2 minute read
ZU EIGEN ZUM ANEIGNEN
from Inside Magazine 2.23
by UCM Verlag
Marrakesch – der Lifestyle-Schmelztiegel Nordafrikas inspiriert die Musikund die Modebranche gleichermassen.
Aber: Darf man das heute noch –ungehemmt von anderen Kulturen borgen?
Advertisement
Vor Kurzem starb der Singer-Songwriter David Crosby, der zusammen mit Stephen Stills und Graham Nash eine der bedeutendsten Rockbands der Hippiezeit bildete: Crosby, Stills & Nash. Komplizierter Name, aber grossartiges Projekt – voller Kontroversen, Intrigen, Spannungen und Fehden, aber auch voller guter Ideen und unvergänglicher Melodien. Die verbleibenden Mitglieder sind inzwischen alle um die achtzig Jahre alt.
Eine der tollen Nummern der Band heisst «Marrakesh Express» – sie handelt von einer Zugfahrt durch Marokko, das Stück schrieb Graham Nash 1966 nach Ferien in Nordafrika. Er sei in der Hauptstadt Casablanca in den Zug nach Marrakesch eingestiegen, gab er später zu Protokoll, und habe erste Klasse gewählt, dies aber rasch bereut, denn es waren scheinbar nur «blauhaarige amerikanische Seniorinnen» im Abteil – komplett uninteressant für einen damals 24-jährigen Hippie. Also habe Nash das Abteil gewechselt und sei nach hinten durch den Zug gegangen, bis ihm das pralle Leben Marokkos begegnete – inklusive Enten,
Schweinen und Hühnern, die im selben Zug unterwegs waren. Und diese haben Eingang in den Songtext von «Marrakesh Express» gefunden, ebenso wie gestreifte Djellabas, Kobras und der Dampf von allerlei rauchbaren Genussmitteln, für die Hippies jener Zeit natürlich ein wichtiger Bonuspunkt. Was man heute ausblendet: Crosby, Stills, Nash & Neil Young (er trat der Gruppe für ihr zweites Album bei) waren damals keine alten Knaben, die für Nostalgiker mit Hüftgelenkersatzteilen die Klampfe droschen, sondern Avantgardisten, die neuen Wilden, das absolute Jetzt. Sie waren ZeitgeistÜbersetzer und berichteten von einer Sehnsucht, die andere erst später befallen würde.
Offenbar fand man damals wie heute in Marokko ein ganz anderes, befreiendes Lebensgefühl vor – von dieser Faszination zehrt die Region bis dato. Das Bild des jungen Traumpaars Paul und Talitha Getty von 1969 ist von unvergänglicher Pracht.
Dasselbe Sehnen packte damals Yves Saint Laurent, der junge Rebell aus Paris. Auch er war 1966 das erste Mal in Marokko und fand dabei aus der Beklemmung der Stadt Paris heraus, fühlte sich frei und ungehemmt. Es ist kaum übertrieben, wenn heute gesagt wird, dass Marrakesch die Erfolgsgeschichte YSL erst möglich gemacht hat – mit seinen Farben, den Stoffen, seinem Lebensmut und der relativen Gelassenheit gegenüber gleichgeschlechtlicher Liebe, die damals keineswegs selbstverständlich war. Saint Laurent blieb dem Ort bis zum letzten Atemzug treu.
Noch heute ist Marrakesch ein Mythos, der die Kreativen und Modeleute anzieht: Die Mischung aus grosser Vergangenheit, lebendiger Handwerkskultur und modernem afrikanischen Esprit macht die «rote» Stadt am Fusse des Atlasgebirges zu einem LifestylePilgerort.
Hierher reist, wer etwas mehr wagen will: Immerhin setzt man über, auf den anderen Kontinent, in den Norden Afrikas. Das ist etwas mehr als nur Lounging im Café del Mar auf Ibiza – in Marokko betritt man das Vorzimmer einer ganz anderen Kultur. Der modischen Zitate hat uns Mar- rakesch so viele beschert, die bis heute aktuell sind: das lange, luftige Hemd, der Kaftan, die erdigen Töne, die langen Kleider, das Leinen, die Slippers und weite Hosen, das gekonnte «Embellishment», also Dekor auf dem Outfit. Der ganze «Bohemian Style» der letzten Jahre ist aus dem Norden Afrikas geliehen. Der Look lässt sich auch leicht in die Menswear übertragen. Allerdings wirft dies natürlich die Frage auf, inwieweit man eine solche «cultural appropriation» (kulturelle Aneignung) im woken Klima von jetzt noch gut finden kann.
Wir meinen: Man kann das ganz gelassen angehen. Marokko hat sich längst befreit aus der Vergangenheit (Spanier und Franzosen hielten das Land lange im Würgegriff). Marrakesch inszeniert sich heute gekonnt als lebende Legende – und eine solche zu zitieren, ist kein postkolonialer Fauxpas, sondern eine respektvolle Verneigung vor einer Kultur, die vieles überdauert. Oriental Magic.
Beachwear meets 80s Style. Eine kühne Kombi, die Tropical Prints und starke Colour Pops wie Pink und Azurblau aufeinandertreffen lässt. Das sind Feriengefühle to go!
Shop now!
Mit
Hosen, Hemden und Shorts in leichten Leinen- und Baumwollstoffen sind die Must-haves der Saison. Was nicht fehlen darf? Das Styling in verschiedenen Tarnfarben von Beige über Rost bis hin zu Agavengrün.
now!