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Album des Monats
MUSIK Album des Monats EINE SCHILLERNDE, ABER FRAGILE TRAUMWELT: DIE „SEIFENBLASE“ VON 2ERSITZ
von Mario Hartwig
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Sechs Jahre ist es her, dass urbanite den 2ersitz mit einem Musikerporträt besetzte. Zahlreiche Konzerte, Playlist-Platzierungen und einen Panikpreis der UdoLindenberg-Stiftung später fällt auf, dass der einstig heitere Fokus der selbst betitelten Neo-Hippie-PopBand einem gellenden Alltagsrealismus weichen musste, der auf ihrer neuen LP „Seifenblase“ allgegenwärtig scheint. Was ist passiert? Hat das abgewanderte Bandmitglied Nummer sieben die gute Stimmung im Abreise-Gepäck mitgenommen oder ist die Seifenblase einer bloßen Gute-Laune-Welt schlichtweg zerplatzt? Django, Till, Micha, Joke, Bennet und Anselm eröffnen das Album direkt mit dem Titeltrack. Wie kleine, von einer feinen Nadel zerstochene Seifenblasen erzeugen die Klaviertöne im Intro direkt diese elegische Stimmung, die den Songs durchweg zu eigen ist. Der melancholische Charakter wird von dem 70er-Jahre-Arrangement inkl. vibrierender Rockorgel, schroffem Drumming und verzerrtem Gitarren-Solo getragen.
Der nächste Titel „2:22“ ist einer von bisher fünf ausgekoppelten Singles. In dem Track wird deutlich, dass 2ersitz den Schwerpunkt auf die erzählerischen Texte von Sänger Joke legen, um das instrumentale Arrangement drumherum zu bauen. Mit trappigen Hi-Hats, Claps und Autotune-Einsatz verfolgt dieser Song einen deutlich Hip-Hop-orientierten Ansatz. Dieser Eindruck ist im gesamten Album vor allem vokal deutlich spürbar. So bedient sich Joke beispielsweise gern dem Hip-Hop-trendigen Triolen-Rhythmus. Generell kommt der Song recht fließend daher. Die kurzen Synth-Bells wirken dagegen wie eine tickende Uhr – passend, denn der nicht 2 Minuten 20 dauernde Track wird mit der Zeile „Es ist 2:22 Uhr“ eröffnet.
Im Text von „Alles wird anders“ wird das Seifenblasen-Leitmotiv einmal mehr aufgegriffen. In der zweiten Hälfte wird der Song überraschenderweise zur Uptempo-Nummer mit Synth-Pop-Elementen.
Die neueste Single und Track 10 hört auf den Namen „Detox“ und thematisiert den Rückzug aus einer vermeintlichen Social-Media-Heimat, um sich wieder echten Gefühlen hinzugeben. Ein typisch bittersüß-tanzbarer Track für die Generation Y!
Eines der absoluten Highlights bildet der spannende Rausschmeißer „Sophia“: In den Strophen sehr funky und rhythmusorientiert enthält der Chorus auf atmosphärischen Flächen eine leicht verzerrt gespielte Gitarren-Hookline, die nach Call- und Response-Prinzip mit dem Gesang interagiert. Sophia: Das ist im Griechischen die Weisheit. Und diese merkt man 2ersitz im Jahr 2021 deutlich an – zumindest als Analogie für einen Reifeprozess hin zu neuer textlicher wie musikalischer Fokussiertheit.
Seit 23.04. ist „Seifenblase“ digital und auf Vinyl verfügbar. Die Band hat auf ihrer Website einen entsprechenden Tour-Schedule ab Juli veröffentlicht. Bleibt zu hoffen, dass dieser aus gegebenem Anlass nicht auch wie eine Seifenblase zerplatzen wird. www.2ersitz.de
AlbumVeröffentlichung 23.04.2021