Digitale Fotografie KREATIV Nr. 2/2012 Feb-Apr 2012
• DAS MAGAZIN, DAS IHRE BILDER ERNST NIMMT •
Digitale
Nr. 2/2012 Feb-Apr 2012
KREATIV
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Deutschland: EUR 9,90 Österreich: EUR 11,Schweiz: CHF 19,LU/BE EUR 11,50
Lichtmalerei als Mittel der Bildgestaltung • High-key- und Low-key-Belichtung • Fachwissen: Tiefenschärfe, Objektive, Farbe, Apps • Foto-Ausrüstung: Vollformatkameras
LICHTMALEREI ALS MITTEL DER BILDGESTALTUNG
Perfekte Ausrüstung IM TEST: KAMERAS & ZUBEHÖR FÜR KREATIVSTE Workshops: Belichtung High-key- und Low-key FOTOERGEBNISSE Lichtquellen, Blitzmesser
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Fachwissen Tiefenschärfe, Objektive, Farbe, Welt der Apps
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INHALT
008 Viele Fotografen greifen immer noch zu Film, Lochkamera und Plastiklinse. Wir erklären, worin dabei der Reiz liegt und was dafür nötig ist.
020 Tiefenschärfe: Erfahren Sie alles wissenswerte über die Technik und Anwendung.
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INHALT 006 Vorweg
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Neuheiten, Ausstellungen und Projekte
008 Lo-Fi Aufnahmen mit Film, Lochkamera und Plastiklinse
014 Lo-Fi Gestaltung Simulierte Holga
016 Im Nu zur Lochkamera-Optik 018 Ausbelichtet Will Cheung über seine neuesten fotografischen Abenteuer
020 Fachwissen Tiefenschärfe
026 Welt der Apps 030 Rund ums Objektiv 038 Farbe 132 Belichtung Workshop 1: High-key/Low-key
138 Workshop 2: Künstliche Lichtquellen 144 Workshop 3: Blitzmesser 150 Bildgestaltung mit Lichtmalerei 156 Fotoworkshop „Eye of the Wind“
158 Kreative Porträts
150 In der kreativen Fotografie können Sie für Ihre eigenen Lichteffekte sorgen. Lassen Sie sich von unseren Ideen inspirieren.
Kontrasttechnik
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Photoshop
158 045 Foto-Ausrüstung: 046 052 056 063 072 074 082
Sony A55 Canon EOS 1D MK IV Software zur Rauschreduzierung 4 Teleobjektive im Test: Canon, Nikon, Sigma, Tamron Papiertest: 3 Tintenstrahl-Bögen Vollformatkameras im Vergleich, Teil 1 Spielzeugkamera-Anwendertest: Holga 120 GCFN
088 095 098 100 110 115 123
Vergleichstest: Aufsteck-Blitzgeräte Schnelle Standard-Zooms Fernauslöser: Internfit Titan Pro Vollformatkameras im Vergleich, Teil 2 Anwendertest: Nikon D700 Grauverlauffilter Vergleichstest: Hochwertige Makro-Objektive
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Lo-Fi Aufnahmen
ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT Trotz der Fortschritte in der modernen Kameratechnik greifen viele Fotografen immer noch zu Film, Lochkamera und Plastiklinse. Steve Gosling erklärt, worin dabei der Reiz liegt und was dafür nötig ist. TEXT STEVE GOSLING FOTO VERSCHIEDENE
W
ir Fotografen hatten es noch nie so schön. Wir können auf ein riesiges Arsenal an Kameras der verschiedensten Preiskategorien zurückgreifen, die alle mit effektivem Autofokus, verlässlichen Mess-Systemen sowie einer Fülle an Aufnahmemodi und hochwertigen Objektiven aufwarten. Im digitalen Zeitalter ist es leicht, scharfe und gut belichtete Bilder zu produzieren. Wir haben also wirklich keinen Grund, uns zu beschweren. Ist es da nicht um so merkwürdiger, dass eine wachsende Anzahl von Fotografen der modernen Kameratechnik den Rücken zuwendet und billige Ausrüstung verwendet? Dieser Gruppe ist die digitale Fotografie zu vorhersehbar, sauber und steril. Die Rückbesinnung auf die Wurzeln bietet die gewünschten ästhetischen und technischen Herausforderungen, die vielerlei Gestalt annehmen können. Genutzt werden Lochkameras, Spielzeugkameras aus Plastik und einfache klassische Modelle aus der „guten alten Zeit“. Diese Alternativen sind technisch sehr einfach und arbeiten mit Filmen. Sie sind darüber hinaus in der Regel auch relativ günstig und vergleichsweise leicht. Die optische Ausstattung ist schlicht oder im Fall der Lochblende und der Zonenplatte gar nicht vorhanden. Spielzeugkameras wie die Modelle Holga, Lomo und Diana sind bei Kunstfotografen beliebt, um weiche Bilder zu erzeugen, die wie Traumsequenzen anmuten. Vignettierungen, verschwommene Bilder, Blendenflecke und Lichtlecks sind dabei erwünscht. Vorhersehbar sind diese Effekte aber nicht. Wer etwas mehr Kontrolle und höhere Verarbeitungsqualität möchte, ohne auf die Lowtech-Effekte zu verzichten, kann zu relativ günstigen Alternativen greifen. Zu den Kameras in meiner Sammlung zählen
eine Kodak Brownie 127, mehrere Modelle vom Typ Olympus Trip 35 (ein Klassiker, der immer noch auf eBay zu einem Preis erstanden werden kann, der unter dem einer Kinokarte liegt), eine Olympus XA3 (ein nicht ganz so altes Kameramodell, für gut 14 Euro in einem wohltätigen Secondhand-Laden erstanden) und zwei Faltkameras aus den 1950ern (darunter eine wunderbare Zeiss Ikon Nettar, die ich für gut 40 Euro gekauft habe). Das sind alles sehr einfache und schlichte Kameras, die aber tolle Bilder mit ganz eigenem Charakter erzeugen. Eine Möglichkeit, sich noch weiter von der ausgereiften Technik der Digitalkamera zu entfernen, ist die linsenlose Fotografie. Dies ist eine wunderbare Art der Bildproduktion, für die ein Schuhkarton oder eine Keksdose genügen, die mit Lochblende und Film versehen werden. Ich habe auch schon Fotografen kennengelernt, die aus Streichholzschachteln und Mülleimern Lochkameras bauten. Weniger experimentierfreudige Zeitgenossen können sich bei den Herstellern umsehen, die spezielle Lochkameras verkaufen. Eine weitere Möglichkeit ist ein Abstecher in die Welt der Fotografie ohne Linse. Dafür müssen Sie nur einen Gehäusedeckel Ihrer Kamera zur Lochblende umfunktionieren oder sich ein Lensbaby-Objektiv kaufen, das eine Lochkamera/Zonenplatten-Funktion bietet. Einer der Vorteile des Fotografierens mit relativ günstigem und technisch simplem Gerät: Sie trauen sich eher, das Equipment dort einzusetzen, wo wertvollere Ausrüstung in der Kameratasche bleiben würde. Meine Lochkameras wurden schon im strömenden Regen eingesetzt und durch unvermittelt auftauchende Wellen überrollt. Sie haben es überlebt. Aufnehmen Was die Komposition angeht, so ist es
Craig Roberts’ Holga-Aufnahme stammt vom Whitby Pier im Nordosten Englands. Er benutzte dafür die Holga GFN zusammen mit dem Farbfilm Fujifilm Pro 400. Das Negativ lies er vom Flachbettscanner Epson Perfection V700 einlesen.
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© CRAIG ROBERTS
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Fachwissen RUND UMS OBJEKTIV TECHNIK VERZEICHNUNGEN EINFACH SORTIEREN Es gibt viele Softwarelösungen zur Korrektur optischer Makel wie kissen- und tonnenförmige oder chromatische Abbildungsfehler. Nutzen Sie unter Photoshop die Option Filter>Objektivkorrektur oder die Option „Verkrümmen“. Manche Programme erlauben die Korrektur im Raw-Format, andere bieten Korrekturmodule, die hinzugefügt werden können
oder bei einzelnen Objektiven bereits eingebaut sind. Lightroom 3 verfügt über diese Funktion. Die diesbezüglich wahrscheinlich geläufigste Software ist aber DxO Optics Pro (www.dxo.com). Es sind auch Plug-ins erhältlich. Davon ist vermutlich ObjektivDoc von Andromeda (ca. 90 Euro) am besten bekannt. Es gibt aber noch andere Hilfsprogramme, einige davon sogar gratis.
OBJEKTIVKORREKTUR
Die meisten modernen Zooms können die Software-Unterstützung zur Minimierung von Abbildungsfehlern und Verzeichnungen gut gebrauchen. Dieser Schritt kann in Adobe Camera Raw/Lightroom/Aperture bei der Raw-Verarbeitung durchgeführt werden. Alternativ kann in Photoshop die Option Bearbeiten>Transformieren (Verzerren, Perspektivisch oder Verkrümmen) genutzt werden, um das bearbeitete Bild aufzuwerten.
Zoomobjektive arbeiten mit zwei unterschiedlichen optischen Systemen. Eines davon bündelt das Licht auf der Brennebene, während das andere den Blickwinkel und damit effektiv die Brennweite verändert. Dies ist mit einer Reihe von Komplikationen verbunden. Zunächst hängt die Blendenöffnung mit der Brennweite zusammen. Somit muss bei Veränderungen der Brennweite die Blendenöffnung mit angepasst werden. Wenn sich die Brennweite verändert, verschiebt sich die Brennebene mit. Sie muss also ebenfalls nachgestellt werden. Selbst die Verzeichnungen sind über den Brennbereich hinweg unterschiedlich und müssen ausgeglichen werden. Bei Betrachtung eines Zooms wird klar, dass sowohl die Mechanik als auch die Optik eine äußerst komplizierte Angelegenheit sind. Die Nachfrage nach Zoomobjektiven ist allerdings so groß, dass die Hersteller viel investiert haben, um die ganzen Hindernisse zu überwinden. Der Markt der Zoomobjektive Die modernen Zoomobjektive lassen sich allgemein in zwei Kategorien unterteilten: Die einen wurden 32
für die breite Masse produziert, die anderen für Profifotografen. Die Modelle für den allgemeinen Markt verfügen in der Regel über variable Blendenöffnungen und bestehen aus billigerem Material. Die Blendenöffnung bei den Profimodellen ist hingegen über den gesamten Bereich hinweg fest. Sie sind oft schneller als die günstigeren Modelle und verwenden teurere Gläser sowie ausgeklügeltere Mechaniken. Das Glas ist einer der Faktoren, bei dem sich in der Optik die Spreu vom Weizen trennt. Es war schon immer so, dass gute Objektive aus verschiedenen Arten hochwertiger Gläser bestanden, im Regelfall eine Mischung aus Flint- und Kronglas. Der Unterschied zwischen den Typen hat mit dem Brechungsindex zu tun, also dem Grad, zu dem Lichtstrahlen abgelenkt werden. Durch die Kombination von Gläsern mit höheren und niedrigeren Brechungsindizes ist es möglich, die Menge der Abbildungsfehler zu reduzieren. Mehr dazu später. Im Aufbau eines jeden Objektivs beeinflussen mehrere Faktoren den Kontrast. Die beiden wichtigsten
Punkte betreffen die Kontrolle von Glas-Luft-Grenzflächen sowie des Streulichts. Nicht alle Bauteile eines Objektivs verfügen über zwei GlasLuft-Grenzflächen. Manchmal werden zwei oder mehr Bauteile zu Gruppen zusammengefasst. Dies ist manchmal der Spezifikation zu entnehmen, wo dann beispielsweise von „zehn Bauteilen in sechs Gruppen“ gesprochen wird, was bedeutet, dass vier der Bauteile mit anderen zusammengefasst wurden. Glas-Luft-Grenzflächen sind anfällig für Reflexionen sowohl an der Innen- als auch der Außenseite des Gehäuses. Gehen wir einmal von einer Materialschicht aus, die etwa einem Viertel der Stärke der Wellenlänge des Lichts entspricht. Dies ist mit 125 nm sehr wenig und entspräche bei einem Millimeter fast 8.000 Schichten. Dadurch kommt es an der Beschichtung und am Glas bei den Reflexionen zu Interferenzen.
Diese entsprechen der halben Wellenlänge des Lichts. Wenn die Reflexionen aufeinander abgestimmt werden, heben sie sich gegenseitig auf. Falls Sie es nicht schon selbst erraten haben: Wir sprechen von Objektivbeschichtungen. Schichtarbeit Es gibt viele verschiedene Arten der Beschichtung vom einzelnen bis zum mehrfachen Überzug, bei denen verschiedene Materialien mit Vakuumprozessen auf die Glasfläche aufgebracht werden. Moderne Beschichtungen sind sehr langlebig, sollten aber dennoch gut behandelt werden. Die bevorzugte Art der Beschichtung ist der Mehrfach-Überzug mit verschiedenen Materialien, Metalloxiden und Fluoriten. Eine Einzelbeschichtung funktioniert nur wirklich effektiv für einzelne Wellenlängen, die in der Regel bei rund 550 nm liegen und
„ES WAR SCHON IMMER SO, DASS GUTE OBJEKTIVE AUS VERSCHIEDENEN ARTEN HOCHWERTIGER GLÄSER BESTANDEN, IM REGELFALL EINE MISCHUNG AUS FLINT- UND KRONGLAS“
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Fachwissen RUND UMS OBJEKTIV TOOL ZUR VERKRÜMMUNGSKORREKTUR
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grünem Licht entsprechen. Durch den Einsatz mehrerer Schichten mit unterschiedlichen Stärken können die Reflexionen unterschiedlicher Wellenlängen verhindert werden, während der Kontrast verbessert wird. Der Unterschied zwischen unbehandelten und einfach beschichteten Linsen ist weitaus größer als zwischen einfach und mehrfach beschichteten Objektiven. Allerdings ist hier jede Verbesserung ihr Geld wert. Eine weitere wichtige Größe für die Kontraststärke eines Objektivs ist die Kontrolle des Streulichts. Dieser Aspekt hat weniger mit der Optik als mit dem mechanischen Aufbau zu tun. Eine Bedeutung haben auch der Schattenwurf vor der Linse und die Kontrolle des Lichts, das ins Objektiv einfällt und unter Umständen von den Gehäusewänden zurückgeworfen wird. Wichtig für den Entwurf ist, dass im Objektivmechanismus keine reflektierenden Oberflächen offenliegen. Manche Objektivhersteller ziehen es vor, dem Problem ganz aus dem Weg zu gehen, anstatt im Nachhinein Reflexionen im Zylinder unterdrücken zu müssen.
Durch eingebaute Bildstabilisatoren fürs Objektiv wie IS, VR, OS und VC von Canon, Nikon, Sigma und Tamron wird es möglich, die Kamera bei 1/10 Sek. oder sogar mehr in der Hand zu halten, wenn kein Stativ verfügbar ist.
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Fachwissen FARBE
Fachwissen
Farbe Die Farben und ihr Einsatz haben einen starken Einfluss auf den Erfolg eines Bildes. Hier ist eine bunte Auswahl an Tipps. TEXT: BEN BOSWELL BILDER: VERSCHIEDENE FOTOGRAFEN
In der Anfangszeit war die Fotografie ein recht farbloses Geschäft. Die ersten Fotografen hatten nur Grautöne zur Verfügung. Schon sehr früh versuchten die Leute, Farben abzubilden. Einige Pioniere wie James Clark Maxwell und Louis Ducos du Hauron schafften es, die Farben der Realität abzulichten. Der Aufwand war damals enorm. Richtig Farbe ins Geschäft kam erst mit dem Erscheinen des Fotofilms Kodachrome im Jahr 1935. Die Verarbeitung war immer noch extrem aufwendig, aber Kodak konnte den Prozess für seine Kunden übernehmen. Aufgrund der besonderen Technologie (die Farbkuppler waren erst im Entwickler enthalten, und nicht bereits in der Emulsion wie bei den E-6-Filmen) wurde dieser Filmtyp nur durch Kodak selbst entwickelt. Die letzte Kodachrome-Rolle wurde Ende letzten Jahres verarbeitet. Viele werden diesen Filmtyp vermissen. Nach dieser frühen Phase wurde die Farbfotografie zur Normalität. Vom Monobild zur Farbe Es mag manche überraschen, dass Digitalbilder immer noch schwarz-weiß aufgenommen werden – wenn auch auf technisch ausgeklügelte Art und Weise. Da unser zentrales Thema nicht die Aufzeichnung der Farben ist, wollen wir diesen Punkt nur kurz streifen: Bei den meisten Digitalkameras liegen die einzelnen Rezeptoren des Sensors hinter einem Filter versteckt, der bestimmt, welche Farbe (rot, grün oder blau) aufgezeichnet wird. Dabei ist wichtig, dass die Zahl der Sensoren für die Farbe Grün zwei Mal so hoch wie die für Rot und Blau ist. Das aufgenommene Bild besteht eigentlich aus drei Einzelbildern, die monochrome Abbildungen der jeweiligen Farbintensität (rot, grün oder blau) innerhalb der Aufnahme
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sind. Die drei Teilbilder werden dann zum letztendlichen Farbbild kombiniert. Die Aufnahmetechnik ist eine Sache, die Farbtemperatur eine andere. Letztere bezieht sich auf die Farbe der Lichtwellen innerhalb der Aufnahme. Farbtemperatur und Co. Genau genommen entspricht die Farbtemperatur der Farbe, die ein theoretisch schwarzer Körper bei einer bestimmten Temperatur abstrahlt. Diese Temperatur wird in Kelvin angegeben, wobei 0 Kelvin -273,15 Grad entsprechen. Steigt die Temperatur, spricht der Fachmann absurderweise von kühleren Farben. Licht bis 5.500 K (Tageslicht zur Mittagszeit) wird als warm beschrieben. Alles, was darüber liegt, ist „kühl“. Die zugehörige lineare Farbpalette reicht von Bernstein bis Blau. Durch Erhöhung des bernsteinfarbenen Anteils sinkt die Farbtemperatur, und das Bild erscheint in einem wärmeren Licht. Blau erhöht indes die Farbtemperatur und erzeugt einen kühleren Eindruck. Durch Hitze erzeugtes Licht lässt sich normalerweise gut auf dieser Skala einordnen, die Lichtquellen wie Wolfram-Glühbirnen, Kerzen und Sonnenlicht berücksichtigt. In der Vergangenheit lief die Anpassung der Farbtemperatur über Farbkorrekturfilter, die direkt bei der Aufnahme verwendet wurden. Für akkurate Ergebnisse musste der Fotograf genau wissen, was er tut, und beispielsweise einen Farbtemperaturmesser zusammen mit einem ganzen Stapel an Gelatinefiltern Leuchtende Farben vermitteln eine fröhliche, heitere Stimmung. Durch kontraststarkes Licht wird dieser Effekt noch verstärkt. Nikon D300s, 18-200-mm-Objektiv auf 70 mm mit Polfilter. Belichtung von 1/200 Sek. bei f/13 und ISO 200.
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Fachwissen
© ROY CURTIS
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EIN SEHR VORSICHTIGER BESITZER: NIKON D700
Die neuere Nikon D5100 ist eine gute Kamera mit 16,2-MP-Sensor und großem, schwenkbarem Monitor. Als Puristen sehen wir uns aber zunächst die Vollformatkamera D700 ein wenig genauer an. TEXT UND BILDER: WILL CHEUNG
Gerüchte, wonach die Nikon D700 ersetzt oder aktualisiert werden soll, gibt es schon eine Weile. Vor einer Weile besuchte ich eine Presseveranstaltung von Nikon in der stillen Hoffnung, dass das neue Modell vorgestellt werden würde. Allerdings war das bei dieser Gelegenheit vorgestellte Modell die D7000. Ich verließ die Veranstaltung enttäuscht, war jedoch vielleicht ein bisschen ungeduldig, weil die D700 damals erst gut zwei Jahre alt war. Neulich fand eine weitere Nikon-Veranstaltung statt. Ich hoffte erneut auf ein Nachfolgemodell für die D700, aber dieses Mal war es die D5100. Also muss ich weiter warten. Vielleicht sind ja aller guten Dinge Drei. Ich kaufte meine D700 im August 2008, also innerhalb eines Monats nach ihrer Ankündigung. Vollformat, tolle ISO-Leistung und ein relativ RECHTS: Nach einer eisigen Fotositzung an Donna Nook brauchten die Nikon D700 und das Objektiv (400 mm f/2.8) drei Stunden zum Auftauen, nachdem sie vollkommen vereist waren.
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Wenn Sie den Umgang mit einem Blitzmesser beherrschen, verbessern Sie Ihre Blitzfotografie. Ganz einfach. Aber vielen Fotografen ist das egal, und sie verlassen sich lieber auf den Monitor ihrer Kamera. Wieso? Sind sie einfach nur faul, oder hat ihnen niemand die Vorzüge dieser Art des Fotografierens gezeigt? TEXT UND HAUPTBILDER: WILL CHEUNG
Es gab einmal eine Zeit, da besaß jeder Studiofotograf, der etwas auf sich hielt, einen Blitzmesser, und wahrscheinlich sogar noch einen zweiten als Reserve. Zweifellos handelte es sich dabei um unverzichtbares Zubehör bei der Blitzfotografie mit Film, wo man sich keine Fehler erlauben konnte. Denn diese hätten viel Geld und den guten Ruf gekostet. Natürlich gab es beim Film keine sofortige Rückmeldung – Polaroid einmal ausgenommen. Aber selbst die Verwendung von Sofortbildfilm diente eher der Überprüfung der Beleuchtungsanordnung und der Funktionalität als zur Überprüfung der Belichtung. Mit der Unmittelbarkeit der digitalen Fotografie ging der Abstieg (oder sollte man sagen der Aufstieg?) des Blitzmessers in den Bereich der teuren Luxusgüter einher, und das ist aus verschiedenen Gründen eine Schande. Erstens einmal ist es nicht einfach, den Erfolg einer Beleuchtungsanordnung am Kameramonitor zu beurteilen, auch wenn Sie dank des Histogramms sichergehen können, dass das Bild nicht abgeschnitten wird. Sie könnten mit Hilfe von Kabelverbindungen die Aufnahmen in einem Computer machen, aber das ist nicht immer eine praktikable Möglichkeit. Ein Blitzmesser hilft Ihnen dagegen auf sehr präzise Weise bei der Ermittlung der Lichtverhältnisse. Zweitens bringen Sie die Werte eines Blitzmessers dazu, genauer über die Beleuchtung nachzudenken. Ohne ein solches Gerät machen Sie eine Probeaufnahme von der Kameraposition aus, und wenn das Ergebnis in Ordnung ist, bewegen Sie sich möglicherweise nicht mehr und fotografieren einfach drauf los. Diesen einen zusätzlichen Gedanken, den Sie vielleicht in die Interpretation eines Anzeigewertes und den Beleuchtungseffekt gesteckt hätten, gibt es dann nicht. Und schließlich erfordert die Arbeit mit Blitzmessern mehr Disziplin beim Fotografieren, statt nur willkürlich Einstellungen und die Ausgangsleistung zu verändern. Natürlich haben wir bisher über die Studiofotografie und die Arbeit mit Netzblitzgeräten gesprochen. Die meisten Strobisten verwenden tragbare, batteriebetriebene Blitzgeräte, und viele sind stärker automatisiert als Netzblitzgeräte, was die Belichtungsberechnung betrifft. Sie verwenden wahrscheinlich die TTL-Blitzmessung oder einen Blitz mit automatischer Blendenwahl. Viele Strobisten verwenden ihre Blitzgeräte jedoch manuell, sodass der Blitzmesser hier auch zu seinem Recht kommt. Die Preise für Blitzmesser beginnen bei etwa 70 Euro, und für etwa 180 Euro bekommen Sie ein hoch spezialisiertes Modell, das den Blitz und die Umgebungsbeleuchtung erkennt – es geht hier also nicht um eine horrende Investition. Außerdem können Sie mit einigen grundlegenden Fertigkeiten beim Umgang mit einem solchen Gerät Ihre Blitzfotografie deutlich verbessern, und darum geht es in diesem Artikel. Unser Model Katie Green wird hier mittels einer Lichtwanne über ihr und einem Lastolite-Triflektor unter ihr beleuchtet. Der „Wind“ wurde von einem Haushaltsventilator erzeugt, der niedrig gehalten wurde, um ihr Haar in Bewegung zu bringen.
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ES WERDE LICHT Die meisten Bilder, die wir machen, geben das natürliche Licht wieder. Sie haben aber auch die Möglichkeit, für Ihre eigene Beleuchtung zu sorgen – und darum geht es in diesem Artikel. TEXT: BEN BOSWELL BILDER: VERSCHIEDENE FOTOGRAFEN
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as Malen mit Licht ist, wie die meisten Dinge beim Fotografieren, eine Technik mit einer langen Geschichte. Frühe Beispiele des Modernisten und Surrealisten Man Ray sind unheimlich: ein verschwommenes Bild des Künstlers, das von den Spuren des Lichts verschleiert beziehungsweise eingerahmt wird. Pablo Picasso hat sich mit einer Reihe wunderschöner Bilder ebenfalls daran versucht und Figuren in die Luft gezeichnet. Seine Inspiration war Gjon Mili, Fotograf für die Zeitschrift Life, mit dem er zusammenarbeitete. Diese Bilder sind außergewöhnlich, und zwar nicht nur auf Grund ihrer Neuartigkeit, sondern weil sie auf Film aufgenommen wurden. Sämtliche Versuche, die unternommen wurden, wurden verarbeitet, bevor die Ergebnisse beurteilt werden konnten. Seitdem hat es einige Fotografen
gegeben, die bereit waren, die erforderliche Zeit und Mühen zu investieren, aber nicht zuletzt hat die digitale Fotografie das Malen mit Licht zu einer zugänglichen Kunstform gemacht. Sie hat auch ein fantasievolleres und experimentierfreudigeres Arbeiten ermöglicht. Ich teile diese Technik in zwei Bestandteile auf und nenne sie in diesem Artikel „Zeichnen mit Licht“ und „Malen mit Licht“. Das Wort „Fotografie“ bedeutet wörtlich übersetzt „Zeichnen mit Licht“. Meine Definition hier bedeutet jedoch, mit Hilfe eines Lichts eine „gezeichnete“ Linie im Bild zu erstellen. Das Licht ist das Motiv, das sich während der Aufnahme durch das Bild bewegt. Das Malen mit Licht unterscheidet sich hiervon insofern, als die Kamera auf ein Motiv gerichtet ist, aber das Licht aus der Aufnahme wird wie ein Pinsel verwendet, um die Szene gezielt zu beleuchten.
Oxenhope, West Yorkshire. Die Lichtstrahlen hinter der Satellitenschüssel wurden mit einer leistungsstarken Taschenlampe erzeugt, die in einem Bogen über dem Kopf des Fotografen geschwenkt wurde. Der Vordergrund wurde mit zwei Blitzen von einem Canon-Handgerät des Typs 580EX Speedlite beleuchtet. Canon EOS 1Ds Mk II mit einem 24-mm-Objektiv. 264 Sekunden, f/5.6, ISO 100.
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