Stefan Seyfarth - dresden dilemma

Page 1


inwieweit

beobachtung am elbufer

wenn sie schon kostenlos cola verschenken, dann ist’s an der zeit, einfach radikal umzudenken. nur inwieweit

gleich diesem medium, das bestimmend gleich diesem kasten, der beherrschend gleich so real werden die marken erschreckend leicht hier vorgetragen.

sich so was verwirklichen lässt, inwieweit so was real werden kann, damit man in dieses verdammte konsumentennest ’n schlechtes ei legen kann

propagiert wird hier ein wohlstand, den man so unmenschlich vorzeigt, dass man aufstehen würde und gern gehen, um die scheiße nicht zu sehen.

das anfängt zu stinken, das plötzlich aufkracht, wo alle versinken, in einem gelbfaulen dotterschacht

doch einer muss ja ’von berichten einer muss ja, auch wenn’s ankotzt, unbeholfen drüber schreiben, wie sie großes geld rumzeigen.

der sie alle hinabreißt in eine welt ohne fernsehn und sich jeder in den arsch beißt und weiß: er würde nicht hier stehn,

und in äthiopien verhungert alles und in tschetschenien sterben kinder und hier machen marken munter kinder cooler, bäuche runder.

hätte er cola, die kostenlos doch niemals bezogen, dann wäre er schleimlos und immer noch oben.

traurig diese unwissenden doch bezeichnend für das ganze. unnahbar, unumwunden.

was alles zu tun ist, um diesen schritt wirklich zu wagen? hm, dadurch, dass man kein huhn ist, lässt sich so was schwer sagen.

24

mir stinkt das alles bis zum himmel ich nehm mein schwan-stabilo-fineliner und bin verschwunden ...

25


inwieweit

beobachtung am elbufer

wenn sie schon kostenlos cola verschenken, dann ist’s an der zeit, einfach radikal umzudenken. nur inwieweit

gleich diesem medium, das bestimmend gleich diesem kasten, der beherrschend gleich so real werden die marken erschreckend leicht hier vorgetragen.

sich so was verwirklichen lässt, inwieweit so was real werden kann, damit man in dieses verdammte konsumentennest ’n schlechtes ei legen kann

propagiert wird hier ein wohlstand, den man so unmenschlich vorzeigt, dass man aufstehen würde und gern gehen, um die scheiße nicht zu sehen.

das anfängt zu stinken, das plötzlich aufkracht, wo alle versinken, in einem gelbfaulen dotterschacht

doch einer muss ja ’von berichten einer muss ja, auch wenn’s ankotzt, unbeholfen drüber schreiben, wie sie großes geld rumzeigen.

der sie alle hinabreißt in eine welt ohne fernsehn und sich jeder in den arsch beißt und weiß: er würde nicht hier stehn,

und in äthiopien verhungert alles und in tschetschenien sterben kinder und hier machen marken munter kinder cooler, bäuche runder.

hätte er cola, die kostenlos doch niemals bezogen, dann wäre er schleimlos und immer noch oben.

traurig diese unwissenden doch bezeichnend für das ganze. unnahbar, unumwunden.

was alles zu tun ist, um diesen schritt wirklich zu wagen? hm, dadurch, dass man kein huhn ist, lässt sich so was schwer sagen.

24

mir stinkt das alles bis zum himmel ich nehm mein schwan-stabilo-fineliner und bin verschwunden ...

25


unbesuchtes aha

hier zieht was (für das ladenlokal aha)

da ist diese stille im café, die auch ganz angenehm ist. das bin ich nicht gewohnt hier, obwohl ich oft hier bin. da sind die freien stühle im café, die plötzlich ungerutscht bleiben. das hört man sehr selten hier, dass man nichts hört. da ist die freundliche bedienung im café, die heut sehr freundlich ist. das ist ja eigentlich immer so hier, aber heut ist nicht immer. da sind die fehlenden menschen im café, die man dort gerne sehen möchte. ja, wo sind die denn alle? ich bin doch nicht wegen der einsamkeit hier? das wäre ja noch schöner.

was mich anzieht ist die fügung was mich reinzieht ist bedienung was mich verzieht sind die zeilen was sich entzieht ist beeilen was mich durchzieht ist das wahre was vorbeizieht sind die jahre was mich wegzieht war nie da

zahlen bitte. sich beziehend wird eins klar: das was zieht so weich und sacht wird hoffentlich nie zu gemacht!

54

55


unbesuchtes aha

hier zieht was (für das ladenlokal aha)

da ist diese stille im café, die auch ganz angenehm ist. das bin ich nicht gewohnt hier, obwohl ich oft hier bin. da sind die freien stühle im café, die plötzlich ungerutscht bleiben. das hört man sehr selten hier, dass man nichts hört. da ist die freundliche bedienung im café, die heut sehr freundlich ist. das ist ja eigentlich immer so hier, aber heut ist nicht immer. da sind die fehlenden menschen im café, die man dort gerne sehen möchte. ja, wo sind die denn alle? ich bin doch nicht wegen der einsamkeit hier? das wäre ja noch schöner.

was mich anzieht ist die fügung was mich reinzieht ist bedienung was mich verzieht sind die zeilen was sich entzieht ist beeilen was mich durchzieht ist das wahre was vorbeizieht sind die jahre was mich wegzieht war nie da

zahlen bitte. sich beziehend wird eins klar: das was zieht so weich und sacht wird hoffentlich nie zu gemacht!

54

55


reparierter frühling

na, endlich den motor repariert? läuft er, der frühling? bis dato ja nur rumprobiert im schmerzgrenzenfeeling. aber dann auch gleich mit voller kanne, richtig am gashebel gedreht. und schon wird der wundersame in jene richtung geweht die jeder nimmt bei zwanzig grad und strahlend blauen himmel die schmerzen, na die spür ich grad am hochgestreckten pimmel. ja wie? zu krass? zu ordinär? also bitte. als ob im frühling nicht jeder so wär. ich mein: ohne sitte. dann aber nichts wie rein ins land der liebe denn auch der rühmkorf-flieder, der braucht nicht mehr lang. wer jetzt noch versteckt seine willigen triebe, um den ist mir bang.

ruhig, still, schweigsam, leise

die sonne scheint warm und berechnend und alles, so scheint es, geht seinen gang. doch liegt ein heißes kribbeln in der luft und nicht nur ich liege hier ruhig am hang. über mir, da ziehn die wolken, neben mir, da ziehn sich mädchen aus, die sich neidisch blicke geben; ich gebe nur still applaus. und wie die elbe fließt, so fließen blicke zwischen denen, die noch einsam. und sie träumen’s laut zu sagen doch der träumende bleibt schweigsam. so scheint die sonne, die wolken ziehn, die elbe fließt, alles scheint seinen gang zu gehen. und ist man ruhig und still und schweigsam hört man, ganz leise, wünsche wehen ...

gelebt wird das nackte. gelebt wird der blick. gelebt wird alles, was sich entkernt. wer jetzt noch so richtig mit dem uhrzeiger tickt, wird knallhart entfernt.

80

81


reparierter frühling

na, endlich den motor repariert? läuft er, der frühling? bis dato ja nur rumprobiert im schmerzgrenzenfeeling. aber dann auch gleich mit voller kanne, richtig am gashebel gedreht. und schon wird der wundersame in jene richtung geweht die jeder nimmt bei zwanzig grad und strahlend blauen himmel die schmerzen, na die spür ich grad am hochgestreckten pimmel. ja wie? zu krass? zu ordinär? also bitte. als ob im frühling nicht jeder so wär. ich mein: ohne sitte. dann aber nichts wie rein ins land der liebe denn auch der rühmkorf-flieder, der braucht nicht mehr lang. wer jetzt noch versteckt seine willigen triebe, um den ist mir bang.

ruhig, still, schweigsam, leise

die sonne scheint warm und berechnend und alles, so scheint es, geht seinen gang. doch liegt ein heißes kribbeln in der luft und nicht nur ich liege hier ruhig am hang. über mir, da ziehn die wolken, neben mir, da ziehn sich mädchen aus, die sich neidisch blicke geben; ich gebe nur still applaus. und wie die elbe fließt, so fließen blicke zwischen denen, die noch einsam. und sie träumen’s laut zu sagen doch der träumende bleibt schweigsam. so scheint die sonne, die wolken ziehn, die elbe fließt, alles scheint seinen gang zu gehen. und ist man ruhig und still und schweigsam hört man, ganz leise, wünsche wehen ...

gelebt wird das nackte. gelebt wird der blick. gelebt wird alles, was sich entkernt. wer jetzt noch so richtig mit dem uhrzeiger tickt, wird knallhart entfernt.

80

81



Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.