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Zeitschrift des VCP | Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder 1 P 1963 Nr. 1/2016 | ISSN 1651-2441

anp Gemeinschaft

Leben

Abenteuer

Besinnung

auf neuem Pfad

Wir schaffen das!

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VON ESTHER KOCH, KASSEL

Ich bin traurig. Über das tote Kind am Strand vor der Türkei, ertrunken auf der Flucht vor dem Krieg in seinem Heimatland. Über die vielen entführten Frauen, verschleppt von der IS. Über die Tausenden jungen Männer, die auf gefahrenvoller Fluch ihr Leben riskieren, weil sie für sich und ihre Familien sonst keine Perspektive sehen.

Ich bin wütend. Über Regierungen Europas, die die Grenzen dicht machen und die Flüchtlinge unter unwürdigen Verhältnisse in überlaufenen Lagern ausharren lassen. Über meine Mitmenschen, denen scheinbar jedes Mitgefühl fehlt, die gegen Flüchtlinge Stimmung machen und deren Unterkünfte angreifen.

Ich bin hilflos. Über die Situation in Syrien und in anderen Ländern der Welt. Es scheint so aussichtslos die Lage zu befrieden. So vergebens sich für eine bessere Welt einsetzen zu wollen. Wo bist du, Gott? Höre ich den Sprecher fragen. Ja, wo bist Gott? Frage auch ich klagend. Wo bist, du? Bist du bei den Hungernden in den eingekesselten Städten Syriens? Bei den Opfern der IS? Bei den Toten der Ukraine? Wo bist du? Bei mir, die nach Antworten sucht?

Ich bin unterwegs. Auf dem ökumenischen Kreuzweg der Jugend. Mit etwa 30 jungen und älteren Menschen aus meiner Gemeinde laufe ich den vorbereiteten Weg und wollte eigentlich mitbeten, mitsingen, den Leidensweg Jesu gedenken. Aber mit den Gedanken bin ich ganz woanders… Ich denke an das Leid, die Krisen, Kriege und vertanen Chancen dieser Welt.

Wo bist du? Höre ich nun meine Mitbetenden singen. Wo bist du auf meinem Weg? Ich glaube und hoffe: Du bist. Mir fällt es manchmal schwer zu glauben. Zu glauben, dass es Gott gibt. Dass er uns liebt und nur das Beste für uns will. Wenn es Gott doch gibt, warum lässt er all das Leid zu? Doch stimme ich bald in das Lied mit ein. Denn wo sollte ich sonst hin mit all meinen Fragen, meiner Trauer, meiner Wut und Zweifeln hin, wenn nicht zu Gott? Wo bist du auf meinem Weg: Ich glaube und hoffe: Du bist

Wo bist du, Mensch, wenn man dich braucht? Ich höre auf. Wer hat das gesagt? Wer ist gemeint? Bin ich angesprochen? Wo bist du, Mensch, wenn man dich braucht?

Bilder: Stationen des Kreuzweges, der Via Dolorosa in Jerusalem – von Matthias Wähner

Wo bist du?


vcp christliches Leben

HIMMELSLEITER

Ich? Was sollte ich schon tun? Mitgefühl und Nächstenliebe fängt schon im Kleinen an, höre ich. Sehe ich, wenn meine Mitschülerin oder mein Nachbar mich braucht? Werde ich hoffen, dass jemand anders einschreitet? Ich bin nun mit meiner Aufmerksamkeit beim Kreuzweg. Ich höre von Jesus, wie er gezwungen wird, sein Kreuz selbst zu tragen, wie er unter der Last stürzt, wie er geschlagen und gedemütigt wird und wie ihm auch noch seine Kleider genommen werden. Jesus selbst hat gelitten. Auch er hatte Angst. Auch er rief nach Gott. Im Nacherleben und Nachempfinden des Kreuzweges ist uns Jesus ganz nahe. In den verzweifelten Ruf Jesu nach Gott, können wir mit einstimmen und unseren Schmerz und unsere Fragen legen. Ich höre aber auch, dass von Gott ein Ruf zurückkommt. Dass er nach uns Menschen, nach mir persönlich fragt.

Wo bist du, Mensch? Wo bist du mit deiner Verantwortung für die Welt? Wo bist du mit deine Stärken und Fähigkeiten? Wo bist du mit deinen Ideen, deinem Mut und deinem Tun? Versteckst du dich in der Masse? Sollen die anderen doch etwas tun? Versteckst du dich hinter deiner Resignation? Es hat ja doch alles keinen Sinn? Oder siehst du hin und versuchst die Welt ein bisschen besser zu machen? In seinem Leiden und Tod am Kreuz zeigt sich die Liebe Gottes für uns. Er will sich von uns finden lassen. Ich kann darauf vertrauen, dass er bei uns ist. Wir sind am Ende unseres Weges angelangt. Ich zünde ein Teelicht an und lege es auf das Holzkreuz, das wir auf dem Weg mitgetragen hatten und das nun vor uns liegt. In Gedanken formuliere ich nochmals, was mich bewegt. Diesmal aber in der Gewissheit: Gott ist da!

Ökumenischer Kreuzweg Der Leidensgeschichte Jesu nachzugehen, aber auch die Menschen überall auf der Welt und uns selbst in den Blick zu nehmen, dazu lädt der Ökumenische Jugendkreuzweg ein. Wie jedes Jahr wurde hierfür wieder Texte, Lieder, Bilder, Ideen und Vorschläge entwickelt und vorbereitet, die es Jugendlichen ermöglicht, selbst einen Jugendkreuzweg vorzubereiten und durchzuführen. Dieses Jahr steht der ökumenische Kreuzweg der Jugend unter dem Motto: „Wo bist du!“. Die Bilder des Kreuzweges sind diesmal von dem Künstler Matthias Wähner. Seine Fotos zeigen Stationen der Straße Via Dolorosa in Jerusalem, jenem Weg, den auch Jesus vor seiner Kreuzigung bis zum Hügel Golgatha gehen musste. Unter www.jugendkreuzweg-online.de findet ihr alle Materialien bzw. könnt sie dort bestellen, die ihr braucht um einen Kreuzweg bei euch vorzubereiten und durchzuführen.

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vcp christliches Leben

HIMMELSLEITER

Sehnsucht nach Freiheit Spirituals, die oft auch als „worksongs“ während der harten Arbeit auf den großen Plantagen gesungen wurden, geben – quasi als Ventil für die schmerzhaften Gefühle der Unfreiheit und Unterdrückung - einen tiefen Einblick in die Träume, Hoffnungen und Zweifel der farbigen Sklaven: So erzählen die meisten Spirituals von der Sehnsucht nach Freiheit. Die Sprache der Spirituals ist zum Großteil Englisch. Denn die afrikanischen Sklavinnen und Sklaven konnten sich in der Regel nicht in ihren jeweiligen Muttersprachen miteinander verständigen, da sie aus verschiedenen afrikanischen Volksstämmen stammten. Was sie aber einte war – neben ihrer Hautfarbe – ihre Musik. Es gibt viele Berichte über traurige, sehnsuchtsvolle, aber auch Mut machende Lieder, die auf den Schiffen der Sklaventransporte gesungen wurden. Die weißen Sklavenhalter in den USA waren schon früh bestrebt, die farbigen Sklaven in ihrem Sinne zu „zivilisieren“, indem sie sie zum christlichen Glauben bekehrten. Vermutlich übernahmen die schwarzen Sklaven die christliche Religion der Weißen – wegen der biblischen Verheißung der Freiheit und Gleichberechtigung.

VON ANDREAS WITT, HAMBURG

Glaube, Liebe und Hoffnung – diese christlichen Grund­werte bilden die theologische Basis der Gospels und Spirituals. ­Allerdings sind Gospels und Spirituals nicht dasselbe. Während Spirituals auf den großen Baumwoll- oder Zuckerplantagen in den Südstaaten der USA im 18. und 19. Jahrhundert als ­S­­ehnsuchts- und Hoffnungslieder der unterdrückten farbigen Sklavinnen und Sklaven entstanden sind, haben Gospels nach dem Ende der Sklaverei als „Lieder der frohen Botschaft“ im Norden der USA ihren Ursprung.

Foto: The Old Plantation (anonymous folk painting)/wikimedia

Singen, um zu überleben: Spirituals als Sehnsuchts- und Hoffnungslieder


Identifikation mit dem Volk Israel Die afrikanischen Sklaven identifizierten sich mit dem Volk Israel, das im Laufe seiner bewegten Geschichte oft in Unfreiheit lebte. Die Spirituals „Go down Moses“ und „Wade in the water“ erzählen von der Befreiung aus der Sklaverei in Ägypten (vgl. insbesondere 2. Mose 5) und dem Zug durch das Schilfmeer. (2. Mose 14) Doch diese biblischen Liedtexte waren nicht nur Glaubenszeugnisse, sondern thematisierten oft auch die politische und soziale Situation der unterdrückten Sklaven. Ägypten wurde mit den Südstaaten, das gelobte Land Kanaan mit den amerikanischen Nordstaaten, in denen es keine Sklaverei gab, gleichgesetzt. „Wade in the water“ forderte dazu auf, einen Teil der Flucht im Wasser zurückzulegen, um die Verfolger mit ihren Hunden abzuschütteln. Auch die Hoffnung auf ein besseres, ewiges Leben im Jenseits, die in vielen Spirituals wie zum Beispiel „Swing low“ oder „Michael rows the boat ashore“ besungen wird, wurde auch als reale Hoffnung auf ein Leben in Freiheit in den Nordstaaten verstanden. Der Jordan als Bild für die Grenze zwischen Diesseits und

Jenseits wurde mit dem Grenzfluss Ohio, der die Süd- von den Nordstaaten trennte, gleichgesetzt. Doch auch die Sklavenhalter verstanden diese politischen Botschaften: So war es den Sklaven auf vielen Plantagen verboten, das Lied „Go down Moses“ zu singen, insbesondere, nachdem sich Nat Turner als von Gott zum Propheten „Moses“ berufen fühlte, und 1831 einen Sklavenaufstand anführte.

Gospels haben andere Wurzeln und Themen Im Gegensatz zu den Spirituals haben Gospels ihre Wurzeln hauptsächlich in den Liedern der amerikanischen Pfingst- und Heiligkeitskirchen. Die persönliche Beziehung zu Jesus Christus als Heiland stellt die Botschaft der meisten Gospels dar, wie zum Beispiel in „Oh Happy Day, when Jesus washed my sins away!“ Gospels als komponierte und getextete Lieder verdanken ihre Popularität oft auch ihren jeweiligen Interpreten - wie zum Beispiel Mahalia Jackson. Von Spirituals hingegen sind in der Regel keine Komponisten oder Texter bekannt: Sie entstanden

oft ad hoc aus dem Wechselgesang zwischen Prediger und versammelter Gemeinde auf den sogenannten „Camp-Meetings“ der schwarzen Sklaven, die nicht an den Gottesdiensten der Weißen teilnehmen durften. Für das gemeinsame Singen der Spirituals gilt vermutlich das, was schwarze Südafrikaner 1994 nach dem Ende der Apartheid sagten: „Wir haben während der Zeit der Apartheid nicht deshalb gesungen, weil wir glücklich gewesen wären. Wir haben auch dann gesungen, wenn wir weinten. Wir haben gesungen, um uns nicht zerbrechen zu lassen. Wir haben gesungen, um zu überleben!“*

* Zitiert nach: W. O. Deutsch, Spirituals und Gospels sind nicht dasselbe, in: Thema Gottesdienst 27/2007, S. 48)


Wir wollten ihnen den Weg ­etwas erträglicher machen. Viele VCPerinnen und VCPer ­engagieren sich für geflüchtete ­M­­­enschen. Philipp Marx und ­Sophia Poremski vom Stamm Nikolaus Graf von Zinzendorf fuhren in ein ­Flüchtlingscamp im slowenischen Grenzgebiet. Mit dabei: w ­ aren Sophia Poremski, 20, Kinderkrankenschwester, Sindy Nguyen, 18, Annika Schwarz, 16 und Philipp Marx, 17, sie besuchen das Max-Planck-Gymnasium. Nicht zu vergessen: Bernd Schwarz, Vater von Annika. Philipp berichtet anp von seinen Erfahrungen vor Ort.

go.vcp.de/vcp-fluechtlingshilfe

anp: Wie seid ihr dazu gekommen, zum Flüchtlingscamp zu fahren und dort zu helfen? Philipp: Sophia und ich haben uns zunächst überlegt, mit unserem Stamm Flüchtlingsarbeit in Ludwigshafen zu machen und haben einen Spielenachmittag im Flüchtlingsheim „Rampenweg“ organisiert. Während wir das organisiert haben, trafen wir auf Dolly el-Ghabour, die schon mehrere Konvois in Richtung Balkan vorbereitet hat. Sie hat uns erklärt, was ­alles zu machen ist und so haben wir hektisch angefangen, bei uns an der ­Schule und im Pfadistamm sowie in der Gemeinde Kleider- und Geldspenden zu sammeln. Der Aufwand, dorthin zu fahren ist ja deutlich größer als vor Ort zu helfen … Warum habt ihr das auf euch genommen? Es ist wichtig, den Flüchtlingen hier zu helfen, aber sie müssen ja erst einmal hier herkommen. Unterwegs erfahren sie so viel Leid, Elend und Ablehnung. Nasse Schuhe, keine warme Kleidung, nicht genug zu essen und – wie geht es den Kindern? Wir wollten ihnen diesen Weg etwas erträglicher machen. Erzähl doch mal von der Fahrt … Wir waren vom 2.1. bis zum 8.1. in Dobova (Obrezje) an der slowenischen Grenze zu Kroatien. Die ersten vier Nächte waren wir in einem Hostel in der kroatischen Hauptstadt Zagreb untergebracht, später haben wir in einem Hostel in Breschize (Slowenien) geschlafen. Dann haben wir das Flüchtlingscamp besucht.


vcp Pfadfinden

BREITGETRETEN

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Hier werden die Geflüchteten untergebracht.

Fotos: privat

Wie sah eure Arbeit im Camp aus? An jedem der fünf Tage dort hatten wir 8-Stunden-Schichten, die ersten zwei von 7 bis 15 Uhr und die drei letzten von 15 bis 23 Uhr. Am ersten Tag haben wir alle Kleiderspenden abgeliefert. An den restlichen Tagen haben wir von den Spendengeldern das eingekauft, was am dringendsten gebraucht wurde, d. h. warme, wasserfeste Herrenschuhe, Handschuhe, Babyflaschen, Schokoriegel. Vor Ort waren drei große weiße Zelte mit leichter Beheizung und Holzfußboden aufgebaut. In die passten jeweils rund 1000 Menschen. Die Zustände waren menschenunwürdig, alles klebt, alles stinkt und es zieht aus allen Richtungen. Die Flüchtlinge kamen mit Zügen an den HBF und von dort aus per Bus zum Camp. Dort bekamen sie ein kleines Lunchpaket, wurden in einem Zelt gesammelt, registriert und dann auf die beiden anderen ­Zelte aufgeteilt. Nach vier bis sechs Stunden wurden sie wieder mit Bussen abgeholt und sie fuhren weiter nach Österreich oder wieder zurück nach Kroatien. Auf dem ganzen Weg haben sie keine Freiheit. Überall steht Polizei und ­Militär. Deshalb waren wir für sie als freiwillige Helfer die einzigen Ansprechpartner, mit denen sie normal reden konnten, bei denen sie keine Angst haben mussten, vielleicht was Falsches zu sagen. Wir haben ihnen Essen und Klamotten gegeben, sie zum Ärztezelt begleitet und ihre Fragen beantwortet. Sie waren immer sehr freundlich, herzlich und dankbar, obwohl sie so geprägt von den Erlebnissen ihrer Flucht waren … Ich d­ urfte sogar ein kleines Baby tragen, als die Mutter ganz erschöpft zum Arzt musste. Außerdem mussten wir die Zelte immer komplett reinigen, die Decken zusammenlegen (es gab keine Liegen) und Dinge von A nach B tragen. Wie wurde euer Hilfsdienst organsiert? Wir waren bei der slowenischen Organisation „Slowenska Philantopia“ angemeldet. Von dieser Organisation waren in jeder Schicht insgesamt 10 Freiwillige in jeder Schicht da. Die meisten aus Slowenien und Kroatien, aber auch aus Belgien, den Niederlanden, den USA und Österreich. Jedes Mal hat uns ein Koordinator gesagt, was zu machen ist. Es war aber alles sehr locker, alle waren freundlich und viele waren überrascht davon, dass wir so einen weiten Weg auf und genommen und alles selbst geplant und uns das getraut haben. Andere kamen, weil sie ihre Familie besuchen oder in der Nähe arbeiteten. Alle haben sich für unsere Geschichte interessiert und ein Amerikaner, mit dem ich heute noch Kontakt habe, hat sich vor-

Warme, wasserfeste Schuhe wurden dringend benötigt.

genommen, dasselbe in seiner Heimat New York zu machen. Seine ­Eltern ­kamen aus Slowenien. Auch das Militär und die zum Teil ausländische ­Polizei waren zumindest zu uns freundlich und hilfsbereit. Wir konnten ­jederzeit in ein warmes Zelt vom Roten Kreuz gehen, dort essen, uns aufwärmen und Energie tanken. Am Schluss habe ich die restlichen 150 € (von insgesamt ca. 1600 €) Spenden in der Hauptzentrale von „Slowenska Philantopia“ in der Hauptstadt Ljublijana persönlich überreicht. Und wie geht es euch jetzt damit? Zusammenfassend war die ganze Reise zwar körperlich sehr anstrengend, aber eben auch sehr erfüllend. Wir haben gesehen, dass das, was wir machten etwas Gutes war und es auch ankam. Das Lachen von fremden Kindern und Erwachsenen zu sehen, war wirklich unbeschreiblich. Das Flüchtlingscamp wurde von vielen deutschen Online-Medien oft hart angegangen. Ich finde zu Unrecht ... Es fehlt einfach an Geld. Der Staat versorgt das Camp kaum, aber die sehr hart arbeitenden Engagierten können nichts dafür, sie geben ihr Bestes. Aber natürlich werden sie durch ­diese Kritik in Mitleidenschaft gezogen. Philipp, würdest du bzw. würdet ihr das wieder machen? Auf jeden Fall! Zwar nicht in nächster Zeit, aber vielleicht wieder Ende des Jahres! Je nachdem, wie die Situation dann aussieht ...


Globus

Kiwi-Pfadi VON FABIAN LOSKE, STUTTGART

Fabian Loske kommt aus dem Stamm Allemannen, Sonthofen und hat nach einem Auslandssemester in ­Australien seinen ersten Job in Neuseeland ­gefunden.

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ellington, Neuseeland. Glaubt man dem „Lonely Planet“, ist Wellington die coolste kleine Hauptstadt der Welt. Doch nach 24 Stunden Flug und wenig Schlaf falle ich im Hostel dann trotzdem erstmal erschöpft ins Bett. Nach dem Frühstück am anderen Ende der Welt lässt ein erster Rundgang durch die Stadt erahnen, dass der Lonely Planet nicht Unrecht hat. Eigentlich bin ich für den ersten Job nach dem Studium nach Wellington gekommen, aber ­natürlich habe ich auch Kluft und Halstuch im Gepäck. Man weiß ja nie, ich habe gehört, Pfadis gibt es auf der ganzen Welt. Die erste Woche im Hostel vergeht mit der Suche nach einer Wohnung für das nächste Jahr. Die Resultate sind zunächst demotivierend und auf Dauer im Hostel wohnen ist dann doch etwas zu teuer. Nach dem Motto „Wenn etwas nicht mehr weiter geht, frag jemand, der dir helfen kann“, schreibe ich die ­neuseeländische Rovergruppe auf Facebook an. Und siehe da, eine halbe S­ tunde später habe ich ein Zimmer in der WG einer Pfadfinderin und eine Einladung zum nächsten Treffen der „Victoria Rover Crew ­Wellington“. Die Roverstufe in Neuseeland ist etwas anders aufgebaut als im VCP. Nach der Pfadfinderinnen- und Pfadfinderstufe ist die Zeit von Pfadfinden erst einmal beendet. Man muss sich bewusst entscheiden, einer Rovergruppe beizutreten und wird erst nach einer


vcp Pfadfinden

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Fotos: Fabian und Moritz Loske

Anfangsphase aufgenommen, wenn die Gruppe und man selbst entscheiden, dass man zusammen passt. In Neuseeland sind Rover Frauen und Männer im Alter von 18 bis 26 Jahren. Das ist anders als bei uns: da sind Rover männlich und höchstens 20 Jahre alt. Die neuseeländische Rovergruppe wählt sich eine eigene Leiterin oder einen Leiter, die oder der die Gruppentreffen plant und die Gruppe vertritt. Die Zeit bei den Rovern ist geprägt von gemeinsam geplanten Aktivitäten und sogenannten „Services“, in deren Rahmen man sich ehrenamtlich engagiert. Dabei engagieren sich die Rover in allen möglichen gesellschaftlichen Bereichen. Für ­diese Services bekommt man Punkte, die am Ende eines jeden ­Rover Jahres auf dem Rover Moot mit allen anderen Rovergruppen aus Neuseeland verglichen werden. Das Rover Moot ist ein jährliches Lager nur für Rover, das als Belohnung für ein erfolgreiches Roverjahr gesehen wird. Neben einem brasilianischen Pfadfinder und einem Kontingent aus Australien durfte ich als internationaler Gast mit „meiner“ Rovergruppe teilnehmen. Das diesjährige Rovermoot fand in der Nähe von Auckland statt und stand unter dem Motto „She’ll be right“ was so viel heiß wie „Wird schon passen“. Die Atmosphäre auf dem Lager war dementsprechend auch sehr entspannt. Es gab viele Aktivitäten, wie Skydiven, Höhlenwandern, Baden in heißen Quellen,

Mountain biken und sogar einen Ausflug zu den Hobbithöhlen! Es gab zwar auch einen Servicetag, bei dem ein Pfadfinderplatz renoviert wurde, den man aber ganz gut verkraften konnte, auch, weil es jeden Abend eine andere Motto-Feier gab. Den Abschluss des Lagers bildete die Auszeichnung und Würdigung des Engagements der Rovergruppen in verschiedensten Bereichen und die Verleihung von Ehrenpreisen für langjähriges Engagement. Über das Rover Moot hinaus konnte ich mit meiner ­Rovergruppe noch einiges unternehmen und habe so Gegenden in Neuseeland sehen und Eindrücke gewinnen können, die ich als „normaler Backpacker“, also ohne die internationale Verbundenheit durch Pfadfinden höchstwahrscheinlich verpasst hätte. Aber auch ohne ortskundige pfadfinderische Begleitung perfekt für alle, die Neuseeland bereisen und die beeindruckende N ­ atur erleben wollen, sind die Great Walks: atemberaubende Mehrtageswanderungen an pazifischen Stränden, im Gebirge und um aktive Vulkane und mehrtägige Kanu- und Kajakfahrten auf Seen, Flüssen oder dem Ozean. Neuseeland und seine unvergleichliche Natur sind zugegeben nicht leicht erreichbar, aber allemal die Reise wert. Und als Pfadfinderin oder Pfadfinder kann man sich s­ icher sein: Freunde sind schon da.

go.vcp.de/anp1601kiwi

Großes Bild auf der linken Seite: In einer Höhle, da ­wohnte ein Hobbit... Rechts oben/unten: Atem­ beraubende Landschaften Kleines Bild: Rover Moot-Badge


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Adress-Etikett bitte hier anbringen

Wir schaffen das!

Inhalt

Foto: Therese Zimkowsky

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AUS DEM VERBAND

VORNEWEG MOOT IN ISLAND ������������������������������������������������������������������� 04 AUS FREMDEN WERDEN FREUNDE? �������������������������������������� 05 W-LAN IN JEDER KOHTE? ������������������������������������������������������ 06 WAS MACHT DER BUNDESVERSAMMLUNGSVORSTAND? ���� 07

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CHRISTLICHES LEBEN

HIMMELSLEITER

Foto: Matthias Wähner

DER ÖKUMENISCHE KREUZWEG DER JUGEND ������������������� 08 SINGEN, UM ZU ÜBERLEBEN ������������������������������������������������ 10

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PFADFINDEN

BREITGETRETEN: WIR SCHAFFEN DAS! EHRENPREIS FÜR KLIMAPILGER ����������������������������������������������� 12

„Ich bin wütend. Über ­Regierungen Europas, die die Grenzen dicht machen und die Flüchtlinge unter unwürdigen Verhältnisse in überlaufenen Lagern ausharren lassen. Über meine Mit­ menschen, denen scheinbar jedes Mitgefühl fehlt, die gegen Flüchtlinge Stimmung machen und deren Unterkünfte ­angreifen.“ Aus: E. Koch: Wo bist du, Gott? S. 8 „Nach vier bis sechs Stunden wurden sie wieder mit Bussen abgeholt und sie fuhren weiter nach Österreich oder wieder zurück nach Kroatien. Auf dem ganzen Weg haben sie keine Freiheit. überall steht Polizei und Militär. Deshalb waren wir für sie als freiwillige Helfer die einzigen Ansprechpartner, mit denen sie normal reden konnten, bei denen sie keine Angst haben mussten, vielleicht was Falsches zu sagen. Wir haben ihnen Essen und Klamotten gegeben, sie zum Ärztezelt begleitet und ihre Fragen beantwortet.“ Aus: P. Marx: „Wir wollten ihnen den Weg etwas erträglicher machen“ S. 14

EHRENPREIS FÜR KLIMAPILGER ��������������������������������������������� 13 WIR WOLLTEN IHNEN DEN WEG ETWAS ERTRÄGLICHER MACHEN ������������������������������������������� 14 Foto: privat

ICH SCHAFF DAS! ������������������������������������������������������������������ 16 AUFSCHIEBERITIS ADÉ ������������������������������������������������������������ 18 GLOBUS KIWI-PFADI ����������������������������������������������������������������������������� 19 KRIMSKRAMS ������������������������������������������������������������������������� 22 KELLERTREPPE… �������������������������������������������������������������������� 26 BUCHECKE ������������������������������������������������������������������������������ 28 STÄMME VOR ORT: DER STAMM ALLEMANNEN AUS FREIBURG ��������������������������� 29 SERVICE/REAKTIONEN/BEITRAGSMARKEN ���������������������������� 30 TERMINE/VORSCHAU ������������������������������������������������������������ 31

„Die Roverstufe in Neuseeland ist ­etwas anders aufgebaut als im VCP. Nach der Pfadfinderinnen- und Pfadfinderstufe ist die Zeit von Pfadfinden erst einmal beendet. Man muss sich ­bewusst entscheiden, einer Rover­ gruppe beizutreten und wird erst nach einer Anfangsphase aufgenommen, wenn die Gruppe und man selbst entscheiden, dass man zusammen passt.“ Aus: F. Loske: Kiwi-Pfadi. S. 20


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