Frischer Wind - Impressionismus im Norden

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Frischer d n i W Impressionismus im Norden Northern Impressionism

05-12-2023

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Inhalt Content

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Vorwort Foreword

9 Frischer Wind. Impressionismus im Norden A Breath of Fresh Air. Northern Impressionism

Anne van Lienden

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Licht Light

Katrin Hippel

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Strand Beach Katrin Hippel

91 Land Countryside Anne van Lienden 109 Garten Garden Anne van Lienden 125 Stadt City Nadja Kehe 143 Winter Winter Nadja Kehe 159 Reisen Travel Thomas Andratschke & Nadja Kehe 175

Impressum Credits


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Vorwort

Foreword

Bis vor Kurzem fühlten wir Nordwesteuropäer1 uns stark zur Wärme und zum hellen Sonnenlicht des Südens hingezogen. Der Mittelmeerraum wirkte über anderthalb Jahrhunderte lang wie ein Magnet. Aufgrund des Klimawandels zeichnet sich in den letzten Jahren offenbar eine Umkehr ab. Die Frische und die schnell wechselnden Licht- und Wetterverhältnisse des Nordens lösen eine entgegengesetzte Bewegung aus: vom Süden in den Norden. Der Titel dieses Bandes und der dazugehörigen Ausstellung Frischer Wind. Impressionismus im Norden scheint genau dieses Phänomen zu berühren. Doch die Bezeichnung lässt mehrere Interpretationen zu. Das Aufkommen der neuen französischen Kunstbewegung, des sogenannten Impressionismus, um 1860 wurde damals buchstäblich als „frischer Wind“ empfunden. Er sollte rasch durch ganz Europa wehen. Die vorliegende Publikation und die Ausstellung gehen auf eine Reihe von Künstlern aus Dänemark, Deutschland und den Niederlanden ein, die in ihrem eigenen nördlichen Habitat das prägten, was unter dem breiten Oberbegriff Impressionismus zusammengefasst werden kann. Das niederländische Museum Singer Laren und zwei deutsche Museen, das Museum Kunst der Westküste in Alkersum auf Föhr und das Landesmuseum Hannover, haben sich zu diesem Zweck zusammengetan. Gemeinsam stellen wir eine Auswahl impressionistischer Gemälde der drei Museumssammlungen aus der Zeit um 1870 bis 1920 vor. Damit werden der dänische, deutsche und niederländische Impressionismus erstmals im Zusammenhang präsentiert, auch wenn die Auswahl, den jeweiligen Sammlungsgeschichten folgend, als schlaglichthaft zu verstehen ist. Die Sammlung des Landesmuseums umfasst Schlüsselwerke der drei bedeutendsten deutschen Impressionisten: Lovis Corinth, Max Liebermann und Max Slevogt. Das Museum Kunst der Westküste beherbergt Werke von deutschen, dänischen und niederländischen Künstlern, die an der Nordseeküste tätig waren, darunter Max Liebermann, Anna und Michael Ancher, Peder Severin Krøyer, Viggo Johansen, Johan Barthold Jongkind, Floris Arntzenius, Isaac Israels und Jan Toorop. Das Museum Singer Laren verfügt über eine Sammlung impressionistischer und postimpressionistischer Gemälde niederländischer Künstler, darunter die Maler der Haager Schule, die Amsterdamer Impressionisten sowie die Impressionisten und Luministen, die im Künstlerdorf Laren arbeiteten. Gezeigt werden Gemälde von Jozef Israëls, Jan Hendrik Weissenbruch, Anton Mauve, George Hendrik Breitner, Isaac Israels, Co Breman, Ferdinand Hart Nibbrig, Evert Pieters und anderen.

Until recently, we northwest Europeans felt attracted by the warmth and bright sunlight of the south. For more than a century and a half, the Mediterranean was like a magnet for us. But climate change appears to be altering this perception. A reverse trend seems to have taken hold, as people from the south are attracted by the freshness and the rapidly changing light and weather conditions of the north. The title of this book and the exhibition it accompanies, A Breath of Fresh Air: Northern Impressionism, seems perfectly suited to this new phenomenon. But the name can be interpreted in several ways. The arrival in around 1860 of the new French art movement known as ‘Impressionnisme’ was certainly regarded as ‘a breath of fresh air’ at the time, and it spread rapidly throughout Europe. In this publication and exhibition, the focus is on a number of artists from Denmark, Germany and the Netherlands who, in their own northern habitat, created art that falls into the broad category of impressionism. Museum Singer Laren in the Netherlands and two German museums – the Landesmuseum Hannover and Museum Kunst der Westküste in Alkersum on the North Frisian Island of Föhr – have joined forces to present a selection of impressionist works from their three collections, dating from roughly 1870 to 1920. This is the first time that Danish, German and Dutch impressionism have been shown in combination. Since the selection is based on the highlights from each collection’s history, it does not claim to be a complete overview. The Landesmuseum’s collection includes key works by the three most important German impressionists: Lovis Corinth, Max Liebermann and Max Slevogt. Museum Kunst der Westküste houses works by German, Danish and Dutch artists who worked on the North Sea coast, including Max Liebermann, Anna and Michael Ancher, Peder Severin Krøyer, Viggo Johansen, Johan Barthold Jongkind, Floris Arntzenius, Isaac Israels and Jan Toorop. Museum Singer Laren has a collection of impressionist and post-impressionist paintings by Dutch artists, for example the painters of the Hague School, the Amsterdam impressionists and the impressionists and luminists who worked in the artists’ colony of Laren. It includes paintings by Jozef Israëls, Jan Hendrik Weissenbruch, Anton Mauve, George Hendrik Breitner, Isaac Israels, Co Breman, Ferdinand Hart Nibbrig, Evert Pieters and others.

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Die thematische Präsentation der Werke bringt Gemeinsamkeiten und Unterschiede ans Licht und macht sichtbar, in welcher Hinsicht der französische Impressionismus und Neoimpressionismus bei den nordeuropäischen Künstlern – mit ihrer ganz eigenen Art der Rezeption – Einfluss auf die Themenwahl, die besondere Aufmerksamkeit für Lichteffekte sowie die Verwendung von Farben und Maltechniken ausgeübt hat. Im einleitenden Essay erläutert Anne van Lienden, Kuratorin vom Singer Laren, wie der französische Impressionismus von Paris aus nach Deutschland, Dänemark und in die Niederlande gelangte und wie die Neuerungen des Impressionismus, Pointil­ lismus und Neoimpressionismus in den Werken der jüngeren Künstlergenerationen dieser Länder Nachfolge fanden. Anschließend werden die Kunstwerke aus den drei Museumssammlungen anhand von sieben Themen besprochen: Licht, Strand, Land, Garten, Stadt, Winter und Reisen. Die Thementexte wurden von dem kooperierenden Kuratorenteam verfasst. Wir danken Katrin Hippel (Alkersum/Föhr), Nadja Kehe und Thomas Andratschke (Hannover) und Anne van Lienden (Laren) für ihre engagierte Arbeit, die vielfältigen Sammlungen in diesen Themenbereichen zusammenhängend und in ihrem Kontext zu präsentieren. Wir haben es als willkommene und inspirierende Herausforderung empfunden, unsere meist gleich gelagerten, manch­mal divergierenden Expertisen zu mehr als einer Summe der Teile zu bündeln. Das Ensemble der Kunstwerke, die aus verschiedenen – nördlichen – Regionen der Welt stammen, spricht in dieser Hinsicht Bände.

By presenting the works thematically, we have been able to highlight similarities and differences, thereby revealing how French impressionism and neo-impressionism influenced these artists’ choice of subject, and the particular focus on the effect of light, use of colour and painting techniques among northern European artists, who applied them in their own unique way. In her introductory essay Anne van Lienden, curator at Singer Laren, explains how French impressionism spread from Paris to Germany, Denmark and the Netherlands, and how the innovations of impressionism, pointillism and neo-impressionism were embraced by a younger generation of artists from those countries. The works from the three museums’ collections are then discussed on the basis of seven themes: Light, Beach, Countryside, Garden, City, Winter and Travel. These thematic chapters were written by the collaborating team of curators. Thanks to Katrin Hippel (Alkersum/Föhr), Nadja Kehe and Thomas Andratschke (Hannover) and Anne van Lienden (Laren) for their dedicated work in bringing these varied collections together on the basis of these themes, and providing context. It has been a pleasant and inspiring challenge to join forces in this endeavour, and to discover our largely like-minded and occasionally diverse perspectives. The ensemble of artworks, brought together from across the north, speaks for itself. Katja Lembke, director, Landesmuseum Hannover Jan Rudolph de Lorm, director, Museum Singer Laren Ulrike Wolff-Thomsen, director, Museum Kunst der Westküste, Alkersum/Föhr

Katja Lembke, Direktorin Landesmuseum Hannover Jan Rudolph de Lorm, Direktor Museum Singer Laren Ulrike Wolff-Thomsen, Direktorin Museum Kunst der Westküste, Alkersum/Föhr

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Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten – sofern nicht anders kenntlich gemacht – gleichermaßen für alle Geschlechter.

Detail Kat. | cat. 21 Arthur Briët Strandszene | Beach Scene, vor 1896 | pre-1896

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Frischer Wind Impressionismus im Norden

A Breath of Fresh Air Northern Impressionism

Anne van Lienden

„Ein kostbares Geschenk aus reinem Licht“. So umschrieb der niederländische Kunstkritiker Albert Plasschaert 1903 das Hauptverdienst des französischen Impressionismus. Dass dies etwa 30 Jahre nach der Geburt der Strömung in Paris noch immer so nachdrücklich betont werden musste, ist aus zeitgenössischer Sicht kaum vorstellbar. Heutzutage ist der Begriff „Impressionismus“ ein Zauberwort für Erfolg und die gleichnamige Strömung der Malerei beim breiten Publikum in der ganzen Welt äußerst beliebt. Das Adjektiv „impressionistisch“ bezeichnet heute ein breites Spektrum von Kunstwerken der letzten 150 Jahre mit unterschiedlichen äußeren Merkmalen in Bezug auf Technik, Farbgebung und Themenwahl. Dazu gehören vor allem die flotte und skizzenhafte Arbeitsweise, helle, leuchtende Farben und attraktive Sujets, die durch die direkte Beobachtung der Alltagswirklichkeit erfasst werden. Darüber hinaus wird mit dem Begriff instinktiv eine gewisse luftige und angenehme Atmosphäre assoziiert. Das Etikett Impressionismus wird zu Recht und zu Unrecht für Kunst verwendet, die marktgängig ist, und hat nur wenig mit der Stilepoche zu tun, die ab dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts weit über Paris hinaus die Kunstwelt für immer verändern sollte. Als eine Gruppe junger französischer Maler im Frühjahr 1874 ihre neuesten Werke in Paris ausstellte, wurden die Künstler in einer satirischen Rezension als „Impressionisten“ beschimpft. Sie übernahmen diese Bezeichnung als Eigennamen und werteten sie damit auf. Die Bewegung, die sehr unterschied­liche Erscheinungs­formen hatte, übte großen Einfluss auf die Entwicklung der modernen Kunst im übrigen Europa aus. Im Folgenden wird kurz erläutert, wie der französische Impressio­ nismus nach und nach in die deutsche, dänische und niederländische Kunstwelt vorstieß. Dabei wird auf die künstlerischen Netzwerke der Künstlervereinigungen, die persönlichen Kontakte der Künstler untereinander, die Rolle des Kunsthandels und der Sammler zeitgenössischer Kunst sowie die Reaktionen der Kunstkritik eingegangen. Doch zunächst geht es um die Situation in Paris, denn die französische Hauptstadt war am Ende des 19. Jahrhunderts der wichtigste Nährboden für Experimente und Innovationen in der bildenden Kunst.

‘A priceless gift of pure light.’ This, according to Dutch art critic Albert Plasschaert, was the key achievement of French impressionism in 1903. We can barely imagine these days why it might have been necessary to state this so categorically some thirty years after the movement first emerged in Paris. Today, ‘impressionism’ is a magic word for success, and the work of the movement is loved by many people around the world. The adjective ‘impressionist’ is used nowadays to describe a wide variety of art produced during the last 150 years, with a range of techniques, use of colour and subjects. Their main features, however, are a rapid, sketchy method, light, bright colours and attractive subjects derived from direct observation of everyday reality. The term is also used, more intuitively, to denote to a certain airiness and pleasantness of atmosphere. The ‘impressionism’ label is used and abused to refer to art that sells well and has little to do with the movement that, from the late nineteenth century, changed the art world of Paris and far beyond for good. When a group of young French painters showed their latest work in Paris in spring 1874, a critic dubbed them ‘impressionists’ in a satirical review. It was by this name that they came to be known. This movement, which manifested itself in many different ways, had a major impact on the development of modern art in the rest of Europe. A brief account of how French impressionism gradually permeated the German, Danish and Dutch art worlds is given below. It considers the networks of artists’ societies, personal contacts between artists, the role of the art trade and collectors of contemporary art, and the response of art critics. But first, a look at the situation in Paris is crucial, for the French capital was the most important seedbed of experimentation and innovation in the visual arts from the final quarter of the nineteenth century onwards.

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Paris: Wiege des Impressionismus

Paris: birthplace of impressionism

Durch den Bau des Eisenbahnnetzes war Paris ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts für viele europäische Künstler leichter und schneller erreichbar geworden.1 Zahlreiche Künstler kamen in die Stadt, um ihre Ausbildung fortzusetzen und sich im jährlichen Salon, der offiziellen Ausstellung der Akademie, in der führende Kunst aus ganz Europa der breiten Öffentlichkeit vorgestellt wurde, Inspiration zu holen. In Paris gab es allmählich immer mehr fortschrittliche Künstler, die sich aus dem starren Korsett der Akademie lösen wollten und nach anderen Möglichkeiten suchten, ihre Werke zu präsentieren. Ein Durchbruch gelang 1863 mit der Organisation des ersten Salon des Réfuses (Ausstellung der Abgelehnten), der die Werke zeigte, die von der strengen Jury der Akademie nicht zum Salon zugelassen worden waren. 1874 organisierte eine Gruppe von Künstlern, die sich in der Société Anonyme Coopérative des Artistes Peintres, Sculpteurs, Graveurs zusammengeschlossen hatten und nicht mit dem Begriff „abgelehnt“ in Verbindung gebracht werden wollten, ihre eigene Ausstellung ohne Jury. Die Organisatoren, zu denen Claude Monet, Edgar Degas, Camille Pissarro, Pierre-Auguste Renoir und Berthe Morisot gehörten, wollten damit ihren Bekanntheitsgrad und den Absatz ihrer Werke steigern. Die Ausstellung um­fasste nur einen Bruchteil der normalerweise im Salon gezeigten Werke, zog weit weniger Besucher an und fand keine Käufer.2 Letzteres hatte vor allem mit den Kunstwerken selbst zu tun, die überwiegend negativ aufgenommen wurden. Der Kunstkritiker Armand Silvestre sah in den Gemälden zwar angenehme Farben und reizvolle Sujets, gab aber zu bedenken, dass der Betrachter einen besonderen Blick brauche, um die subtilen Helligkeitsnuancen in den Bildern zu erkennen.3 Die Gemälde der Impres­sionisten stellten offenbar eine enorme Herausforderung für das Auge des Kunstbetrachters des 19. Jahrhunderts dar. Die satirische Rezension des Kritikers Louis Leroy, der sich unter anderem über Claude Monets Gemälde Impression, soleil levant (Abb. 1) lustig machte, indem er das Schlüsselwort aus dem Titel mehrfach wiederholte, beschrieb die vielen „Mängel“ der ausgestellten Werke: schlecht gezeichnet, unvollendet, unklar in der Stimmung und schlampig gemalt, als hätte man unscharfe Farbreste von der Palette gekratzt und auf eine schmutzige Leinwand geworfen. Mit ihren materialtechnischen Experimenten waren die Impressionisten die Wegbereiter der modernen Kunst.4 Sie stellten ihre Sujets bei flüchtigen, ständig wechselnden Lichtverhältnissen mit einer ebenso flüchtigen Palette heller, blasser Töne dar, denen viel Weiß beigemischt war. Ihre grobe, skizzenhafte Pinselführung stand in scharfem Kontrast zur glatten Oberfläche der akademischen Malerei. Die Verwendung von kurzen, dynamischen Pinselstrichen hatte zur Folge, dass die weiße Grundierung der Leinwand teilweise unbedeckt blieb und durch die Farbschicht hindurchschimmerte. Die Impressionisten hatten erstmals Zugang zu neuen, aus synthetischen Pigmenten hergestellten Farben in leuchtenden Tönen. Um die raue Textur und das matte Aussehen der Farbschicht zu erhalten, trugen sie keinen Firnis mehr auf die Gemälde auf. Sie stellen ihre Gemälde in klassischen Zierrahmen aus, denen sie mit weißer Kreide einen modernen Anstrich verliehen.

The construction of the rail network in the second half of the nineteenth century made Paris more accessible to many European artists.1 Artists flocked to the city in large numbers to train and to find inspiration at the annual Salon, the official exhibition of the Academy, where the most important art from all over Europe was displayed to a large audience. The number of progressive artists in Paris who wished to cast off the constrictive straitjacket of the Academy gradually grew, and they sought other ways of presenting their work. A breakthrough came in 1863, when the first Salon des Refusés (‘exhibition of rejects’) was held, showing work that the strict Academy jury had not admitted to the Salon. In 1874 a group of innovative artists who had formed the Société Anonyme Coopérative des Artistes Peintres, Sculpteurs, Graveurs (Cooperative and Anonymous Association of Painters, Sculptors and Engravers), reluctant to be associated with the term ‘reject’, established their own exhibition without a jury. The initiators, who included Claude Monet, Edgar Degas, Camille Pissarro, Pierre-Auguste Renoir and Berthe Morisot, hoped this would raise their profile and enable them to sell their work. The exhibition included a fraction of the number of works that would generally be shown at the Salon, attracted far fewer visitors and no buyers.2 The lack of buyers was due mainly to the art itself, which was given a largely negative reception. Though art critic Armand Silvestre discerned pleasant colours and charming subjects in the paintings, he warned viewers that they would need special eyes to discern the subtle nuances in the clarity of the paintings.3 The paintings of the impressionists thus presented a major challenge to the nineteenth-century art lover. The satirical review written by critic Louis Leroy in which he ridiculed (among other works) Claude Monet’s Impression, soleil levant (ill. 1) by repeating the key word from the title several times in his description of the work, listed the many ‘shortcomings’ of the works on display: badly drawn, unfinished, messy in tone and carelessly rendered, as if vague scraps of paint from a palette had been thrown at a dirty canvas. Their experiments with materials and techniques made the impressionists pioneers of modern art.4 They depicted their subjects in fleeting, constantly changing light, using an even, ephemeral palette of pale shades, mixed with lots of white. Their coarse, sketchy brushwork contrasted starkly with the smooth finish of academic paintings. A previously unknown consequence of the rough brushwork, with short, dynamic strokes, was that the white ground on the canvas remained partially exposed, shimmering through the layer of paint. The impressionists were the first to have access to new paints made of synthetic pigments in bright colours. To preserve the rough texture and matte surface, they stopped varnishing their paintings. They exhibited their work in classic ornamental frames, which they painted white to make them appear more modern. The impressionists also innovated in terms of their choice of subject. They painted contemporary subjects from daily life, from intimate domestic scenes to modern city life: the bourgeoisie strolling in parks, the industrial motifs visible on the streets, from railway stations and pedestrian bridges to

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Auch in thematischer Hinsicht waren die Impressionisten innovativ. Sie malten zeitgenössische Sujets aus dem Alltag, von der intimen häuslichen Umgebung bis zum modernen Stadtbild, in dem das Bürgertum durch die Parks flaniert und moderne Industriemotive sichtbar sind, von Bahnhöfen und Fußgängerbrücken bis hin zu den neuen Wohnblocks und Boulevards der großen Stadterneuerungsprojekte von Baron Georges-Eugène Haussmann. Unter dem Einfluss der japanischen Druckgrafik und der Fotografie verwendeten die Maler in ihren Kompositionen Ausschnitte, asymmetrische und starre geometrische Flächen­ aufteilungen und erfassten ihre Sujets regelmäßig aus einer besonderen Perspektive, beispielsweise von einem hohen oder niedrigen Standpunkt aus. Bis 1886 organisierten die Impressionisten sieben weitere Ausstellungen in wechselnder Zusammenstellung, alle im Kunstraum der Kunsthandlung Durand-Ruel. Der Inhaber Paul Durand-Ruel, der in den 1860er-Jahren begonnen hatte, Werke des Realisten Gustave Courbet und der Maler der Schule von Barbizon zu präsentieren, spielte eine wichtige Rolle bei der Verbreitung ihrer Kunst.5 Andere Pariser Kunsthändler traten bald in seine Fußstapfen und trugen ebenfalls dazu bei, ihre Bekanntheit zu steigern und ihre Werke in Europa zu verbreiten: Georges Petit, Alexandre Bernheim und Ambroise Vollard.

the new residential buildings and boulevards of Baron GeorgesEugène Haussman’s major urban renewal projects. Influenced by Japanese prints and photography, these artists used cropping, asymmetrical and geometric compositions, and often chose to present their subject from an unusual perspective, such as a particularly high or low vantage point. The impressionists organised another seven exhibitions up to 1886, all of them at the gallery of art dealer Paul Durand-Ruel, who had started showing the work of the realist Gustave Courbet and the painters of the Barbizon School in the 1860s. He was to play a key role in the distribution of the impressionists’ art.5 Other Paris art dealers – Georges Petit, Alexandre Bernheim and Ambroise Vollard – soon followed his example, helping to make the impressionists’ work better known and more widely available in Europe.

Abb. | ill. 1 Claude Monet (1840–1926) Impression, soleil levant, 1872 Öl auf Leinwand | Oil on canvas, 48 × 63 cm Musée Marmottan Monet, Paris

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Die Freilichtmalerei und der Durchbruch der Moderne in Deutschland

Freilichtmalerei and the advent of the modern in Germany

In Deutschland dominierte am Ende des 18. Jahrhunderts die Landschaftsmalerei der Romantik mit ihrem Vorreiter Caspar David Friedrich. Kurz vor 1800 war das „Zeichnen in der Natur“ bereits ein Fach an der Münchner Kunstakademie, und ab 1808 gab es eine Klasse für Landschaftsmalerei. Im Laufe des 19. Jahrhunderts gewann unter dem Einfluss der Schule von Barbizon an den deutschen Akademien die „Pleinairmalerei“, im deutschen Sprachgebiet als Freilichtmalerei bezeichnet, zunehmend an Bedeutung. Französische Maler hatten ab etwa 1830 die Wälder von Fontainebleau bei Paris entdeckt, und die Erfindung der Farbtube im Jahr 1841 hatte das Malen im Freien erleichtert. Wie in Frankreich führte das direkte Studium der Natur auch in Deutschland dazu, dass im Vergleich zur überhöhten Darstellung der Romantik eine naturgetreuere Wiedergabe in Mode kam. Der an der Münchner Akademie ausgebildete Maler Wilhelm Leibl brachte diese Tendenz 1873 treffend zum Ausdruck: „Hier in der freien Natur und unter Naturmenschen kann man natürlich malen“.6 Zwei andere Münchner Künstler, Eduard Schleich der Ältere und Adolf Lier, Pioniere der neuen Landschaftsmalerei in der Dachauer Künstlerkolonie, hatten in Paris getrennt voneinander das Schaffen von Gustave Courbet und den Malern der Schule von Barbizon kennengelernt, das sie 1869 mit der Ausstellung Aufbruch zur Modernen Kunst im Glaspalast München nach Deutschland brachten.7 Dank der Bemühungen einiger fortschrittlicher Kunstkritiker und -vermittler, Kunstsammler und Museumsdirektoren wurden Werke der französischen Impressionisten ab den 1880er-Jahren in Deutschland gezeigt.8 Die erste entsprechende Ausstellung fand 1883 in der Galerie von Fritz Gurlitt in Berlin statt. Es handelte sich um Werke aus der Sammlung des Ehepaars Carl und Félicie Bernstein. In der deutschen Presse wurden die Gemälde fast ausschließlich negativ besprochen.9 Eine Ausnahme bildete eine kleine progressive Gruppe, darunter der Kunstkritiker und -vermittler Emil Heilbut, der neben Bernstein zu den ersten Sammlern von Werken der französischen Impressionisten gehörte. Er betrachtete es als seine Mission, die neue französische Kunst in Deutschland bekannt zu machen, und verhalf unter anderem dem Pariser Kunsthändler Paul Durand-Ruel dazu, auf dem deutschen Kunstmarkt Fuß zu fassen.10 So organisierte er eine Ausstellung von Durand-Ruels Sammlung in Hamburg, wobei er Unterstützung bei Alfred Lichtwark fand, der ab 1886 in seiner Funktion als Direktor der Hamburger Kunsthalle Gemälde von Courbet, Monet, Manet, Sisley und Renoir erwarb.11 Lichtwark war seinerseits befreundet mit dem Künstler Max Liebermann. Liebermann war schon während seines Studiums an der Weimarer Kunstakademie durch seinen Lehrer, der in Barbizon gearbeitet und Werke von dortigen Malern als Anschauungsmaterial mitgenommen hatte, mit der Schule von Barbizon in Berührung gekommen. Noch vor dem Abschluss seines Studiums reiste er 1871 zum ersten Mal in die Niederlande. Im darauffolgenden Jahr studierte er im Louvre die holländischen Meister des 17. Jahrhunderts und die Schule von Barbizon, und im Sommer 1874 fuhr er zum ersten Mal nach Barbizon.

The landscape painting of the Romantics, led by Caspar David Friedrich, dominated the art world in Germany towards the end of the eighteenth century. Shortly before 1800 the art academy in Munich started to offer ‘drawing from nature’ classes, and in 1808 it established a landscape painting class. During the nineteenth century, under the influence of the Barbizon School, the German art academies came to focus increasingly on painting outdoors, known in German-speaking countries as ‘Freilichtmalerei’. From around 1830 French painters discovered the forests of Fontainebleau near Paris, and the invention of the paint tube in 1841 made it easier to actually paint outdoors. As a result of the direct study of nature, more naturalistic depiction became the vogue in Germany, as it had in France, displacing the glorified representations of romanticism. Painter Wilhelm Leibl, who had trained at the academy in Munich, aptly described this trend in 1873: ‘Here, in open nature and among people of nature, it is possible to paint naturally.’6 Two other artists from Munich, Eduard Schleich the Elder and Adolf Lier, pioneers of the new landscape painting in the artists’ colony of Dachau, had both – independently of each other – encountered the work of Gustave Courbet and the Barbizon School painters in Paris, and introduced it to Germany at the exhibition Aufbruch in die Moderne (‘The Dawn of Modern Art’) at the Glaspalast (Glass Palace) in Munich in 1869.7 The efforts of a number of progressive art critics, brokers, art collectors and museum directors made it possible for the work of the French impressionists to be shown in Germany from the 1880s onwards.8 Their first exhibition took place at Fritz Gurlitt’s gallery in Berlin in 1883. The works on display came from the collection of Carl and Félicie Bernstein. The paintings got an almost universally negative reception in the German press.9 A small group of progressives were more positively disposed towards them, however. They included art critic and broker Emil Heilbut, who along with Bernstein was one of the first to collect work by the French impressionists. He saw it as his mission to publicise the new French art in Germany, and he helped Paris art dealer Paul Durand-Ruel and others gain a foothold in the German art market.10 He organised an exhibition of DurandRuel’s collection in Hamburg, with the support of Alfred Lichtwark – a friend of the artist Max Liebermann who, in his role as director of the Hamburger Kunsthalle, purchased paintings by Courbet, Monet, Manet, Sisley and Renoir.11 While training at the art academy in Weimar Liebermann was introduced to the work of the Barbizon School by his teacher, who had brought some of their paintings back from France to use in presentations. Liebermann travelled to the Netherlands for the first time in 1871, even before he had graduated from the art academy in Weimar. The following year he studied the seventeenth-century Dutch masters and the Barbizon School at the

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Detail Kat. | cat. 78 Lauritz Andersen Ring Schleuse bei Pompeji | Lock near Pompeii, 1894


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Aufgrund seiner zahlreichen Reisen und der erfolgreichen Teilnahme am Pariser Salon baute Liebermann ein großes Netzwerk in der Kunstwelt auf und war über die neuesten Entwicklungen bestens informiert, was sich in der Folge auch auf seine eigene Themenwahl und seinen Malstil auswirken sollte. Ab den 1890erJahren benutzte er eine hellere, kräftigere Palette und einen flotteren, skizzenhafteren Pinselstrich (Kat. 38). Seit dieser Zeit engagierte sich Liebermann auch in den neuen Künstlervereinigungen, die von den Modernen gegründet wurden, um sich von der etablierten Ordnung zu distanzieren. Darunter waren die Vereinigung der XI in Berlin (1892) und die Berliner Secession (1898), die nach dem Vorbild der Münchner Secession (1892) gegründet wurde, zu deren Anführern Max Slevogt gehörte.12 Auf Liebermanns Einladung hin wurde die Secession auch von Malern der Haager Schule wie Hendrik Willem Mesdag, den Brüdern Maris, George Hendrik Breitner und Jan Veth unterstützt.13 An der Münchner Secessionsausstellung im Jahr 1898 nahmen zahlreiche Niederländer teil, darunter Louis Apol und Jan Hendrik Weissenbruch. Nach Liebermanns Ansicht sollte die Berliner Secession verschiedenartigen Begabungen und Fähigkeiten offenstehen, nicht aber Malern, die nur handwerkliche Routine und oberflächliches Machwerk zu bieten hatten.14 Liebermann erkannte die Gemälde der Haager Schule als „klassisch“ an und schätzte die Gemälde der französischen Impressionisten 1901 ebenso ein.15 In dieser Zeit sammelte Liebermann auch selbst Werke der französischen Impressionisten (Abb. 2). Im Juni 1896 besuchte er zusammen mit Hugo von Tschudi, der kurz zuvor zum Direktor der Berliner Nationalgalerie berufen wurde. Die Galerie Durand-Ruel, wo Tschudi eine Sammlung von Werken französischer Impressionisten erwarb – die weltweit erste Museumssammlung dieser Strömung.

Louvre, and in summer 1874 he visited Barbizon for the first time. With his extensive travelling and successful participation in the Paris Salon, Liebermann built a large network in the art world, and was always abreast of the latest developments, which influenced his choice of subjects and his style. From the 1890s onwards he worked with a lighter, more colourful palette and rapid, sketchier brushstrokes (cat. 38). Liebermann also became closely involved with the new artists’ associations being established by modern artists who wanted to move away from the established order, including the Vereinigung der XI (Federation of the XI) in Berlin (1892) and the Berlin Secession (1898), which was established in imitation of the Munich Secession (1892), led by Max Slevogt and others.12 At Liebermann’s invitation, the Secession also received the support of Hague School painters like Hendrik Willem Mesdag and the Maris brothers, and of George Hendrik Breitner and Jan Veth.13 Many Dutch artists took part in the Secession exhibition in Munich in 1898, including Louis Apol and Jan Hendrik Weissenbruch. In Liebermann’s view, the Berlin Secession was intended for artists of all kinds of talent and quality, but not for painters who stuck to the traditional routine and superficial work to order.14 He acknowledged the paintings of the Hague School as ‘classic’ and in 1901 deemed the paintings of the French impressionists their equal.15 Liebermann also collected work by the French impressionists, which he bought in Paris (ill. 2). In June 1896 he visited Paris with Hugo von Tschudi, who had just been promoted to director of the National Gallery in Berlin. Von Tschudi purchased a collection of work by French impressionists at Galerie Durand-Ruel, making his the first museum in the world to purchase their work.

Abb. | ill. 2 Claude Monet (1840–1926) Manet malt im Garten Monets in Argenteuil | Manet painting in Monet’s Garden in Argenteuil, 1874 Öl auf Leinwand | Oil on canvas, Maße unbekannt | Size unknown Verbleib unbekannt | Whereabouts unknown

> Kat. | cat. 38 Max Liebermann Gehendes Mädchen | Walking Girl, 1897

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Auch Max Slevogt und Lovis Corinth durchliefen eine ähn­liche Entwicklung von einem akademischen Hintergrund zum Impressionismus. Slevogt befreite sich von der dunklen Rembrandtschen Farbpalette und ersetzte in Berlin allmählich den Realismus und Historismus seiner Münchner Zeit durch hellere Farben und moderne Sujets, darunter auch Freizeit­ vergnügen wie Konzert- und Zoobesuche (Abb. 3 und 4, Kat. 61 und 67).16 Sowohl Slevogt als auch Corinth wurden Mitglieder der Secession, zunächst in München und danach in Berlin, wo sie beide in der Galerie der innovationsfreudigen Cousins Bruno und Paul Cassirer ausstellten. Die beiden hatten ihren Kunstsalon 1898 mit einer Edgar-Degas-Ausstellung eröffnet, die auch zahlreiche Werke aus der Sammlung Durand-Ruel enthielt. Damit war Berlin um einen Ort für die Präsentation zeitgenössischer Kunst reicher geworden. Auch dank der Secessions- und CassirerAusstellungen wuchs der Raum für Innovationen, und Slevogt und Corinth entwickelten sich wie Liebermann zu Vorreitern des Impressionismus in Deutschland.

Max Slevogt and Lovis Corinth also experienced a similar development, from an academic background to impressionism. Slevogt liberated himself from the Rembrantesque palette of dark colours and, once in Berlin, exchanged the realism and historicism he was accustomed to in Munich for a lighter palette and modern subjects, including recreational activities like concerts and the zoo (ill. 3 and 4, cat. 61 and 67).16 Both Slevogt and Corinth joined the Munich Secession, and then the Berlin Secsession, exhibiting at the gallery of the innovation-minded cousins Bruno and Paul Cassirer. The art salon had opened in 1898 with an exhibition of work by Edgar Degas, including a large number of pieces from Durand-Ruel’s collection. And so Berlin gained a new venue for the presentation of contemporary art. Thanks in part to the exhibitions of the Secession and Cassirer, the room for innovation was growing and, like Liebermann, Slevogt and Corinth became leading figures of the impressionist movement in Germany.

Abb. | ill. 3 Max Slevogt (1868–1932) Die Champagnerarie aus Don Giovanni (d’Andrade an der Rampe) | The Champagne Aria from Don Giovanni (d’Andrade on the Ramp), 1901 Öl auf Leinwand | Oil on canvas, 105 × 131,5 cm Landesmuseum Hannover – Dauerleihgabe der Stadt Hannover | On permanent loan from the City of Hannover

> Abb. | ill. 4 Max Slevogt (1868–1932) Papageienmann | Parrot Man, 1901 Öl auf Leinwand | Oil on canvas, 81,5 × 65,3 cm Landesmuseum Hannover – Dauerleihgabe der Stadt Hannover | On permanent loan from the City of Hannover

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Dänemark – Sonnen- und Mondschein am Strand von Skagen

Denmark – sunlight and moonlight on Skagen beach

Ab 1818 wurde die Freilichtmalerei auch an der Kopenhagener Kunstakademie gelehrt und propagiert, und zwar von Christoffer Wilhelm Eckersberg, der in diesem Jahr zum Professor ernannt wurde und als einer der Begründer des Goldenen Zeitalters der dänischen Malerei gilt.17 In Dänemark setzten sich die Nachfolger der romantischen Landschaftsmaler ebenfalls auf neue Art mit der Natur auseinander. Wie ihre Zeitgenossen strebten sie nicht mehr nach einer Sublimierung ihrer Natureindrücke, sondern verlegten sich auf eine objektivere, auf der unmittelbaren Wahrnehmung basierenden Wiedergabe der Landschaft unter bestimmten atmosphärischen Bedingungen und der Wirkung des Sonnenlichts zu einer bestimmten Tageszeit. Ab den 1840er-Jahren, zeitgleich mit der Abwanderung der französischen Maler nach Barbizon, entdeckten Maler aus der dänischen Hauptstadt Kopenhagen die Halbinsel Jütland für sich und entwickelten eine Vorliebe für das abgelegene Fischerdorf Skagen an der Nordspitze der Halbinsel.18 1872 ließen sich die ersten Maler, Holger Drachmann und Karl Madsen, in Skagen nieder, bald gefolgt von Laurits Tuxen (Kat. 17), Michael Ancher (Kat. 18) und Viggo Johansen (Kat. 16) sowie ein paar Jahre später von Christian Krohg und Peder Severin Krøyer (Kat. 33).19 Ancher und Johansen pendelten eine Zeit lang zwischen Kopenhagen

From 1818 onwards, Freilichtmalerei was also taught at the art academy in Copenhagen, and promoted more widely by the newly appointed professor Christoffer Wilhelm Eckersberg, regarded as one of the originators of the Golden Age of Danish painting.17 In Denmark, too, the successors to the landscape painters of the romantic era related to nature in a new way. Like their contemporaries, they no longer attempted to sublimate their impressions of nature, focusing instead on a more objective depiction of nature based on direct observation of the landscape in certain atmospheric conditions and the effect of sunlight at specific times of day. As early as 1840, when French painters were moving to Barbizon, painters working in the Danish capital Copenhagen discovered the Jutland peninsula, and the remote fishing village of Skagen at its northernmost tip.18 The first painters – Holger Drachmann and Karl Madsen – settled there in 1872, quickly followed by Laurits Tuxen (cat. 17), Michael Ancher (cat. 18) and Viggo Johansen (cat. 16), and a few years later by Kristian Krohg and Peder Severin Krøyer (cat. 33).19 After commuting between Copenhagen and Skagen for a time, Ancher and Johansen married women from Skagen, as did their friend and fellow artist Karl Madsen, who had spent a few years in Paris. Ancher married

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Kat. | cat. 16 Viggo Johansen Trockenplatz der Netze auf Skagen | Drying Area for Fishing Nets at Skagen, 1890

< Kat. | cat. 33 Peder Severin Krøyer Südstrand bei Skagen | South Beach at Skagen, 1884

und Skagen und ihr Kollege und Freund Karl Madsen verbrachte einige Jahre in Paris. Ancher nahm Anna Brøndum zur Frau, die Tochter des Besitzers von Brøndums Hotel, die als Malerin ausgebildet worden und in Paris bei Pierre Puvis de Chavannes in die Lehre gegangen war; Johansen und Madsen heirateten Annas Cousinen. Die meisten Künstler wohnten im Brøndums Hotel, das bis 1884 das einzige in Skagen war. Außerdem war die Schankstube des Hotels der wichtigste Treffpunkt für die Künstler. In den 1880er-Jahren entwickelte sich das Fischerdorf zu einer vielbesuchten Künstlerkolonie, die in den Sommermonaten nicht nur

Anna Brøndum, daughter of the proprietor of Brøndum’s Hotel, who had trained as a painter, and had been apprenticed to Pierre Puvis de Chavannes in Paris. Most of the artists stayed at Brøndum’s Hotel, which was in fact the only hotel in Skagen until 1884. The hotel bar was also their main meeting place. During the 1880s the fishing village evolved into a popular artists’ colony frequented in the summer months not only by Dutch artists, but increasingly by foreign painters too.20 They painted the beach, a desolate and dangerous place beside the rough sea, where hardworking fisher folk had a tough life.

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von dänischen, sondern auch zunehmend von ausländischen Malern besucht wurde.20 Ihre Motive waren der Strand als trostloser und gefährlicher Ort am rauen Meer, wo die Fischer ein schweres, arbeitsreiches Leben führten. Die naturgetreue Farbpalette, die die Maler für diese Bilder verwendeten, passte perfekt zum Naturalismus ihrer Darstellungen. Von den neuesten Entwicklungen der Malerei in Paris erfuhren die dänischen Künstler in Skagen vor allem von Madsen und dem norwegischen Maler Frits Thaulow, der neben Skagen auch regelmäßig Paris besuchte.21 1889 hielten sich Michael und Anna Ancher ein halbes Jahr in Paris auf, weil sie an der Welt­ ausstellung teilnahmen.22 Seitdem drehte sich ihr Werk hauptsächlich um das Zusammenspiel von Licht und Farbe. Obwohl Anna Ancher intime Interieurs mit und ohne Figuren, Stillleben, Landschaften und Gartenansichten malte, war ihr eigentliches Thema immer der Lichteinfall.23 Auch in den Bildern ihres Mannes wurde seit etwa 1900 die atmosphärische Wirkung des Lichts wichtiger als die dargestellten Fischer selbst (Kat. 18).24 Zur unbestrittenen Schlüsselfigur des dänischen Kunstlebens, das sich hauptsächlich in der Hauptstadt abspielte, wurde Peder Severin Krøyer. In den 1870er-Jahren, nach Abschluss seiner Ausbildung an der Kunstakademie in Kopenhagen, hatte er dank mehrerer Stipendien längere Zeit in Paris gelebt. Um 1880 war 20

The naturalistic palette which the painters used for their work was perfectly suited to the naturalism of the images. The Danish artists in Skagen first encountered the latest developments in painting from Paris through Madsen and the Norwegian painter Frits Thaulow, who regularly visited both Skagen and Paris.21 In 1889 Michael and Anna Ancher spent six months in Paris to take part in the World’s Fair.22 From then onwards, their work focused mainly on the interplay of light and colour. Though Anna Ancher painted intimate interior scenes, both with and without human figures, as well as still lifes, landscapes and garden scenes, her subject was always the light on her subjects.23 Michael Ancher increasingly focused from around 1900 on the atmospheric effects of light rather than on the fishing folk themselves (cat. 18).24 It was Krøyer who became the undisputed central figure in the artistic life of Denmark, which took place mainly in the capital. In the 1870s, after completing his training at the art academy in Copenhagen, he received a number of stipends that allowed him to live in Paris for an extended period. Around 1880 he was involved in the establishment of the Frie Studieskole private art college, and in 1891 with Den Frie Udstillung (The Free Exhibition), the Danish version of the Salon des Refusés, which in 1893 also included work by international


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