Ein Wegweiser zur beruflichen Integration

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schriftenreihe Migration und arbeitswelt

Ein WEgWEIsER zur beruflicHen integration von MenscHen Mit MigrationsHintergrund

Gefördert durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds.


Vorwort

VORWORT Mit diesem Wegweiser wollen wir die Akteure des Arbeitmarktes, die SachbearbeiterInnen in den ARGEn und in den Arbeitsagenturen, die Betriebs- und Personalräte unterstützen, wenn sie Migrantinnen und Migranten helfen, um deren Kompetenzen und Qualifikationen zu sichern. Die Themenauswahl verfolgt das Ziel, die Betroffenen besser in den Arbeitsmarkt zu integrieren, sie beruflich weiter zu qualifizieren oder sie bei der Beratung in Betrieben, am Arbeitsplatz wie in der Freizeit, durch Migrantenorganisationen und Gewerkschaften gezielt zu unterstützen. Der Wegweiser ist als „lernende“ Broschüre ausgelegt, was meint, dass sich die angesprochenen Themenbereiche prozesshaft weiterentwickeln werden und dass die Aktualisierung der Inhalte nach dieser Drucklegung, die eine Momentaufnahme darstellt, im Internet erfolgen wird. Deshalb wird die Druckversion unter http://www.migration-online/wegweiser.de für das Internet adaptiert und aktualisiert. Die Broschüre ist auch so angelegt, dass selektiv einzelne Kapitel rezipiert und bearbeitet werden können. Menschen und vor allem Menschen mit Migrationshintergrund in den Arbeitsmarkt zu integrieren ist und bleibt eine anspruchsvolle Aufgabe, welcher sich dankenswerterweise vor dem DGB Bildungswerk auch schon andere gewidmet haben. Deshalb möchten wir all denen danken, die zu dieser aktuellen Informationsbroschüre mit ihren bereits erarbeiteten Inhalten beigetragen haben und die uns erlaubten, daran zu partizipieren. Es dient einem guten Zweck. Stellvertretend seien hier der Deutsche Gewerkschaftsbund, der Westdeutsche Handwerkskammertag sowie das Ministerium für Generationen, Familie, Finanzen und Integration in Nordrhein-Westfalen genannt. Auch wir würden uns freuen, wenn Inhalte unserer Broschüre in anderem Zusammenhang zur Zielerreichung der Integration von Migrantinnen und Migranten eingesetzt würden.


Inhalt

Inhalt 1

MigrantInnen/Migranten und beratungspraxis

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1.1 Was ist eine qualitätsorientierte Beratung?

8

1.2 Beratungspraxis

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1.3 Voraussetzungen für eine barrierefreie Verständigung

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1.4 Interkulturelle Kompetenzen bei Ratsuchenden mit Migrationshintergrund

10

1.5 „Menschen mit Migrationshintergrund“ und der deutsche Arbeitsmarkt

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1.6 Notwendigkeit zur beruflichen Integration

12

2

13

Strukturelle Hemmnisse bei der beruflichen Integration

2.1 Sprache 2.1.1 Sprache und Beratungspraxis 2.1.2 Empfehlungen

13 13 14

2.2 Information und Beratungspraxis 2.2.1 Empfehlungen

14 14

2.3 Bildungssystem 15 2.3.1 Übergang vom Kindergarten in die Schule 15 2.3.2 Ausbildungs- und Qualifikationsstand 15 2.3.3 „Seiteneinsteiger“ 16 2.3.4 Übergang von der Schule in den Beruf 16 2.3.5 Berufliche Bildung 16 2.3.6 Zweite Chance zum Berufsabschluss 17 2.3.7 Hochschulbildung 21 2.4 Rechtliche Hindernisse 21 2.4.1 Geduldete 21 2.4.2 Asylbewerberinnen und Asylbewerber 22 2.4.3 Migrantinnen und Migranten mit deutscher Staatsangehörigkeit 22 2.4.4 Migrantinnen und Migranten mit doppelter Staatsangehörigkeit 22 2.4.5 Migrantinnen und Migranten mit der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der EU 22 2.4.6 Migrantinnen und Migranten ohne deutsche Staatsangehörigkeit 22 2.4.7 Beamte 22 2.4.8 Angestellte des öffentlichen Dienstes 23 2.4.9 Standesordnungen 23


3

Anerkennung ausländischer Bildungsnachweise

24

3.1 Reglementierte und nicht reglementierte Berufe 25 3.1.1 Reglementiert 25 3.1.2 Nicht Reglementiert 26 Inahlt

3.2 Anerkennungsverfahren bei den Kammern 26 3.2.1 Anerkennungsregelungen: für Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler 27 3.2.2 Anerkennungsregelungen: Kontingentflüchtlinge 27 3.2.3 Regelungen zur Anerkennung von Bildungsnachweisen in der EU 27 3.2.4 Anerkennungsregelungen für EU-/EWR Staatsangehörige 28 3.2.5 Antragsverfahren 32 3.2.6 Zuständige Anerkennungsstellen 32 3.2.7 Notwendige Unterlagen zur Anerkennung 33 3.2.8 Mögliche Ergebnisse des Antragsverfahrens 33

4

Anerkennung schulischer und akademischeR Bildungsnachweise

35

4.1 Voraussetzungen 35 4.2 Erforderliche Unterlagen im Antragsverfahren 35 4.3 Hauptschulabschluss 35 4.4 Mittlerer Bildungsabschluss (Realschulabschluss) 36 4.5 Fachhochschulreife 36 4.6 Allgemeine Hochschulreife (Abitur) 36 4.7 Feststellungsprüfung an einem Studienkolleg 36 4.8 Externe 37 4.9 Ausländische Studienbewerberinnen und Studienbewerber 37 4.10 Anerkennung einer ausländischen Hochschulzugangsberechtigung 37 4.11 Was kann man im Falle der Nicht-Anerkennung unternehmen? 38

5

Förderung von beruflicher qualifizierung

39

5.1 Auszubildende und Arbeitslose 39 5.1.1 Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) für Auszubildende 39 5.1.2 BAB-Förderung für Migrantinnen und Migranten 39 5.1.3 Weiterbildung für Empfänger/innen von Arbeitslosengeld I 40 5.1.4 Voraussetzungen 40 5.1.5 Bildungsgutschein 40

5.2 Weiterbildung für Beschäftigte

41

5.3 Fachkräfte (AFBG-Aufstiegsbildungsförderungsgesetz oder Meister-BAföG-Ausbildungsförderungsgesetz)

41

5.4 Migrantinnen und Migranten

41

5.5 Antragsverfahren

42

5.6 Weiterbildung während der Arbeitszeit

42

5.7 Förderung durch Steuerersparnis

42


Informelle berufliche Kompetenzen anerkennen, Potentiale besser erfassen

43

6.1 Verbesserung der Anerkennung von informellen beruflichen Kompetenzen

43

6.2 Exkurs: Externenprüfung 6.2.1 Zulassungsvoraussetzungen 6.2.2 Möglichkeiten der Vorbereitung auf die Abschlussprüfung

43 43 44

7

45

Potenziale besser erfassen

7.1 Verfahren und Instrumente zur Potenzialanalyse 7.1.1 TalentKompass NRW 7.1.2 Kompetenz-Erfassungs-Notebook (KEN)

46 46 49

8

50

ANHANG

8.1 Übersicht der Empfehlungen 8.1.1 Zur Umsetzung in der Beratungsarbeit 8.1.2 Zum Thema Anerkennung

50 50 50

8.2 Glossar

52

8.3 Adressen der Handwerkskammern in NRW

56

8.4 Adressen der Industrie- und Handelskammern in NRW

56

8.5 Adresse der Landwirtschaftskammer

57

8.6 Bilaterale Abkommen 8.6.1 Allgemeine Vergleichbarkeit 8.6.2 Probleme der bilateralen Abkommen 8.6.3 Bundesvertriebenengesetz § 10

58 58 58 59

8.7 Grundsätze zur Bewertung und Anerkennung von Fachmittelschulabschlüssen 8.7.1 Abschlüsse aus Polen 8.7.2 Abschlüsse in anderen osteuropäischen Ländern

59 59 60

8.8 Zuständige Anerkennungsbehörden für schulische Abschlüsse

61

8.9 Handwerksberufe

63

Inhalt

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Einleitung

Einleitung

Ein bedeutendes Hemmnis für arbeitsuchende Menschen beim Zugang in den Arbeitsmarkt ist, dass sie oft nicht wissen, in welchem Beruf sie arbeiten bzw. welche Tätigkeiten sie ausführen können. Hinzu kommt, dass sich diese Menschen ihrer eigenen Fähigkeiten, Fertigkeiten, Potenziale sowie beruflichen Kompetenzen gar nicht bewusst sind. Dies gilt auch für diejenigen, die einen anerkannten Ausbildungsberuf erlernen wollen, eine Weiterbildung oder eine Nachqualifizierung anstreben. Besonders Menschen mit Migrationshintergrund, die im Herkunftsland eine berufliche Qualifizierung erlangt haben oder aber über langjährige berufliche Erfahrungen in Deutschland verfügen, können die Wertigkeit ihrer Qualifikationen und Berufserfahrungen im deutschen Berufsbildungssystem bzw. auf dem Arbeitsmarkt nicht einordnen. Dies ist ein Grund dafür, dass Menschen mit Migrationshintergrund von einer für sie günstigen konjunkturellen Entwicklung in geringerem Maße profitieren als Deutsche. Teilnahme an Weiterbildungs- maßnahmen in Deutschland AusländerInnen Deutsche

13 %

17 %

Die ökonomische Integration dieser Menschen vollzog sich in der Vergangenheit zumeist auf dem Niveau niedrig qualifizierter Arbeitsplätze. Der Strukturwandel der letzten 25 Jahre bewirkte jedoch zum großen Teil den Wegfall solcher Beschäftigung. Migrantinnen und Migranten sind heute auf dem Arbeitsmarkt oft nicht konkurrenzfähig. Neue Beschäftigungsstrukturen erfordern einen höheren Grad an Qualifizierung. Davon bleiben Migrantinnen und Migranten häufig ausgeschlossen. Sie nehmen laut Bundesministerium für Bildung und Forschung wesentlich seltener an beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen teil als Deutsche: Im Jahr 2003 nahmen nur 13 Prozent der Ausländer solche Angebote wahr; bei Deutschen waren es 27 Prozent.

Trotz einer immer noch hohen Arbeitslosigkeit gibt es partiell erneut einen Mangel an Arbeitskräften. Nach Angaben der Bertelsmann Stiftung sind „weit über eine Million“ Stellen unbesetzt, weil es an Fachkräften mangelt. Das gilt nicht nur für akademische Berufe, sondern in vielen Branchen ebenso für Fachkräfte mit abgeschlossener Berufsausbildung. Deshalb wird die berufliche Qualifikation auch für Migrantinnen und Migranten immer wichtiger. Eine Fachausbildung stellt eine wesentliche Voraussetzung für einen Arbeitsplatz und damit für eine gesellschaftliche Integration dar.


Einleitung

„Ich möchte als Lehrer, Pfarrer und Bildungs- u. Integrationsbeauftragter für das Miteinander der Menschen und ihren Kulturen intensiv arbeiten und Grenzen einreißen. Meinen griechischen Landsleuten versuche ich Wege zu Qualifizierung und in Bildung und Arbeit nahe zu bringen. Den Verantwortlichen in unserer Gesellschaft möchte ich vermitteln, dass die brach liegenden Potenziale unter den Griechen und anderen Migrantinnen und Migranten nicht weiter ignoriert werden dürfen.“ Miltiades Stavropoulos, 57, angestellt als Lehrer, Gütersloh

Das EQUAL-Projekt „Pro Qualifizierung“ will mit diesem Wegweiser einen Beitrag leisten, um die Beschäftigungssituation von Menschen mit Migrationshintergrund zu verbessern. Die berufliche Beratungspraxis soll darin unterstützt werden, den Ratsuchenden bereits vorhandene Potenziale und Kompetenzen zu verdeutlichen. Dies steigert nicht nur das Selbstbewusstsein der Beratenen, sondern es hilft auch der Beratungskraft, Ratsuchenden den passenden Beruf, die passende Tätigkeit oder Qualifizierungsmaßnahme zu empfehlen.

Dieser Wegweiser möchte betrieblichen und außerbetrieblichen Beratungskräften unterschiedliche Instrumente vorstellen, welche angewendet werden können, um ratsuchenden Menschen (insbesondere im Alter von 25+) mit Migrationshintergrund bei der Wahl einer beruflichen Tätigkeit bzw. Qualifizierungsmaßnahme Perspektiven aufzuzeigen. Zudem erläutert dieser Wegweiser die Grundzüge der Anerkennung formeller wie informeller beruflicher Qualifikationen. Der Wegweiser ist in sieben Kapitel gegliedert: Eingangs wird die Bedeutung von interkultureller Kompetenz in der Beratungsarbeit dargestellt. Kapitel 2 geht auf die strukturellen Hemmnisse bei der beruflichen Integration von Menschen mit Migrationshintergrund ein, insbesondere im Hinblick auf das Bildungssystem und auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen. Antworten auf Fragen rund um das Thema Anerkennung von ausländischen Bildungsnachweisen liefern Kapitel 3 und 4. Über Möglichkeiten der öffentlichen Förderung von beruflicher Weiterbildung und Nachqualifizierung informiert Kapitel 5. Abschließend wird in Kapitel 6 die Bedeutung der Anerkennung von informellen beruflichen Kompetenzen herausgestellt und in Kapitel 7 mit dem Talent-Kompass NRW ein Verfahren für die bessere Erfassung von Potenzialen insbesondere von formell geringqualifizierten Menschen beschrieben und empfohlen.


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Migrantinnen / Migranten und Beratungspraxis

Beratungspraxis 1.1 Was ist eine qualitätsorientierte Beratung? Eine qualitätsorientierte Beratung verlangt Ideenreichtum, Sensibilität und Flexibilität sowohl in der Strukturierung wie in der Lösung von Fragestellungen: Sichtweisen anderer gilt es zu antizipieren und zu integrieren, erfolgreiches Handeln ist gemeinsam zu planen, Wissen zu vermitteln, mit Nichtwissen muss umgegangen werden, Widerstreite sind auszuhalten – all das sollten Bestandteile des Verständnisses von Beratung sein. Qualitätsorientierte Beratung ist lösungsorientierte, helfende und nachhaltige Beratung. Sie ist keine simple Problemlösungstechnik, die nur kurzfristig befähigt, mit einer Fragestellung oder einem Problem erfolgreich umzugehen, sondern sie muss dazu beitragen, nachhaltige Veränderungen und Ergebnisse zu erzeugen. Die Merkmale eines solchen Beratungskonzeptes lassen sich wie folgt beschreiben: <

<

<

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<

<

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Beratung ist eine professionelle Form des Umgangs mit Situationen, deren Ausgang man nicht kennt. Beratung ist der Umgang mit Nicht-Wissen – dem der Beratenden sowie dem der Klientel. Beratung ist die reflexive und kommunikative Bearbeitung von Fragestellungen und Problemen. Beratung verlangt für unterschiedliche Arbeits- und Problemfelder unterschiedliche Vorgehensweisen. Deshalb sind Angebote für die ständige Weiterbildung von Beratern und Beraterinnen erforderlich. Beratung verändert sich immer – ist plural (vielfältig) – und stellt sich den Herausforderungen neuer Kommunikations- und Informationsmedien durch Überprüfung ihres Profils. Beratung ist in ihrem Prozess und ihren Ergebnissen ebenso wirtschaftlich wie ressourcenorientiert und nachhaltig ausgerichtet. Beratung bevormundet nicht, fördert Vielfalt und erhält Pluralität aufrecht, tritt für Toleranz ein und weiß mit dem kulturell wie alltäglich Fremden und Neuen behutsam umzugehen.

„Meine Hartnäckigkeit und die professionelle Beratung bei Pro Qualifizierung hat mir dabei geholfen, mir meinen größten Wunsch zu verwirklichen: nach vielen Jahren des Ringens auch in meiner Wahlheimat Deutschland endlich als Krankenschwester arbeiten zu können.“ Marketa Machacova, 28, Krankenschwester


Migrantinnen / Migranten und Beratungspraxis

1.2 Beratungspraxis Eines der prägenden Elemente unserer Gesellschaft ist das Zusammenleben von Menschen verschiedener Religionen und Ethnien, unterschiedlicher kultureller Hintergründe und verschiedener Interessen. Infolge dieser Heterogenität kommt es in der professionellen Beratungspraxis immer wieder zu Missverständnissen. Mit folgenden Interviewaussagen möchten wir beispielhaft darstellen, wie Migrantinnen und Migranten Beratungssituationen wahrnehmen können. Die Aussagen sind subjektiv geprägt und etwas überzeichnet. Um jedoch Probleme zu verdeutlichen, haben wir sie in der Schärfe nicht abgemildert. Jamila (38 J.), Irak: „Grundsätzlich ist es problematisch seinen im Ausland erworbenen Abschluss anerkennen zu lassen. Ich habe im Irak eine kleine Textilfirma geleitet und 20 Mitarbeiterinnen gehabt. Darüber gibt es kein Zeugnis, noch nicht einmal einen schriftlichen Arbeitsvertrag. Ich habe meinem Arbeitgeber demonstriert was ich kann und per Handschlag die Stelle bekommen. In Deutschland habe ich mit bereits über 30 Jahren eine Stelle bei einem arabischen Arbeitgeber als Schreibkraft bekommen, weil ich deutsch und arabisch sprechen, lesen und schreiben kann. Ich bekam die Chance, eine Ausbildung zur Industriekauffrau zu machen.“

„In der Beratungseinrichtung fangen die Probleme damit an, dass mein Name falsch ausgesprochen wird, oder „Die Angst, etwas nur der Vorname genannt wird, oder auch einfach nur die ersten Silben. Ich bin mir dann sehr unsicher darüber, ob ich auch wirklich gemeint bin und frage dann nicht unbedingt konkret nach. Angesprochen darauf, sind die Kommentare der MitarbeiterInnen: „Ist doch egal“, „Ist ja auch nicht so wichtig“, „Sitzt noch ein anderer Ausländer hier?““

„Wie soll man sich als MigrantIn verhalten: Richtig stellen oder nachfragen? Der Mitarbeiterin folgen und hoffen, man wird schon die Richtige sein? Vor dem Zimmer warten bis man aufgerufen wird? An die Tür klopfen?“ „In den meisten Fällen, in denen ich als Kundin vorgesprochen oder andere begleitet habe, empfand ich die MitarbeiterInnen als unfreundlich und überheblich.“ „Verständnis für deren Arbeit habe ich: sie haben viel zu tun und müssen ja auch alles wissen, und nicht alle

nicht zu verstehen oder sich falsch zu benehmen, ist groß.“ Jamila (38 J.), Irak

sind freundlich zu ihnen. Da kann ich schon verstehen, dass sie nicht gutgelaunt sind, aber ich möchte trotzdem nicht diejenige sein, an der es ausgelassen wird.“

„Die Hilfestellung beim Ausfüllen der Anträge ist sehr gering. Einmal musste ich mir anhören, dass ich etwas falsch gemacht hätte und habe nicht direkt verstanden, was gemeint ist. Ich dachte eher, dass ich in die falsche Spalte geschrieben hätte oder den Schulabschluss bei Ausbildung oder so etwas Ähnliches. Dabei meinte die Sachbearbeiterin, dass ich etwas falsch, also Rechtschreibung, geschrieben habe. Auf meine Nachfrage, wie es denn richtig geschrieben wird, bekam ich die Antwort: „Ich dachte Sie können deutsch, dann müssten Sie das doch selbst wissen“.“

„Die Angst etwas nicht zu verstehen oder sich falsch zu benehmen ist groß.“ „Sich über das Verhalten von MitarbeiterInnen zu beschweren, kommt den meisten nicht in den Sinn. Die Angst später schlecht behandelt zu werden ist zu groß. Man will nicht auffallen.“ „Je klarer die Aussagen der MitarbeiterInnen formuliert sind, desto besser verstehen wir, was noch zu tun, welche Unterlagen beispielsweise noch mitzubringen sind. Wenn ich beispielsweise noch eine Bescheinigung aus einem anderen Amt benötige, dann ist es hilfreich wenn man es mir aufschreibt: welches Formular (wie es genau heißt), wo ich hingehen muss (das zuständige Amt, Straße, Raum, Zimmer usw.). Das soll bitte nicht heißen, dass wir dumm sind. Wir sind nur sehr unsicher.“

„In DRUCKBUCHSTABEN schreiben. Handschriftliche Notizen können viele Migrantinnen und Migranten nicht „entschlüsseln“.“ „Informationsblätter in arabischer Sprache wären prima (natürlich auch in anderen Sprachen).“ Olga (23 J.) Aussiedlerin, Russland:

„Ich wünsche mir mehr „Empathie“ und Freundlichkeit auf Seiten der Beratungseinrichtung, gleichzeitig habe


ich aber Verständnis für das Verhalten: wenn sie nichts über andere Kulturen wissen, können sie sich auch nicht interkulturell verhalten.“ Migrantinnen / Migranten und Beratungspraxis

„Ich mag den Begriff „Aussiedlerin“ nicht und bevorzuge „Migrantin“. In den Wörtern Ausländer und Aussiedler steckt nun mal das Wort „Aus“ und damit assoziiert man negative Gefühle und Gedanken.“ „Interkulturelle Kompetenzen wären auf Seiten der Beratungseinrichtungen und Ämter sehr wünschenswert, aber auch Migrantinnen und Migranten müssen interkulturell geschult werden. Damit sie wissen, wie sie sich auf Ämtern und auch im Alltag verhalten sollen.“

1.3 Voraussetzung für eine barrierefreie Verständigung Der Erfolg der Beratung zur Wahl eines passgenauen Berufes, einer Tätigkeit bis hin zur Vermittlung in Arbeit, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dazu gehören sicherlich äußere Rahmenbedingungen, wie begrenzte Beratungszeiten oder auch finanzielle Zwänge. Viel entscheidender jedoch ist die Beratungssituation selbst. Dabei kommt einer barrierefreien Kommunikation zwischen dem Beratenden und dem Ratsuchenden eine herausragende Bedeutung zu. Sie ist die Voraussetzung dafür, dass eine vertrauensvolle Basis zwischen dem Berater und dem Beratenen aufgebaut werden kann. Nur so ist es möglich, dass sich der Kunde dem Berater öffnet, um alle relevanten Informationen im Hinblick auf berufliche Fähigkeiten, Wünsche und Vorstellungen zu übermitteln. In einer idealen Beratungssituation sollten berufliche Beratungskräfte sich folgende Fragen stellen und diese dem Fall entsprechend beantworten können1:

? Habe ich als Beratende / r genügend Informationen über den Kunden/die Kundin?

!

„Ich habe sehr viele Informationen über den Ratsuchenden zusammengetragen. Dennoch hat der Kunde/die Kundin sicherlich noch einiges mitzuteilen. Deshalb sollte ich ihm/ihr die Gelegenheit dazu geben.“

? Vermittle ich als Berater im Gespräch ausreichend Interesse an den Problemen des Kunden/der Kundin?

!

„Ich bin in der Lage dem Kunden zu vermitteln, dass ich eine kompetente Fachperson bin, die sich für die Probleme des Ratsuchenden interessiert und Hilfestellungen dazu geben kann, diese zu lösen.“

Erwartungen haben Sie gegenüber dem Kunden/der Kundin? ? Welche Zwischen den Beratungsfeldern mögen naturgemäß große inhaltliche Unterschiede existieren (so etwa

zwischen Arbeitsvermittlung und Sozialberatung), doch die Beratung darf die Erwartungen der Kunden in keinem Fall negieren.

!

„Ich erwarte von dem Kunden/der Kundin ein offenes Gespräch und die Bereitschaft, dass er / sie einen eigenen Beitrag zur Lösung des Problems leistet.“

Eine erfolgreiche Beratung der Menschen mit Migrationshintergrund setzt zwar vor allem die Zugänglichkeit des Kunden, aber auch eine ausgeprägte Empathiefähigkeit des Beraters/der Beraterin voraus, die sich darin äußert, dass folgende Aspekte Berücksichtigung finden2: < < <

unterschiedliche Bildungswünsche und Bildungsideale der Beratenen unterschiedliche berufliche Werte und Normen der KlientInnen Geschlechterunterschiede in den jeweiligen kulturellen Milieus

1.4 Interkulturelle Kompetenzen Bei Ratsuchenden mit Migrationshinter- grund Interkulturelle Kompetenz umfasst alle Dimensionen, d.h. alle formellen und informellen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse, die uns dazu befähigen, in einem von interkultureller Diversität gekennzeichneten 1 Vgl. M. Launikari u. S. Puukari (2005): Multicultural Guidance and Counselling. Institute for Educational Research, Finland. 2 Vgl. Sickendiek, Ursel (2005): Theorien berufliche Beratung / Career Counselling und kulturelle Diversität. Vortrag auf der Tagung „Beratung auf dem Prüfstand“, 30. Januar 2005.

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Migrantinnen / Migranten und beratungspraxis

beruflichen und/oder privaten Umfeld zurecht zu kommen und es aktiv und konstruktiv mitzugestalten. Die wichtigste Voraussetzung hierfür ist die innere Bereitschaft. Menschen mit Migrationshintergrund sind per se nicht immer interkulturell kompetent. Sie verfügen aber unter Umständen häufig über zusätzliche Kompetenzen und Potenziale, welche bislang vielen Betrieben nicht bewusst sind. Zu diesen zusätzlichen Potenzialen, die sie möglicherweise mitbringen, gehören u.a.: < < < <

die gezielte Ansprache neuer Kundenkreise die Herstellung von Kontakten zu Netzwerken im Inland und im Herkunftsland das Einbringen kultur- und länderspezifischen Wissens in die berufliche Tätigkeit die Vermittlung bei Konflikten mit Kunden mit Zuwanderungsgeschichte

Für die berufliche Beratung und Arbeitsvermittlung ist es daher wichtig, diese möglichen Kompetenzen im Beratungsprozess gezielt abzufragen. Folgende weitere Fragen können bei der Beratung zur Berufs- bzw. Tätigkeitswahl von Kunden mit Migrationshintergrund eine Orientierung geben. Eine besondere Beachtung verdient die Beantwortung der Frage, welche Berufsbilder es in Deutschland gibt. Denn vielen Menschen mit Zuwanderungsgeschichte sind weder das Berufsbildungssystem noch die einzelnen Berufsbilder in Deutschland bekannt. < < < < <

Was will der Kunde eigentlich, was ist ihm wichtig? Was kann er alles gut? Welche Berufe gibt es und was passt zu ihm? Wie und wo kann er weiterführende Informationen erhalten? Wann, wie, wo kann der Ratsuchende sich bewerben?

arbeitslosenquote in deutschland

23,6 %

1.5 „MenscHen Mit MigrationsHintergrund“ und der deutscHe arbeitsMarkt Mit dem Mikrozensus 005 wurden zum ersten Mal die Bevölkerungsgruppen mit und ohne Migrationshintergrund unterschieden und statistisch erfasst (Statistisches Bundesamt 006). Personen mit Migrationshintergrund sind danach < zugewanderte Ausländer, Spätaussiedler und eingebürgerte Ausländer, die selber zugewandert sind, < Personen ohne eigene Migrationserfahrung: in Deutschland geborene Kinder zugewanderter Ausländer unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit sowie < Kinder zugewanderter Spätaussiedler.

10,8 %

bundesweit AusländerInnen

Demnach ist in Deutschland die Zahl der Menschen mit Migrationshintergrund (15, Mio.) fast doppelt so hoch wie die Zahl der Ausländer (ca. 7,8 Mio.). Knapp 19% der Bevölkerung in Deutschland hat einen Migrationshintergrund. Etwa 5 % davon besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit (Statistisches Bundesamt, 006, 7 ff). 7,8 Mio. Ausländer

15, Mio.

Menschen mit Migrationshintergrund

48 %

ohne deutsche Staatsbürgerschaft

5 %

15, Mio.

Menschen mit Migrationshintergrund

mit deutscher Staatsbürgerschaft (Statistisches Bundesamt, 006, 7 ff)

insges. 82,5 Mio. deutsche Bevölkerung

Die Arbeitsmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit weist Menschen mit Migrationshintergrund nicht gesondert aus. Sie fragt allein den rechtlichen Status der Staatsangehörigkeit ab. Unterschieden wird zwischen

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Migrantinnen / Migranten und Beratungspraxis

Ausländern und Deutschen. Spätaussiedler, also Einwanderer mit deutscher Staatsangehörigkeit, werden wiederum fünf Jahre nach ihrer Einwanderung nicht mehr innerhalb der Statistiken als solche geführt. Inwieweit die Bevölkerung mit deutscher Staatsangehörigkeit auch Menschen mit Migrationshintergrund erfasst, z.B. Eingebürgerte oder frühere Spätaussiedler, wird innerhalb der Statistiken nicht festgehalten. Bundesweit ist die Zahl der arbeitslosen AusländerInnen mehr als doppelt so hoch wie die der arbeitslosen Deutschen. In Bezug auf Menschen mit Migrationshintergrund mit deutscher Staatsangehörigkeit enthält die Statistik infolge der zuvor beschriebenen statistischen Erfassung keinerlei Aussagen. Die Arbeitslosenquote betrug im Dezember 2006 bundesweit 10,8%. In NRW betrug die Arbeitslosenquote 10,2%. Die Arbeitslosenquote bei AusländerInnen lag zur selben Zeit bundesweit bei 23,6% und in NRW bei 25,5%. Die größere Betroffenheit von Arbeitslosigkeit kann als Indikator für die schlechteren Chancen auf dem Arbeitsmarkt interpretiert werden.

„Man merkt, ob jemand nur schnell angelernt wurde oder eine richtige Ausbildung hat. Viele Konflikte im Betrieb entstehen aus Unwissenheit oder noch häufiger aus mangelnder Kommunikationsfähigkeit. Deshalb setze ich mich für die Weiterbildung meiner Kolleginnen und Kollegen ein.“ Abdelgani Yazef, 44, Schlosser und Betriebsratvorsitzender

1.6 Notwendigkeit zur beruflichen Integration Die Integration in den Arbeitsmarkt ist das zentrale Element für gesellschaftliche Teilhabe und soziale Stabilität. Eine mangelnde berufliche Integration ist einer der Gründe für die mangelnde Arbeitsmarktintegration von Menschen mit Migrationshintergrund und kann viele negative arbeitsmarktrelevante, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen hervorrufen, wie z.B.: < < <

<

Anhaltende Sprachprobleme von Migrantinnen und Migranten, Zunahme der Abhängigkeit von wohlfahrtstaatlichen Leistungen bei Migrantinnen und Migranten, starke Verschlechterung des gesellschaftlichen Meinungsklimas gegenüber Ausländern, Zuwanderern allgemein oder gegenüber bestimmten Zuwanderungsnationalitäten; Niederschlag in Umfragen, Mediendarstellungen, Internetkommunikationen, Entstehung oder Wachstum von sozialen Bewegungen, Organisationen oder Ein-Punkt-Parteien, die gegen „Überfremdung“ und Zuwanderer zu mobilisieren versuchen.

Betroffenen Migrantinnen und Migranten erschweren solche Entwicklungen wiederum die gesellschaftliche Integration und Partizipation, was die Bildung von Parallelgesellschaften und Widerstände gegenüber der Mehrheitsbevölkerung fördern kann.

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Strukturelle Hemmnisse in der Beruflichen Integration

2 Strukturelle Hemmnisse bei der Beruflichen Integration

Strukturelle Hemmnisse

Die berufliche Integration von Migrantinnen und Migranten gestaltet sich aufgrund mehrerer Hemmnisse grundsätzlich schwierig. Hemmnisse finden sich u.a. in den mangelnden Sprachkenntnissen, in der Beratungspraxis, in fehlenden Informationen über das Berufsbildungssystem sowie in der mangelnden Einsicht in die Notwendigkeit einer grundlegenden beruflichen Qualifizierung.

2.1 SPRACHE Ob Menschen mit Migrationshintergrund Sprachdefizite aufweisen hängt meist davon ab, ob und wann sie selber zugewandert oder ob sie in Deutschland geboren sind, und steht mit ihrem Bildungsniveau in engem Zusammenhang. Zugleich beeinflusst der jeweilige Beschäftigungsbereich, in welchem sie erwerbstätig sind oder waren, ihre allgemeinen Deutschkenntnisse bzw. ihre berufsspezifische Fachsprache. Trotz zahlreicher Ausnahmen zeigt sich, dass Menschen mit Migrationshintergrund an Stellenbesetzungsverfahren und beruflichen Qualifikationsmaßnahmen scheitern, weil sie nicht selten Defizite im mündlichen und schriftlichen Deutsch aufweisen. Diese sind für den Arbeitsmarkt relevant, da die Vermittlung beruflichen und fachspezifischen Wissens meist gute Sprachkenntnisse voraussetzt. Fehlende sprachliche Fertigkeiten hindern jedoch nicht grundsätzlich an einer Erwerbstätigkeit. Sie sind in der Regel weder die entscheidende Ursache für Arbeitslosigkeit, noch der entscheidende Grund für den Verbleib darin. Demnach ist die Stärkung der sprachlichen Kompetenz im alltags- und berufsbezogenen Deutsch sicher hilfreich, aber nicht ausschlaggebend für den Übergang in die Erwerbstätigkeit, wenn die erforderliche berufliche Qualifikation fehlt. Hinzu kommt, dass mangelnde Sprachkenntnisse oftmals nur vorgeschobenes Argument der Arbeitgeberseite sind. Hier müsste jeweils im Einzelfall beurteilt werden, ob und in welchem Maße die angestrebte Tätigkeit ausgeprägte Kenntnisse in der deutschen Sprache tatsächlich erfordert. 2.1.1 Sprache und Beratungspraxis Viele Probleme in der Beratungspraxis beruhen auf kommunikativen und interkulturellen Missverständnissen. Sowohl Beraterinnen und Berater als auch die Beratenen neigen, ohne dass es ihnen bewusst wäre, oft dazu, eigene Wertvorstellungen zu verallgemeinern oder eigene Wahrnehmungen als einzig wirkliche anzuerkennen. Gerade in Beratungssituationen spielt neben der sachlichen aber auch die Beziehungsebene eine entscheidende Rolle.

Unsicherheit

Sprache

Vorurteile Wertvor- stellungen

Verhalten Kommunikation

interkulturelle

Wahrnehmung

Missverständnisse

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Beispielhaft für derartige interkulturelle Missverständnisse ist, dass Aussagen und Verhaltensmuster des Gegenübers als unangemessen, unverständlich oder gar verletzend und unhöflich wahrgenommen werden. Derartige Missverständnisse können Beratungsabläufe empfindlich beeinflussen, so dass die Beratungsarbeit erschwert und der Beratungserfolg beeinträchtigt wird. Wichtig ist zunächst, dafür in der Beratung selbst ein Problembewusstsein zu entwickeln. Helfen kann eine Analyse der vorhandenen Potentiale: <

< <

Sind interkulturelle und sprachliche Kompetenzen, die in Einrichtungen der beruflichen Beratung meist unterschiedlich ausgeprägt. sind, vorhanden? Lässt sich eine Lösung mit Hilfe der Anstellung muttersprachlichen Fachpersonals entwickeln? Können interkulturell qualifizierte Teams und eine kultursensible Angebotsgestaltung den Ratsuchenden helfen?

Strukturelle Hemmnisse bei der Beruflichen Integration

Für eine adäquate Beratungsleistung reicht es oftmals nicht aus, „lediglich“ eine bestimmte Sprache zu sprechen oder aus einem bestimmten Land zu kommen. Um Zugangsängste zu verringern, bedarf es vielmehr interkulturell erfahrener Teams. Sprachkenntnisse sowie Wissen über kulturelle Gegebenheiten sind von daher als Fachkenntnisse zu betrachten und als Anforderung in Stellenprofile einzuführen. Die Erhöhung des Anteils von interkulturell kompetenten Fachkräften mit und ohne Migrationshintergrund, insbesondere in der Arbeitsverwaltung, muss infolgedessen angeregt und eingefordert werden. Empfehlung

2.1.2 Empfehlungen  Interkulturelle und sprachliche Kompetenzen von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen müssen vermehrt in die Beratungsarbeit einfließen, um sprachliche und kulturelle Barrieren zu senken und die Erreichbarkeit von Migrantinnen und Migranten zu verbessern. Eine Erhöhung des Fachkräfteanteils mit und ohne Migrationshintergrund mit interkulturellen und sprachlichen Kompetenzen sollte angestrebt werden.  Die Besetzung frei werdender Stellen in Einrichtungen der beruflichen Beratung mit Fachpersonal, das über interkulturelle und sprachliche Kompetenzen sowie ggf. Migrationserfahrung verfügt, ist anzustreben. Dazu ist u.a. eine Abänderung entsprechender Anforderungsprofile im Rahmen von Stellenausschreibungen notwendig: Interkulturelle Kompetenz ist ausdrücklich als Einstellungsmerkmal festzulegen.  Bei der Aus-, Fort- und Weiterbildung des Beratungspersonals (Mitarbeiter und Führungskräfte) sind migrationsspezifische Aspekte besonders zu berücksichtigen. Interkulturelle Kompetenz sollte ausdrücklich in Stellenprofilen als notwendige Voraussetzung festgeschrieben werden, wenn Stellenbesetzungsverfahren durchgeführt werden.

2.2 Information und Beratungspraxis Für den erfolgreichen Zugang von Menschen mit Migrationshintergrund zu den zahlreichen Förderinstrumenten und Möglichkeiten der beruflichen Qualifizierung ist insbesondere der Zugang zu den erforderlichen Informationen bedeutsam. Leider sind diese vielen Unternehmern und der überwiegenden Mehrheit der Menschen mit Migrationshintergrund nicht bekannt. Gleiches gilt im Übrigen auch für die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund. Diese Barrieren zu senken ist das Anliegen des DGB-Bildungswerkes, insbesondere seiner Beratungsnetzwerke im Rahmen des EQUAL-Projektes Pro Qualifizierung bzw. anderer, landesweit agierender Initiativen zum Abbau beruflicher Zugangsbarrieren für Menschen mit Migrationshintergrund. Empfehlung

2.2.1 Empfehlungen  Die Beratungspraxis für Migrantinnen und Migranten sollte grundsätzlich so niederschwellig wie möglich angelegt sein.  Informationsmaterial für Migrantinnen und Migranten sollte nach Zielgruppen differenziert, zumindest in der Herkunftssprache der in Deutschland am zahlreichsten vertretenen Migrantinnen- und Migrantengruppen, verständlich und kultursensibel gestaltet sein. Dabei sind Mittel und Methoden auszuwählen, welche die Betroffenen, ihre Angehörigen und ihr soziales Umfeld erreichen. Zur Optimierung

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des Beratungsangebotes sind vorhandene Netzwerke unter Beteiligung der Industrie, des Handwerks, der öffentlichen Verwaltungen, der ARGEn, von Betriebs- und Personalräten sowie Gewerkschaften einzubinden. So kann es z.B. sinnvoll sein, MultiplikatorInnen aus den Migranten-Communities gezielt zu werben bzw. zu informieren und in die Beratungsarbeit einzubeziehen.

„Berufliche Weiterbildung hat meine Selbständigkeit gefördert. Das war mir klar, als ich mich zum Zahntechniker ausbilden ließ. Meine Qualifikationen bringen mir Sicherheit und damit Unabhängigkeit und letzten Endes auch ein Stück Freiheit“ Strukturelle Hemmnisse bei der Beruflichen Integration

Charalabos Patrikalakis, 49, Zahntechnikermeister

2.3 Bildungssystem 2.3.1 Übergang vom Kindergarten in die Schule Ein gelungener Übergang vom Kindergarten in die Grundschule stellt für jedes Kind eine wesentliche Grundlage für den künftigen Bildungsweg dar. Die Situation von Kindern mit Migrationshintergrund ist jedoch teilweise geprägt von sozialer Benachteiligung und biographischen Belastungen (z. B. Fluchterfahrung). Diese gilt es schon zu diesem frühen Zeitpunkt wahrzunehmen und möglichst frühzeitig auszugleichen. Durch eine enge Kooperation der vorrangig mitwirkenden Verantwortlichen wie Eltern, ErzieherInnen, FachberaterInnen für Kindertageseinrichtungen (der kommunalen und freien Träger), Verwaltungskräfte im Aufgabenbereich Kindertageseinrichtungen, MitarbeiterInnen der Jugendhilfe, Grundschulen, Schulräte, SchulärztInnen und KinderärztInnen erhöhen sich die Startchancen in dieser Übergangssituation. Weitere Informationen zu Fördermöglichkeiten beim Übergang vom Kindergarten in die Grundschule bekommen Sie bei:

Hinweis

Sozialpädagogisches Institut NRW – Zentrale wissenschaftliche Einrichtung der Fachhochschule Köln – An den Dominikanern 2, 50668 Köln Telefon: 02 21/1 60 52-0 Telefax: 02 21/1 60 52-50

2.3.2 Ausbildungs- und Qualifikationsstand Schulische Bildung ist ein wesentlicher Integrationsfaktor. Die internationale Vergleichsstudie PISA kommt zu der Erkenntnis, dass die Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen in Deutschland stärker vom sozialen Status der Eltern abhängen als in allen übrigen Vergleichsländern, welche an der Studie teilgenommen haben. Das ist ein Indiz dafür, dass deutsche Bildungsinstitutionen es bislang nicht geschafft haben, soziale Ungleichheiten hinreichend zu Jugendliche in Deutschland mit Hochschulreife kompensieren. Dieses Versäumnis wirkt sich insbesondere auch auf Kinder mit Migrationshintergrund aus, weil sie zu einem großen Teil aus bildungsfernen und materiell benachteiligten Familien stammen. Rechtlich sind ausländische SchülerInnen zwar durch die allgemeine Schulpflicht spätestens seit Mitte der 1960er Jahre in formaler Hinsicht mit Deutschen gleichgestellt; tatsächlich besteht aber keine Chancengleichheit im Bildungssystem. Bei den Schulabschlüssen ausländischer Jugendlicher dominiert klar

jeder 4. deutsche Jugendliche und

jeder 10. ausländische Jugendliche hat Abitur.

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der Hauptschulabschluss. Während fast 70% der deutschen Schüler einen mittleren oder höheren Abschluss erzielen, verlassen nur etwa 40% der ausländischen Schülerinnen und Schüler die allgemein bildende Schule mit einem solchen Abschluss. Auffallend ist zudem der Unterschied zwischen deutschen und ausländischen Schulabschlüssen bei der Hochschulreife. Etwa jeder vierte Deutsche verlässt die allgemein bildende Schule mit dem Abitur; bei den ausländischen Jugendlichen ist es nur etwa jeder Zehnte. Bei Jugendlichen aus reinen Zuwandererfamilien (kein Elternteil in Deutschland geboren) findet man laut der PISA-Studie noch heute eine so geringe Bildungsbeteiligung, wie sie in Deutschland um 1970 anzutreffen war: Hauptschulbesuch bei 50%, Gymnasialbesuch bei etwa 16% aller Schüler.

Strukturelle Hemmnisse bei der Beruflichen Integration

Das mehrgliedrige deutsche Schulsystem begünstigt laut der PISA-Studie eine soziale Auslese. Davon sind insbesondere Schüler und Schülerinnen mit Migrationshintergrund betroffen. Es ist dringend erforderlich, Schüler und Schülerinnen aus sozial benachteiligten Familien durch den Ausbau von Ganztags- und Gesamtschulen sowie von Förderunterricht eine gleichberechtigte Teilhabe am Bildungssystem zu ermöglichen. Dies ist eine wichtige Voraussetzung zur Verbesserung ihrer Beschäftigungsfähigkeit und ihrer Chancen auf dem Arbeitsmarkt. 2.3.3 „Seiteneinsteiger“ Das deutsche Schulsystem ist personell und konzeptionell nicht unmittelbar auf die Aufnahme von „Seiteneinsteigern“ ohne Deutschkenntnisse eingestellt. Für Kinder bzw. Jugendliche, welche nach Deutschland einreisen, bestehen zwar besondere Förder- oder Integrationskonzepte, aber diese sind oft nicht ausreichend bekannt bzw. nur schwach ausgeprägt. Dass den betroffenen Kindern eine schnelle schulische Integration oft schwer fällt, ist deshalb verständlich. 2.3.4 Übergang von der Schule in den Beruf Der Berufseinstieg stellt die Schlüsselphase der Erwerbsbiographie dar. Ungünstige Startbedingungen beim beruflichen Einstieg sind später schwer auszugleichen. Spätestens seit den 1990er Jahren ist das System der beruflichen Ausbildung in Deutschland mangels eines ausreichenden Angebots an Ausbildungsplätzen in der Krise. Für viele Jugendliche bleiben nur Ersatzmaßnahmen zur beruflichen Ausbildung. Eine außerbetriebliche Ausbildung ist oftmals die letzte Alternative für diejenigen Schulabgänger, die bei der Konkurrenz um einen betrieblichen Ausbildungsplatz auf Grund ihrer schlechteren Schulleistungen unterliegen. Hinzu kommt, dass viele Jugendliche die Schule ohne Abschluss verlassen oder eine Lehre abbrechen und nur wenige einen weiterführenden Bildungsabschluss erzielen. Hinweis

Informationen zur schulischen Seiteneinsteiger-Beratung bekommen Sie bei Ihrer örtlich zuständigen Regionalen Arbeitsstelle zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwanderfamilien (RAA). Hauptstelle RAA NRW Tiegelstr. 27; 45141 Essen Internet: weiterleitung2.raa@elixis.de Telefon: 0201/83 28 301

2.3.5 Berufliche Bildung Menschen mit Migrationshintergrund verfügen statistisch gesehen erheblich seltener über formale Berufsabschlüsse als Deutsche. Sie sind häufiger als un- und angelernte Arbeitskräfte beschäftigt und überproportional häufig von Arbeitslosigkeit betroffen. Die Beteiligung ausländischer Jugendlicher an der Berufsausbildung ist laut dem Bundesinstitut für Berufsbildung seit Mitte der 1990er Jahre kontinuierlich rückläufig. Sicherlich sind die Gründe für das Scheitern junger Migrantinnen und Migranten auf dem Ausbildungsmarkt zum einen im allgemeinen Rückgang von Ausbildungsplätzen und in der im Vergleich zu deutschen Jugendlichen ungünstigeren Bildungssituation zu finden. Andererseits sind viele Ausbildungsbetriebe äußerst zurückhaltend bei BewerberInnen ausländischer Herkunft. Bedacht werden muss jedoch auch, dass das besondere Berufswahlverfahren, die auf wenige spezielle, aus der Sicht der Jugendlichen besonders attraktive Berufe beschränkte Wahl, wie auch das Verharren in vorhandenen Netzwerken dazu führt, dass berufliche Ausbildung in der Migrantinnen- und Migrantencommunity noch weniger angestrebt wird als in der Vergleichsbevölkerung.

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Es lockt zunächst das schnelle Geld, wohingegen der Nutzen einer beruflichen Ausbildung vielleicht erst in oder nach der Familienphase für die Individuen erfahrbar wird. Informationen über Möglichkeiten zur Ermittlung von Potenzialen und Kompetenzen finden Sie in Kapitel 7 des Wegweisers.

Hinweis

Strukturelle Hemmnisse bei der Beruflichen Integration

2.3.6 Zweite Chance zum Berufsabschluss Die Berufsbildungsberichte der vergangenen letzten Jahre machen deutlich, dass viele junge Menschen mit ausländischem Pass sowie eine nicht bekannte, aber ebenfalls erhebliche Zahl mit deutschem Pass und Migrationshintergrund über keinen anerkannten Berufsabschluss verfügen. Zur Zeit kommen Jahr für Jahr weitere junge Menschen hinzu. Die Situation auf dem Ausbildungsstellenmarkt hat sich zwar etwas entspannt, doch kann infolge der im Laufe der Jahre angehäuften Altfälle von einer Entwarnung keine Rede sein. Menschen mit Migrationshintergrund haben im Vergleich zu Deutschen weitaus häufiger keine formale Berufsausbildung „Wenn die Menschen lesen können, lernen sie zu denken und kritische Fragen zu stellen. Das ist ein erster Weg aus Armut heraus. Das gilt in Haiti wie in Deutschland.“ Zaneda Gerner, 44, Sozialpädagogin und Künstlerin

und arbeiten stärker in an- und ungelernten Tätigkeiten. 72% der arbeitslos gemeldeten Ausländer und Ausländerinnen waren im Jahr 2003 ohne Berufsabschluss, Deutsche dagegen zu 28%. Von den 14- bis 18jährigen Ausländern und Ausländerinnen hatten 40% keine Ausbildung (2002). Die Erkenntnisse der BiBB/EMNID-Studie „Jugendliche ohne Berufsausbildung“ unterstrichen, dass die bisher entwickelten Initiativen weiter verstärkt und ausgebaut werden sollten, da immer noch ca. 1,3 Mio. junge Menschen zwischen 20 und 29 Jahren ohne Berufsabschluss bleiben. Derzeit ist die Arbeitslosenquote ausländischer Staatsangehöriger – um 20 % schwankend – doppelt so hoch wie die Gesamtquote, die bei knapp unter 10 % liegt. Dass ein bedeutender Teil der Erwerbsfähigen nicht in erwünschtem Maße am wirtschaftlichen Aufschwung partizipiert, liegt vor allem an deren ungünstigen Ausgangsbedingungen. Während es zahlreiche Förderansätze gibt, die vor allem auf Neubewerber zugeschnitten sind (wie berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen, Einstiegsqualifizierung, ausbildungsbegleitende Hilfen, Vorbereitung an beruflichen Schulen), fehlen Instrumente, die speziell auf die Gruppe der über 25jährigen gerichtet sind. Diese haben das ausbildungstypische Alter überschritten und wünschen sich zwar einen Berufsabschluss, wollen aber nicht mehr vom „Punkt Null“ anfangen. Angesichts von 1,4 Millionen jungen Menschen im Alter von 20 bis 29 Jahren ohne formalen Berufsabschluss bei gleichzeitig virulent werdendem Facharbeitermangel gewinnt die Nachqualifizierung unter dem Schlagwort „Zweite Chance zum Berufsabschluss“ neue Aktualität. Unsere Darstellung soll verdeutlichen, dass Fördermaßnahmen für über 25jährige in der Phase des Aufschwungs dringlicher denn je sind. Wenn solche Maßnahmen fehlen, bleibt diese Gruppe Teil der strukturellen Arbeitsmarktreserve, die als Problemgruppe in den nächsten Abschwung gerät – mit all den Folgen, die dies für das Sozialsystem und für die Motivation der Betroffenen hätte.

Angesichts von 1,4 Millionen Menschen im Alter von 20-29 Jahren ohne formalen Berufsabschluss bei gleichzeitigem Facharbeitermangel gewinnt die Nachqualifizierung unter dem Schalgwort „Zweite Chance zum Berufsabschluss“ neue Aktualität

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Thesen zur Ausbildungs- und Arbeitsmarktsituation jugendlicher Migrantinnen und Migranten  Der anhaltende Abbau der betrieblichen Ausbildungsstellen verschlechtert bei gleichzeitig steigenden Schulabgängerzahlen die Chancen von Jugendlichen ohne Abschluss bzw. mit Hauptschulabschluss, eine Ausbildungsstelle zu bekommen. Der Verdrängungswettbewerb geht vor allem zu Lasten Jugendlicher mit nichtdeutscher Staatsangehörigkeit. Ihre Beteiligung an der dualen Ausbildung sank von 42 % in 1992 auf 28 % in 2004. Im Jahr 2005 verringerte sich die Ausbildungsbeteiligung weiter auf 25 %.  Häufig wird in diesem Zusammenhang auf die niedrigeren Schulabschlüsse und auf mangelnde Deutschsprachkenntnisse der ausländischen Jugendlichen verwiesen.

Beteiligung Jugendlicher mit nicht-deutscher Staatsangehörigkeit an der dualen Ausbildung

42 % 28 % 1992

2004

25 % 2005

Strukturelle Hemmnisse bei der Beruflichen Integration

 Selbst in Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs verschärft sich die Arbeitsmarktlage für An- und Ungelernte weiter. Die Erfahrungen der berufsbegleitenden Nachqualifizierung zeigen, dass viele junge Menschen einen Berufsabschluss erreichen, die dieses Ziel durch eine reguläre Weiterbildung oder Erstausbildung nicht erreichen könnten bzw. erreicht haben, wenn Beschäftigung und Qualifizierung kombiniert werden. Ein Bedarf hierfür besteht, denn die Arbeitsagenturen und ARGEn haben immer mehr Schwierigkeiten, junge Menschen dauerhaft in Arbeit zu integrieren, wenn diese nicht über Facharbeiter- bzw. entsprechende Qualifikationen verfügen. In der derzeitigen Arbeitsmarktsituation können Fachkräfte von Betrieben immer häufiger auch auf Arbeitsplätzen eingesetzt werden, die früher von Angelernten besetzt waren, denn auf Dauer würde es zu teuer, bei jeder Produktionsumstellung ein neues Trainingsprogramm für Angelernte zu finanzieren. Diese vertikale Verdrängung hält weiter an.  Ausländische Jugendliche sind im betrieblichen Auswahlverfahren zudem oft benachteiligt, weil ihnen persönliche Beziehungen bzw. Netzwerke fehlen, deren Bedeutung bei der Ausbildungsstellensuche wächst. So nutzen Jugendliche und junge Erwachsene die verfügbaren Informationen zum Einstieg in den Beruf nicht ausreichend. Dazu trägt bei, dass im Elternhaus die Möglichkeiten der dualen Berufsausbildung nicht genügend bekannt sind. Auch die Vielfältigkeit des Ausbildungsangebots wird oftmals nicht berücksichtigt. Außerdem fehlen Grundkenntnisse über Weiterbildungsmöglichkeiten und den damit verbundenen Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Vorbehalte und bewusste sowie unbewusste Diskriminierungen in der Arbeitswelt führen gleichzeitig dazu, dass Menschen mit Migrationshintergrund weniger Chancen bei der Ausbildungsplatzsuche haben als andere (Berufsbildungsbericht 2005, 2006).  Jugendliche mit Migrationshintergrund münden häufig in Bildungsgänge, die lediglich eine berufliche Grundbildung vermitteln. Vor dem Hintergrund fehlender betrieblicher Ausbildungsplätze weichen Bewerber mit Migrationshintergrund auf Bildungsgänge des „Übergangssystems“ aus. Dort erwerben sie eine berufliche Grundbildung oder absolvieren ein Praktikum. Sie sind häufiger in der Berufsvorbereitung (BVJ oder BvB Maßnahmen) anzutreffen. Solche Maßnahmen verbessern jedoch, wie der Bildungsbericht 2006 darstellt, die Chancen auf einen Ausbildungsplatz nur geringfügig.  Den betroffenen Migrantinnen und Migranten sollten Perspektiven für eine qualifizierte Tätigkeit auf dem Arbeitsmarkt im Sinne einer zweiten Chance zur Berufsbildung eröffnet werden. Zu dieser Zielgruppe gehören: < <

Ältere Arbeitnehmer über 25 Jahre mit Migrationshintergrund ohne Schulabschluss, Ältere Migrantinnen und Migranten über 25 ohne Berufsausbildung, die in früheren Jahren eine Hilfsarbeitertätigkeiten ausgeübt haben.

 Ihre Qualifizierungschancen im Übergang zur Berufsausbildung können durch folgende Maßnahmen erhöht werden: <

<

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In der Berufsvorbereitung sind betriebsnahe Angebote zu entwickeln und zu nutzen, welche die Chancen auf Integration in Ausbildung und Beschäftigung verbessern. Die Einbindung der Angebote in berufliche Qualifikationsnetzwerke (BQN) stärkt die Zusammenarbeit der Akteure und trägt zur Qualitätssteigerung bei.


Nachqualifizierung als zweite Chance meint: Vor dem Hintergrund eines steigenden Qualifikationsbedarfs – eines einzelnen Menschen, um Beschäftigungsfähigkeit abzusichern, oder eines Unternehmens, um Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten – ergibt sich die Notwendigkeit, Weiterbildung so zu gestalten, dass sie transparent ist, Regelungslücken beseitigt und dadurch Teilhabechancen erhöht. Die schon lange bestehende Forderung, Weiterbildung zur vierten Säule des Bildungssystems auszubauen, muss endlich umgesetzt werden. Mittlerweile haben wichtige politische Akteure die Notwendigkeit eines Ausbaus von Angeboten zur Nachqualifizierung junger Erwachsener erkannt. Die Arbeitsgruppe Aus- und Weiterbildung des Bündnisses für Arbeit forderte zum Beispiel, ungelernte Arbeitskräfte in die betriebliche Weiterbildung einzubeziehen und ihnen beschäftigungssichernde Weiterbildungsangebote zu unterbreiten. Entsprechende Anregungen wurden im jüngsten Berufsbildungsbericht der Bundesregierung (2006) als Handlungsnotwendigkeit formuliert. Mittlerweile wurden auch die Finanzierungsbedingungen des Arbeitsförderungsrechtes erheblich verbessert:

Empfehlungen zur zweiten Chance

Strukturelle Hemmnisse bei der Beruflichen Integration

Nach SGB III können auch an- und ungelernte Beschäftigte gefördert werden. Die Lernenden erhalten oder behalten ihren Arbeitsplatz und erreichen gleichzeitig einen anerkannten Berufsabschluss. Bereits während der Weiterbildung können Lernende in ein betriebliches Arbeitsverhältnis integriert werden. Wer sich zum Berufsabschluss weiterbildet, muss sein Arbeitsverhältnis nicht aufgeben. Empfehlung

 Ziel ist immer ein nach dem Berufsbildungsgesetz oder der Handwerksordnung anerkannter Berufsabschluss. Grundlage ist die jeweilige Verordnung über die Berufsausbildung mit dem Berufsbild und den Inhalten des Ausbildungsrahmenplanes.  Das Angebot der berufsbegleitenden Nachqualifizierung zum Berufsabschluss in Verbindung mit Beschäftigung ist gedacht für diejenigen, die sich bereits in einem Arbeitsverhältnis befinden und dies nicht aufgeben möchten oder die in erster Linie einen neuen Arbeitsplatz suchen, aber am Erwerb eines Berufsabschlusses interessiert sind, wenn dies berufsbegleitend möglich ist.  Angebote des allgemeinen, politischen und kulturellen Lernens werden öffentlich gefördert.  Beim Nachholen eines schulischen bzw. beruflichen Abschlusses soll der Lebensunterhalt für junge Erwachsene besonders gefördert werden.  Die individuellen Bildungsbemühungen von arbeitslosen jungen Erwachsenen über 25 Jahre sollen durch Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs bei eigeninitiierter Ausbildung gefördert werden.  Die Beratungsangebote müssen im Sinne einer aufsuchenden Beratung ausgeweitet werden.  Das Lernkonzept sollte die vorhandenen Erfahrungen, Kompetenzen und Stärken aus bisheriger Berufstätigkeit mit einbeziehen und diejenigen berücksichtigen, die aus schulischen, sozialen, kulturellen oder sprachlichen Gründen einer besonderen Förderung bedürfen.  Curriculum und Maßnahmenkonzept für die Weiterbildung zum Berufsabschluss (Modulgliederung, Untergliederung in Bausteine, Lehrpläne, Lernorte, Prüfungs- und Feststellungsverfahren) sind mit den nach dem Berufsbildungsgesetz zuständigen Stellen abgestimmt. Die Abschlussprüfung erfolgt entweder als Maßnahmenprüfung (Umschulung) oder als Externenprüfung.  Die erworbenen Qualifikationen werden durch Zertifikate bestätigt und dokumentiert. Dadurch wird der Zugang zur Externenprüfung erleichtert. Kompetenzen aus bisherigen Berufstätigkeiten können anerkannt werden. Die Qualifizierung zum Berufsabschluss kann auf längere Zeiträume verteilt werden (z. B. unterbrochen durch eine Familienphase oder Vollzeitbeschäftigung).

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Forderungen an die Ausbildung: < Vorgeschaltete Kompetenzfeststellung < Festlegung der notwendigen Qualifizierung < berufsbegleitende Qualifizierung (im Betrieb, in wirtschaftsnahen Einrichtungen, bei Bildungsträgern, in Schulen) < geförderte Beschäftigung (z.B. durch Lohnkostenzuschüsse) < ggf. Organisation von begleitenden persönlichen Hilfen < Beratung und begleitende Hilfen für den Betrieb (Qualifizierungspläne, Beratung zu Förderinstrumenten, Antragsstellung etc.) < Prüfung durch denjenigen, der die Qualifikationen vermittelt < Anerkennung der Zeugnisse beim Zulassungsverfahren zur Externenprüfung < Externenprüfung

Umsetzung: < Die Arbeitsagenturen filtern Altbewerber, deren Ausbildungsfähigkeit nicht grundsätzlich in Frage steht, die aber ihre erste Chance verpasst haben. < Die Kammern erarbeiten Kriterien für die Zulassung zur Externenprüfung. < Bildungsträger begleiten Betriebe und Jugendliche.

Strukturelle Hemmnisse bei der Beruflichen Integration

Wer finanziert? Der Zielgruppe ist Beschäftigung und Existenzsicherung durch Arbeitseinkommen wichtig. Ein erfolgreiches Qualifizierungsmodell muss deshalb in Beschäftigung eingebettet sein und vorhandene Vorqualifikationen berücksichtigen (z.B. aus abgebrochener Ausbildung, Joberfahrung). Da die Finanzierung durch die Betriebe sehr stark von der Betriebsgröße abhängig ist – je kleiner die Betriebsgröße, desto kleiner die Chance der Finanzierung –, kommt es darauf an, das System über staatliche Förderung dort zu unterstützen, wo dies unabdingbar ist. Wichtig ist die Finanzierung aus einer Hand. Sonderprogramme oder ESF-Programme sind hilfreich, um bestimmten Zielgruppen den Zugang zu erleichtern und insgesamt mehr Mittel zur Verfügung zu stellen. Die im JOB-AQTIV-Gesetz sowie im WEGEBAU Programm enthaltene Möglichkeit, Betrieben einen Lohnkostenersatz für die Freistellung von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen ohne Berufsabschluss zur Teilnahme an einer entsprechenden Weiterbildung zahlen zu können, schafft eine wesentliche Grundvoraussetzung für eine stärkere Beteiligung Angelernter an beruflicher Weiterbildung. Finanzierung Die Bundesagentur für Arbeit hat für die Jahre 2007 ff. zwei Programme zur Förderung von so genannten Betreuungskunden bzw. zur Förderung von gering qualifizierten Beschäftigten aufgelegt. Beide sind für die Förderung der beruflichen Integration von Migrantinnen und Migranten geeignet. Mit dem Programm „Integrationsfortschritt für Betreuungskunden“ (IfB), ausgestattet mit 200 Mio. Euro, soll eine langfristige Eingliederungsperspektive gefördert werden. Unter anderem werden längerfristige Weiterbildungen (Umschulungen oder Maßnahmen zur Qualifikationserweiterung) ermöglicht. Empfehlung

 Gerade wegen der Unterrepräsentanz ausländischer Arbeitsloser bei anderen Arbeitsmarktinstrumenten sollte hier der individuelle Förderbedarf von Arbeitslosen mit Migrationshintergrund besonders berücksichtigt werden.  Das Programm WeGebAU, für das in 2007 ebenfalls 200 Mio. Euro zur Verfügung stehen, richtet sich an gering qualifizierte Beschäftigte und an Ältere in KMU (Kleinen und Mittleren Unternehmen). Personen mit Migrationshintergrund sind als Zielgruppe einbezogen.  Die Maßnahmen sind präventiv ausgerichtet auf die Förderung der beruflichen Weiterbildung für Per-

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sonengruppen, die (noch) beschäftigt sind, aber ein hohes Arbeitsplatzrisiko aufweisen. Da eine große Zahl von Beschäftigten mit Migrationshintergrund an- oder ungelernte Tätigkeiten ausübt, besteht hier eine Möglichkeit für ihre berufliche Weiterbildung, kombiniert mit der Verbesserung ihrer Sprachkenntnisse.  Beim Einsatz des Programms in der Praxis muss das Ziel der nachhaltigen Integration in qualifizierte Berufe im Vordergrund stehen.  Bei der Auswahl der geförderten Personen sind Menschen mit Migrationshintergrund ausreichend zu berücksichtigen.  Evaluierung ist – auch wegen möglicher Mitnahmeeffekte – erforderlich.  Das Programm sollte stärker von den Arbeitsagenturen beworben werden.

Eine Förderung der betrieblichen Fort- und Weiterbildung, die sich auch den besonderen Herausforderungen der Menschen mit Migrationshintergrund annimmt, erfordert:

Strukturelle Hemmnisse bei der Beruflichen Integration

Das neue Programm WeGebAU der Bundesagentur bietet Fördermöglichkeiten, die allerdings noch wenig bekannt sind. Darüber hinaus bestehen in einigen Branchen, z.B. in der Chemie- und Metallindustrie, Vereinbarungen der Tarifvertragsparteien zur beruflichen Weiterbildung. Empfehlung

 Verbesserung der rechtlichen Möglichkeiten zur Teilnahme an entsprechenden Maßnahmen über den Ausbau der Freistellungsgesetze der Länder und ein Bundesrahmengesetz Weiterbildung,  stärkere Konzentration der Qualifizierungsmaßnahmen auf Maßnahmen, mit denen die berufliche Stellung von bislang angelernten Beschäftigten verbessert werden,  verstärkte Nutzung der Fördermöglichkeiten durch die Betriebe,  Entwicklung von Maßnahmen, bei denen die Verbesserung von beruflichen und sprachlichen Kompetenzen verknüpft werden,  Möglichkeiten, Weiterbildungsfonds in die Finanzierung einzubeziehen, in welche weiterbildungswillige Unternehmen eine Bildungsabgabe einzahlen. 2.3.7 Hochschulbildung Im Wintersemester 2003/2004 waren laut Statistischem Bundesamt insgesamt 246.136 ausländische Studentinnen und Studenten an deutschen Hochschulen (Universitäten und Fachhochschulen) immatrikuliert. Der Anteil ausländischer Studierender lag damit bei 12,2% alle Immatrikulierten. Dieser relativ hohe Anteil ausländischer Studierender ist jedoch fast ausschließlich auf den hohen Anteil der Bildungsausländer zurückzuführen. Lediglich 26,7% (65.830) der ausländischen Studierenden waren Bildungsinländer, d.h. ausländische Studierende, welche ihre Hochschulzugangsberechtigung in Deutschland erworben haben. Der Anteil der Bildungsinländer ohne deutsche Staatsangehörigkeit an allen Studierenden betrug laut Statistischem Bundesamt 3,3% und ist seit dem Wintersemester 1999/2000 (3,5%) rückläufig.

2.4 Rechtliche Hindernisse Für einen Teil der in Deutschland lebenden Migrantinnen und Migranten bestehen rechtliche Beschränkungen bei Zugang zum Arbeitsmarkt. Drittstaatsangehörige3 benötigen eine behördliche Genehmigung, um in Deutschland überhaupt einer Beschäftigung nachgehen zu können (§ 18 ff Aufenthaltsgesetz). Nach dem sog. „Vorrangprinzip“ kommen ausländische Bewerber für eine offene Stelle nur in Betracht, sofern kein arbeitsloser Deutscher, Unionsbürger oder ein bereits privilegierter Drittstaatsangehöriger zur Verfügung steht. 2.4.1 Geduldete Geduldeten kann mit Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt 3 Nichtdeutsche Staatsangehörige aus einem Staat außerhalb der EU

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werden, wenn sie sich seit einem Jahr erlaubt oder geduldet im Bundesgebiet aufhalten (§ 10 Beschäftigungsverfahrensverordnung). 2.4.2 Asylbewerberinnen und Asylbewerber Gleiches gilt für Asylbewerber, die sich seit einem Jahr gestattet im Bundesgebiet aufhalten. In beiden Fällen erfolgt zuvor eine Arbeitsmarktüberprüfung durch die Bundesagentur für Arbeit. Hierzu stellt die Ausländerbehörde in einem internen Zustimmungsverfahren unter Angabe der für das Arbeitsverhältnis relevanten Daten eine entsprechende Anfrage bei der Bundesagentur für Arbeit. Häufig wird zu Unrecht die Ansicht vertreten, dass die deutsche Staatsangehörigkeit eine notwendige Voraussetzung ist, um überhaupt als Beamter, Beamtin, Angestellte/r oder Arbeiter/Arbeiterin im öffentlichen Dienst beschäftigt sein zu können.

Strukturelle Hemmnisse bei der Beruflichen Integration

Hinweis

Informationen über Möglichkeiten der Erwerbstätigkeit Geduldeter bzw. Asylsuchender er-halten Sie bei der Bundesagentur für Arbeit.

2.4.3 Migrantinnen und Migranten mit deutscher Staatsangehörigkeit Migrantinnen und Migranten mit deutscher Staatsangehörigkeit sind Deutsche im Sinne des Grundgesetzes und haben folglich gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Landesbeamtengesetz NRW (LBG NW) einen grundsätzlich uneingeschränkten beruflichen Zugang in den öffentlichen Dienst des Landes NRW. Dies gilt sowohl für das Arbeiteroder Angestellten- als auch für das Beamtenverhältnis. 2.4.4 Migrantinnen und Migranten mit doppelter Staatsangehörigkeit Der Besitz der doppelten Staatsangehörigkeit steht einer Berufung in das Beamtenverhältnis bzw. Arbeiteroder Angestelltenverhältnis im öffentlichen Dienst nicht entgegen. 2.4.5 Migrantinnen und Migranten mit der Staatsangehörigkeit eines Mitgliederstaates der EU Das Berufsbeamtentum ist grundsätzlich für EU-Bürger geöffnet. Migrantinnen und Migranten ohne deutsche, aber mit der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der EU können daher grundsätzlich in das Beamtenverhältnis berufen werden. Ausgenommen sind lediglich Tätigkeiten, welche eine unmittelbare oder mittelbare Teilnahme an der Ausübung hoheitlicher Befugnisse und die Wahrung solcher Aufgaben mit sich bringen (z.B. Justiz, Polizei, Militär, Steuerverwaltung, nicht aber z.B. das Gesundheitswesen, Verkehrs- und Transportdienste, Post, Bahn, Schulen und Hochschulen).

„Russisches Kino und russische Kunst waren und bleiben meine große Leidenschaft. Ich bin glücklich, dass ich auch hiern in Deutschland mit meinen Fähigkeiten und Interessen Fuß fassen konnte und mit Jugendlichen arbeiten kann. Ich bin zwar nicht mehr Russischlehrer wie in Lettland, habe aber meinen beruflichen Weg trotzdem gefunden“ Wladimir Weinberg, 38, Lehrer und Projektkoordinator 2.4.6 Migrantinnen und Migranten ohne deutsche Staatsangehörigkeit Bei der Frage, ob und in welcher Form Migrantinnen und Migranten ohne deutsche Staatsangehörigkeit beruflichen Zugang zum öffentlichen Dienst haben, ist rechtlich zwischen Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes zu unterscheiden. 2.4.7 Beamte Grundsätzlich ist die deutsche Staatsangehörigkeit zur Berufung in das Beamtenverhältnis erforderlich. In das 22


Beamtenverhältnis darf nur berufen werden, wer „Deutscher im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes ist“ (§ 6 Absatz 1 Nummer 1 des Landesbeamtengesetzes NRW; § 4 Absatz 1 Nummer. 1 und 2 Beamtenrechtsrahmengesetz (BRRG)). Eine gleichlautende Regelung enthält für die Beamten des Bundes § 7 Absatz 1 Nummer. 1 und 2 Bundesbeamtengesetz (BBG). Der Anteil von Beamten bzw. Angestellten mit Migrationshintergrund liegt im öffentlichen Dienst weit unter dem allgemeinen Bevölkerungsanteil der Menschen mit Migrationshintergrund. Folglich ist es von besonderer Bedeutung, über Zugangsvoraussetzungen zu informieren, um vorhandene Potenziale und Möglichkeiten von Migrantinnen und Migranten im Wege des beruflichen Zugangs auch für den öffentlichen Dienst nutzbar zu machen.

Strukturelle Hemmnisse bei der Beruflichen Integration

Ausnahmen von dem Grundsatz des Staatsangehörigkeitserfordernisses für Beamte: Gemäß § 6 Absatz 4 Landesbeamtengesetz NW kann das Innenministerium Ausnahmen von dem Erfordernis der deutschen Staatsangehörigkeit für Beamte zulassen, „wenn für die Gewinnung des Beamten ein dringendes dienstliches Bedürfnis besteht.“ Das dringende dienstliche Bedürfnis besteht, wenn der Bedarf auf andere Weise in naher Zukunft nicht befriedigt werden kann. Die Polizei NRW lässt insoweit beispielsweise auch nichtdeutsche Bewerber in Regionen mit überdurchschnittlicher ausländischer Bevölkerung zum Vollzugsdienst zu. Das dringende dienstliche Bedürfnis liegt darin, dass die Polizei derjenigen Kompetenzen, die die Bewerber ohne deutsche Staatsangehörigkeit mitbringen, bedarf, um sicherzustellen, dass sie ihre Aufgaben angemessen erfüllt. Die Polizeiarbeit wird durch einen verbesserten Kontakt zu Menschen mit Migrationshintergrund verbessert und ihre Akzeptanz bei nichtdeutschen Bevölkerungsgruppen erhöht. Im wissenschaftlichen und künstlerischen Bereich genügen gemäß § 4 Absatz 3, Satz 2 BRRG sogar hinreichende „andere Gründe“. 2.4.8 Angestellte des öffentlichen Dienstes Der Arbeiter- und Angestelltenstatus ist unabhängig von der Staatsangehörigkeit, weshalb Migrantinnen und Migranten auch ohne deutsche Staatsangehörigkeit in diesen Tätigkeitsbereichen beschäftigt sein können. Von jedem Bewerber werden jedoch die übrigen Einstellungsvoraussetzungen des öffentlichen Dienstes erwartet, d.h. Eignung, Befähigung und Leistung sowie für die Ausübung der Tätigkeit erforderliche deutsche Sprachkenntnisse. Weitere Informationen zu Bewerbungsverfahren und Einstellungsvoraussetzungen im öffentlichen Dienst bekommen Sie beim Innenministerium NRW.

Hinweis

2.4.9 Standesordnungen In bestimmten Berufsgruppen bestehen Berufs-/Beschäftigungsverbote für Migrantinnen und Migranten. So gibt es für Ärzte oder Psychotherapeuten grundsätzlich kein uneingeschränktes Niederlassungsrecht. Gemäß § 3 der Bundesärzteordnung wird Nicht-EU-Staatsangehörigen grundsätzlich keine Approbation als Arzt erteilt, sofern sie eine eigene Praxis betreiben möchten, es sei denn, sie gelten als „heimatlose Ausländer“ oder sie stammen aus einem Staat, mit dem Deutschland und die EU einen entsprechenden Rechtsanspruch vereinbart haben. Ausnahmen gelten für besondere Einzelfälle oder aus Gründen des öffentlichen Gesundheitsinteresses, doch kommt dieses selten zum Tragen. Die Ärztekammern informieren auf ihren Homepages im Einzelnen über die Formalitäten, die beim Antrag auf Erteilung der Approbation zu beachten sind.

Hinweis

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3

Anerkennung ausländischer Bildungsnachweise

Anerkennung Der deutsche Arbeitsmarkt verlangt zunehmend nach hoher beruflicher bzw. fachlicher Qualifikation. Das Zuwanderungsgesetz hat zwar neue Niederlassungs- und Zuwanderungsmöglichkeiten für Hochqualifizierte geschaffen, doch lösen diese nicht die Probleme bei der Aner-kennung ausländischer Abschlüsse. Personen, die ihre Abschlüsse im Ausland erworben haben, schaffen es häufig nur unter erschwerten Bedingungen, diese als gleichwertig mit einem entsprechenden deutschen Abschluss anerkennen zu lassen. Erforderlich für die Anerkennung bzw. Gleichstellung sind entweder bilaterale Abkommen zwischen dem Heimatland und der BRD oder ein Gesetz, das die Gleichstellung regelt. Bilaterale Abkommen, die eine zwischenstaatliche Anerkennung bzw. Gleichstellung bestimmter Ausbildungsabschlüsse regeln, wurden bisher lediglich mit Österreich und Frankreich abgeschlossen.

Anerkennung ausländischer Bildungsnachweise

Wer einen handwerklichen Abschluss auf Facharbeiterniveau in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion, Polen, Rumänien, Tschechien und Slowenien sowie Ungarn erworben hat und eine Spätaussiedlerbescheinigung oder einen Vertriebenenausweis besitzt, kann die Anerkennung bzw. Gleichstellung seines Ausbildungsabschlusses gem. § 10 Bundesvertriebenengesetz beantragen. In Deutschland gibt es ca. 360 staatlich anerkannte Ausbildungsberufe mit genauen Regelungen zu Ausbildungsinhalten, zu Prüfungen, Rechten und Pflichten der Auszubildenden sowie der Ausbildenden. Grundsätzlich gibt es zwei Wege, eine Berufsausbildung zu absolvieren: 1. über die duale Ausbildung, bei der der Auszubildende die praktischen Fähigkeiten in einem Betrieb erwirbt und die fachtheoretischen Kenntnisse in der Berufsschule, und 2. ausschließlich an einer Fachschule. Zu den Berufen der dualen Ausbildung gehören nahezu alle handwerklichen und kaufmännischen Berufe. Das deutsche Berufs- und Ausbildungssystem bildet die Grundlage zur Anerkennung ausländischer Berufsqua-

„Durch die Emigration erfuhr ich früh die Vielfältigkeit des Lebens. In Deutschland verwirklichte ich meine beruflichen Entwicklungsträume und mein ehrenanmtliches Engagement findet Anerkennung in meiner Stadt. Meine Kinder lernen die russische und ich die englische Sprache, um die Partnerschaft von Russland und Europa bewusst zu erleben.“ Natalie Rudi, 33, Konzernrevisorin

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lifikationen: Dabei werden zunächst die Inhalte der deutschen Ausbildung mit den im Ausland erworbenen Qualifikationen verglichen. Darüber hinaus werden praktische Tätigkeiten und Weiterbildungen berücksichtigt. Damit überhaupt eine Anerkennung ausgesprochen werden kann, muss eine hohe inhaltliche Vergleichbarkeit bestehen. Um eine ausländische Berufsqualifikation in Deutschland schließlich anerkennen zu lassen, muss ein Antrag bei der jeweils zuständigen Anerkennungsstelle gestellt werden. Der Antrag wird geprüft, und nach einigen Wochen werden dem Antragsteller die Ergebnisse mitgeteilt.

3.1 Reglementierte und nichtreglementierte Berufe 3.1.1 Reglementiert Als reglementiert werden bestimmte Berufsbilder bezeichnet, wenn Regierungen, staatliche Stellen des Bundes, der Länder oder deren Parlamente, aber auch Selbstverwaltungsorgane wie z.B. Kammern präzise Vorschriften für die Zulassung zu diesem Beruf und für seine Ausübung erlassen haben. Möchte jemand einen reglementierten Beruf ausüben, so muss zunächst ein formelles Anerkennungsverfahren durchgeführt werden. Wer mit einer entsprechenden ausländischen Qualifikation einen reglementierten Beruf ausüben möchte, bedarf einer behördlichen Anerkennung seiner beruflichen Qualifikation. Die konkrete Zuständigkeit der Behörden richtet sich dabei nach dem Wohnort in der Bundesrepublik Deutschland. Wer noch keinen Wohnsitz in Deutschland hat und auch noch nicht weiß, wo er sich niederlassen möchte, hat mangels einer zuständigen Stelle keine Möglichkeit, seine berufliche Qualifikation für den Zugang zu einem reglementierten Beruf in Deutschland anerkennen zu lassen.

Berufsfelder

reglementierte Berufe

im Gesundheitswesen

Ärzte, Psychotherapeuten, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, Krankenpfleger und -schwestern, Hebammen und Entbindungspfleger, Logopäden, Sprachheilpädagogen, Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten, Physiotherapeuten, Diätassistenten, Technische Assistenten in der Medizin, Arzthelfer, Zahnarzthelfer, Tierarzthelfer, Heilpraktiker, Psychologen,

im pädagogischen Bereich

Lehrer, Erzieher, Sozialpädagogen, Sozialarbeiter, Kinderpfleger,

im technischen und im handwerklichen Bereich

Ingenieure, Architekten, Innenarchitekten, Techniker, Technische Assistenten, Meister,

in der Lebensmittelherstellung und -überwachung

Lebensmittelchemiker,

in der Land- und Forstwirtschaft

Gartenbauarchitekten, Landschaftsarchitekten, Forstbeamte

in der Rechtspflege

Rechtsanwälte, Richter, Notare,

sowie in der Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung

Wirtschaftsprüfer, Buchprüfer, Steuerberater.

Anerkennung ausländischer Bildungsnachweise

Reglementierte Berufe sind zu finden in folgenden Bereichen:

Bestimmte Berufe sind nur in einigen Bundesländern reglementiert (z.B. Dolmetscher/Übersetzer, Restaurator).

Im Handwerk sind ausschließlich sog. zulassungspflichtige Handwerke reglementiert. Eine Anerkennung der Berufsqualifikation ist nur für die Eintragung in die Handwerksrolle, d.h. für die Ausübung einer Selbstständigkeit zwingend erforderlich. Für eine abhängige Beschäftigung ist keine Anerkennung der Berufsqualifikation erforderlich. Wenn die entsprechenden Qualifikationen und Abschlüsse vorliegen, sollte man den Ratsuchenden empfehlen, keine Mühen zu scheuen, sich diese anerkennen zu lassen. 25


3.1.2 Nicht reglementiert Ist ein Beruf nicht reglementiert, so bedarf es keines besonderen Anerkennungsverfahrens, um die Berufstätigkeit aufzunehmen. In einem solchen Fall kann ein Arbeitgeber also grundsätzlich selbst über die Beschäftigung eines Bewerbers entscheiden. Dass ein Beruf nicht reglementiert ist, bedeutet jedoch nicht automatisch, dass die Berufsausübung frei ist. So kann es sein, dass der im Herkunftsland erlernte Beruf in Deutschland nicht als eigenständiger Beruf existiert oder die damit verbundenen Tätigkeiten Teil eines anderen Berufes und somit den Angehörigen dieser Berufsgruppe vorbehalten sind. Beispiel

Frau X hat eine Fachausbildung zur Psychotherapeutin absolviert und möchte in einem anderen EU-Mitgliedstaat arbeiten, in dem die Psychotherapie keinen eigenständigen Beruf darstellt, sondern ein Gebiet der Medizin und ihre Ausübung den medizinischen Psychiatern vorbehalten ist.

3.2 Anerkennungsverfahren bei den Kammern Die Industrie- und Handelskammern und die Handwerkskammern führen in der Regel eine so genannte „Vergleichbarkeitsprüfung eines ausländischen Aus- oder Weiterbildungsabschlusses“ durch (ähnlich geht die Landwirtschaftskammer vor). Dabei wird der deutsche Ausbildungsberuf, der zur Zeit des ausländischen Abschlusses aktuell war, mit dem ausländischen verglichen. Beide Prüfungen oder Befähigungsnachweise müssen „gleichwertig“ sein, d.h. sie müssen sich ähneln, Inhalte der Ausbildung oder des Berufes müssen den deutschen in der Qualität gleichen. Die Kammer wird eine so genannte Anerkennung aussprechen: Wenn sie den ausländischen Beruf als mit dem deutschen gleichwertig anerkennt, darf die deutsche Berufsbezeichnung geführt werden. Rechtsgrundlagen sind die Europäischen Richtlinien über die Anerkennung von Berufsqualifikationen und für Spätaussiedler das Bundesvertriebenengesetz.

Anerkennung ausländischer Bildungsnachweise

„Schon als Kind wollte ich Schneiderin werden. In Deutschland darf ich mich zwar nicht Schneidermeisterin nennen, aber ich bin als Modedesignerin anerkannt und entwerfe meine eigenen Kollektionen vom Hut bis zur passenden Tasche zum Kleid und kann auf die individuellen Bedürfnisse meiner Kundinnen eingehen“ Yadviga Adesskaya, 39, Modedesignerin

In den meisten Fällen nehmen die Kammern daher nur Einstufungen entsprechend des Aufbaus des deutschen Ausbildungs- und Beschäftigungssystems vor. Im Rahmen einer freiwilligen Stellungnahme wird die formelle, materielle und funktionelle Gleichwertigkeit in Anlehnung an die Kriterien für die Anerkennung von Qualifikationsnachweisen nach den EU Richtlinien für die Anerkennung von Berufsqualifikationen und nach dem Bundesvertriebenengesetz (BVFG) geprüft. Diese Einordnung der im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen ist keine offizielle Anerkennung des jeweiligen Berufs, so dass keine deutsche Berufsbezeichnung geführt werden darf. Sie kann aber dem Arbeitgeber helfen, die mitgebrachte Qualifikation besser einzuordnen und den ausländischen Arbeitnehmer seinen Fähigkeiten entsprechend einzusetzen. Allerdings wird das Gehalt zumeist geringer sein als das einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers mit entsprechendem deutschen oder gleichwertigen Berufsabschluss. Für zugewanderte Arbeitnehmer/innen ist die Einstufung nützlich, da sie zumeist mit Weiterbildungsempfehlungen verbunden wird, die zur Anerkennung führen können. Technikerqualifikationen aus osteuropäischen Ländern Eine Besonderheit stellt die Anerkennung von Technikerqualifikationen aus osteuropäischen Ländern dar: An-

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ders als in den Herkunftsländern der Spätaussiedler ist Technikerausbildung in Deutschland keine grundlegende Berufsausbildung, sondern wird im Anschluss an eine abgeschlossene Berufsausbildung und mehrjährige Berufspraxis durchgeführt und ist somit eine qualifizierte Weiterbildung. Daher kann nach dem Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 10.9.1993 eine Gleichstellung mit der hiesigen Ausbildung zum „Staatlich geprüften Techniker“ generell nicht erfolgen. Die Antragsteller werden von den Kammern bezüglich einer beruflichen Erstausbildung beraten. Gleichwertigkeit der Abschlüsse mit bundesdeutschen Abschlüssen Der Antragsteller muss aufgrund der ausländischen Ausbildung in der Lage sein, den Anforderungen der deutschen Ausbildungsordnung zu genügen. Gleichwertigkeit ist in formeller, materieller und funktioneller Hinsicht zu prüfen: Formell

Materiell

Funktionell

Erforderlich und hinreichend ist der Nachweis, dass es sich um eine förmliche Prüfung oder einen Befähigungsnachweis mit öffentlich anerkannter Berechtigung handelt.

Die Inhalte müssen insoweit übereinstimmen, dass noch von einer Vergleichbarkeit gesprochen werden kann.

Maßgeblicher Gesichtspunkt, der die beiden anderen Aspekte zurücktreten lässt.

Eine engere Auslegung ist aber erforderlich, wenn Folge der Anerkennung die Erlaubnis zum Umgang mit Gefahrstoffen ist (Schutz der Allgemeinheit).

Erforderlich ist die Gleichwertigkeit im Sinne gleicher beruflicher Qualifikation in der Wahrnehmung gleicher sozialer, wirtschaftlicher oder staatlicher Aufgaben (OVG Koblenz, 29.07 1960, AZ: 2 C 2 /58).

Anerkennung ausländischer Bildungsnachweise

Eine Identität der Prüfungsverfahren, -methoden oder Zusammensetzung der Prüfungsausschüsse ist nicht erforderlich.

Dieses Kriterium ist grundsätzlich sehr weit auszulegen (Eingliederungs- und Bestandsschutzgedanke).

3.2.1 Anerkennungsregelungen: für Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler Vertriebene und Flüchtlinge nach dem BVFG (Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen) und Flüchtlinge, zu denen auch Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion und Polen gehören, haben einen Anspruch auf Bewertung ihrer ausländischen Bildungsnachweise. Gemäß § 10 Absatz 2 des Bundesvertriebenengesetzes sind Prüfungen oder Befähigungsnachweise anzuerkennen, die Spätaussiedler in den Aussiedlungsgebieten abgelegt oder erworben haben, wenn sie den entsprechenden Prüfungen oder Befähigungsnachweisen in Deutschland gleichwertig sind. In Bezug auf die Anerkennung von Aussiedlerzeugnissen nichtakademischer beruflicher Qualifikationen gibt es einen speziellen Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 10.9.1993 („Grundsätze zur Bewertung und Anerkennung von Fach-mittelschulabschlüssen aus Polen und anderen osteuropäischen Ländern bei Berechtigten nach dem Bundesvertriebenengesetz“). 3.2.2 Anerkennungsregelungen: Kontingentflüchtlinge Kontingentflüchtlinge besitzen grundsätzlich keinen gesetzlichen Anspruch auf Gleichstellung ihrer beruflichen Befähigungsnachweise mit den deutschen Berufsqualifikationen. Die Kammern in Deutschland erstellen jedoch formlos eine Bescheinigung, aus welcher hervorgeht, welchem deutschen Abschluss der im Ausland erworbene Befähigungsnachweis entspricht. Eine derartige Bescheinigung dient den Betroffenen sowohl auf dem Arbeitsmarkt als auch bei einem beruflichen Fortbildungsvorhaben als informeller Nachweis der vorhandenen beruflichen Qualifikationen. 3.2.3 Regelungen zur Anerkennung von Bildungsnachweisen in der EU Bislang wurde die berufliche Anerkennung ausländischer Bildungsnachweise durch 15 EU-Richtlinien geregelt. Seit dem 20. Oktober 2007 ist es einfacher, eine berufliche Ausbildung, die in einem EU-Staat absolviert wurde, in einem anderen EU-Staat anerkennen zu lassen. Die Richtlinie 2005/36/EG ersetzt die zuvor gültigen 15 27


Richtlinien. Sie gilt für alle Angehörigen eines Mitgliedstaats der EU, welche als Selbstständige oder abhängig Beschäftigte einen reglementierten Beruf in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen ausüben wollen, in dem sie ihre Berufsqualifikationen erworben haben. Qualifikationen werden auf Antrag unmittelbar anerkannt, sofern die Voraussetzungen gegeben sind. Liegt eine Qualifikation für einen anderen reglementierten Beruf vor, erfolgt die Anerkennung auf der Grundlage der allgemeinen Richtlinien 89/48/EWG und 92/51/EWG. Danach ist die Qualifikation anzuerkennen, wenn der Beruf, den der Antragsteller im Staat der Ausbildung ohne weitere Ausbildung oder Prüfung ausüben darf, mit dem Beruf gleichartig ist, den er in Deutschland ausüben möchte. Dann wird geprüft, ob diese Ausbildung derjenigen in Deutschland im Wesentlichen vergleichbar ist. Ist dies der Fall und die Ausbildung wird als gleichwertig beurteilt, erfolgt die Anerkennung unmittelbar. Bestehen wesentliche Unterschiede, so wird die Anerkennung mit Auflagen verbunden (Anpassungslehrgang oder Eignungsprüfung – nach Wahl). Diese Auflagen können wegfallen, wenn eine ausreichend lange praktische Berufserfahrung nachgewiesen wird. Nur bei solchen Berufen, in denen gründliche Rechtskenntnisse unerlässlich sind, ist mit Billigung der Kommission der Europäischen Gemeinschaft durch die entsprechenden Bundesgesetze eine Eignungsprüfung vorgeschrieben (z.B. Rechtsanwälte, Patentanwälte, Wirtschaftsprüfer, Buchprüfer und Steuerberater).

3.2.3 Anerkennungsregelungen für EU-/EWR Staatsangehörige Betroffene können sich unter zwei Voraussetzungen auf die allgemeine Anerkennungsregelung berufen: 1. Der Beruf ist im Herkunftsmitgliedstaat reglementiert und 2. die berufliche Qualifikation ist vorwiegend im Mitgliedstaat erworben worden, d.h. der zeitlich größte Teil der Berufsausbildung ist in diesem Mitgliedstaat absolviert worden.

Anerkennung ausländischer Bildungsnachweise

Beispiel

Ein irischer Wirtschaftsprüfer beantragt in Deutschland die Anerkennung seiner beruflichen Befähigungsnachweise. Er besitzt die notwendige Qualifikation für die Ausübung dieses Berufs in Irland. Angenommen, er kann eine Berufsausbildung von insgesamt 7 Jahren nachweisen, davon 3 in den USA und 4 in den Niederlanden, fällt sein Anerkennungsantrag unter die allgemeine Regelung. Hat er dagegen 4 Jahre seiner Berufsausbildung in den USA absolviert und 3 Jahre in den Niederlanden, so kann die deutsche Behörde die Anerkennung seiner Befähigungsnachweise verweigern..

Anerkennungsregelungen: Angehörige eines EU-/EWR-Staates, welche sämtliche berufliche Befähigungsnachweise in einem Drittland erworben haben Betroffene können sich unter vier Voraussetzungen auf die allgemeine Anerkennungsregelung berufen: 1. Die beruflichen Befähigungsnachweise, die in einem Drittland erworben wurden, sind in einem Mitgliedstaat bzw. im Herkunftsstaat gemäß der dortigen Rechtsvorschriften oder einer bilateralen Vereinbarung zwischen beiden Staaten bereits anerkannt; 2. die beruflichen Befähigungsnachweise berechtigen zur Ausübung eines reglementierten Berufs in diesem Mitgliedstaat; 3. der reglementierte Beruf ist in dem betreffenden Mitgliedstaat bereits 3 Jahre (in einigen Fällen 2 Jahre) tatsächlich ausgeübt worden; 4. die betreffende Person besitzt eine von diesem Mitgliedstaat ausgestellte Bestätigung, in der bescheinigt wird, dass der betreffende Beruf drei (bzw. zwei) Jahre in seinem Hoheitsgebiet tatsächlich ausgeübt worden ist. Beispiel

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Ein niederländischer Staatsangehöriger hat seine Berufsausbildung (Ausbildung, Diplom, Praktikum usw.) zum Logopäden in den USA absolviert. Die „erste“ Anerkennung der Befähigungsnachweise in einem Mitgliedstaat der EU (in diesem Fall Deutschland) kann nicht im Rahmen der allgemeinen Anerkennungsregelung erfolgen, sondern fällt unter die innerstaatlichen, deutschen Rechtsvorschriften. Möchte er nach Erhalt


der Anerkennung in einem anderen Mitgliedstaat (beispielsweise Frankreich) als Logopäde arbeiten, so kann er sich auf die allgemeine Anerkennungsregelung berufen, sofern er mindestens 3 Jahre in Deutschland als Logopäde gearbeitet hat. Er benötigt eine von der zuständigen Behörde in Deutschland ausgestellte Bestätigung, in der bescheinigt wird, dass er den Beruf des Logopäden 3 Jahre lang in Deutschland ausgeübt hat.

Anerkennungsregelungen: Staatsangehöriger eines Landes, welches nicht der EU oder dem EWR angehört – Erwerb der Qualifikation außerhalb der EU und des EWR In diesem Fall wird die Qualifikation nach den Kriterien der funktionalen, formalen und materiellen Gleichwertigkeit geprüft, wenn ein entsprechendes Anerkennungsverfahren existiert. Staatsangehörige der Vereinigten Staaten, der Länder Südosteuropas, Afrikas, Asiens usw.

Beispiel

Weitere Informationen zur Anerkennung von Bildungsnachweisen von Staatsangehörigen der Europäischen Union, des europäischen Wirtschaftsraums und der Schweiz finden sich in dem Leitfaden für die allgemeine Regelung zur Anerkennung der beruflichen Befähigungsnachweise der Europäischen Kommission.

Hinweis

Zielgruppe/Berufe

Anerkennung

Rechtsgrundlage

Spätaussiedler(Def. s. 3.2)

Anerkennung, sofern Qualifikationen gleichwertig

§ 10 (2) Bundesvertriebenengesetz

Abschlüsse aus der DDR

Qualifikationen gelten weiter, bestimmte Berufe stehen einander gleich

Artikel 37 (3) Einigungsvertrag

Bildungsnachweise von Kontingentflüchtlingen

Anspruch auf Anerkennung, sofern Qualifikationen gleichwertig (analog zu Spätaussiedlern)

(analog zu Spätaussiedlern)

Österreichische Abschlüsse

Gleichstellung für bestimmte Berufe, allgemeine Vergleichbarkeit

Bilaterales Abkommen und gemeinsame Erklärung

Französische Abschlüsse

Gleichstellung für bestimmte Berufe, allgemeine Vergleichbarkeit

Bilaterales Abkommen und gemeinsame Erklärung

Schweizer Abschlüsse

Gleichstellung von Gesellen- und Meisterprüfungen sowie Lehrabschlussprüfungen

Übereinkunft einer rechtlichen Gleichstellung vom 01. Januar 1938

Abschlüsse von EU-Bürgern

Richtlinie für die Anerkennung von reglementierten Berufen, geltende Regelungen zur Dienstleistungsfreiheit

EU-Richtlinie 2005/36/EG ab Okt. 2007, vorher fünfzehn Einzelregelungen

Abschlüsse von Nicht-EU-Bürgern

Anerkennung auf Grundlage des allgemeinen Anerkennungsverfahrens

Anerkennung ausländischer Bildungsnachweise

Die bestehenden Regelungen im Überblick:

29


EXKURS

Verbesserung der Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen und informellen beruflichen Kompetenzen im Interesse der Migration Wie beschrieben hat das Europäische Parlament im Zusammenhang mit der Dienstleistungsfreiheit und als Schritt zur Förderung der Mobilität von Beschäftigten in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Richtlinie 2005/36/EG zur Anerkennung von Berufsqualifikationen verabschiedet. So sehr diese Richtlinie insgesamt als eine Entwicklung in die richtige Richtung bewertet werden kann, enthält sie hinsichtlich der beruflichen Integration von Drittstaatsangehörigen Regelungen bzw. Defizite, welche Nicht EU-Bürger stark benachteiligen. In diesem Exkurs soll auf Defizite aufmerksam gemacht werden. Zum anderen sollen Handlungsempfehlungen zur Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen und informellen beruflichen Kompetenzen gegeben werden, die über die Regelungen in der EU-Richtlinie hinausgehen. Diese Handlungsempfehlungen sind im Rahmen der transnationalen Zusammenarbeit des EQUAL Projektes ProQualifizierung zusammen mit den italienischen (ETNICO) und spanischen (ESCOSUR) EQUAL Partnern erarbeitet und einvernehmlich beschlossen worden. Drittstaatsangehörige, die ihre Qualifikation in einem EU-Mitgliedstaat erworben haben, gleichbehandeln Ausgangslage: Nach dem derzeitigen Gesetzestext können Angehörige von Drittstaaten (mit Ausnahme von EWR-Vertragsstaaten und der Schweiz) von der Anerkennungsrichtlinie keinen Gebrauch machen. Dies gilt auch für diejenigen Drittstaatsangehörigen, die ihre berufliche Qualifikation in einem EU-Mitgliedstaat erworben haben. Das bedeutet, dass selbst Menschen, die ihre gesamte Bildungs- und Qualifizierungslaufbahn in einem der EU-Mitgliedsländer erworben haben, aber nicht die Staatsbürgerschaft eines EU-Mitgliedstaates (bzw. EWR-Vertragsstaates bzw. der Schweiz) besitzen, das Recht vorenthalten bleibt, ihre beruflichen Qualifikationen im Rahmen der Richtlinie anerkennen zu lassen. Folglich wird es dieser Gruppe erschwert, in einem anderen EU-Land beruflich tätig zu werden, was einer Einschränkung ihrer Mobilität gleichkommt.

Anerkennung ausländischer Bildungsnachweise

Bei der Übernahme der EU-Richtlinie in die nationalen Gesetzgebungen ist eine Gleichbehandlung von Drittstaatsangehörigen, die ihre berufliche Qualifikation in einem EU-Land erworben haben, und den Staatsbürgern der EU-Mitgliedsländer anzustreben. Für die Anwendung der EU-Anerkennungsrichtlinie soll maßgeblich sein, ob der Bildungsnachweis in einem Mitgliedstaat erlangt wurde, nicht aber die Staatsbürgerschaft. Einheitliche Regelung der Anerkennung von Bildungsabschlüssen aus Drittstaaten Ausgangslage: Die EU-Richtlinie überlässt die Regelung der Anerkennung von Bildungsnachweisen aus Drittstaaten den Mitgliedstaaten selbst. Angesichts des Zieles, Arbeitnehmendenmobilität zu fördern, und der Tatsache, dass Drittstaatsangehörige einen bedeutenden Anteil der Bevölkerung in vielen EU-Staaten bilden, sowie angesichts der steigenden Neuzuwanderung in die EU-Länder drängt sich hier die Forderung nach einer EU-Richtlinie auf, die die Anerkennung von Bildungsnachweisen aus Drittstaaten einheitlich regelt. Informationsstrukturen optimieren Probleme/ Die Anzahl der Anträge auf Anerkennung im Ausland erworbener beruflicher QualifikaAusgangslage: tionen ist vergleichsweise gering. Nicht nur die Vielzahl der zuständigen Behörden und Ansprechpartner, die je nach Berufsgruppe bzw. Wirtschaftszweig bzw. Bildungsweg für die Anerkennung einer im Ausland erworbenen beruflichen Qualifikation zuständig sind, wirken für neu eingewanderte Migrantinnen und Migranten abschreckend. Handlungsempfehlungen: Einrichtung einer mehrsprachigen Hotline, weite Verbreitung

30


und Übersetzung des Wegweisers für die Anerkennung von im Ausland erworbenen beruflichen Qualifikationen, mehrsprachige Informationsflyer und Broschüren, kürzere Anerkennungszeiten, Zentralisierung von spezialisierten Beratungseinrichtungen (Beispiel: eine zentrale Beratungsstelle für Handwerks-, eine für IHK-Berufe), Schaffung von transnationalen Datenbanken, etc. Bewertungsverfahren von ausländischen Bildungsnachweisen verbessern und die Transparenz erhöhen Probleme/ Die Bewertung von ausländischen Bildungsnachweisen als Voraussetzung für ein AnAusgangslage: erkennungsverfahren dauert oft zu lange. Insbesondere bei eher unbekannten Berufen bzw. bei Anträgen auf Anerkennung von Migrantinnen und Migranten aus Staaten, aus denen nicht die größeren Einwanderungsgruppen stammen, ist es für die Beraterinnen und Beratern sehr schwierig, diese zu vergleichen und richtig einzustufen. Dadurch geht wertvolle Zeit verloren. Handlungsempfehlung: Aufbau von umfassenden, europaweiten Datenbanken mit Informationen zu den Ausbildungsgängen; Verbesserung des Angebots und des Zugangs zu Nachqualifizierungsmaßnahmen, Ergänzungsstudiengängen sowie Anpassungslehrgängen. Unternehmen von der Bedeutung der Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen überzeugen Probleme/ Nach erfolgter Anerkennung der im Ausland erworbenen beruflichen Qualifikation(en) Ausgangslage: erhält der/die Antragsteller/in ein Zertifikat der anerkennenden Stelle, das als Nachweis den Bewerbungsunterlagen oder der Personalakte beigefügt werden kann. Eine Zertifizierung macht jedoch nur dann Sinn, wenn sichergestellt ist, dass ihr eine hochwertige Qualifikation zugrunde liegt, die letztendlich aus Sicht des (künftigen) Arbeitgebers einen Mehrwert für das Unternehmen darstellt.

Anerkennung ausländischer Bildungsnachweise

Die Anerkennung informell erworbener beruflicher Kompetenzen kann insbesondere für langjährig erfahrene, aber an- und ungelernte Beschäftigte unmittelbare positive Folgen für die Einkommenssituation haben. Dies gilt mithin auch für die nachträgliche Anerkennung von im Ausland erworbenen beruflichen Qualifikationen bei bereits bestehenden Beschäftigungsverhältnissen.

31


3.2.4 Antragsverfahren Der Antrag auf Anerkennung der Berufsqualifikation kann formlos erfolgen, d.h. ohne vorgefertigtes Formular. Man bittet schriftlich um eine Gleichwertigkeitsprüfung seiner Berufsqualifikationen. Dieses Schreiben muss vom Antragsteller persönlich unterschrieben sein. Für die Bearbeitung des Antrages wird in der Regel eine Gebühr erhoben, die von Antragsstelle zu Antragsstelle variieren kann (ca. 50 Euro). 3.2.5 Zuständige Anerkennungsstellen Diejenigen Stellen, welche Ausbildungsfragen der einzelnen Berufe regeln, sind zugleich zuständig für die Anerkennung der jeweiligen ausländischen Berufsqualifikation. Zur genauen Ermittlung der zuständigen Stelle müssen Antragsteller wissen, wie auf ihren Beruf bezogen in Deutschland ausgebildet wird, und welchem inhaltlichen Oberbegriff (z.B. Gesundheitswesen, Handwerk) der Beruf zugeteilt ist. Von daher sind dezentrale Beratungsstellen sinnvoll, die den Ratsuchenden neben der Beurteilung ihrer Abschlüsse auch Bildungswege für die nachholende Qualifizierung aufzeigen könnten. Dafür kann die von der Bundesanstalt für Arbeit herausgegebene Publikation „Beruf aktuell“ nützlich sein. Zuständig für die Anerkennung der meisten Berufe, für die dual ausgebildet wird, sind die einzelnen Kammern, je nach Wohnort und bisher ausgeübtem Beruf des Antragstellers:

Berufe / Tätigkeitsbereiche Handwerksberufe wie z. B. Metallbauer, Bäcker oder Friseurin

die regionalen Handwerkskammern (HWK)

kaufmännisch, z.B. im Einkauf, im Vertrieb oder in der Buchhaltung eines Betriebs; industriell, d.h. in der Produktion oder Instandhaltung von Gütern, als Handwerker in einem Industriebetrieb; gewerblich, also im Handel z.B. als Verkäufer oder in der Gastronomie als Kellnerin; technisch, z.B. im Bereich Maschinenbau, Elektro- oder Kommunikationstechnik in einem Industriebetrieb.

Industrie- und Handelskammer (IHK)

Berufen im land- und forstwirtschaftlichen Bereich

Landwirtschaftskammer (LWK) in Münster

Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung in allen nicht ärztlichen Heilberufen, soweit sie durch das Bundesgesetz geregelt sind (z.B. Krankenschwester/Krankenpfleger, Kinderkranken-schwester/-pfleger, Hebamme/Entbindungshelfer, med.techn. Assistent/in, Physiotherapeut/in, Masseur/in, med. Bademeister/in, Krankenpflegehelfer/in, Logopäde/Logopädin)

die für den Wohnort zuständigen Gesundheitsämter bei den Kreisverwaltungen bzw. Stadtverwaltungen

Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Meister/in in den Gesundheitshandwerken

die regionalen Handwerkskammern (HWK)

<

Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Arzthelfer/in

die Ärztekammer

<

Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Zahnarzthelfer/in

die Zahnärztekammer

<

< <

Anerkennung ausländischer Bildungsnachweise

< <

<

<

<

Hinweis

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Anerkennde Stelle

Adressen und Anschriften der Kammern sowie eine Aufzählung der zulassungspflichtigen Handwerke finden Sie im Anhang.


3.2.6 Notwendige Unterlagen zur Anerkennung Für die Anerkennung von Berufsqualifikationen sind grundsätzlich folgende Unterlagen notwendig: < < <

Beglaubigte Fotokopie des Personalausweises/Reisepasses (ggf. mit Aufenthaltserlaubnis) Heirats-/Standesamtsurkunde (sofern eine Änderung des Familiennamens stattgefun-den hat) Bundesvertriebenenausweis (bei Aussiedlern)

Von einem vereidigten Übersetzer übersetzte und amtlich beglaubigte Kopien von < <

allen Diplomen, Zeugnissen und Nachweisen (Abschluss-)Zeugnissen aus der Schule

Als Originale mit beglaubigter deutscher Übersetzung sind vorzulegen: < < <

<

Arbeitsbuch oder ähnliche Nachweise des Erwerbslebens Urkunde und Zeugnis der beruflichen Qualifikation Erklärung, dass bei keiner anderen IHK, HWK oder sonstiger Stelle in einem anderen Bundesland die Überprüfung dieser Unterlagen beantragt wurde tabellarischer Lebenslauf. Dabei sollten die Qualifikationen und einzelnen praktischen Tätigkeiten genau aufgeführt werden. Sie können auf die Dauer einer Umschulung oder neuen Ausbildung angerechnet und bei (Abschluss-) Prüfungen berücksichtigt werden.

Für die Bearbeitung des Antrags wird eine Gebühr erhoben.

Anerkennung ausländischer Bildungsnachweise

Ein Antrag auf Anerkennung muss bearbeitet werden, sobald der Antrag vollständig ist, d.h. alle notwendigen Unterlagen eingereicht worden sind. Ob die Unterlagen vollständig sind, kann direkt bei der zuständigen Behörde erfragt werden. Sollte der Antrag nicht vollständig sein, muss die zuständige Stelle auf der Liste der vorzulegenden Unterlagen deutlich angeben, welche Unterlagen noch fehlen, und dem Antragsteller hinreichend Zeit lassen, um diese Unterlagen nachzureichen. Die zuständige Behörde kann verlangen, dass die dem Antrag beigefügten Unterlagen ins Deutsche übersetzt werden. Außerdem kann die zuständige Behörde verlangen, dass die Übersetzung dieser Unterlagen von einem vereidigten oder bei der zuständigen Behörde zugelassenen Übersetzer vorgenommen wird. Hinweis

3.2.7 Mögliche Ergebnisse des Antragsverfahrens Soweit die vorgelegten Unterlagen vollständig sind, kann die zuständige Behörde grundsätzlich in dreierlei Weise entscheiden:

A

Auflagenfreie Anerkennung Die auflagenfreie Anerkennung setzt den im Ausland erworbenen Beruf mit der schulischen Berufsausbildung in Deutschland gleich, d.h. die Antragstellerin oder der Antragsteller darf die in Deutschland übliche Berufsbezeichnung führen. In diesem Fall müssen zur Ausübung des reglementierten Berufes nunmehr lediglich noch Formalitäten erfüllt werden (z.B. Eintragung in ein Berufsregister oder Vorlage einer Bescheinigung über eine Berufs-Haftpflichtversicherung im Falle der Selbstständigkeit bzw. freiberuflichen Tätigkeit). Wichtig: Die Anerkennung gibt das Recht, den betreffenden Beruf auszuüben.

B

Einstufung Sie wird in den Fällen ausgesprochen, in denen Übereinstimmungen in der Berufsausbildung grundsätzlich bestehen, jedoch Qualifikationen in einzelnen Bereichen nachgeholt werden müssen, damit eine auflagenfreie Anerkennung erfolgen kann. Die zuständige Behörde verlangt eine

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Ausgleichsmaßnahme (Nachweis von Berufserfahrung oder Absolvierung eines Anpassungslehrgangs beziehungsweise Ablegen einer Eignungsprüfung, wobei im Prinzip zwischen beiden letzteren gewählt werden kann). Die Anerkennungsstelle nimmt dabei eine Einstufung in das deutsche Berufssystem vor. Daraus kann man ersehen, welche Qualifikationen nachgearbeitet werden müssen, um beispielsweise zur so genannten Externenprüfung zugelassen zu werden. Möglichkeiten zur Nachqualifizierung inklusive Adressen und Ansprechpartnern bei den jeweiligen Schulen werden dem Antwortschreiben normalerweise beigefügt.

C

3. Ablehnung Auch wenn die zuständige Behörde den Antrag ablehnt, wird der Bescheid durch Hinweise auf Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten ergänzt. Besonders in diesem Fall ist ein Beratungstermin mit einer Beraterin oder einem Berater der Bundesagentur für Arbeit sinnvoll, da unter Umständen eine vollständige neue Ausbildung durchlaufen werden muss.

In beiden zuletzt genannten Fällen muss die zuständige Behörde ihre Entscheidung begrün-den, d.h. sie muss die Argumente darlegen, die ihrer Ansicht nach die jeweilige Entscheidung rechtfertigen. Erfolgt dies nicht, kann der Antragsteller verlangen, dass ihm die der Entscheidung zugrunde liegenden Gründe mitgeteilt werden. Werden diese Gründe nicht mitgeteilt oder sollen diese angefochten werden, so können gegen die Entscheidung Rechtsbehelfe bzw. Rechtsmittel eingelegt werden.

Anerkennung ausländischer Bildungsnachweise

Neben den allgemeinen Verfahrensregelungen für die Anerkennung existieren noch Einzelregelungen und Abkommen zwischen Staaten. Weil deren textliche Darstellung zu umfangreich wäre, haben wir sie im Anhang des Wegweisers dokumentiert. Dazu zählen die Sonderfälle wie das bilaterale Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Österreich über die Zusammenarbeit in der beruflichen Bildung und über die gegenseitige Anerkennung und Gleichwertigkeit von beruflichen Prüfungszeugnissen vom 27. November 1989 sowie die gemeinsame Erklärung der Bundesrepublik Deutschland und Frankreichs über die generelle Vergleichbarkeit von französischen Abschlusszeugnissen in der Berufsausbildung und deutschen Abschlusszeugnissen in der Berufsausbildung nach Berufsbildungsgesetz, Handwerksordnung sowie Schulrecht der Länder vom 26. Oktober 2004.

34


Anerkennung schulischer und Akademischer Bildungsnachweise

4

Bildungsnachweise 4.1 Voraussetzungen Wer einen Antrag zur Anerkennung einer ausländischen Schul- bzw. Berufsqualifikation stellen möchte, muss einen Aufenthaltstitel und einen festen Wohnsitz in NRW haben. Die Anerkennungsverfahren werden von unterschiedlichen Behörden durchgeführt, deren Zuständigkeit sich entweder nach der Art des Abschlusses oder nach dem Wohnort der Antragstellerin bzw. des Antragstellers richtet. Die Anerkennung ausländischer Schulabschlüsse erfolgt in Form der Gleichstellung mit dem deutschen Hauptschulabschluss oder einem deutschen mittleren Bildungsabschluss. Dabei werden die Voraussetzungen, welche in beiden Ländern zu dem jeweiligen Abschluss führen, verglichen. Stellt sich heraus, dass eine ausreichende Übereinstimmung besteht, so wird der ausländische Schulabschluss wie ein entsprechender deutscher betrachtet. Die Prüfung und Anerkennung der über den mittleren Bildungsabschluss hinausführenden Qualifikationen (Abitur, Fachhochschulreife, allgemeine Hochschulberechtigung) wird vor allem im Zusammenhang mit der Frage der Zulassung zum Studium an deutschen Hochschulen vorgenommen (Näheres dazu unter 4.5 und 4.6).

Anerkennung schulischer und akademischer Bildungsnachweise

4.2 Erforderliche Unterlagen im Antragsverfahren < Antragsschreiben aus dem hervorgeht, warum die Anerkennung des ausländischen Bildungsnachweises benötigt wird (z.B. Absicht der Berufsausübung, Aufnahme des Studiums) < tabellarischer Lebenslauf mit genauem schulischen bzw. beruflichen Werdegang < amtlich beglaubigte Kopien oder Originale der Zeugnisse sowie der dazugehörigen Fächer- und Notenverzeichnisse in der Originalsprache < amtlich beglaubigte Kopien oder Original der deutschen Übersetzung (eines gerichtlich zugelassenen/ermächtigten Übersetzers) der zuvor genannten Unterlagen < beglaubigte Kopie des Personalausweises (bei deutschen Staatsangehörigen) oder des Reisepasses mit Aufenthaltstitel < ggf. beglaubigte Kopie des Vertriebenenausweises (bei Aussiedlern)

4.3 Hauptschulabschluss Für die Gleichstellung mit dem deutschen Hauptschulabschluss ist der Nachweis des Besuches von mindestens neun aufsteigenden Klassen an allgemein bildenden Schulen mit hinreichendem Unterricht zumindest in der jeweiligen Muttersprache, in Mathematik, einem naturwissenschaftlichen und einem sozialkundlichen Fach erforderlich. Für Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler gelten erleichterte Bedingungen für die berufliche Eingliederung: Das im Herkunftsland erworbene Abschlusszeugnis ist ausreichend für eine Gleichstellung mit dem deutschen Hauptschulabschluss, auch wenn die Schullaufbahn nur acht Jahre gedauert hat. 35


4.4 Mittlerer Bildungsabschluss (Realschulabschluss) Für die Gleichstellung eines Abschlusses mit dem deutschen mittleren Bildungsabschluss müssen mindestens zehn aufsteigende Klassen erfolgreich abgeschlossen sein. Der Unterricht sollte im Vergleich zum Hauptschulabschluss insgesamt ein inhaltlich höheres Niveau vermittelt haben und es sollten mehr Fächer besucht worden sein, davon zwei Fremdsprachen (in Ausnahmefällen reicht eine Fremdsprache). Abweichende Regelungen für Aussiedler gibt es nicht. 4.5 Fachhochschulreife Die Fachhochschulreife kann man nach zwölf Jahren Schulbesuch oder unter bestimmten Bedingungen im Zuge einer Berufsausbildung erwerben. Sie berechtigt zum Studium an Fachhochschulen, aber nicht an Universitäten. Ein Abschluss kann nur dann mit der deutschen Fachhochschulreife gleichgestellt werden, wenn das Herkunftsland selbst eine Differenzierung zwischen Universitäten und Fachhochschulen vornimmt.

„Ich wollte auf eigenen Beinen stehen, selbstständig sein. Das schien mir eher im Bereich Sprachdienstleistung als in der Branche Elektrotechnik / Maschinenbau möglich. Mir war auch klar, wie ich die Sache anpacken muss: Ich habe die Prüfung zum staatlich anerkannten Übersetzer und Dolmetscher gemacht. Und heute leite ich mein eigenes Unternehmen.“ Eric Lingo, 37, Übersetzer und Dolmescher

4.6 Allgemeine Hochschulreife (Abitur) Die allgemeine Hochschulreife (Abitur) ist der höchste allgemein bildende deutsche Schulabschluss und berechtigt zum Studium an jeder beliebigen Hochschule (Universität, Fachhochschule o.ä.). Das Abitur gilt als sog. Hochschulzugangsberechtigung. Von daher wird geprüft, ob der Abschluss auch im Herkunftsland uneingeschränkt ein Hochschulstudium ermöglicht, mindestens zwölf Schuljahre voraussetzt und den gleichen Rang hätte wie das deutsche Abitur. Ist dies der Fall, kann der Abschluss grundsätzlich gleichgestellt werden. Allerdings gibt es unterschiedliche Grade der Anerkennung: Als „materiell gleichwertig“ mit einem deutschen Zeugnis der Allgemeinen Hochschulreife werden nur Zeugnisse von Angehörigen der EU und der EFTA-Staaten Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein anerkannt.

Anerkennung schulischer und akademischer Bildungsnachweise

Die in Deutschland vor einer Zulassung zum Studium erforderliche Bewertung des Schulabschlusszeugnisses erfolgt in den meisten Fällen über die zum Studium ausgewählte Universität. Ist der Abschluss nicht gleichwertig, so besteht die Möglichkeit, über eine so genannte Feststellungsprüfung oder über den Nachweis einer bestimmten Semesterzahl den fachgebundenen Hochschulzugang zu erwerben (siehe folgender Abschnitt). Für Spätaussiedler besteht die Möglichkeit zum Besuch des Sonderlehrgangs.

4.7 Feststellungsprüfung an einem Studienkolleg Ausländischen Studienbewerbern, die sich einer Feststellungsprüfung unterziehen müssen, weil ihr Abschluss nicht unmittelbar den Hochschulzugang ermöglicht, wird als Hilfe für die Vorbereitung auf die Prüfung und auf das Fachstudium der Besuch des Studienkollegs angeboten. Die Aufnahme in ein Studienkolleg kann nur über eine Universität, Pädagogische Hochschule, Kunsthochschule oder Berufsakademie erfolgen, und sie setzt die Bereitschaft der Hochschule oder der Berufsakademie voraus, den Bewerber nach bestandener Abschlussprüfung am Studienkolleg zum Fachstudium zuzulassen (Studienplatzvormerkung). Diese Bereitschaft erfordert, dass innerhalb der Bewerbungsfrist bei der Hochschule, an der später das Fachstudium aufgenommen werden soll, ein „Zulassungsantrag“ gestellt wird. Mit diesem Antrag wird zugleich die Aufnahme in das Studienkolleg beantragt. Die Entscheidung über den Aufnahmeantrag wird dem ausländischen Studienbewerber zusammen mit der Entscheidung über den Zulassungsantrag durch die Hochschule mitgeteilt. 36


Für die Aufnahme in ein Studienkolleg muss in einem Aufnahmetest nachgewiesen werden, dass man dem Unterricht in deutscher Sprache mit Verständnis folgen kann. Bei Nichtbestehen des Aufnahmetests kann der ausländische Studienbewerber in einen Vorbereitungskurs (Sprachkurs) aufgenommen werden, sofern freie Plätze zur Verfügung stehen.

4.8 Externe Ausländische Studienbewerber, die das Studienkolleg nicht besuchen möchten (Externe), weil sie die vermittelten Inhalte beherrschen, können an der Feststellungsprüfung teilnehmen, wenn sie von einer Universität, Pädagogischen Hochschule, Kunsthochschule oder Berufsakademie, an der sie für ein Fachstudium vorgemerkt sind, dem Studienkolleg zur Prüfung gemeldet werden. Vor Meldung zur Prüfung sollte jedoch gewissenhaft geprüft werden, ob die Sprach- und Fachkenntnisse hierzu tatsächlich ausreichen. Es ist insoweit empfehlenswert, sich rechtzeitig vor der Prüfung ausführlich über die Anforderungen (Prüfungsaufgaben, Stoffpläne etc.) zu informieren. Auskünfte hierzu erteilen die akademischen Auslandsämter oder die Studienkollegs. 4.9 Ausländische Studienbewerberinnen und Studienbewerber Für ausländische Studienbewerber gibt es unterschiedliche Bewerbungsverfahren. Nach den für Deutsche geltenden Bestimmungen werden zugelassen: <

Ausländische Staatsangehörige mit einer deutschen Hochschulzugangsberechtigung („Bildungsinländer“),

<

ausländische Staatsangehörige mit einer ausländischen Hochschulzugangsberechtigung < <

<

eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, der Staaten Island, Liechtenstein oder Norwegen (Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraumes – EWR –), die Deutschen gleichgestellt sind (z.B. in der Bundesrepublik Deutschland wohnende Familienangehörige eines EU-Bürgers).

Ausländische Staatsangehörige oder Staatenlose, die Deutschen nicht gleichgestellt sind, werden von den Hochschulen im Rahmen bestimmter Prozentsätze (Quoten) zugelassen. Sie richten ihre Zulassungsanträge immer direkt an die Hochschulen.

4.10 Anerkennung einer ausländischen HOCHSCHULZUGANGSBERECHTIGUNG Für die Bewerbung um einen Studienplatz auf Grund eines ausländischen Zeugnisses ist Folgendes zu beachten:

Anerkennung schulischer und akademischer Bildungsnachweise

Deutschen Staatsangehörigen mit ausländischer Hochschulzugangsqualifikation ist auf Antrag die Befähigung zu einem Studium an Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland zu bescheinigen, wenn ihre Bildungsnachweise in einem Anerkennungsverfahren als einem deutschen Zeugnis der Allgemeinen oder einer fachgebundenen Hochschulreife gleichwertig anerkannt sind. Dazu ist grundsätzlich das Bestehen einer Anerkennungsprüfung erforderlich. Für die Anerkennung der ausländischen Nachweise werden die „Bewertungsvorschläge“ (Ausländische Bildungsnachweise und ihre Bewertung in der Bundesrepublik Deutschland, hrsg. von der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen im Sekretariat der Kultusministerkonferenz) zugrunde gelegt. Studienbewerber mit EU-/EWR-Staatsangehörigkeit müssen sich – wie deutsche Studienbewerber – für Studienfächer mit Auswahl- oder Verteilungsverfahren bei der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) um einen Studienplatz bewerben. Es empfiehlt sich, frühzeitig das ZVS-Info zu besorgen. Für andere Studiengänge ist die Bewerbung direkt an die Hochschule zu richten. Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) Postanschrift: 44128 Dortmund Telefon: 0231 / 108 10 www.zvs.de

Hinweis

37


Studienbewerber, die nicht Staatsangehörige eines EU-/EWR Staates sind, bewerben sich in allen Fächern direkt bei der Hochschule ihrer Wahl. Hinweis

Insgesamt sind folgende Bewerbungsfristen zu beachten: < 15. Januar für das Sommersemester und < 15. Juli für das Wintersemester.

4.11 Was kann man im Falle der Nicht-Anerkennung unternehmen? Grundsätzlich stehen jedem Antragsteller in einem solchen Falle Rechtsbehelfe (Widerspruch) bzw. anschließend Rechtsmittel (Klage) zu, um die Entscheidung rechtlich überprüfen zu lassen. Neben den rechtlichen Möglichkeiten bestehen folgende Möglichkeiten: <

<

Man beginnt eine Berufsausbildung in Deutschland. Beim Besuch der Berufsschule während der Ausbildung können auch Schulabschlüsse erworben werden. Der fehlende Abschluss wird bei einem Bildungsträger wie z.B. der Volkshochschule oder einem Kolleg nachgeholt: Die Volkshochschulen bieten die Möglichkeit, in besonderen Vorbereitungskursen den Haupt- bzw. Realschulabschluss oder das Abitur nachzuholen. Für den Hauptschulabschluss muss man mit einer Kurszeit von neun bis zwölf Monaten bei zwei bis drei Abenden pro Woche rechnen. Der Realschulabschluss bzw. das Abitur dauern zwei bzw. drei Jahre, mit vier bis fünf Kursabenden pro Woche.

Weiterführende Informationen zu der Anerkennung von ausländischen Schulabschlüssen und Abschlüssen im Hochschulbereich sind erhältlich über: <

<

<

das Informationssystem zur Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse (anabin) der Kultusministerkonferenz, den Wegweiser NRW für die Anerkennung von im Ausland erworbenen Befähigungsnachweisen und Qualifikationen für Zuwanderer und Zuwanderinnen vom Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen (Stand 2006), Anerkennung von im Ausland erworbenen formalen Abschlüssen. Projekt: Bausteine interkultureller Persönlichkeitsentwicklung und Erfassung ihrer Vergleichbarkeit für Deutsche und Migranten (Stand: 2002).

Anerkennung schulischer und akademischer Bildungsnachweise

Eine Darstellung der zuständigen Anerkennungsstellen finden Sie im Anhang.

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Förderung von beruflicHer qualifizierung

5

FöRdERung 5.1 auszubildende und arbeitslose Seit den Gesetzen für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (Hartz-Gesetze) soll die Vermittlung in Ausbildung und Arbeit durch die Agenturen für Arbeit besser und schneller geschehen als bisher. Nach dem Prinzip „Fordern und Fördern“ ist es das Ziel, eine schnellere Vermittlung der Arbeitsuchenden zu erreichen und sie gleichzeitig individuell zu fördern. Dies gilt besonders für Jugendliche unter 5 Jahren, die hilfebedürftig und bisher unversorgt sind. Sie sollten künftig alle ein Ausbildungs-, Beschäftigungs- oder Bildungsangebot erhalten. Die Fördermöglichkeiten für Arbeitslose, jugendliche Arbeitsuchende und Arbeitgeber sind im Dritten Sozialgesetzbuch (SGB III) zusammengefasst. 5.1.1 berufsausbildungsbeihilfe (bab) für auszubildende Die BAB wird zum einen für eine betriebliche oder außerbetriebliche Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf geleistet. In diesem Fall muss ein Ausbildungsvertrag abgeschlossen worden sein. Zum anderen wird die BAB gezahlt, wenn eine berufsvorbereitende Maßnahme besucht wird. Die BAB ist ein Zuschuss und muss – anders als bei der Förderung nach BAföG – nicht zurückbezahlt werden. auszubildende erhalten eine bab, wenn sie < während der Ausbildung nicht bei den Eltern wohnen können, weil der Ausbildungsbetrieb zu weit vom Elternhaus entfernt ist, < älter als 18 Jahre sind, < verheiratet oder geschieden sind oder < mit einem Kind zusammenleben.

förderung berufl icher qualifi zierung

Für eine berufsvorbereitende Maßnahme wird die BAB gezahlt, wenn diese zur Vorbereitung auf eine Berufsausbildung oder zur Aufnahme einer Arbeit erforderlich ist und der Teilnehmer die erforderliche Eignung für die Maßnahme besitzt. Dabei spielt der Wohnsitz keine Rolle. In der Regel wird die BAB nur für die erste Ausbildung gezahlt. Ist aber eine Ausbildung begonnen und nicht beendet worden, kann evtl. eine zweite gefördert werden. 5.1.2 bab-förderung für Migrantinnen und Migranten In der Regel können Deutsche und sogenannte Bildungsinländer die Berufsausbildungsbeihilfe in Anspruch nehmen. Nach § 6 des Sozialgesetzbuchs III können aber auch AusländerInnen unter bestimmten Voraussetzungen gefördert werden. Dazu gehören: < < < <

Heimatvertriebene und Spätaussiedler haben grundsätzlich Anspruch auf Förderung. Die Ausländerin oder der Ausländer ist als Asylberechtigte/r oder Flüchtling anerkannt. Der Zuwanderer hat seinen ständigen Wohnsitz in Deutschland und besitzt eine Niederlassungserlaubnis. Ein Elternteil oder der Ehegatte ist Deutscher und die oder der ausländische Auszubildende hat seinen Wohnsitz in Deutschland. 9


< <

Der Ausländer oder die Ausländerin ist Angehörige eines EU-/EWR-Staates oder der Schweiz. Ausländerinnen und Ausländer, die sich bereits längere Zeit in Deutschland aufhalten, werden gefördert, wenn < sie sich vor Beginn der förderungsfähigen Ausbildung insgesamt fünf Jahre im Inland aufgehalten haben und rechtmäßig erwerbstätig gewesen sind oder < ein Elternteil sich insgesamt drei Jahre im Inland aufgehalten hat und rechtmäßig erwerbstätig gewesen ist, < und sie voraussichtlich nach der Ausbildung im Inland rechtmäßig erwerbstätig sein werden.

Die zuständigen Berufsberater bei den örtlichen Agenturen für Arbeit beraten im persönlichen Gespräch über im Einzelfall mögliche Förderung. 5.1.3 Weiterbildung für Empfänger/innen von Arbeitslosengeld I Die Agentur für Arbeit kann die Weiterbildung fördern, damit Menschen < bei Arbeitslosigkeit besser wieder auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen, < die sie bedrohende Arbeitslosigkeit verhindern, < bei Teilzeitbeschäftigung eine Vollzeitstelle erlangen oder < einen bisher fehlenden Berufsabschluss nachholen können. 5.1.4 Voraussetzungen Um von der Agentur für Arbeit finanzielle Unterstützung zur Weiterbildung zu erhalten, muss die Antragstellerin oder der Antragsteller ein Anrecht auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung erworben haben bzw. bereits Arbeitslosengeld I erhalten. Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, wenn er innerhalb der letzten drei Jahre vor Beantragung der Leistung insgesamt mindestens zwölf Monate versicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist (sogenannte „Vorbeschäftigungszeit“). 5.1.5 Bildungsgutschein Wenn die o.g. Voraussetzungen erfüllt sind und die Arbeitsberater in Beratungsgesprächen mit dem Antragsteller den Weiter- und Fortbildungsbedarf festgestellt haben, können Empfänger oder Berechtigte von Arbeitslosengeld I von der Agentur für Arbeit einen Bildungsgutschein erhalten. Dieser ist die Zusicherung, dass die Agentur für Arbeit die anfallenden Kosten für die Weiterbildung übernehmen wird. Auf dem Gutschein werden das Bildungsziel festgehalten, die Dauer der Maßnahme und die Region, in der der Gutschein gültig ist. Der Arbeitnehmer kann sich aussuchen, bei welcher Weiterbildungseinrichtung er die vereinbarte Qualifizierung besuchen möchte. Dort löst er seinen Bildungsgutschein ein. Die Bildungseinrichtung und der angebotene Kurs müssen allerdings von der Agentur zuvor anerkannt sein. Während der Lehrgangsdauer erhält der Teilnehmer weiterhin sein Arbeitslosengeld.

Förderung Beruflicher Qualifizierung

Grundsätzlich entscheiden die Arbeitsberater oder die Fallmanager im Einzelfall, ob eine Weiterbildung gezahlt wird. Dabei wägen sie ab, ob die Arbeitslosigkeit auch ohne Weiterbildung beendet werden könnte und mit welcher Wahrscheinlichkeit die Eingliederung in den Arbeitsmarkt nach der Fortbildung erwartet werden kann. Priorität hat immer die Vermittlung in ein Arbeitsverhältnis („Vermittlungsvorrang“). Ein Bildungsgutschein

„Auf meine persönliche Weiterbildung habe ich immer großen Wert gelegt. Durch die Teilnahme an zahlreichen Seminaren und Veranstaltungen konnte ich mich beruflich entwickeln. Meiner Meinung nach hört der Lernprozess niemals auf.“ Antonio Diaz, 42, Journalist

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wird nur ausgestellt, wenn die berufliche Qualifizierung die wirkungsvollste und wirtschaftlichste Möglichkeit ist, die Arbeitslosigkeit dauerhaft zu beenden. Eine wichtige Voraussetzung, um an durch die Agentur für Arbeit geförderten Qualifizierungsmaßnahmen teilnehmen zu können, sind ausreichende deutsche Sprachkenntnisse. Für Neuzuwanderer – das gilt auch für Spätaussiedler – besteht die Pflicht, an einem Integrationskurs teilzunehmen. Aber auch viele arbeitslose Zuwanderer, die schon lange in Deutschland leben, haben Probleme mit der deutschen Sprache und werden deshalb für bestimmte Stellenangebote nicht berücksichtigt. Unter Umständen wird der Arbeitsberater oder Fallmanager mit dem Arbeitsuchenden daher vereinbaren, dass er zunächst einen Sprach- oder Integrationskurs besuchen muss. Der Sprachunterricht kann gefördert werden.

5.2 WEITERBILDUNG FÜR BESCHÄFTIGTE Gefördert werden kann die berufliche Weiterbildung von Beschäftigten, wenn dies als notwendig angesehen wird, um einen fehlenden Berufsabschluss nachzuholen. Außerdem besteht die Möglichkeit, dass Beschäftigte für die Weiterbildung vom Betrieb freigestellt werden und gleichzeitig ein Arbeitsloser als Vertretung im Betrieb eingestellt wird. In beiden Fällen finanziert die Agentur für Arbeit einen Teil der Lohnkosten für die Person, welche die Weiterbildung durchführt. Diese Förderung richtet sich an den Betrieb und kommt so den Beschäftigten indirekt zu Gute. Ausführliche Informationen über die Fördermöglichkeiten durch die Agentur für Arbeit, Voraussetzungen und Leistungen finden sich im „Merkblatt Nr. 6 – Förderung der beruflichen Weiterbildung für Arbeitnehmer“ der Bundesagentur für Arbeit. Es ist bei den örtlichen Agenturen für Arbeit erhältlich.

Hinweis

Grundsätzlich muss ein Beratungsgespräch stattgefunden haben, bevor ein Antrag auf Förderung der beruflichen Weiterbildung gestellt werden kann.

5.3 FACHKRÄFTE (AFBG-AUFSTIEGSBILDUNGSFÖRDERUNGSGESETZ ODER MEISTER-BAFÖGAUSBILDUNGSFÖRDERUNGSGESETZ) Das AFBG unterstützt die Erweiterung beruflicher Qualifizierung von Fachkräften und potenziellen Existenzgründern. Ähnlich dem BAföG für Schüler und Studierende besteht das „Meister-BAföG“ aus einer Kombination von günstig verzinstem Darlehen und Zuschuss. So erhalten Teilnehmer/innen an Teilzeit- oder Fernlehrgängen einen Beitrag zu den Lehrgangskosten. Wird ein Vollzeitlehrgang besucht, kommt eine monatliche finanzielle Unterstützung zum Lebensunterhalt hinzu. Gefördert werden können Fachkräfte, die sich auf einen Abschluss als Industrie- oder Handwerksmeister/in oder auf eine vergleichbare Qualifikation wie z.B. Fachkrankenschwester oder -pfleger, Techniker/in, Fachkauffrau/mann, Betriebswirt/in oder Programmierer/in vorbereiten.

Förderung Beruflicher Qualifizierung

Mit der Rückzahlung des Darlehens muss spätestens sechs Jahre nach der ersten Auszahlung begonnen und der Kredit innerhalb von zehn Jahren abgezahlt werden. Für die Zeit der Kindererziehung kann diese Frist ausgesetzt oder können die Raten sogar erlassen werden, wenn das Einkommen der Darlehensnehmer eine gewisse Grenze nicht übersteigt. Geförderten, die sich bis zu drei Jahre nach der Weiterbildung selbstständig gemacht haben, kann einen Teil des Kredits erlassen werden.

5.4 MIGRANTINNEN UND MIGRANTEN Förderungsberechtigt sind grundsätzlich Deutsche. Aber auch Ausländer haben Anspruch auf Meister-BAföG, wenn sie über einen anerkannten Berufsabschluss verfügen, und < < <

Heimatlose, anerkannte Flüchtlinge oder Asylberechtigte sind, ihren Wohnsitz in Deutschland haben und eine Niederlassungserlaubnis besitzen, Abschiebungsschutz genießen, 41


<

< <

ihren ständigen Wohnsitz in Deutschland haben und ein Elternteil oder die Ehefrau Deutsche bzw. der Ehemann Deutscher ist, Angehörige eines EU-/EWR-Staates sind, sich vor Beginn der Weiterbildung mindestens drei Jahre in Deutschland aufgehalten haben und erwerbstätig waren.

5.5 ANTRAGSVERFAHREN Meister-BAföG wird beim Amt für Ausbildungsförderung der Kommune beantragt, in der man seinen ständigen Wohnsitz hat. Die Förderung beginnt mit der Weiterbildung, allerdings frü-hestens ab dem Monat, in dem der Antrag gestellt wurde. Eine rückwirkende Förderung ist nicht möglich, daher sollte man so früh wie möglich Informationen einholen und den Förderantrag einreichen. Hinweis

Telefonische Beratung erhält man unter der kostenlosen Rufnummer 08 00/6 22 36 34. Dort kann auch die Broschüre „Das neue Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) – Gesetz und Beispiele“ bestellt werden.

5.6 WEITERBILDUNG WÄHREND DER ARBEITSZEIT Anspruch auf 5 Tage Bildungsurlaub pro Jahr haben nach §§ 2, 3 des Arbeitnehmerweiterbildungsgesetzes (AWbG) Arbeiter und Angestellte, deren Beschäftigungsverhältnisse ihren Schwerpunkt in Nordrhein-Westfalen haben, sowie Heimarbeiter, Gleichgestellte und arbeitnehmerähnliche Personen. Der Anspruch entsteht nach einer Beschäftigungszeit von 6 Monaten und hängt von der Betriebsgröße, sein Umfang von eventueller betrieblicher Weiterbildung ab. Für die Zeit des Bildungsurlaubs hat der Arbeitgeber die Arbeitsvergütung fortzuzahlen.

5.7 FÖRDERUNG DURCH STEUERERSPARNIS Der Staat erlaubt Steuerzahlern, Kosten für Studium, Weiterbildung und Umschulung von der Steuer abzusetzen. Für den Steuerzahler bedeutet das: Er bezahlt weniger Steuern, behält mehr von seinem Einkommen für sich und kann so die Kosten für die Aus- oder Weiterbildung zumindest teilweise bestreiten. In Rechnung stellen können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer grundsätzlich alle unmittelbaren Kosten: von Lehrgangsgebühren über Ausgaben für Fahrten, Unterkunft, Lern- und Büromaterialien bis zu den anfallenden Zinsen, wenn die Ausbildung über einen Kredit finanziert wird. Voraussetzung ist, dass das Finanzamt die Weiterbildung anerkennt. Dies ist z.B. der Fall, wenn eine Weiterbildung in dem bereits ausgeübten Beruf besucht wird. Kann schlüssig erklärt werden, dass in dem einst erlernten Beruf keine Perspektiven bestehen, können auch Kosten für andere Weiterbildungen geltend gemacht werden.

Förderung Beruflicher Qualifizierung

Hinweis

42

Eine persönliche Beratung durch einen Steuerberater oder in einem Lohnsteuerhilfeverein ist zwar zunächst mit Kosten verbunden, kann sich aber lohnen.


Informelle berufliche Kompetenzen anerkennen, Potenziale besser erfassen

6

Informelle Kompetenzen 6.1 VERBESSERUNG DER ANERKENNUNG VON INFORMELLEN BERUFLICHEN KOMPETENZEN Formell erworbenes Wissen veraltet im Zuge des technologischen Fortschritts immer schneller Es ist unumgänglich geworden sich in den verschiedenen Berufen ständig fortzubilden und weiterzuqualifizieren, um sich auf den aktuellen Stand zu bringen. Die Bedeutung von informellen Kompetenzen und Lernerfahrungen, die im Laufe des Lebens gemacht werden, erlangen dagegen immer größere Bedeutung. Nachweislich werden 70 bis 80 Prozent der berufsrelevanten Kompetenzen in informellen Lernprozessen erworben. Gerade diese Fähigkeiten der Menschen bleiben aber verborgen und werden kaum erfasst 4. EXKURS Informelle berufliche Kompetenzen anerkennen, Potenziale besser erfassen

6.2 EXTERNENPRÜFUNG Informelles Wissen und Kompetenzen sowie berufliche Erfahrungen erfahren auf dem deutschen Arbeitsmarkt gegenwärtig nicht dieselbe Wertschätzung wie formale Abschlüsse. Eines der wenigen Instrumente, um informelle berufliche Kompetenzen und Potentiale sowie langjährige Erfahrungen, die im Inland oder im Ausland erworben wurden, formal anzuerkennen und damit die Beschäftigungschancen der betroffenen Personengruppe zu erhöhen, ist die Externenprüfung. Sie bietet Personen, welche sich in ihrem bisherigen beruflichen Arbeitsbereich qualifizieren möchten, die Möglichkeit einen formalen Berufsabschluss zu erlangen. Sie ist nicht geeignet für Personen, die sich neu orientieren möchten. 6.2.1 Zulassungsvoraussetzungen 5 Die Zulassungsvoraussetzungen sind geregelt in § 45 Abs. 2 Berufsbildungsgesetz bzw. § 37 Abs. 2 der Handwerksordnung. Danach müssen Personen, die zu der Externenprüfung zugelassen werden möchten, nachweisen, dass sie über ausreichende berufliche Praxis in dem Beruf verfügen, in dem die Prüfung abgelegt werden soll. Dafür müssen sie mindestens das Eineinhalbfache der Zeit, die als Ausbildungszeit vorgeschrieben ist, in dem Beruf gearbeitet haben. Hierbei wird auch Berufstätigkeit im Ausland berücksichtigt. Die über Zeugnisse oder aussagekräftige Arbeitgeberbescheinigungen nachgewiesene Berufserfahrung muss weitgehend den Inhalten der jeweiligen Verordnung über die Berufsausbildung entsprechen. Die Prüfung < < < <

erfolgt nach den Vorgaben der jeweiligen Verordnung über die Berufsausbildung hat das Ziel aufzuzeigen, dass theoretisches Wissen betriebspraktisch umgesetzt werden kann deckt die gesamte inhaltliche Breite des Berufsbildes ab ist mit der Abschlussprüfung der Auszubildenden identisch und vollkommen gleichwertig.

4 Vgl. Dehnbostel, Peter (2006): Bedeutung des Erfahrungswissens. Vortrag auf dem Europäischen Gesellentag am 25. November 2006 in Köln. Institut für Berufsbil-

dung, Weiterbildung und Telematik. 5 Vgl. Kathrin Mandt (2006): Externenprüfung – eine Chance zur Integration und beruflichen Anerkennung. Präsentation auf der Netzwerkkonferenz Industriebetriebe

des DGB Bildungswerks am 27.11.2006 in Düsseldorf. IHK zu Essen.

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Für die Teilnahme an der Prüfung ist eine Prüfungsgebühr zu entrichten. Diese richtet sich nach der Gebührenverordnung der jeweiligen Kammer und liegt zwischen 100 und 300 Euro.

Nachweislich werden 70 bis 80 Prozent der berufsrelevanten Kompetenzen in informellen Lernprozessen erworben.

6.2.2 Möglichkeiten der Vorbereitung auf die Abschlussprüfung Durch die Teilnahme an Vorbereitungsmaßnahmen können Antragsteller ihre Chancen erhöhen, die Abschlussprüfung mit Erfolg abzulegen. Dazu stehen unterschiedliche Angebote zur Auswahl: <

< < <

<

Die regionalen Kammern oder privaten Bildungsträger bieten Prüfungsvorbereitungskurse für die gängigen Berufe an. Die Berufsschulen unterstützen bei der Wahl der Fachliteratur. Einige Berufsschulen gestatten eine Teilnahme am Unterricht als Gasthörer. Einige Bildungsträger bieten mehrmonatige Vorbereitungskurse in Vollzeit an. Die ARGEn und die Arbeitsagenturen haben die Möglichkeit, die Kosten solcher Kurse zu übernehmen. Unternehmen können die Vorbereitung mit gezielten Qualifizierungsmaßnahmen unterstützen.

Durch das erfolgreiche Absolvieren der Externenprüfung erwirbt der Teilnehmer einen vollwertigen Berufsabschluss.

Informelle berufliche Kompetenzen anerkennen, Potenziale besser erfassen

„Blumen habe ich schon immer geliebt. Schon als Kind in Vietnam. Jetzt hier in unserem Laden zu arbeiten, macht mich ganz zufrieden. Der Laden ist ja wie ein Kind für mich. Aber ich bin trotzdem immer noch traurig darüber, dass ich nicht Ärztin werden konnte.“ Thu Tran Thi Thanh, 38, Floristin

44


7

potenziale besser erfassen

verfahren und instrumente zur potenzialanalyse

pOTEnzIalE ERFassEn Damit Menschen ihre eigenen Stärken und Entwicklungspotenziale besser erkennen können, ist es von besonderer Bedeutung, informell erworbene berufliche Kompetenzen bei der Potenzialerfassung stärker zu berücksichtigen als bisher. Dies stärkt nicht allein das Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl der Ratsuchenden, sondern verbessert deren Chancen auf dem Arbeitsmarkt bzw. beim Zugang zu Qualifizierungsmaßnahmen erheblich.

fachkompetenz

personalkompetenz

berufliche

Handlungskompetenz

sozialkompetenz Grafik: Berufliche Handlungskompetenz 6

Eine ganzheitlichen Kompetenzbilanzierung umfasst neben der Fachkompetenz auch die Personal- und Sozialkompetenzen. Erst das Zusammenwirken dieser drei Kompetenzen macht berufliche Handlungskompetenz möglich (vgl. auch Grafik). Die Anwendung der ganzheitlichen Kompetenzbilanzierung in der beruflichen Beratung und Arbeitsvermittlung kann dazu genutzt werden, neue Tätigkeitsfelder für die Kunden zu erschließen und somit das Spektrum der 6 Vgl. ebd.

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Auswahl- und Einsatzmöglichkeiten dieser Menschen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen. Darüber hinaus sind Arbeitszufriedenheit, Motivation und Erfolg bei Beschäftigten, die nach ihren Fähigkeiten und Präferenzen eingesetzt werden, deutlich höher. Bei der Kompetenzbilanzierung ist darauf zu achten, dass sie nicht nur auf die beruflichen Erfahrungen beschränkt bleibt, sondern verschiedene Bereiche des Lebens umfasst. Dazu gehören: < < < < <

Arbeitstätigkeit Aus-, Fort- und Weiterbildung Familie Ehrenamtliche Aktivitäten Persönliches Netzwerk

Verfahren und Instrumente zur Potenzialanalyse

Bei der Durchführung einer Kompetenzbilanzierung im Rahmen eines Beratungsprozesses können Ihnen folgende Schritte behilflich sein: <

Motivation des Ratsuchenden klären

<

Detaillierte Besprechung des Lebensprofils

<

Thematisierung wichtiger Lernerfahrungen

<

Konzentration auf die Stärken der Ratsuchenden

<

Feinanalyse der Fertigkeiten der Ratsuchenden

<

„Hausaufgabe“ zur Ausarbeitung der Fertigkeiten

<

Besprechung der Hausaufgabe und Ergänzung der Fertigkeiten

<

Ähnliche Fertigkeiten bündeln

<

Aus dem Pool der zusammengestellten Fertigkeiten „Kompetenzen“ herausarbeiten

<

Begriffe für Kompetenzen formulieren

<

Kompetenzen in vier Bereiche aufteilen

7.1 VERFAHREN UND INSTRUMENTE ZUR POTENZIALANALYSE 7.1.1 Talentkompasse NRW 7 Berufliche Fort- und Weiterbildung macht dann Sinn, wenn sie auf den Talenten des einzelnen Menschen aufbauen und somit zu einer Steigerung der Kompetenz beitragen kann. Um die Talente des Individuums zu erschließen, wurde in NRW der Ansatz des Talentkompasses entwickelt und verfolgt. Der Kompass hat zum Ziel, Menschen bei der Bewältigung beruflicher Veränderungsprozesse zu unterstützen. Zur Zielgruppe gehören sowohl diejenigen, die vor der Entscheidung für einen neuen Beruf oder eine neue Tätigkeit stehen, als auch diejenige Personengruppe, die sich weiterbilden oder umschulen lassen möchte und hier auf Hilfe bei der beruflichen Orientierung angewiesen ist. Die ersten Schritte bestehen darin, persönliche Merkmale, Fähigkeiten und Interessen auszuwählen und zu gewichten, um eigene Potenziale und Talente bewusst zu machen. Im weiteren Verlauf kommt es darauf an, übertragbare Fähigkeiten mit zentralen Interessen, Werten und Wünschen neu zu kombinieren, um daraus Ideen für mögliche neue Tätigkeitsfelder zu entwickeln.

„Seit ich eine Sondergenehmigung für meinen Bäckereibetrieb bekommen habe, kann ich nun meine Kekse nach persischer Backtradition auch in Deutschland anbieten. Und meine Kekse sind nicht nur zum Essen sondern auch zum Wohlfühlen da.“ Ferdos Shirin Motedayen, 52, Geschäftsfrau

7 Rheinhard Völzke (2007): Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung mbH, Bottrop.

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Allzu oft bezieht sich der Begriff des Potenzials ausschließlich auf die gesellschaftliche oder berufliche Nützlichkeit von Personen. Durch den Begriff des Talents soll demgegenüber die große Bedeutung von Begabungen, Fähigkeiten, Persönlichkeitsmerkmalen und individuellen Interessen betont werden. Diese sind Ausdruck der Lebensgeschichten von Menschen. Potenziale werden genutzt, Talente hingegen entfaltet und gefördert. Jeder Mensch hat Talente, die sie oder er entfalten kann. In dieser Perspektive stellen Potenziale und Talente zwei Seiten einer Medaille dar.

Neben den Fähigkeiten werden Persönlichkeitsmerkmale, Werte, Interessen und Wünsche an das private und berufliche Umfeld mit gleicher Intensität in die Betrachtung einbezogen.

Verfahren und Instrumente zur Potenzialanalyse

Die Entwicklung des TalentKompass NRW basiert auf dem Konzept der übertragbaren Fähigkeiten. Von untergeordneter Bedeutung ist der Prozess des Kompetenzerwerbs – es wird nicht unterschieden zwischen Fähigkeiten, die durch formales, non-formales oder informelles Lernen erworben wurden. In den Blick genommen werden vielmehr Fähigkeiten, die auf unterschiedliche Themen oder Aufgaben übertragen werden können. Entscheidend ist, dass sich die Fähigkeiten im konkreten Handeln zeigen und durch erzählbare Beispiele aus der eigenen Lebensgeschichte belegen lassen. Neben den Fähigkeiten werden Persönlichkeitsmerkmale, Werte, Interessen und Wünsche an das private und berufliche Umfeld mit gleicher Intensität in die Betrachtung einbezogen (in Anlehnung an die Konzeption von Sidney Fine8). Die Gesamtheit aller Aspekte wird als Potenzial verstanden, welches einer Person zur Verfügung steht.

Der TalentKompass NRW setzt einen beruflichen Veränderungswunsch bei den Nutzerinnen und Nutzern voraus. Neben den Kompetenzen werden auch Werte, Interessen und Wünsche erfasst. Diese geben dem Einsatz und der Entwicklung der Kompetenzen eine Richtung, die vom Individuum selbst ausgeht. Orientierung geben hier nicht Entwicklungsdynamiken des Arbeitsmarktes, sondern die individuellen Vorstellungen der veränderungswilligen Personen. Das Instrument ist somit interessenbasiert. Es leitet dazu an, in gewünschten Tätigkeitsfeldern Gespräche mit dort bereits tätigen Personen zu führen. Kompetenzen werden nicht nur erfasst, gewichtet und mit Werten, Interessen und Wünschen in Beziehung gesetzt, sondern auch eingesetzt. Deshalb ist der TalentKompass ein geeignetes Instrument, um die Fähigkeiten und Interessen zu erkennen und einsetzen zu können. Für Einzelne oder Gruppen bietet das Instrument ein dialogisch angelegtes Verfahren, das im Wesentlichen aus drei Schritten besteht, die auch als Teilziele verstanden werden können:

1 2 3

Wahrnehmen, Auswählen und Gewichten der Persönlichkeitsmerkmale, Fähigkeiten, Werte, Interessen und Wünsche, um sich das eigene Potenzial, die eigenen Talente, bewusst zu machen Neukombination übertragbarer Fähigkeiten mit zentralen persönlichen Werten, Interessen und Wünschen, um individuelle Ideen für neue Tätigkeitsfelder und Gestaltungsmöglichkeiten zu generieren Führen von Gesprächen im angestrebten Tätigkeitsfeld mit dort bereits beschäftigten Personen, um Informationen für eine mögliche eigene Tätigkeit einzuholen und auf dieser Basis einen Aktionsplan mit den nächsten Schritten aufzustellen.

Wie Sie das Verfahren in der Beratung nutzen können Sie haben die Möglichkeit, den TalentKompass entweder mit dem Ratsuchenden gemeinsam durchzugehen oder aber ihn dem Kunden weiterzuempfehlen. Wir raten dazu, den Ratsuchenden in den Talentkompass einzuführen, so dass er selbst in der Lage ist, ihn anzuwenden. Sie sollten eine Frist setzen und eine verbindliche Vereinbarung darüber treffen, wann der Kompass vom Kunden bearbeitet worden sein muss. Nutzerinnen und Nutzer können auf diese Weise Orientierungswissen für private und berufliche Entscheidungssituationen erlangen. Die Bewertung erfolgt anhand subjektiver Einschätzungen: Was mache ich gerne? Was kann ich nach eigener Einschätzung gut? Die Mappe mit dem TalentKompass NRW ist zurzeit vergriffen. Weitere Informationen erhalten sie bei der Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung mbH in NRW, Telefon: 02041 / 76 72 46.

Hinweis

8 Vgl. Bolles/Figler 1999 und Bolles 2004

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Das ist mir wichtig

Da will ich hin

B.1 bis B.3

A.1 bis A.5

Tragen Sie Ihre Aussage jeweils in das entsprechende Feld ein

Verfahren und Instrumente und Instrumente zur zur Verfahren Potenzialanalyse Potenzialanalyse

B.1 Mein Umfeld

Tragen Sie Ihre Aussage jeweils in das entsprechende Feld ein

A.1 Persönliche Merkmale A.2 Umgang mit Menschen A.3 Umgang mit Informationen

B.2 Meine Interessen

B.3 Meine Werte

B.1

A.4 Umgang mit Gegenständen A.5 Meine Kenntnisse

A.1

A.2

B.2 A.3

A.4 B.3

A.5

Auszug aus „Talentkompass“ – www.talentkompass.de

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7.1.2 Komptenz-Erfassungs-Notebook (KEN) Die webbasierte elektronische Anwendung „Kompetenz-Erfassungs-Notebook“ (KEN) zielt auf Kompetenzerfassung im Prozess der Arbeit. Sie wird gemeinsam mit Beschäftigungs- und Qualifizierungsunternehmen entwickelt. Zielgruppe sind erwachsene Migrantinnen und Migranten. Neben der Bündelung der erfassten Kompetenzen im Lebenslauf vermag KEN individuelle Entwicklungen aufzuzeigen und Stärken sichtbar zu machen. Als Referenzrahmen dient das deutsche Berufsbildungssystem: Orientiert an ausgewählten deutschen Ausbildungsberufen und ergänzend ausgewählten akademischen Tätigkeitsprofilen mit den entsprechenden fachlichen Anforderungen werden Kompetenzen eingeordnet und dargestellt. Gerade für eine Aufarbeitung, Erfassung und Darstellung von Kompetenzen, über die Migranten und Migrantinnen verfügen, ist es sinnvoll, die gesamte Biografie in den Blick zu nehmen. Erfasst werden sollen alle Erfahrungen, Fähigkeiten, Kenntnisse und Qualifikationen einschließlich derjenigen, die außerhalb des deutschen Bildungssystems erworben wurden, sowie die in den Beschäftigungs- und Qualifizierungsunternehmen erworbenen Kompetenzen.

Verfahren und Instrumente zur Potenzialanalyse

KEN unterstützt bei der Dokumentation von Kompetenzen und liefert eine aufbereitete Darstellung in Form eines „Lebenslaufs“, der sich am Europass-Lebenslauf orientiert. Dabei werden zwei Gruppen gebildet: (berufs-) fachliche Kompetenzen, die in der aktuellen Situation oder in früheren Tätigkeiten (nicht nur Berufstätigkeiten, sondern auch Tätigkeiten z.B. in Familie, Ehrenamt oder Hobby) erworben worden sind bzw. erworben werden, sowie personale und soziale Kompetenzen – also Fähigkeiten und Kenntnisse, die berufsübergreifend sind.

Wie Sie das Instrument in der Beratung nutzen können KEN kann Sie in der Beratungsarbeit mit dem Infopool unterstützen: dort sind Informationen zur Anerkennung nicht in Deutschland erworbener Abschlüsse zusammengestellt. Darüber hinaus haben Sie die Möglichkeit, mit dem Ratsuchenden gemeinsam die verschiedenen Bereiche der Kompetenzerfassung durchzugehen und eine Zusammenstellung vorhandener Kompetenzen vorzunehmen. Die Anwendung KEN ist Ende Mai 2007 fertig gestellt worden. Wenn Sie Informationen wünschen, können Sie sich mit der Projektkoordination bei der Bundesarbeitsgemeinschaft Arbeit in Verbindung setzen.

Hinweis

Entwicklung: Bundesarbeitsgemeinschaft Arbeit e.V., Berlin in Kooperation mit ProBeruf e.V., Berlin und Werkstatt Frankfurt-Gesellschaft für Vermittlung in Arbeit, Frankfurt am Main

49


8

Anhang

Ergänzungen 8.1 ÜBERSICHT DER EMPFEHLUNGEN 8.1.1 Zur Umsetzung in der Beratungsarbeit Interkulturelle Personalstrukturen in der Beratungsarbeit fördern Interkulturelle und sprachliche Kompetenzen von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen müssen vermehrt in die Beratungsarbeit einfließen, um sprachliche und kulturelle Barrieren zu senken und die Erreichbarkeit von Migrantinnen und Migranten zu verbessern. Eine Erhöhung des Fachkräfteanteils mit und ohne Migrationshintergrund, der interkulturelle und sprachliche Kompetenzen einbringt, sollte angestrebt werden. Die Besetzung frei werdender Stellen in Einrichtungen der beruflichen Beratung mit Fachpersonal, das über interkulturelle und sprachliche Kompetenzen sowie ggf. Migrationserfahrung verfügt, ist anzustreben. Dazu ist u.a. eine Abänderung entsprechender Anforderungsprofile im Rahmen von Stellenausschreibungen notwendig. Interkulturelle Kompetenz sollte in Stellenprofilen ausdrücklich als notwendige Voraussetzung (Einstellungsmerkmal) festgeschrieben werden. Bei der Aus-, Fort- und Weiterbildung des Beratungspersonals (Mitarbeiter und Führungskräfte) sind migrationsspezifische Aspekte besonders zu berücksichtigen. Die Beratungspraxis für Migrantinnen und Migranten sollte grundsätzlich so niederschwellig wie möglich angelegt sein.

Informationsmaterial mehrsprachig anbieten Informationsmaterial für Migrantinnen und Migranten sollte nach Zielgruppen differenziert, für die jeweilige Migrantinnen- und Migrantengruppe verständlich sowie kultursensibel gestaltet sein. Dabei sind Mittel und Methoden auszuwählen, welche die Betroffenen, ihre Angehörigen und ihr soziales Umfeld erreichen. Zur Optimierung des Beratungsangebotes sind vorhandene Netzwerke unter Beteiligung der Industrie, des Handwerks, der öffentlichen Verwaltungen, der ARGEn einzubinden. So kann es z.B. sinnvoll sein, MultiplikatorInnen aus den Migranten-Communities gezielt zu werben bzw. zu informieren und in die Beratungsarbeit einzubeziehen. Nach Möglichkeit sind auch Informationen in den Herkunftssprachen anzubieten.

8.1.2 Zum Thema Anerkennung Drittstaatsangehörige, die ihre Qualifikation in einem EU-Mitgliedstaat erworben haben, gleichbehandeln Bei der Übernahme der EU-Richtlinie 2005/36/EG in die nationalen Gesetzgebungen ist eine Gleichbehandlung von Drittstaatsangehörigen, die ihre berufliche Qualifikation in einem EU-Land erworben haben, und den Staatsbürgern der EU-Mitgliedsländer anzustreben. Für die Anwendung der EU-Anerkennungsrichtlinie soll maßgeblich sein, ob der Bildungsnachweis in einem Mitgliedstaat erlangt wurde, nicht aber die Staatsbürgerschaft.

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Anhang

Einheitliche Regelung der Anerkennung von Bildungsabschlüssen aus Drittstaaten Angesichts der durch die EU-Anerkennungsrichtlinie verfolgten Ziele, u.a. Förderung der Arbeitnehmendenmobilität, und der Tatsache, dass Drittstaatsangehörige einen bedeutenden Anteil der Bevölkerung in vielen EUStaaten bilden, sowie angesichts der steigenden Neuzuwanderung in die EU-Länder erscheint eine EU-Richtlinie notwendig, welche die Anerkennung von Bildungsnachweisen aus Drittstaaten einheitlich regelt.

Informationsstrukturen optimieren Handlungsempfehlung: Einrichtung einer mehrsprachigen Hotline, weite Verbreitung und Übersetzung des Wegweisers für die Anerkennung von im Ausland erworbenen beruflichen Qualifikationen, mehrsprachige Informationsflyer und Broschüren, kürzere Anerkennungszeiten, Zentralisierung von spezialisierten Beratungseinrichtungen (Beispiel: eine zentrale Beratungsstelle für Handwerks-, eine für IHK-Berufe), Schaffung von transnationalen Datenbanken, etc.

Bewertungsverfahren von ausländischen Bildungsnachweisen verbessern und die Transparenz erhöhen Handlungsempfehlung: Aufbau von umfassenden, europaweiten Datenbanken mit Informationen zu den Ausbildungsgängen, Verbesserung des Angebots und des Zugangs zu Nachqualifizierungsmaßnahmen, Ergänzungsstudiengängen sowie zu Anpassungslehrgängen.

Unternehmen von der Bedeutung der Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen überzeugen Die Anerkennung informell erworbener beruflicher Kompetenzen kann insbesondere für langjährig erfahrene, aber an- und ungelernte Beschäftigte unmittelbare positive Folgen für die Einkommenssituation haben. Dies gilt mithin auch für die nachträgliche Anerkennung von im Ausland erworbenen beruflichen Qualifikationen bei bereits bestehenden Beschäftigungsverhältnissen.

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8.2 Glossar Das Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz, auch „Meister-BAföG“ genannt, gewährt eine finanzielle Unterstützungsleistung zur beruflichen Aufstiegsfortbildung bzw. zur Existenzgründung. Das AFBG stellt ein Förderinstrument zur beruflichen Fortbildung dar und gilt grundsätzlich in allen Berufsbereichen, einschließlich der Gesundheits- und Pflegeberufe. Voraussetzung für die Leistung ist u.a., dass die Antragstellerinnen und Antragsteller noch nicht über eine berufliche Qualifikation verfügen, welche dem angestrebten Fortbildungsabschluss mindestens gleichwertig ist. Eine Altergrenze gibt es nicht.

Allgemeine Hochschulreife

Die allgemeine Hochschulreife berechtigt zum Studium aller Fachrichtungen an allen Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland. Man erwirbt sie beispielsweise mit dem Abitur, in der Regel aber auch durch den Abschluss eines Studiums an einer Fachhochschule.

Glossar

AFBG

Arbeitslosengeld II Das Arbeitslosengeld II (ALG II) wurde in Deutschland zum 1. Januar 2005 durch das so genannte „Hartz-IVGesetz“ eingeführt, weshalb es umgangssprachlich oft als „Hartz IV“ bezeichnet wird. Das Arbeitslosengeld II (ALG II) ist die Grundsicherungsleistung für erwerbsfähige Hilfebedürftige. Es wird durch das Sozialgesetzbuch II (SGB II) geregelt. Im Arbeitslosengeld II werden die frühere Arbeitslosenhilfe sowie die Sozialhilfe auf Leistungsniveau des Existenzminimums zusammengefasst. (siehe auch SGB II bzw. SGB III)

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ARGEn

Im Bereich der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende (Arbeitslosengeld II) können Arbeitsagenturen der Bundesagentur für Arbeit sowie kommunale Träger Arbeitsgemeinschaften bilden, die als ARGE bezeichnet werden. Die Rechtgrundlage dazu findet sich in § 44b SGB II. Die Bezeichnungen der ARGEn sind bundesweit nicht einheitlich. Im Gegensatz zu den Arbeitsagenturen sind die ARGEn meist lokal präsent und nicht zentral verwaltet.

Ausländer

Rechtlich gelten in Deutschland sämtliche Personen bzw. Personengruppen, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, als Ausländer (siehe auch „Deutscher“).

BaföG

Das Bundesausbildungsförderungsgesetz stellt die gesetzliche Grundlage für die finanzielle Förderung von Studierenden dar. Informationen dazu geben die BAföG-Ämter der Studentenwerke.

Bilaterale Abkommen

Als bilaterale Abkommen bezeichnet man verbindliche Vereinbarungen zwischen zwei verschiedenen Staaten.

Bildungsgutschein (BGS)

Der Bildungsgutschein ist seit dem 1. Januar 2003 Bestandteil des deutschen Bildungssystems. Es handelt sich um eine schriftliche Zusage der Bundesagentur für Arbeit, Kosten einer Weiterbildungsmaßnahme zu übernehmen. Gesetzlich geregelt ist dies in § 77 Abs. 3 SGB III und § 16 Abs. 1 SGB II. Ab dem Zeitpunkt seiner Ausstellung gilt der Gutschein maximal 3 Monate lang bis zum Beginn der Weiterbildungsmaßnahme. Die Erteilung des Bildungsgutscheins liegt im Ermessen des Arbeitsvermittlers, d.h. der Arbeitsvermittler kann den Bildungsgutschein bei Notwendigkeit einer Weiterbildung zur nachhaltigen Eingliederung des Arbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt vergeben, ist aber nicht dazu verpflichtet.

Bildungsinländer

Ausländerinnen, Ausländer und Staatenlose, die eine deutsche Hochschulzugangsberechtigung besitzen, gelten als Bildungsinländer.

Bildungsurlaub

Der Bildungsurlaub (auch: Bildungsfreistellung) ist eine besondere Form des Urlaubs, welche der beruflichen oder politischen Weiterbildung und nicht der Erholung dient. Der Bildungsurlaub ist nicht bundeseinheitlich geregelt. Vielmehr gelten landesspezifische Regelungen. Gewöhnlich ergibt sich daraus ein Anspruch auf Freistellung für fünf Arbeitstage pro Jahr. Der Freistellungsanspruch ist in der Regel auf Themen der politischen und beruflichen Bildung beschränkt. Bildungsurlaub wird in Nordrhein-Westfalen durch das Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz NRW geregelt.

Deutscher

Rechtlich ist gemäß Artikel 116 Absatz 1 des Grundgesetzes jeder als Deutscher zu betrachten, der, vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelungen, die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat. Als Deutsche gelten somit auch Eingebürgerte oder Spätaussiedler i.S. des BVFG. Vereinfacht kann man festhalten, dass zumindest jede Person mit deutscher Staatsangehörigkeit im rechtlichen Sinne als Deutsche gilt.


Das DGB Bildungswerk ist die bundesweite Organisation des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) für die allgemeine, politische, berufliche und gewerkschaftliche Wissensvermittlung und Weiterbildung.

Drittstaats- angehörige

Drittstaatsangehörige (auch: Drittausländer) sind Ausländer, die weder EU-, EWR-Bürger, noch Schweizer sind.

Duale Ausbildung

Mit dualer Ausbildung wird verkürzt das duale Berufsausbildungssystem in der Bundesrepublik Deutschland bezeichnet. Darunter versteht man die einheitliche berufliche Ausbildung in einem Betrieb und in der Berufsschule. Die Voraussetzung für eine Berufslehre im dualen System ist ein Berufsausbildungsvertrag mit einem Betrieb. Der praktische Teil der Ausbildung wird dem Auszubildenden im Betrieb, der theoretische Teil in der Berufsschule vermittelt. Die Ausbildung ist rechtlich nicht an einen Schulabschluss gebunden.

EU-Richtlinien

EU-Richtlinien sind Rechtsakte der Europäischen Union, welche sich an die Mitgliedstaaten richten und diese zur Verwirklichung eines bestimmten vorgegebenen Ziels verpflichten. Richtlinien sind die häufigste Form, in der europäisches Recht gesetzt wird. Im Gegensatz zu Verordnungen haben die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Richtlinie einen gewissen Spielraum, weshalb von Richtlinien weit häufiger Gebrauch gemacht wird als von Verordnungen. Sofern die Richtlinie die Einführung konkreter Rechte und Pflichten fordert, muss das nationalstaatliche Recht, welches der Umsetzung dient, entsprechend konkrete Rechte und Pflichten begründen. Nach deutschem Recht ist daher zur Umsetzung grundsätzlich ein förmliches Gesetz bzw. eine Verordnung erforderlich.

EQUAL

Die aus dem Europäischen Sozialfonds geförderte Gemeinschaftsinitiative EQUAL zielt darauf ab, neue Wege zur Bekämpfung von Diskriminierung und Ungleichheiten von Arbeitenden und Arbeitsuchenden auf dem Arbeitsmarkt zu erproben. Die Entwicklungspartnerschaft ProQualifizierung ist ein solches EQUAL-Projekt.

Externenprüfung

Personen, die keine Berufsausbildung absolviert haben, wird ermöglicht, als sogenannte Externe an einer Gesellen- bzw. Abschlussprüfung teilzunehmen und so die formale Facharbeiterqualifikation zu erwerben. Hierfür müssen jedoch bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Näheres sowie die Zulassungsvoraussetzungen finden sich in § 37 der Handwerksordnung bzw. in Teil D dieses Wegweisers.

Formales Lernen

Unter formalem Lernen ist das üblicherweise in einer Bildungs- oder Ausbildungseinrichtung stattfindende und in Bezug auf Lernziele, Lernzeit oder Lernförderung strukturierte Lernen zu verstehen, welches letztlich zu einer Zertifizierung führt. Aus der Sicht des Lernenden ist das formale Lernen stets zielgerichtet.

Gleichwertigkeit, formelle

Zur Feststellung der formellen Gleichwertigkeit eines ausländischen Bildungsnachweises ist der Nachweis erforderlich und hinreichend, dass es sich um eine förmliche Prüfung oder einen Befähigungsnachweis mit öffentlich anerkannter Berechtigung handelt. Eine Identität der Prüfungsverfahren, -methoden oder Zusammensetzung der Prüfungsausschüsse ist nicht erforderlich.

Gleichwertigkeit, funktionelle

Zur funktionellen Gleichwertigkeit eines ausländischen Abschlusses ist erforderlich, dass die Gleichwertigkeit im Sinne gleicher beruflicher Qualifikation in der Wahrnehmung gleicher sozialer, wirtschaftlicher oder staatlicher Aufgaben vorliegt, so das OVG Koblenz in seiner Entscheidung vom 29.07 1960 (AZ: 2 C 2 /58). Die funktionelle Gleichwertigkeit ist der maßgebliche Gesichtspunkt, welcher die beiden anderen Aspekte (formelle und materielle Gleichwertigkeit) zurücktreten lässt.

Gleichwertigkeit, materielle

Zur Feststellung der materiellen Gleichwertigkeit eines ausländischen Bildungsnachweises ist erforderlich, dass die Inhalte der Ausbildung im Ausland und in Deutschland insoweit übereinstimmen, dass noch von einer Vergleichbarkeit gesprochen werden kann. Dieses Kriterium ist grundsätzlich sehr weit auszulegen (Eingliederungs- und Bestandsschutzgedanke). Eine engere Auslegung ist aber erforderlich, wenn die Folge der Anerkennung beispielsweise die Erlaubnis zum Umgang mit Gefahrstoffen ist (Schutz der Allgemeinheit).

Handwerksrolle

Die Handwerksrolle ist das Verzeichnis sämtlicher Inhaber eines zulassungspflichtigen Handwerksbetriebes in einem Handwerkskammerbezirk. Die Handwerksrolle wird von der Handwerkskammer geführt. In die Handwerksrolle wird grundsätzlich nur eingetragen, wer in dem zu betreibenden Handwerk die Meisterprüfung bestanden hat.

Informelles Lernen

Unter informellem Lernen ist ein Lernvorgang zu verstehen, welcher im Alltag, am Arbeitsplatz, im Familienkreis oder in der Freizeit stattfindet. Er ist in Bezug auf Lernziele, Lernzeit oder Lernförderung nicht strukturiert und führt in der Regel nicht zu einer Zertifizierung. Das informelle Lernen kann zielgerichtet sein, es geschieht jedoch in den meisten Fällen eher indiziert bzw. beiläufig.

Glossar

DGB-Bildungswerk e.V.

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Der Integrationskurs ist eine Maßnahme für Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland zum Erwerb deutscher Sprachkenntnisse. Gesetzlich geregelt werden Integrationskurse durch die sog. Integrationskursverordnung (IntV). Durch das Aufenthaltsgesetz können Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Besuch des Deutschkurses verpflichtet werden. Die Kosten der Kurse trägt im Wesentlichen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), wobei die Teilnehmerinnen und Teilnehmer pro Stunde zumindest 1 € bezahlen müssen, sofern sie nicht von diesen Zahlungen befreit sind (z.B. Sozialhilfeempfänger). Der Sprachkurs vermittelt Deutschkenntnisse bis zum sog. Niveau B1 und schließt im Idealfall mit der Prüfung „Zertifikat Deutsch“ ab. In 30 zusätzlichen Stunden werden den Kursteilnehmern geschichtliche, gesellschaftliche und kulturelle Kenntnisse über Deutschland vermittelt, um ihnen beispielsweise den Umgang mit Mitbürgern und Behörden zu erleichtern.

Interkulturelle Kompetenz

Es gibt zahlreiche Definitionen der interkulturellen Kompetenz. Aus Gründen der Vereinfachung möchten wir interkulturelle Kompetenz hier zusammenfassend als die Summe aller Kenntnisse, Fähigkeiten sowie Befugnisse bezeichnen, die notwendig sind, um mit Menschen anderer Herkunft und unterschiedlicher kultureller Prägung zurechtzukommen.

Glossar

Integrationskurs

Kompetenzfeststel- Kompetenzfeststellungsverfahren (auch: Profilings) sind Verfahren zur Erfassung sowohl formal erworbener lungsverfahren als auch informeller Kompetenzen. Die Ergebnisse eines Kompetenzfeststellungsverfahrens können beispielsweise dazu beitragen geeignete Weiterbildungsmaßnahmen für eine Person zu ermitteln. Es gibt eine Vielzahl von Anbietern von Kompetenzfestellungsverfahren und keine einheitlichen Standards. Das Netzwerk IQ vereint derzeit viele Institutionen und Experten, um eine bundes- bzw. europaweite Vereinheitlichung zu fördern. Ziel sind möglichst großflächig anerkannte Verfahren, die auch besondere Fähigkeiten von Zugewanderten erfassen und die von Arbeitgebenden anerkannt werden. Kontingent- flüchtlinge

Bei Kontingentflüchtlingen handelt es sich um eine Sondergruppe unter den Ausländern. Kontingentflüchtlinge erhalten nach der Aufnahme in Deutschland eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis sowie die Rechtsstellung von Flüchtlingen, wodurch sie einen besonderen Ausweisungsschutz genießen. Seit 1991 haben jüdische Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion die Möglichkeit, als Kontingentflüchtlinge nach Deutschland einzureisen. Grundlage hierfür ist ein Beschluss der Innenministerkonferenz vom 09.01.1991, nach dem das HumHAG (Gesetz über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge) auf diesen Personenkreis entsprechende Anwendung findet.

Meister-BAföG

(siehe AFBG)

Menschen mit Migrationshintergrund

Der Migrationshintergrund ist ein Ordnungskriterium zur Beschreibung einer Bevölkerungsgruppe. Mit dieser Begrifflichkeit wurden die Kategorien der deutschen und ausländischen Staatsangehörigkeit um Elemente wie z.B. Erziehung, Sprachzugehörigkeit u.ä. erweitert. Das Statistische Bundesamt hat mit dem Mikrozensus 2005 damit begonnen, Daten zu Personen mit Migrationshintergrund zu erheben. Die Statistischen Landesämter haben sich ebenfalls angeschlossen. Personen mit Migrationshintergrund sind danach < zugewanderte Ausländer, Spätaussiedler und eingebürgerte Ausländer, die selber zugewandert sind, < Personen ohne eigene Migrationserfahrung, die in Deutschland geborenen Kinder zugewanderter Ausländer unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit sowie < Kinder zugewanderter Spätaussiedler

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Mikrozensus

Der Mikrozensus ist eine statistische Erhebung, welche in Deutschland durch das Statistische Bundesamt und die Statistischen Landesämter durchgeführt wird.

Nichtformales Lernen

Das nichtformale Lernen findet nicht in Bildungs- oder Berufsbildungseinrichtungen statt und führt üblicherweise nicht zur Zertifizierung. Gleichwohl ist es in Bezug auf Lernziele, Lerndauer und Lernmittel systematisch strukturiert. Auch das nichtformale Lernen ist aus Sicht der Lernenden zielgerichtet.

PISA

Kurzform für das „Programme for International Student Assessment“ der OECD. Dabei handelt es sich um eine Studie, welche zum Ziel hat, alltagsrelevante Kenntnisse und Fähigkeiten 15-jähriger Schüler zu messen. Die PISA-Studien werden seit 2000 in dreijährigem Turnus in den meisten Mitgliedstaaten der OECD durchgeführt.


Die Entwicklungspartnerschaft Pro Qualifizierung wird von sieben Projektträgern im Rahmen von 11 Teilprojekten verwirklicht. Sie alle arbeiten gemeinsam an ihrem Ziel der Beschäftigungssicherung von Menschen mit Migrationshintergrund im Alter von 25+. Die Projektträger sind: DGB Bildungswerk e.V., Diên Hông e.V., IGR Elan e.V., IQ-Consult gGmbH, MOZAIK – gemeinnützige Gesellschaft für Interkulturelle Bildungs- und Beratungsangebote mbH, Westdeutscher Handwerkskammertag (WHKT), Zentralstelle für die Weiterbildung im Handwerk (ZWH).

RAA

Die Abkürzung steht für „Regionale Arbeitsstelle zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien“. Die RAA werden in NRW gefördert vom Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration sowie vom Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes NRW und den jeweiligen Kommunen bzw. Kreisen. Mit ihren Angeboten in der Elementarerziehung, in der Schule und beim Übergang von der Schule in den Beruf möchten die RAA die Bildungschancen für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund fördern und sich für eine gleichberechtigte Teilhabe der Migrantinnen und Migranten in allen gesellschaftlichen Bereichen einsetzen.

Reglementierte Berufe

Zu den reglementierten Berufen zählen alle Tätigkeiten, deren Aufnahme oder Ausübung rechtlich an ein Diplom bzw. an einen anderen Befähigungsnachweis gebunden ist. Nach deutschem Recht fallen darunter insbesondere die freien Berufe wie Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Psychotherapeuten. Ebenfalls einbezogen sind Berufe, die grundsätzlich nicht reguliert sind, bei denen aber die Führung eines bestimmten Titels von Voraussetzungen abhängig gemacht wird, beispielsweise Architekten, (beratende) Ingenieure, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und Logopäden.

SGB II

Das Sozialgesetzbuch II (SGB II) ist das Gesetz, welches die Grundsicherung für Arbeitsuchende in der Bundesrepublik Deutschland regelt. (siehe auch Arbeitslosengeld II)

SGB III

Das Sozialgesetzbuch III (SGB III) ist das Gesetz, welches das deutsche Arbeitsförderungsrecht regelt. Das SGB III bestimmt sämtliche Leistungen und Maßnahmen zur Arbeitsförderung und ist damit die Grundlage für die Arbeit der Bundesagentur für Arbeit.

Spätaussiedler

Laut § 4 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) ist ein Spätaussiedler in der Regel ein deutscher Volkszugehöriger, der die Republiken der ehemaligen Sowjetunion nach dem 31. Dezember 1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und innerhalb von sechs Monaten im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat, wenn er zuvor

Glossar

Pro Qualifizierung

1. seit dem 8. Mai 1945 oder . nach seiner Vertreibung oder der Vertreibung eines Elternteils seit dem 31. März 1952 oder . seit seiner Geburt, wenn er vor dem 1. Januar 1993 geboren ist und von einer Person abstammt, die

die Stichtagsvoraussetzung des 8. Mai 1945 nach Nummer 1 oder des 31. März 1952 nach Nummer 2 erfüllt, es sei denn, dass Eltern oder Voreltern ihren Wohnsitz erst nach dem 31. März 1952 in die Aussiedlungsgebiete verlegt haben, seinen Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten hatte. Spätaussiedler ist auch ein deutscher Volkszugehöriger aus den Aussiedlungsgebieten des § 1 Abs. 2 Nr. 3 außer den in Absatz 1 genannten Staaten, der die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt und glaubhaft macht, dass er am 31. Dezember 1992 oder danach Benachteiligungen oder Nachwirkungen früherer Benachteiligungen auf Grund deutscher Volkszugehörigkeit unterlag. Der Spätaussiedler ist Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes. Ehegatten oder Abkömmlinge von Spätaussiedlern, die nach § 27 Abs. 1 Satz 2 in den Aufnahmebescheid einbezogen worden sind, erwerben, sofern die Einbeziehung nicht unwirksam geworden ist, diese Rechtsstellung mit ihrer Aufnahme im Geltungsbereich des Gesetzes. Studienkolleg

Studienkollegs sind staatliche Bildungseinrichtungen, die es in sämtlichen Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland gibt. Studienbewerber mit einer ausländischen Hochschulzugangsberechtigung, die nicht als mit dem deutschen Abitur gleichwertig gilt, können sich dort auf ein wissenschaftliches Studium an einer deutschen Hochschule vorbereiten. Ob ein Studienkolleg besucht werden muss oder ob der ausländische Student über einen direkten Hochschulzugang verfügt, entscheidet grundsätzlich die Zeugnisanerkennungsstelle der gewählten Hochschule.

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8.3 ADRESSEN DER HANDWERKSKAMMERN IN NRW Handwerkskammer Aachen (Aachen, Kreise: Aachen, Düren, Euskirchen und Heinsberg) Adressen

Sandkaulbach 21 52062 Aachen Telefon: 0241 / 471-0 Telefax: 0241 / 471-103

Handwerkskammer Düsseldorf (Düsseldorf, Duisburg, Essen, Krefeld, Mönchengladbach, Mülheim/Ruhr, Oberhausen, Remscheid, Solingen und Wuppertal, Kreise: Kleve, Mettmann, Neuss, Viersen und Wesel) Georg-Schulhoff-Platz 1 40221 Düsseldorf Telefon: 0211 / 87 95-0 Telefax: 0211 / 87 95-110

Handwerkskammer Arnsberg (Kreis: Olpe, Siegen, Hochsauerlandkreis, Märkischer Kreis)

Handwerkskammer zu Köln (Bonn, Köln, Leverkusen, Kreise: Rhein-Erft, Oberberg, Rhein-Berg, Rhein-Sieg)

Brückenplatz 1 59821 Arnsberg Telefon: 02931 / 877-0 Telefax: 02931 / 877-160

Heumarkt 12 50667 Köln Telefon: 0221 / 20 22-0 Telefax: 0221 / 20 22-320

Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe zu Bielefeld (Bielefeld, Kreise: Gütersloh, Herford, Höxter, Lippe, Minden-Lübbecke und Paderborn)

Handwerkskammer Münster (Bottrop, Gelsenkirchen, Münster, Kreise: Borken, Coesfeld, Recklinghausen, Steinfurt, Warendorf)

Obernstraße 48 33602 Bielefeld Telefon: 0521 / 56 08-0 Telefax: 0521 / 56 08-199

Bismarckallee 1 48151 Münster Telefon: 0251 / 52 03-0 Telefax: 0251 / 52 03-106

Handwerkskammer Dortmund (Bochum, Dortmund, Hagen, Hamm, Herne, Kreise: Soest, Unna, Ennepe-Ruhr) Reinoldistraße 7 - 9 44135 Dortmund Telefon: 0231 / 54 93-0 Telefax: 0231 / 54 93-116

8.4 ADRESSEN DER INDUSTRIE- UND HANDELSKAMMERN IN NRW

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Industrie- und Handelskammer zu Aachen (Kreise: Düren, Euskirchen, Heinsberg)

Industrie- und Handelskammer Essen, Mülheim (Ruhr) und Oberhausen zu Essen

Theaterstraße 6 - 8 52062 Aachen Telefon: 0241 / 44 60-0 Telefax: 0241 / 44 60-259

Am Waldthausenpark 2 45127 Essen Telefon: 0201 / 18 92-0 Telefax: 0201 / 18 92-172

Industrie- und Handelskammer für das südöstliche Westfalen zu Arnsberg (Hochsauerlandkreis, Kreis Soest)

Südwestfälische Industrie- und Handelskammer zu Hagen (Hagen, Ennepe-Ruhr-Kreis, Märkischer Kreis)

Königstraße 18-20 59821 Arnsberg Telefon: 02931 / 878 0 Telefax: 02931 / 878 100

Bahnhofstraße 18 58095 Hagen Telefon: 02331 / 390 0 Telefax: 02331 / 135 86


Elsa-Brandström-Straße 1-3 33602 Bielefeld Telefon: 0521 / 554-0 Telefax: 0521 / 554-219

Industrie- und Handelskammer zu Köln (Köln, Leverkusen, Erftkreis, Rheinisch-Bergischer Kreis, Oberbergischer Kreis) Unter Sachsenhausen 10-26 50667 Köln Telefon: 0221 / 16 40-0 Telefax: 0221 / 16 40-129

Industrie- und Handelskammer zu Bochum (Bochum, Dortmund Duisburg, Essen)

Industrie- und Handelskammer Mittlerer Niederrhein zu Krefeld

Ostring 30-32 44787 Bochum Telefon: 0234 / 91 13-0 Telefax: 0234 / 91 13-110

Nordwall 39 47798 Krefeld Telefon: 02151 / 635-0 Telefax: 02151 / 635-338

Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg

Industrie- und Handelskammer Nord-Westfalen zu Münster (Münsterland, Emscher-Lippe Region)

Bonner Talweg 17 53113 Bonn Telefon: 0228 / 22 84-0 Telefax: 0228 / 22 84-170

Industrie- und Handelskammer Lippe zu Detmold

Adressen

Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (Bielefeld, Kreise: Gütersloh, Herford, Höxter, Minden-Lübbecke, Paderborn)

Sentmaringer Weg 61 48151 Münster Telefon: 0251 / 707-0 Telefax: 0251 / 707-325 Industrie- und Handelskammer Siegen (Kreise: Olpe, Siegen)

Leonardo-da-Vinci-Weg 2 32760 Detmold Telefon: 05231 / 76 01-0 Telefax: 05231 / 76 01-57

Koblenzer Straße 121 57072 Siegen Telefon: 0271 / 33 02-0 Telefax: 0271 / 33 02-400

Industrie- und Handelskammer zu Düsseldorf (Düsseldorf, Kreis Mettmann)

Industrie- und Handelskammer Wuppertal-Solingen-Remscheid

Ernst-Schneider-Platz 1 40212 Düsseldorf Telefon: 0211 / 35 57-0 Telefax: 0211 / 35 57-401

Heinrich-Kamp-Platz 2 42103 Wuppertal Telefon: 0202 / 24 90-0 Telefax: 0202 / 24 90-999

Niederrheinische Industrie- und Handelskammer Duisburg-Wesel-Kleve Mercatorstraße 22-24 47051 Duisburg Telefon: 0203 / 28 21-0 Telefax: 0203 / 265 33

8.5 ADRESSE DER LANDWIRTSCHAFTSKAMMER Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen Referat 34 Nevinghoff 40 48147 Münster Telefon: 0251 / 59 93 74 E-Mail: info@lwk.nrw.de

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8.6 Bilaterale Abkommen Bilaterales Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Österreich über die Zusammenarbeit in der beruflichen Bildung und über die gegenseitige Anerkennung und Gleichwertigkeit von beruflichen Prüfungszeugnissen vom 27. November 1989. Anhang

Ein gleichgestelltes/gleichgehaltenes Prüfungszeugnis zwischen Österreich und Deutschland verleiht der im Prüfungszeugnis aufgeführten Person auf der jeweils anderen Seite die Rechte, die auf der Facharbeiter-/Fachangestelltenebene dem gleichgestellten/gleichgehaltenen Prüfungszeugnis dieser anderen Seite verbunden sind. Hinweis

Eine Aufstellung aller gleichgestellten österreichischen Prüfungszeugnisse findet sich im Gesetz zur Ordnung des Handwerks.

8.6.1 Allgemeine Vergleichbarkeit In Zukunft soll die Gleichstellungsverordnung wegen des damit verbundenen hohen Prüfaufwandes in beiden Staaten nicht länger fortgeschrieben werden. Stattdessen ist eine deutsch-österreichische Vereinbarung über die allgemeine Vergleichbarkeit von Berufsabschlüssen abgeschlossen worden. Durch die Erklärung soll verdeutlicht werden, dass Deutschland und Österreich gegenseitig in die Qualität der Ausbildungssysteme vertrauen. Das Abkommen von November 1989 zur Gleichstellung von deutsch-österreichischen Bildungsabschlüssen besteht weiter. Gemeinsame Erklärung der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich über die generelle Vergleichbarkeit von französischen Abschlusszeugnissen in der Berufsausbildung und deutschen Abschlusszeugnissen in der Berufsausbildung nach Berufsbildungsgesetz, Handwerksordnung sowie Schulrecht der Länder vom 26. Oktober 2004 „Beide Staaten erklären, dass nach gemeinsamer Auffassung <

<

das französische certificat d'aptitude professionelle (CAP) als Abschlusszeugnis einer französischen Berufsfachschule vergleichbar sei mit einem in der dualen Berufsausbildung mit einer Regelausbildungsdauer von zwei Jahren nach § 25 Berufsbildungsgesetz und § 25 Handwerksordnung erhaltenen deutschen Abschlusszeugnis in der Berufsausbildung und das französische Brevet professionnel sowie das französische Baccalauréat professionnel vergleichbar seien mit einem in der dualen Berufsausbildung mit einer Regelausbildungsdauer von drei bis dreieinhalb Jahren nach § 25 Berufsbildungsgesetz und § 25 Handwerksordnung erhaltenen deutschen Abschlusszeugnis in der Berufsausbildung sowie einem gleichwertigen Abschlusszeugnis in der Berufsausbildung nach dem Schulrecht der Länder der Bundesrepublik Deutschland, entsprechend dem vom Bundesinstitut für Berufsbildung herausgegebenen Verzeichnis der anerkannten Ausbildungsberufe.“

Mit dieser Erklärung setzen Deutschland und Frankreich in Europa Maßstäbe für eine unbürokratische und einfache Handhabung der Einordnung von beruflichen Bildungsabschlüssen. Den ersten Schritt bildet die gemeinsame Erklärung zur Feststellung der Vergleichbarkeit von 40 Berufsabschlüssen. Mit der unterzeichneten Erklärung wird die bisherige Praxis langwieriger Anerkennungsverfahren einzelner Berufsabschlüsse abgelöst. Als Handreichung wird eine Liste der vergleichbaren Berufsabschlüsse kontinuierlich fortgeführt und den Verbänden, Sozialpartnern, Kammern, Arbeitsagenturen und interessierten Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung gestellt.

8.6.2 Probleme bei bilateralen Abkommen Bei der Anerkennung von Berufsqualifikationen auf Basis der bilateralen Abkommen bestehen insbesondere folgende Hindernisse: <

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In diesen Abkommen sind jeweils nur ein Teil der Berufe aufgeführt.


<

Die Anerkennungslisten sind veraltet, einige Berufe gibt es nicht mehr, andere haben sich gespalten usw. Es gibt keine klaren Regeln, wie anzuerkennen ist.

Anhang

Ein listenmäßiger Vergleich von Berufen unterschiedlicher Staaten ist zumeist nur schwer zu erstellen, da sich Ausbildungsinhalte sowie die Berufe selbst zu schnell ändern. Zudem bestehen Probleme in der Vergleichbarkeit und qualitativen Bewertung von Ausbildungs- und Prüfungsinhalten.

8.6.3 Bundesvertriebenengesetz § 10 (1) Prüfungen oder Befähigungsnachweise, die Spätaussiedler bis zum 8. Mai 1945 im Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Gebietsstande vom 31. Dezember 1937 abgelegt oder erworben haben, sind im Geltungsbereich des Gesetzes anzuerkennen. (2) Prüfungen oder Befähigungsnachweise, die Spätaussiedler in den Aussiedlungsgebieten abgelegt oder erworben haben, sind anzuerkennen, wenn sie den entsprechenden Prüfungen oder Befähigungsnachweisen im Geltungsbereich des Gesetzes gleichwertig sind. (3) Haben Spätaussiedler, die zur Ausübung ihres Berufes notwendigen oder für den Nachweis ihrer Befähigung zweckdienlichen Urkunden (Prüfungs- oder Befähigungsnachweise) und die zur Ausstellung von Ersatzurkunden erforderlichen Unterlagen verloren, so ist ihnen auf Antrag durch die für die Ausstellung entsprechender Urkunden zuständigen Behörden und Stellen eine Bescheinigung auszustellen, wonach der Antragsteller die Ablegung der Prüfung oder den Erwerb des Befähigungsnachweises glaubhaft nachgewiesen hat. (4) Voraussetzung für die Ausstellung der Bescheinigung gemäß Absatz 3 ist die glaubhafte Bestätigung <

<

durch schriftliche, an Eides Statt abzugebende Erklärung einer Person, die auf Grund ihrer früheren dienstlichen Stellung im Bezirk des Antragstellers von der Ablegung der Prüfung oder dem Erwerb des Befähigungsnachweises Kenntnis hat, oder durch schriftliche, an Eides Statt abzugebende Erklärungen von zwei Personen, die von der Ablegung der Prüfung oder dem Erwerb des Befähigungsnachweises eigene Kenntnisse haben.

(5) Die Bescheinigung gemäß Absatz 3 hat im Rechtsverkehr dieselbe Wirkung wie die Urkunde über die abgelegte Prüfung oder den erworbenen Befähigungsnachweis. In Bezug auf die Anerkennung von Aussiedlerzeugnissen nichtakademischer beruflicher Qualifikationen gibt es einen speziellen Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 10.9.1993.

8.7 Grundsätze zur Bewertung und Anerkennung Fachmittelschulabschlüssen Grundsätze zur Bewertung und Anerkennung von Fachmittelschulabschlüssen aus Polen und anderen osteuropäischen Ländern bei Berechtigten nach dem Bundesvertriebenengesetz (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 10.09.1993). Die Länder in der Bundesrepublik Deutschland kommen überein, bei der Entscheidung über die Anerkennung von Fachmittelschulabschlüssen aus Polen und anderen osteuropäischen Ländern nach § 10 Bundesvertriebenengesetz entsprechend den folgenden Grundsätzen zu verfahren:

8.7.1 Abschlüsse aus Polen 1. Die Abschlüsse polnischer einstufiger und postlyzealer Fachmittelschulen sind als Abschlüsse einer beruflichen Erstausbildung in erster Linie deutschen beruflichen Erstausbildungen nach Berufsbildungsgesetz (BBiG) bzw. Handwerksordnung (HwO) zuzuordnen. Es sollte deshalb den Bewerbern/Bewerberinnen empfohlen werden, bei den zuständigen Stellen Anträge auf Anerkennung zu stellen. In Fällen, in denen die Gleichstellung mit einem anerkannten Ausbildungsberuf nicht möglich ist, prüft die Schulbehörde oder die sonst nach Landesrecht zuständige Stelle auf Antrag

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die Anerkennung als „Staatlich geprüfter technischer Assistent/Staatlich geprüfte technische Assistentin“, falls die inhaltliche Struktur der polnischen Ausbildung dies erlaubt. Zu diesem Zweck unterrichten sich die Länder über bestehende sowie neu eingerichtete Ausbildungen mit dem Berufsziel „Staatlich geprüfter technischer Assistent/Staatlich geprüfte technische Assistentin“. Anhang

. Absolventen einer zweistufigen polnischen Fachmittelschule in technischen Fächern beantragen die Aner-

kennung der zuvor an einer Berufsgrundschule erreichten Facharbeiterqualifikation bei den zuständigen Stellen nach dem Berufsbildungsgesetz bzw. der Handwerksordnung. Sofern eine Anerkennung erfolgt und eine zweijährige einschlägige Berufstätigkeit nachgewiesen ist, entscheiden die zuständigen Behörden/ Dienststellen auf Antrag über die Zulassung zum 3. Semester einer Ausbildung zum Staatlich geprüften Techniker/zur Staatlich geprüften Technikerin, sofern die Bewerber über hinreichende Kenntnisse in der deutschen Sprache verfügen. Ist der Abschluss der Berufsgrundschule von der zuständigen Stelle aus materiellen Gründen nicht anerkannt worden, kann auch bei Abschluss der zweistufigen Ausbildung eine Anerkennung als „Staatlich geprüfter technischer Assistent/Staatlich geprüfte technische Assistentin“ geprüft werden, wenn die inhaltliche Struktur der polnischen Ausbildung dies erlaubt. Wenn die Zuordnung zu einem Assistentenberuf zweifelhaft ist, wird ggf. auch eine einschlägige Berufspraxis berücksichtigt. . Absolventen polnischer Fachmittelschulen, die ihr Reifezeugnis vor 1972 erworben haben, können bei

Nachweis einer mindestens fünfjährigen einschlägigen und qualifizierten Berufstätigkeit sowie hinreichender Deutschkenntnisse auf Antrag von der zuständigen Behörde/Dienststelle für das 3. Semester einer Ausbildung zum Staatlich geprüften Techniker/zur Staatlich geprüften Technikerin zugelassen werden. 4. Fachmittelschulabschlüsse in kaufmännischen bzw. wirtschaftskundlichen Fachrichtungen sind Abschlüs-

sen einer beruflichen Erstausbildung nach BBiG zuzuordnen. 8.7.2 Abschlüsse in anderen osteuropäischen Ländern

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Rumänien

Technikerabschlüsse konnten nur bis 1979 erreicht werden. Es kann gemäß Abschnitt 8.7.1 Ziffer 3 verfahren werden.

Tschechische Republik und Slowakische Republik:

Es ist grundsätzlich gemäß Abschnitt 8.7.1 Ziffer 1 zu verfahren. Bei Abschlüssen, die vor 1978 erworben wurden, kann im Einzelfall auch eine Anwendung gemäß Abschnitt 8.7.1 Ziffer 2 in Betracht kommen, wenn dem Besuch der Fachmittelschule eine abgeschlossene Berufsausbildung (Lehrbrief) vorausging.

Ehemalige Sowjetunion

Es ist gemäß Abschnitt 8.7.1 Ziffer 1 zu verfahren.

Bulgarien

Es ist gemäß Abschnitt 8.7.1 Ziffer 1 zu verfahren.

Ungarn

Es ist grundsätzlich gemäß Abschnitt 8.7.1 Ziffer 1 zu verfahren. In den 70er und 80er Jahren wurden zum Teil auch zweistufige Ausbildungen durchgeführt; bei den entsprechenden Abschlüssen kann gemäß Abschnitt 8.7.1 Ziffer 2 verfahren werden.


Schulabschlüsse

Zuständige Anerkennungsbehörde

Hauptschulabschluss (nach Klasse 9),

Bezirksregierung Köln – Dezernat 48

Hauptschulabschluss (nach Klasse 10), mittlerer Schulabschluss (Fachoberschulreife)

Zeughausstraße 2-10 50667 Köln Telefon: 0221 / 147-0 Telefax: 0221 / 147-3185

Hauptschulabschluss für Aussiedler,

Polen, Rumänien, Tschechien, Slowakei:

Zuwanderer und ausländische Flüchtlinge, die über die Landesstelle Unna-Massen nach NRW eingereist sind

Anhang

8.8 ZUSTÄNDIGE ANERKENNUNGSBEHÖRDEN FÜR SCHULISCHE ABSCHLÜSSE

Bezirksregierung Arnsberg – Dezernat 48 Seibertzstraße 1 59821 Arnsberg Telefon: 02931 / 82-0 Telefax: 02931 / 82-2520 Österreich, Schweiz, Türkei, Griechenland und Staaten des ehemaligen Jugoslawien: Bezirksregierung Düsseldorf – Dezernat 45 Cecilienallee 2 40474 Düsseldorf Telefon: 0211 / 4 75-0 Telefax: 0211 / 4 75-2671 Albanien, Bulgarien, Ungarn, Nachfolgestaaten der ehemaligen UdSSR: Bezirksregierung Detmold – Dezernat 48 Leopoldstraße 15 32754 Detmold Telefon: 05231 / 71-0 Telefax: 05231 / 71-1127 Belgien, Frankreich, Großbritannien, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Portugal, Spanien und ehemalige DDR: Bezirksregierung Köln – Dezernat 48 Zeughausstraße 2-10 50667 Köln Telefon: 0221 / 147-0 Telefax: 0221 / 147-3185 Dänemark, Finnland, Island, Norwegen, Schweden und alle außereuropäischen Staaten: Bezirksregierung Münster – Dezernat 48 Domplatz 1-3 48143 Münster Telefon: 0251 / 411-0 Telefax: 0251 / 411-2525

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Adressen

Schulabschlüsse

Zuständige Anerkennungsbehörde

Hochschulzugangsberechtigung (Fachhochschulreife, Hochschulreife, International Baccalaureate Diploma (IB))

Bezirksregierung Düsseldorf Zentrale Zeugnisanerkennungsstelle – Dezernat 48/ ZZA

Zuständig für deutsche Staatsangehörige mit ausländischen Schulabschlüssen, deren Wohnsitz in NRW oder ausschließlich außerhalb Deutschlands gelegen ist, sowie für ausländische Staatsangehörige mit ausländischen Schulabschlüssen, die in NRW oder außerhalb Deutschlands wohnen, jedoch nur für andere Zwecke als die Aufnahme eines Studiums (z.B. für eine berufliche Tätigkeit, Umschulung oder Ausbildung) Ausländische Abschlüsse im Bereich sozialer Arbeit

Ingenieurstitel

Fischerstraße 10 40477 Düsseldorf

Bezirksregierung Köln – Dezernat 37 Zeughausstrasse 2-10 50667 Köln Telefon: 0221 / 147-0

Bezirksregierung Köln – Dezernat 63 Zeughausstrasse 2-10 50667 Köln Telefon: 0221 / 147-0

Im Ausland erworbene akademische Grade

Ministerium für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landes NRW Völklinger Strasse 49 40221 Düsseldorf Telefon: 0211 / 896-04

Diplome nichtärztlicher Gesundheitsfachberufe

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Zuständige Anerkennungsbehörde sind die örtlich zuständigen Gesundheitsämter


8.9 HANDWERKSBERUFE

Augenoptiker/in

Konditoren/in

Bäcker/in

Kraftfahrzeugtechniker/in

Boots- und Schiffbauer/in

Landmaschinenmechaniker/in

Brunnenbauer/in

Maler und Lackierer/in

Büchsenmacher/in

Maurer und Betonbauer/in

Chirurgiemechaniker/in

Metallbauer/in

Dachdecker/in

Ofen- und Luftheizungsbauer/in

Elektromaschinenbauer/in

Orthopädieschuhmacher/in

Elektrotechniker/in

Orthopädietechniker/in

Feinwerkmechaniker/in

Schornsteinfeger/in

Fleischer/in

Seiler/in

Friseure/in

Steinmetzen und Steinbildhauer/in

Gerüstbauer/in

Straßenbauer/in

Glasbläser und Glasapparatebauer/in

Stuckateur/in

Glaser/in

Tischler/in

Hörgeräteakustiker/in

Vulkaniseure und Reifenmechaniker/in

Informationstechniker/in

Wärme-, Kälte- u. Schallschutzisolierer/in

Installateur und Heizungsbauer/in

Zahntechniker/in

Kälteanlagenbauer/in

Zimmerer/in

Karosserie- und Fahrzeugbauer/in

Zweiradmechaniker/in

Handwerksberufe

Anlage A zur Handwerksordnung (zulassungspflichtige Handwerke)

Klempner/in

Anlage B 1 zur Handwerksordnung (zulassungsfreie Handwerke) Behälter- und Apparatebauer/in

Damen- und Herrenschneider/in

Betonstein- und Terrazzohersteller/in

Drechsler/in (Elfenbeinschnitzer) und Holzspielzeugmacher/in

Bogenmacher/in Böttcher/in Brauer und Mälzer/in Buchbinder/in Buchdrucker/in Schriftsetzer: Drucker/in

Edelsteinschleifer- und Graveure/in Estrichleger/in Feinoptiker/in Flexografen/in Fliesen-, Platten- und Mosaikleger/in

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Handwerksberufe

Fotografen/in

Müller/in

Galvaniseure/in

Orgel- und Harmoniumbauer/in

Gebäudereiniger/in

Parkettleger/in

Geigenbauer/in

Raumausstatter/in

Glas- und Porzellanmaler/in

Rollladen- und Jalousiebauer/in

Glasveredler/in

Sattler und Feintäschner/in

Gold- und Silberschmied/in

Schilder- und Lichtreklamenhersteller/in

Graveure/in

Schneidwerkzeugmechaniker/in

Handzuginstrumentenmacher/in

Schuhmacher/in

Holzbildhauer/in

Segelmacher/in

Holzblasinstrumentenmacher/in

Siebdrucker/in

Keramiker/in

Sticker/in

Klavier- und Cembalobauer/in

Textilreiniger/in

Korbmacher/in

Uhrmacher/in

Kürschner/in

Vergolder/in

Metall- und Glockengießer/in

Wachszieher/in

Metallbildner/in

Weber/in

Metallblasinstrumentenmacher/in

Weinküfer/in

Modellbauer/in

Zupfinstrumentenmache/in

Modisten

Anlage B 2 zur Handwerksordnung (handwerksähnliche Gewerbe)

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Änderungsschneider/in

Daubenhauer/in

Appreteure, Dekateure/in

Dekorationsnäher/in (ohne Schaufensterdekoration)

Asphaltierer/in (ohne Straßenbau)

Einbau von genormten Baufertigteilen

Ausführung einfacher Schuhreparaturen

Eisenflechter/in

Bautrocknungsgewerbe

Fahrzeugverwerter/in

Bestattungsgewerbe

Fleckteppichhersteller/in

Betonbohrer- und -schneider/in

Fleischzerleger/in, Ausbeiner/in

Bodenleger/in

Fuger/in (im Hochbau)

Bügelanstalten für Herrenoberbekleidung

Gerber/in

Bürsten- und Pinselmacher/in

Getränkeleitungsreiniger/in


Plisseebrenner/in

Herstellung von Drahtgestellen für Dekorationszwecke in Sonderanfertigung

Posamentierer/in

Holz- und Bautenschutzgewerbe (Mauerschutz und Holzimprägnierung in Gebäuden) Holzblockmacher/in Holz-Leitermacher/in Holzreifenmacher/in Holzschindelmacher/in Holzschuhmacher/in Innerei-Fleischer/in Kabelverleger/in im Hochbau Klavierstimmer/in Klöppler/in Kosmetiker/in Kunststopfer/in Lampenschirmhersteller/in Maskenbildner/in Metallsägen-Schärfer/in

Rammgewerbe Requisiteure Rohr- und Kanalreiniger/in Schirmmacher/in Schlagzeugmacher/in Schnellreiniger/in Speiseeishersteller/in Steindrucker/in Stoffmaler/in Stricker/in Tankschutzbetriebe Teppichreiniger/in Textil-Handdrucker/in Theater- und Ausstattungsmaler/in Theaterkostümnäher/in Theaterplastiker/in

Metallschleifer und Metallpolierer/in Muldenhauer/in

ihre anmerkungen Bitte teilen Sie uns Anregungen, Ergänzungs- und Verbesserungsvorschläge bezüglich dieser Handreichung mit:

Oder per mail an: Robert.Gereci@dgb-bildungswerk.de

Handwerksberufe

Handschuhmacher/in


Ihre Anmerkungen

Absender

Name Vorname Institution Straße PLZ / Stadt E-Mail

DGB Bildungswerk Bereich Migration & Qualifizierung Hans-Böckler-Straße 39 40476 Düsseldorf


Impressum Impressum

Impressum Pro Qualifizierung – Koordination Leo Monz, Jens Martens Hans-Böckler-Straße 39 40476 Düsseldorf Telefon: +49 (0)211/43 01-351 / -333 Mail: L.Monz@iq-consult.de, J.Martens@iq-consult.de Internet: www.pro-qualifizierung.de Beratungsnetzwerk Industriebetriebe Ömer Saglam Telefon: +49 (0)211 / 43 01-181 Mail: oemer.saglam@dgb-bildungswerk.de Beratungsnetzwerk Öffentliche Verwaltungen Robert Gereci Telefon:+49 (0)211 / 43 01-182 Mail: robert.gereci@dgb-bildungswerk.de Herausgeber: DGB Bildungswerk Bereich Migration & Qualifizierung

Vorsitzender: Dietmar Hexel Geschäftsführer: Dr. Dieter Eich Hans-Böckler-Str. 39 40476 Düsseldorf Telefon: +49 (0)211 / 43 01-196 Telefax: +49 (0)211 /  43 01-134 migration@dgb-bildungswerk.de www.migration-online.de Verantwortlich: Jens Martens, Leo Monz Redaktion: Robert Gereci, Jens Martens, Ömer Saglam Layout: Moana Brunow (ZWH) Druck: Siebel Druck & Grafik, Lindlar Düsseldorf, Dezember 2007 Die Grundlage für das Beratungsneztwerk konnte durch die Förderung des EQUAL Programms der EU gelegt werden. Über die Projektlaufzeit hinaus ist dieser Ansatz jedoch so wichtig, dass das DGB Bildungswerk e.V. die Netzwerk-Aktivitäten im Rahmen der Möglichkeiten weiterführen wird. Gefördert durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds

67


www.pro-qualifi zierung.de www.migration-online.de

Gefördert durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds.


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