14
Der Süßwasserpolyp Hydra, an dem die Arbeitsgruppe von Bert Hobmayer forscht. Foto: Wolfgang Dibiasi
Stammzellen auf der unmöglichen Treppe Eine neue Studie beschreibt überraschende Eigenschaften von Stammzellen in wirbellosen Tieren. Der unsterbliche Süßwasserpolyp Hydra spielt dabei eine wichtige Rolle.
E
ine Kugel rollt einen Hügel hinab. Auf ihrem Weg trifft sie auf Erhöhungen oder Mulden und muss ihre Bahn anpassen, rollt mal nach rechts, mal nach links. Am Ende ihres Weges erreicht sie ebenen Boden. Das Bild des „Waddington Landscape“ wurde im Jahr 1957 entwickelt und ist ein klassisches Modell, das den Differenzierungsweg von Stammzellen beschreibt: Stammzellen teilen sich. Daraus entstehen zunehmend spezialisierte Zelltypen, bis sie eine bestimmte Körperzelle gebildet haben. Je spezifischer die Zelle,
desto eingeschränkter ist die Bandbreite an Zelltypen, zu denen sie sich noch ausdifferenzieren kann - so wie die Kugel auch nicht mehr bergauf rollen kann. Die Fähigkeit zur Differenzierung in verschiedene Zelltypen nennt sich Plastizität. Diese Vorstellung von Stammzellen beruht allerdings hauptsächlich auf dem, was von Wirbeltieren bekannt ist. Diese werden in der Stammzellforschung bereits seit Jahrzehnten untersucht, allen voran der Mensch, da medizinische Anwendbarkeit stark im Vordergrund steht. In einer
großen internationalen Kooperation haben Wissenschaftler*innen bisher wenig beachtete Eigenschaften von adulten Stammzellen an wirbellosen Tieren erforscht und das Bild des „Waddington Landscape“ um mehrere Dimensionen erweitert. Die Arbeit wurde im wissenschaftlichen Journal „Biological Reviews“ veröffentlicht. Bert Hobmayer vom Institut für Zoologie der Universität Innsbruck war maßgeblich an der Studie beteiligt und erklärt, welche Rolle der Süßwasserpolyp Hydra gespielt hat, an dem seine Arbeitsgruppe forscht.