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Werkstatt 1
Beschwerdemanagement in Unterkünften für Geflüchtete Die erste Werkstatt 2019 des Beratungsforums Engagement fand in Zusammenarbeit mit der Koordinierungsstelle Flüchtlingsmanagement (KoordFM) der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales (SenIAS) zum Thema Beschwerdemanagement statt. Ehrenamtskoordinator*innen tauschten sich über wichtige Grundlagen aus und brachten ihre Praxiserfahrungen in die Diskussion mit Verwaltung und Interessierten ein. Seit 2018 setzte die Koordinierungsstelle ein Pilotprojekt zum unabhängigen Beschwerdemanagement in fünf Berliner Unterkünften um. Nach Abschluss des Pilotprojekts im Jahr 2019 wird der Senat ab dem 1. Juli 2020 unter dem Namen „Berliner unabhängige Beschwerdestelle“ (BuBS) in den Unterkünften des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) ein behördenunabhängiges Beschwerdemanagement einführen. In einer zweiten Phase, die ab 2021 geplant ist, soll das Beschwerdemanagement für alle Unterkünfte für wohnungslose Menschen in Berlin geöffnet werden. von Julia Lammert und Sophia Schäfer
Warum ein unabhängiges Beschwerdemanagement? In internationalen Übereinkommen zum Gewaltschutz nehmen Beschwerdestellen einen zentralen Platz ein. Das Leben in Unterkünften kann durch räumliche Enge, mangelnde Privatsphäre und das Gefühl der Fremdbestimmung Gewalt begünstigen, es kommt zu rassistischen Übergriffen und genderspezifischen Diskriminierungen. Insbesondere zur Einhaltung der Schutzmaßnahmen für besonders schutzbedürftige Personengruppen wird eine Beschwerdestelle erforderlich. Auch UNICEF und das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend definieren Mindeststandards zum Schutz von Menschen in Unterkünften für Geflüchtete, die ein Beschwerdemanagement vorsehen. Über die Sicherung von körperlicher und psychischer Unversehrtheit hinaus ermöglichen Beschwerdesysteme, Bedürfnisse und Kritik zu äußern. Sie stärken so die Grundrechte der untergebrachten Menschen auch in weiteren Bereichen wie Unverletzlichkeit der Wohnung oder Postgeheimnis. Als Grundvorrausetzungen für ein gelungenes Beschwerdesystem gelten insbesondere ein niedrigschwelliger Zugang und die Unabhängigkeit des Verfahrens. In den Berliner Unterkünften für Geflüchtete gab es bislang kein solches Verfahren. Neben kommunalen Beschwerdestellen existiert nur im Rahmen der Qualitätssicherung ein behördliches Beschwerdeverfahren des Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF). Eine von Verbänden und Fachexpert*innen empfohlene, unabhängige Beschwerdemöglichkeit hat sich bereits in anderen Kontexten im Sinne der Qualitätsverbesserung bewährt. Viele Bereiche der Sozialen Arbeit haben Beschwerde- bzw. Ombudsstellen eingeführt, so z.B. die Berliner Informations- und Beschwerdestelle Psychiatrie oder die Berliner Beratungs- und Ombudsstelle Jugendhilfe.