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Einleitung

Im Juni 2017 organisierten das HAU Hebbel am Ufer und die Kuratorin Barbara Raes ein Projekt, das sich zwischen Künst ler:innenresidenz und Forschungskolloquium bewegte und den Themen von Verlust und Ritual gewidmet war. Unter dem Titel “Unacknowledged Loss” teilte Raes über einen Zeitraum von drei Wochen ihre Erfahrungen als Kuratorin und Ritual-Zelebrantin mit einer Reihe Berliner Künstler:innen aus verschiedenen Sparten (Nathalie Anguezomo Mba Bikoro, Claudia Hill, Jassem Hindi, Jasmin İhraç, Ligia Lewis, Maria Scaroni, Mieko Su zuki, Oliver Zahn), die vom HAU eingeladen worden waren. Die Reaktionen sowohl der beteiligten Künstler:innen als auch des Publikums auf die abschließenden Präsentationen waren ausgesprochen positiv. Im Anschluss sind ein Buch mit Interviews, Bildern und Reportagen sowie ein Film über das Projekt erschienen. Schon damals entstand der Wunsch nach einer zweiten Auflage des Projekts, sodass das HAU nun für den Juni 2020 eine zweite Auflage mit neuen Künstler:innen angesetzt hatte.

Seit März 2020 ist unsere Lebensrealität durch die CoronaPandemie eine andere geworden, und auch “Unacknowledged Loss II” konnte nicht in der geplanten Form stattfinden. Allerdings haben die Themen des Projekts gerade unter den gegenwärtigen Umständen an Bedeutung gewonnen und verdienen es, dass ein Raum geschaffen wird, an dem wir uns mit ihnen auseinandersetzen können. Daher haben sich das HAU und Barbara Raes entschlossen, dem Projekt eine neue Form zu geben, in der es trotz allem durchgeführt werden kann. Und auch die neun Künst ler:innen (Olympia Bukkakis, Dragana Bulut, Nuray Demir, Mmakgosi Kgabi, Ania Nowak, Falk Rößler,

Liz Rosenfeld, Colin Self, Joana Tischkau, Enis Turan), die bereits vor Längerem zur Teilnahme eingeladen worden waren, zeigten sich begeistert. Den gesamten Juni über beschäftigten sie sich mit der Frage von Trauer und Ab schiedsritualen in der heutigen Zeit und wie an der Schnittstelle von Kunst, Fürsorge und Ritual entsprechende Formen für die Zukunft entstehen können. Sie trafen Fachleute, die sich seit Langem mit diesen Themen beschäftigen, wie den Architekten Koen Van Synghel, die Heilpraktikerin Franziska Dieterich, die Bestatter:innen Uller und Lea Gscheidel sowie die Künstler:innen Claudia Hill, Jorge Leon und Melih Gençboyaci.

Als Ausgangspunkt der Reise diente das unbehagliche Ge fühl angesichts der Tatsache, als Gruppe nicht tatsächlich zusammenkommen zu können. Jede:r Künstler:in war sich bewusst, dass sich gleichzeitig acht andere Künstler:innen – wie er:sie ebenfalls in Berlin – auf denselben Weg begaben. Doch erst am Ende des Projekts konnten sie einander durch die Videos der Rituale “sehen”.

Die Journalistin Elisabeth Nehring hat im Auftrag des HAU für dieses Buch Interviews mit den beteiligten Künstler:innen ge führt. Die im Rahmen des Projekts entstandenen künstlerischen Rituale wurden von der Filmemacherin Liz Rosenfeld dokumentiert und sind weiterhin online auf HAU3000* zu sehen. Rosenfeld spricht in einem Interview und einem be gleitenden Text über ihre persönliche Auseinandersetzung mit “Un a c know ledged Loss II”. Die Porträts der Beteiligten stammen von der Fotografin Dorothea Tuch, die auch die Recherchephase und die Rituale für dieses Buch fotografisch begleitet hat.

* www.hebbel-am-ufer.de/hau3000/unacknowledged-loss-ii

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