel für Lehrzwecke. Müsste man eine einzelne Leistung in Kahns eindrucksvoller und bewegter Karriere hervor­heben, dann wäre es das subversivkomische und zugleich resolut-diagrammatische Plakat „Der Mensch als Industriepalast“ (1926). Der menschliche Körper als mechanisierte Fabrik. Kahn entdeckte eine Möglichkeit, Daten zu visualisieren, Jahrzehnte ehe Daten­ visualisierung zu einer anerkannten Methode für die Aufbereitung und Interpretation von Information wurde. Sein „Industriepalast“-Plakat zeigt den schematischen Querschnitt eines menschlichen Kopfes und armlosen Rumpfs, Irrgär— 22 —

ten voller Apparaturen in getrennten Räumen, verbunden durch spezialisierte Homunkuli. Jeder Homunkulus ist ein Facharbeiter. Diese „Personen“ sorgen für einen reibungslosen Ablauf aller Körperfunktionen. Bei den präzisen Wunder­ werken des Maschinenzeitalters handelt es sich um Organe, Muskeln und Nerven, jedoch besser verständlich in einer anthropomorphen Form. Jeder Körperteil hat seinen Avatar: Das Auge ist eine Balgenkamera, die Lunge besteht aus Kupferrohren, Magen und Darm sind Förderbänder. In der linken und rechten Gehirnhälfte wird von klugen Homunkuli gelesen, geplant und diskutiert. Weiter unten bewegt sich das Verzehrte auf

Was sich in unserem Kopf abspielt, wenn wir ein Auto sehen und „Auto“ sagen.


MenschMAsCHINE Wiederentdeckt: Fritz Kahn, ein Pionier der Infografik

Die visuelle Umsetzung komplexer Vorstellungen ist eine der bedeutendsten Herausforderungen, vor die sich die zahlreichen Grafikdesigner von heute gestellt sehen. Doch wo liegen die Wurzeln dieses Handwerks? Wenn man in die Vergangenheit zurückgeht, liefert das Werk des in Vergessenheit geratenen Genies Fritz Kahn faszinierende Einblicke in die Geburt der Informationsgrafik.

Wie oft haben Sie sich schon vorgestellt, kleine Humanoide würden jeden einzelnen der vielen Vorgänge steuern, die in der Fabrik unseres menschlichen Körpers vor sich gehen? Für alle, die wie ich vor dem naturwissenschaftlichen Fachjargon kapitulieren, vereinfachen Metaphern und Analogien auf probate Weise das Verständnis um die komplexen Mechanismen der alltäg­lichen menschlichen Existenz. Auf eben diese Art zapfte der jetzt wiederentdeckte Visionär Dr. Fritz Kahn (1888–1968), ein deutscher Naturwissenschaftler, Gynäkologe und Schriftsteller, unser kollektives Bewusstes und Unterbe­ wuss­tes an. Zweifellos waren seine Vorstellungen bisweilen absurd, wenn nicht

gar naiv, doch entwickelte er ein großartiges Hilfsmittel für Lehrzwecke. Müsste man eine einzelne Leistung in Kahns eindrucksvoller und bewegter Karriere hervor­heben, dann wäre es das subversivkomische und zugleich resolut-diagrammatische Plakat „Der Mensch als Industriepalast“ (1926). Der menschliche Körper als mechanisierte Fabrik. Kahn entdeckte eine Möglichkeit, Daten zu visualisieren, Jahrzehnte ehe Daten­ visualisierung zu einer anerkannten Methode für die Aufbereitung und Interpretation von Information wurde. Sein „Industriepalast“-Plakat zeigt den schematischen Querschnitt eines menschlichen Kopfes und armlosen Rumpfs, Irrgär— 22 —

ten voller Apparaturen in getrennten Räumen, verbunden durch spezialisierte Homunkuli. Jeder Homunkulus ist ein Facharbeiter. Diese „Personen“ sorgen für einen reibungslosen Ablauf aller Körperfunktionen. Bei den präzisen Wunder­ werken des Maschinenzeitalters handelt es sich um Organe, Muskeln und Nerven, jedoch besser verständlich in einer anthropomorphen Form. Jeder Körperteil hat seinen Avatar: Das Auge ist eine Balgenkamera, die Lunge besteht aus Kupferrohren, Magen und Darm sind Förderbänder. In der linken und rechten Gehirnhälfte wird von klugen Homunkuli gelesen, geplant und diskutiert. Weiter unten bewegt sich das Verzehrte auf

Was sich in unserem Kopf abspielt, wenn wir ein Auto sehen und „Auto“ sagen.


Das Herz treibt einen Fahrstuhl in 40 Minuten fünf Stock­ werke hoch.

Das Insekt kriecht aus der Puppe mit zusammengefalteten Flügeln. Diese werden durch Blut aus den Adern oder durch Luft aus den Atemröhren entfaltet.

Es füllt im Lauf des Tages 3 Tankautos mit 10 000 Litern Blut und pumpt in 70 Jahren 250 Millionen Liter Blut, die den Rauminhalt eines Wolkenkratzers ausfüllen.

„ Zwar würde ich es nicht begrüßen, dieses Diagramm im Behandlungszimmer meines Arztes anstelle einer anatomischen Schautafel vor­ zufinden, dennoch war Kahn ein Großmeister seines Metiers und ein Pionier der Informationsgrafik. Bilder unterhalten und informieren über etwas, das andernfalls kalt und klinisch wäre.“ — Steven Heller

Der Mensch als Industrie­palast — 25 —


Das Herz treibt einen Fahrstuhl in 40 Minuten fünf Stock­ werke hoch.

Das Insekt kriecht aus der Puppe mit zusammengefalteten Flügeln. Diese werden durch Blut aus den Adern oder durch Luft aus den Atemröhren entfaltet.

Es füllt im Lauf des Tages 3 Tankautos mit 10 000 Litern Blut und pumpt in 70 Jahren 250 Millionen Liter Blut, die den Rauminhalt eines Wolkenkratzers ausfüllen.

„ Zwar würde ich es nicht begrüßen, dieses Diagramm im Behandlungszimmer meines Arztes anstelle einer anatomischen Schautafel vor­ zufinden, dennoch war Kahn ein Großmeister seines Metiers und ein Pionier der Informationsgrafik. Bilder unterhalten und informieren über etwas, das andernfalls kalt und klinisch wäre.“ — Steven Heller

Der Mensch als Industrie­palast — 25 —


Der menschliche Körper produziert täglich 30 m Haarsubstanz. Würde man alle Haare in ein Endhaar einmünden lassen, so wüchse dieses in je 40 Minuten einen Meter vorwärts.

Das Wunder der Darmschleimhaut. 1 cm2 Darmschleimhaut zieht mit 1 Milliarde Saugröhrchen die Nährstoffe aus dem Speisebrei in das Blut (1926).

Die Lunge: Die 300 Millionen Lungenbläschen würden entfaltet einen Teppich von 75 m2 GröSSe bedecken.

„ Kahn illustrierte jede Aussage mit einem Bild, das auch dem begriffsstutzigsten Menschen ein Loch in den Schädel schlug.“

— 27 —


Der menschliche Körper produziert täglich 30 m Haarsubstanz. Würde man alle Haare in ein Endhaar einmünden lassen, so wüchse dieses in je 40 Minuten einen Meter vorwärts.

Das Wunder der Darmschleimhaut. 1 cm2 Darmschleimhaut zieht mit 1 Milliarde Saugröhrchen die Nährstoffe aus dem Speisebrei in das Blut (1926).

Die Lunge: Die 300 Millionen Lungenbläschen würden entfaltet einen Teppich von 75 m2 GröSSe bedecken.

„ Kahn illustrierte jede Aussage mit einem Bild, das auch dem begriffsstutzigsten Menschen ein Loch in den Schädel schlug.“

— 27 —


Die Bakterien in der GroSSstadtluft

Man erkennt die außerordentliche Bedeutung der Straßenbesprengung für die Entstaubung und Entkeimung der Luft und die gesundheitlichen Gefahren aller großen Menschenanhäufungen.

Die Hirnrinden­leistungen Fritz Kahn demonstriert die Hirnrindenleistungen (1929).

Viermal um den Erdball! Wenn man die Blutkörperchen des menschlichen Körpers (insgesamt 25 Billionen) zu einer Kette aneinanderreiht, reichen sie viermal um den Globus. — 28 —


Die Bakterien in der GroSSstadtluft

Man erkennt die außerordentliche Bedeutung der Straßenbesprengung für die Entstaubung und Entkeimung der Luft und die gesundheitlichen Gefahren aller großen Menschenanhäufungen.

Die Hirnrinden­leistungen Fritz Kahn demonstriert die Hirnrindenleistungen (1929).

Viermal um den Erdball! Wenn man die Blutkörperchen des menschlichen Körpers (insgesamt 25 Billionen) zu einer Kette aneinanderreiht, reichen sie viermal um den Globus. — 28 —


den Darm zu, wo Arbeiter es in Zucker, Stärke und andere Komponenten aufspalten, die auf dem Demontageband in die Verdauungskammern befördert werden. Zwar würde ich es nicht begrüßen, dieses Diagramm im Behandlungszimmer meines Arztes anstelle einer anatomischen Schautafel vorzufinden, dennoch war Kahn ein Großmeister seines Metiers und ein Pionier der Informationsgrafik. Seine Bilder unterhalten und informieren über etwas, das andernfalls kalt und klinisch wäre. Die Diagramme fanden so großen Zuspruch, dass sich Kahns Einfluss zu Lebzeiten in alle Welt verbreitete und noch heute, lange nach seinem Tod, in verschiedenen Medien nachhallt, auch wenn sein Name vergessen ist. Eine in den 50er- und 60er-Jahren in England und den USA beliebte Fernsehwerbung für das Schmerzmittel Bufferin zeigt einen Vorschlaghammer, der wie ein Folter­ instrument in der Röntgenaufnahme eines Kopfes fuhrwerkt. Das war von Kahn abgekupfert. Doch in dessen Welt spielten die Körperfunktionen weit faszinierender zusammen als im reduzierten Einfall der Bufferin-Werbeagentur. Kahns Mission

Fritz Kahn – Arzt, Dozent, Autor populärwissen­ schaftlicher Bücher und Pionier der Infografik. Von den Nazis aus Deutschland vertrieben, geriet sein Werk für Jahrzehnte in Vergessen­ heit. Fotografiert in Berlin, ca. 1914.

war es, den Schleier der Biologie und Pathologie zu lüften und sie so darzustellen, dass fast jeder sie verstand. Seine eigenen Worte waren etwas abgehobener: „Der Zellenstaat ist eine Republik unter der erblichen Vorherrschaft einer Geistes­aristokratie“, schrieb er im obskuren soziopoli­tischen Jargon der Zeit. „Die Wirtschaftsform ist ein strenger Kommunismus.“ Kahn und der Volksbildner Otto Neurath, der Erfinder von isotype (International System of Typographic Picture Education), waren zwei Hälften desselben Kuchendiagramms. Obwohl sich die Männer vermutlich nie begegnet sind, arbeiteten beide an

frieze — The leading international magazine of contemporary art and culture. frieze.com/magazine

frieze d/e — A bilingual German/ English magazine covering contemporary art and culture throughout Germany, Austria and Switzerland. frieze-magazin.de

Wie entsteht ein Schnupfen?

Die erhöhte Körperwärme treibt auch die Temperatur der Nasenmuschel herauf, da diese als Wärmeregulationsapparat funktioniert. Bei der warm eingehüllten Mutter kühlt sich die Muschelschleimhaut nur unwesentlich ab. Bei der leicht bekleideten Tochter aber fällt die Hauttemperatur der Muschel um 9°C.

einer Grafiksprache, die den Fach­jargon ersetzen würde. Der Philosoph, Naturwissenschaftler, Sozio­loge und Volkswirt Neurath konnte die Zeichen und Symbole nicht selbst gestalten, und auch Kahn war kein Künstler. Er engagierte deshalb professionelle Mitarbeiter. Bei der Wahl der grafischen Mittel ging er eklektisch vor und verwendete Fotocollagen, Gemälde und Zeichnungen ebenso wie Comics, surrealis­ tische oder dadaistische Stilelemente. Ana­ logie war seine Stärke: So verglich er ein Ohr mit einem Auto oder eine Vogelfeder mit Eisenbahnschienen – alles zur Erklärung undurchdringlicher Phänomene mithilfe vorstellbarer Mittel. Kein optischer Trick war zu abseitig für sein Ziel: das all­ gemein zugängliche Verständnis. Das Plakat „Der Mensch als Industrie­ palast“, zeigt Kahns Emblematik besonders eindrucksvoll, aber es ist nicht das einzig bemerkenswerte in seinem Œuvre. Einige Illustrationen sind eher Cartoon denn Diagramm, mehr erzählend als didaktisch. Das unglaub­liche, fantastische Tableau des einsamen weiblichen Homunkulus, der auf einer Zelle durch die Drüsenhöhle surft, erinnert an Max Ernsts Spätwerk, dann wieder finden sich Zelllandschaften, die es mit jeder Science-Fiction-Illustration aufnehmen können. Kahn war Befürworter der Moderne, und zu seinen eigenen Anhängern gehörten Bauhäusler wie Herbert Bayer und Walter Gropius. Neue Techniken waren visuelle Hilfsmittel, um die unsichtbare physische Welt zu erläutern. Eines seiner erhellendsten Diagramme war „Was sich in unserem Kopf abspielt, wenn wir ein Auto sehen und — 30 —

‚Auto‘ sagen“. Es beginnt beim Auge, das eine Botschaft auf einen Filmstreifen brennt, der in einen Vorführraum läuft, wo ein Homunkulus ein Foto des Autos auf eine Leinwand projiziert. Sie übermittelt das Bild einer zweiten Leinwand, die das Wort „Auto“ zeigt. Weiter geht die Botschaft an eine Orgel, die dem Wort Laut­ gestalt gibt. Würde es nur tatsächlich so ablaufen … Trotzdem: So sah Kahn es und mit ihm der Betrachter. Jetzt findet Kahns Vermächtnis neuen Nachhall, und diese Entwicklung wird sich fortsetzen. Diese Sammlung seiner weniger bis kaum bekannten Illustrationen ist ein Füllhorn des konzeptuellen Denkens. Wer Kahns Bilder einmal kennen­gelernt hat, kann den menschlichen Körper oder eine ähnlich komplexe Entität unmöglich weiter auf bisher gewohnte Art betrachten.

Fritz Kahn Eine faszinierende Monografie für Naturwissenschaftsfans und Grafikenthusiasten, von Uta und Thilo von Debschitz, 392 Seiten € 39,99

OUT NOW Free samplers available on iPad with specially commissioned films. For further information see digital.frieze.com


den Darm zu, wo Arbeiter es in Zucker, Stärke und andere Komponenten aufspalten, die auf dem Demontageband in die Verdauungskammern befördert werden. Zwar würde ich es nicht begrüßen, dieses Diagramm im Behandlungszimmer meines Arztes anstelle einer anatomischen Schautafel vorzufinden, dennoch war Kahn ein Großmeister seines Metiers und ein Pionier der Informationsgrafik. Seine Bilder unterhalten und informieren über etwas, das andernfalls kalt und klinisch wäre. Die Diagramme fanden so großen Zuspruch, dass sich Kahns Einfluss zu Lebzeiten in alle Welt verbreitete und noch heute, lange nach seinem Tod, in verschiedenen Medien nachhallt, auch wenn sein Name vergessen ist. Eine in den 50er- und 60er-Jahren in England und den USA beliebte Fernsehwerbung für das Schmerzmittel Bufferin zeigt einen Vorschlaghammer, der wie ein Folter­ instrument in der Röntgenaufnahme eines Kopfes fuhrwerkt. Das war von Kahn abgekupfert. Doch in dessen Welt spielten die Körperfunktionen weit faszinierender zusammen als im reduzierten Einfall der Bufferin-Werbeagentur. Kahns Mission

Fritz Kahn – Arzt, Dozent, Autor populärwissen­ schaftlicher Bücher und Pionier der Infografik. Von den Nazis aus Deutschland vertrieben, geriet sein Werk für Jahrzehnte in Vergessen­ heit. Fotografiert in Berlin, ca. 1914.

war es, den Schleier der Biologie und Pathologie zu lüften und sie so darzustellen, dass fast jeder sie verstand. Seine eigenen Worte waren etwas abgehobener: „Der Zellenstaat ist eine Republik unter der erblichen Vorherrschaft einer Geistes­aristokratie“, schrieb er im obskuren soziopoli­tischen Jargon der Zeit. „Die Wirtschaftsform ist ein strenger Kommunismus.“ Kahn und der Volksbildner Otto Neurath, der Erfinder von isotype (International System of Typographic Picture Education), waren zwei Hälften desselben Kuchendiagramms. Obwohl sich die Männer vermutlich nie begegnet sind, arbeiteten beide an

frieze — The leading international magazine of contemporary art and culture. frieze.com/magazine

frieze d/e — A bilingual German/ English magazine covering contemporary art and culture throughout Germany, Austria and Switzerland. frieze-magazin.de

Wie entsteht ein Schnupfen?

Die erhöhte Körperwärme treibt auch die Temperatur der Nasenmuschel herauf, da diese als Wärmeregulationsapparat funktioniert. Bei der warm eingehüllten Mutter kühlt sich die Muschelschleimhaut nur unwesentlich ab. Bei der leicht bekleideten Tochter aber fällt die Hauttemperatur der Muschel um 9°C.

einer Grafiksprache, die den Fach­jargon ersetzen würde. Der Philosoph, Naturwissenschaftler, Sozio­loge und Volkswirt Neurath konnte die Zeichen und Symbole nicht selbst gestalten, und auch Kahn war kein Künstler. Er engagierte deshalb professionelle Mitarbeiter. Bei der Wahl der grafischen Mittel ging er eklektisch vor und verwendete Fotocollagen, Gemälde und Zeichnungen ebenso wie Comics, surrealis­ tische oder dadaistische Stilelemente. Ana­ logie war seine Stärke: So verglich er ein Ohr mit einem Auto oder eine Vogelfeder mit Eisenbahnschienen – alles zur Erklärung undurchdringlicher Phänomene mithilfe vorstellbarer Mittel. Kein optischer Trick war zu abseitig für sein Ziel: das all­ gemein zugängliche Verständnis. Das Plakat „Der Mensch als Industrie­ palast“, zeigt Kahns Emblematik besonders eindrucksvoll, aber es ist nicht das einzig bemerkenswerte in seinem Œuvre. Einige Illustrationen sind eher Cartoon denn Diagramm, mehr erzählend als didaktisch. Das unglaub­liche, fantastische Tableau des einsamen weiblichen Homunkulus, der auf einer Zelle durch die Drüsenhöhle surft, erinnert an Max Ernsts Spätwerk, dann wieder finden sich Zelllandschaften, die es mit jeder Science-Fiction-Illustration aufnehmen können. Kahn war Befürworter der Moderne, und zu seinen eigenen Anhängern gehörten Bauhäusler wie Herbert Bayer und Walter Gropius. Neue Techniken waren visuelle Hilfsmittel, um die unsichtbare physische Welt zu erläutern. Eines seiner erhellendsten Diagramme war „Was sich in unserem Kopf abspielt, wenn wir ein Auto sehen und — 30 —

‚Auto‘ sagen“. Es beginnt beim Auge, das eine Botschaft auf einen Filmstreifen brennt, der in einen Vorführraum läuft, wo ein Homunkulus ein Foto des Autos auf eine Leinwand projiziert. Sie übermittelt das Bild einer zweiten Leinwand, die das Wort „Auto“ zeigt. Weiter geht die Botschaft an eine Orgel, die dem Wort Laut­ gestalt gibt. Würde es nur tatsächlich so ablaufen … Trotzdem: So sah Kahn es und mit ihm der Betrachter. Jetzt findet Kahns Vermächtnis neuen Nachhall, und diese Entwicklung wird sich fortsetzen. Diese Sammlung seiner weniger bis kaum bekannten Illustrationen ist ein Füllhorn des konzeptuellen Denkens. Wer Kahns Bilder einmal kennen­gelernt hat, kann den menschlichen Körper oder eine ähnlich komplexe Entität unmöglich weiter auf bisher gewohnte Art betrachten.

Fritz Kahn Eine faszinierende Monografie für Naturwissenschaftsfans und Grafikenthusiasten, von Uta und Thilo von Debschitz, 392 Seiten € 39,99

OUT NOW Free samplers available on iPad with specially commissioned films. For further information see digital.frieze.com


aus den spinnstuben der Fantasie Die einzigartigen Kunstmärchen von H. C. Andersen

tern bevölkert waren. „Eine Welt so reich wie jene in Tausendundeiner Nacht tat sich vor mir auf“, schrieb Andersen später in einer seiner Autobiografien. „Die Geschichten, die diese alten Frauen erzählten, und die geisteskranken Gestalten, die ich um mich herum im Irrenhaus sah, wirkten mit der Zeit so stark auf mich, dass ich nach Einbruch der Dunkelheit kaum mehr aus dem Haus zu gehen wagte.“ Diese ungeordnete, spontane Form der mündlichen Überlieferung in ihrer Kraft und Lebendigkeit wurde zum Heiligen Gral einer wachsenden Zahl europäischer Gelehrter und Schriftsteller der Romantik. Akademiker wie die Brüder Grimm in Deutschland waren bestrebt, genau diese umgangssprachliche, ungeschliffene Kunstform in

Die Spinnstube als Schule des Zuhörens

In der Irrenanstalt von Andersens Heimatstadt Odense spannen die alten Frauen, während sie ihre Garne herstellten, zu ihrer eigenen Unterhaltung Geschichten. Während Andersens Großmutter väterlicherseits dort den Garten bestellte, zog es den kleinen Hans Christian zur Spinnstube hin – dem tradi­ tionellen Hort des Geschichtenerzählens. Hier lauschte er vielerlei Volks- und Bauernmärchen in mündlicher Überlieferung, die – typisch für die skandinavische Folk­ lore – von übernatürlichen Wesen wie Kobolden, Trollen, Hexen und WassergeisOben: Silhouette von Laura Barrett, angefertigt für die TASCHEN-Ausgabe von Andersens Märchen. Rechte Seite: „Die Schneekönigin“ – Illustration von Kay Nielsen, Dänemark, 1924.

Sammlungen zu erhalten. Als 1812 der erste Band Grimm’scher Märchen erschien, war Andersen sieben Jahre alt. Später, als junger Autor, sollte er diese Märchen lesen, und wesentlich später, als er bereits einen Namen hatte, besuchte er die beiden Brüder. — 32 —

Von der Welt des Aberglaubens zur Fantasie in Flammen

Anders als angenommen reisten die Brüder Grimm nicht übers Land, um mündliche Erzählungen zu sammeln, sondern stützten sich auf einige wenige gesicherte Quellen mündlicher wie schriftlicher Art. Andersen dagegen hatte den direkten Zugang: Er wuchs im tiefsten Herzen einer abergläubischen Gesellschaft auf, in der mündliches Geschichtenerzählen der Unterhaltung diente und Lektionen fürs Leben lieferte. Die jahrhundertealten skandinavischen Sagen waren Teil einer mündlichen Erzählkultur, die Andersens Kindheit bunt färbte, doch die Bauernmärchen gerieten im Zuge der Industrialisierung fast völlig in Vergessenheit. Die Märchenforscher Iona und Peter Opie stellen fest, dass „Andersen tatsächlich der erste Märchenautor war, der – anders als die Brüder Grimm mit ihrem beruflichen Hintergrund – der einfachen Bevölkerung entstammte, für die das Geschichtenerzählen noch lebendige Tradition war. Abgesehen von seinem Vater bezogen sämtliche Menschen, die ihn in seiner Kind­heit umgaben, ihr Wissen aus mündlichen Quellen, nicht aus Büchern.“ Seine Mutter war eine zutiefst abergläubische Frau. Für diejenigen in Andersens Umkreis, die zum Aberglauben neigten, hatten leblose Objekte buchstäblich ihren eigenen Kopf. Andersens Meisterschaft im Vermenschlichen von Gegenständen wurde zu einem Güte­zeichen seines Werks. Seine Mutter, die weder lesen noch schreiben konnte, war Wäscherin und verfiel in späteren Jahren der Trunksucht. Sein Vater, ein Schuhmacher, der sich eine rudimentäre Ausbildung erkämpft hatte, liebte die Literatur und besaß einen Schrank voller Bücher, was für die damalige Zeit bemerkenswert war. Aus diesen Büchern las er seinem Sohn bis zu seinem Tod – Hans Christian war da erst elf Jahre alt –regelmäßig vor, auch aus Tausendundeiner Nacht und der Bibel. Dank dieser frühen Heranführung ans gedruckte Wort entwickelte Andersen einen unersättlichen, lebenslang anhaltenden Lesehunger. In seinem Tagebuch schrieb er: „Seit ich mich er-

Courtesy of the Kendra and Allan Daniel Collection

n einem seiner berühm­ testen Märchen, der Geschichte „Das hässliche, junge Entlein“, brachte Hans Christian Andersen seinen eigenen Lebenslauf auf den Punkt: „Es schadet nichts, in einem Entenhofe geboren zu sein, wenn man nur in einem Schwanenei gelegen hat.“ Andersen, 1805 in Armut geboren, war ein wenig ansehnlicher Sonderling, der vor Ehrgeiz brannte und alles daransetzte, mittels seiner künstlerischen Talente seinen Unterschichtwurzeln zu entkommen. Am Ende seiner Tage war er ein gefeierter Mann, der mit Königen verkehrte. Heute gilt er als der bekannteste skandinavische Schriftsteller überhaupt. Doch die Geschichte seines märchenhaften Aufstiegs war gezeichnet von einer Kindheit, in der er verkannt und misshandelt wurde, von tiefem Seelenschmerz und Herzenskummer, und darin lag die Antriebsfeder seiner Ambitionen. Während diese Erfahrungen in ihm ein unstillbares Bedürfnis nach Anerkennung weckten, gingen aus seinem glänzenden Talent als Geschichtenerzähler und seinem Gespür für Alltagssprache Märchen einer völlig neuen Art hervor, mit denen er seit seiner ersten Veröffentlichung im Jahr 1835 Millionen von Lesern für sich gewann.


aus den spinnstuben der Fantasie Die einzigartigen Kunstmärchen von H. C. Andersen

tern bevölkert waren. „Eine Welt so reich wie jene in Tausendundeiner Nacht tat sich vor mir auf“, schrieb Andersen später in einer seiner Autobiografien. „Die Geschichten, die diese alten Frauen erzählten, und die geisteskranken Gestalten, die ich um mich herum im Irrenhaus sah, wirkten mit der Zeit so stark auf mich, dass ich nach Einbruch der Dunkelheit kaum mehr aus dem Haus zu gehen wagte.“ Diese ungeordnete, spontane Form der mündlichen Überlieferung in ihrer Kraft und Lebendigkeit wurde zum Heiligen Gral einer wachsenden Zahl europäischer Gelehrter und Schriftsteller der Romantik. Akademiker wie die Brüder Grimm in Deutschland waren bestrebt, genau diese umgangssprachliche, ungeschliffene Kunstform in

Die Spinnstube als Schule des Zuhörens

In der Irrenanstalt von Andersens Heimatstadt Odense spannen die alten Frauen, während sie ihre Garne herstellten, zu ihrer eigenen Unterhaltung Geschichten. Während Andersens Großmutter väterlicherseits dort den Garten bestellte, zog es den kleinen Hans Christian zur Spinnstube hin – dem tradi­ tionellen Hort des Geschichtenerzählens. Hier lauschte er vielerlei Volks- und Bauernmärchen in mündlicher Überlieferung, die – typisch für die skandinavische Folk­ lore – von übernatürlichen Wesen wie Kobolden, Trollen, Hexen und WassergeisOben: Silhouette von Laura Barrett, angefertigt für die TASCHEN-Ausgabe von Andersens Märchen. Rechte Seite: „Die Schneekönigin“ – Illustration von Kay Nielsen, Dänemark, 1924.

Sammlungen zu erhalten. Als 1812 der erste Band Grimm’scher Märchen erschien, war Andersen sieben Jahre alt. Später, als junger Autor, sollte er diese Märchen lesen, und wesentlich später, als er bereits einen Namen hatte, besuchte er die beiden Brüder. — 32 —

Von der Welt des Aberglaubens zur Fantasie in Flammen

Anders als angenommen reisten die Brüder Grimm nicht übers Land, um mündliche Erzählungen zu sammeln, sondern stützten sich auf einige wenige gesicherte Quellen mündlicher wie schriftlicher Art. Andersen dagegen hatte den direkten Zugang: Er wuchs im tiefsten Herzen einer abergläubischen Gesellschaft auf, in der mündliches Geschichtenerzählen der Unterhaltung diente und Lektionen fürs Leben lieferte. Die jahrhundertealten skandinavischen Sagen waren Teil einer mündlichen Erzählkultur, die Andersens Kindheit bunt färbte, doch die Bauernmärchen gerieten im Zuge der Industrialisierung fast völlig in Vergessenheit. Die Märchenforscher Iona und Peter Opie stellen fest, dass „Andersen tatsächlich der erste Märchenautor war, der – anders als die Brüder Grimm mit ihrem beruflichen Hintergrund – der einfachen Bevölkerung entstammte, für die das Geschichtenerzählen noch lebendige Tradition war. Abgesehen von seinem Vater bezogen sämtliche Menschen, die ihn in seiner Kind­heit umgaben, ihr Wissen aus mündlichen Quellen, nicht aus Büchern.“ Seine Mutter war eine zutiefst abergläubische Frau. Für diejenigen in Andersens Umkreis, die zum Aberglauben neigten, hatten leblose Objekte buchstäblich ihren eigenen Kopf. Andersens Meisterschaft im Vermenschlichen von Gegenständen wurde zu einem Güte­zeichen seines Werks. Seine Mutter, die weder lesen noch schreiben konnte, war Wäscherin und verfiel in späteren Jahren der Trunksucht. Sein Vater, ein Schuhmacher, der sich eine rudimentäre Ausbildung erkämpft hatte, liebte die Literatur und besaß einen Schrank voller Bücher, was für die damalige Zeit bemerkenswert war. Aus diesen Büchern las er seinem Sohn bis zu seinem Tod – Hans Christian war da erst elf Jahre alt –regelmäßig vor, auch aus Tausendundeiner Nacht und der Bibel. Dank dieser frühen Heranführung ans gedruckte Wort entwickelte Andersen einen unersättlichen, lebenslang anhaltenden Lesehunger. In seinem Tagebuch schrieb er: „Seit ich mich er-

Courtesy of the Kendra and Allan Daniel Collection

n einem seiner berühm­ testen Märchen, der Geschichte „Das hässliche, junge Entlein“, brachte Hans Christian Andersen seinen eigenen Lebenslauf auf den Punkt: „Es schadet nichts, in einem Entenhofe geboren zu sein, wenn man nur in einem Schwanenei gelegen hat.“ Andersen, 1805 in Armut geboren, war ein wenig ansehnlicher Sonderling, der vor Ehrgeiz brannte und alles daransetzte, mittels seiner künstlerischen Talente seinen Unterschichtwurzeln zu entkommen. Am Ende seiner Tage war er ein gefeierter Mann, der mit Königen verkehrte. Heute gilt er als der bekannteste skandinavische Schriftsteller überhaupt. Doch die Geschichte seines märchenhaften Aufstiegs war gezeichnet von einer Kindheit, in der er verkannt und misshandelt wurde, von tiefem Seelenschmerz und Herzenskummer, und darin lag die Antriebsfeder seiner Ambitionen. Während diese Erfahrungen in ihm ein unstillbares Bedürfnis nach Anerkennung weckten, gingen aus seinem glänzenden Talent als Geschichtenerzähler und seinem Gespür für Alltagssprache Märchen einer völlig neuen Art hervor, mit denen er seit seiner ersten Veröffentlichung im Jahr 1835 Millionen von Lesern für sich gewann.


Oben: Dieses Buch zu Andersens längstem Märchen, „Die Schneekönigin“, mit Vorsatzpapier und Illustrationen im Art-déco-Stil von Katharine Beverley und Elizabeth Ellender erschien 1929. Es ist ein Beispiel für das Bemühen, Schönheit unter Sparvorgaben zu produzieren, was der Grundidee des Art déco entsprach, hochwertige Gebrauchskunst für den Alltag zu schaffen. Linke Seite: Die englische Künstlerin Eleanor Vere Boyle illustrierte eines der ersten AndersenBücher in Farbe mit Holzstichen wie diese Märchenlandschaft im Sonnenuntergang, 1872. Unten: Aquarell des schweizer Illustrators Heinrich Strub, 1956.

innern kann, war Lesen mein einziger und liebster Zeitvertreib … Ich spielte nie mit anderen Buben, ich war immer allein.“ Doch Andersen war auch ein ausgezeichneter Zuhörer – in der Spinnstube der Irrenanstalt, bei den Märchenstunden seines Vaters, bei den Schauspielern am Theater, für das er schwärmte. Er entwickelte ein inneres Ohr für die Klänge ganzer Fantasiewelten, etwa den hochmütigen Tonfall der verblendeten Nähnadel in „Die Stopfnadel“ oder den inneren Monolog des von Selbstzweifeln geplagten Kaisers in „Des Kaisers neue Kleider“ oder die Silberglöckchen an den Blumen im Schlossgarten, „welche klangen, damit man nicht vorbeigehen möchte, ohne die Blumen zu bemerken“, in „Die Nachtigall“. Jeder Mensch und jeder Alltagsgegenstand schien sich ihm zur Fiktiona­ lisierung anzubieten.

Tiefen seiner gequälten Seele. Schon früh fiel Andersens Gönnern ein starkes Selbstbewusstsein an ihm auf. Er hatte den Drang und Mut, vor Publikum auf­ zutreten, ein Talent zum Geschichten­ erzählen und ein strapaziöses Ego. Andersen suchte zeit seines Lebens Anerkennung. Wie wir aus seinen Briefen wissen, quälten ihn im Innersten Einsamkeit und ein Gefühl der Unzulänglichkeit. Er heiratete nie und erlebte in der Liebe mehrfach Zurückweisung, was ihn zutiefst verwundete. Er, der Romantiker mit tiefgründigem Sinn für Pathos und ewige Junggeselle, der die Wärme und Geborgenheit des Familienlebens seiner engen Freunde genoss, litt unter einem Leben, in dem ihm jedwede Erwiderung seiner Liebe versagt blieb. So etwa von der berühmten schwedischen Sängerin Jenny Lind, der „schwedischen Nachtigall“, die Andersen zu dem Märchen „Die Nachtigall“ inspirierte. In Armut geboren und durch ihr künstlerisches Talent zu Ruhm gelangt, hatten Lind und Andersen vieles gemeinsam. Doch die große Leidenschaft des Schriftstellers für die Sängerin blieb unerwidert.

Ein märchenhafter Aufstieg

Während das mündliche Geschichtenerzählen zur Entwicklung seiner Weltsicht und literarischen Stimme beitrug, öffnete die Demokratisierung der dänischen Gesellschaft ihm Türen, die einem Mann

„Ich werde berühmt werden“

„Ich werde berühmt werden“, schrieb Andersen in seinem Tagebuch und machte damit deutlich, dass sein berufliches Streben nach Größe nichts mit dem eitlen Narzissmus der Vornehmen und Gebildeten gemein hatte. Sein Streben gründete in den tiefsten — 35 —

seiner Herkunft in der Vergangenheit verschlossen geblieben wären. Andersen erkannte bereits als Jugendlicher, der im ärmlichsten Teil von Odense aufwuchs, dass die bessere Gesellschaft durchaus flexibel war und er es weit in ihr bringen konnte, wenn es ihm gelänge, sie zu „knacken“. Er versuchte zunächst, sich in die Reihen des Kopenhagener Theaterensembles vorzukämpfen. „Andersen erkannte schnell, dass die Dichtkunst ihrem ge­ sellschaftlichen Stellenwert nach eine Trumpf­k arte war“, schreibt die Biografin Jackie Wullschlager, und weiter: „Zur damaligen Zeit standen Kunst und Literatur im Brennpunkt des nationalen Geisteslebens, da politisches Leben kaum stattfinden durfte.“ Während der absoluten Monarchie, die bis 1848 in Dänemark herrschte,

„Er, der Romantiker mit tiefgründigem Sinn für Pathos und ewige Junggeselle, der die Wärme und Geborgenheit des Familienlebens seiner engen Freunde genoss, litt unter seinem Leben, in dem ihm jedwede Erwiderung seiner Liebe versagt blieb.“ „sog das Künstlertum … alle Energie auf, die in anderen Ländern in die Politik floss, und das Ergebnis war ein goldenes Zeit­ alter der Kultur, eine in der Geschichte Dänemarks beispiellose Blüte der Malerei, Musik, Literatur und Philosophie.“ Königliche Protektion, für die es guter Kinderstube und Beziehungen bedurfte, lag außerhalb Andersens Reichweite, und sein Weg zum Erfolg war von Ausgrenzung und


Oben: Dieses Buch zu Andersens längstem Märchen, „Die Schneekönigin“, mit Vorsatzpapier und Illustrationen im Art-déco-Stil von Katharine Beverley und Elizabeth Ellender erschien 1929. Es ist ein Beispiel für das Bemühen, Schönheit unter Sparvorgaben zu produzieren, was der Grundidee des Art déco entsprach, hochwertige Gebrauchskunst für den Alltag zu schaffen. Linke Seite: Die englische Künstlerin Eleanor Vere Boyle illustrierte eines der ersten AndersenBücher in Farbe mit Holzstichen wie diese Märchenlandschaft im Sonnenuntergang, 1872. Unten: Aquarell des schweizer Illustrators Heinrich Strub, 1956.

innern kann, war Lesen mein einziger und liebster Zeitvertreib … Ich spielte nie mit anderen Buben, ich war immer allein.“ Doch Andersen war auch ein ausgezeichneter Zuhörer – in der Spinnstube der Irrenanstalt, bei den Märchenstunden seines Vaters, bei den Schauspielern am Theater, für das er schwärmte. Er entwickelte ein inneres Ohr für die Klänge ganzer Fantasiewelten, etwa den hochmütigen Tonfall der verblendeten Nähnadel in „Die Stopfnadel“ oder den inneren Monolog des von Selbstzweifeln geplagten Kaisers in „Des Kaisers neue Kleider“ oder die Silberglöckchen an den Blumen im Schlossgarten, „welche klangen, damit man nicht vorbeigehen möchte, ohne die Blumen zu bemerken“, in „Die Nachtigall“. Jeder Mensch und jeder Alltagsgegenstand schien sich ihm zur Fiktiona­ lisierung anzubieten.

Tiefen seiner gequälten Seele. Schon früh fiel Andersens Gönnern ein starkes Selbstbewusstsein an ihm auf. Er hatte den Drang und Mut, vor Publikum auf­ zutreten, ein Talent zum Geschichten­ erzählen und ein strapaziöses Ego. Andersen suchte zeit seines Lebens Anerkennung. Wie wir aus seinen Briefen wissen, quälten ihn im Innersten Einsamkeit und ein Gefühl der Unzulänglichkeit. Er heiratete nie und erlebte in der Liebe mehrfach Zurückweisung, was ihn zutiefst verwundete. Er, der Romantiker mit tiefgründigem Sinn für Pathos und ewige Junggeselle, der die Wärme und Geborgenheit des Familienlebens seiner engen Freunde genoss, litt unter einem Leben, in dem ihm jedwede Erwiderung seiner Liebe versagt blieb. So etwa von der berühmten schwedischen Sängerin Jenny Lind, der „schwedischen Nachtigall“, die Andersen zu dem Märchen „Die Nachtigall“ inspirierte. In Armut geboren und durch ihr künstlerisches Talent zu Ruhm gelangt, hatten Lind und Andersen vieles gemeinsam. Doch die große Leidenschaft des Schriftstellers für die Sängerin blieb unerwidert.

Ein märchenhafter Aufstieg

Während das mündliche Geschichtenerzählen zur Entwicklung seiner Weltsicht und literarischen Stimme beitrug, öffnete die Demokratisierung der dänischen Gesellschaft ihm Türen, die einem Mann

„Ich werde berühmt werden“

„Ich werde berühmt werden“, schrieb Andersen in seinem Tagebuch und machte damit deutlich, dass sein berufliches Streben nach Größe nichts mit dem eitlen Narzissmus der Vornehmen und Gebildeten gemein hatte. Sein Streben gründete in den tiefsten — 35 —

seiner Herkunft in der Vergangenheit verschlossen geblieben wären. Andersen erkannte bereits als Jugendlicher, der im ärmlichsten Teil von Odense aufwuchs, dass die bessere Gesellschaft durchaus flexibel war und er es weit in ihr bringen konnte, wenn es ihm gelänge, sie zu „knacken“. Er versuchte zunächst, sich in die Reihen des Kopenhagener Theaterensembles vorzukämpfen. „Andersen erkannte schnell, dass die Dichtkunst ihrem ge­ sellschaftlichen Stellenwert nach eine Trumpf­k arte war“, schreibt die Biografin Jackie Wullschlager, und weiter: „Zur damaligen Zeit standen Kunst und Literatur im Brennpunkt des nationalen Geisteslebens, da politisches Leben kaum stattfinden durfte.“ Während der absoluten Monarchie, die bis 1848 in Dänemark herrschte,

„Er, der Romantiker mit tiefgründigem Sinn für Pathos und ewige Junggeselle, der die Wärme und Geborgenheit des Familienlebens seiner engen Freunde genoss, litt unter seinem Leben, in dem ihm jedwede Erwiderung seiner Liebe versagt blieb.“ „sog das Künstlertum … alle Energie auf, die in anderen Ländern in die Politik floss, und das Ergebnis war ein goldenes Zeit­ alter der Kultur, eine in der Geschichte Dänemarks beispiellose Blüte der Malerei, Musik, Literatur und Philosophie.“ Königliche Protektion, für die es guter Kinderstube und Beziehungen bedurfte, lag außerhalb Andersens Reichweite, und sein Weg zum Erfolg war von Ausgrenzung und


SüSSer als Schokolade und Sahne

Andersen schrieb seine Märchen für Kinder und Erwachsene gleichermaßen. Doch seine innere Stimme richtete sich an einen Empfänger, den die Wissenschaft als „das zuhörende Kind“ bezeichnet. Es war seine Gabe, für die Bilder und Klänge der Welt offen wie ein Kind zu bleiben, die es ihm erlaubte, auf eine für Kinder so eindringliche Weise zu schreiben. In der Kinderliteratur, die bis dahin vorwiegend mit Moralgeschichten aufgewartet hatte, stellte das eine radikale Neuerung dar. In einem 1928 erschienenen Andersen-Märchenband mit Illustrationen des japanischen Künstlers Takeo Takei nennt der Herausgeber Andersens Erzählungen „süßer als Schokolade und Sahne“. Heutige Leser können vermutlich nur schwer ermessen, wie sehr sich Andersens Märchen von denen seiner Vorläufer unterschieden. Sie waren wunderbar komponiert, mal traurig und voller Pathos, mal von beißendem Witz. Wie der japanische Verleger so treffend bemerkte, erschienen Andersens Märchen wie Naschwerk nach Jahrhunderten schwer verdaulicher Didaktikkost in der

„Andersens Märchen erschienen auf der Bildfläche wie Naschwerk nach Jahrhunderten schwer verdaulicher Didaktikkost und fader Moralpredigten in der Kinderliteratur.“ wiederholter Zurückweisung gezeichnet. Doch erstaunlicherweise blieb er unbeirrt. Schließlich fiel er dem Direktor des Königlichen Theaters, Jonas Collin, auf, der dem Jugendlichen zu einem königlichen Stipendium verhalf. Was folgte, waren fünf leidvolle Schuljahre, die der 17-jährige Andersen unter Elfjährigen zu verbringen hatte, auf Insistieren seiner Förderer hin. Diese hatten von ihm verlangt, entweder eine ordentliche Ausbildung zu machen, bevor er seinen schriftstellerischen Am­ bitionen nachginge, oder nach Hause zu gehen und ein Handwerk zu erlernen. Letzteres war das Los seines Vaters gewesen und für Andersen absolut indiskutabel. Dank Collins maßgeblicher Hilfe erhielt er fortan eine finanzielle Unterstützung, die ihm die Zeit und Kraft zum Schreiben gab. Collin und dessen Sohn sollten auch in Andersens weiterem Leben wichtige Bezugspersonen bleiben und ihm als Ersatzfamilie dienen.

das Gefühl, als wäre ich ein armer Bauernbursche, über den ein Königsmantel geworfen wird.“ Doch scheint er auch Kraft aus seinem märchenhaften Aufstieg geschöpft zu haben, den er vor anderen gerne in höchsten Tönen pries. Das Märchen als literarische Gattung muss ihm instinktiv behagt haben, allein wegen seiner jahrhundertealten Geschichten über sozialen Aufstieg und wahre Identität, in denen ein Tor sich unter Prüfungen als echter König erweist, wenn nicht von Geblüt, so doch dem Wesen nach. Andersen verewigte dieses Motiv in vielen Erzählungen – von „Das hässliche, junge Entlein“ über „Die Prinzessin auf der Erbse“ bis „Däumelinchen“. Er blieb in seinem künstlerischen Schaffen von der eigenen Kindheit inspiriert, erzählte es doch oft Geschichten von sozialem Aufstieg und vertauschten Identitäten.

Armer Bauer im Königsmantel

Oben: Theo van Hoytema war einer der vorzüg­ lichsten Tier- und Pflanzenillustratoren der Niederlande, hier eine Illustration zu dem Märchen „Das hässliche, junge Entlein“ von ihm, 1893. Rechts: Der berühmte japanische Illustrator Takeo Takei gestaltete 1928 dieses Titelbild für einen Band mit Andersen-Märchen; es zeigt den „Standhaften Zinnsoldaten“, dessen Liebe zu einer Papierballerina im gleichnamigen Märchen verewigt ist. Rechte Seite: „Die kleine Seejungfer“ von Jennie Harbour, Großbritannien, aus Hans Andersen’s Stories, 1932.

Andersen schwankte zeitlebens zwischen Selbstsicherheit und Minderwertigkeits­ gefühlen. Nie gelang es ihm, sich den gekrönten Häuptern, Berühmtheiten und Würdenträgern ebenbürtig zu fühlen, mit denen er verkehrte. So schrieb er in seinem Tagebuch: „Ich hatte und habe noch immer

— 36 —

Kinderliteratur (wenngleich Andersen moralische Lehren einstreute, die seiner Leserschaft aus der Mittelschicht ange­ messen waren).

Kindergeschichten zum Vergnügen der Kinder

Andersen hatte Geschmack an einer Kunstform gefunden, die noch nicht existierte: Kindergeschichten zum Vergnügen der


SüSSer als Schokolade und Sahne

Andersen schrieb seine Märchen für Kinder und Erwachsene gleichermaßen. Doch seine innere Stimme richtete sich an einen Empfänger, den die Wissenschaft als „das zuhörende Kind“ bezeichnet. Es war seine Gabe, für die Bilder und Klänge der Welt offen wie ein Kind zu bleiben, die es ihm erlaubte, auf eine für Kinder so eindringliche Weise zu schreiben. In der Kinderliteratur, die bis dahin vorwiegend mit Moralgeschichten aufgewartet hatte, stellte das eine radikale Neuerung dar. In einem 1928 erschienenen Andersen-Märchenband mit Illustrationen des japanischen Künstlers Takeo Takei nennt der Herausgeber Andersens Erzählungen „süßer als Schokolade und Sahne“. Heutige Leser können vermutlich nur schwer ermessen, wie sehr sich Andersens Märchen von denen seiner Vorläufer unterschieden. Sie waren wunderbar komponiert, mal traurig und voller Pathos, mal von beißendem Witz. Wie der japanische Verleger so treffend bemerkte, erschienen Andersens Märchen wie Naschwerk nach Jahrhunderten schwer verdaulicher Didaktikkost in der

„Andersens Märchen erschienen auf der Bildfläche wie Naschwerk nach Jahrhunderten schwer verdaulicher Didaktikkost und fader Moralpredigten in der Kinderliteratur.“ wiederholter Zurückweisung gezeichnet. Doch erstaunlicherweise blieb er unbeirrt. Schließlich fiel er dem Direktor des Königlichen Theaters, Jonas Collin, auf, der dem Jugendlichen zu einem königlichen Stipendium verhalf. Was folgte, waren fünf leidvolle Schuljahre, die der 17-jährige Andersen unter Elfjährigen zu verbringen hatte, auf Insistieren seiner Förderer hin. Diese hatten von ihm verlangt, entweder eine ordentliche Ausbildung zu machen, bevor er seinen schriftstellerischen Am­ bitionen nachginge, oder nach Hause zu gehen und ein Handwerk zu erlernen. Letzteres war das Los seines Vaters gewesen und für Andersen absolut indiskutabel. Dank Collins maßgeblicher Hilfe erhielt er fortan eine finanzielle Unterstützung, die ihm die Zeit und Kraft zum Schreiben gab. Collin und dessen Sohn sollten auch in Andersens weiterem Leben wichtige Bezugspersonen bleiben und ihm als Ersatzfamilie dienen.

das Gefühl, als wäre ich ein armer Bauernbursche, über den ein Königsmantel geworfen wird.“ Doch scheint er auch Kraft aus seinem märchenhaften Aufstieg geschöpft zu haben, den er vor anderen gerne in höchsten Tönen pries. Das Märchen als literarische Gattung muss ihm instinktiv behagt haben, allein wegen seiner jahrhundertealten Geschichten über sozialen Aufstieg und wahre Identität, in denen ein Tor sich unter Prüfungen als echter König erweist, wenn nicht von Geblüt, so doch dem Wesen nach. Andersen verewigte dieses Motiv in vielen Erzählungen – von „Das hässliche, junge Entlein“ über „Die Prinzessin auf der Erbse“ bis „Däumelinchen“. Er blieb in seinem künstlerischen Schaffen von der eigenen Kindheit inspiriert, erzählte es doch oft Geschichten von sozialem Aufstieg und vertauschten Identitäten.

Armer Bauer im Königsmantel

Oben: Theo van Hoytema war einer der vorzüg­ lichsten Tier- und Pflanzenillustratoren der Niederlande, hier eine Illustration zu dem Märchen „Das hässliche, junge Entlein“ von ihm, 1893. Rechts: Der berühmte japanische Illustrator Takeo Takei gestaltete 1928 dieses Titelbild für einen Band mit Andersen-Märchen; es zeigt den „Standhaften Zinnsoldaten“, dessen Liebe zu einer Papierballerina im gleichnamigen Märchen verewigt ist. Rechte Seite: „Die kleine Seejungfer“ von Jennie Harbour, Großbritannien, aus Hans Andersen’s Stories, 1932.

Andersen schwankte zeitlebens zwischen Selbstsicherheit und Minderwertigkeits­ gefühlen. Nie gelang es ihm, sich den gekrönten Häuptern, Berühmtheiten und Würdenträgern ebenbürtig zu fühlen, mit denen er verkehrte. So schrieb er in seinem Tagebuch: „Ich hatte und habe noch immer

— 36 —

Kinderliteratur (wenngleich Andersen moralische Lehren einstreute, die seiner Leserschaft aus der Mittelschicht ange­ messen waren).

Kindergeschichten zum Vergnügen der Kinder

Andersen hatte Geschmack an einer Kunstform gefunden, die noch nicht existierte: Kindergeschichten zum Vergnügen der


Kinder. Wullschlager nennt ihn den ersten großen Fantasy-Erzähler: „Er ließ Spielzeug und Tiere sprechen, ungekünstelt, frei von der Leber weg und witzig, mit denen Kinder sich auf Anhieb identifizieren konnten.“ Seine Märchen waren die Wegbereiter moderner Geschichten wie Alice im Wunderland, Der Zauberer von Oz oder Toy Story, die in einer Traumwelt spielen und aus der Kinderperspektive erzählt werden. Diese „neue“ Perspektive ist auch zentral für zwei der jüngsten Genres unserer Zeit: Zeichentrick- und Animationsfilm. Während sich die akademisch gebildeten Brüder Grimm von der unverblümten Sprache und ausdrucksstarken Metaphorik der Volksmärchen anregen ließen, schrieb Andersen aus dem Bauch heraus. Er bezeichnete sich selbst als unpolitisch und sagte in einer seiner Autobiografien: „Gott hat mir eine andere Mission aufgetragen: dass ich fühlen solle und immer weiter fühle.“ Andersen fand in der Poesie und Empfindsamkeit der deutschen Romantiker, die damals ihre Blütezeit

erlebten, Balsam für seine grüblerische Seele. Seine Erzählungen waren zwar ebenso poetisch und gefühlsbetont wie die Werke der deutschen Romantik, aber auch äußerst modern, waren doch ihre Themen im Alltagsleben der damaligen Zeit verankert, nicht in einer idealisierten Vergangenheit. Andersens Abkehr von dem, was sein Biograf Reginald Spink als „akademische Konventionen“ bezeichnet, ähnelte dem Aufbruch von europäischen AvantgardeKünstlern, die der seelenlosen Beschränkungen des akademischen Kunstbetriebs müde waren. Der Maler van Gogh, ein Zeitgenosse Andersens, war über die bildhaften Details in dessen Märchen so erstaunt, dass er erklärte, Andersen müsse ebenfalls bildender Künstler sein. Andersens Welten, die er in seinen Märchen beschrieb, existierten in einem emotionalem Bezugsrahmen, der einer ganz eigenen Logik folgte.

Freud und Leid der Subjektivität

Auf der Suche nach Unsterblichkeit

Obwohl er mit dänischen Volksmärchen aufgewachsen war, dachte sich Andersen eigene Geschichten aus, anstatt vorhandene zu sammeln, wie es die Brüder Grimm taten. 1835 erschien ein kleines Heft mit seinen ersten vier Erzählungen. Dem dänischen Experten Bengt Holbek zufolge basieren nur sieben seiner über 200 Märchen auf Vorlagen. Als ein enger Freund ihm prophezeite, nachdem sein erster erfolgreicher Roman, Der Improvisator, ihn berühmt gemacht habe, würden diese Geschichten ihn nun vollends unsterblich machen, „denn sie sind das Vollkommenste, was [du] je geschrieben hast“, befand Andersen: „Ich selbst bin nicht dieser Ansicht.“ Seine Märchen waren aber von einer Psychologie durchdrungen, die neu und frisch war, und im vormodernen Europa einen Nerv traf. Andersen besaß die Gabe, große wie kleine Sehnsüchte in Worte zu fassen und in märchenhafte Geschichten zu verwandeln. Die sichere Innenwelt seiner Fantasie sollte zum unerschöpflichen Quell seines kreativen Schaffens werden. Sein Verstand war darauf konditioniert, neue Anregungen

„Was Andersen für sich selbst nicht erreichen konnte, bescherte er Millionen Lesern mit der Hoffnung, dass deren Leben sich anders gestalten würde als das seine.“ — Jack Zipes

augenblicklich aufzugreifen. Wullschlager zitiert Andersens eigene Beschreibung seiner Denkweise: „[Ideen] lagen in meinen Gedanken wie Samenkörner, und es bedurfte nur eines strömenden Flusses, eines Son-

© Penguin Group (USA) Inc.

Oben: Tom Seidmann-Freud, eine Nichte Sigmund Freuds, setzte neue Maßstäbe in der Kinderbuch­ gestaltung. Ihr 1921 erschienenes Buch Kleine Märchen enthielt eine frühe Version ihrer Illustra­ tion für „Die Prinzessin auf der Erbse“. Links: Diese Illustration zu dem Märchen „Die Schneekönigin“ ist ein weiteres Beispiel der Art-déco-Eleganz von Katherine Beverley und Elizabeth Ellender. Rechte Seite: Mit seinen Illustrationen zu dem Märchen „Des Kaisers neue Kleider“ (1916) zeigte der irische Künstler Harry Clarke seine Liebe zum Material und zum dekorativen Detail, die ihm bereits seinen Ruf als Irlands talentiertestem Glas­ maler eingebracht hatten. — 38 —

nenstrahls, eines Tropfens aus dem Becher der Bitternis, um sie aufspringen und er­ blühen zu lassen.“ Der Einfluss, den seine Märchen auf die Kin­ derliteratur hatten, war so groß, dass der heute wichtigste Preis für Autoren und Illustratoren in dieser Sparte Hans-ChristianAndersen-Preis heißt und Andersens Geburtstag am 2. April zum Internationalen Tag des Kinderbuchs erkoren wurde.

Eine Ahnung des Unbewussten zu Beginn der Moderne

Manche Forscher vermuten, dass Andersens Märchen im Grunde frühe Geschichten über das Unbewusste sind und somit Vorboten der künstlerischen Strömungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts und später des Surrealismus waren. Wo moderne Künstler und Denker wie Freud das Unbewusste zu erfassen oder dessen kreatives Potenzial freizusetzen versuchten, war Andersens Ansatz der, sich von den wilden

Eingebungen seiner blühenden Fantasie überwältigen zu lassen. Die Wirrnisse seiner Kindheit und der steinige Weg, den er als gesellschaftlicher Außenseiter meistern musste, hätten ihn scheitern lassen können. Doch ihn verließ nie der Mut. Während der Stellenwert von Andersens Stücken, Reiseberichten und Romanen durchaus umstritten ist, bleiben die Märchen glänzende Beispiele seiner einzigartigen Vorstellungskraft und Fantasiewelten. Diese Welten waren ein sicherer Ort, an den er in schwierigen Zeiten zurückkehrte, und hier brachte er seine Gefühle mit der Wirklichkeit in Einklang. Der Märchenkundler Jack Zipes schreibt: „Seine Märchen handelten vom Leben, das er nicht führte, und drückten aus, was er öffentlich sagen wollte, aber nicht wagte. Seine Erzählungen waren majestätische Akte der Selbstbestätigung und Selbsttäuschung.“

— 39 —

Andersen belebt ein einfaches Tintenfass, einen Zinnsoldaten, einen Vogel, eine Erbse, einen Kreisel mit eigenen Trieben, Schwächen und Sehnsüchten. Oft haben seine menschenähnlichen Figuren eine leicht verquere Weltsicht, sind unfähig, ihr wahres Los oder ihre Lage zu erkennen, als wollte Andersen ein Schlaglicht auf die Schranken unserer eigenen, menschlichen Subjektivität werfen. Möglicherweise ist gerade dieses unausweichliche Befangensein in Subjektivität als Wesenskern menschlichen Erlebens das eigentliche Thema seiner Geschichten. Doch gerade diese Subjektivität ist es auch, die Liebe ermöglicht, das tiefe Ergriffensein vom eigenen Erleben, überwältigt und sogar verzehrt zu werden von der Fürsorge für einen anderen Menschen. Für Andersen ist dies der Motor seiner Kreativität, birgt aber auch die Gefahr großer Enttäuschungen. Seine Märchen zeigen die Tiefe des Gefühls, zu der er fähig war. Im wirklichen Leben fanden diese Gefühle keine Erwiderung. Zipes schreibt über Andersens Verhältnis zur eigenen Geschichte: „Andersen versuchte verzweifelt, seinem Leben die Form und den Inhalt eines Märchens zu geben, gerade weil er ein gequälter, einsamer und hochneurotischer Künstler war, der in literarischen Schöpfungen sein Unvermögen sublimierte, die eigenen Wünsche und Träume in der Wirklichkeit auszuleben. Sein literarischer Ruhm beruht auf diesem Unvermögen, denn was er für sich selbst nicht erreichen konnte, bescherte er Millionen Lesern, Jung und Alt, mit der Hoffnung, dass deren Leben sich anders gestalten würde als das seine.“ Sein Geschenk an uns waren Kindermärchen, die den Gefühlslandschaften, Schwächen und dunklen Winkeln der menschlichen Seele Raum gaben – einen Raum, zu dem er selbst mit Herz und Seele Zuflucht nahm. Noel Daniel

Die Märchen von Hans Christian Andersen Fürs Kinderzimmer wie fürs eigene (erwachsene) Bücherregal Herausgegeben von Noel Daniel, 320 Seiten € 29,99


Kinder. Wullschlager nennt ihn den ersten großen Fantasy-Erzähler: „Er ließ Spielzeug und Tiere sprechen, ungekünstelt, frei von der Leber weg und witzig, mit denen Kinder sich auf Anhieb identifizieren konnten.“ Seine Märchen waren die Wegbereiter moderner Geschichten wie Alice im Wunderland, Der Zauberer von Oz oder Toy Story, die in einer Traumwelt spielen und aus der Kinderperspektive erzählt werden. Diese „neue“ Perspektive ist auch zentral für zwei der jüngsten Genres unserer Zeit: Zeichentrick- und Animationsfilm. Während sich die akademisch gebildeten Brüder Grimm von der unverblümten Sprache und ausdrucksstarken Metaphorik der Volksmärchen anregen ließen, schrieb Andersen aus dem Bauch heraus. Er bezeichnete sich selbst als unpolitisch und sagte in einer seiner Autobiografien: „Gott hat mir eine andere Mission aufgetragen: dass ich fühlen solle und immer weiter fühle.“ Andersen fand in der Poesie und Empfindsamkeit der deutschen Romantiker, die damals ihre Blütezeit

erlebten, Balsam für seine grüblerische Seele. Seine Erzählungen waren zwar ebenso poetisch und gefühlsbetont wie die Werke der deutschen Romantik, aber auch äußerst modern, waren doch ihre Themen im Alltagsleben der damaligen Zeit verankert, nicht in einer idealisierten Vergangenheit. Andersens Abkehr von dem, was sein Biograf Reginald Spink als „akademische Konventionen“ bezeichnet, ähnelte dem Aufbruch von europäischen AvantgardeKünstlern, die der seelenlosen Beschränkungen des akademischen Kunstbetriebs müde waren. Der Maler van Gogh, ein Zeitgenosse Andersens, war über die bildhaften Details in dessen Märchen so erstaunt, dass er erklärte, Andersen müsse ebenfalls bildender Künstler sein. Andersens Welten, die er in seinen Märchen beschrieb, existierten in einem emotionalem Bezugsrahmen, der einer ganz eigenen Logik folgte.

Freud und Leid der Subjektivität

Auf der Suche nach Unsterblichkeit

Obwohl er mit dänischen Volksmärchen aufgewachsen war, dachte sich Andersen eigene Geschichten aus, anstatt vorhandene zu sammeln, wie es die Brüder Grimm taten. 1835 erschien ein kleines Heft mit seinen ersten vier Erzählungen. Dem dänischen Experten Bengt Holbek zufolge basieren nur sieben seiner über 200 Märchen auf Vorlagen. Als ein enger Freund ihm prophezeite, nachdem sein erster erfolgreicher Roman, Der Improvisator, ihn berühmt gemacht habe, würden diese Geschichten ihn nun vollends unsterblich machen, „denn sie sind das Vollkommenste, was [du] je geschrieben hast“, befand Andersen: „Ich selbst bin nicht dieser Ansicht.“ Seine Märchen waren aber von einer Psychologie durchdrungen, die neu und frisch war, und im vormodernen Europa einen Nerv traf. Andersen besaß die Gabe, große wie kleine Sehnsüchte in Worte zu fassen und in märchenhafte Geschichten zu verwandeln. Die sichere Innenwelt seiner Fantasie sollte zum unerschöpflichen Quell seines kreativen Schaffens werden. Sein Verstand war darauf konditioniert, neue Anregungen

„Was Andersen für sich selbst nicht erreichen konnte, bescherte er Millionen Lesern mit der Hoffnung, dass deren Leben sich anders gestalten würde als das seine.“ — Jack Zipes

augenblicklich aufzugreifen. Wullschlager zitiert Andersens eigene Beschreibung seiner Denkweise: „[Ideen] lagen in meinen Gedanken wie Samenkörner, und es bedurfte nur eines strömenden Flusses, eines Son-

© Penguin Group (USA) Inc.

Oben: Tom Seidmann-Freud, eine Nichte Sigmund Freuds, setzte neue Maßstäbe in der Kinderbuch­ gestaltung. Ihr 1921 erschienenes Buch Kleine Märchen enthielt eine frühe Version ihrer Illustra­ tion für „Die Prinzessin auf der Erbse“. Links: Diese Illustration zu dem Märchen „Die Schneekönigin“ ist ein weiteres Beispiel der Art-déco-Eleganz von Katherine Beverley und Elizabeth Ellender. Rechte Seite: Mit seinen Illustrationen zu dem Märchen „Des Kaisers neue Kleider“ (1916) zeigte der irische Künstler Harry Clarke seine Liebe zum Material und zum dekorativen Detail, die ihm bereits seinen Ruf als Irlands talentiertestem Glas­ maler eingebracht hatten. — 38 —

nenstrahls, eines Tropfens aus dem Becher der Bitternis, um sie aufspringen und er­ blühen zu lassen.“ Der Einfluss, den seine Märchen auf die Kin­ derliteratur hatten, war so groß, dass der heute wichtigste Preis für Autoren und Illustratoren in dieser Sparte Hans-ChristianAndersen-Preis heißt und Andersens Geburtstag am 2. April zum Internationalen Tag des Kinderbuchs erkoren wurde.

Eine Ahnung des Unbewussten zu Beginn der Moderne

Manche Forscher vermuten, dass Andersens Märchen im Grunde frühe Geschichten über das Unbewusste sind und somit Vorboten der künstlerischen Strömungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts und später des Surrealismus waren. Wo moderne Künstler und Denker wie Freud das Unbewusste zu erfassen oder dessen kreatives Potenzial freizusetzen versuchten, war Andersens Ansatz der, sich von den wilden

Eingebungen seiner blühenden Fantasie überwältigen zu lassen. Die Wirrnisse seiner Kindheit und der steinige Weg, den er als gesellschaftlicher Außenseiter meistern musste, hätten ihn scheitern lassen können. Doch ihn verließ nie der Mut. Während der Stellenwert von Andersens Stücken, Reiseberichten und Romanen durchaus umstritten ist, bleiben die Märchen glänzende Beispiele seiner einzigartigen Vorstellungskraft und Fantasiewelten. Diese Welten waren ein sicherer Ort, an den er in schwierigen Zeiten zurückkehrte, und hier brachte er seine Gefühle mit der Wirklichkeit in Einklang. Der Märchenkundler Jack Zipes schreibt: „Seine Märchen handelten vom Leben, das er nicht führte, und drückten aus, was er öffentlich sagen wollte, aber nicht wagte. Seine Erzählungen waren majestätische Akte der Selbstbestätigung und Selbsttäuschung.“

— 39 —

Andersen belebt ein einfaches Tintenfass, einen Zinnsoldaten, einen Vogel, eine Erbse, einen Kreisel mit eigenen Trieben, Schwächen und Sehnsüchten. Oft haben seine menschenähnlichen Figuren eine leicht verquere Weltsicht, sind unfähig, ihr wahres Los oder ihre Lage zu erkennen, als wollte Andersen ein Schlaglicht auf die Schranken unserer eigenen, menschlichen Subjektivität werfen. Möglicherweise ist gerade dieses unausweichliche Befangensein in Subjektivität als Wesenskern menschlichen Erlebens das eigentliche Thema seiner Geschichten. Doch gerade diese Subjektivität ist es auch, die Liebe ermöglicht, das tiefe Ergriffensein vom eigenen Erleben, überwältigt und sogar verzehrt zu werden von der Fürsorge für einen anderen Menschen. Für Andersen ist dies der Motor seiner Kreativität, birgt aber auch die Gefahr großer Enttäuschungen. Seine Märchen zeigen die Tiefe des Gefühls, zu der er fähig war. Im wirklichen Leben fanden diese Gefühle keine Erwiderung. Zipes schreibt über Andersens Verhältnis zur eigenen Geschichte: „Andersen versuchte verzweifelt, seinem Leben die Form und den Inhalt eines Märchens zu geben, gerade weil er ein gequälter, einsamer und hochneurotischer Künstler war, der in literarischen Schöpfungen sein Unvermögen sublimierte, die eigenen Wünsche und Träume in der Wirklichkeit auszuleben. Sein literarischer Ruhm beruht auf diesem Unvermögen, denn was er für sich selbst nicht erreichen konnte, bescherte er Millionen Lesern, Jung und Alt, mit der Hoffnung, dass deren Leben sich anders gestalten würde als das seine.“ Sein Geschenk an uns waren Kindermärchen, die den Gefühlslandschaften, Schwächen und dunklen Winkeln der menschlichen Seele Raum gaben – einen Raum, zu dem er selbst mit Herz und Seele Zuflucht nahm. Noel Daniel

Die Märchen von Hans Christian Andersen Fürs Kinderzimmer wie fürs eigene (erwachsene) Bücherregal Herausgegeben von Noel Daniel, 320 Seiten € 29,99


Role model Eine Hommage an die Königin der Supermodels

„ So etwas hat es noch nie gegeben. Ein Bild von Naomi zu sehen, ist eine Sache. Etwas ganz anderes ist es jedoch, sie in Aktion zu erleben. Einfach überwältigend.“ — Vivienne Westwood


Role model Eine Hommage an die Königin der Supermodels

„ So etwas hat es noch nie gegeben. Ein Bild von Naomi zu sehen, ist eine Sache. Etwas ganz anderes ist es jedoch, sie in Aktion zu erleben. Einfach überwältigend.“ — Vivienne Westwood


„ Ich habe nie davon geträumt, einmal Model zu werden; das ist mir gar nicht in den Sinn gekommen. Als Teenager wollte ich Tänzerin werden.“

„ Ich hatte eine wunderbare Kindheit. Aber ich fühlte mich immer wie ein Erwachsener im Körper eines Kindes.“

„ Naomi ist eine der ehrlichsten und großherzigsten Freundinnen, die ich jemals hatte.“ — Kate Moss

Von allen Video­ shootings, bei denen ich mitgemacht habe, war das zu Bob Marleys “Is This Love” am aufregendsten.

Ich war erst sieben Jahre alt. Marley war unglaublich gutaussehend, mit einer wunderschönen Knochenstruktur, sehr entspannt, mit sanfter Stimme und einem starken jamaikanischen Akzent, wie ich ihn schon von zu Hause kannte. Meine Familie liebte Reggae. Ich denke, ich sollte öfter Reggae hören, denn ich bin damit verwurzelt. Vorherige Doppelseite: Foto­shooting in Knysna, Südafrika, für Harper’s Bazaar, USA, September 2009. Foto © Jean-Paul Goude Oben links: Naomi als Baby, 1970. Courtesy Naomi Campbell Collection Oben rechts: Bob Marley mit einer sehr jungen Naomi während des Vi­deodrehs von “Is This Love” im Lon­ doner Keskidee Centre, 1978. Foto © Adrian Boot/56 Hope Road Music Links: Naomi und Kate Moss in Paris, Aufnahme von 1996 für die amerika­ nische Vogue. Foto © Ellen von Unwerth — 42 —

Als Model möchte ich immer, dass Fotografen mir sagen, was sie wollen.

Ich liebe es, zu etwas Neuem geformt zu werden. Ein Großteil des Vergnügens besteht darin zu sehen, wie der jeweilige Fotograf mich neu erschafft. 1988 fotografierte mich Peter Lindbergh für die italienische Vogue im Rahmen einer von Josephine Baker inspirierten Story. Peter gibt immer sehr lautstarke Anweisungen und bringt mich oft zum Lachen. Meine Haare waren mit Gel gestylt, und Peter wollte, dass ich so lebhaft wirke wie Josephine Baker. Also tanzte ich Charleston, schmiss die Beine hoch und tat alles, was ich konnte, um so rüberzukommen.

Naomi bei einem Fotoshooting für die italienische Vogue in Deauville, Frankreich, Juli/August 1988. Foto © Peter Lindbergh


„ Ich habe nie davon geträumt, einmal Model zu werden; das ist mir gar nicht in den Sinn gekommen. Als Teenager wollte ich Tänzerin werden.“

„ Ich hatte eine wunderbare Kindheit. Aber ich fühlte mich immer wie ein Erwachsener im Körper eines Kindes.“

„ Naomi ist eine der ehrlichsten und großherzigsten Freundinnen, die ich jemals hatte.“ — Kate Moss

Von allen Video­ shootings, bei denen ich mitgemacht habe, war das zu Bob Marleys “Is This Love” am aufregendsten.

Ich war erst sieben Jahre alt. Marley war unglaublich gutaussehend, mit einer wunderschönen Knochenstruktur, sehr entspannt, mit sanfter Stimme und einem starken jamaikanischen Akzent, wie ich ihn schon von zu Hause kannte. Meine Familie liebte Reggae. Ich denke, ich sollte öfter Reggae hören, denn ich bin damit verwurzelt. Vorherige Doppelseite: Foto­shooting in Knysna, Südafrika, für Harper’s Bazaar, USA, September 2009. Foto © Jean-Paul Goude Oben links: Naomi als Baby, 1970. Courtesy Naomi Campbell Collection Oben rechts: Bob Marley mit einer sehr jungen Naomi während des Vi­deodrehs von “Is This Love” im Lon­ doner Keskidee Centre, 1978. Foto © Adrian Boot/56 Hope Road Music Links: Naomi und Kate Moss in Paris, Aufnahme von 1996 für die amerika­ nische Vogue. Foto © Ellen von Unwerth — 42 —

Als Model möchte ich immer, dass Fotografen mir sagen, was sie wollen.

Ich liebe es, zu etwas Neuem geformt zu werden. Ein Großteil des Vergnügens besteht darin zu sehen, wie der jeweilige Fotograf mich neu erschafft. 1988 fotografierte mich Peter Lindbergh für die italienische Vogue im Rahmen einer von Josephine Baker inspirierten Story. Peter gibt immer sehr lautstarke Anweisungen und bringt mich oft zum Lachen. Meine Haare waren mit Gel gestylt, und Peter wollte, dass ich so lebhaft wirke wie Josephine Baker. Also tanzte ich Charleston, schmiss die Beine hoch und tat alles, was ich konnte, um so rüberzukommen.

Naomi bei einem Fotoshooting für die italienische Vogue in Deauville, Frankreich, Juli/August 1988. Foto © Peter Lindbergh


Mit 16 bekam ich meinen ersten Auftrag in Paris.

Gleich am ersten Tag … wurde mir mein ganzes Geld gestohlen. Niemand hatte mir gesagt, dass man seine Wertsachen einschließen müsse, und so verlor ich alles, was meine Mutter mir mitgegeben hatte. Ich kannte niemanden. Amanda Cazalet, die an diesem Tag auch ein Shooting hatte, schlug vor, dass ich mit zu ihr käme. Aber vorher musste sie noch zu einer Anprobe bei einem Designer. So lernte ich Azzedine Alaïa kennen. Damals hatte ich keinen französischen Agenten; Pariser Shootings wurden von London aus gebucht, es kümmerte sich also in Paris niemand um mich. Azzedine sagte, er würde mit meiner Mutter sprechen … am nächsten Tag zog ich in sein Haus ein. Später wohnte ich dann immer bei Azzedine, wenn ich in Paris war. Ich liebte die Tatsache, dass man nie wusste, wer zum Dinner erscheinen würde: Sänger, Architekten, Fotografen. Als Modeschöpfer halte ich ihn für ein Genie. Seine Kleider sitzen wie eine zweite Haut. Man fühlt sich in ihnen elegant und sexy und feminin — genau, wie man sich als Frau fühlen sollte. Es ist mir völlig egal, wie lange ich in einen seiner Entwürfe festgepinnt herumstehen muss, denn es ist unglaublich faszinierend, ihn bei seiner schöpferi­ schen Arbeit zu beobachten.

„Ich habe schon immer gespürt, dass ihr etwas Besonderes und Außer­ gewöhnliches anhaftet. Sie ist wie ein Rennpferd. Sehr elitär.“ — Azzedine Alaïa

„ Naomi ist das einzige Model, das uns dazu verleitet, über die ‚Kunst der Schönheit‘ nachzudenken: Sie ist stark, verführerisch, metaphysisch, elegant und unvergleichlich. Ein Naomi-Cover ist ein Bild für die Ewigkeit.“ — Stefano Pilati

Naomi, fotografiert für Interview, Oktober 2010. Foto © Mert & Marcus

Naomi und Modeschöpfer Azzedine Alaïa beim Shooting für eine Alaïa-Werbekampagne, 1987. Foto © Arthur Elgort/Art + Commerce — 45 —


Mit 16 bekam ich meinen ersten Auftrag in Paris.

Gleich am ersten Tag … wurde mir mein ganzes Geld gestohlen. Niemand hatte mir gesagt, dass man seine Wertsachen einschließen müsse, und so verlor ich alles, was meine Mutter mir mitgegeben hatte. Ich kannte niemanden. Amanda Cazalet, die an diesem Tag auch ein Shooting hatte, schlug vor, dass ich mit zu ihr käme. Aber vorher musste sie noch zu einer Anprobe bei einem Designer. So lernte ich Azzedine Alaïa kennen. Damals hatte ich keinen französischen Agenten; Pariser Shootings wurden von London aus gebucht, es kümmerte sich also in Paris niemand um mich. Azzedine sagte, er würde mit meiner Mutter sprechen … am nächsten Tag zog ich in sein Haus ein. Später wohnte ich dann immer bei Azzedine, wenn ich in Paris war. Ich liebte die Tatsache, dass man nie wusste, wer zum Dinner erscheinen würde: Sänger, Architekten, Fotografen. Als Modeschöpfer halte ich ihn für ein Genie. Seine Kleider sitzen wie eine zweite Haut. Man fühlt sich in ihnen elegant und sexy und feminin — genau, wie man sich als Frau fühlen sollte. Es ist mir völlig egal, wie lange ich in einen seiner Entwürfe festgepinnt herumstehen muss, denn es ist unglaublich faszinierend, ihn bei seiner schöpferi­ schen Arbeit zu beobachten.

„Ich habe schon immer gespürt, dass ihr etwas Besonderes und Außer­ gewöhnliches anhaftet. Sie ist wie ein Rennpferd. Sehr elitär.“ — Azzedine Alaïa

„ Naomi ist das einzige Model, das uns dazu verleitet, über die ‚Kunst der Schönheit‘ nachzudenken: Sie ist stark, verführerisch, metaphysisch, elegant und unvergleichlich. Ein Naomi-Cover ist ein Bild für die Ewigkeit.“ — Stefano Pilati

Naomi, fotografiert für Interview, Oktober 2010. Foto © Mert & Marcus

Naomi und Modeschöpfer Azzedine Alaïa beim Shooting für eine Alaïa-Werbekampagne, 1987. Foto © Arthur Elgort/Art + Commerce — 45 —


„ Naomi ist wie ein Stummfilmstar im Zeitalter des Lärms. Sie ist einzigartig.“ — Bono

Fotografiert für die amerikanische Vogue, März 1998. Foto © Ellen von Unwerth


„ Naomi ist wie ein Stummfilmstar im Zeitalter des Lärms. Sie ist einzigartig.“ — Bono

Fotografiert für die amerikanische Vogue, März 1998. Foto © Ellen von Unwerth


Naomi über Naomi: ein aufregendes Leben in Wort und Bild Mit einer zweibändigen Hommage verbeugt sich TASCHEN vor der Schönheit und Tatkraft von Naomi Campbell: Supermodel, Unternehme­ rin, Aktivistin und Provokateurin. Seit ihrem 15. Lebensjahr arbeitet Naomi als Top­model. Sie schrieb Geschichte als erstes schwarzes Model, das es auf die Titelseiten der franzö­ sischen Vogue und des Time Magazins schaffte. Seit den 80er-Jahren hat sie für über 300 Cover sowie unzählige Fotostrecken und Werbekam­ pagnen Model gestanden. Dieser bildgewaltige Rückblick auf Naomis Karriere enthält Erinnerungen an ihre Kindheit, beleuchtet ihre Zusammenarbeit mit einigen der besten Modedesignern und präsentiert noch nie zuvor veröffentlichte private Fotos sowie einige der beeindruckendsten Modeaufnahmen der letzten 25 Jahre. Bei einem Fotoshooting für die Zeitschrift Max, Deutschland, Juni 1997. Foto © Ellen von Unwerth

Fotografiert für die Sommer­ausgabe des V Magazine, USA, Mai 2007. Foto © Nick Knight Abdruck mit Genehmigung von Trunk Archive — 49 —

Limitierte und signierte Ausgabe. Mehr Informationen auf taschen.com XXL

Format

Naomi Campbell XXL-Fotoalbum mit autobiografischem Begleittext, 508 Seiten


Naomi über Naomi: ein aufregendes Leben in Wort und Bild Mit einer zweibändigen Hommage verbeugt sich TASCHEN vor der Schönheit und Tatkraft von Naomi Campbell: Supermodel, Unternehme­ rin, Aktivistin und Provokateurin. Seit ihrem 15. Lebensjahr arbeitet Naomi als Top­model. Sie schrieb Geschichte als erstes schwarzes Model, das es auf die Titelseiten der franzö­ sischen Vogue und des Time Magazins schaffte. Seit den 80er-Jahren hat sie für über 300 Cover sowie unzählige Fotostrecken und Werbekam­ pagnen Model gestanden. Dieser bildgewaltige Rückblick auf Naomis Karriere enthält Erinnerungen an ihre Kindheit, beleuchtet ihre Zusammenarbeit mit einigen der besten Modedesignern und präsentiert noch nie zuvor veröffentlichte private Fotos sowie einige der beeindruckendsten Modeaufnahmen der letzten 25 Jahre. Bei einem Fotoshooting für die Zeitschrift Max, Deutschland, Juni 1997. Foto © Ellen von Unwerth

Fotografiert für die Sommer­ausgabe des V Magazine, USA, Mai 2007. Foto © Nick Knight Abdruck mit Genehmigung von Trunk Archive — 49 —

Limitierte und signierte Ausgabe. Mehr Informationen auf taschen.com XXL

Format

Naomi Campbell XXL-Fotoalbum mit autobiografischem Begleittext, 508 Seiten


DIE MENSCHEN, DIE VERRuCKT GENUG SIND ZU GLAUBEN, DASS SIE DIE WELT VERaNDERN KoNNEN, SIND DIEJENIGEN, DIE ES AUCH SCHAFFEN.

Weiß, schwarz, gelb United Colors of Benetton, 1995

Der italienische Fotograf Oliviero Toscani war Kreativdirektor für Markenkommunikation bei United Colors of Benetton und fotografierte für die Marke von 1982 bis 2000. Er schuf umstrittene und verstörende Werbekampagnen, die aktuelle und soziale Themen auf die Benetton-Plakate brachten. Mehrere Menschenrechtsorganisationen baten darum, Toscanis Arbeiten für ihre Zwecke nutzen zu dürfen, wie beispielsweise SOS Racisme, eine NGO aus Frankreich. Toscanis Fotos von Häftlingen in Todeszellen hatten zur Folge, dass Benetton weltweit als Gegner der Todesstrafe bekannt wurde. „Alles, was ich getan habe, war, ein Nachrichtenfoto auf die Anzeigenseiten zu setzen“, sagte Toscani in einem Interview mit dem Magazin Time. Im Jahre 1993 schrieb David Bowie in einem Liedtext die Zeile „Getting my facts from a Benetton ad“ („erfahre ich die Tatsachen aus einer Benetton-Anzeige“) als Anspielung darauf, dass der Fotograf Reportagemittel in die Werbung einbrachte.

Game Changers. 60 Jahre Cannes Lions International Festival of Creativ­­­ity Die Kampagnen, die die Werbung für alle Zeiten veränderten, 312 Seiten € 49,99


DIE MENSCHEN, DIE VERRuCKT GENUG SIND ZU GLAUBEN, DASS SIE DIE WELT VERaNDERN KoNNEN, SIND DIEJENIGEN, DIE ES AUCH SCHAFFEN.

Weiß, schwarz, gelb United Colors of Benetton, 1995

Der italienische Fotograf Oliviero Toscani war Kreativdirektor für Markenkommunikation bei United Colors of Benetton und fotografierte für die Marke von 1982 bis 2000. Er schuf umstrittene und verstörende Werbekampagnen, die aktuelle und soziale Themen auf die Benetton-Plakate brachten. Mehrere Menschenrechtsorganisationen baten darum, Toscanis Arbeiten für ihre Zwecke nutzen zu dürfen, wie beispielsweise SOS Racisme, eine NGO aus Frankreich. Toscanis Fotos von Häftlingen in Todeszellen hatten zur Folge, dass Benetton weltweit als Gegner der Todesstrafe bekannt wurde. „Alles, was ich getan habe, war, ein Nachrichtenfoto auf die Anzeigenseiten zu setzen“, sagte Toscani in einem Interview mit dem Magazin Time. Im Jahre 1993 schrieb David Bowie in einem Liedtext die Zeile „Getting my facts from a Benetton ad“ („erfahre ich die Tatsachen aus einer Benetton-Anzeige“) als Anspielung darauf, dass der Fotograf Reportagemittel in die Werbung einbrachte.

Game Changers. 60 Jahre Cannes Lions International Festival of Creativ­­­ity Die Kampagnen, die die Werbung für alle Zeiten veränderten, 312 Seiten € 49,99


Die Zeichen unserer Zeit Eine monumentale Logo-Sammlung

Der 2009 mit dem Oscar prämierte Animationskurzfilm Logorama treibt ein ästhetisch-ironisches Spiel mit dem Markenkult unserer von Logos übersättigten Welt. Das Archiv des Co-Regisseurs des Films, Ludovic Houplain, bildet die Basis für TASCHENs spektakuläres Nachschlage­ werk mit rund 7.000 alphabetisch sortierten Logos, zu denen das Buch weitere Informationen liefert: Designer, Entstehungsjahr, Ursprungsland, Marke und Branche.

Logobook Von Ludovic Houplain 776 Seiten € 39,99


Die Zeichen unserer Zeit Eine monumentale Logo-Sammlung

Der 2009 mit dem Oscar prämierte Animationskurzfilm Logorama treibt ein ästhetisch-ironisches Spiel mit dem Markenkult unserer von Logos übersättigten Welt. Das Archiv des Co-Regisseurs des Films, Ludovic Houplain, bildet die Basis für TASCHENs spektakuläres Nachschlage­ werk mit rund 7.000 alphabetisch sortierten Logos, zu denen das Buch weitere Informationen liefert: Designer, Entstehungsjahr, Ursprungsland, Marke und Branche.

Logobook Von Ludovic Houplain 776 Seiten € 39,99


nahaufnahme Wie National Geographic die Fotografie und die Kunst des Geschichtenerzählens revolutionierte

Unter dem Jubel einer Begrüßungs­­flottille läuft die Mayflower II, ein maßstabs­ getreuer Nachbau des be­rühmten Originals, in den Hafen von New York ein.

Foto © National Geographic Creative

Wenngleich sie den Atlantik, wie ihr historisches Vorbild, voll­ständig unter Segeln überquert hatte, verschafft ihr ein vorbeifliegender Hubschrauber bald den nötigen Rückenwind, und die letzten Meter zu ihrem Liegeplatz wird man sie schleppen müssen. Foto: B. Anthony Stewart, New York, 1957


nahaufnahme Wie National Geographic die Fotografie und die Kunst des Geschichtenerzählens revolutionierte

Unter dem Jubel einer Begrüßungs­­flottille läuft die Mayflower II, ein maßstabs­ getreuer Nachbau des be­rühmten Originals, in den Hafen von New York ein.

Foto © National Geographic Creative

Wenngleich sie den Atlantik, wie ihr historisches Vorbild, voll­ständig unter Segeln überquert hatte, verschafft ihr ein vorbeifliegender Hubschrauber bald den nötigen Rückenwind, und die letzten Meter zu ihrem Liegeplatz wird man sie schleppen müssen. Foto: B. Anthony Stewart, New York, 1957


Foto © National Geographic Creative

Das in der Entfernung glitzernde Tadsch Mahal

mag ein alltäglicher Anblick für die Bahnarbeiter gewesen sein, die mit ihren Zügen im Bahnhof von Agra ein- und ausfuhren, doch für den Erbauer, Shah Jahan, den fünften Großmogul von Indien, war das marmorne Mausoleum für seine verstorbene Frau immer etwas Besonderes. Es heißt, er habe es jeden Tag angestarrt, als er später von einem Usurpator im Roten Fort von Agra gefangen gehalten wurde. Foto: Steve McCurry, Indien, 1983

„¡Viva Zapata!“ lautete einst ihr Schlachtruf,

Ganze Wälder aus Ölbohrtürmen beherrschten einst die Silhouette

kalifornischer Küstenstädte wie Long Beach oder Huntington Beach. „In Boomtowns drangen die Bohrtürme oft fast bis in die Küchen der Wohnhäuser vor“, schrieb Frederick Simpich im Juni-Heft 1941 in seinem Artikel „Die Welt von heute dreht sich ums Öl“. Foto: B. Anthony Stewart, Kalifornien, 1940

Foto © National Geographic Creative

Foto © National Geographic Society Image Collection and Archives

und er hallte wohl noch in ihren alternden Ohren nach, wenn sich diese Veteranen der Mexikanischen Revolution (1910–1920) an ihren Anführer Emiliano Zapata erinnerten. Als Verfechter der Geknechteten wird Zapata auch heute noch von den Tagelöhnern im südlichen Mexiko verehrt – und von allen anderen, die seinem Motto zustimmen, es sei „besser auf­ recht zu sterben, als auf Knien zu leben“. Foto: Thomas Nebbia, Mexiko, 1977

— 57 —


Foto © National Geographic Creative

Das in der Entfernung glitzernde Tadsch Mahal

mag ein alltäglicher Anblick für die Bahnarbeiter gewesen sein, die mit ihren Zügen im Bahnhof von Agra ein- und ausfuhren, doch für den Erbauer, Shah Jahan, den fünften Großmogul von Indien, war das marmorne Mausoleum für seine verstorbene Frau immer etwas Besonderes. Es heißt, er habe es jeden Tag angestarrt, als er später von einem Usurpator im Roten Fort von Agra gefangen gehalten wurde. Foto: Steve McCurry, Indien, 1983

„¡Viva Zapata!“ lautete einst ihr Schlachtruf,

Ganze Wälder aus Ölbohrtürmen beherrschten einst die Silhouette

kalifornischer Küstenstädte wie Long Beach oder Huntington Beach. „In Boomtowns drangen die Bohrtürme oft fast bis in die Küchen der Wohnhäuser vor“, schrieb Frederick Simpich im Juni-Heft 1941 in seinem Artikel „Die Welt von heute dreht sich ums Öl“. Foto: B. Anthony Stewart, Kalifornien, 1940

Foto © National Geographic Creative

Foto © National Geographic Society Image Collection and Archives

und er hallte wohl noch in ihren alternden Ohren nach, wenn sich diese Veteranen der Mexikanischen Revolution (1910–1920) an ihren Anführer Emiliano Zapata erinnerten. Als Verfechter der Geknechteten wird Zapata auch heute noch von den Tagelöhnern im südlichen Mexiko verehrt – und von allen anderen, die seinem Motto zustimmen, es sei „besser auf­ recht zu sterben, als auf Knien zu leben“. Foto: Thomas Nebbia, Mexiko, 1977

— 57 —


Das einzige Licht auf diesem Bild kam vom Blitzgerät des Fotografen. Die Männer hoffen dabei, mit Kampfer parfümierte Stöcke zu finden, die ein Tempelpriester in die Menge geworfen hat. Fotograf Horace Bristol schrieb über dieses berühmte Hadaka Matsuri („Nacktfest“), das alljährlich im Saidaiji-Tempel von Okayama gefeiert wird: „Es liegt auf der Hand, dass die Teilnehmer dieser Zeremonie allesamt jung, sportlich und in bester Verfassung sein müssen, denn das Gedränge ist außerordentlich heftig.“ Foto: Horace Bristol, Japan, 1946

Foto © Corbis

Hunderte junge Japaner feiern 1946 das Mondneujahr, indem sie sich achtlos in völlige Dunkelheit stürzen.


Das einzige Licht auf diesem Bild kam vom Blitzgerät des Fotografen. Die Männer hoffen dabei, mit Kampfer parfümierte Stöcke zu finden, die ein Tempelpriester in die Menge geworfen hat. Fotograf Horace Bristol schrieb über dieses berühmte Hadaka Matsuri („Nacktfest“), das alljährlich im Saidaiji-Tempel von Okayama gefeiert wird: „Es liegt auf der Hand, dass die Teilnehmer dieser Zeremonie allesamt jung, sportlich und in bester Verfassung sein müssen, denn das Gedränge ist außerordentlich heftig.“ Foto: Horace Bristol, Japan, 1946

Foto © Corbis

Hunderte junge Japaner feiern 1946 das Mondneujahr, indem sie sich achtlos in völlige Dunkelheit stürzen.


Foto © National Geographic Creative

Sobald sie aus der Dunkelheit des Wawona-Tunnels auftauchen, stürzen Touristen aus ihren Autos, um jenen ersten umwerfenden Blick auf das Yosemite-Tal in sich aufzusaugen.

El Capitan erhebt sich in granitener Majestät zur Linken, der weit entfernte Half Dome lugt über einen abgerundeten Felskamm, und zur Rechten stürzt sich der Bridalveil Fall unterhalb der Cathedral Rocks 189 Meter in die Tiefe. Foto: B. Anthony Stewart, Kalifornien, 1965


Foto © National Geographic Creative

Sobald sie aus der Dunkelheit des Wawona-Tunnels auftauchen, stürzen Touristen aus ihren Autos, um jenen ersten umwerfenden Blick auf das Yosemite-Tal in sich aufzusaugen.

El Capitan erhebt sich in granitener Majestät zur Linken, der weit entfernte Half Dome lugt über einen abgerundeten Felskamm, und zur Rechten stürzt sich der Bridalveil Fall unterhalb der Cathedral Rocks 189 Meter in die Tiefe. Foto: B. Anthony Stewart, Kalifornien, 1965


Foto © National Geographic Creative

Mensch und Natur haben ein eindrucksvolles Werk geschaffen

und bilden einen imposanten Rahmen für diesen stoischen Mönch in Ta Prohm, einem der zahlreichen verfallenen Tempel in der aus­ gedehnten Anlage von Angkor in Kambodscha. Foto: Robert Clark, Kambodscha, 2009

Um den kurzen Sommer in Sibirien bestmöglich zu nutzen, vergnügen sich diese Teilnehmer eines sonntäglichen Schiffsausflugs auf der Lena mit einem Strandball am Ufer.

Er versinnbildlicht einen Kontrast, dem man in Beirut Mitte des 20. Jahrhunderts häufig begeg­ nete: Er trägt ein arabisches Gewand, aber auch einen Sakko westlichen Stils. Teils islamisch und teils christlich, teils morgenländisch und teils abendländisch war die Hauptstadt des Libanon das „Paris des Nahen Ostens“, das ebenso berühmt war für seine glanzvollen Cafés wie für seine Banken, Basare und Handelshäuser. Foto: Thomas J. Abercrombie, Libanon, 1957

Foto © National Geographic Creative

Foto © National Geographic Society Image Collection and Archives

„Für Siedler aus südlicheren Breiten ist es schwer, sich an diese nachtlosen Sommer und taglosen Winter zu gewöhnen“, berichtete Fotograf Dean Conger 1967 in der März-Ausgabe des Geographic. Die Sibirer halten im Winter praktisch Winterschlaf, stellte er fest, „und leben die Sommernächte, fast ohne Schlaf, vollkom­ men aus.“ Foto: Dean Conger, Sowjetunion, 1966

Ein Schäfer treibt seine Herde über die geschäftige Rue Georges Picot in Beirut.

— 63 —


Foto © National Geographic Creative

Mensch und Natur haben ein eindrucksvolles Werk geschaffen

und bilden einen imposanten Rahmen für diesen stoischen Mönch in Ta Prohm, einem der zahlreichen verfallenen Tempel in der aus­ gedehnten Anlage von Angkor in Kambodscha. Foto: Robert Clark, Kambodscha, 2009

Um den kurzen Sommer in Sibirien bestmöglich zu nutzen, vergnügen sich diese Teilnehmer eines sonntäglichen Schiffsausflugs auf der Lena mit einem Strandball am Ufer.

Er versinnbildlicht einen Kontrast, dem man in Beirut Mitte des 20. Jahrhunderts häufig begeg­ nete: Er trägt ein arabisches Gewand, aber auch einen Sakko westlichen Stils. Teils islamisch und teils christlich, teils morgenländisch und teils abendländisch war die Hauptstadt des Libanon das „Paris des Nahen Ostens“, das ebenso berühmt war für seine glanzvollen Cafés wie für seine Banken, Basare und Handelshäuser. Foto: Thomas J. Abercrombie, Libanon, 1957

Foto © National Geographic Creative

Foto © National Geographic Society Image Collection and Archives

„Für Siedler aus südlicheren Breiten ist es schwer, sich an diese nachtlosen Sommer und taglosen Winter zu gewöhnen“, berichtete Fotograf Dean Conger 1967 in der März-Ausgabe des Geographic. Die Sibirer halten im Winter praktisch Winterschlaf, stellte er fest, „und leben die Sommernächte, fast ohne Schlaf, vollkom­ men aus.“ Foto: Dean Conger, Sowjetunion, 1966

Ein Schäfer treibt seine Herde über die geschäftige Rue Georges Picot in Beirut.

— 63 —


Der Mount Everest mag zwar 8.848 Meter über die Erdoberfläche ragen, doch die eisbedeckten Hänge des Mauna Kea – eines Vulkans, der seit etwa 3.600 Jahren ruht – reichen rund 10.000 Meter tief bis zum Fuß des Berges auf dem Boden des Pazifischen Ozeans. So ist er nach tatsäch­ licher Höhe die höchste Erhebung auf dem Planeten, auch wenn zwei Drittel des Berges unter der Meeresoberfläche liegen. Foto: Robert W. Madden, Hawaii, 1974

Foto © National Geographic Creative

Nur Hawaii kann das Vergnügen bieten, mit Skiern vom höchsten Berg der Welt hinabzuwedeln.


Der Mount Everest mag zwar 8.848 Meter über die Erdoberfläche ragen, doch die eisbedeckten Hänge des Mauna Kea – eines Vulkans, der seit etwa 3.600 Jahren ruht – reichen rund 10.000 Meter tief bis zum Fuß des Berges auf dem Boden des Pazifischen Ozeans. So ist er nach tatsäch­ licher Höhe die höchste Erhebung auf dem Planeten, auch wenn zwei Drittel des Berges unter der Meeresoberfläche liegen. Foto: Robert W. Madden, Hawaii, 1974

Foto © National Geographic Creative

Nur Hawaii kann das Vergnügen bieten, mit Skiern vom höchsten Berg der Welt hinabzuwedeln.


Foto © National Geographic Creative

Ein merkwürdiger Anblick in einem mexikanischen Einbaum:

Zwei gefangene Jaguare haben sich im Schiff breitgemacht und begrüßen den Fotografen mit einem Knurren – oder ist es nur ein Gähnen? Foto: Steve Winter, Mexiko, 2000

Mit einem Gehstock auf der einen Schulter und einem Jagdbogen über der anderen

Foto © National Geographic Creative

Ein maskierter Mann vom Stamm der Tschokwe posiert vor einem Fetischbaum mit Schädeln, Hörnern und Tierknochen.

Die Tschokwe, die einst zu den mächtigsten Stämmen Angolas zählten, fertigten einige der schönsten Ritualmasken in ganz Afrika. Sie wurden aus Holz geschnitzt oder aus Baumrinde herge­ stellt, die über einen Rahmen aus kleinen Zweigen gespannt wurde, um dann mit sakraler Kraft „auf­ geladen“ zu werden. Zum Einsatz kamen sie in Initiationsriten, aber mitunter auch in schauspie­ lerischen Darbietungen. Foto: Volkmar K. Wentzel, Angola, 1960 — 66 —

Foto © National Geographic Creative

schaut ein San seinen Verwandten nach, die über die Dünen in der Nähe der Grenze des KalahariGemsbok-Nationalparks laufen. Auch wenn ihre Vorfahren seit Jahrtausenden in diesen Wüsten gejagt haben, mussten die San lange um den Zugang zu diesem Naturschutzgebiet kämpfen, das 1931 eingerichtet wurde, um die migrierenden Spießböcke und andere Pflanzenfresser zu schüt­ zen. Inzwischen wurde er mit dem angrenzenden Gemsbok-Nationalpark in Botswana zum grenz­ übergreifenden Kgalagadi-Nationalpark zusam­ mengelegt. Foto: Chris Johns, Südafrika, 1995


Foto © National Geographic Creative

Ein merkwürdiger Anblick in einem mexikanischen Einbaum:

Zwei gefangene Jaguare haben sich im Schiff breitgemacht und begrüßen den Fotografen mit einem Knurren – oder ist es nur ein Gähnen? Foto: Steve Winter, Mexiko, 2000

Mit einem Gehstock auf der einen Schulter und einem Jagdbogen über der anderen

Foto © National Geographic Creative

Ein maskierter Mann vom Stamm der Tschokwe posiert vor einem Fetischbaum mit Schädeln, Hörnern und Tierknochen.

Die Tschokwe, die einst zu den mächtigsten Stämmen Angolas zählten, fertigten einige der schönsten Ritualmasken in ganz Afrika. Sie wurden aus Holz geschnitzt oder aus Baumrinde herge­ stellt, die über einen Rahmen aus kleinen Zweigen gespannt wurde, um dann mit sakraler Kraft „auf­ geladen“ zu werden. Zum Einsatz kamen sie in Initiationsriten, aber mitunter auch in schauspie­ lerischen Darbietungen. Foto: Volkmar K. Wentzel, Angola, 1960 — 66 —

Foto © National Geographic Creative

schaut ein San seinen Verwandten nach, die über die Dünen in der Nähe der Grenze des KalahariGemsbok-Nationalparks laufen. Auch wenn ihre Vorfahren seit Jahrtausenden in diesen Wüsten gejagt haben, mussten die San lange um den Zugang zu diesem Naturschutzgebiet kämpfen, das 1931 eingerichtet wurde, um die migrierenden Spießböcke und andere Pflanzenfresser zu schüt­ zen. Inzwischen wurde er mit dem angrenzenden Gemsbok-Nationalpark in Botswana zum grenz­ übergreifenden Kgalagadi-Nationalpark zusam­ mengelegt. Foto: Chris Johns, Südafrika, 1995


Doch die Evolution hat ihm einen Streich gespielt: Das hinterlistige Weibchen hat seine 100 bis 250 Eier unter dem Schwanz des Männchens abgelegt und sich danach ins Seegras geschlagen, sodass dem Männchen nun nichts anderes übrig bleibt, als die folgenden drei bis fünf Wochen die rosafarbene Masse zu beschützen, bis die jungen Seedrachen schließlich schlüpfen. Foto: Paul A. Zahl, Australien, 1977

Foto © National Geographic Creative

Ein 15 Zentimeter langer Fetzenfisch mag – zumindest aus der Sicht eines winzigen Schalentiers – beeindruckend wirken.


Doch die Evolution hat ihm einen Streich gespielt: Das hinterlistige Weibchen hat seine 100 bis 250 Eier unter dem Schwanz des Männchens abgelegt und sich danach ins Seegras geschlagen, sodass dem Männchen nun nichts anderes übrig bleibt, als die folgenden drei bis fünf Wochen die rosafarbene Masse zu beschützen, bis die jungen Seedrachen schließlich schlüpfen. Foto: Paul A. Zahl, Australien, 1977

Foto © National Geographic Creative

Ein 15 Zentimeter langer Fetzenfisch mag – zumindest aus der Sicht eines winzigen Schalentiers – beeindruckend wirken.


Foto © National Geographic Creative

Foto © National Geographic Creative

Geschäftiger Trubel herrscht auf den Straßen Hongkongs.

Vom Hafen aus gesehen stieg die Stadt so steil bis zum wolkenverhangenen Victoria Peak an, dass die Gebäude aufeinander zu stehen schienen. Während die Hauptverkehrsstraßen der britischen Kronkolonie waagerecht verliefen, glichen die zahlreichen Querstraßen eher Lei­ tern, und einige waren so abschüssig, dass man sie in Steintreppen verwandelte, die man nur zu Fuß oder in einer Sänfte bewältigen konnte. Foto: W. Robert Moore, Hongkong, 1931

Mit einem tragischen Blick durch ihren Schleier

bereitet sich die italienische Schauspielerin Benedetta Buccellato auf ihre Rolle in Aischylos’ Der gefesselte Prometheus auf einer siziliani­ schen Bühne vor. Foto: William Albert Allard, Italien, 1995 — 71 —


Foto © National Geographic Creative

Foto © National Geographic Creative

Geschäftiger Trubel herrscht auf den Straßen Hongkongs.

Vom Hafen aus gesehen stieg die Stadt so steil bis zum wolkenverhangenen Victoria Peak an, dass die Gebäude aufeinander zu stehen schienen. Während die Hauptverkehrsstraßen der britischen Kronkolonie waagerecht verliefen, glichen die zahlreichen Querstraßen eher Lei­ tern, und einige waren so abschüssig, dass man sie in Steintreppen verwandelte, die man nur zu Fuß oder in einer Sänfte bewältigen konnte. Foto: W. Robert Moore, Hongkong, 1931

Mit einem tragischen Blick durch ihren Schleier

bereitet sich die italienische Schauspielerin Benedetta Buccellato auf ihre Rolle in Aischylos’ Der gefesselte Prometheus auf einer siziliani­ schen Bühne vor. Foto: William Albert Allard, Italien, 1995 — 71 —


Foto © National Geographic Creative

Kenianer, die an einer Straße entlangtrotten, müssen sich durch riesige Wolken fliegender Heuschrecken kämpfen.

Die in den ausgedehnten Wüsten des Nordens geschlüpften Insekten fallen regelmäßig zu Millionen über alles her, was ihnen unterkommt, und verschlingen dabei Ernten, zerstören Weide­ flächen und Wälder und bedecken sogar Straßen so dicht, dass Autos ins Schleudern geraten können. Eine Heuschreckenplage begrub 1954 über 200 Quadratkilometer Land unter schät­ zungsweise 50 Milliarden einzelnen Insekten. Foto: Gervais Huxley, Kenia, 1940er-Jahre

Eine hübsche Schafhirtin flötet eine Melodie in der Wüstenei der Halbinsel Sinai.

Das al-Schahid-Monument in Bagdad, auch „Gedenkstätte der Märtyrer“ genannt, in dessen Herz eine ewige Flamme brennt

beendete, sollte dieses Denkmal auch die knappe halbe Million Iraker ehren, die in diesem Konflikt gefallen waren (eine Million Tote auf iranischer Seite zählten freilich nicht). Alle Opfer waren letztlich umsonst, denn am Ende hatte kein Quadratzentimeter Land den Besitzer gewechselt. Foto: Steve McCurry, Irak, 1984

Gegenüber: Foto © National Geographic Society Image Collection and Archives

Foto © National Geographic Society Image Collection and Archives

soll angeblich an den Sieg der Araber über die Perser bei Kadesia um 637 n. Chr. erinnern. Dieses wilde und zerklüftete Niemandsland – zu Auf diese Schlacht nahm Saddam Hussein dieser Zeit als Folge des Sechstagekriegs 1967 Bezug, als er 1980 das moderne Persien – den noch von Israel besetzt – war jahrtausendelang Iran – überfiel. Acht Jahre später, als er den von Ägypten beansprucht worden, aber tatsäch­ Ersten Golfkrieg (1980–1988) mit Unterstützung lich die Heimat nomadischer Beduinenstämme. des Westens und der arabischen Golfstaaten Foto: David Doubilet, Ägypten, 1981 und mithilfe des Einsatzes chemischer Waffen

— 73 —


Foto © National Geographic Creative

Kenianer, die an einer Straße entlangtrotten, müssen sich durch riesige Wolken fliegender Heuschrecken kämpfen.

Die in den ausgedehnten Wüsten des Nordens geschlüpften Insekten fallen regelmäßig zu Millionen über alles her, was ihnen unterkommt, und verschlingen dabei Ernten, zerstören Weide­ flächen und Wälder und bedecken sogar Straßen so dicht, dass Autos ins Schleudern geraten können. Eine Heuschreckenplage begrub 1954 über 200 Quadratkilometer Land unter schät­ zungsweise 50 Milliarden einzelnen Insekten. Foto: Gervais Huxley, Kenia, 1940er-Jahre

Eine hübsche Schafhirtin flötet eine Melodie in der Wüstenei der Halbinsel Sinai.

Das al-Schahid-Monument in Bagdad, auch „Gedenkstätte der Märtyrer“ genannt, in dessen Herz eine ewige Flamme brennt

beendete, sollte dieses Denkmal auch die knappe halbe Million Iraker ehren, die in diesem Konflikt gefallen waren (eine Million Tote auf iranischer Seite zählten freilich nicht). Alle Opfer waren letztlich umsonst, denn am Ende hatte kein Quadratzentimeter Land den Besitzer gewechselt. Foto: Steve McCurry, Irak, 1984

Gegenüber: Foto © National Geographic Society Image Collection and Archives

Foto © National Geographic Society Image Collection and Archives

soll angeblich an den Sieg der Araber über die Perser bei Kadesia um 637 n. Chr. erinnern. Dieses wilde und zerklüftete Niemandsland – zu Auf diese Schlacht nahm Saddam Hussein dieser Zeit als Folge des Sechstagekriegs 1967 Bezug, als er 1980 das moderne Persien – den noch von Israel besetzt – war jahrtausendelang Iran – überfiel. Acht Jahre später, als er den von Ägypten beansprucht worden, aber tatsäch­ Ersten Golfkrieg (1980–1988) mit Unterstützung lich die Heimat nomadischer Beduinenstämme. des Westens und der arabischen Golfstaaten Foto: David Doubilet, Ägypten, 1981 und mithilfe des Einsatzes chemischer Waffen

— 73 —


Foto © National Geographic Creative

Seit 1888 auf Entdeckungsreise Seit fünf Generationen fasziniert die Zeitschrift National Geographic ihre Leser und berichtet mit ihren Fotografien, Illustrationen und Reportagen aus allen Ecken der Erde. Mit seiner Kombination aus Reise, Wissenschaft, Geschichte, Kultur, Tierleben und Naturschutz hat das Magazin der National Geographic Society zahllose Menschen angeregt, selbst auf Entdeckungsreise zu gehen. Zur Feier des 125. Geburtstages hat National Geographic TASCHEN uneingeschränkten Zugang zu seinen Archiven gewährt, um die eindrucksvollsten Fotografien in drei Bildbänden zusammenzufassen. Unsere Weltreise beginnt auf dem amerikanischen Doppelkontinent und in Antarktika (Band 1), überquert den Atlantik nach Europa und Afrika (Band 2) und segelt über den Indischen Ozean nach Asien und Ozeanien (Band 3).

Limitierte Auflage mit 125.000 Exemplaren, übersetzt in zahlreiche Sprachen. Weitere Informationen zu einer Ausgabe mit einem Originalabzug finden Sie unter www.taschen.com.

Von frühen Schwarz-Weiß-Aufnahmen über Kodachrome bis zur modernen Digitalfotografie dokumentiert die Sammlung, wie National Geographic die Ästhetik der Fotoreportage begründete – mit Meistern ihres Fachs wie Frans Lanting und Steve McCurry. Der Leser kann hierbei auch verfolgen, wie sich die Zeitschrift von einer anfangs noch idyllisierenden Sicht der Welt löste und zu dem wurde, was sie heute ist.

Nachdem er sein Stativ auf einem Felsvorsprung am Aussichtspunkt Toroweap aufgestellt hat,

Dieses Buchset ist eine kulturelle Investition, für den eigenen Genuss, als Geschenk und zur Weitergabe an kommende Generationen.

bereitet sich Fotograf Michael Nichols darauf vor, den Grand Canyon zu fotografieren. Die Herausforderung bestand für ihn darin, ein ikonen­ haftes – oder allzu vertrautes – Motiv wie den Grand Canyon auf eine ganz neue Art und Weise darzustellen, „sich durch die Klischees zu wühlen, um an den guten Stoff zu kommen“, wie er es ausdrückte. „Technisch ist es unglaublich schwierig, aber ich möchte nicht, dass irgendjemand an die technische Seite denkt, wenn er das Bild sieht. Es soll auf spiritueller Ebene ansprechen.“ Foto: John Burcham, Arizona, 2005

National Geographic. In 125 Jahren um die Welt Herausgegeben von Reuel Golden 1 468 Seiten in 3 Bänden, jeweils in einem Schuber, der sich in einen Buchständer verwandelt Lieferbar Frühjahr 2014 — 75 —


Foto © National Geographic Creative

Seit 1888 auf Entdeckungsreise Seit fünf Generationen fasziniert die Zeitschrift National Geographic ihre Leser und berichtet mit ihren Fotografien, Illustrationen und Reportagen aus allen Ecken der Erde. Mit seiner Kombination aus Reise, Wissenschaft, Geschichte, Kultur, Tierleben und Naturschutz hat das Magazin der National Geographic Society zahllose Menschen angeregt, selbst auf Entdeckungsreise zu gehen. Zur Feier des 125. Geburtstages hat National Geographic TASCHEN uneingeschränkten Zugang zu seinen Archiven gewährt, um die eindrucksvollsten Fotografien in drei Bildbänden zusammenzufassen. Unsere Weltreise beginnt auf dem amerikanischen Doppelkontinent und in Antarktika (Band 1), überquert den Atlantik nach Europa und Afrika (Band 2) und segelt über den Indischen Ozean nach Asien und Ozeanien (Band 3).

Limitierte Auflage mit 125.000 Exemplaren, übersetzt in zahlreiche Sprachen. Weitere Informationen zu einer Ausgabe mit einem Originalabzug finden Sie unter www.taschen.com.

Von frühen Schwarz-Weiß-Aufnahmen über Kodachrome bis zur modernen Digitalfotografie dokumentiert die Sammlung, wie National Geographic die Ästhetik der Fotoreportage begründete – mit Meistern ihres Fachs wie Frans Lanting und Steve McCurry. Der Leser kann hierbei auch verfolgen, wie sich die Zeitschrift von einer anfangs noch idyllisierenden Sicht der Welt löste und zu dem wurde, was sie heute ist.

Nachdem er sein Stativ auf einem Felsvorsprung am Aussichtspunkt Toroweap aufgestellt hat,

Dieses Buchset ist eine kulturelle Investition, für den eigenen Genuss, als Geschenk und zur Weitergabe an kommende Generationen.

bereitet sich Fotograf Michael Nichols darauf vor, den Grand Canyon zu fotografieren. Die Herausforderung bestand für ihn darin, ein ikonen­ haftes – oder allzu vertrautes – Motiv wie den Grand Canyon auf eine ganz neue Art und Weise darzustellen, „sich durch die Klischees zu wühlen, um an den guten Stoff zu kommen“, wie er es ausdrückte. „Technisch ist es unglaublich schwierig, aber ich möchte nicht, dass irgendjemand an die technische Seite denkt, wenn er das Bild sieht. Es soll auf spiritueller Ebene ansprechen.“ Foto: John Burcham, Arizona, 2005

National Geographic. In 125 Jahren um die Welt Herausgegeben von Reuel Golden 1 468 Seiten in 3 Bänden, jeweils in einem Schuber, der sich in einen Buchständer verwandelt Lieferbar Frühjahr 2014 — 75 —


Häuser, die nachwachsen – innovative Holzarchitektur weltweit

„Das hölzerne Herz des Gebäudes ist Sinnbild ild für die Nähe zwischen n Mensch und Landschaft.“ ft.“ —Snøhetta

SNØHETTA Der Pavillon liegt nicht weit vom Dovrefjell-Nationalpark auf 1220 m über dem Meeresspiegel. Ganzjährig für die Öffentlichkeit geöffnet, dient er als Rentier­ beobachtungsstation. Der Bau wurde als „rigide Hülle mit organischem Kern“ gestaltet. Aufgrund der extremen Klimaverhältnisse wurde besonderer Wert auf Qualität und Haltbarkeit der Materialien gelegt. Der Innenausbau wurde mithilfe digitaler 3-D-Modelle aus 25 cm starken Vierkant­hölzern traditionell ausschliesslich mit Holzdübeln montiert. Für die Architekten bietet der Bau „im Wesentlichen Schutz. Die ‚Höhle’ mit integrierten Bänken ist ein Sinnbild für die Nähe zwischen Mensch und Landschaft.“

Foto © Ketil Jacobson

HOlzerne Hohle fUr Rentier­­beobachter

Rentier-Beobachtungspavillon, norwegen


Häuser, die nachwachsen – innovative Holzarchitektur weltweit

„Das hölzerne Herz des Gebäudes ist Sinnbild ild für die Nähe zwischen n Mensch und Landschaft.“ ft.“ —Snøhetta

SNØHETTA Der Pavillon liegt nicht weit vom Dovrefjell-Nationalpark auf 1220 m über dem Meeresspiegel. Ganzjährig für die Öffentlichkeit geöffnet, dient er als Rentier­ beobachtungsstation. Der Bau wurde als „rigide Hülle mit organischem Kern“ gestaltet. Aufgrund der extremen Klimaverhältnisse wurde besonderer Wert auf Qualität und Haltbarkeit der Materialien gelegt. Der Innenausbau wurde mithilfe digitaler 3-D-Modelle aus 25 cm starken Vierkant­hölzern traditionell ausschliesslich mit Holzdübeln montiert. Für die Architekten bietet der Bau „im Wesentlichen Schutz. Die ‚Höhle’ mit integrierten Bänken ist ein Sinnbild für die Nähe zwischen Mensch und Landschaft.“

Foto © Ketil Jacobson

HOlzerne Hohle fUr Rentier­­beobachter

Rentier-Beobachtungspavillon, norwegen


GO HASEGAWA

LI XIAODONG

Die Außenwände des zweigeschossigen Hauses sind aus Eukalyptusholz, das Satteldach ist typisch für die Wohn­ gegend. Der Boden aus Kanthölzern sorgt für überraschende Durchblicke zwischen den Etagen. „Ich wollte Spannungsmomente und ein Gespür für den Raum erzeugen“, sagt Hasegawa.

„Mit der Pracht der Natur können wir es nicht aufnehmen,“ sagt Li Xiadong zum Standort dieser Bibliothek, in einem Dorf zwei Autostunden außerhalb von Peking. Der Architekt verwendete Holz aus der Umgebung für diesen lichtdurchfluteten atmosphärischen Innenraum.

—Go Hasegawa

— 79 —

Fotos © Li Xiaodong Atelier

Fotos © Iwan Baan

„Ich wusste intuitiv, dass ich Spannungs­momente schaffen musste.“

Haus IN LI YUAN biblioKOMAZAWA, Japan thek, China


GO HASEGAWA

LI XIAODONG

Die Außenwände des zweigeschossigen Hauses sind aus Eukalyptusholz, das Satteldach ist typisch für die Wohn­ gegend. Der Boden aus Kanthölzern sorgt für überraschende Durchblicke zwischen den Etagen. „Ich wollte Spannungsmomente und ein Gespür für den Raum erzeugen“, sagt Hasegawa.

„Mit der Pracht der Natur können wir es nicht aufnehmen,“ sagt Li Xiadong zum Standort dieser Bibliothek, in einem Dorf zwei Autostunden außerhalb von Peking. Der Architekt verwendete Holz aus der Umgebung für diesen lichtdurchfluteten atmosphärischen Innenraum.

—Go Hasegawa

— 79 —

Fotos © Li Xiaodong Atelier

Fotos © Iwan Baan

„Ich wusste intuitiv, dass ich Spannungs­momente schaffen musste.“

Haus IN LI YUAN biblioKOMAZAWA, Japan thek, China


—Philip Jodidio

Wood Architecture Now! 2 Mehr als 50 innovative Holzbauten Von Philip Jodidio, 416 Seiten € 39,99

WMR

Von wütenden Winden umtost, bietet diese komfortable Schutzhütte einem 360°-Panoramablick mit ge­schützten Terrassen, die durch ihre Ausrichtung optimal von den verschiedenen Tageszeiten profitieren. Fensterrahmen aus Metall und die großen Fensterflächen sind die Ausnahme in dem ansonsten weitgehend aus Holz gebauten Haus wie diese Treppe, die durch das Esszimmer zu schweben scheint.

Fotos © Sergio Pirrone

„Das Haus Ingrid ist letzt­ endlich nicht mehr als eine komfortable Schutzhütte mit einem 360°-Panoramablick an einer Steilküste zum Meer.“

INGRID HOUSE, Chile


—Philip Jodidio

Wood Architecture Now! 2 Mehr als 50 innovative Holzbauten Von Philip Jodidio, 416 Seiten € 39,99

WMR

Von wütenden Winden umtost, bietet diese komfortable Schutzhütte einem 360°-Panoramablick mit ge­schützten Terrassen, die durch ihre Ausrichtung optimal von den verschiedenen Tageszeiten profitieren. Fensterrahmen aus Metall und die großen Fensterflächen sind die Ausnahme in dem ansonsten weitgehend aus Holz gebauten Haus wie diese Treppe, die durch das Esszimmer zu schweben scheint.

Fotos © Sergio Pirrone

„Das Haus Ingrid ist letzt­ endlich nicht mehr als eine komfortable Schutzhütte mit einem 360°-Panoramablick an einer Steilküste zum Meer.“

INGRID HOUSE, Chile


Kochen wie ein Profi, speisen wie ein König Die Revolution der Kochkunst kommt zu Ihnen nach Hause

— 82 —

Neu

Modernist Cuisine at Home Für alle leidenschaftlichen und professionellen Köche, mit Rezepthandbuch, 676 Seiten € 99,99

— 83 —

Modernist Cuisine Laut Tim Zagat „das wichtigste Werk der Kochkunst seit Escoffier“ Sechs Bände, 2 478 Seiten € 399


Kochen wie ein Profi, speisen wie ein König Die Revolution der Kochkunst kommt zu Ihnen nach Hause

— 82 —

Neu

Modernist Cuisine at Home Für alle leidenschaftlichen und professionellen Köche, mit Rezepthandbuch, 676 Seiten € 99,99

— 83 —

Modernist Cuisine Laut Tim Zagat „das wichtigste Werk der Kochkunst seit Escoffier“ Sechs Bände, 2 478 Seiten € 399


Shelter Island, NY

JONATHAN ADLER & SIMON DOONAN

WER Adler (unten links) ist ein Einrich-

tungsguru und Raumgestalter aus New York, der seine Karriere als Töpfer begann. Doonan ist kreativer Sonderbotschafter der New Yorker Barneys-Kaufhäuser und Verfasser mehrerer Bücher über Leben und Stil. WAS Ein 307 m2 großer Bungalow­ neubau mit drei Schlafzimmern. WO An der Atlantikküste von Shelter Island. MITWIRKENDE

Das Paar arbeitete mit der Firma Gray Organschi Architecture aus Connecticut („Seelenverwandte“) und dem Bauunternehmer Carlos Routh aus den Hamptons („begeistert, intelligent, geduldig“) zusammen. GROSSE EHRE Im Jahr 2009 wurde Doonan von Präsident Obama und der First Lady eingeladen, das Weiße Haus für die Feiertage zu dekorieren. FERNSEHRUHM Adler war Mitglied der Jury in der Show Top Design auf Bravo. Doonans Memoiren Beautiful People wurden als BBC-Serie verfilmt. VIERBEINIGER FREUND Als es seinen munteren NorwichTerrier Liberace nannte, hatte das Paar (das 2008 in Kalifornien heiratete) einen konkreten Hintergedanken im Sinn: „Man muss die Erinnerung an exzentrische Spaßvögel wachhalten“, meinte Adler. Fotos: Powers; Produktion: Dominic Bradbury

wohnen mit Stil Auf Weltreise durch sensationell kreative Wohnräume


Shelter Island, NY

JONATHAN ADLER & SIMON DOONAN

WER Adler (unten links) ist ein Einrich-

tungsguru und Raumgestalter aus New York, der seine Karriere als Töpfer begann. Doonan ist kreativer Sonderbotschafter der New Yorker Barneys-Kaufhäuser und Verfasser mehrerer Bücher über Leben und Stil. WAS Ein 307 m2 großer Bungalow­ neubau mit drei Schlafzimmern. WO An der Atlantikküste von Shelter Island. MITWIRKENDE

Das Paar arbeitete mit der Firma Gray Organschi Architecture aus Connecticut („Seelenverwandte“) und dem Bauunternehmer Carlos Routh aus den Hamptons („begeistert, intelligent, geduldig“) zusammen. GROSSE EHRE Im Jahr 2009 wurde Doonan von Präsident Obama und der First Lady eingeladen, das Weiße Haus für die Feiertage zu dekorieren. FERNSEHRUHM Adler war Mitglied der Jury in der Show Top Design auf Bravo. Doonans Memoiren Beautiful People wurden als BBC-Serie verfilmt. VIERBEINIGER FREUND Als es seinen munteren NorwichTerrier Liberace nannte, hatte das Paar (das 2008 in Kalifornien heiratete) einen konkreten Hintergedanken im Sinn: „Man muss die Erinnerung an exzentrische Spaßvögel wachhalten“, meinte Adler. Fotos: Powers; Produktion: Dominic Bradbury

wohnen mit Stil Auf Weltreise durch sensationell kreative Wohnräume


Paris

Berlin

WER Der aus Deutschland stammende

WER Kunsthändler WAS Eine 450 m2 große Wohnung mit zwei Schlafzimmern. WO Oberstes Geschoss der ehemaligen Jüdischen Mädchenschule, erbaut 1927/28 von Gemeindebaumeister Alexander Beer in der Auguststraße in Berlin-Mitte. Fuchs renovierte das Gebäude aus rotem Backstein mit Grüntuch Ernst Architekten. RESTAURANTS In der früheren Turnhalle ist nun das schicke Restaurant Pauly Saal mit Bar untergebracht. Im Erdgeschoss gibt es zudem das Mogg & Melzer Delicatessen. LEBEN ÜBER DEM LADEN In seiner Galerie im dritten Obergeschoss stellt Fuchs unter anderem Werke von Howard Hodgkin, Frank Stella und Bernar Venet aus. Außerdem sind in dem Hotel das Museum The Kennedys, die CWC Gallery und das EIGEN + ART Lab untergebracht. DENKWÜRDIGSTE DESIGNERBEGEGNUNG „Eine Flasche Wein mit dem großen Dänen Verner Panton in seinem Raumschiff von einem Wohnzimmer in Basel getrunken zu haben.“ PEDALKRAFT Gleich nachdem er eingezogen war, fuhr Fuchs mit seinem Fahrrad über den 40 m langen Flur. „Ich fühlte mich wie ein Acht- oder Neunjähriger, der etwas tat, was seine Eltern ganz gewiss nicht erfahren durften“, erzählt er lachend. Foto: Hiepler, Brunier; Gestaltung: Stephan Meyer

BERNHARD WILLHELM Modeschöpfer Bernhard Willhelm. WAS Seine 40 m2 Atelierwohnung mit einer Terrasse gleicher Größe in einem Gebäude aus dem Jahr 1972. WO Im 11. Arrondissement in der Nähe der Kirche Saint-Ambroise. KONZEPT „Meine Welt als Wille und Vorstellung, um Schopenhauer zu zitieren“, erklärt Willhelm. SEINE KOMPLIZEN Efe Erenler, Innenarchitekt mit Sitz in Berlin (vormals bei Erenler Bauer), der schon früh mit dem Bauen begann: „Mein Vater sagt: ,Efe, als du drei warst, hast du schon versucht mir den Bohrer aus der Hand zu nehmen.‘“ Der Pariser Architekt Caspar Muschalek lobt die Zusammenarbeit bei diesem Projekt: „Unsere Rolle bestand darin sicherzustellen, dass sich Herr Willhelms zahlreiche Ideen festigen und herausschälen konnten und dann fachmännisch umgesetzt werden konnten.“ Er und Erenler arbeiteten auch bei der Innenraumgestaltung der SessùnBoutiquen in Paris und Berlin zusammen. UNMÖGLICH Willhelm schlug vor, die riesige Marmorplatte für sein Badezimmer per Hubschrauber einzufliegen. „Ich sagte: ,Wir müssten Daniel Craig als Piloten haben, um dafür eine Genehmigung zu erhalten‘“, lacht Erenler. WACHSEN LASSEN Entgegen allen Erwartungen legte der ungestüme und schrullige Willhelm mit Hilfe der befreundeten Künstlerin Nadine Stich auf der Terrasse einen zier­ lichen Rosengarten an.

MICHAEL FUCHS

SÃo Paulo

PAULO MENDES DA ROCHA WER Führende Figur der Paulista-Schule der brasilianischen Architektur, Pritzker-Preisträger 2006.

WAS Ein 400 m2 großes Haus mit vier Schlafzimmern, erbaut 1969 und renoviert zwischen 2008 und 2010. WO Vor einem Steilhang im vornehmen grünen Stadtteil Pacaembu. DER AUFTRAGGEBER Houssein Jarouche, Inhaber des Design-Warenhauses MiCasa in São Paulo, das sich über drei Gebäude erstreckt – er gab eines beim angesagten Architek­ turbüro Triptych in Auftrag und eines bei Marcio Kogan. HEIMATNAH Nahezu alle großen Bauvorhaben von Mendes da Rocha lagen in São Paulo, darunter das Brasilianische Skulpturenmuseum und die St.-Peters-Kapelle. JUNGGEBLIEBEN „Paulo ist 45 Jahre älter als ich,“ sagt Jarouche, „aber ich habe das Gefühl, wir sind gleich alt, weil er so modern ist.“ MENDES ÜBER STIL „Ich glaube, alles Überflüssige verwirrt.“ MENDES ÜBER DAS LEBEN „Der Gang zur Schule ist der Anfang des Lebens als Bürger. Sein Kind zu fahren ist ein Verbrechen.“ Foto: Piero Gemelli; Gestaltung: Beatrice Rossetti; Porträt: Paulo Mendes da Rocha, Jr.

Foto: Jan Bitter; Porträt: Juergen Teller — 86 —

— 87 —


Paris

Berlin

WER Der aus Deutschland stammende

WER Kunsthändler WAS Eine 450 m2 große Wohnung mit zwei Schlafzimmern. WO Oberstes Geschoss der ehemaligen Jüdischen Mädchenschule, erbaut 1927/28 von Gemeindebaumeister Alexander Beer in der Auguststraße in Berlin-Mitte. Fuchs renovierte das Gebäude aus rotem Backstein mit Grüntuch Ernst Architekten. RESTAURANTS In der früheren Turnhalle ist nun das schicke Restaurant Pauly Saal mit Bar untergebracht. Im Erdgeschoss gibt es zudem das Mogg & Melzer Delicatessen. LEBEN ÜBER DEM LADEN In seiner Galerie im dritten Obergeschoss stellt Fuchs unter anderem Werke von Howard Hodgkin, Frank Stella und Bernar Venet aus. Außerdem sind in dem Hotel das Museum The Kennedys, die CWC Gallery und das EIGEN + ART Lab untergebracht. DENKWÜRDIGSTE DESIGNERBEGEGNUNG „Eine Flasche Wein mit dem großen Dänen Verner Panton in seinem Raumschiff von einem Wohnzimmer in Basel getrunken zu haben.“ PEDALKRAFT Gleich nachdem er eingezogen war, fuhr Fuchs mit seinem Fahrrad über den 40 m langen Flur. „Ich fühlte mich wie ein Acht- oder Neunjähriger, der etwas tat, was seine Eltern ganz gewiss nicht erfahren durften“, erzählt er lachend. Foto: Hiepler, Brunier; Gestaltung: Stephan Meyer

BERNHARD WILLHELM Modeschöpfer Bernhard Willhelm. WAS Seine 40 m2 Atelierwohnung mit einer Terrasse gleicher Größe in einem Gebäude aus dem Jahr 1972. WO Im 11. Arrondissement in der Nähe der Kirche Saint-Ambroise. KONZEPT „Meine Welt als Wille und Vorstellung, um Schopenhauer zu zitieren“, erklärt Willhelm. SEINE KOMPLIZEN Efe Erenler, Innenarchitekt mit Sitz in Berlin (vormals bei Erenler Bauer), der schon früh mit dem Bauen begann: „Mein Vater sagt: ,Efe, als du drei warst, hast du schon versucht mir den Bohrer aus der Hand zu nehmen.‘“ Der Pariser Architekt Caspar Muschalek lobt die Zusammenarbeit bei diesem Projekt: „Unsere Rolle bestand darin sicherzustellen, dass sich Herr Willhelms zahlreiche Ideen festigen und herausschälen konnten und dann fachmännisch umgesetzt werden konnten.“ Er und Erenler arbeiteten auch bei der Innenraumgestaltung der SessùnBoutiquen in Paris und Berlin zusammen. UNMÖGLICH Willhelm schlug vor, die riesige Marmorplatte für sein Badezimmer per Hubschrauber einzufliegen. „Ich sagte: ,Wir müssten Daniel Craig als Piloten haben, um dafür eine Genehmigung zu erhalten‘“, lacht Erenler. WACHSEN LASSEN Entgegen allen Erwartungen legte der ungestüme und schrullige Willhelm mit Hilfe der befreundeten Künstlerin Nadine Stich auf der Terrasse einen zier­ lichen Rosengarten an.

MICHAEL FUCHS

SÃo Paulo

PAULO MENDES DA ROCHA WER Führende Figur der Paulista-Schule der brasilianischen Architektur, Pritzker-Preisträger 2006.

WAS Ein 400 m2 großes Haus mit vier Schlafzimmern, erbaut 1969 und renoviert zwischen 2008 und 2010. WO Vor einem Steilhang im vornehmen grünen Stadtteil Pacaembu. DER AUFTRAGGEBER Houssein Jarouche, Inhaber des Design-Warenhauses MiCasa in São Paulo, das sich über drei Gebäude erstreckt – er gab eines beim angesagten Architek­ turbüro Triptych in Auftrag und eines bei Marcio Kogan. HEIMATNAH Nahezu alle großen Bauvorhaben von Mendes da Rocha lagen in São Paulo, darunter das Brasilianische Skulpturenmuseum und die St.-Peters-Kapelle. JUNGGEBLIEBEN „Paulo ist 45 Jahre älter als ich,“ sagt Jarouche, „aber ich habe das Gefühl, wir sind gleich alt, weil er so modern ist.“ MENDES ÜBER STIL „Ich glaube, alles Überflüssige verwirrt.“ MENDES ÜBER DAS LEBEN „Der Gang zur Schule ist der Anfang des Lebens als Bürger. Sein Kind zu fahren ist ein Verbrechen.“ Foto: Piero Gemelli; Gestaltung: Beatrice Rossetti; Porträt: Paulo Mendes da Rocha, Jr.

Foto: Jan Bitter; Porträt: Juergen Teller — 86 —

— 87 —


New York DOUG MEYER

WER New Yorker Raumgestalter. WAS Die 167 m2 große Maisonnette-Mietwohnung der Modeschöpferin Sylvia Heisel und ihres Ehemanns, des Bildhauers Scott Taylor. WO In einem Neubau in Chelsea. KOMPLIZEN Heisel und Taylor erschaffen neodadaistische Kunstinstallationen wie das Labyrinth aus großen weißen Ballons, das 2012 bei einer Ausstellung im Pacific Design Center in West Hollywood zu einem „Wolkenraum“ führte. FRÜHERES LEBEN In den 1990er Jahren betrieb Meyer einen Zeitungskiosk in South Beach, Miami. Gianni Versace kaufte dort regelmäßig seinen Corriere della Sera. JETZIGES LEBEN Mit seinem Bruder Gene entwirft Meyer auch Haushaltswaren und Modeaccessoires. AUFGEPOPPT Bei den meisten anderen seiner Projekte bevorzugt Meyer grelle Farben. Als Kind bat er seine Mutter um ein Schlafzimmer ganz in Rosa. Verwandlungskünstler Er ändert die Ausstattung seiner eigenen Wohnung jedes Jahr. Kürzlich waren die Wände mit einem Flickenteppich aus 3.000 farbigen Blättern Papier bedeckt.

Fotos: Mark Roskans/Agentur Tripod

Lissabon

JAVIER CARRASCO GONZALEZ & JUAN DE MAYORALGO WER In Lissabon ansässiges spanisches Raumgestalter-Duo. WAS Das BaixaHaus, ein Gebäude aus dem 18. Jahrhundert, das von dem einheimischen Architekten José Adrião renoviert und anschließend zu einer Pension mit 12 Ferienwohnungen mit Service umgebaut wurde, die in der Fläche von 55 bis 90 m2 reichen. WO Im Herzen der historischen Unterstadt, der Baixa Pombalina. AUFTRAGGEBER Der spanische Landschaftsarchitekt Jesús Moraime, dem das Hotel gehört. HANDWERKER De Mayoralgo (unten rechts) erlernte traditionelle Webkunst in einer Fabrik in der Region Alentejo, während sein Partner bei einem Lissabonner Schneider das Nähen lernte. VOLLENDETE PROJEKTE Dazu gehören Wohnungen in Madrid und in den Schweizer Alpen, eine Villa auf La Palma (Kanaren) und das nüchtern schicke Restaurant Altair in Mérida (Spanien). IHR TIP FÜR LISSABON Für den ersten Besuch empfiehlt Carrasco González (unten links) einen Abend in einem Fado-Variété in Alfama: „Nichts veran-

London

SALLY MACKERETH WER Mitinhaberin des Londoner Architekturbüros Wells Mackereth.

WAS Eine 330 m2 große Wohnung mit einem Schlafzimmer, die sich

schaulicht besser die Seele des portugiesischen Volkes.“ De Mayoralgo schlägt „eine Bootsfahrt auf dem Tejo [vor], um die Stadt aus einem völlig anderen Blickwinkel zu sehen.“ Foto: Ana Paula Carvalho; Gestaltung und Porträt: María Ulecia — 88 —

über zwei verschiedene Gebäude erstreckt – ein brandneues Hochhaus und eine vermutlich viktorianische Remise. WO Der Londoner Bezirk Little Venice (Klein-Venedig). DER AUFTRAGGEBER Als Sohn eines sudanesischen Telekommoguls ist Hosh Ibrahim nicht nur ein zum Projektentwickler mutierter Ex-Schauspieler, sondern auch ein großer Fan zeitgenössischer Architektur. Der gutaussehende und tadellos gekleidete junge Mann zahlte einst bei einer Wohltätigkeitsauktion ein kleines Vermögen, um Supermodel Kate Moss küssen zu dürfen. MODERNISMUSINSPIRATION Mackereth bewundert die kühnen Wohnhäuser des Architekten John Lautner, den sie als Studentin auf einer Reise nach Kalifornien kennenlernte. MINIMALISMUS-FAN John Pawson nannte das Haus in Little Venice „zauberhaft und einfallsreich“. LASS WORTEN TATEN FOLGEN Bei ihren Bauherren streben Wells Mackereth nach „anregenden Räumen, die so gestaltet sind, dass sie begeistern und aufbauen“. Unter dem gleichen Leitgedanken bauten Mackereth und ihr Ehemann einen Leuchtturm in Norfolk zu ihrem Wochenenddomizil um. Foto: Simon Upton ©The World of Interiors; Porträt: Simon Bevan — 89 —

Interiors Now 3 34 stylische Wohnungen aus aller Welt. Herausgegeben von Margit J. Mayer, 356 Seiten € 39,99


New York DOUG MEYER

WER New Yorker Raumgestalter. WAS Die 167 m2 große Maisonnette-Mietwohnung der Modeschöpferin Sylvia Heisel und ihres Ehemanns, des Bildhauers Scott Taylor. WO In einem Neubau in Chelsea. KOMPLIZEN Heisel und Taylor erschaffen neodadaistische Kunstinstallationen wie das Labyrinth aus großen weißen Ballons, das 2012 bei einer Ausstellung im Pacific Design Center in West Hollywood zu einem „Wolkenraum“ führte. FRÜHERES LEBEN In den 1990er Jahren betrieb Meyer einen Zeitungskiosk in South Beach, Miami. Gianni Versace kaufte dort regelmäßig seinen Corriere della Sera. JETZIGES LEBEN Mit seinem Bruder Gene entwirft Meyer auch Haushaltswaren und Modeaccessoires. AUFGEPOPPT Bei den meisten anderen seiner Projekte bevorzugt Meyer grelle Farben. Als Kind bat er seine Mutter um ein Schlafzimmer ganz in Rosa. Verwandlungskünstler Er ändert die Ausstattung seiner eigenen Wohnung jedes Jahr. Kürzlich waren die Wände mit einem Flickenteppich aus 3.000 farbigen Blättern Papier bedeckt.

Fotos: Mark Roskans/Agentur Tripod

Lissabon

JAVIER CARRASCO GONZALEZ & JUAN DE MAYORALGO WER In Lissabon ansässiges spanisches Raumgestalter-Duo. WAS Das BaixaHaus, ein Gebäude aus dem 18. Jahrhundert, das von dem einheimischen Architekten José Adrião renoviert und anschließend zu einer Pension mit 12 Ferienwohnungen mit Service umgebaut wurde, die in der Fläche von 55 bis 90 m2 reichen. WO Im Herzen der historischen Unterstadt, der Baixa Pombalina. AUFTRAGGEBER Der spanische Landschaftsarchitekt Jesús Moraime, dem das Hotel gehört. HANDWERKER De Mayoralgo (unten rechts) erlernte traditionelle Webkunst in einer Fabrik in der Region Alentejo, während sein Partner bei einem Lissabonner Schneider das Nähen lernte. VOLLENDETE PROJEKTE Dazu gehören Wohnungen in Madrid und in den Schweizer Alpen, eine Villa auf La Palma (Kanaren) und das nüchtern schicke Restaurant Altair in Mérida (Spanien). IHR TIP FÜR LISSABON Für den ersten Besuch empfiehlt Carrasco González (unten links) einen Abend in einem Fado-Variété in Alfama: „Nichts veran-

London

SALLY MACKERETH WER Mitinhaberin des Londoner Architekturbüros Wells Mackereth.

WAS Eine 330 m2 große Wohnung mit einem Schlafzimmer, die sich

schaulicht besser die Seele des portugiesischen Volkes.“ De Mayoralgo schlägt „eine Bootsfahrt auf dem Tejo [vor], um die Stadt aus einem völlig anderen Blickwinkel zu sehen.“ Foto: Ana Paula Carvalho; Gestaltung und Porträt: María Ulecia — 88 —

über zwei verschiedene Gebäude erstreckt – ein brandneues Hochhaus und eine vermutlich viktorianische Remise. WO Der Londoner Bezirk Little Venice (Klein-Venedig). DER AUFTRAGGEBER Als Sohn eines sudanesischen Telekommoguls ist Hosh Ibrahim nicht nur ein zum Projektentwickler mutierter Ex-Schauspieler, sondern auch ein großer Fan zeitgenössischer Architektur. Der gutaussehende und tadellos gekleidete junge Mann zahlte einst bei einer Wohltätigkeitsauktion ein kleines Vermögen, um Supermodel Kate Moss küssen zu dürfen. MODERNISMUSINSPIRATION Mackereth bewundert die kühnen Wohnhäuser des Architekten John Lautner, den sie als Studentin auf einer Reise nach Kalifornien kennenlernte. MINIMALISMUS-FAN John Pawson nannte das Haus in Little Venice „zauberhaft und einfallsreich“. LASS WORTEN TATEN FOLGEN Bei ihren Bauherren streben Wells Mackereth nach „anregenden Räumen, die so gestaltet sind, dass sie begeistern und aufbauen“. Unter dem gleichen Leitgedanken bauten Mackereth und ihr Ehemann einen Leuchtturm in Norfolk zu ihrem Wochenenddomizil um. Foto: Simon Upton ©The World of Interiors; Porträt: Simon Bevan — 89 —

Interiors Now 3 34 stylische Wohnungen aus aller Welt. Herausgegeben von Margit J. Mayer, 356 Seiten € 39,99


Komplexe Klarheit

Belgien

Das in eine Hofanlage integrierte Projekt umfasste auch die Sanierung und Erweiterung verschiedener Altbauten, um ein Wohnhaus und eine Galerie zu schaffen. Álvaro Siza griff die Formensprache der ländlichen Architektur auf und entwarf schlichte, „unprätentiöse“ Gebäude. Ungewöhnlich ist unter anderem seine Entscheidung, den Neubau mit einer vertikalen Verblendung aus Zedernholz und einer Dachhaut aus Blei zu versehen. Die geringe Durchfensterung ist ein häufiges Merkmal bei Sizas Entwürfen, korrespondiert hier jedoch auch mit älteren Gebäuden auf dem Areal. Die Fenster wurden auf belgische Lichtverhältnisse zugeschnitten, die sich grundlegend von denen in Portugal unterscheiden.

Foto © FG+SG fotografia de arquitectura

Fotos © Duccio Malagamba

TASCHEN feiert Portugals Meisterarchitekten Álvaro Siza

Haus IN OUDENBURG

XL

Format

„Das Entscheidende ist das Zusammen­spiel dieser Geometrie mit den natürlichen Elementen und die Transformation der Landschaft.“ —Álvaro Siza

Álvaro Siza. Complete Works 1952–2013 Entstanden in enger Zusammenarbeit mit dem Architekten. Von Philip Jodidio, 500 Seiten € 99,99


Komplexe Klarheit

Belgien

Das in eine Hofanlage integrierte Projekt umfasste auch die Sanierung und Erweiterung verschiedener Altbauten, um ein Wohnhaus und eine Galerie zu schaffen. Álvaro Siza griff die Formensprache der ländlichen Architektur auf und entwarf schlichte, „unprätentiöse“ Gebäude. Ungewöhnlich ist unter anderem seine Entscheidung, den Neubau mit einer vertikalen Verblendung aus Zedernholz und einer Dachhaut aus Blei zu versehen. Die geringe Durchfensterung ist ein häufiges Merkmal bei Sizas Entwürfen, korrespondiert hier jedoch auch mit älteren Gebäuden auf dem Areal. Die Fenster wurden auf belgische Lichtverhältnisse zugeschnitten, die sich grundlegend von denen in Portugal unterscheiden.

Foto © FG+SG fotografia de arquitectura

Fotos © Duccio Malagamba

TASCHEN feiert Portugals Meisterarchitekten Álvaro Siza

Haus IN OUDENBURG

XL

Format

„Das Entscheidende ist das Zusammen­spiel dieser Geometrie mit den natürlichen Elementen und die Transformation der Landschaft.“ —Álvaro Siza

Álvaro Siza. Complete Works 1952–2013 Entstanden in enger Zusammenarbeit mit dem Architekten. Von Philip Jodidio, 500 Seiten € 99,99


behind the cover discover art through artcurial’s catalogues, French leading auction house visit www.artcurial.com email catalogue@artcurial.com

Je t’aime ... moi non plus Das private Fotoalbum von Jane und Serge, zusammengestellt von Janes Bruder Andrew


behind the cover discover art through artcurial’s catalogues, French leading auction house visit www.artcurial.com email catalogue@artcurial.com

Je t’aime ... moi non plus Das private Fotoalbum von Jane und Serge, zusammengestellt von Janes Bruder Andrew


Liebe auf den ersten Blick Als mir Andrew Birkin seine Bilder von Jane und Serge zeigte, war es Liebe auf den ersten Blick. Ganz anders, wie sich herausstellte, als das, was die junge Jane empfand, als sie Serge kennenlernte: Anfangs fand sie ihn ungehobelt, sogar „grässlich“, wie Andrew sich erinnert. Das offenher­zige englische Mädchen und der sardonische, kettenrauchende Dichter und Musiker, 18 Jahre älter als sie, bildeten wirklich ein seltsames Paar — aber ein Paar waren sie. Es war in vieler Hinsicht eine hochgradig öffent­ liche Liebesgeschichte: Die leiden­ schaftliche Beziehung zwischen Jane und Serge wurde mit Fans in Form einiger ziemlich heißer Songs geteilt, mit einem kompletten Konzept­album und durch ständig neue Presseberich­ te. Janes Französisch mit englischem Akzent und ihre schüchterne Unschuld waren der perfekte Gegenpart zu Serges düsterem, kühnem Habitus; als Paar wurden und werden sie noch immer verehrt. Soviel Legendenbildung die Geschich­ te von Jane und Serge auch umrankt, so wenig zeigt sich davon auf Andrews Fotografien. Es sind Schnappschüsse, die ein liebender Bruder von seiner Schwester, ihrem französischen Freund, ihren Familien und Freunden gemacht hat — nicht mehr, doch gleich­ zeitig so viel mehr. Jane ist ein Mäd­ chen, dann eine junge Frau, dann eine liebende Frau, dann eine Mutter — aber immer Jane. Ihre Ausstrahlung ist offenkundig, wie die Zuneigung, die Andrew ihr entgegenbringt. Serge ist herzlich, impulsiv, waghalsig — und Andrews Zuneigung für ihn ebenso augenfällig. In diesem Buch geht es um Liebe. Wir sehen sie vor dem Objektiv und spüren, dass sie auch hinter der Kamera empfunden wird — so, wie es bei einem Familienalbum sein sollte. Alison Castle, Paris, 2013

Jane & Serge. A Family Album Mit Poster, Sticker und verschiedenen Gimmicks. Herausgegeben von Alison Castle, 172 Seiten € 39,99


Liebe auf den ersten Blick Als mir Andrew Birkin seine Bilder von Jane und Serge zeigte, war es Liebe auf den ersten Blick. Ganz anders, wie sich herausstellte, als das, was die junge Jane empfand, als sie Serge kennenlernte: Anfangs fand sie ihn ungehobelt, sogar „grässlich“, wie Andrew sich erinnert. Das offenher­zige englische Mädchen und der sardonische, kettenrauchende Dichter und Musiker, 18 Jahre älter als sie, bildeten wirklich ein seltsames Paar — aber ein Paar waren sie. Es war in vieler Hinsicht eine hochgradig öffent­ liche Liebesgeschichte: Die leiden­ schaftliche Beziehung zwischen Jane und Serge wurde mit Fans in Form einiger ziemlich heißer Songs geteilt, mit einem kompletten Konzept­album und durch ständig neue Presseberich­ te. Janes Französisch mit englischem Akzent und ihre schüchterne Unschuld waren der perfekte Gegenpart zu Serges düsterem, kühnem Habitus; als Paar wurden und werden sie noch immer verehrt. Soviel Legendenbildung die Geschich­ te von Jane und Serge auch umrankt, so wenig zeigt sich davon auf Andrews Fotografien. Es sind Schnappschüsse, die ein liebender Bruder von seiner Schwester, ihrem französischen Freund, ihren Familien und Freunden gemacht hat — nicht mehr, doch gleich­ zeitig so viel mehr. Jane ist ein Mäd­ chen, dann eine junge Frau, dann eine liebende Frau, dann eine Mutter — aber immer Jane. Ihre Ausstrahlung ist offenkundig, wie die Zuneigung, die Andrew ihr entgegenbringt. Serge ist herzlich, impulsiv, waghalsig — und Andrews Zuneigung für ihn ebenso augenfällig. In diesem Buch geht es um Liebe. Wir sehen sie vor dem Objektiv und spüren, dass sie auch hinter der Kamera empfunden wird — so, wie es bei einem Familienalbum sein sollte. Alison Castle, Paris, 2013

Jane & Serge. A Family Album Mit Poster, Sticker und verschiedenen Gimmicks. Herausgegeben von Alison Castle, 172 Seiten € 39,99


„Wenn Superhelden existierten, dann müssten sie so aussehen, wie ich sie zeichne.“

Der Superheld im Raumfahrtzeitalter Ein Exklusivinterview mit Neal Adams, geführt von Paul Levitz

— Neal Adams

Neal Adams veränderte im Laufe seiner legendären Karriere Comics, indem er den Einfluss der dynamischen Illustration stärkte. Als Zeichner von Heften, die Batman aus der Ära der übertriebenen Theatralik herausführten, legte er den Stil des Detektivs und „Dunklen Ritters“ für

eine ganze Generation von Zeichnern und Filmemachern fest. In seinen Comics Green Lantern/Green Arrow, die er mit Texter Denny O’Neil schuf, ergänzte er gesellschaftlich relevante Themen durch visuelle Dramatik, und er setzte sich unermüdlich für die Rechte der Künstler und Autoren ein. Am 6. Januar 2012 traf sich Paul Levitz mit Neal Adams in dessen Atelier, Continuity Associates, zu diesem Exklusivinterview. Das Continuity-Atelier ist einer der sagenumwobenen Orte der ComicGeschichte, dank der Unzahl von Talenten, die hier entdeckt wurden, dank der unglaublich legeren Arbeitsatmosphäre und dank seines legendären Eigentümers, dessen Arbeit von den Comics ausgehend die Werbung und die Neuen Medien eroberte und der kürzlich wieder zu jenen Bildseiten zurückkehrte, die er so liebt. Sie waren so viel jünger als all Ihre Kollegen, als Sie bei DC anfingen. Ich war so viel jünger als alle Menschen auf der Erde. Ich hatte von Leuten wie Joe Kubert gehört, die sehr jung begonnen hatten, aber als ich anfing, waren die alle längst

Sämtliche verwandten Charaktere und Elemente sind Markenzeichen und © DC Comics.

(s13)

— 97 —

erwachsen geworden. Ich begann mit 18 Comics und andere Kunst zu zeichnen, praktisch als ich aus der High School kam. Wie war der Einstieg in die ComicBranche 1960? Ich ging zu den Werbe-Comics, weil die Tür zu den Comicheften verschlossen war. Der einzige Grund, weshalb ich bei Archie Comics anfing, war, dass ich versuchte, meine Arbeiten Jack Kirby oder Joe Simon zu zeigen, aber sie waren nicht da. Ich fertigte Arbeitsproben an, brachte sie vorbei und versuchte, Jack oder Joe zu treffen, aber sie waren wieder nicht da. Linke Seite: Foto aus dem Jahresbericht von National Periodical, 1964. „Die Gruppe von Jugendlichen, die hier vor dem farbenfrohen Hintergrund [des Gebäudes] der Vereinten Nationen sitzt, symbolisiert die weltweite Attrak­ tivität der Unterhaltungsmagazine, die von National Periodical veröffentlicht werden.  … Kinder geben dafür in 48 Ländern Pennys, Pence, Centavos, Drachmen, Pfennige, Lire, Rupien, Finnmark, Cruzeiros und Dinare aus.“ – Jack Liebowitz, im Bericht des Vorstandsvor­ sitzenden aus dem Jahresbericht 1964 von National Periodical Unten: Strange Adventures Nr. 208, TitelbildOriginalzeichnung, Neal Adams, Januar 1968.


„Wenn Superhelden existierten, dann müssten sie so aussehen, wie ich sie zeichne.“

Der Superheld im Raumfahrtzeitalter Ein Exklusivinterview mit Neal Adams, geführt von Paul Levitz

— Neal Adams

Neal Adams veränderte im Laufe seiner legendären Karriere Comics, indem er den Einfluss der dynamischen Illustration stärkte. Als Zeichner von Heften, die Batman aus der Ära der übertriebenen Theatralik herausführten, legte er den Stil des Detektivs und „Dunklen Ritters“ für

eine ganze Generation von Zeichnern und Filmemachern fest. In seinen Comics Green Lantern/Green Arrow, die er mit Texter Denny O’Neil schuf, ergänzte er gesellschaftlich relevante Themen durch visuelle Dramatik, und er setzte sich unermüdlich für die Rechte der Künstler und Autoren ein. Am 6. Januar 2012 traf sich Paul Levitz mit Neal Adams in dessen Atelier, Continuity Associates, zu diesem Exklusivinterview. Das Continuity-Atelier ist einer der sagenumwobenen Orte der ComicGeschichte, dank der Unzahl von Talenten, die hier entdeckt wurden, dank der unglaublich legeren Arbeitsatmosphäre und dank seines legendären Eigentümers, dessen Arbeit von den Comics ausgehend die Werbung und die Neuen Medien eroberte und der kürzlich wieder zu jenen Bildseiten zurückkehrte, die er so liebt. Sie waren so viel jünger als all Ihre Kollegen, als Sie bei DC anfingen. Ich war so viel jünger als alle Menschen auf der Erde. Ich hatte von Leuten wie Joe Kubert gehört, die sehr jung begonnen hatten, aber als ich anfing, waren die alle längst

Sämtliche verwandten Charaktere und Elemente sind Markenzeichen und © DC Comics.

(s13)

— 97 —

erwachsen geworden. Ich begann mit 18 Comics und andere Kunst zu zeichnen, praktisch als ich aus der High School kam. Wie war der Einstieg in die ComicBranche 1960? Ich ging zu den Werbe-Comics, weil die Tür zu den Comicheften verschlossen war. Der einzige Grund, weshalb ich bei Archie Comics anfing, war, dass ich versuchte, meine Arbeiten Jack Kirby oder Joe Simon zu zeigen, aber sie waren nicht da. Ich fertigte Arbeitsproben an, brachte sie vorbei und versuchte, Jack oder Joe zu treffen, aber sie waren wieder nicht da. Linke Seite: Foto aus dem Jahresbericht von National Periodical, 1964. „Die Gruppe von Jugendlichen, die hier vor dem farbenfrohen Hintergrund [des Gebäudes] der Vereinten Nationen sitzt, symbolisiert die weltweite Attrak­ tivität der Unterhaltungsmagazine, die von National Periodical veröffentlicht werden.  … Kinder geben dafür in 48 Ländern Pennys, Pence, Centavos, Drachmen, Pfennige, Lire, Rupien, Finnmark, Cruzeiros und Dinare aus.“ – Jack Liebowitz, im Bericht des Vorstandsvor­ sitzenden aus dem Jahresbericht 1964 von National Periodical Unten: Strange Adventures Nr. 208, TitelbildOriginalzeichnung, Neal Adams, Januar 1968.


Ich tat das dreimal, und schließlich verband man mich telefonisch mit Joe: „Junge, ich hab deine Arbeit gesehen. Das Zeug ist gut. Ich muss dir sagen, ich würde dich nehmen, aber ich tu dir den größtmöglichen Gefallen, und du wirst es nicht als Gefallen sehen, aber du musst dir einen Job in der Werbung

„Carmine – kühn, aber groß­ zügig. Was meine ich mit großzügig? Seine Hintergründe setzten sich bis in alle Ewigkeit fort. Völlig unrealistisch, klar, aber wunderbar.“ — Neal Adams

suchen. Später wirst du mir dafür dankbar sein. Ich erteile dir eine Absage. Tut mir leid.“ Ich sagte: „Danke, Mr.  Simon“ und legte auf. Victor Gorelick, der dabei war, sah die Tragödie in meinen Augen, und sagte:

„Möchtest du vielleicht Archie-Comics machen?“ „Ja, ich mache alles!“ Und so begann ich, Archie-Comics zu schreiben und zu zeichnen. Ich machte Werbe-Comics für die Werbeagentur Johnstone and Cushing sowie Storyboards. Ich zeichnete dreieinhalb Jahre lang den Zeitungsstrip Ben Casey für den Syndikationsvertrieb. Als ich den Strip aufgab, überlegte ich, zu DC Comics zu gehen, aber der Gedanke, Kerle in Strumpfhosen zu zeichnen, schreckte mich ab. Wenn nicht DC, wo dann? Ich ging zu Warren, die mit Archie Goodwin aufgemacht hatten, einem total netten Typen. Ich steckte so viel Arbeit in meine Warren-Aufträge … Jeder einzelne wurde in einer anderen Technik und in einem anderen Stil umgesetzt. Man sieht, dass jeder in eine vollkommen andere Richtung geht, als hätte ich mich in einen anderen Zeichner verwandelt. Eine wunderbare Lebensweise, aber nicht so gut als Lebensunterhalt. Oben: Neal Adams, Dezember 1967. Adams’ Begabung für Porträt­zeichnungen erkennt man auf diesem Titelbild für Strange Adventures, auf dem viele der abgebildeten Gesichter DC-Mitarbeitern gehören: 1) Joe Letterese, 2) Jay Scott Pike, 3) Ira Schnapp, 4) Jerry Serpe, 5) Jack Miller, 6) Jack Adler, 10) Ed Eisenberg. Andere Gesichter (7) zeichnete der Künstler im Stil von Lee Elias, wieder andere (8) entwickelten sich später zu seinen Entwürfen für den BatmanBösewicht Rā’s al Ghūl. Adams identifizierte ein Gesicht (9) als Gott.

Sie blieben nicht lange bei Warren. Was kam als Nächstes? Ich traf mich mit diesem Typen, Kanigher, bei DC und begann, Kriegsgeschichten zu zeichnen, was ich immer schon tun wollte. Als ich Teenager war, waren die besten Zeichner der Branche Heath, Kubert und Drucker, die wundervolle Kriegsgeschichten gezeichnet hatten. Hier hatte ich meine Chance, all diese Stile zusammenzuwerfen, um selbst Kriegsgeschichten zu zeichnen. Und am Schreibtisch gegenüber von Kanigher saß Julie Schwartz – der bär­ beißige, brummige, griesgrämige Julie Schwartz … Ich kann nicht sagen, woran es lag, dass Julie mir etwas gab, was mir niemand anderes im Büro gegeben hätte: Er bot mir eine Geschichte für Elongated Man an – eine Superheldengeschichte. Das war sehr riskant, aber es war erst ganz am Anfang, als Marvel begann, etwas zu machen. Es lag in der Luft, dass DC etwas tun sollte. Julie war der Erste, indem er mich diese Elongated-Man-Story zeichnen ließ. Er gab mir noch andere Geschichten, z. B. Spectre. Und dann kam Deadman … Die Sache mit Deadman war, dass Arnold Drake die Reihe begonnen hatte. Arnold fiel immer wieder in Ungnade bei DC und konnLinks: Strange Adventures Nr.  207 Titelbild, Neal Adams, Dezember 1967. Rechte Seite: Foto während der Dreharbeiten, Sammy Davis Jr. mit Burt Ward und Adam West bei den Aufnahmen zu Batman, 1966. — 98 —

te sich dann rehabilitieren. Er wollte eine Gewerkschaft aufmachen … Wenn ich davon gewusst hätte und sie zu mir gekommen wären, dann hätte ich das Problem vermutlich gelöst, weil ich auf politische Art sehr apolitisch bin. Ich mach’s auf freundliche Art … diplomatisch … „Wir müssen das jetzt nicht klären, es ist gut … Trinken wir einen Kaffee.“ Ich bin kein Drängler, aber ich habe mehr Ausdauer als die meisten Menschen. Sie übernahmen Deadman, als Carmine Infantino als künstlerischer Leiter in die Redaktion wechselte und im Unternehmen Änderungen vornahm. Deadman war für Sie noch mehr als Spectre ein Spielfeld für Experimente, auf dem Sie durch eine neuartige Komposition von Bildern und Seiten alle bisherigen DC-Regeln brachen. Wenn man diese Dinge einzeln betrachtet, dann sind sie interessant. Wenn man aber

Deadman als Ganzes betrachtet, dann wird es zu einer einzigen Geschichte: einzelne Abenteuer, die eine Geschichte ergeben. So wurde sie zum illustrierten Roman, einer langen Erzählform, das war für Comic-Hefte zur damaligen Zeit nicht üblich. Sie überließen mir ein Zimmer, und ich stellte einen Projektor hinein. Dann kamen Typen herein, gingen an der Eingangstür vorbei, und ich verteilte sie an verschiedene Redakteure: „Julie, das ist Bernie Wrightson. Er ist ein guter Zeichner.“ „Ich habe alle, die ich brauche.“ Ich gehe runter, Joe Orlando wird eingestellt, und ich stelle ihm Bernie vor. Was Sie hier beschreiben, wo Sie Dick und Joe erwähnen, ist doch, dass sich DC zu einem Verlag wandelte, in dem die Künstler das Sagen haben … von Carmine Infantino bis zu Kubert, Dick und Orlando. — 99 —

Ich sehe Julie nicht als Autor, sondern als Redakteur. Dick kam als Redakteur. Bei Charlton zeichnete er nicht wirklich viel. Bei Charlton beherrschte er das ganze Unternehmen. Als Carmine Joe Orlando hereinbrachte, sah ich darin nur einen Italiener, der einen anderen Italiener einstellte; sobald ich ein paar Gespräche mit Joe geführt hatte, wusste ich, dass er redaktionsorientiert dachte. Er war nicht am Zeichnen interessiert.


Ich tat das dreimal, und schließlich verband man mich telefonisch mit Joe: „Junge, ich hab deine Arbeit gesehen. Das Zeug ist gut. Ich muss dir sagen, ich würde dich nehmen, aber ich tu dir den größtmöglichen Gefallen, und du wirst es nicht als Gefallen sehen, aber du musst dir einen Job in der Werbung

„Carmine – kühn, aber groß­ zügig. Was meine ich mit großzügig? Seine Hintergründe setzten sich bis in alle Ewigkeit fort. Völlig unrealistisch, klar, aber wunderbar.“ — Neal Adams

suchen. Später wirst du mir dafür dankbar sein. Ich erteile dir eine Absage. Tut mir leid.“ Ich sagte: „Danke, Mr.  Simon“ und legte auf. Victor Gorelick, der dabei war, sah die Tragödie in meinen Augen, und sagte:

„Möchtest du vielleicht Archie-Comics machen?“ „Ja, ich mache alles!“ Und so begann ich, Archie-Comics zu schreiben und zu zeichnen. Ich machte Werbe-Comics für die Werbeagentur Johnstone and Cushing sowie Storyboards. Ich zeichnete dreieinhalb Jahre lang den Zeitungsstrip Ben Casey für den Syndikationsvertrieb. Als ich den Strip aufgab, überlegte ich, zu DC Comics zu gehen, aber der Gedanke, Kerle in Strumpfhosen zu zeichnen, schreckte mich ab. Wenn nicht DC, wo dann? Ich ging zu Warren, die mit Archie Goodwin aufgemacht hatten, einem total netten Typen. Ich steckte so viel Arbeit in meine Warren-Aufträge … Jeder einzelne wurde in einer anderen Technik und in einem anderen Stil umgesetzt. Man sieht, dass jeder in eine vollkommen andere Richtung geht, als hätte ich mich in einen anderen Zeichner verwandelt. Eine wunderbare Lebensweise, aber nicht so gut als Lebensunterhalt. Oben: Neal Adams, Dezember 1967. Adams’ Begabung für Porträt­zeichnungen erkennt man auf diesem Titelbild für Strange Adventures, auf dem viele der abgebildeten Gesichter DC-Mitarbeitern gehören: 1) Joe Letterese, 2) Jay Scott Pike, 3) Ira Schnapp, 4) Jerry Serpe, 5) Jack Miller, 6) Jack Adler, 10) Ed Eisenberg. Andere Gesichter (7) zeichnete der Künstler im Stil von Lee Elias, wieder andere (8) entwickelten sich später zu seinen Entwürfen für den BatmanBösewicht Rā’s al Ghūl. Adams identifizierte ein Gesicht (9) als Gott.

Sie blieben nicht lange bei Warren. Was kam als Nächstes? Ich traf mich mit diesem Typen, Kanigher, bei DC und begann, Kriegsgeschichten zu zeichnen, was ich immer schon tun wollte. Als ich Teenager war, waren die besten Zeichner der Branche Heath, Kubert und Drucker, die wundervolle Kriegsgeschichten gezeichnet hatten. Hier hatte ich meine Chance, all diese Stile zusammenzuwerfen, um selbst Kriegsgeschichten zu zeichnen. Und am Schreibtisch gegenüber von Kanigher saß Julie Schwartz – der bär­ beißige, brummige, griesgrämige Julie Schwartz … Ich kann nicht sagen, woran es lag, dass Julie mir etwas gab, was mir niemand anderes im Büro gegeben hätte: Er bot mir eine Geschichte für Elongated Man an – eine Superheldengeschichte. Das war sehr riskant, aber es war erst ganz am Anfang, als Marvel begann, etwas zu machen. Es lag in der Luft, dass DC etwas tun sollte. Julie war der Erste, indem er mich diese Elongated-Man-Story zeichnen ließ. Er gab mir noch andere Geschichten, z. B. Spectre. Und dann kam Deadman … Die Sache mit Deadman war, dass Arnold Drake die Reihe begonnen hatte. Arnold fiel immer wieder in Ungnade bei DC und konnLinks: Strange Adventures Nr.  207 Titelbild, Neal Adams, Dezember 1967. Rechte Seite: Foto während der Dreharbeiten, Sammy Davis Jr. mit Burt Ward und Adam West bei den Aufnahmen zu Batman, 1966. — 98 —

te sich dann rehabilitieren. Er wollte eine Gewerkschaft aufmachen … Wenn ich davon gewusst hätte und sie zu mir gekommen wären, dann hätte ich das Problem vermutlich gelöst, weil ich auf politische Art sehr apolitisch bin. Ich mach’s auf freundliche Art … diplomatisch … „Wir müssen das jetzt nicht klären, es ist gut … Trinken wir einen Kaffee.“ Ich bin kein Drängler, aber ich habe mehr Ausdauer als die meisten Menschen. Sie übernahmen Deadman, als Carmine Infantino als künstlerischer Leiter in die Redaktion wechselte und im Unternehmen Änderungen vornahm. Deadman war für Sie noch mehr als Spectre ein Spielfeld für Experimente, auf dem Sie durch eine neuartige Komposition von Bildern und Seiten alle bisherigen DC-Regeln brachen. Wenn man diese Dinge einzeln betrachtet, dann sind sie interessant. Wenn man aber

Deadman als Ganzes betrachtet, dann wird es zu einer einzigen Geschichte: einzelne Abenteuer, die eine Geschichte ergeben. So wurde sie zum illustrierten Roman, einer langen Erzählform, das war für Comic-Hefte zur damaligen Zeit nicht üblich. Sie überließen mir ein Zimmer, und ich stellte einen Projektor hinein. Dann kamen Typen herein, gingen an der Eingangstür vorbei, und ich verteilte sie an verschiedene Redakteure: „Julie, das ist Bernie Wrightson. Er ist ein guter Zeichner.“ „Ich habe alle, die ich brauche.“ Ich gehe runter, Joe Orlando wird eingestellt, und ich stelle ihm Bernie vor. Was Sie hier beschreiben, wo Sie Dick und Joe erwähnen, ist doch, dass sich DC zu einem Verlag wandelte, in dem die Künstler das Sagen haben … von Carmine Infantino bis zu Kubert, Dick und Orlando. — 99 —

Ich sehe Julie nicht als Autor, sondern als Redakteur. Dick kam als Redakteur. Bei Charlton zeichnete er nicht wirklich viel. Bei Charlton beherrschte er das ganze Unternehmen. Als Carmine Joe Orlando hereinbrachte, sah ich darin nur einen Italiener, der einen anderen Italiener einstellte; sobald ich ein paar Gespräche mit Joe geführt hatte, wusste ich, dass er redaktionsorientiert dachte. Er war nicht am Zeichnen interessiert.


Aus alten EC-Tagen wusste er noch, wie man Künstler findet, sie erkennt, denn er konnte zeichnen, aber er wollte als Redakteur arbeiten. Was passierte, war, dass sich DC veränderte – durch meinen, aber auch Carmines Einfluss. Carmine suchte nach Talenten, aber die Talente, die ich für DC Comics fand, schufen ungeheure Kunstwerke. Ich brachte junge Künstler zu DC. Einige gingen zu Marvel. Auch im redaktionellen Bereich bildete sich eine Clique von Leuten, die sich in der Kunst und im Schreiben auskannten. Wir waren alle Teil der gleichen Gruppe, und Carmine war dafür verantwortlich. Hatte das damit zu tun, dass die Verkaufszahlen bei Marvel Mitte der sechziger Jahre stiegen? Die Herausforderung kam von Marvel. Was Kirby tat, war, Stan Lees sechsseitige Horrorgeschichten zu nehmen und sie auf Heft­ länge zu strecken. Das ist der Unterschied zwischen DC- und Marvel-Comics: Alle Figuren bei DC waren aufgrund ihrer Geschichte Amerikaner wie aus dem Ei gepellt – sie strahlten, hatten gute Arbeitsplätze und geheime Identitäten. Bei Marvel überzeugte Jack Kirby Stan Lee von den vier Figuren, die ins Weltall fliegen, von kosmischen Strahlen bombardiert werden und als Monster zurückkehren – machen wir die Monster zu Helden! Alle Marvel-Stars waren im Grunde Monster, die zu Superhelden wurden. Bei DC hatten wir Helden mit Goldzähnen: Testpilot, Laborwissenschaftler. Das ist noch immer der Unterschied zwischen den Verlagen. Wenn die Menschen über Spider-Man und seine Persönlich­keits­ probleme reden, dann ist das Teil der Monsterseite des Superheldengenres, im Gegensatz zu DC. Batman ist bei DC derjenige, der den Marvel-Figuren am nächsten kommt. Wovon träumten Sie, als Sie bei DC hereinspazierten? Ich wollte rauskommen, eine Weile Comichefte zeichnen, bis ich einen Weg finden

„Die Freiheit – die künst­lerische Freiheit, eine ganze Seite zu gestalten, Dinge mit einer ganzen Seite anzustellen, mich auszudrücken, zu schreiben, zu zeichnen, Geschichten zu erfinden – das riss mich einfach total mit.“ — Neal Adams

würde, Illustrationsarbeit zu machen und dann auszusteigen. Ich hatte kein Interesse daran, Comics zu machen – sie waren ein Schritt abwärts. Entweder bekäme ich einen neuen Zeitungsstrip, oder ich würde Illustrator. Ich hatte eine Mappe – ich brauchte sechs Monate, sie zusammenzustellen. Ich ließ sie in einer Werbeagentur, und als ich sie wieder abholen wollte, war sie verschwunden. Sechs Monate Arbeit! Also machte ich Comics, etwas Werbung, versorgte meine Familie. Dann geschah etwas. Ich weiß nicht, wann es passierte, wie es passierte, aber ich verliebte mich einfach in Comichefte. Ich hatte nicht damit gerechnet. Die künstlerische Freiheit, eine ganze Seite zu gestalten, Dinge mit einer ganzen Seite Oben: Titelbild MAD Nr. 105 Links: Paul Levitz beim Lesen von MAD Nr. 105, 1966. Linke Seite: George Barris wurde engagiert, um sich das Batmobil für die Fernsehserie auszu­denken und zu bauen – innerhalb von drei Wochen. — 101 —

anzustellen, mich auszudrücken, zu schreiben, zu zeichnen, Geschichten zu erfinden – das riss mich total mit. Ich verliebte mich, völlig unerwartet und gegen meinen Willen. Als Kind mochte ich es, aber ich hatte eine Karriere, um die ich mich kümmern musste, eine Familie, für die ich verantwortlich war – und ich verliebte mich in die Comics. Und es macht mir heute mehr Spaß als je zuvor.

The Silver Age of DC Comics Die Superhelden im Raumfahrtszeitalter. Von Paul Levitz, 396 Seiten € 39,99


Aus alten EC-Tagen wusste er noch, wie man Künstler findet, sie erkennt, denn er konnte zeichnen, aber er wollte als Redakteur arbeiten. Was passierte, war, dass sich DC veränderte – durch meinen, aber auch Carmines Einfluss. Carmine suchte nach Talenten, aber die Talente, die ich für DC Comics fand, schufen ungeheure Kunstwerke. Ich brachte junge Künstler zu DC. Einige gingen zu Marvel. Auch im redaktionellen Bereich bildete sich eine Clique von Leuten, die sich in der Kunst und im Schreiben auskannten. Wir waren alle Teil der gleichen Gruppe, und Carmine war dafür verantwortlich. Hatte das damit zu tun, dass die Verkaufszahlen bei Marvel Mitte der sechziger Jahre stiegen? Die Herausforderung kam von Marvel. Was Kirby tat, war, Stan Lees sechsseitige Horrorgeschichten zu nehmen und sie auf Heft­ länge zu strecken. Das ist der Unterschied zwischen DC- und Marvel-Comics: Alle Figuren bei DC waren aufgrund ihrer Geschichte Amerikaner wie aus dem Ei gepellt – sie strahlten, hatten gute Arbeitsplätze und geheime Identitäten. Bei Marvel überzeugte Jack Kirby Stan Lee von den vier Figuren, die ins Weltall fliegen, von kosmischen Strahlen bombardiert werden und als Monster zurückkehren – machen wir die Monster zu Helden! Alle Marvel-Stars waren im Grunde Monster, die zu Superhelden wurden. Bei DC hatten wir Helden mit Goldzähnen: Testpilot, Laborwissenschaftler. Das ist noch immer der Unterschied zwischen den Verlagen. Wenn die Menschen über Spider-Man und seine Persönlich­keits­ probleme reden, dann ist das Teil der Monsterseite des Superheldengenres, im Gegensatz zu DC. Batman ist bei DC derjenige, der den Marvel-Figuren am nächsten kommt. Wovon träumten Sie, als Sie bei DC hereinspazierten? Ich wollte rauskommen, eine Weile Comichefte zeichnen, bis ich einen Weg finden

„Die Freiheit – die künst­lerische Freiheit, eine ganze Seite zu gestalten, Dinge mit einer ganzen Seite anzustellen, mich auszudrücken, zu schreiben, zu zeichnen, Geschichten zu erfinden – das riss mich einfach total mit.“ — Neal Adams

würde, Illustrationsarbeit zu machen und dann auszusteigen. Ich hatte kein Interesse daran, Comics zu machen – sie waren ein Schritt abwärts. Entweder bekäme ich einen neuen Zeitungsstrip, oder ich würde Illustrator. Ich hatte eine Mappe – ich brauchte sechs Monate, sie zusammenzustellen. Ich ließ sie in einer Werbeagentur, und als ich sie wieder abholen wollte, war sie verschwunden. Sechs Monate Arbeit! Also machte ich Comics, etwas Werbung, versorgte meine Familie. Dann geschah etwas. Ich weiß nicht, wann es passierte, wie es passierte, aber ich verliebte mich einfach in Comichefte. Ich hatte nicht damit gerechnet. Die künstlerische Freiheit, eine ganze Seite zu gestalten, Dinge mit einer ganzen Seite Oben: Titelbild MAD Nr. 105 Links: Paul Levitz beim Lesen von MAD Nr. 105, 1966. Linke Seite: George Barris wurde engagiert, um sich das Batmobil für die Fernsehserie auszu­denken und zu bauen – innerhalb von drei Wochen. — 101 —

anzustellen, mich auszudrücken, zu schreiben, zu zeichnen, Geschichten zu erfinden – das riss mich total mit. Ich verliebte mich, völlig unerwartet und gegen meinen Willen. Als Kind mochte ich es, aber ich hatte eine Karriere, um die ich mich kümmern musste, eine Familie, für die ich verantwortlich war – und ich verliebte mich in die Comics. Und es macht mir heute mehr Spaß als je zuvor.

The Silver Age of DC Comics Die Superhelden im Raumfahrtszeitalter. Von Paul Levitz, 396 Seiten € 39,99


Was wäre, wenn … … Sie 1962 auf den Kunstverstand des Playboy gehört hätten?

„Der Pollock, der damals für $ 40.000 zu haben war, ist heute locker das 1.500fache wert.“ —Amy Cappellazzo

Wir fragten eine ausgewie­sene Expertin: Amy Cappellazzo, Leiterin der Abteilung für Gegenwarts­kunst bei Christie’s.

Schaut man sich Sid Tillims Playboy-Artikel “The Fine Art of Acquiring Fine Art” aus dem Jahr 1962 noch einmal genauer an, sieht man eine Gruppe kultivierter Damen und Herren eine Auswahl abstrakter Gemälde bewundern, die für einen der glorreichsten Momente in New Yorks Geschichte als Kunstmetropole stehen. Die Abstrakten Expressionisten Jackson Pollock, Willem de Kooning, Philip Guston und Franz Kline hatten mit der Radikalität ihrer Malerei die Kunst der Nachkriegszeit dominiert. Der Pollock, der damals auf $ 40.000 taxiert wurde (was auch zu jener Zeit kein Pappenstiel war), ist heute locker das 1.500fache davon wert. Der de Kooning mit dem Titel Duck Pond wurde 1962 mit $ 20.000 ausgezeichnet und dann 1997 bei Christie’s für $ 530.500 versteigert. Eine Zeit lang befand sich das Werk sogar im Besitz von Hugh Hefner. Und heute? Er läge wohl im Bereich von $ 15 Millionen, je nachdem, welchen Zeitpunkt man auf dem heißumkämpften globalen Kunstmarkt von heute erwischt. Jasper Johns und Robert Rauschenberg – Leo Castellis Stars aus den 50ern – werden im Artikel zwar erwähnt, die gezeigte Szene datiert aber eindeutig vor jenem Zeitpunkt, als diese Pop-ArtSpiel­verderber und Andy Warhol in der Kunstszene das Heft in die Hand nahmen. Rauschenbergs Factum II, damals für $ 4.000 zu haben, ziert seit Langem die Wände des MoMA in New York. Eine aktualisierte Version dieser Szene mit den Künstlern und Trendsettern von heute sähe wohl ein wenig anders aus. Zweifellos haben Was-wäre-wenn-Spekulationen, zu denen schillernde Beispiele wie dieser alte Artikel verführen, ihren Reiz – vor allem aber lehren sie uns eines: man muss an die Kunst der eigenen Epoche glauben. In diesem Sinne ein Hoch auf das Hier und Jetzt! — 102 —

— 103 —


Was wäre, wenn … … Sie 1962 auf den Kunstverstand des Playboy gehört hätten?

„Der Pollock, der damals für $ 40.000 zu haben war, ist heute locker das 1.500fache wert.“ —Amy Cappellazzo

Wir fragten eine ausgewie­sene Expertin: Amy Cappellazzo, Leiterin der Abteilung für Gegenwarts­kunst bei Christie’s.

Schaut man sich Sid Tillims Playboy-Artikel “The Fine Art of Acquiring Fine Art” aus dem Jahr 1962 noch einmal genauer an, sieht man eine Gruppe kultivierter Damen und Herren eine Auswahl abstrakter Gemälde bewundern, die für einen der glorreichsten Momente in New Yorks Geschichte als Kunstmetropole stehen. Die Abstrakten Expressionisten Jackson Pollock, Willem de Kooning, Philip Guston und Franz Kline hatten mit der Radikalität ihrer Malerei die Kunst der Nachkriegszeit dominiert. Der Pollock, der damals auf $ 40.000 taxiert wurde (was auch zu jener Zeit kein Pappenstiel war), ist heute locker das 1.500fache davon wert. Der de Kooning mit dem Titel Duck Pond wurde 1962 mit $ 20.000 ausgezeichnet und dann 1997 bei Christie’s für $ 530.500 versteigert. Eine Zeit lang befand sich das Werk sogar im Besitz von Hugh Hefner. Und heute? Er läge wohl im Bereich von $ 15 Millionen, je nachdem, welchen Zeitpunkt man auf dem heißumkämpften globalen Kunstmarkt von heute erwischt. Jasper Johns und Robert Rauschenberg – Leo Castellis Stars aus den 50ern – werden im Artikel zwar erwähnt, die gezeigte Szene datiert aber eindeutig vor jenem Zeitpunkt, als diese Pop-ArtSpiel­verderber und Andy Warhol in der Kunstszene das Heft in die Hand nahmen. Rauschenbergs Factum II, damals für $ 4.000 zu haben, ziert seit Langem die Wände des MoMA in New York. Eine aktualisierte Version dieser Szene mit den Künstlern und Trendsettern von heute sähe wohl ein wenig anders aus. Zweifellos haben Was-wäre-wenn-Spekulationen, zu denen schillernde Beispiele wie dieser alte Artikel verführen, ihren Reiz – vor allem aber lehren sie uns eines: man muss an die Kunst der eigenen Epoche glauben. In diesem Sinne ein Hoch auf das Hier und Jetzt! — 102 —

— 103 —


Wer hätte 1962 $ 100.000 in Kunst investiert und heute ein Vermögen von $ 120 Millionen? Natürlich ein Playboy-Leser!

THE ART WORLD IN YOUR HANDS EVERY MONTH

Diese prächtige Anthologie in sechs Bänden lässt noch einmal die ganze Dekadenz, Raffinesse und den Esprit der Mutter aller Männermagazine und ihres Schöpfers Hugh M. Hefner auferstehen. In seiner mit den besten PlayboyArtikeln der Zeit zwischen 1953 und 1979 gespickten Autobiografie schildert Hefner den Einfluss, den seine Zeitschrift gehabt hat, vergisst aber natürlich auch nicht, die schärfsten Centerfolds zu präsentieren. Erstklassige Beiträge von Kultautoren wie Gore Vidal, Norman Mailer und Jack Kerouac stehen neben literarischen Debatten, Artikeln über Design, Porträts von Jazzmusikern, Kunstkritiken und einigen der legendärsten Playboy-Interviews, unter anderem mit Martin Luther King, John Lennon, Richard Nixon und Roman Polanski. Mit einer Fülle nie zuvor veröffentlichter Ephemera aus Hefners Privatarchiv ist dies die definitive Geschichte einer Zeitschrift, die Einstellungen und Ansichten in vielerlei Richtungen liberalisiert hat.

Only The Art Newspaper fully illuminates the world in which art happens. It reports on everything from antiquity to the contemporary. Every month we bring you the important stories from around the globe. You can also find out more about the personalities, the artists, the events, the sales and the latest market trends. You will have a front-row seat for debates and controversies. You will be stimulated by strong opinions from our new art market and business section within The Art Newspaper 2, and will be able to plan your visits to forthcoming events using our new exhibitions section.

SUBSCRIBE NOW FOR £85 A YEAR Contact us, quoting code TASCH2013 Phone: 0844 322 1752 (UK), +44 (0)1604 251495 (RoW) Visit: www.theartnewspaper.com/subscribe Email: theartnewspaper@dsbnet.co.uk

Hugh Hefner’s Playboy Eine illustrierte Autobiografie in sechs Bänden mit Höhepunkten aus der Glanzzeit des Playboy 1.910 Seiten € 99,99 — 104 —

— 105 —


Wer hätte 1962 $ 100.000 in Kunst investiert und heute ein Vermögen von $ 120 Millionen? Natürlich ein Playboy-Leser!

THE ART WORLD IN YOUR HANDS EVERY MONTH

Diese prächtige Anthologie in sechs Bänden lässt noch einmal die ganze Dekadenz, Raffinesse und den Esprit der Mutter aller Männermagazine und ihres Schöpfers Hugh M. Hefner auferstehen. In seiner mit den besten PlayboyArtikeln der Zeit zwischen 1953 und 1979 gespickten Autobiografie schildert Hefner den Einfluss, den seine Zeitschrift gehabt hat, vergisst aber natürlich auch nicht, die schärfsten Centerfolds zu präsentieren. Erstklassige Beiträge von Kultautoren wie Gore Vidal, Norman Mailer und Jack Kerouac stehen neben literarischen Debatten, Artikeln über Design, Porträts von Jazzmusikern, Kunstkritiken und einigen der legendärsten Playboy-Interviews, unter anderem mit Martin Luther King, John Lennon, Richard Nixon und Roman Polanski. Mit einer Fülle nie zuvor veröffentlichter Ephemera aus Hefners Privatarchiv ist dies die definitive Geschichte einer Zeitschrift, die Einstellungen und Ansichten in vielerlei Richtungen liberalisiert hat.

Only The Art Newspaper fully illuminates the world in which art happens. It reports on everything from antiquity to the contemporary. Every month we bring you the important stories from around the globe. You can also find out more about the personalities, the artists, the events, the sales and the latest market trends. You will have a front-row seat for debates and controversies. You will be stimulated by strong opinions from our new art market and business section within The Art Newspaper 2, and will be able to plan your visits to forthcoming events using our new exhibitions section.

SUBSCRIBE NOW FOR £85 A YEAR Contact us, quoting code TASCH2013 Phone: 0844 322 1752 (UK), +44 (0)1604 251495 (RoW) Visit: www.theartnewspaper.com/subscribe Email: theartnewspaper@dsbnet.co.uk

Hugh Hefner’s Playboy Eine illustrierte Autobiografie in sechs Bänden mit Höhepunkten aus der Glanzzeit des Playboy 1.910 Seiten € 99,99 — 104 —

— 105 —


Hohe Rendite

Heutiger Wert

280

€ (185%)

Kleiner Einsatz – großer Gewinn! Nicht nur TASCHENs Limited Editions erzielen formidable Gewinnmargen.

Auch unsere unlimitierten Ausgaben, die dem TASCHEN-Credo folgen, hochwertige Bücher zu erschwinglichen Preisen anzubieten, können eine lohnende Geldanlage sein. Hier einige Beispiele, zu welchen Preisen vergriffene Ausgaben derzeit antiquarisch gehandelt werden und welchen Wertzuwachs sie gegenüber dem Ursprungspreis erzielt haben.

150

€ (600%)

3.000

(3.000%)

€ (575%)

300

€ (1.000%)

225

€ (900%)

100

165 5

€ (660%))

180

€ (720%)

150

€ (666%)

115

90

€ (450%)

Die Preise hier unten stellen einen Mittelwert dar, ermittelt im August 2013, bei den vier größten antiquarischen Onlinebuchhändlern für den Zustand „Neu“ bis „Fast neu“.

2.450

(4.900%)

115

€ (300%)

160

€ (575%)

€ (530%)

810

€ (540%)

210

€ (1.050%)

510

€ (1.460%)

2008 € 150

1998 € 25

1996 € 100

1998 2000 2007 1996 1998 1996 6 € 25

€ 20

€ 30

€ 25

€ 20

€ 25

1993 € 50

1998 1991 2003 € 20

€ 15

€ 30

2005 € 150

1996 € 20

1997 € 35

2001 € 50


Hohe Rendite

Heutiger Wert

280

€ (185%)

Kleiner Einsatz – großer Gewinn! Nicht nur TASCHENs Limited Editions erzielen formidable Gewinnmargen.

Auch unsere unlimitierten Ausgaben, die dem TASCHEN-Credo folgen, hochwertige Bücher zu erschwinglichen Preisen anzubieten, können eine lohnende Geldanlage sein. Hier einige Beispiele, zu welchen Preisen vergriffene Ausgaben derzeit antiquarisch gehandelt werden und welchen Wertzuwachs sie gegenüber dem Ursprungspreis erzielt haben.

150

€ (600%)

3.000

(3.000%)

€ (575%)

300

€ (1.000%)

225

€ (900%)

100

165 5

€ (660%))

180

€ (720%)

150

€ (666%)

115

90

€ (450%)

Die Preise hier unten stellen einen Mittelwert dar, ermittelt im August 2013, bei den vier größten antiquarischen Onlinebuchhändlern für den Zustand „Neu“ bis „Fast neu“.

2.450

(4.900%)

115

€ (300%)

160

€ (575%)

€ (530%)

810

€ (540%)

210

€ (1.050%)

510

€ (1.460%)

2008 € 150

1998 € 25

1996 € 100

1998 2000 2007 1996 1998 1996 6 € 25

€ 20

€ 30

€ 25

€ 20

€ 25

1993 € 50

1998 1991 2003 € 20

€ 15

€ 30

2005 € 150

1996 € 20

1997 € 35

2001 € 50


The Simpsons TM and © 2013 Twentieth Century Fox Film Corporation. All Rights Reserved.

Ein neuer Laden in Springfield! Mir wurde klar, dass ich nicht mehr der Jüngste war, als meine Kinder mir vor etwa 20 Jahren sagten, ich sähe so aus und würde mich so benehmen wie dieser Typ im Fern­ sehen – Homer Simpson. Ich hatte keine Ahnung, wen sie meinten, sah mir aber eine Folge der Simpsons an – und war auf der Stelle total begeistert! Dieser tollpatschige Idiot war genau wie ich! Und er war gleich­zeitig eine der größten Erfolgsgeschichten der Popkultur. Einige Jahre später hatte ich das Glück, Matt Groening, Homers genialen Schöpfer, kennen zu lernen und stellte zu meiner Überraschung fest, dass er in einer Folge der Simpsons aus dem Jahr 1996 mein neues Domizil in den Hollywood Hills, das Chemosphere House, eingebaut hatte (die Episode hieß „A Fish called Selma“ und wurde am 24. März 1996 ausgestrahlt). Noch größer war meine Überraschung, als Matt mir zum Geburtstag ein gerahmtes Cel vom Chemosphere House aus dieser Folge schenkte. Natürlich bekam es sofort einen Ehrenplatz in meinem Haus. Aber es kam noch doller: In Springfield eröffnete ein echter TASCHENStore! WOO HOO! Das ist wohl der Ritterschlag der Popkultur!


The Simpsons TM and © 2013 Twentieth Century Fox Film Corporation. All Rights Reserved.

Ein neuer Laden in Springfield! Mir wurde klar, dass ich nicht mehr der Jüngste war, als meine Kinder mir vor etwa 20 Jahren sagten, ich sähe so aus und würde mich so benehmen wie dieser Typ im Fern­ sehen – Homer Simpson. Ich hatte keine Ahnung, wen sie meinten, sah mir aber eine Folge der Simpsons an – und war auf der Stelle total begeistert! Dieser tollpatschige Idiot war genau wie ich! Und er war gleich­zeitig eine der größten Erfolgsgeschichten der Popkultur. Einige Jahre später hatte ich das Glück, Matt Groening, Homers genialen Schöpfer, kennen zu lernen und stellte zu meiner Überraschung fest, dass er in einer Folge der Simpsons aus dem Jahr 1996 mein neues Domizil in den Hollywood Hills, das Chemosphere House, eingebaut hatte (die Episode hieß „A Fish called Selma“ und wurde am 24. März 1996 ausgestrahlt). Noch größer war meine Überraschung, als Matt mir zum Geburtstag ein gerahmtes Cel vom Chemosphere House aus dieser Folge schenkte. Natürlich bekam es sofort einen Ehrenplatz in meinem Haus. Aber es kam noch doller: In Springfield eröffnete ein echter TASCHENStore! WOO HOO! Das ist wohl der Ritterschlag der Popkultur!


pa n e r a i . c o m

Mediterranean Sea. “Gamma� men in training. The diver emerging from the water is wearing a Panerai compass on his wrist.

history a n d heroes. radiomir 1940 3 days (ref. 514) available in steel and red gold

Exclusively at Panerai boutiques and select authorized watch specialists.


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.