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Star Wars und Mozart

Regisseur mit Darth-Vader-Maske

(C) Matthias Stutte

„Möge die Macht mit dir sein“

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Ein Besuch bei Regisseur Kobie van Rensburg

Dass die Neuinszenierung von Mozarts Zauberflöte 2018/19 für das Theater Krefeld und Mönchengladbach eine „Sciene-Fiction-Oper“ werden soll, klingt zunächst befremdlich, erschließt sich aber im Gespräch mehr und mehr. Kobie van Rensburgs Konzept kombiniert die Zauberflöten-Besetzung mit bekannten Figuren aus dem Fantasy-Kino. Ob Darth Vader, knuddelige Ewoks, Mr. Spock, Captain Future oder E.T.: Science-Fiction-Fans werden voll auf ihre Kosten kommen und Spaß bei der Fülle an Anspielungen haben. Aber auch für Fantasy-Laien wird diese besondere Zauberflöte verständlich und ein Genuss bleiben.

Kobie van Rensburg beim Einrichten der Blue Screens

(C) Matthias Stutte

Im Zentrum der Handlung stehen librettogemäß die Königin der Nacht, Witwe des ehemaligen Herrschers im Siebenfachen Sonnenkreis und Sarastro, der Oberpriester der Isis-und- Osiris-Bruderschaft. Die Beiden sind die Machtpole, die um die Vorherrschaft im Universum kämpfen. Sternenkönigin und Oberpriester hier, Kampf ums Imperium und die dunkle Seite der Macht dort. Große Stoffe, die eine verblüffende Verwandtschaft zu haben scheinen. „Es geht darum, dass Sarastro wieder ein Gleichgewicht im Universum herstellen will“, so van Rensburg.

Regisseur und Dramaturgin vor dem Blue Screen

(C) Matthias Stutte

„Oper ist Kommunikation mit dem Publikum“, schwärmt der Sänger- Regisseur weiter. Er bezeichnet die musikalische Stilsprache, die Mozart im Jahr 1791 verwendet hat, als universell. „Im Zentrum jeder Oper steht die musikalische Wirkung, die die Komposition auf den Zuschauer, egal in welcher Zeit dieser lebt, ausübt. Die Musik ist der absolute Imperativ, also das Grundprinzip von Oper.“ Deshalb ist ihm auch der Austausch und die Zusammenarbeit mit dem Dirigenten so wichtig. Die gemeinsame Richtung, die Regie und Musikalische Leitung im Idealfall einschlagen, bildet für ihn die Keimzelle für jede gelungene Opernproduktion. Die zweite Keimzelle ist die Besetzung. Nachdem Kobie van Rensburg bereits mehrfach am Theater Krefeld und Mönchengladbach gearbeitet hat, kennt er einen Großteil der Sänger. Seine Zauberflöte soll für diese Besetzung maßgeschneidert sein, so wie Mozart die Partien vor über 200 Jahren für ganz konkrete Sänger geschrieben hat.

„Hüte dich vor der dunklen Seite der Macht.“ (Obi-Wan Kenobi in Star Wars)

„Die Oper hat viele ‚Untiefen’. Mozart war zwar einerseits ein fantastischer Theaterpraktiker, aber andererseits auf seine Art auch ein großer Philosoph. Man kann viel an Mystik und Freimaurersymbolik in die Zauberflöte hineininterpretieren. Das interessiert mich aber nur am Rande, weil es für den heutigen Zuschauer meiner Meinung nach weder verständlich noch relevant ist. Ich möchte mit meiner Leseart das Fantastische dieser Märchenoper betonen und das Publikum mit einer modernen Umsetzung für die Gattung Oper generell begeistern. Die Zauberflöte ist für viele der erste Kontakt mit dem Musiktheater überhaupt. Mein Ziel ist es, mit dieser Interpretation möglichst viele Menschen für diese großartigste aller Kunstformen zu begeistern.“

So sieht das Foto mit der Animation aus

(C) Matthias Stutte

„Nach meinen Entwicklungsschritten im Videobereich will ich mit der Zauberflöte alle bisher erprobten technischen Möglichkeiten zusammenführen. Es scheint sich schon als mein Markenzeichen etabliert zu haben. Und dann ist es auch mal an der Zeit, andere Wege zu gehen.“ Aber für die Zauberflöte möchte er noch einmal tief in die virtuelle Trickkiste greifen. Dabei wird neben vorgefertigten animierten Videobildern auch die sogenannte „Bluescreen-Technik“ – wie bei Der Barbier von Sevilla, The Gods Must Be Crazy und Der seltsame Fall des Claus Grünberg bereits verwendet – zum Einsatz kommen. Ein für die Opernbühne sehr ungewöhnliches Mittel, viele Zuschauer kennen diese Methode aber vom Wetterbericht im Fernsehen.

Regisseur Kopie van Rensburg

(C) Matthias Stutte

Warum eigentlich Bluescreen- Technik und Videoanimationen auf der Opernbühne? „Ich arbeite sehr gerne mit diesen technischen Mitteln, weil sie für mich ganz viel mit dem Zauber des Theaters zu tun haben. In früheren Zeiten flackerte das Kerzenlicht auf der Bühne und sorgte für bewegte Bilder, heute können wir das mit unseren Möglichkeiten herstellen und das Publikum mit unseren Effekten verblüffen und unterhalten. Wir spielen mit ‚Sein und Schein’ – dem Kernthema von Theater überhaupt. Vermutlich fesselt mich diese visuelle Spielart auch deshalb so, weil ich als Regisseur und Videograf ein sehr hohes Maß an Kontrolle habe: Ich kann bis kurz vor der Premiere darauf reagieren, was auf den Proben passiert und Änderungen in die Videokonzeption einbringen. Bei einem klassischen Bühnenbild ist dieser Prozess schon Monate vorher abgeschlossen und nicht mehr korrigierbar.“

Auf der Probebühne des Theaters Gera, wo der Regisseur derzeit Mozarts Die Entführung aus dem Sarail inszeniert, bietet sich ein uns vertrautes Bild: Neben den üblichen Probenmöbeln, Requisiten, dem Klavier und den Tischen für das Regieteam hat der Raum viel von einem Filmstudio. Eine etwa fünf Meter breite, blaue Stoffbahn hängt von der Decke und ermöglicht Bluescreen-Aufnahmen während der Proben bzw. Filmdrehs, die später in Videobilder integriert werden. Dazu ein abschließbarer

„Käfig“ mit wertvollem Foto- und Video-Equipement (Kameras, Stative, Kabel, Beamer und Notebooks). Mehrere Scheinwerfer auf Stativen, die Seiten- und Frontlicht in verschiedenen Lichtqualitäten ermöglichen, stehen in verschiedenen Winkeln zur Spielfläche. Denn ohne die richtige Beleuchtung geht im videografischen Bereich gar nichts.

Dass bei Kobie van Rensburgs technikbasierter Umsetzung einer Oper Schnelligkeit, Humor und enormes fachliches Wissen Hand in Hand gehen, führte zu den großen Publikumserfolgen, die seine bisherigen Arbeiten in Krefeld und Mönchengladbach ausmachten.

Den Startschuss am Niederrhein bildete 2011 sein Figaro, für den neue Geräte gekauft, Systeme kompatibel gemacht und Lösungen für noch nie dagewesene Probleme gefunden werden mussten. Im Lauf von sieben Jahren und fünf Inszenierungen ist das Haus nun „Rensburg-fit“. Die Beamer haben die nötige Anzahl von ANSI-Lumen, die Computersysteme macOS und Windows haben Freundschaft geschlossen und das Vertrauen der produktionsverantwortlichen Kollegen in computerabhängige Vorstellungen ist in der Zwischenzeit groß genug, um die oft nervenaufreibenden Vorstellungen gelassen „fahren“ zu können.

Hans-Josef Stegers, Mitarbeiter des Theaters im Video-Bereich und von Anfang an Beteiligter bei den Produktionen von Kobie van Rensburg, erzählt: „Ein großer Teil der mühsamen Feinarbeit, die er macht, ist das sogenannte Mapping. Das bedeutet, dass er die vorgefertigten Projektionen zentimetergenau auf die ‚realen’ Projektionsflächen auf der Bühne anpasst, damit keine unschönen Ränder entstehen. Er arbeitet außerdem mit vorgefertigten Video-Collagen auf mehreren (Tiefen)Ebenen.“ Dass die Projektionen nicht nur vom Beamer im Zuschauerraum, also als „Front- Pro“ zur Anwendung kommen, sondern in derselben Produktion auch als sogenannte „Rück-Pro“, von der Hinterbühne auf die Rückseite von Bühnenelementen, ist für die Kollegen der Ton-/Videoabteilung schon ein gewohnter Standard.

Ulrike Aistleitner

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