Brückenbau 5/2013

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Ausgabe 5 . 2013

Brückenbauwerke Fuß- und Radwegstege in der Neuen Bahnstadt Opladen Pylonbrücke über die Loisach in Wolfratshausen Steg über den giftigsten Berg der Welt Brückenschlag über die Donau bei Deggendorf

Aktuell Honorarprofessur für »Lebenszyklus von Brücken- und Ingenieurbauwerken« Integrale Stahlverbundbrücken als Thema Zukunftsweisende Entwicklungen im Stahl(brücken)bau

www.verlagsgruppewiederspahn.de

ISSN 1867-643X


Leistung. www.eiffel.de

© Porr Deutschland GmbH Muldebrücke, Bennewitz

Brückenbau Die Verbindung der Eiffel Deutschland Stahltechnologie mit exponierten deutschen und internationalen Leistungen im Stahlbau ist Anspruch des Unternehmens und seiner Mitarbeiter.

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EDITORIAL Zu den »Gesetzmäßigkeiten« in Natur und Ingenieurbau

Resultate von (bewegender) Dauerhaftigkeit von Michael Wiederspahn

Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn

Beim Anblick von Bauwerken denkt man sicherlich an vieles, fallen einem zunächst jene Attribute auf, die ihnen Charakter und Qualität verleihen, die sie letztlich auszeichnen oder eben auch vermissen lassen. Die Tatsache, dass es sich bei ihnen um keine rein statischen Gebilde handelt, die in einer Art von Ur- oder endlosem Ruhezustand verharren, kommt den meisten dabei aber nur höchst selten in den Sinn. Und dennoch bewegen sie sich, resultiert der Rhythmus von großen Brücken und kleinen Stegen nicht allein aus der Pfeileranordnung, gewinnen Büro- und Wohngebäude nicht bloß durch die Gliederung ihrer Fassaden an Dynamik und verfügen selbst Kläranlagen und Tunnel über ein gehöriges Maß an Mobilität, was sich bei einer genaueren Betrachtung fast automatisch erschließt. Und das gilt im Übrigen in ähnlicher Form für die Natur und deren Einfluss auf die (vermeintlich) freie Kunst: »Auch für den Kinetiker ist Natur allgegenwärtig und als steter Mahner da. Sie ist für ihn Musterbuch, Beispiel, Konkurrenz, Analogie, Tyrannin, Verführerin und auch unergründliche Feindin. Natur hat dem Auge des Künstlers Landschaft, Figur und Stillleben angeboten, dazu Geometrie, Licht,

Raum (…), all das seit dem fünfzehnten Jahrhundert richtig verstanden und alles im Prinzip statisch. Doch Natur meint auch ›Naturgesetze‹, Schwerkraft, die Newtonschen Bewegungsgesetze, ›Verkehrsregeln‹ der Topologie, die Gesetze, welche die Bewegungen eines Schiffes oder das Beben der Erde bestimmen. Natur ist selten bewegungslos. Alle Umwelt ist in Bewegung, nach diesem oder jenem Rhythmus, in diese oder jene Richtung, nach Gesetzen, die zugleich Manifestationen der Natur und Gegenstand der Kunst bedeuten.« Es ist also nicht unbedingt erforderlich, sich mit Funktionsabläufen oder Wegebeziehungen von Nutzern zu beschäftigen, um herausfinden zu können, wer oder was sich alles dreht und wendet, schleicht und rast oder fließt und strömt. Neben dem durchaus bekannten »Schwanken« von Hochhäusern und dem ohnehin ergreifenden Rattern und Rütteln mancher Maschinen sind hier freilich insbesondere solche Phänomene von Interesse, die zu einer adäquaten Auseinandersetzung anregen, gar die Chance eröffnen, das technisch Machbare zu »überhöhen«, es auszudehnen und um die Dimension der Ästhetik zu erweitern. Der Anspruch, die stets zu einzuhaltenden Kriterien der Gebrauchstauglichkeit und Wirtschaftlichkeit zu integrieren, wird derart eher gestärkt als geschwächt, bietet sich doch (erst) durch ihre Berücksichtigung die Möglichkeit, eine Gesamtkomposition zu entwickeln, die umfassend »funktioniert«, die ihre ge- oder unbebaute Umwelt respektiert, sie dauerhaft bereichert und damit den per se zu wünschenden (bau)kulturellen Beitrag liefert. George Rickey drückt das in seinem 1963 erschienenen Essay wiederum sehr klar und präzise aus, indem er schreibt: »Der Künstler sieht nicht die Bäume, Blumen oder Landschaften als Sujets auf sich warten, vielmehr das Wogen der Zweige und das Zittern der Stämme (…) und das Schwingen von Kränen und Brücken (…).«

Dass eine nicht gerade geringe Zahl von Fußgänger- und Radwegbrücken seine Einschätzung untermauert, ist kaum zu bestreiten und hat durchaus (einige) Berechtigung. Da sie von schweren Lasten quasi verschont werden und ihre sogenannten Eigenformen häufig eine Resonanz aufweisen, die sich mit graphischen Methoden nicht erklären lässt, ermutigen sie ja unweigerlich zum Experiment, zur Erforschung und Erprobung unkonventioneller Lösungsansätze. In Gestalt und Struktur einen oft exponierten Kontext prägend, werden sie als Überquerungen in der Regel von unterschiedlichen Seiten erfahren bzw. erwandert, »dürfen« sie folglich mit einem Mehrwert wuchern, der ihre Vorreiterrolle nicht minder deutlich definiert wie diszipliniert. Aus der Not der Zweckerfüllung die Tugend der Symbiose aus Kunst und Konstruktion zu machen, bleibt daher das originäre Ziel eines jeden Entwurfs. Und um den Kinetiker zum dritten Mal zu zitieren: »Der Katalog der Naturvorgänge, die Malerei und Plastik bislang übergangen haben, ist endlos.« Für den Ingenieurbau trifft das hingegen nicht (ganz) zu, wie die in diesem Heft dokumentierten Tragwerke anschaulich belegen.

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I N H A LT

Editorial

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Resultate von (bewegender) Dauerhaftigkeit

Michael Wiederspahn

Brückenbauwerke

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Fuß- und Radwegstege in der Neuen Bahnstadt Opladen

Thorsten Helbig, Martin Knight, Roman Schieber, Bartlomiej Halaczek

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Pylonbrücke über die Loisach in Wolfratshausen

Robert Buxbaum

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Steg über den giftigsten Berg der Welt

Michael Staffa

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Brückenschlag über die Donau bei Deggendorf

Hubert Busler, Thomas Fritsche, Jan Läufer

Aktuell

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Honorarprofessur für »Lebenszyklus von Brücken- und Ingenieurbauwerken«

Victor Schmitt

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Integrale Stahlverbundbrücken als Thema

Jutta Hölcke-Jung, Stefan Teufel

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Zukunftsweisende Entwicklungen im Stahl(brücken)bau

Siegfried Löffler

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Produkte und Projekte

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Software und IT

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Nachrichten und Termine

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Branchenregister

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Impressum

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BRÜCKENBAUWERKE Eine neue Brückenfamilie aus wetterfestem Stahl

Fuß- und Radwegstege in der Neuen Bahnstadt Opladen von Thorsten Helbig, Martin Knight, Roman Schieber, Bartlomiej Halaczek

1 Campusbrücke mit temporärer Querung der Güterzugsgleise © Wilfried Dechau

In Opladen wurde im Juni 2013 die erste der beiden jeweils 100 m langen Fuß- und Radwegebrücken zur Anbindung eines zum Bildungscampus revitalisierten brachliegenden Bahnausbesserungswerks an die Innenstadt eingeweiht. Ihre Realisierung erfolgte auf Basis des im interdisziplinären Wettbewerb von 2009 erstplatzierten Entwurfs des Teams aus Knight Architects, High Wycombe, Großbritannien, und den Tragwerksplanern Knippers Helbig, Stuttgart. Mit der für 2014 geplanten Fertigstellung der nördlichen Brücke wird in der Stadt Opladen eine Brückenfamilie aus wetterfestem Stahl vollendet, die als Katalysator für die Ausprägung und Integration eines neuen Stadtteils für Wohnen, Bildung, Arbeit und Freizeit dienen soll. Dabei vereint das Entwurfskonzept des Brückenpaars moderne Planungsund Fertigungstechnologien mit historischen Bezügen zum einstigen Schrittmacher der industriellen Entwicklung: dem Eisenbahnbau.

1 Wettbewerb und Randbedingungen Im Jahr 2008 organisierte die Stadt Leverkusen, vertreten durch die neue bahn stadt: opladen GmbH, einen internationalen, interdisziplinären Realisierungswettbewerb für den Entwurf einer »Opladener Brückenfamilie« und damit für zwei Fußgängerbrücken über den bestehenden Gleiskorridor. Die Durchführung dieses einstufigen Realisierungswettbewerbs mit vorgeschaltetem Bewerbungsverfahren erfolgte unter Teilnahme von acht

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2 Lageplan © Knippers Helbig/Knight Architects

Teams aus Tragwerksplanern und Architekten. Im Frühjahr 2009 wurde der Entwurf der Planungsgemeinschaft aus den Tragwerksplanern Knippers Helbig, Stuttgart, sowie den spezialisierten Brückendesignern Knight Architects aus High Wycombe, Buckinghamshire, von der Jury unter dem Vorsitz von Stefan Polonyi zum Sieger gekürt und zur Realisierung empfohlen.


BRÜCKENBAUWERKE

Die Aufgabenstellung des Wettbewerbs sah zwei Fußgänger- und Radwegbrücken mit Gesamtlängen von jeweils ca. 100 m vor, die in einem Abstand von ca. 400 m den Bahnkorridor kreuzen. Zu überwinden waren acht vorhandene und zwei geplante, elektrifizierte Gleise mit einem Lichtraumprofil von knapp 8 m sowie drei jeweils auch anzubindende Bahnsteige im Bereich der nördlichen Brücke (Bahnhofsbrücke). Aufgrund des prognostizierten Verkehrsaufkommens war zudem eine lichte Breite von 5 m vorgeschrieben worden. Die südliche Brücke, »Campusbrücke« genannt, soll den neuen Hochschulcampus und die Grünanlage »Grünes Kreuz« im Herzen des ehemaligen Bahnausbesserungswerks mit dem südlichen Ende der künftigen Bahnallee, einer Verlängerung des Stadtzentrums, verknüpfen. Vorgegeben war dazu eine Brückenbreite von 3 m. Die planerischen Randbedingungen erforderten darüber hinaus eine Fertigstellung beider Brücken vor der Verlegung der westlichen Gütergleise, die erst zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden soll. Es waren also für beide Brücken temporäre Anbindungen zur westlich gelegenen Opladener Innenstadt notwendig. Die beengten Platzverhältnisse und die enormen zu überwindenden Höhendifferenzen erschwerten hier die Formfindung für die an der Westseite zu entwickelnde Rampenlösung, während die östliche Anbindung ein weites Auslaufen der Höhendifferenz in Form einer landschaftlichen Gestaltung erlaubte. 2 Städtebaulicher Kontext Der nördlich von Leverkusens Mitte situierte Stadtteil Opladen ist seit Anfang des 20. Jahrhunderts eng mit der Entwicklung des Eisenbahnwesens verknüpft. Gelegen an dem Schnittpunkt zweier Bahnlinien mit direkter Anbindung an den hochfrequentierten Schienenkorridor Köln–Düsseldorf, avancierte der Ort früh zu einem bedeutenden Knotenpunkt der überregionalen Verkehrsinfrastruktur. Bereits 1903 wurde in Opladen eine Hauptwerkstätte der preußischen Staatsbahn eröffnet, die sich im weiteren Verlauf im östlichen Teil bis zu einer Fläche von 37 ha zu einem Bahnausbesserungswerk fortentwickelte. So wurde die Bahn zeitweise zum größten Arbeitgeber und damit Industrialisierungsmotor der Stadt.

3 »Spalier« aus vertikalen Lamellen © Wilfried Dechau

Mit der Schließung dieses Werks im Jahr 2003 verlor Opladen also nicht nur eine wesentliche wirtschaftliche Grundlage, sondern auch einen wichtigen Bezug zur stadtprägenden Identität. Mit dem Projekt »neue-bahn-stadt-opladen« wird nun das enorme Potenzial der brachliegenden zentrumsnahen Flächen der ehemaligen Bahnanlagen für die Schaffung eines neuen Stadtteils für Wohnen, Bildung, Arbeit und Freizeit genutzt. Gefördert im Rahmen des Strukturprogramms »Regionale 2010« des Landes Nordrhein-Westfalen als städtebauliches Schwerpunktprojekt der Stadt Leverkusen, untergliedert sich das zeitlich gestaffelte Vorhaben in mehrere Planungs- und Umsetzungsschritte. Das Leitkonzept hierbei ist, die prägenden Bestandsbauten zu belassen, um den besonderen Charakter des Ortes und die geschichtlichen Bezüge zu erhalten. Dabei ist als wesentliches infrastrukturelles Element eine Anbindung des neuen Quartiers im Osten an das im Westen befindliche Stadtzentrum und die Bahn notwendig. Durch eine spätere Verlegung der westlichen Gütergleise auf der Ostseite der Bahnanlagen werden zukünftig weitere 17 ha als innenstadtnahe Entwicklungsfläche verfügbar. 3 Entwurf der Brücke 3.1 Gestaltungsansatz Das Wahrnehmen von Bewegung und wechselnden Geschwindigkeiten ist das Kernthema des Entwurfs. Ob als Reisender am Bahnsteig, beim zügigen Queren als Radfahrer oder als schlendernder Passant: Die Brücken eröffnen ganz unterschiedliche Perspektiven. Engstehende, mannshohe, vertikale Lamellen bilden ein geschlossen wirkendes Spalier bei der Brückenquerung, sie rahmen die Hauptblickachsen zum Stadtzentrum und zur neuen Bahnstadt ein.

So wird die Passage über die rauen Bahnanlagen als geschützt und sicher empfunden. Für den interessierten Betrachter ergeben sich jedoch eingefasste »Einsichten« auf die Gleise: Die Lamellen, auf der »weichen« Innenseite mit haptisch erlebbarem Lärchenholzaufsatz ausgestattet, sind individuell unterschiedlich zugeschnitten, so dass sie sich in der Längsperspektive zu einer Wellenlinie addieren, die den ebenfalls geschwungenen Verlauf der geschlossenen Brückenwangen akzentuiert. Je nach Geschwindigkeit wird das Spiel der Lamellen ganz unterschiedlich wahrgenommen. Die enge Abfolge der Lamellen verleiht dem Bauwerk zudem einen menschlichen Maßstab und macht die Länge der Brücke erfahrbar. Die Kombination von unbehandeltem, wetterfestem Stahl und dem natürlichen Baustoff Holz stellt Bezüge zum stadtgeschichtlich bedeutsamen Eisenbahnbau her: den hölzernen Bahnschwellen und eisernen Schienen als Sinnbild der frühen infrastrukturellen Entwicklung. Die rotbraune Patina auf den Stahloberflächen und die natürlich alternden, silbergrauen Oberflächen der Lärchenholzlamellen spiegeln so auch die Farben und Texturen der Umgebung wider. Im Stadtbild werden die Brücken zu spannungsvollen Skulpturen, die je nach Perspektive und Geschwindigkeit ihre Erscheinung ändern, mal leicht und transparent, mal kraftvoll und geschlossen anmuten und durch das Zusammenspiel von Licht und Schatten je nach Sonnenstand immer wieder neue, überraschende Eindrücke erzeugen. So wirkt die markante Lamellenskulptur wie ein »Stadtsignet« – ein Symbol der Bewegung und Veränderung unter Wahrung und Achtung des schützenswerten Vorhandenen.

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4 Bahnhofsbrücke im Grundriss © Knippers Helbig/Knight Architects

5 6 Campusbrücke: Grundriss (temporärer Zustand) und Längsschnitt © Knippers Helbig/Knight Architects

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7 Wechselspiel von transparent und opak © Wilfried Dechau


BRÜCKENBAUWERKE 3.2 Tragwerkskonzept Brückentragwerke über Bahnanlagen müssen sehr restriktiven Randbedingungen gerecht werden. So bedingt die Überquerung elektrifizierter Gleisstrecken relativ hohe freizuhaltende Lichtraumprofile, wobei untenliegende Tragwerke das Niveau des Decks und damit die erforderlichen Anrampungslängen noch zusätzlich erhöhen würden. Bei dem gewählten Konzept der Trogbrücke wird die notwendige statische Höhe hingegen auch als gestalterisches Element eingesetzt: Die Geometrie der Seitenwangen wird affin zum Biegemoment ausgeführt. Das heißt, die maximale Höhe in Feldmitte variiert entsprechend der jeweiligen Spannweite, das Tragverhalten wird so ablesbar. Die Montage der Überbauten über in Betrieb befindlichen Bahngleisen kann nur in kurzen und mit langem Vorlauf abgestimmten Streckensperrzeiten erfolgen. Tragwerkskonzepte, die eine temporäre Stützung für Zwischenzustände beinhalten, erhöhen somit den Montage- und Sicherungsaufwand erheblich. Die Brückenfelder sind daher als vollständig vorgefertigte Einfeldträgersegmente konzipiert. Durch die Analyse der Gleisgeometrie ließen sich mögliche Stützbereiche identifizieren, die statischkonstruktiv sowie transporttechnisch günstige Segmentlängen von 15–25 m ergeben. Mit dem Einsatz wetterfesten Stahls wird neben den Bezügen zu Vergangenheit und Gegenwart des Standorts zugleich eine wesentliche Anforderung an Bauwerke über Bahnanlagen erfüllt: die Minimierung des notwendigen Wartungsaufwands. 3.3 Geometrieentwicklung Die Brückensegmente sind, basierend auf vorab vereinbarten gestalterischfunktionalen und statisch-konstruktiven Aspekten, mit Hilfe parametrisch gesteuerter Geometriemodelle entwickelt worden. Erarbeitet wurden diese 3-D-Modelle in der Software Rhino 4 von Mc Neal bzw. mittels des Plugins Grasshopper. Alle Elemente wurden, aufbauend auf der Brückengradiente, mit mathematischen Definitionen hinterlegt, welche durch die Systempunkte der Widerlager, der Lichtraumprofile und der maximal zulässigen Längsneigung bestimmt sind. Die Stützenpositionen, welche sich mittig in den schmalen Korridoren zwischen den Gleisen befinden, unterteilen die Längsachse der Brücke in Einzelfelder unterschiedlicher Länge. Aus den jewei-

8 Statisches Flächenmodell © Knippers Helbig/Knight Architects

9 Räumliches Stabwerksmodell © Knippers Helbig/Knight Architects

ligen Spannweiten ist dann die statisch notwendige Höhe der Seitenwangen abgeleitet worden. Neben der Geometrie des tragenden Trogquerschnittes wurden Formstudien zu Höhe und Neigung der Lamellen durchgeführt. So konnte in kürzester Zeit durch Änderung einzelner Parameter eine Vielzahl an Modellen mit unterschiedlichen Lamellenabständen, -höhen und Neigungen, Wellenformen etc. erstellt und verglichen werden. Die Geometriemodelle wurden über eigens programmierte Schnittstellen in die Statiksoftware (Sofistik) implemen-

tiert, um mit Hilfe von Finite-Elemente(FEM-)Modellen ihr Tragverhalten weiter zu untersuchen. In einem iterativen Prozess konnte somit durch die Anpassung einzelner Parameter im Geometriemodell das Tragverhalten durch die statischen Berechnungen optimiert werden. Die Geometrieübergabe an die ausführenden Baufirmen erfolgte zu einem späteren Zeitpunkt, wobei die Systemgeometrie als Koordinatentabelle definiert und übermittelt wurde. Somit bildete der parametrisch erzeugte Datensatz die Grundlage der CNC-gesteuerten Fertigung.

10 Parametrisches Geometriemodell © Knippers Helbig/Knight Architects

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3.4 Konstruktion 3.4.1 Überbau Der Brückenüberbau besteht aus zwei Hauptträgern, die durch Querrippen und Fahrbahnplatte zu einem Trogquerschnitt verbunden sind. An den Auflagern weisen die als geschweißte Z-Profile ausgeführten Hauptträger eine lotrecht gemessene Höhe von 550 mm und in Feldmitte von maximal 1.200 mm auf. Der Oberflansch hat eine statische Breite von 220 mm und eine Dicke von 20 mm, als Unterflansch wirkt eine 12 mm dicke Fahrbahnplatte. Ober- und Unterflansch sind mit einem um 10° nach außen geneigten, 10 mm dicken Stegblech verbunden. Für die Bemessung des Baustoffs »wetterfester Stahl« für den Überbau wurde in den Berechnungen eine Abrostrate von 1 mm, umlaufend für die Querschnitte, angesetzt, die Nachweise erfolgten dann jeweils für den kritischen Netto- oder Bruttoquerschnitt, wobei ausschließlich Flachstahl S 355 J2 W +N (warm gewalzt) nach DIN EN 10025-5 Verwendung fand. Um ein Ausbeulen der Stegbleche zu verhindern und den Oberflansch gegen seitliches Ausweichen zu stützen, sind die markant in Erscheinung tretenden Versteifungsrippen in regelmäßigem Abstand vorgesehen, welche zudem unter der Brücke durchlaufen und die Querrippen der orthotropen Fahrbahnplatte bilden. Die Dicke des Bleches beträgt 10 mm, der für die einzelnen Brückenfelder variierende Abstand der Querrippen maximal 620 mm. An den Auflagern und Brückenübergängen sind die Querrippen mit einem horizontal eingefügten Blech zu einem Hohlprofil verbunden, um die höheren Beanspruchungen als Endquerträger aufzunehmen und in das Auflagerpaar abzugeben.

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13 Erscheinungsbild des Überbaus © Knippers Helbig/Knight Architects

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11 12 Querschnitte © Knippers Helbig/Knight Architects

3.4.2 Unterbau Die Lagerung des Überbaus erfolgt durch Elastomerlager auf den Brückenpfeilern und Widerlagerwänden. Als Mittelstützung des Überbaus dienen Wandscheiben aus Stahlbeton mit Abmessungen von 4,00 m x 1,20 m. Diese Abmessungen ergaben sich aus den beengten Verhältnissen im Gleisbereich und den daraus resultierenden, zu berücksichtigenden hohen Zuganprallkräften für Hochgeschwindigkeitszüge. Die Pfeiler sind jeweils rechtwinklig zu den Hauptträgern ausgerichtet und auf Bohrpfählen gegründet.

4 Brückenzugänge 4.1 Stadtbalkon der Bahnhofsbrücke Die nördliche Brücke ist im Bereich des Opladener Bahnhofsgebäudes scheinbar orthogonal »abgeschnitten«. Das heißt, sie endet auf einer Höhe von ca. 7 m über dem Niveau der darunterliegenden Straße. Dieses auffällige Ende als eine offensichtlich unvollendete Verbindung wird zum Symbol des begonnenen Wandels der Stadt. Im jetzigen Zustand entsteht ein »Stadtbalkon«, der einlädt, dem Treiben rund um den Opladener Bahnhof und der Innenstadt zuzuschauen. Nach dem Rückbau der bisherigen Güterzugsgleise soll direkt an der Brücke ein öffentliches Gebäude angrenzen, welches die Funktion der Vertikalverbindung übernimmt. Bis dahin schließen hier eine Rampenanlage sowie ein Treppenturm mit Aufzug seitlich an. Im Turm wendelt sich eine stählerne Treppenkonstruktion um einen Aufzugskern aus Stahlbeton. Gevoutete Rechteckhohlprofile kragen vom Stahlbetonkern nach außen und tragen die spiralförmig verlaufenden Treppenholme und den Gehbelag. Von innen wird der Treppenraum effektvoll beleuchtet und damit die funktional benötigte Helligkeit gewährleistet, gleichzeitig erscheint das vertikale Erschließungsbauwerk bei Dunkelheit als markanter Auftakt der Querung.


BRÜCKENBAUWERKE 4.2 Bahnsteigzugänge am Bahnhof Die nördliche Bahnhofsbrücke dient nicht nur als reine Querung der Gleise, sondern ermöglicht auch den Zugang von der Brücke zu den Bahnsteigen und ist somit ein wesentlicher Bestandteil des Opladener Hauptbahnhofes. Die Bahnhofsbrücke wurde im mittleren Bereich von 5 m lichter Breite auf 7 m aufgeweitet, um den unterschiedlichen Nutzergruppen, den Fußgängern und Radfahrern sowie den Bahnreisenden, eine problemfreie Querung oder einen ungehinderten Zugang zu den Treppenanlagen und Aufzügen zu ermöglichen. Die so im Grundriss entstehenden Ecken wurden als Aussichtsplattform interpretiert, von welcher aus, begünstigt durch die an dieser Stelle reduzierte Lamellenhöhe, Ausblicke auf die Gleisanlagen, den Bahnhof und das neue Stadtquartier eröffnet werden. Der Bereich der Treppen, Aufzüge und Rolltreppen wird von einer schlanken stählernen Dachkonstruktion überdacht, welche der Neigung der Treppenanlage folgt und in die Bahnsteigüberdachung übergeht. Der orthogonale Anschlusspunkt an die Brücke wurde mit einer leichten Auskragung konzipiert, dabei jedoch auf einen gestalterischen und konstruktiven Übergang zur Brückenkonstruktion verzichtet, damit auch optisch sie als eigenständiges Bauwerk erhalten bleibt. 4.3 Rampenbauwerk der Campusbrücke Ost Die für die Rampe zur Verfügung stehende Fläche liegt in direkter Verlängerung der lokalen Parkanlage »Grünes Kreuz«, daher war die Umsetzung der Auffahrt als Aufenthaltsqualitäten bietendes Landschaftsbauwerk naheliegend. Es wurde infolgedessen eine stufenartig angeordnete, nach Osten hin sanft abfallende Grünfläche aufgeschüttet, die in drei Richtungen von Gabionen bzw. Stützmauern gefasst wird. Der Radweg entlang der zu den Bahngleisen parallel verlaufenden Werkstättenstraße geht in das Rampenbauwerk über und führt entlang dem sogenannten Bahnbalkon und damit in direkter Nachbarschaft zu den Gleisen nach Süden in Richtung Brückenwiderlager.

14 Baugerüstkonstruktion als temporäre Rampe © Knippers Helbig/Knight Architects

4.4 Temporärer Zugang zur Campusbrücke West Am westlichen Ende der Campusbrücke waren weitere Zwischenzustände zu berücksichtigen. So wird nach der Gütergleisverlegung lediglich die geplante Bahnallee, eine in Nord-Süd-Richtung orientierte Straße mit einem niedrigen Lichtraumprofil, zu überspannen sein, während im heutigen Zustand die westlich des Widerlagers verlaufenden Gütergleise mit ca. 7 m hohem Lichtraumprofil überquert werden müssen. Gelöst wurde das Problem durch einen technischen Kniff in der Gestaltung der Brücke: Das westliche Widerlager bildet ein Plateau, ca. 5 m über Straßenniveau, also auf der Höhe im Endzustand nach Verlegung der Güterstrecke, wobei das westlichste Brückenfeld später mit 6 % Gefälle zu diesem Widerlager abfallen soll. Im Interimszustand wurde dieses Feld nun allerdings um 180° gedreht eingebaut, das Gefälle wurde damit zum Anstieg, und die Westschwelle des Feldes endet auf einer temporären Plattform 6,50 m über dem Widerlagerplateau. Von dort führen jetzt eine kurze Rampe und ein temporäres Brückenfeld über die Gütergleise und münden in eine ebenfalls temporäre Spiralrampe aus Baugerüsten, die auf einem Parkplatz errichtet wurde. Die Gütergleisquerung – eine bewusst einfach und kostengünstig konzipierte Stahltrogkonstruktion, die gestalterisch und funktional dem Tragprinzip der Hauptbrücke gleicht – wird im Endzustand als Rampenelement zwischen dem westlichen Brückenwiderlager und einer kurzen Erdrampe eingefügt.

5 Nachhaltigkeit Die systematische Betrachtung von Nachhaltigkeitsaspekten bei Brückenbauwerken steckt im Vergleich zu den bereits ausgefeilten Evaluierungsmethoden für Hochbauten mit Büro- oder Wohnnutzung noch in den Anfängen. Ein ressourcenbewusster Materialeinsatz, die Dauerhaftigkeit und ein geringer Wartungsaufwand der Konstruktionen sind jedoch unbestritten wesentliche Faktoren jeder Nachhaltigkeitserörterung. So ist mit der Wahl des wetterfesten Stahls für die Überbaukonstruktion eine hohe Dauerhaftigkeit bei geringem Wartungsaufwand angelegt. Dies ist insbesondere deswegen bedeutsam, da für jede Wartung aufwendige Sperrungen der betroffenen Gleisanlagen notwendig sind. Die biegemomentenaffine Ausformung des tragenden Querschnitts ermöglichte hier zudem einen materialeffizienten Einsatz des energieintensiven Baustoffs Stahl. Für die Brücken in Opladen sind darüber hinaus aber einige Merkmale der Ausführung auch ohne Berücksichtigung komplexer Evaluierungstools als nachhaltig identifizierbar. Bei den teilweise temporären Rampenbauwerken konnten zum Beispiel mit einfachen Mitteln enorm nachhaltige Lösungen umgesetzt werden.

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BRÜCKENBAUWERKE

So kam am westlichen Ende ein im ersten Ausbau- gegenüber dem Endzustand entgegengesetzt geneigtes und um 180° gedrehtes, jedoch komplett für den finalen Zustand ausgestattetes Brückensegment zur Ausführung. Damit ließ sich trotz der geometrischen Abhängigkeit der Brückenneigung zur Horizontalen bezüglich Lamellenausrichtung und Ausbau ein aufwendiges Provisorium vermeiden, denn dieses Segment wird für den finalen Zustand bloß von den Lagern gelöst und »zurückgedreht« wieder eingebaut. Da die westliche Rampe nach dem späteren Wegfall der Gütergleise nur noch die halbe Länge benötigt, um die dann geringere Höhendifferenz zu überwinden, ist die Rampenanlage für eine Nutzungsdauer von lediglich sieben bis zehn Jahren ausgelegt – und die tragende Konstruktion daher aus einem handelsüblichen Baugerüst errichtet worden. Mit dieser Adaption des Verfügbaren wird also ein elementiertes System, das für den wiederholten Einsatz an verschiedenen Orten konzipiert ist, für ein quasipermanentes Bauwerk eingesetzt. Die entsprechenden Elemente werden dabei nicht »verbraucht«, sondern nach dem Rückbau vollständig wieder dem vorgesehenen Nutzungszyklus zugeführt. Auch die Gründung konnte mit vergleichsweise geringem Aufwand realisiert werden: Anstelle eigens herzustellender Betonfundamente wird die Gerüstkonstruktion von Containern mit Erdreich beschwert, das später zur Anschüttung der finalen Rampen weitergenutzt werden soll. Die temporäre westliche Rampe kann infolgedessen als ein komplett »rückstandsfreies« Bauwerk bezeichnet werden, da der Materialeinsatz nicht verschleißend ist und die zur Errichtung notwendigen Stoffe samt eingebrachter »grauer Energie« sogar ohne energieintensives Recycling zur weiteren, mehrfachen Verwendung zur Verfügung stehen. So gelingt mit der Kombination aus materialeffizienter Tragwerksoptimierung, der Wahl des sehr dauerhaften wetterfesten Stahls und dem Konzept von rückstandsfreien, wiederverwendbaren Konstruktionen für temporäre Anlagen ein exemplarisch ressourcenbewusster Ansatz für den Typus der Fuß- und Radwegebrücke über Bahnanlagen.

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15 Vorfertigung des Überbaus © Müller Offenburg GmbH

6 Vorfertigung und Montage Die einzelnen Brückenfelder wurden von der Firma Müller Offenburg am Rande des Schwarzwaldes vollständig vorgefertigt und nach Rheinbrohl transportiert, wo zunächst die Oxidschicht abgestrahlt und anschließend die Grundierung und der Dünnbelag auf dem Brückendeck aufgebracht wurden. Danach wurde in einer mehrwöchigen Bewitterung der Oxidationsprozess des wetterfesten Stahls vorweggenommen.

16 Einhub des ersten Brückenfeldes © Stadt Leverkusen

Nach dem Transport der nun bis auf den Ausbau fertiggestellten Brückensegmente zum Bauplatz wurden diese sukzessive mit einem Mobilkran auf die zuvor errichteten Widerlager und Brückenpfeiler montiert. Während des Einhubs mussten die Oberleitungen lediglich für wenige Stunden abgeschaltet werden, ansonsten konnte der Bahnbetrieb ungehindert vonstattengehen.


BRÜCKENBAUWERKE

17 Campusbrücke nach Fertigstellung © Knippers Helbig/Knight Architects

Direkt nach der Montage der Brückenfelder begannen die Ausbauarbeiten: So wurden die speziell zugeschnittenen Lärchenholz- an den Stahllamellen befestigt und anschließend mit einer Edelstahlleiste von oben abgedeckt. Ebenso wurden die Handläufe mit integrierter LED-Beleuchtung sowie horizontale Edelstahlseile zur Absturzsicherung angebracht. Die Herstellung der Übergänge zu den Widerlagern erfolgte dann als letzte konstruktive Maßnahme, bevor die Begrünung der Rampen den Entwurf der Campusbrücke im Sommer 2013 letztendlich abrundete. Die Fertigstellung der Bahnhofsbrücke ist für Dezember 2014 geplant, der Umbau der Campusbrücke in ihren endgültigen Zustand soll im Jahr 2017 erfolgen.

7 Interdisziplinäre Zusammenarbeit Der Entwurf der beiden Fußgängerbrücken in der neuen Bahnstadt Opladen wurde von der deutsch-englischen Arbeitsgemeinschaft, bestehend aus Knippers Helbig und Knight Architects, entwickelt. Die Büros hatten ihre Kooperation bereits bei Brückenentwürfen für Wien, Zürich und Heilbronn erfolgreich erprobt. Dabei überschreitet der dialoghaft geführte, gemeinsame Findungsprozess die Grenzen der klassischen Rollenverteilung von Architekt und Ingenieur. So wie die auf Brückenbau spezialisierten Kollegen um Martin Knight neben der Fokussierung auf gestalterischen und funktionalen Themen selbstverständlich auch kompetent an tragwerksplanerischen Entscheidungen mitwirken, so bringt sich das Team von Knippers Helbig mit großem Engagement ebenso in Entscheidungen über gestalterische Fragen ein. Gestützt auf einer gemeinsam entwickelten Basis können die Ansätze schließlich schnell und effizient geprüft und bewertet werden. Dieser integrale Planungsansatz ermöglicht eine sehr konsistente Umsetzung der bereits im Wettbewerb formulierten Entwurfsabsicht.

Bauherr neue bahn stadt: opladen GmbH Ulrich van Acken, Vera Rottes Entwurf und Planung Knippers Helbig GmbH, Stuttgart Thorsten Helbig, Jochen Riederer, Roman Schieber, Dominik Honerboom Knight Architects, Wycombe, Großbritannien Martin Knight, Bartlomiej Halaczek, Tom Osborne Ausschreibung Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft mbH, Düsseldorf Prüfingenieur Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, Münster Ausführung Hofschröer GmbH & Co. KG, Lingen Müller Offenburg GmbH, Offenburg

Autoren: Thorsten Helbig Knippers Helbig GmbH, Stuttgart Martin Knight Knight Architects, Wycombe Roman Schieber Knippers Helbig GmbH, Stuttgart Bartlomiej Halaczek Knight Architects, Wycombe

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BRÜCKENBAUWERKE Neubau einer Flussquerung für Fußgänger und Radfahrer

Pylonbrücke über die Loisach in Wolfratshausen von Robert Buxbaum

Südlich der Altstadt von Wolfratshausen wurde im Oktober 2013 eine Fuß- und Radwegbrücke als neue Flussquerung über die Loisach eröffnet. Sie ist Teil eines Radwegekonzeptes der Stadt Wolfratshausen und verbessert die Verkehrssituation durch die Verbindung bestehender Trassen beiderseits der Loisach. Planungsvorgabe war, mit einem Bauwerk, das städtebaulichen Ansprüchen genügt, eine stützenfreie Überspannung der Loisach an einem topographisch nicht ganz einfachen Standort zu realisieren. Umgesetzt wurde dies in Form einer ungedeckten, einseitig abgespannten Pylonbrücke mit einer Breite von 3 m und einer Spannweite von 46 m.

1 Walsersteg als neue Fuß- und Radwegbrücke © Ingenieurbüro Robert Buxbaum

Es sollten jedoch noch einmal zehn Jahre bis zur Realisierung vergehen. Als schwierig erwiesen sich nämlich nicht nur die Randbedingungen für die statisch-konstruktive Konzeption, sondern auch die lokalpolitischen Verhältnisse und vor allem die Grundstückssituation. Letztlich konnte der notwendige Grunderwerb durch den langwierigen Prozess eines

1 Entstehungsgeschichte Die ersten Gedanken für eine Brücke an diesem Standort gehen bis in die 1990er Jahre zurück: Seinerzeit wurde dem städtischen Bauamt von einem Ingenieurbüro der Grobentwurf eines Tragwerks aus einfeldrigen Stahlträgern und einer Gehbahn aus Trapezblech mit Aufbeton vorgelegt, der allerdings nie weiterverfolgt wurde. Im Jahr 2001 wurde erneut eine Variantenstudie durchgeführt, bei der im Rahmen einer Diplomarbeit mehrere Konstruktionsalternativen zu erarbeiten waren, wobei der Baustoff Holz ausdrücklich eine wesentliche Rolle einnehmen sollte. Im Ergebnis entschied man sich bereits damals für die Lösung einer einseitig abgespannten Pylonbrücke.

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2 Lageplan © Ingenieurbüro Robert Buxbaum

Ringtausches von Parzellen eingefädelt werden. Interessant an der Entstehungsgeschichte ist zudem, dass der Verfasser der Diplomarbeit von 2001 als mittlerweile mit einem in Wolfratshausen ansässigen Ingenieurbüro schließlich mit der Planung und Umsetzung der Brücke beauftragt wurde.


BRÜCKENBAUWERKE 2 Entwurfsrandbedingungen Die wesentlichen Punkte, die den Brückenentwurf beeinflussten, waren die Vorgabe des Wasserwirtschaftsamtes, die Loisach stützenfrei zu überspannen, sowie die Wasserspiegellage des Bemessungshochwassers (HHW) mit zusätzlichem Freibord, die beengten Platzverhältnisse insbesondere am orographisch linken Flussufer und der Höhenunterschied von ca. 5 m, der zwischen den beiderseits der Loisach anschließenden Verkehrswegen zu überwinden war. Bedingt durch die Wasserspiegellage des Bemessungshochwassers in Verbindung mit der Geländesituation im Uferbereich schied ein untenliegendes Tragwerk aus, weil hierfür keine Konstruktionshöhe zur Verfügung stand. Außerdem sollte die Brücke ungedeckt sein, so dass eine Holzstruktur mit obenliegendem Fachwerk oder Bogen, welche üblicherweise, dem konstruktiven Holzschutz geschuldet, gedeckte Brücken aufweisen, ebenfalls nicht in Frage kam. Damit war der Weg für die Variante »Pylonbrücke« quasi geebnet. Sie wird allen Anforderungen an den Entwurf gerecht: Am orographisch beengten linken Ufer wurde nur ein kleines Widerlager notwendig, der Überbau konnte sehr schlank bzw. mit geringer Konstruktionshöhe ausgeführt werden und der zu überwindende Höhenunterschied lässt sich relativ einfach bewerkstelligen. In der Gesamterscheinung fügt sich der Pylon gut in das vorhandene Gelände ein, indem er sich in den landseitig folgenden Geländesprung und den existierenden Baumbestand integriert und so weniger exponiert anmutet als in einer Ebene. Da im Umfeld der Brücke, im Gegensatz zur weiter flussabwärts liegenden Altstadt, keine historische Bebauung anzutreffen ist, erfüllt die in puncto Gestaltung modernere Konstruktion auch die städtebaulichen Ansprüche an diesem Ort, wirkt dabei aber durch den Materialmix von Stahl und Holz nicht futuristisch. 3 Planungsgrundlagen 3.1 Lastannahmen Die Bemessung der Brücke erfolgte nach DIN-Fachbericht 101, wobei für den Winterdienst, eine Befahrung im Notfall und den Unterhalt in Abstimmung mit dem Bauherrn ein Dienstfahrzeug mit 6 t Gesamtgewicht berücksichtigt wurde. Bemessungsmaßgebend wurde hier die Radlast für den Nachweis der Belagskonstruktion, die Haupttragglieder verfügen über höhere Tragfähigkeiten, was allein schon aus der anzusetzenden Verkehrslast von aufsummiert ca. 200 kN pro Feld resultierte.

3 Entwurf der Flussquerung © Ingenieurbüro Robert Buxbaum

3.2 Baugrundverhältnisse Zur Erkundung der Baugrundverhältnisse wurde ein Gutachten in Auftrag gegeben: Sondierungen und eine Aufschlussbohrung zeigten, dass unter einer ca. 40 cm dicken Mutterbodenschicht ein ca. 5,50 m mächtiger Abschnitt aus sandigen, schwach schluffigen Kiesen in mitteldichter bis dichter Lagerung ansteht, unter dem wiederum ab ca. 6 m Tiefe schwach kiesige Schluffe steifer Konsistenz folgen. Das Grundwasser spiegelte ca. 3,50 m unter Gelände aus, was in etwa der Höhenlage des Stauwasserspiegels der Loisach entspricht. Wegen der unterschiedlichen Bauwerkslasten (Zug und Druck) und der wechselnden Bodenschichten wurde daher bereits im Baugrundgutachten zumindest für den Bereich des Pylons eine Pfahlgründung empfohlen. 3.3 Ökologische Baubegleitung Da die Böschungen beidseits der Loisach als Biotope erfasst sind, musste außerdem ein landschaftspflegerischer Begleitplan Berücksichtigung finden, der im Zuge des wasserrechtlichen Verfahrens vorzulegen war. Gemäß diesem Begleitplan waren für den baulichen Eingriff geeignete Ausgleichsflächen auszuweisen und entsprechende Maßnahmen umzusetzen. Vorrangiges Ziel der ökologischen Baubegleitung war, dass die betroffene Fläche nicht, wie heute vorwiegend praktiziert, als Intensivgrünland hergestellt wird, sondern es sollte sich die ursprünglich vorhandene Grünlandbrache bzw. Altgrasflur mit naturnahen Gehölzbeständen wieder etablieren. Der

gesamte Eingriffsbereich durfte nach Abschluss der Baumaßnahme deshalb nicht humusiert und durch Rasenansaat begrünt werden, vielmehr blieb das Gelände karg, damit sich durch natürliche Sukzession ein artenreicher Magerrasen mit hohem Kräuteranteil ausbilden kann. 4 Konstruktion 4.1 Überbau Für den Streckträger wurden 60 m³ Fichten-Brettschichtholz zu einem blockverleimten Träger mit Abmessungen von 280 cm x 44 cm (Breite x Höhe) gefertigt. Er ist kreisförmig, mit einem Stich von ca. 40 cm überhöht und unterteilt in drei Felder mit Einzelstützweiten von 16 m, 16 m und 14 m Länge. Die Stöße sind als Vollstoß ausgebildet und mittels Traversen aus geschweißten H-Profilen (h/b/t/s = 400/500/40/40 mm) in Stahlgüte S 355 ausgeführt, in deren Kammern die Blockträger werkseitig genau eingepasst wurden. Der Blockträger wurde ober- und unterseitig zudem ausgeklinkt, so dass die Flansche der Traversen nicht überstehen und unterseitig mit einer Fichte-Dreischichtplatte verkleidet werden konnten, womit eine homogene Holzuntersicht ohne sichtbare Stahlteile erreicht wird. Seitlich des Blockträgers wurden die Traversen als gevouteter Hohlkasten ausgeformt, sie verjüngen sich also nach unten geneigt zu den Seilanschlussknoten hin und wirken damit optisch ansprechender; auf die Kragarme anfallendes Niederschlagswasser wird zudem vom Blockträger fortgeleitet.

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4 5 Draufsicht und Längsschnitt des Gesamtbauwerkes © Ingenieurbüro Robert Buxbaum

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6 Regelquerschnitt © Ingenieurbüro Robert Buxbaum


BRÜCKENBAUWERKE Der Streckträger wird an den beiden Traversen von zwei Abspannseilpaaren unterstützt, die am Pylonkopf jeweils an gemeinsamen Anschlussknoten enden. Landseitig wird der Überbau hingegen von zwei Rückverankerungsseilen gehalten, die über die Unterbauten in den Baugrund verankert sind. Für die Abspannung und Rückverankerung wurden insgesamt ca. 130 m vollverschlossene Spiralseile verwendet, obwohl sie zwar teurer, aber insbesondere bei einer Länge bis zu 28,50 m einfacher zu montieren sind als zum Beispiel Zugstangen. Die Abspannseile haben einen Durchmesser von 40 mm, die Seile der Rückverankerung von 60 mm. Die maximale Seilkraft im Grenzzustand der Tragfähigkeit beträgt ca. 1.700 kN (γ-fach). Die Seile der Rückverankerung besitzen keine Möglichkeit zur Längenänderung bei der Montage, sie wurden bereits werkseitig vorgereckt und der maßgebenden Seilkraft entsprechend abgelängt. Es war daher zu berücksichtigen, dass sich die endgültige Seillänge bzw. Überbaugeometrie erst nach Realisierung des Überbaues und Aufbringen des Gussasphalts einstellt und die Bauteile somit nicht in ihrer planmäßigen Lage montiert werden konnten. Insbesondere war zu prüfen, ob das Einfädeln der Blockträger in die Kammern der Traversen und der Einhub des letzten Brückenteiles, welches sozusagen ein »Passstück« war, machbar sind. Die Seilkräfte werden von den Traversen über zweiachsige Biegung aufgenommen und über Druckkontakt in der Hirnholzfläche in den Blockträger eingeleitet: Aufgrund des großen Brettschichtholzquerschnittes führt dies trotz relativ hoher Normalkräfte zu keiner nennenswerten Ausnutzung des Blockträgers auf Druck parallel zur Faserrichtung. Zur Lagesicherung und zur Aufnahme von Querbeanspruchungen, zum Beispiel aus Wind auf die Brücke, dienen zweischnittige Passbolzen, die durch die Flansche der Traversen und den Blockträger reichen. Da diese Passbolzen über die gesamte Traversenlänge bzw. Blockträgerbreite verteilt sind, besteht die Gefahr einer Querzugbeanspruchung durch Zwang aus Feuchteänderung. Um einer solchen Rissgefahr zu begegnen, wurden im querzugbeanspruchten Bereich neben den Passbolzen horizontal je sechs Gewindestangen d = 16 mm senkrecht zur Brückenlängsachse in den Blockträger eingeklebt. Die aus der Verbolzung des Blockträgers mit den Traversen resultierende ungewollte Einspannung ist im Verhältnis zu den Feldmomenten sehr

7 Traversenausbildung © Schaffitzel + Miebach GmbH/Schaffitzel Holzindustrie GmbH + Co. KG

8 Zugaugen © Schaffitzel + Miebach GmbH/Schaffitzel Holzindustrie GmbH + Co. KG

gering und wurde bei der Bauteilbemessung daher vernachlässigt. Die Passbolzenverbindung wurde dafür duktil durchgebildet, so dass als Versagensart der Verbindung ein Fließgelenk im Pass-

bolzen deutlich vor einem Lochleibungsversagen im Holz maßgebend wurde und damit kleine Einspannmomente rechnerisch durch plastische Verformungen umgelagert werden können.

9 Überbauelement mit vormontierten Lagern © Ingenieurbüro Robert Buxbaum

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BRÜCKENBAUWERKE 4.2 Pylon Für den ca. 15 m hohen Pylon wurde eine seitensteife A-Form gewählt. Er besteht aus Stahlrohren 355 mm x 25 mm in Stahlgüte S 355 und wurde werkseitig, bis auf zwei geschraubte Laschenstöße, die aus Transportgründen in den Querrohren notwendig wurden, vollständig geschweißt hergestellt. Der relativ massive Rohrquerschnitt ist bei einer maximalen Normalkraft von ca. 1.800 kN als Bemessungslast (γ-fach) im Wesentlichen dem Stabilitätsversagen (Knicken) der Stiele geschuldet. Im Hinblick auf die Überbaukosten lohnte beim Brückenentwurf daher eine Untersuchung zwischen einer einerseits, hinsichtlich Materialeinsparung möglichst niedrigen und einer andererseits, für den Überbau bzw. die Seilabspannung günstigen, möglichst großen Pylonhöhe. Ein kleinerer und damit schlankerer Pylon wäre statisch zwar realisierbar gewesen, nicht aber hinsichtlich der Gebrauchstauglichkeit, weil die Durchsenkungen an der Traverse des relativ flach geneigten, vorderen Abspannseiles beim Nachweis der Gebrauchstauglichkeit auch nicht mehr durch eine Überhöhung in den Griff zu bekommen waren.

10 11 Isometrie und Querschnitt des Pylons © Schaffitzel + Miebach GmbH/Schaffitzel Holzindustrie GmbH + Co. KG

Die Fußpunkte des Pylons sind gelenkig konstruiert und wurden als zweischnittige Bolzenverbindung mit Bolzen d = 11 cm in Stahlgüte S 355 ausgeführt. Die Einbauteile im Widerlager wurden orthogonal zur Achse der Pylonstiele angeordnet, so dass über sie außer den

12 Seilanschluss am Pylonkopf © Ingenieurbüro Robert Buxbaum

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äußeren Horizontallasten ansonsten keine nennenswerten Schubkräfte, resultierend aus den Normalkräften in den Pylonstielen, in die Gründung zu übertragen sind. Alle Stahlteile wurden feuerverzinkt und beschichtet gemäß ZTV-ING.

13 Fußpunkt beim Widerlager © Ingenieurbüro Robert Buxbaum


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14 15 16 Pylonfernes Widerlager: Grundriss, Ansicht, Querschnitt © Ingenieurbüro Robert Buxbaum

4.3 Unterbauten Für beide Widerlager wurde eine Tiefgründung gewählt. Das kleine, pylonferne Widerlager am orographisch linken Ufer erhält nur sehr geringe Lasten aus dem Überbau und sollte daher ursprünglich flach gegründet und durch einen Steinverbau gesichert werden. Als Konsequenz aus einer Genehmigungsauflage im wasserrechtlichen Verfahren musste aber die Gründung beider Widerlager bis auf Flusssohlenniveau geführt und durch einen Steinverbau gesichert werden. Die kleine Lagerbank wurde deshalb auf fünf räumlich angeordneten duktilen Rammpfählen

(System Dywidag) gegründet, die, entsprechend den beengten Platzverhältnissen, mit kleinem Rammgerät eingebracht werden konnten. Am pylonseitigen Widerlager sind dagegen deutlich höhere Lasten in den Baugrund abzutragen. Bei einer einseitig abgespannten Pylonbrücke sind konstruktionsbedingt dort zudem neben Vertikallasten aus dem Überbau vor allem auch, je nach Neigungswinkel der Abspannseile, beträchtliche Schubkräfte aus dem Streckträger abzuleiten, die aus den Horizontalkomponenten der Seilkräfte resultieren. Die Höhenlage des

Angriffspunktes dieser Schubkraft aus dem Versteifungsträger über Gründungsniveau ließ sich wegen der topographischen Geländesituation kaum beeinflussen bzw. minimieren, womit ein relativ großes Kippmoment auf die Gründung zu berücksichtigen war, das nun vorrangig von einem Kräftepaar in der Pfahlgruppe unter einer 70 cm dicken Pfahlkopfplatte aufgenommen wird. Die Großbohrpfähle mit d = 60 cm wurden im Vor-der-Wand(VDW-)Verfahren hergestellt und sind in zwei Reihen zu je vier Stück angeordnet.

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17 18 19 20 Pylonseitiges Widerlager: Grundriss, Ansichten, Isometrien, Bewehrung © Ingenieurbüro Robert Buxbaum

Die wasserseitigen Pfähle sind 7 m, die landseitigen Pfähle 8,50 m lang. Die landseitige Bohrpfahlreihe musste aufgrund der Wechsel- bzw. Zuglasten in den unterschiedlichen Bodenschichten zudem mantelverpresst werden, um bei der Pfahlbemessung einen einheitlichen Mantelreibungswert ansetzen zu können. Neben den ständigen und den vorübergehenden Einwirkungskombinationen war bei der Gründung außerdem der Hochwasserfall zu berücksichtigen, weil die an die Bohrpfähle angehängten Erdkörper bei extremen Niederschlägen bzw. Hochwasser unter Auftrieb stehen.

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21 Bohrpfahlherstellung im VDW-Verfahren © Ingenieurbüro Robert Buxbaum


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22 Pfahlköpfe »über« Sauberkeitsschicht © Ingenieurbüro Robert Buxbaum

Die Seile der Rückverankerung schließen über betonierte Ankerböcke ebenfalls an eine hier 60 cm dicke Pfahlkopfplatte an, über die die Seilkräfte in eine Pfahlgruppe gelenkt werden. Aufgrund der reinen Zuglasten wurden diese Pfähle als 6 m lange Schrägpfähle mit einer Neigung von 15° zur Lotrechten ausgeführt und deren landseitige Reihe ebenfalls mantelverpresst. Die Einleitung der Seilkraft in die Pfahlkopfplatte geschieht mit Hilfe eines Stahleinbauteiles und bauaufsichtlich zugelassener Gewi-Stäbe der Firma Dywidag mit d = 50 mm (BSt 500). Die Gewi-Stäbe sind im Bereich des oberhalb der Pfahlkopfplatte ausgebildeten Ankerbocks mit Hilfe von Hüllrohren abisoliert, so dass die Last nicht durch Verbundwirkung über die Pfahllänge in den Ankerbock, sondern konzentriert über Ankerstücke in der Schwerachse der Pfahlkopfplatte eingeleitet wird. Der Ankerbock gewährleistet damit quasi lediglich den Korrosionsschutz der Stäbe und Stahlteile. Der achsengerechte und exakte Einbau der Gewis und der engverlegten Bewehrung zur Lasteinleitung und Umschnürung der Pfähle war eine Herausforderung, die nur durch eine Schablone und das mehrfache Einmessen und Kontrollieren durch das beauftragte Vermessungsbüro mit ausreichender Genauigkeit bewältigt werden konnte.

23 Pfahlkopfplatte und Ankerböcke © Ingenieurbüro Robert Buxbaum

4.4 Lager Der Überbau liegt an beiden Widerlagern auf fünf einreihig angeordneten Elastomer-Verformungslagern auf, wovon vier allseits verschieblich und das fünfte, mittige Lager jeweils querfest ausgebildet sind. Zur Aufnahme der Normalkräfte aus dem Streckträger wurden am pylonnahen Widerlager hirnholzseitig fünf ElastomerNormalkraftpuffer angebracht, über die die Kräfte in die Kammerwand eingeleitet werden. Am pylonfernen Widerlager bereitete die Lagerkissenbemessung relativ große Schwierigkeiten, weil an dieser Stelle bei sehr geringer vorhandener Auflast die Lagerverdrehungen am größten sind. Die Lager wurden komplett am Blockträger vormontiert und beim Einhub in die entsprechenden Aussparungen in den Widerlagern eingefahren und anschließend vergossen. 4.5 Abdichtung und Belag Die hinterlüftete Belagsunterkonstruktion auf dem Blockträger besteht aus einer lose verlegten und verdeckt genagelten, diffusionsoffenen Schutzlage, auf der für das notwendige Quergefälle konisch gehobelte Lagerhölzer im Abstand von 40 cm aufgeschraubt sind. Darüber sind als Tragschicht 39 mm dicke Kerto-QPlatten auf die Lattung aufgeschraubt. Der Fahrbahnaufbau umfasst eine Bitumenschweißbahn mit Trägereinlage aus Polyestervlies, die als Dichtungsschicht vollflächig auf die Kerto-Platten geklebt wurde, sowie zwei Lagen Gussasphalt mit Schichtdicken von jeweils 3 cm. Damit der Blockträger ausreichend gegen Schlagregen bzw. einen anzunehmenden Einfallswinkel des Regens unter 30°

zur Lotrechten geschützt ist, wurde er seitlich abgeschrägt und mit einer hinterlüfteten Lärchen-Stülpschalung versehen. Zusammen mit der ausgeführten Belagskonstruktion darf er infolgedessen als geschütztes Bauteil gemäß DIN 1074 angesehen werden. Der seitliche Randabschluss wurde mit einem Stahlwinkel und einer Vergussfuge ausgeführt, wobei der Randwinkel oben bündig mit dem Gussasphalt abschließt, so dass das Niederschlagswasser seitlich abgeführt werden kann. An den Widerlagern wurde aus Gründen der Dauerhaftigkeit und der Verkehrssicherheit geschlossenen Fahrbahnübergängen mit Dehnfugenprofilen der Vorzug gegeben: Mit der gewählten Lösung wird vor allem Niederschlagswasser vom empfindlichen Hirnholzbereich des Blockträgers ferngehalten. Die Stirnseiten des Blockträgers wurden zudem mit einer hinterlüfteten Schalung verkleidet. 4.6 Entwässerung Die Brücke weist ein Quergefälle von ca. 1,50 % und, bedingt durch die topographische Geländesituation, ein Längsgefälle von ca. 3 % auf. Auf der Brücke selbst sind keine Entwässerungseinrichtungen vorhanden.

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BRÜCKENBAUWERKE

4.7 Sonstige Brückenausstattung Die Brücke verfügt über ein Füllstabgeländer aus Stahl, in dessen Handlauf einseitig eine indirekte LED-Beleuchtung integriert wurde: Sie leuchtet die Verkehrsfläche ausreichend aus und hebt die Silhouette des Bauwerks insbesondere in der Dämmerung ansprechend hervor. Ver- und Entsorgungsleitungen oder sonstige Sparten galt es hier nicht zu berücksichtigen. Das war insbesondere deswegen überraschend, weil am Brückenstandort eine bestehende Mittelspannungsleitung des Energieversorgers zurückgebaut und in anderer Form ersetzt werden musste. Der Energieversorger entschied sich jedoch gegen eine einfach zu realisierende Spartenbelegung in der Brücke und führte stattdessen ca. 300 m flussaufwärts eine Spülbohrung unter der Loisach aus. Die Brücke weist eine bei derartigen Stegen häufig vorkommende, kritische erste Eigenfrequenz auf, die im vorliegenden Fall nur bei ca. 1,50 Hz liegt. Durch Veränderungen an der Konstruktion konnte sie nicht wirtschaftlich in einen rechnerisch unkritischen Eigenfrequenzbereich gebracht werden. Demzufolge wäre der Einbau eines Schwingungstilgers oder die Anordnung sonstiger Vorkehrungen angezeigt gewesen. Aufgrund der Erfahrungen bei vergleichbaren Tragstrukturen mit ähnlicher Eigenfrequenz, die trotzdem ohne schwingungstilgende Maßnahmen realisiert werden konnten, und der nicht zu unterschätzenden Kosten hierfür wurde entschieden, die Brücke zunächst ohne planmäßig vorgesehenen Schwingungstilger zu errichten und einen solchen, falls nötig, auf Basis konkreter Messungen, exakt abgestimmt, nachzurüsten. Diese Rechnung ging auf, da die Brücke auch unter verschiedenen Erregerimpulsen nur in unwesentliche bzw. die Nutzer offenbar kaum störende oder beängstigende Schwingungen versetzt wird. Einen maßgeblichen Effekt der Systemdämpfung bewirkt dabei der Gussasphaltbelag, denn vor dessen Aufbringung geriet der Steg noch sehr leicht in erhebliche Schwingungen.

5 Montage Der gesamte Überbau wurde werkseitig fast komplett vorgefertigt, so dass auf der Baustelle im Wesentlichen »nur« noch die einzelnen Elemente eingehoben und zusammengefügt, das Geländer in den Stoßbereichen ergänzt und der Gussasphaltbelag aufgebracht werden mussten. Nach Herstellung der Unterbauten ging dem Einhub der Einbau der Stahlteile für die gelenkigen Pylonfußpunkte sowie der Seilrückverankerung voran, der in beiden Fällen verhältnismäßig aufwendig war, weil sich Toleranzen bei der Montage an solchen Punkten so gut wie nicht ausgleichen lassen: Die Einbauteile wurden daher mit Hilfe von Schablonen positioniert und vergossen. Bei den Pylonfußgelenken war neben der Höhenlage und der zweiachsigen Neigung der Grundplatten vor allem auch darauf zu achten, dass das Achsmaß zwischen den beiden Einbauteilen exakt der Spreizung der Pylonstiele am Fußpunkt entspricht. Hier hätten wohl bereits geringfügige Längen- und Winkelabweichungen ein Einfahren und Verbolzen des Pylons unmöglich gemacht, weshalb eine besondere Sorgfalt vonnöten war. Ähnliches galt für den Einbau der Gewis mit den Stahlteilen für die Verankerung der Rück-

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25 Positionierung der Autokräne © Ingenieurbüro Robert Buxbaum

24 Verguss von Einbauteilen an den Pylonfußpunkten © Ingenieurbüro Robert Buxbaum

halteseile, wobei von wesentlicher Bedeutung war, dass sie exakt mit den künftigen Seilachsen fluchten, weil Winkelabweichungen zu unzulässigen Beanspruchungen in den Gabelseilhülsen und Anschlussblechen führen. Die maximale Schiefstellung der Seilanschlusslaschen (Abweichung von der Seilachse) darf laut Hersteller nicht mehr als 1° betragen, dieselben Toleranzen waren im Übrigen bei den Anschlussblechen am Pylonkopf und den Traversen im Stahlbau einzuhalten.


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26 27 Anordnung und Einfahren des Pylons © Ingenieurbüro Robert Buxbaum

Für die Montage des Überbaues waren drei Tage veranschlagt, wovon für das Anliefern der Elemente mit vier Sattelzügen bzw. Tiefladern und das Aufstellen der Autokräne und Hubarbeitsbühnen der erste Tag eingeplant war. Das schwerste Brückenteil wog ca. 16 t und musste ca. 45 m weit von der Mitte des Drehkranzes gehoben werden. Das machte den Einsatz eines 350-t-Autokrans erforderlich, der aufgrund der großen Auslegerlänge von 45 m eine Mastabspannung benötigte. Der 72 t schwere Hauptkran hatte bis zu seiner Aufstellfläche zudem eine relativ steile Baustellenrampe hinabzufahren und sich in seine endgültige Standposition zu manövrieren. Zum Aufbringen des 40 t schweren Grundballastes musste das 18 m lange (Ballast-)Fahrzeug nahe an den Kran heranfahren, was bei den kaum vorhandenen Bewegungsflächen nur von einem Spezialfahrzeug mit mehrfachgelenkten Hinterachsen geleistet werden konnte. Dieser Sattelzug wurde anschließend mangels Wendemöglichkeit, Auflast und Traktion vom kleineren Kran die Rampe rückwärts wieder hochgezogen und die restlichen 100 t Ballast vom Hauptkran dann direkt von der höher liegenden Geltinger Straße aufgenommen.

Am zweiten Tag begann frühmorgens mit der Anlieferung der Brückenteile die eigentliche Montage. Alle Elemente wurden vom Hauptkran der Reihe nach von den Sattelzügen gehoben und auf dem Baufeld zwischengelagert, dann der Pylon zusammengesetzt und die beiden Traversen an die Blockträger montiert. Der Einhub fing mit der Aufstellung des Pylons an, der sich reibungslos und exakt in die einbetonierten Fußgelenke einfahren ließ. Während der Pylon am Haken des Hauptkranes hing, wurden mit dem zweiten Kran die Rückverankerungsseile zunächst am Pylonkopf und nachfolgend an den Einbauteilen der Ankerböcke befestigt. Aufgrund seiner Vorneigung konnte der Pylon danach ohne weitere Stabilisierungsmaßnahmen abgelassen werden, womit der Hauptkran wieder frei wurde, um das erste Brückenteil einzuheben. Mit Hilfe des zweiten Kranes wurden die Abspannseile ebenfalls zuerst am Pylonkopf und anschließend an der Traverse montiert. Im freien Vorbau wurde mit dem zweiten Element genauso verfahren, wobei es in die Traverse am ersten Brückenteil eingefädelt werden musste. Und das letzte wurde wiederum in die Traverse des vorhergehenden Teiles und gleichzeitig in die Lageraussparungen am pylonfernen Widerlager eingefahren.

28 Einfädeln in Traversen © Ingenieurbüro Robert Buxbaum

29 Seilmontage … © Ingenieurbüro Robert Buxbaum

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BRÜCKENBAUWERKE

30 31 Einhub des ersten und letzten Überbauelements © Ingenieurbüro Robert Buxbaum

Nicht ganz einfach gestaltete sich die Seilmontage, denn die Seile konnten hierfür nicht kontinuierlich unterstützt werden, so dass es einen relativ großen Durchhang mit der daraus resultierenden Zugkraft allein durch den Einsatz von Kettenzügen oder Ähnlichem zu überwinden galt. Die Kettenzüge waren zudem an den Traversen so anzuschlagen, dass erstens die aufgebrachte Zugkraft möglichst in der endgültigen Seilachse verläuft und zweitens die Seilendstücke noch an den Augenstäben der Traversen angeschlossen werden konnten.

32 Brückenerrichtung im Freivorbau © Ingenieurbüro Robert Buxbaum

Nach dem geglückten Einhub wurden die Stöße verkleidet, die Geländer in den Stoßbereichen ergänzt sowie kleinere Restarbeiten durchgeführt und der Gussasphalt aufgebracht. Am 2. Oktober 2013 wurde der »Walsersteg« in einer öffentlichen Einweihungsfeier gesegnet, dem Bauherrn übergeben und für den Verkehr geöffnet. Autor: Dipl.-Ing. (FH) Robert Buxbaum Beratender Ingenieur BayIKA Ingenieurbüro Robert Buxbaum, Wolfratshausen

33 Überbau und Geländer © Ingenieurbüro Robert Buxbaum

Bauherr Stadt Wolfratshausen Entwurf, Tragwerksplanung, Objektüberwachung Dipl.-Ing. (FH) Robert Buxbaum, Ingenieurbüro Robert Buxbaum, Wolfratshausen Baugrunduntersuchung Dr.-Ing. Arndt Schubert, Beratende Ingenieure für Geotechnik, Olching Ökologische Baubegleitung Planungsbüro U-Plan, Königsdorf Vermessung Ingenieurbüro Siegmund Weizenbeck, Wolfratshausen Prüfingenieur Prof. Dr.-Ing. Rupert Kneidl, Weiden in der Oberpfalz Ausführung Schaffitzel Holzindustrie GmbH + Co. KG, Schwäbisch Hall Schaffitzel + Miebach GmbH, Lohmar Stahl- und Maschinenbau Graf GmbH, Weinböhla Krämmel GmbH & Co. KG, Wolfratshausen Maurer Söhne GmbH & Co. KG, München

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34 Stützenfreie Flussquerung nach Fertigstellung © Ingenieurbüro Robert Buxbaum

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BRÜCKENBAUWERKE Horizontweg der Deponie Georgswerder in Hamburg

Steg über den giftigsten Berg der Welt von Michael Staffa

1 Horizontweg nach Fertigstellung © Hanns Joosten

Eine 40 m hohe Mülldeponie mit Haus- und Industrieabfällen wird als »Energieberg« zum Vorzeigeprojekt der Internationalen Bauausstellung (IBA) 2013 in Hamburg: Der Müllberg wurde zum Energieberg durch Windräder, Solarzellen und die Nutzung von Deponiegasen. Auf der gedichteten Deponie Georgswerder umspielt nun ein exakt horizontal verlaufender Weg den Berg in gewundenen Kurven teils auf einem Stahlsteg, teils entlang einer Stützwand. Tagsüber dient dieser Horizontweg als Ausflugsziel mit einem weiten Ausblick über Hamburg, abends wird seine Außenseite zur weithin sichtbaren Ikone der IBA Wilhelmsburg.

1 Geschichte Nach dem Zweiten Weltkrieg entsteht auf den Wiesen der Elbinsel Wilhelmsburg ein Müllberg aus Trümmerschutt. Später führt die Ablagerung von Haus- und insbesondere Industriemüll zu einer gefährlichen Dioxinansammlung, die durch den anfallenden Regen das Grundwasser kontaminiert. Seit 1986 ist die Deponie abgedichtet, der Giftmüll zwar immer noch da, aber durch aufwendige technische Maßnahmen im Müllberg eingeschlossen.

2 Entwurf Die tragende Idee für die IBA 2013, der Horizontweg, eine den Berggipfel umrundende Promenade, wurde im Wettbewerbsgewinn von Häfner Jiménez, Büro für Landschaftsarchitektur, Berlin, formuliert. Der Horizontweg entwickelt sich aus der Topographie, in Teilen an den Berg anschmiegend, in Teilen auf Stahlstützen

ausschwingend, aber immer exakt auf einer Höhe etwas unterhalb des höchsten Punktes verlaufend. Die Außenseite der Reling dieses Horizontweges wird bei Nacht mit LEDs beleuchtet und verwandelt den Berg in eine weithin sichtbare Landmarke.

2 Lageplan © Häfner Jiménez

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BRÜCKENBAUWERKE

Ein Informationsgebäude am Fuße des Bergs mit einer Ausstellung zur Geschichte der Deponie von Konermann Siegmund Architekten, Hamburg, und einer Ausstellungsgestaltung von mgp ErlebnisRaumDesign GmbH, Hamburg, komplettiert das IBA-Projekt. Für die Weiterentwicklung und Ausführung der Brückenkonstruktion des Horizontweges wurden Sauerzapfe Architekten, Berlin, und ifb frohloff staffa kühl ecker, Berlin, in das Projektteam einbezogen. 3 Konstruktion 3.1 Geometrie Die Promenade ist eine ca. 920 m lange Weg-und-Steg-Anlage, die auf der hügelartigen Mülldeponie Georgswerder aufgestellt wurde und begangen werden kann. Die Steganlage verläuft in einer gewundenen Form mit mehreren Kurven exakt horizontal auf +37,10 m über NN (Oberkante Gehbahn). Der Steg ist in den Normalbereichen 3 m breit, in den Kurven wird er auf 6 m aufgeweitet. In Abschnitten knapp oberhalb des Geländes wird der Horizontweg hingegen auf einer Aufschüttung mit seitlichen Winkelstützmauern geführt. Verläuft der Steg deutlich höher als die Deponie, wird der Weg auf eine Stahlkonstruktion aufgeständert. Die Stahlkonstruktion ist in zwei Abschnitte unterteilt und hat eine Gesamtlänge von ca. 480 m.

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6 Ausbildung des Überbaus © Hanns Joosten

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3 Geometrie © Sauerzapfe Architekten

4 5 Ansicht und Schnitt © Sauerzapfe Architekten

3.2 Haupttragwerk Das Haupttragwerk der stählernen Stegkonstruktion wird durch geländerintegrierte hybride Träger, teils Fachwerkund teils Vierendeelträger, gebildet, die entsprechend den jeweiligen Radien gekrümmt ausgeführt sind und in den Stützenachsen durch Hauptquerträger gehalten werden. Die Träger weisen im Standardfall eine Stützweite von ca. 14,20–15,00 m auf, im Bereich der Aufweitung ist eine Stützweite von ca. 16,00 m notwendig, um die bereits vorhandene Wartungsstraße uneingeschränkt queren zu können. Das Hauptproblem war hierbei die Ermöglichung des Transports eines Rotorblatts der Windräder.


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7 Geplanter Montageablauf © Sauerzapfe Architekten

Die Fachwerkträger wurden an den Hauptquerträgern angeschlossen, die jeweils auf A-förmigen Stützenböcken auflagern, welche auch die Aussteifung in Quer- und Längsrichtung sicherstellen. Der Gehbelag besteht aus quer tragenden Blechprofilbohlen, die auf Längsträgern aufliegen. Das Geländer ist außen mit Lochblechen bekleidet, der Steg verfügt an seiner Außenseite über ein in den Handlauf integriertes umlaufendes Lichtband aus LED-Leisten. Die Steganlage ist als Gerbersystem geplant. In jedem zweiten Feld tragen die Fachwerkträger als Einfeldsystem mit beidseitigen Kragarmen, dazwischen werden kürzere Einfeldträger gelenkig eingehängt. Die statisch bestimmte Lagerung ist nötig wegen der großen Setzungsbewegungen, die auf der Deponie gemessen werden. Zudem wurden die Stöße aus Gründen der Temperaturdehnung als Dehnungsfugen mit Elastomerlagern ausgebildet. Die übliche Grenzverformung von L/300 der Stegkonstruktion bzw. L/150 der Stützen wird eingehalten. Der Steifigkeitsgewinn in horizontaler Richtung durch die Lochblechfüllung des Geländers wurde nicht berücksichtigt, so dass die Verformungswerte in der Realität sowohl horizontal als auch vertikal geringer sind, als im Stabwerksmodell berechnet. Es wurde eine Voruntersuchung bezüglich des Schwingverhaltens der Brücke durchgeführt: Nach der überschlägigen Berechnung liegen die theoretischen Eigenfrequenzen in vertretbaren Bereichen. Eine abschließende Beurteilung konnte erst nach Fertigstellung der Brückenkonstruktion vorgenommen werden. Der nachträgliche Einbau von

8 Errichtung eines (ersten) Abschnitts © ifb frohloff staffa kühl ecker

Schwingungsdämpfern war vorgesehen und hätte die Dämpfung im Bedarfsfall deutlich erhöht. Dies erwies sich jedoch als unnötig. 3.3 Gründung Die Doppelstützen wurden in einem jeweils gemeinsamen Fundament flachgegründet, um die Dichtungsbahn der Deponie nicht zu zerstören. Der Anschluss der Stützen an die Gründungsbauteile erfolgte dabei so, dass die unterschiedlichen vertikalen Setzungen ausgeglichen werden können. Die Zugsicherung infolge Wind bzw. im Kurvenbereich ist durch entsprechende Anschlüsse am Fundament gewährleistet. Die Fundamente haben eine Bauhöhe von 40–50 cm, werden mindestens 80 cm unterhalb der Geländeoberkante gegründet und verfügen über ein mindestens 20 cm dickes frostsicheres Kiespolster. Die Fundamente greifen nicht in die vorhandene Flächen-

9 Detail: Gerbergelenk © ifb frohloff staffa kühl ecker

drainage oberhalb der Deponiedichtung ein und sind in ihrer Größe so dimensioniert, dass zum einen die zulässige Erhöhung der Beanspruchung der Deponiedichtung um 50 kN/m² eingehalten und zum anderen eine ausreichende Gleitsicherheit gewährleistet wird. Hierfür wurden speziell die Fundamente im steiler geneigten Bereich als Schwergewichtsfundamente ausgebildet.

10 Steganlage im Bauzustand © Häfner Jiménez

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BRÜCKENBAUWERKE

11 Erscheinungsbild zur Einweihung © Hanns Joosten

Der geotechnische Bericht zur Gründung machte Vorgaben zu den zu erwartenden Setzungen: Er gibt maximale Setzungsdifferenzen für zwei benachbarte Fundamente im Abstand von ca. 14 m von 5 cm vor. Aus geometrischen Gründen ist es unrealistisch, eine so große Setzungsdifferenz in der tragenden Konstruktion aufzunehmen. Bei der Bemessung der Gesamtkonstruktion wurde daher nur eine Setzungsdifferenz benachbarter Gründungskörper in Steglängsrichtung von ∆ez = 2 cm berücksichtigt, während in Stegquerrichtung eine Schiefstellung der Gründungskörper von ∆α = 0,20° vorgesehen wurde. Bei größeren Setzungsdifferenzen benachbarter Gründungskörper kann der Steg vertikal nachjustiert werden. Dazu wurden in den Fußpunkten der Stützen geeignete Ausgleichsmöglichkeiten eingeplant, um unterschiedliche vertikale Setzungen ausgleichen zu können. Die Setzungsbewegung in horizontaler Richtung lässt sich nicht korrigieren. Nach dem vorliegenden geotechnischen Bericht ist mit Horizontalverformungen in Nord-Süd-Richtung von im Mittel ca. 2 mm/a sowie in Ost-West Richtung von im Mittel ca. 7 mm/a je Richtung nach außen zu rechnen, und zwar bei einer Ost-West- sowie Nord-Süd-Ausdehnung von ca. 400 m. Ausgehend von einer Bauwerksstandzeit von ca. 25 Jahren wird konstruktiv eine Bewegungsmöglichkeit von ∆ex = 1mm/m Konstruktionslänge vorgehalten. Hierfür wurden die entsprechenden Auflagerdetails im Bereich der Dehnungsfugen so ausgebildet, dass sie bei Bedarf nachjustiert werden können. Die Setzungen der Steganlage werden, ebenso wie die der gesamten Deponie, durch regelmäßige Messungen vom Amt für Geoinformation Hamburg überprüft.

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12 Außenseite mit nächtlicher Anleuchtung © Bente Stachowske/IBA Hamburg GmbH

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13 Rundweg über dem »Energieberg« © Hanns Joosten

4 Schlussbemerkung Entstanden ist eine neue Landmarke auf der Elbinsel in Wilhelmsburg, die sich auch nachts weithin bemerkbar macht und von der Bevölkerung seit ihrer Fertigstellung im März 2013 als Ausflugs-Event trotz früherer heftiger Diskussionen angenommen wurde. Erfahrungen mit der speziellen Aufgabe des Entwurfs von Konstruktionen auf Mülldeponien hat unser Büro bereits häufiger gemacht, unter anderem bei der Landmarke im Angerpark Duisburg namens »Magic Mountain«. Autor: Prof. Dr.-Ing. Michael Staffa ifb frohloff staffa kühl ecker, Berlin

Bauherr Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt Projektkoordination IBA Hamburg GmbH Landschaftsarchitekten Häfner Jiménez, Büro für Landschaftsarchitektur, Berlin Architekten Sauerzapfe Architekten, Berlin Tragwerksplanung ifb frohloff staffa kühl ecker, Berlin Bodengutachten IGB Ingenieurgesellschaft mbH, Hamburg Prüfingenieur Dipl.-Ing. Bernd von Seht, Hamburg Lichtplanung Edgar Schlaefle Lighting Design, Berlin Elektroplanung IBB Ingenieurbüro Siebeck, Berlin Stahlbau Jürgen Martens GmbH, Hamburg

14 Magic Mountain im Angerpark Duisburg © ifb frohloff staffa kühl ecker


BRÜCKENBAUWERKE Neubau einer Flussquerung für Fußgänger und Radfahrer

Brückenschlag über die Donau bei Deggendorf von Hubert Busler, Thomas Fritsche, Jan Läufer

Im Zuge der Landesgartenschau 2014 in Deggendorf unter dem Motto »Brückenschlag Donau: Ufer verbinden, Grenzen überwinden« entstand als deren Herzstück eine neue Geh- und Radwegbrücke über die Donau. Diese Geh- und Radwegbrücke wurde auf der Trasse der alten Eisenbahnbrücke ausgeführt, die sich ca. 19 m östlich der im Jahr 2010 neu erstellten Eisenbahnbrücke befindet. Das Bauwerk überspannt den Hauptarm der Donau mit der darin liegenden Schifffahrtsstraße, eine naturräumlich wertvolle Insel sowie das Altwasser der Donau im südlichen Teilstück. Sie verbindet die Stadt Deggendorf auf der linken mit dem Ortsteil Fischerdorf auf der rechten Donauseite. Zudem verknüpft sie die auf den Deichen verlaufenden Radwege links und rechts der Donau und schließt somit eine Lücke im übergeordneten Radwegenetz. Der neue Donaudeich mit -promenade und -gärten ist Kernbereich der Landesgartenschau Deggendorf 2014 und zukünftige Haupterschließungsachse für den Fußgänger- und Radwegeverkehr. Als Mindestmaß für die lichte Breite wurde die Begegnung eines Unterhaltsfahrzeugs mit einem Radfahrer und daher 3,50 m zwischen den Geländern angenommen, für die lichte Höhe wurden mindestens 3,20 m angesetzt. Die Brücke weist aufgrund ihrer Geometrie mit den um 8° geneigten Fachwerkträgern eine veränderliche Breite auf.

1 Lageplan © Raumzeit GmbH/Mayr Ludescher Partner/Fritsche Ingenieure

1 Die Gestaltung Das Brückentragwerk über die Donau ist als Stahlfachwerkstruktur geplant: Die direkte Nachbarschaft zur neuen Bahnbrücke war ein wichtiger Faktor für die Wahl dieser Lösung. Das heißt, die Fußgängerbrücke variiert das Thema der Bahnbrücke in einer leichteren schwungvollen Konstruktion. Somit entsteht ein Ensemble zweier Bauwerke, es wurden also nicht zwei gänzlich verschiedene Brückentypen nebeneinandergestellt.

Die Höhe der freizuhaltenden Schifffahrtsrinne und die behindertengerechte Benutzbarkeit erforderten zudem eine oberhalb der Laufebene liegende Konstruktion und eine Hauptspannweite von ca. 106 m. Hierdurch war eine leichte schlanke Stahl- gegenüber einer Betonbauweise vorteilhaft. Eine Ausführung in Holz hätte wiederum einen nahezu vollständigen Witterungsschutz für das Haupttragwerk bedingt und würde bei 455 m Länge im Übrigen schwer abschätzbare Folgekosten verursachen.

2 Stahlfachwerkkonstruktion als neue Donauquerung © Raumzeit GmbH/Mayr Ludescher Partner/Fritsche Ingenieure

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3 Ensemble aus zwei Bauwerken © Raumzeit GmbH/Mayr Ludescher Partner/Fritsche Ingenieure

Die Brücke spannt zwischen den Widerlagern über fünf Pfeiler. Die Spannweiten betragen ca. 75 m, 106 m, 85 m, 61 m, 55 m und 73 m, die Gesamtlänge misst somit ca. 455 m. Während die untere Kontur der ausgerundeten Gradiente folgt, ist die obere Kontur des Fachwerkträgers geknickt ausgeformt und bildet einen eindeutigen Hochpunkt aus, der im Hauptarm der Donau, über der Schifffahrtsrinne und auf der nach Deggendorf gewandten Seite liegt. Die Geh- und Radwegbrücke reagiert also auf eine Bedeutungsgewichtung und hebt diese durch eine dynamische Entwicklung in ihrer Höhe weiter hervor. Der Fachwerkträger ist am Deggendorfer Ende 4,30 m hoch. An der höchsten Stelle über dem Hauptarm hat er eine Höhe von 8,47 m, die danach wieder abfällt bis zu einem Knick über der Donauinsel auf 5,20 m, dann ansteigt bis etwa zur Mitte des Altarms auf 6,60 m und anschließend abfällt bis zum Ende auf Fischerdorfer Seite auf erneut 4,30 m.

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Die Brücke ruht auf fünf Pfeilern: im Hauptarm auf zwei neuen und im Altarm auf den Bestandspfeilern der alten Bahnbrücke sowie auf einem neuen Pfeiler. Die neuen Pfeiler sind in der Achse der Pfeiler der Bahnbrücke angeordnet. Ihre Anordnung ergab sich somit aus den vorhandenen Pfeilerpositionen der benachbarten neuerrichteten bzw. aus denen der Bestandspfeiler der alten Bahnbrücke. Die Fachwerkträger weisen Diagonalen mit flachen Winkeln von 19–22° auf. In ihren Knotenpunkten sind die Anschlüsse untereinander sowie an Ober- und Untergurt ausgerundet, um den dynamischen Eindruck der Brücke zu unterstützen. Das Haupttragwerk besteht aus geschweißten Hohlkastenprofilen, die in weißer Farbe

5 Pfeiler in paralleler Anordnung © Raumzeit GmbH/Mayr Ludescher Partner/Fritsche Ingenieure

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4 Ausrundung aller Anschlüsse © Raumzeit GmbH/Mayr Ludescher Partner/Fritsche Ingenieure

beschichtet sind. Zwischen den Höhenlagen der Beton- (neu) bzw. Granitpfeiler (alt) und dem Fachwerkträger vermitteln M-förmige Stahlstreben mit Rundrohrprofilen, deren Höhe zwischen 3 m und 5,50 m variiert. An den beiden Bestandspfeilern sowie dem neuen Pfeiler auf Fischerdorfer Seite sind sie in Längsrichtung vertikal gelenkig konzipiert, bei den zwei neuen im Hauptarm hingegen unverschieblich mit den Pfeilern und dem Fachwerkträger verbunden. Die Streben sind hierfür auch in der Längsansicht V-förmig geneigt und stellen somit den horizontalen Festpunkt dar. Der Gradientenverlauf gliedert sich in zwei Geraden, an den beiden Enden der Brücke, sowie in drei Kreissegmente in der Mitte mit Radien von ca. 2.500–7.000 m. Die Steigung der beiden Geraden beträgt 3 %, wobei sich die Neigung auf Deggendorfer Seite in einer Erdrampe fortsetzt, die im rechten Winkel auf den Hochwasserdeich führt. Auf Fischerdorfer Seite endet die Brücke direkt im rechten Winkel auf dem Hochwasserdeich, während ihre eigentliche Achse im Grundriss gerade verläuft. Die Breite der Brücke beträgt an der engsten Stelle, mittig über der Schifffahrtsstraße, ca. 5,20 m. Zu ihren beiden Enden hin aufgeweitet, ist sie auf Fischerdorfer Seite ca. 6,90 m und auf Deggendorfer Seite ca. 6,10 m breit.


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6 Isometrie der Brücke © Mayr Ludescher Partner

2 Tragstruktur 2.1 Überbau 2.1.1 Konstruktion Der Überbau besteht aus einem räumlichen Fachwerk, das als sechsfeldriger Durchlaufträger mit 455 m Gesamtlänge und einer größten freien Spannweite von 106 m über der Schifffahrtsstraße ausgebildet ist. Die Gurte und die Diagonalen sind als geschweißte Stahlhohlkästen in S 355 ausgeführt, welche in der geneigten Fachwerkebene orthogonale Querschnitte mit B x H = 40 cm x 50 cm bis 40 cm x 60 cm und Blechdicken von 12–80 mm aufweisen. Die gesamte Tragkonstruktion ist luftdicht verschweißt und mit hochwertigem Korrosionsschutz aus mehrlagiger Beschichtung geschützt.

7 Querschnitt in Achse 40 © Mayr Ludescher Partner

2.1.2 Stützen Bei dieser semiintegralen Brücke ist der Überbau mit den Pfeilern über in Querrichtung M-förmige, 3,00–5,50 m hohe Stützstreben monolithisch verbunden. Die Rohrdurchmesser betragen hierbei 273 mm mit Wandstärken von 8–30 mm. Die Längenänderungen aus Temperatur werden bei den neuen Pfeilern neben der Schifffahrtsstraße durch elastische Bettung im Baugrund und bei den übrigen Pfeilern durch die pendelstabartigen

Stützstreben aufgenommen. Während die in der Längsansicht V-förmigen Stützenböcke in Achse 20 und 30 unverschieblich in Pfeiler und Fachwerkträger eingespannt sind, wird bei den Pendelstützen in Achse 40, 50 und 60 die Verdrehung des Überbaus durch hochelastische Stützenfederlamellen aus hochfestem Feinkornbaustahl (S 690) ermöglicht. An den Widerlagern sind in Längsrichtung verschiebliche, klassische Brückenlager angeordnet.

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8 Brückenmontage am Vorplatz © Mayr Ludescher Partner

2.1.3 Knotenpunkte Aufgrund der flachen Winkel der Diagonalen und der Ausrundungen zu den Gurten ergeben sich geometrisch schwierige Knotenpunkte als geschweißte Bauteileinheit, welche mit den Gurtund Diagonalstäben stumpf verschweißt sind.

9 Vorgefertigte Knotenpunkte © Mayr Ludescher Partner

10 Auszug vom Werkstattplan © Mayr Ludescher Partner

2.1.4 Dynamische Untersuchungen Das Bauwerk wurde hinsichtlich dynamischer Einflüsse mittels Finite-Elemente(FE-)Berechnung untersucht, wobei die Schwingungsbeurteilung bei vorhandenem Publikumsverkehr auf der Brücke im Vordergrund stand. Hierzu wurden die ersten vier Eigenformen mit den zugehörigen Eigenfrequenzen für den Lastfall Eigengewicht (g) und den Lastfall Eigengewicht plus halbe Verkehrslast (g + q/2) ermittelt. Die dynamischen Einwirkungen aus Fußgängerverkehr werden dabei vorrangig von der Steifigkeit der Untergurtebene bestimmt. Der Untergurt kann als mehrfeldriger, durch die Diagonalen gestützter Durchlaufträger als vereinfachtes Ersatzsystem herausgelöst werden. Die Frequenzen wurden sowohl für das Gesamt- als auch für das vereinfachte Untergurtsystem berechnet.

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12 Ergebnisse der Eigenfrequenzberechnung © Mayr Ludescher Partner

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11 Lastfall g, vierte Eigenform; vertikale Systemanregung (Sinuswelle), Schwingungsdauer: 0,74 s, Eigenfrequenz: 1,36 Hz © Mayr Ludescher Partner


BRÜCKENBAUWERKE Die berechneten Eigenfrequenzen liegen für die Vertikalanregung zwischen 1,05 Hz und 1,53 Hz und für die Horizontalanregung (in Brückenquerrichtung) zwischen 0,88 Hz und 1,34 Hz. Ausgehend von der niedrigsten vertikalen Eigenfrequenz unter Eigengewicht (f = 1,23 Hz) und einer maximalen Verformung von 0,40 mm unter dem Ansatz einer Einmannlast von 0,70 kN, lässt sich gemäß »Christian Petersen: Stahlbau« die vorhandene Beschleunigung zu vorh. a = 0,26 m/s² bestimmen. Nach DIN EN 1990 können vertikale Beschleunigungswerte bis 0,70 m/s² als nicht störend angesehen werden. 2.2 Unterbauten 2.2.1 Allgemeines Der Überbau ist in sieben Achsen auf den Unterbauten gelagert. Durch die monolithische Verbindung von Überbau und Unterbau liegt eine elastische Lagerung der Brücke vor. Um den Ruhepunkt gezielt zu definieren, wurde im Bereich der Schifffahrtsrinne die Steifigkeit der Aufständerung gegenüber den anderen Pfeilerachsen deutlich erhöht. In diesen beiden Achsen beidseits der Schifffahrtsrinne kamen Pfeiler aus Stahlbeton mit Pfahlkopfplatte und Bohrpfahlgründung zur Ausführung. Bei den Pfeilern in den Achsen 40 und 50 wurden die Bestandspfeiler der ursprünglichen Eisenbahnbrücke aus den Jahren um 1890 in Granitbauweise integriert. Der Pfeiler in Achse 60 und die Widerlager sind auf Großbohrpfählen gegründet. 2.2.2 Achsen 20 und 30 Die beiden Pfeiler der Achsen 20 und 30 grenzen direkt an die Schifffahrtsrinne an, sie sind daher maßgeblich für den außergewöhnlichen Lastfall Schiffsanprall zu bemessen. Grundlage hierfür ist DIN 1055, Teil 9: – Wasserstraßenklasse VI b, – statische Stoßlasten mit dynamischem Lastfaktor DFL = 1,3, – FFstat = 14,00 x 1,30 = 18,20 MN (parallel zur Donaufließrichtung als Frontalstoß), – FLstat = 5,00 x 1,30 = 6,50 MN (quer zur Fließrichtung als Flankenstoß). Diese Last mit über 18 MN, ca. 1.800 t entsprechend, ist in horizontaler Richtung und für den zudem ungünstigen Zustand des höchsten schiffbaren Wasserstandes abzutragen. Zusätzlich ergibt sich hierfür der ungünstige Einfluss des geringen Eigengewichts der Brücke. Die Bemessung der Pfeiler mit Pfahlgründung wurde räumlich durchgeführt.

13 Pfahlgründung vor dem Bewehren der Pfahlkopfplatte © Josef Zwickl/Fritsche Ingenieure

Für die Pfahlkopfplatte wurde in Abstimmung mit dem geotechnischen Sachverständigen ebenfalls eine Bettung angesetzt. Zur Ausführung gelangte eine Pfahlgründung mit acht Pfählen d = 150 cm. Bei nur »klassischen« Lastannahmen ohne Schiffsanprall hätten zwei statt acht Pfähle genügt. Allerdings waren selbst acht Pfähle mit d = 150 cm alleine nicht ausreichend für die Aufnahme dieser immensen Horizontallast von ca. 18 MN. Unmittelbar oberstrom angrenzend befindet sich die neuerrichtete Eisenbahnbrücke in paralleler Lage. Die Pfeilerachsen neben der Schifffahrtsrinne liegen ebenfalls in einer Flucht zur Geh- und Radwegbrücke. Hieraus ergibt sich, dass ein direkter Anprall von oberstrom nicht auftreten kann. Für den Anprall von unterstrom auf die Pfeiler der Geh- und Radwegbrücke wurde hingegen in Abstimmung mit Bauherrn und Prüfingenieur die Pfeilergründung der Bahnbrücke als mitwirkendes Element herangezogen. Wichtiger Aspekt dabei war, dass die Bahnbrücke flach gegründet ist. Ein direkter, horizontaler Kontakt zur Fundamentierung der Bahnbrücke war aus statischen Gründen nicht möglich. Daher wurde ein Dämpferelement definiert und bautechnisch umgesetzt. Es ist als Stahlhohlprofil so ausgebildet, dass erst mit einer inneren Verformung im extremen Anprallfall die benachbarte Gründung des Bahnpfeilers aktiviert wird. Der hierfür maßgebende Weg wurde mit wenigen Zentimetern berechnet. Die gewählte Lösung für jenen Lastfall hat natürlich für beide Bauwerke einen positiven Effekt, da zum einen der Bahnpfeiler von unterstrom geschützt ist und für einen Anprall von oberstrom dann entsprechend der Pfeiler der Geh- und Radwegbrücke mitwirkt.

2.2.3 Bestandspfeiler Die verbleibenden Pfeiler der Achsen 40 und 50 bestehen aus großformatigem Granitquadermauerwerk, sind flach gegründet und wurden Ende des 19. Jahrhunderts hergestellt. Diese Granitquader sind sehr exakt bearbeitet worden, die Fugenbreiten liegen bei ca. 5 mm. In Abstimmung mit der Bundesanstalt für Wasserbau wurden unter Berücksichtigung ihrer Lage in einem Seitenarm der Donau Anpralllasten von 2 MN (Frontalstoß) definiert. Die Pfeiler mit den Querschnittsabmessungen von ca. 12 m x 2,50 m erscheinen zwar sehr massiv, haben jedoch hinsichtlich der Tragfähigkeit die Problembereiche in den Fugen des Granitmauerwerks durch die geringe Auflast der Brücke. Die rechnerischen Untersuchungen auf Basis von Energiebetrachtungen für den Lastfall Anprall ergaben geringe Horizontalverformungen als Verschiebung in einer »gebrochenen Fuge« von wenigen Zentimetern. Die rechnerischen Verformungen sind damit verträglich für den Überbau.

14 Bestandspfeiler mit temporärem Gleitlager © Josef Zwickl/Fritsche Ingenieure

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2.3 Ausstattung Der Gehweg der Brücke wird als Bohlenbelag mit offenen Fugen ohne Abdichtung ausgeführt. Die Bohlen sind ca. 100 mm dick und ca. 140 mm breit, die Fugen 12 mm breit. Als Holzart wurde Lärche gewählt, wobei nur kerngetrennte splintfreie Einschnitte der Sortierklasse S10 zulässig waren. Die Lärche wird unbehandelt verwendet, das Holz also mittels Kammertrocknung technisch getrocknet. Die Holzbohlen sind auf eine Radlast von 15 kN dimensioniert, ihre Länge beträgt ca. 4,05–5,85 m. Die Rutschhemmung wird über fünf oberseitige Nuten hergestellt. Das heißt, die Bohlen werden von oben in den Nuten mittels Senkkopfschrauben in Kantprofile mit Nietmuttern aus nichtrostendem Stahl verschraubt. Diese Profile liegen auf durchgehenden Elastomerbändern auf den Längsträgern der Überbaukonstruktion auf.

Als Absturzsicherung dienen beidseitig 1,20 m hohe Geländer mit einem oberen Abschluss aus Eichenholz, der einen Querschnitt von ca. 60 mm x 40 mm aufweist. Das Geländer wird auf den Stahlprofilen der Brücke aufgesetzt, überwiegend ca. 25 cm über Oberkante Gehweg. Als Geländerfüllung fiel die Wahl auf ein Edelstahlnetz mit einer Maschenweite von 60 mm, als Geländerstäbe sind beschichtete Flachstähle im Abstand von 1–2 m vorgesehen.

16 17 Quer- und Längsschnitt des Bodenaufbaus © Raumzeit GmbH/Mayr Ludescher Partner/Fritsche Ingenieure

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15 Längsträger der Überbaukonstruktion © Raumzeit GmbH/Mayr Ludescher Partner/Fritsche Ingenieure

Als Grundbeleuchtung kommen insektenfreundliche LEDs jeweils in den horizontal laufenden Querstäben über dem Gehweg zur Ausführung. Ihre Höhe über dem Boden variiert von 3,50–7,70 m, ihr Abstand untereinander von 12–18 m. Die Leuchten haben ein längliches Format und sind mittels Aussparungen im Stahlträger integriert. Durch den Rhythmus ihrer Anordnung bilden sie somit die Kontur der Brücke nach.


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2.4 Herstellung Generell wurde das Verfahren zur Herstellung des Überbaus dem Anbieter überlassen. Der Vorschlag seitens des Bauherrn bzw. der Planer war eine Errichtung über abschnittsweises Einheben oder Einschwimmen der leichten Stahlsegmente. Der Auftragnehmer wählte schließlich die Lösung »Einschieben des Überbaus von Süden«. Dieses Verfahren wurde bereits bei der benachbarten Eisenbahnbrücke ausgeführt. Wichtig war es, hierbei folgende Aspekte zu betrachten: – Durch das gestalterische Konzept mit den geneigten Fachwerkebenen ergibt sich ein variabler Achsabstand der ebenfalls geneigten Untergurte. Die Gleitebenen waren darauf abzustimmen und schräg anzuordnen. – Aus der Kombination von horizontal variablen Abständen der Untergurte und geneigten Gleitflächen ergeben sich je nach Zustand auch unterschiedliche vertikale Höhen der Lagerungspunkte. – Die statischen Zwischenzustände, insbesondere die großer Auskragungen, sind nachzuweisen, wodurch für das breite Flussfeld eine Zwischenunterstützung erforderlich wurde. Diese wurde letztlich mittels eines Mobilkranes hergestellt. Autoren: Dipl.-Ing. Hubert Busler Mayr Ludescher Partner, München Prof. Dr.-Ing. Thomas Fritsche Fritsche Ingenieure, Deggendorf Dipl.-Ing. Architekt Jan Läufer Raumzeit GmbH, Berlin

18 Temporäre Unterstützung beim Verschieben © Josef Zwickl/Fritsche Ingenieure

Bauherr Stadt Deggendorf Objekt- und Tragwerksplanung Planungsgemeinschaft Donausteg Deggendorf Raumzeit GmbH, Berlin Mayr Ludescher Partner, München Fritsche Ingenieure, Deggendorf Prüfingenieur Landesgewerbeanstalt Bayern, Hauptstelle Nürnberg Bauausführung Kran- und Stahltechnologie Berlin GmbH DSD Brückenbau GmbH, Saarlouis Max Streicher GmbH & Co. KG aA, Deggendorf

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AKTUELL Laudatio zur Berufung von Dr. Uwe Willberg an die Technische Universität München

Honorarprofessur für »Lebenszyklus von Brücken- und Ingenieurbauwerken« von Victor Schmitt

Nach der offiziellen Verleihung der Honorarprofessur an Dr.-Ing. Uwe Willberg Ende Juli fand dann am 21. November eine Feier statt, und zwar am Vorabend des 17. Münchner Massivbau Seminars, in dessen Rahmen auch die entsprechende Würdigung erfolgte. Dass der Lehrstuhl für Massivbau der Technischen Universität München (TUM) durch diese Berufung einen ausgewiesenen Fachmann hinzugewonnen hat, zeigt die Laudatio, die hier nachstehend in Auszügen wiedergegeben wird. Lehre und Berufspraxis Wie wird man eigentlich Honorarprofessor. Außerhalb der Hochschule hat man darüber zuweilen abenteuerliche Vorstellungen, aber es gelten das bayerische Hochschulgesetz und die TUM-Richtlinien zur Bestellung von Honorarprofessoren mit strengen Regeln. Ich darf aus den Richtlinien zitieren: »Die Ernennung von Honorarprofessoren obliegt dem Präsidenten; das vorangehende Verfahren liegt in der Zuständigkeit der jeweiligen Fakultät. Honorarprofessoren ergänzen als akademische Lehrer die Kernfächer der TUM, indem sie insbesondere Spezialgebiete vertreten, berufspraktische Erfahrungen einbringen und die Lehrgegenstände auch unter wirtschaftlichen sowie gesellschaftspolitischen Gesichtspunkten vermitteln. Die Lehrveranstaltungen müssen in das Gesamtportfolio der Fakultät bzw. Universität passen; sie werden von den Studierenden regelmäßig evaluiert.« Die Richtlinien zur Ernennung sind wirklich streng, und das Ergebnis dieser Auslese kann sich sehen lassen… Würdigung und Gratulation Prof. Dr. Uwe Willberg wurde 1959 in Würzburg geboren, ist verheiratet und hat drei Kinder. Nach dem Abitur 1978 leistet er den Grundwehrdienst bei der Bundeswehr ab und studiert anschließend von 1979–1984 an der TUM mit Abschluss als Diplomingenieur. In einer Referendarzeit von 1984–1986 lässt er sich zusätzlich für den Höheren bautechnischen Verwaltungsdienst des Freistaates Bayern mit einem Abschluss als Regierungsbaumeister ausbilden.

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Zwölf Jahre arbeitet er in der Folge bei der Autobahndirektion Nordbayern als Referent für Planung, Ausschreibung, Vergabe und Bau von Ingenieurbauwerken. Insgesamt sind es über150 Ingenieurbauwerke, die von ihm als Bauherrenvertreter verantwortet werden, darunter über zehn große Talbrücken und die große Lärmschutz-Einhausung der Bundesautobahn A 3 bei Hösbach. Ich habe ihn in dieser Zeit als Auftraggeber für Ingenieurplanungen kennengelernt, da Objektplanungen zum großen Teil an Ingenieurbüros vergeben werden. Er hat sich schnell zu einem kompetenten Bauherrenvertreter entwickelt mit Verantwortung für die Auswahl der Planungspartner, Gestaltung des Bauwerks, Wahl der Bauverfahren, Ausschreibung der Bauvorhaben, Wertung der Angebote und der Nebenentwürfe der Anbieter, so dass wir es bedauert haben, dass er im Jahr 1998 als Assistent an die TUM zum Lehrstuhl für Bau von Landverkehrswegen wechselte. (...) Am 26. Juli 2001 promoviert er mit dem Thema »Asphaltschichten auf hydraulisch gebundenen Tragschichten – Untersuchungen zum Tragverhalten«. Nach dieser Zwischenstation bei der TUM kehrt er 2001 in die Staatsbauverwaltung zurück und wird als Sachgebietsleiter bei der Autobahndirektion Nordbayern in Nürnberg zuständig für die gesamte Planung, die Ausschreibung, die Vergabe der Bauleistungen und den Bau von Brücken und sonstigen Ingenieurbauwerken. Zusätzlich gibt er Entwurfs- und Ausführungspläne frei und ist zuständig für Fragen der Bauabwicklung einschließlich Vertragswesen, des Bauwerksunterhalts und der -instandsetzung. 2003 wird er Abteilungsleiter für den Brücken- und Ingenieurbau bei der Autobahndirektion Südbayern in München einschließlich der Dienststellen in Kempten und Regensburg. Damit ist er verantwortlich für über 3.100 Ingenieurbauwerke, davon über 1.900 Brücken, davon über 100 Großbrücken und 13 Tunnel. (…) Daneben war er seit dem Wintersemester 2005–2006 bereit, seine Erfahrungen und Kenntnisse als Lehrbeauftragter der TUM beim Lehrstuhl für Massivbau durch die Vorlesung »Erfahrungen bei Planung, Bau und Erhaltung von Massivbaubrücken« und seit 2010 zusätzlich mit der Vorlesung »Lebenszyklus von Brücken« weiterzugeben.

Mit seiner Ernennung ist es dem Präsidenten der TUM gelungen, eine herausragende Persönlichkeit zu binden, die Planung, Bau und den Unterhalt von Verkehrsinfrastruktur unter gestalterischen, rechtlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gesichtspunkten vermitteln kann. Er hat 25 Jahre Erfahrung als Bauherr, weiß um die Notwendigkeit, Verkehrsbauwerke nicht nur dauerhaft, sondern auch umbaufähig auszulegen, er kennt die Vorteile und die Grenzen integraler Bauwerke, er weiß, in welchem Umfang Vergabeverfahren in die Wirtschaftlichkeit beim Bau der Infrastruktur eingreifen, und er kann seine Kenntnisse vermitteln.

Dipl.-Ing. Victor Schmitt, Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Wirt. Ing. Oliver Fischer, Prof. Dr.-Ing. Uwe Willberg, Prof. em. Dr.-Ing. Dr.-Ing. h. c. Herbert Kupfer (v.l.n.r.) © Technische Universität München

Wir gratulieren der Universität, der Fakultät, dem Lehrstuhl Massivbau zu dieser Berufung und Ihnen Prof. Dr. Willberg zur Ernennung. Wir hoffen, dass Sie trotz der Vorliebe der TUM zu Anglizismen und zur englischen Sprache Ihre Vorlesungen auch in Zukunft in Deutsch halten werden. Bauingenieure müssen nicht nur gut planen, berechnen und ausführen können, sie müssen auf der Grundlage ihrer Kenntnisse auch gut formulieren und überzeugen können, vor allem in ihrer Muttersprache. Herr Prof. Dr. Willberg, wir wünschen Ihnen bei Ihrem Wirken an der TUM viel Freude und Anerkennung. Autor: Dipl.-Ing. Victor Schmitt SSF Ingenieure AG, München


AKTUELL Fachtag Brückenbau von bauforumstahl in Velbert

Integrale Stahlverbundbrücken als Thema von Jutta Hölcke-Jung, Stefan Teufel

Annähernd 200 Ingenieure und Planer aus den Bauverwaltungen des Bundes und der Länder, der Deutschen Bahn AG, aus verschiedenen Hochschulen sowie von Mitgliedsunternehmen waren der Einladung von bauforumstahl e.V. in Zusammenarbeit mit der Fachgemeinschaft Brückenbau des Deutschen Stahlbau-Verbandes DSTV gefolgt und fanden sich Anfang Oktober zum »Fachtag Brückenbau 2013« in Velbert ein, der wiederum mannigfaltige Erkenntnisse vermittelte. Ausgewählte Beispiele Das Thema »Integrale Brücken« wird seit geraumer Zeit intensiv diskutiert: ein Anlass, um es im Rahmen des sogenannten Fachtags Brückenbau in Velbert einmal anhand bereits fertiggestellter oder erst im Entstehen begriffener Bauwerke näher zu beleuchten. Für diese Aufgabe konnten kompetente Referenten gewonnen werden, die hier die Vor- und Nachteile eines Entwurfs- und Konstruktionsprinzips veranschaulichten, das inzwischen vielerorts zur Anwendung kommt. Nach der Begrüßung durch Dipl.-Ing. Volker Hüller, bauforumstahl e.V., übernahm Dr.-Ing. Dieter Reitz, Fachgemeinschaft Brückenbau, die Moderation und führte souverän durch das Programm. Und das begann mit dem Vortrag von Dipl.-Ing. Hans-Joachim Casper, SSF Ingenieure AG, München, und Dipl.-Ing. Wolfgang Eilzer, Leonhardt, Andrä und Partner, Beratende Ingenieure VBI AG, Stuttgart, die ihre Präsentation mit »Integrale und semiintegrale Bauwerke – Gestalterisch ansprechende

Exkursion zur Brücke Ganslandsiepen © Karl-Heinz Isselmann/Donges SteelTec GmbH

und wirtschaftliche Brücken aus Stahl« betitelt hatten und an diversen Vorbildern zeigten, dass und warum überzeugende Lösungen durchaus realisierbar sind. Dipl.-Ing. Winfried Glitsch, DEGES Deutsche Einheit Fernstraßenplanungsund -bau GmbH, Berlin, der als Nächster sprach, wurde in verschiedene Ausschüsse und Gremien mit der Thematik »Integrale Bauweise« unter anderem beim Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung entsandt und vermochte deshalb fundiert über die zu beachtenden Regelwerke zu informieren, ebenso aber über die bisher in der Schweiz und in Österreich gewonnenen Erfahrungen. Dipl.-Ing. Günther Dorrer, Bilfinger MCE GmbH, Linz, lenkte den Blick hingegen nach Tschechien, indem er die wesentlichen Merkmale der Talbrücke Lockkov und damit eines Großprojektes erläuterte, das am Ring um Prag errichtet wurde. Danach verdeutlichte Dipl.-Ing. Jutta Swadlo, Projektleitung Neubau A 44 beim Landesbetrieb Straßenbau NordrheinWestfalen, welche Brücken in dem von ihr betreuten Streckenabschnitt der Bundesautobahn A 44 konzipiert oder schon verwirklicht worden sind, wobei sie sich primär auf die in semiintegraler Bauweise geplanten Beispiele konzentrierte. Die Vortragsreihe endete dann mit Dipl.-Ing. Stephan Langer, Donges SteelTec GmbH,

Darmstadt, der die Charakteristika von Fertigung und Montage bei der Talbrücke Ganslandsiepen, einem gleichfalls an der A 44 gelegenen Bauwerk, einprägsam zu beschreiben wusste und derart auch einen Ausblick auf die am Nachmittag stattfindende Exkursion lieferte. Zunächst folgten aber noch die von Dr. Bernhard Hauke, bauforumstahl, geleitete Diskussion und das von ihm formulierte Schlusswort. Fachausstellung und Exkursion Eine Fachausstellung, die in den Pausen rege besucht wurde, rundete den Fachtag Brückenbau genauso ab wie die zahlreichen Möglichkeiten zum kollegialen Austausch während der gesamten Veranstaltung. Nach dem Mittagessen starteten zudem mehrere vollbesetzte Busse zur Baustelle »Brücke Ganslandsiepen«, da sie unter der Führung von Dipl.-Ing. Stephan Langer besichtigt werden sollte. Dort eingetroffen, galt das Hauptaugenmerk aller Teilnehmer primär der Montagetechnik, zumal selbige in der Form ansonsten sicherlich nur selten zu begutachten sein dürfte. Autoren: Jutta Hölcke-Jung Eltville am Rhein Stefan Teufel Wiesbaden

Kompetente Referenten, konzentrierte Teilnehmer und ein bestens gefülltes Auditorium © Karl-Heinz Isselmann/Donges SteelTec GmbH

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AKTUELL »Tag der Technik« von Eiffel Deutschland Stahltechnologie

Zukunftsweisende Entwicklungen im Stahl(brücken)bau von Siegfried Löffler

Wenn ein bedeutendes Unternehmen wie Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH zu einer Veranstaltung in den eigenen Werkshallen einlädt, dann darf, ja muss man gespannt sein, werden doch fast unweigerlich hohe Erwartungen geweckt – an hervorragende Produkt- und Projektpräsentationen, an aufschlussreiche Führungen durch Fertigung und Lager sowie an einen lebhaften, ebenso informativen wie kurzweiligen Austausch unter sämtlichen Anwesenden. Und all diese Erwartungen konnte der »Tag der Technik« am 23. November in nachgerade exemplarischer Weise erfüllen, indem er gleichermaßen fachliche Ein- und Ausblicke wie die Möglichkeit zum zwanglosen Kommunizieren bot. In ausgesprochen anregender, mehr als kollegial zu nennender Atmosphäre ablaufend, fanden die einzelnen Programmpunkte infolgedessen bei den 240 Gästen, Geschäftsfreunden und -partnern, Eiffel-Mitarbeitern und deren Familien großen bis größten Anklang.

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Eintreffen der ersten Gäste © Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH

Programm mit Perspektiven Für seine Begrüßung hatte Dipl.-Ing. Uwe Heiland, Geschäftsführer von Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH, den Titel »Einfach. Leistung« gewählt und sich damit für eine Wort- oder Begriffskombination entschieden, in der sich Anspruch und Selbstverständnis dieses Unternehmens ausdrücken, die also genau das widerspiegelt, was hier anzutreffen ist: natürlich Kompetenz und Qualitätsbewusstsein, zugleich aber Begeisterung und die Bereitschaft zur Entwicklung von Innovationen, ein breites, kontinuierliches wachsendes Spektrum an Tätigkeitsfeldern und, keinesfalls zu vergessen, ein Betriebsklima, das sich im besten Sinne als vorbildlich bezeichnen lässt. Letzteres explizit zu betonen und als Basis einer Firmenkultur wertzuschätzen, die man aus Überzeugung praktiziere, da sie eine jede Herausforderung zu bewältigen

Mannigfaltige Gelegenheiten für Gespräche © Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH

Dipl.-Ing. Uwe Heiland bei der Begrüßung © Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH

helfe, war ihm daher auch erkennbar wichtig, wobei er in seiner sehr launigen, motivierenden und viel Witz bekundenden Rede nicht minder zu erwähnen vergaß, welche Neuerungen und (Groß-)Projekte in den vergangenen Monaten gemeinsam realisiert worden waren. Danach übergab er das Mikrophon an Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn, Verlagsgruppe Wiederspahn, der nun als Moderator fungierte. Die Einladung zum »Tag der Technik« in Hannover richtete sich an Geschäftsfreunde und -partner sowie die Mitarbeiter von Eiffel und deren Familien – und sie alle kamen in großer Zahl, um eine Veranstaltung zu besuchen, die dank ihres abwechslungsreichen Programms mannigfaltige Perspektiven eröffnete und zudem das Zusammengehörigkeitsgefühl bemerkbar zu vertiefen förderte. Und so gliederte sich die vorgesehene Abfolge gezielt nicht nur in einen fachorientierten Auftakt und den geselligen Teil zum Ausklang, sondern die kleineren wie die schon etwas älteren Kinder hatten zusätzlich die Gelegenheit, am Vor- und Nachmittag in einem separaten Raum mit Legosteinen zu spielen oder eben unter Anleitung in einer eigens dafür zur Verfügung gestellten Lehrwerkstatt zu experimentieren, sich ein bisschen im Bohren, Schleifen und Schneiden von Stahl auszuprobieren.


AKTUELL

Vier Vortragspräsentationen in Dialogform © Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH

Vorträge und Führungen Auf einem ähnlichen Gedanken, nämlich Informationen fundiert und dennoch unterhaltsam zu vermitteln, beruhte die Konzeption der Vorträge, weshalb sie in Form von vier Dialogen zwischen Moderator und Referenten präsentiert wurden. Dass sie derart auf einhelliges Interesse stießen, zeigte sich bereits bei Dipl.-Ing. Thomas Stihl, Eiffel, der den Anfang machte und, assistiert von Dr. Stephen Kennedy aus Kanada, dem Erfinder des Steel-Plate-Systems, die Charakteristika eines neuen, zum Gebrauchsmusterschutz angemeldeten Verfahrens zum Umbau vorgefertigter Platten veranschaulichte. Als Nächste betraten Stephan Fabig, Eiffel, und M. Sc. Eng. Michal Stec vom Ingenieurbüro Simulate First das Podium, um mit der »Simulation einer Einzelteilfertigung« eine Methode zu erläutern, die deutschland- oder sogar europaweit jetzt erstmals in Hannover zur Anwendung gelangt. Nach ihrer präzisen Beschreibung jener Technologie erörterte dann, wiederum im Frage-Antwort-Modus, Dipl.-Ing. Umut Kabayoglu die von Eiffel entwickelte und gleichfalls zum Gebrauchsmusterschutz angemeldete Lösung zur Herstellung der Stahl-Fahrbahnen einer außergewöhnlichen Hubbrücke, die derzeit in Botlek, einem Hafen- und Industrie-

gebiet von Rotterdam, verwirklicht wird. Für die thematisch passende Ergänzung sorgte anschließend Dipl.-Ing. Bernd Thauern, indem er anhand eines Modells demonstrierte, wie eine aktuelle, von Eiffel konstruierte und vermutlich in Bälde Patentrecht genießende Innovation funktioniert: ein universelles BrückenVerschubsystem, dessen Einsatz sich aus wirtschaftlichen Gründen gerade bei (Tal-)Querungen mit hohen Pfeilern empfiehlt. Darüber hinaus wurden vier geführte Rundgänge, nach jedem Vortrag einer, angeboten, die sich allesamt beträchtlicher Resonanz erfreuten, erlaubten sie doch, Einblicke zu gewinnen, die sonst kaum möglich sind, wie etwa CNC-Ma-

schinen, Schweißgeräte und -roboter, Krananlagen und Transportfahrzeuge sowie Cache-Prozesse in quasi voller Aktion zu beobachten. Nach dem letzten dieser Rundgänge versammelten sich die Gäste wie zuvor in der als Veranstaltungsraum dienenden und mit Bühne, Tischen und Bänken bestückten Korrosionsschutzhalle, wurde das Buffet offiziell eröffnet, begannen sich die Gespräche in lockerer Gruppierung erneut zu intensivieren – und näherte sich insofern ein absolut gelungener »Tag der Technik« peu à peu dem Ende. Autor: Siegfried Löffler Fachjournalist, München

Einblicke bei laufendem Betrieb © Sabine Meyer/Verlagsgruppe Wiederspahn

Geführte Rundgänge mit Erläuterungen © Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH

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PRODUKTE UND PROJEKTE Errichtung durch Max Bögl

Stadsbrug Nijmegen Als neues Wahrzeichen Nijmegens verbindet ab Herbst 2013 ein 1.825 m langer Brückenzug mit seiner stählernen Bogenstruktur über den Fluss Waal die Stadtteile West und Nord. Beauftragt für die Realisierung des niederländischen Vorzeigeprojektes sind die BAM Civielb.v. und die Max Bögl Nederland – unter Beteiligung der Geschäftsbereiche Ingenieurbau, Stahl- und Anlagenbau, Spezialtiefbau sowie Transport und Geräte. Im April 2012 erreichten die letzten Stahlsegmente der 285 m langen und 60 m hohen Netzwerk-Bogenkonstruktion per Schiffstransport ihr Ziel in Nijmegen, bereits im Mai begann dann ihre Vormontage. Nachdem das Brückendeck größtenteils fertiggestellt war, konnten die Traggerüste zur spannungslosen Auflagerung der beiden Bogenhälften aufgebaut werden. Anschließend wurden die insgesamt zwölf Bogensegmente (Bogen 2–7, Nord und Süd) auf das Brückendeck abgelegt, danach hoben zwei Raupenkrane vom Typ Liebherr LR 1350 die ca. 17 m langen und bis zu 160 t schweren Elemente ein. Der vormontierte Bogen wurde in zwei Schritten in Endlage gebracht: Im ersten Schritt zogen insgesamt vier Litzenheber mit jeweils 450 t Hubkraft die beiden Bogenhälften in der Mitte um ca. 20 m nach oben, so dass der Scheitelstoß verschweißt werden konnte. Nachfolgend wurde der zweite Litzenhub durchgeführt und mit diesem Montageschritt der knapp 1.200 t schwere Bogen zugleich um weitere 40 m in Endlage hochgezogen. Für beide Litzenhübe musste dazu in Brückenmitte eine 70 m hohe Portalstütze mit Längsabspannung errichtet sowie zur Stabilisierung des Brückenbogens während der beiden Hubvorgänge Zugbänder von Bogenende zu Bogenende eingebaut

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werden. Das kleine Zugband für den Litzenhub 1 bestand aus zwei Litzenhebern mit 650 t Hubkraft je Bogenhälfte und wurde mit etwa 13 MN vorgespannt. Vor dem Litzenhub 2 wurde das kleine Zugband durch ein großes (zwei Litzenheber à 850 t Hubkraft, Vorspannung 17 MN) ersetzt, welches später für den Einschwimmvorgang benötigt wurde. Parallel zur Bogenvormontage und zum Aufbau der Hilfsstütze III erfolgte die Anordnung der beiden ca. 55 m hohen Hilfsstützen II Nord und II Süd. Mit Achsmaßen von 12 m x 12 m und einem Gewicht von je 350 t dienten sie zum einen als Auflager für die Bogengabeln bzw. die Montage des kompletten Bogens, zum anderen aber auch zum Hochziehen der vormontierten Bogenhälften in Endlage, und zuletzt waren sie natürlich die maßgebenden Tragelemente für den Einschwimmvorgang. Nachdem die Fahrbahn am südlichen Ende fertiggestellt war, erfolgte der Einhub der ersten zwei Torpfostensegmente mit Einzelgewichten von 140 t. Die schräg im Raum liegenden Bauteile lagerten am oberen Ende auf der Hilfsstütze I auf und bildeten die Basis für die Montage der Bogengabel und des -segmentes 1. Die weitere Montage dieser Bauteile wurde im Freivorbau vorgenommen, erst das Bogensegment 1 lag dann wieder auf der Hilfsstütze II auf. Die Vormontage des Bogens wurde Ende Juli abgeschlossen. Einen Monat später waren auch der Litzenhub 1 und der Beginn der Einhübe Torpfosten, Gabel im Norden eingetaktet, so dass der Litzenhub 2 planmäßig im Herbst 2012 stattfinden konnte. Nachdem die beiden Bogenenden mit den bereits montierten Gabelbereichen Nord und Süd verbunden wurden, ließen sich die Kopfpunkte der Hilfsstütze II Nord und Süd sowie die Hilfsstütze III demon-

Präzises Einschwimmen der Stadsbrug Nijmegen © Thea van den Heuvel/DAPh

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Drehung der Bogenkonstruktion um 90° © Thea van den Heuvel/DAPh

tieren. Die so gewonnene Baufreiheit war gleichzeitig Voraussetzung für den Beginn der Seilmontage. Die im Durchmesser 72–95 mm messenden, vollverschlossenen Spiralseile mit einem Gesamtgewicht von ca. 135 t wurden in zwei Phasen montiert: In Phase I wurden 44 von insgesamt 60 Seilen eingebaut. Dies resultierte einerseits aus geometrischen Zwängen (Kollision mit Hilfsstützen II), andererseits aus den statischen Vorgaben bei der Betrachtung des Einschwimmvorganges. Die restlichen 16 Seile wurden erst nach dem Einschwimmen des Stahlüberbaus, aber vor dem Beginn der Betonage der Fahrbahn gespannt. Zum Ende des Jahres 2012 konnte mit der Bereitstellung des Stahlüberbaus zum Einschwimmen bzw. mit dem Einbau der Seile in Phase I ein weiterer Meilenstein erreicht werden. Ab Januar 2013 wurde dann mit den Vorbereitungsmaßnahmen für das Einschwimmen begonnen. Dazu wurde jeweils die Hilfsstütze II Nord und

Zugbanddemontage mit neun Autokranen © Firmengruppe Max Bögl


PRODUKTE UND PROJEKTE

Zwei Perspektiven: Stahlüberbau kurz vor Fertigstellung © Thea van den Heuvel/DAPh

Süd am Bogen fixiert, so dass die darunter liegenden Fundamente abgebrochen und mit den erforderlichen Baggerarbeiten zum Einfahren der Pontons begonnen werden konnte. Parallel dazu wurden die Hubportale an den vier Endpunkten des Stahlüberbaus aufgebaut und mit Litzenhubeinrichtungen bestückt. Diese dienten dazu, den kompletten Stahlüberbau um etwa 10 m hochzuziehen, um die Pontons mit den entsprechenden -aufbauten unter den Überbau einfahren zu können. Nachdem der Hubvorgang im April 2013 abgeschlossen wurde, erfolgten die Lastübernahme der Stahlbrücke auf die Pontons und der Rückbau der Hubportale.

Das Einschwimmen des 285 m langen und rund 8.000 t schweren Stahlnetzwerkbogens fand dann am 20. April 2013 unter reger Beteiligung der Öffentlichkeit statt. Der streng vorgegebene Zeitrahmen von 10 h Sperrpause für die Schifffahrt wurde dank einer detaillierten Terminplanung perfekt eingehalten, so dass die Schifffahrt planmäßig wieder freigegeben werden konnte. Im Anschluss erfolgte der Rückbau der Hilfsstütze II Nord und Süd mittels Raupenkranen von Land aus, womit die Baufreiheit für den zweiten Teil der Seilmontage geschaffen wurde. Die restlichen 16 Seile konnten so planmäßig unter ständiger Kontrolle von Geometrie und Kraft montiert werden.

Nun waren die Voraussetzungen geschaffen, um mit der Vollendung des Überbaus (Betondeck, Asphalt, Betongleitwände etc.) beginnen zu können. Neben den Korrosionsschutzarbeiten war die Demontage des großen Zugbandes die letzte Herausforderung der Stahlbaumontage. Das aus 55 Litzen bestehende Paket wurde mit neun Autokranen, die auf dem fertig betonierten Brückendeck positioniert waren, auf das Fahrbahndeck abgelassen und dort demontiert. Die Restarbeiten laufen noch bis Herbst 2013, so dass die Übergabe an den Auftraggeber planmäßig vonstattengehen kann. www.max-boegl.de

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PRODUKTE UND PROJEKTE Ungewöhnliche Flügelwandformen dank Noe-Schaltechnik

Brückenbauwerk bei Chemnitz-Adelsberg Die neue Brücke über die B 174 bei Chemnitz-Adelsberg ist als Rahmenbauwerk mit einer Länge von ca. 60 m und einer Breite von mehr als 10 m ausgebildet. Da sich die Fahrbahn hier auf einer Seite aufweitet, mussten zwei unterschiedliche Widerlager errichtet werden: eines mit geraden und das andere mit runden Flügelwänden, wobei die Herstellung beider mit Systemen von Noe-Schaltechnik erfolgte. Die Trägerschalung NoeEratio eignet sich besonders für den anspruchsvollen Brückenbau, denn durch ihre Elementbreiten von 100–300 cm im 25-cm-Raster sind nahezu alle Geometrien ohne zeitaufwendige Ausgleichsfelder realisierbar, und zwar bei einem Betondruck von 30–60 kN/m². Die NoeTop R 275 Rundschalung bietet sich wiederum für Radien ab 2,75 m an und steht in den Elementhöhen 3,00 m, 1,50 m und 0,75 m zur Verfügung, die sich natürlich aufstocken lassen. So gehört es zum Standardservice von Noe-Schaltechnik, bei allen Rundschalungen den ersten Radius, der jeweils benötigt wird, schon ab Werk vorzufixieren und die Elemente auf die Kompletthöhe aufzustocken, also die Schalung einsatzfertig zu liefern. Um den Materialbedarf möglichst gering zu halten, kam zunächst das Widerlager mit den geraden Flügeln zur Ausführung, anschließend wurde für das zweite Widerlager der vordere Bereich komplett umgesetzt und mit der Rundschalung ergänzt. Als Hilfe für die Positionierung dieser Strukturelemente hatte man ihre Lage im Werk bereits angezeichnet, so dass ein bauseitiges, zeitaufwendiges Einmessen entfiel.

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Bauwerksaufweitung nach Fertigstellung © Noe-Schaltechnik Georg Meyer-Keller GmbH + Co.

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Kombinierter Einsatz von Systemen © Noe-Schaltechnik Georg Meyer-Keller GmbH + Co.

Errichtung unterschiedlicher Widerlager © Noe-Schaltechnik Georg Meyer-Keller GmbH + Co.

Der Bauherrenvertreter, das heißt die Niederlassung Plauen des Landesamtes für Straßenbau und Verkehr, sieht für alle Brücken entlang der B 174 ein besonderes Gestaltungskonzept vor: Die Bauwerke sind in Sichtbetonklasse SB 3 auszuführen. Bei Chemnitz-Adelsberg war daher ein schräg verlaufendes, streifenförmiges

Relief gefordert, das auch verwirklicht wurde, indem glatte, saugende Schalbeläge in versetzter Lage montiert und mit Dreikantleisten zusätzlich untergliedert wurden. www.noe.de

Oberfläche mit Relief © Noe-Schaltechnik Georg Meyer-Keller GmbH + Co.


PRODUKTE UND PROJEKTE Europäische Zulassung(en) für Maurer Söhne

Kalottensegmentlager, Gleitlack und … Rechteckig wie ein Rollenlager, dabei aber um alle Achsen verdrehbar, das ist das Hauptmerkmal der neuen Kalottensegmentlager, für die Maurer Söhne nun eine europäische Zulassung (ETA) bekommen hat. Diese ETA birgt weitere Innovationen: einen Gleitlack, der gegen Korrosion schützt und gleichzeitig Last und Bewegung aushält, sowie ein MehrflächenKalottenlager, das die Reibung im Lager von der Bauwerkspressung entkoppelt. Die Neufassung der Europäischen Technischen Zulassung ETA-06/0131 MSM® Kalotten- und Zylinderlager gilt bis Mitte 2018. Und man hätte den Titel auch ändern können, denn das neuartige und patentierte Kalottensegmentlager ist ein »Mischling« aus Kalotten- und Zylinderlager. Beim Austausch alter Rollenlager ist der rechteckige Grundriss vorgegeben. Gleichzeitig sollen die neuen Lager alles können, was ein MSM® Kalottenlager leistet. Doch eine runde Kalotte ergibt nun mal einen quadratischen Grundriss, außer man schneidet rechts und links ein Stück ab … und genau das hat Maurer Söhne gemacht. Was wie eine Schnapsidee klingt, bedeutete ein geharnischtes Maß an Herausforderungen, zum Beispiel: Wie hält man die Kalottenkrümmung einerseits niedrig bzw. flach genug, dass der Druck sich gleichmäßig verteilt, andererseits hoch bzw. gerundet genug, dass das Kalottensegment nicht herausrutscht? Zudem braucht das neue Lager einen Anschlag, damit sich das Kalottensegment nicht herausdrehen kann. Auch die Herstellung des Gleitwerkstoffs MSM® und dessen Einfassung waren nicht einfach, die rechteckige Lagergrundform verursacht im Kalottensegment schließlich eine recht komplizierte Geometrie, weil es in alle Richtungen gekrümmt ist. Die europäische Zulassung zeigt, dass Maurer Söhne diese Herausforderungen gemeistert hat: Kalottensegmentlager haben einen rechteckigen Grundriss und sind um alle Achsen verdrehbar. Eine Besonderheit von Rollenlagern ist zudem, dass sie den horizontalen Gleitweg oben und unten gleichermaßen aufteilen. Und das ist ebenfalls leistbar: mit dem DoppelKalottensegmentlager. Wie in einem Sandwich schwimmt das Segmentlager dann zwischen zwei Gleitflächen oben und unten, wobei seitliche Anschläge die Horizontalbewegungen führen.

Innovation Nummer zwei ist ein revolutionärer Gleitlack, den Maurer Söhne zusammen mit Allnex entwickelt hat, einem führenden Hersteller von Bindemitteln und Additiven: eine Beschichtung, die gegen Korrosion schützt und gleichzeitig Reibung und Druck aushält. Der entscheidende Durchbruch gelang 2011, als erstmals Kurzzeitversuche mit einer Zwei-Schicht-Lösung erfolgreich waren. In der Folge wurden die beiden Schichten optimiert. Die erste ist für den Korrosionsschutz zuständig, die zweite ist so hart, elastisch und gut haftend, dass sie den typischen mechanischen Beanspruchungen in einem Gleitlager standhält, nämlich hohen Lasten und Reibung. In der ETA-06/0131 ist der Gleitlack nur für Führungen und Gebäude zugelassen, doch das hatte rein zeitliche Gründe. Für weitere Zulassungen sind länger dauernde Versuche erforderlich, die bereits »laufen« und äußerst vielversprechend sind. Der neue Gleitlack beschleunigt und verbilligt im Übrigen die Produktion, da die Schichten einfach im Werk aufgebracht werden können. Neu in der ETA zugelassen ist darüber hinaus die Aufteilung des Gleitwerkstoffs MSM® in mehrere Flächen. Aktuell genutzt wird das in Form konzentrischer Ringe. Was ist die Konsequenz? MSM® hat die Eigenschaft, dass es bei höherem Druck eine niedrigere Reibung hat, was zwar erwünscht ist, aber: Die angrenzenden Bauteile werden durch die höhere Pressung belastet. Verwendet man nun Ringe statt einer ganzen Platte, haben diese weniger Fläche und damit niedrigere Reibung. Andererseits lässt sich die Grundfläche des Lagers so vergrößern, dass die Pressungen im Bauwerk im Rahmen bleiben. Eine weitere Innovation in der erneuerten ETA sind »spielfreie Führungen« und geführte Lager mit »Arretierungsring«: Spielfreie Führungen werden zunehmend interessant für Bahnbrücken mit fester Fahrbahn. Entscheidend ist, dass die Führungen justierbar sein müssen. Der neue Arretierungsring wiederum legt sich rings um eine Kalotte und ermöglicht damit die uneingeschränkte Verdrehbarkeit um die Hochachse. www.maurer-soehne.de

Rechteckiges Kalottensegmentlager als Neuentwicklung © Maurer Söhne GmbH & Co. KG

Beweglichkeit in drei Achsen © Maurer Söhne GmbH & Co. KG

Zwei Gleitflächen: Doppel-Kalottensegmentlager © Maurer Söhne GmbH & Co. KG

Gleitlack mit fünf Eigenschaften © Maurer Söhne GmbH & Co. KG

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PRODUKTE UND PROJEKTE Neuentwickelter Ultra-High-Solid-Lack von Teknos

Mehr Beständigkeit mit weniger Schichten Mit Teknosilox bietet Teknos Deutschland jetzt einen Ultra-High-Solid-Lack auf Polysiloxanbasis für besondere Anforderungen an Oberflächenbeständigkeit und Korrosionsschutz an. Der am deutschen Standort Fulda entwickelte und produzierte 2K-Lack verbindet die Vorteile von Polyurethan- und Epoxidharzlacken. Das heißt, aufgrund seines sehr hohen Festkörpergehaltes sind nun mit weniger Beschichtungsdurchgängen und geringer VOC-Emission hart-elastische, hochwitterungsbeständige Oberflächen realisierbar. Der Ultra-High-Solid-Lack steht in zwei Ausführungen zur Verfügung: Teknosilox 3351 ist als Decklack mit glattem Verlauf und hoher Glanzhaltung konzipiert, Teknosilox Structure 3352 als Strukturlack für die problemlose Strukturausbildung mit allen gängigen Applikationsmethoden. Beides sind lösemittelarme, VOCkonforme 2K-Polysiloxanlacke mit einem Festkörpergehalt von über 96 %. Als Korrosionsschutz erfüllen TeknosiloxLacke bereits mit einer Gesamttrockenfilmschicht von ca. 200 µm die höchsten Anforderungen gemäß DIN EN ISO 12944 Kategorie C5-I/M, Schutzdauer lang.

Durch die spezielle Rezeptur auf Polysiloxanbasis lassen sich hart-elastische Oberflächen erzielen, die äußerst witterungsbeständig, schmutz- und wasserabweisend, kratzfest sowie resistent gegen verdünnte Säuren und Laugen sind. Und auch Farbtöne und Oberflächenglanz sind mit ihm erheblich beständiger als bei herkömmlichen Lacken. Der Lack hat einen sehr geringen Lösemittelanteil, ist einfach sowie VOC-konform schadstoffarm, also unbedenklich zu verarbeiten, und kann mit Hochdruckoder Airless-Spritzen aufgebracht werden, wobei die Verarbeitungszeit je nach Mischung der Komponenten 4 h beträgt und die Trockenzeit mit 2 h bzw. 4 h (staubtrocken und grifffest) ausreichend schnell für kurze Produktionsabläufe ist. Die Teknosilox-Lacke eignen sich als Decklack für grundierte Stahlkonstruktionen, Brücken, Windräder, Behälter und viele andere Bauwerke. Der schnellere Beschichtungsaufbau mit wenigen Arbeitsgängen und die hohe Lebensdauer mit sehr langen Renovierungszyklen gewährleisten hier einen besonders wirtschaftlichen Einsatz. Außerdem sind diese Lacke prädestiniert, um glatte,

Langlebiger Korrosionsschutz für Behälter, Brücken und … © Teknos Deutschland GmbH

leicht zu reinigende, schmutz- und wasserabweisende Oberflächen zu erhalten, etwa bei Tunnelbauten oder im Maschinen- und Anlagenbau. www.teknos.de

Multifunktionaler Kompaktspachtel von MC-Bauchemie

Schadensbehebung an Betonoberflächen MC-Bauchemie hat mit Nafuquick S einen neuen Kompaktspachtel zur Behebung größerer Schäden an Betonoberflächen mit freiliegender Bewehrung entwickelt: Im Gegensatz zu bisher üblichen Lösungen kommt er ohne Auftrag von Korrosionsschutz und Haftbrücken aus – als ein Produkt, das einen kunststoffvergüteten Grobspachtel mit einem Haftvermittler und Korrosionsschutz vereint. Der Kompaktspachtel eignet sich bestens zur Reprofilierung von Betonausbrüchen und kann bis zu einer Auftragsdicke von 80 mm sowie zum Fugenverschluss von Betonfertigteilen verwendet werden. Mit dieser 3-in-1-Alternative spart man also Zeit und erzielt zudem bei nur geringen Verbrauchsmengen hervorragende Ergebnisse, und zwar besonders hinsichtlich der Druckfestigkeit. Während Reprofilierungen sonst sehr arbeits- und zeitintensiv sind, da es in der Regel eines mehrlagigen Aufbaus zur Wiederherstellung der Betonoberfläche bedarf, sorgt die Neuentwicklung der MC-Bauchemie für erhebliche Vereinfa-

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chungen – dank der Integration von Haftvermittler wie Korrosionsschutz. Sie ist zudem faserverstärkt und bietet sich somit auch für großflächige Spachtelungen und einlagige Schichtdicken bis maximal 40 mm, bei zwei Arbeitsgängen bis 80 mm, an. Nafuquick S verfügt über eine hohe Adsorption zum Untergrund sowie ein ausgeprägtes Klebevermögen und ist standfest im Wand- und Überkopfbereich verarbeitbar. Mit Werten von ca. 6 N/mm² bei der Biegezug- und ca. 42 N/mm² bei der Druckfestigkeit erreicht der Kompaktspachtel nach 28 Tagen ausgezeichnete Ergebnisse. Neben seiner geschmeidigen Konsistenz wartet er zudem mit günstigen Verbrauchswerten von ca. 1,50 kg/m² pro mm Schichtdicke auf. Und: Der Kompaktspachtel ist nicht brennbar und enthält keine Anteile brennbarer Baustoffe (Brandverhalten nach DIN 4102-1, Baustoffklasse A1). www.mc-bauchemie.de

Abfolge beim Reprofilieren © MC-Bauchemie Müller GmbH & Co. KG


PRODUKTE UND PROJEKTE

Neuentwickeltes Brückenuntersichtsgerät von Fraco

Plattform für Sanierungsmaßnahmen Im Frühjahr 2013 präsentierte der Mastkletterbühnenhersteller Fraco erstmals das neuentwickelte Brückenuntersichtsgerät BR 1. Aus standardisierten Grundbauteilen konfiguriert, ist es wirtschaftlich in der Anschaffung sowie einfach in der Anwendung.

Dreh- und Verfahrbarkeit als Vorteil © Fraco Products Ltd

Der solide Ballastwagen zum Beispiel, der auf der Brückenoberseite positioniert wird, nimmt die Kontergewichtplatten aus Beton auf, optional lässt er sich aber genauso mit Stützen, Rollen oder angetriebenem Fahrwerk ausstatten. Besonders die einfachen stabilen Rollen haben sich als kostengünstige Variante etabliert, denn auf jeder Baustelle ist ja ein Zuggerät wie Radlader oder Bagger anzutreffen. Am überkragenden Tragarm wiederum wird der Hängemast eingehängt, an dem der Plattformträger montiert ist: Mit dem Plattformträger kann die Untersichtsplattform horizontal gedreht und vertikal hydraulisch auf und ab bewegt werden, was gewährleistet, dass zusätzlich zur Brückenuntersichtsbearbeitung auch Arbeiten an der Brückenkappe in Längsrichtung der Fahrbahn realisierbar sind. Durch das 180°-Drehen der Plattform wird es im Übrigen möglich, an den Brückenpfeilern vorbeizufahren, und zwar ohne die Plattform nach oben ausheben zu müssen. Die Plattform hat eine Länge von 12,60 m und ist für die Aufnahme von 650 kg Last plus sechs Personen dimensioniert. Ihre Absenktiefe misst 4,30 m, der Antrieb des Hydrauliksystems erfolgt netzunabhängig durch einen 13-PS-Hondamotor. Hergestellt werden die Grundkomponenten im kanadischen Montreal, die Auslieferung in Deutschland obliegt der Fraco-Vertretung Ast GmbH mit Sitz in Blaustein. www.fraco.com

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PRODUKTE UND PROJEKTE

Akkubetriebenes Monitoringsystem von AMS

Überwachung von Bauwerken und Bauteilen Von AMS Technologies entwickelt, ermöglicht der SensoBrick® eine mobile Überwachung von Bauwerken und Bauteilen, um jegliche strukturellen Veränderungen oder Schädigungen zu erkennen: Die Zustandskontrolle baulicher Strukturen (SHM) ist eine Methode, um kontinuierlich Anhaltspunkte über die Funktionsfähigkeit zu gewinnen. So sollen Schädigungen, zum Beispiel Risse oder Verformungen, frühzeitig ermittelt werden, um Gegenmaßnahmen einleiten zu können.

Der SensoBrick® ist für eine schnelle und einfache Installation konzipiert worden und kann infolgedessen ohne Verlegung von Kabeln sofort in Betrieb genommen werden. Das drahtlose System arbeitet netzunabhängig durch integrierte Akkus mit langer Laufzeit und mobiler Datenanbindung. Ob an Brücken, Straßen, Häusern, Denkmälern oder Hängen – durch den integrierten Akku mit einer Laufzeit bis zu fünf Jahren ist der SensoBrick® flexibel und ohne zusätzliche Stromversorgung fast überall zu montieren. Und dank seines modularen Aufbaus lassen sich jederzeit zusätzliche Sensoren an die Steuereinheit anschließen, wobei die intuitive Bedienoberfläche erlaubt, mit nur einem Klick über PC, Tablet oder Mobiltelefon strukturelle Veränderungen an Bauwerken zu verfolgen und aufzuzeichnen.

Drahtloses System mit Datenanbindung © AMS Technologies AG

www.amstechnologies.com

Seismischer Beschleunigungsaufnehmer von Synotech

Erfassung (auch) kleiner Schwingungen Egal, ob bei der permanenten Überwachung neuer Brückenbauwerke, bei der Beobachtung von Bauarbeiten oder zur Beurteilung des allgemeinen Zustandes älterer Bauwerke, die auftretenden Vibrationen sind stets zu erfassen. Die in solchen Fällen einzusetzenden Sensoren sollen daher nicht nur eine hohe Empfindlichkeit aufweisen, sondern haben entsprechend den Umgebungsbedingungen auch äußerst robust zu sein und eine sichere Übertragung der Messsignale zu gewährleisten.

Der neue seismische Beschleunigungsaufnehmer von PCB Piezotronics und Synotech Sensor und Meßtechnik GmbH bietet nun eine Empfindlichkeit von 10 V/g und ermöglicht infolgedessen die exakte Erfassung kleiner und niederfrequenter Schwingungen. Mit seinem robusten, vollständig verschweißten Titangehäuse wiegt der Aufnehmer nur 50 g und ist somit deutlich leichter als Modelle mit vergleichbarer Empfindlichkeit. Erreicht wird diese hohe Empfindlichkeit durch ein piezokeramisches Sensorelement und einen rauscharmen ICP®-Verstärker, der aufgrund des niederohmigen Ausganges eine problemlose Übertragung des Messsignals selbst über sehr lange Messleitungen garantiert. Und: Dank seiner Konstruktion kann er unter rauen Umgebungsbedingungen und sogar dauerhaft in Schlamm oder unter Wasser zum Einsatz kommen. www.synotech.de

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Robuste Konstruktion und hohe Empfindlichkeit © Synotech Sensor und Meßtechnik GmbH


S O F T WA R E U N D I T Weiterer »Meilenstein« von SOFiSTiK

Konstruktions- und Bewehrungsplanung in 2-D Das führende deutsche Bausoftwareunternehmen SOFiSTiK hat vor kurzem die Freigabe von SOFiCAD-OEM, einer neuen Variante des bewährten, fast gleichnamigen Programms bekanntgegeben. Für dieses »Mitglied« der seit 25 Jahren bei Tausenden von Nutzern verwendeten SOFiCAD-Familie ist keine separate Lizenz mehr erforderlich, enthält es doch einen AutoCAD®-OEM-Kern von Autodesk. Für alle Ingenieurbüros, die ein zuverlässiges und preiswertes Programm suchen, um professionell 2-D-Konstruktions- und Bewehrungspläne zu erstellen, wird der Einstieg in die dwg-Welt – SOFiCAD-OEM ist zu 100 % dwg-kompatibel – also ab sofort deutlich einfacher und preisgünstiger. SOFiCAD-OEM ist für Arbeiten in 2-D entwickelt und optimiert worden und infolgedessen sehr »schlank«, wobei der Einstieg dank intuitiver Bedienbarkeit ausgesprochen leichtfällt, im Übrigen ebenso wie Versionswechsel. Technisch basiert das Programm auf den bekannten und vielfach bewährten AutoCAD®-Applikationen SOFiCAD K+B – und deckt sämtliche Anwendungsgebiete in Hoch-, Tiefund Brückenbau mit allen erforderlichen Funktionalitäten für die Schal-, Konstruk-

tions- und Bewehrungsplanung ab. Seine wichtigsten Merkmale sind: – assoziative bauspezifische Bemaßungen und Schraffuren, – automatische Beschriftung von Aussparungen, – Mattenbewehrung mit beliebigen Mattenfeldern, Listen-, Lager- und Bügelmatten – Stabstahlbewehrung mit beliebigen Biegeformen, – automatische Ableitung von Stahl und Biegelisten sowie Skizzen, – Schnittstelle zu SOFiSTiK-FE-Berech nungen. Thomas Fink, Vorstandsvorsitzender der SOFiSTiK AG: »25 Jahre nachdem wir mit der Entwicklung von SOFiCAD als Aufsatz zu AutoCAD® 2.5 begonnen haben, ist mit SOFiCAD-OEM ein neuer Meilenstein erreicht worden. Ich freue mich, dass wir nunmehr speziell für Neueinsteiger und kleinere Büros eine preisgünstigere Gesamtlösung für die Planerstellung im konstruktiven Ingenieurbau anbieten können. Und dies ohne irgendeine Einschränkung in Qualität und Leistungsfähigkeit!« www.sofistik.de

Version mit vollem Funktionsumfang von Tekla

Kostenfreie Lizenzen für Lehrende und Lernende Mit »Tekla Campus« steht ab sofort eine Lern- und Austauschplattform für Studierende und Lehrende im Bauwesen zur Verfügung – mit folgendem Vorteil: Über das gleichnamige Online-Portal sind kostenfreie Studentenlizenzen und Lernmaterial für die Building-InformationModeling-(BIM-)Software Tekla Structures erhältlich. Das heißt, BIM-Interessierte können hier die Lehrversion von Tekla Structures mit vollem Funktionsumfang herunterladen. Dank eines flexiblen Lizenzmodells lässt sie sich anschließend in der Universität bzw. Hochschule und auch auf dem eigenen Computer nutzen. Video-Tutorien erläutern zudem die ersten Schritte für diejenigen, die sich im Selbststudium mit der BIM-Methode vertraut machen wollen. Dozenten haben wiederum die Möglichkeit, mit Tekla Structures Vorgehensweisen, Fallbeispiele und Probleme des konstruktiven Ingenieurbaus im BIM-Modell zu illustrieren, zu diskutieren und direkt

zu bearbeiten. Die Abhängigkeiten von Ingenieurbau und anderen Fachgebieten wie der Gebäudetechnik zeigt das BIMGebäudemodell dabei besonders anschaulich. Die über Tekla Campus angebotene Studentenversion ist im Übrigen kompatibel mit dem bereits existierenden Tekla Structures Education Program, was ihre nahtlose Integration in schon vorhandene Kursstrukturen gewährleistet. »Heutzutage ist es ungeheuer wichtig, bereits im Studium praktische Erfahrungen zu sammeln. Das unterstützt nicht nur das Verständnis der Theorie, sondern erleichtert vor allem den Einstieg in die Arbeitswelt. Mit Tekla Campus lernen angehende Bauingenieure und Konstrukteure bereits im Studium die Arbeitsweisen und Werkzeuge der Industrie kennen«, so Billie Kaufman, Tekla Campus Koordinatorin in Deutschland. www.campus.tekla.com www.tekla.com

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S O F T WA R E U N D I T Digitales Fachinformations- und Managementsystem von 3M

Verwaltung von Straßenausstattungselementen Die Verwaltung von Fahrbahnmarkierungen, Verkehrszeichen oder Fahrzeugrückhaltesystemen ist zeitaufwendig und kostenintensiv. Abhilfe bietet nun eine Lösung von 3M, die erstmals ein effizientes digitales Management sämtlicher Straßenausstattungselemente ermöglicht. Das neue System erfasst und visualisiert sie alle in einer interaktiven Karte, wobei sich zu jedem »Objekt« Detailpläne, Standbilder oder eben Videosequenzen hinterlegen lassen. Das heißt, man kann sich einen Überblick über die Situation vor Ort verschaffen, ohne extra dafür hinfahren zu müssen. Und: Dank mobiler Endgeräte wie Tablets oder Feldrechner mit GPS eignet sich das System auch für den Außeneinsatz, um Zustandsänderungen sofort zu dokumentieren oder aber weitere Kontrollmaßnahmen einzuleiten. Darüber hinaus erlaubt es die effiziente Abwicklung komplexer Aufgaben, wie etwa die Abstimmung von Bauabläufen, Umleitungen und Verkehrsführungsplänen in der Rubrik »Baustellenmanagement«. Ein weiteres Beispiel für seine großen Vorzüge ist die Gefahrenstellenanalyse bei Fahrzeugrückhaltesystemen, werden notwendige Erneuerungsmaßnehmen doch nach dem jeweiligen Gefährdungspotential automatisch priorisiert und entsprechend kalkuliert.

Kartenansicht als Beispiel © 3M Deutschland GmbH

Der Einsatz dieser neuen Softwarelösung als zentrales Verwaltungsinstrument erleichtert also die Kommunikation zwischen den beteiligten Parteien – aber nicht nur, denn durch die Integration aktueller Vorschriften dienen die zu beachtenden Rechtsgrundlagen stets als Entscheidungsbasis. So finden sich hier nicht zuletzt im »Managementsystem

Markierung« die Richtlinie für die Markierung von Straßen (RMS) und die zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Markierung auf Straßen (ZTV-M), außerdem ist eine Verknüpfung mit bereits vorhandenen Datenbanken problemfrei realisierbar. www.3m.de

Ausgezeichnete Branchenlösungen von Datengut

Dokumenten-Management für Bauunternehmen Die Datengut Leipzig GmbH & Co. KG kann sich in diesem Jahr gleich über zwei Auszeichnungen freuen. Mit der digitalen Bauakte, einem Dokumenten-Management, das speziell auf die Arbeitsabläufe und Anforderungen von Bauunternehmen ausgerichtet ist, belegte das Unternehmen den zweiten Platz beim Westfälischen IT-Preis, der vor kurzem erstmals verliehen wurde. Die digitale Bauakte punktete dabei zum einen durch ihre flexible Einsatzmöglichkeit und zum anderen durch die permanente Verfügbarkeit und Auswertbarkeit sämtlicher Projektunterlagen. »Datengut hält mit der digitalen Bauakte eine sehr flexible Branchenlösung auf Basis innovativer Webtechnologie in Verbindung mit klassischem Dokumenten-Management bereit. Für die Kunden aus der Baubranche

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bietet diese Lösung sehr schnell einen hohen Return on Investment (ROI), da Vorgänge mit hohem Kosten- und Ertragspotential detailliert erfasst und schnell verarbeitet werden können. Durch den Cloudansatz ist die Nutzung sehr einfach, wobei auch Tablets oder Smartphones mit weitreichenden Funktionen bei der Anwendung eine wichtige Rolle spielen«, so Peter Hansemann, Vorstandsvorsitzender des IT-Clubs Dortmund e.V. und Mitglied der Jury. Des Weiteren konnte Datengut mit der Kombination aus digitaler Bauakte und moderner Baustellendokumentation überzeugen. Ziel ist es, das zeitaufwendige Erfassen, Zuordnen und Bearbeiten diverser Bauschäden auf der Baustelle zu vereinfachen und zu beschleunigen. Für das Zusammenführen beider Ansätze

nahm die Firma bereits Mitte des Jahres die Auszeichnung »Best Saperion Solution 2013« von ihrem langjährigen Premiumpartner, der Saperion AG aus Berlin, entgegen. »Ausschlaggebend für die Preisvergabe waren praxisnahe Funktionen der Branchenlösung, wie die mobile Erfassung von Mängeln und Behinderungen, die direkte Markierung des Mangels auf dem Bauplan sowie das schnelle Weiterleiten an den verantwortlichen Mitarbeiter. Dies spart nicht nur Zeit und Schreibaufwand, sondern legt gleichzeitig den Grundstein für eine lückenlose Dokumentation in der Gewährleistung sowie späteren Nachweisführung«, so Lutz Varchmin, Vice President Direct Sales der Saperion AG. www.datengut.de


NACHRICHTEN UND TERMINE Aufruf zur Rettung des Flakenstegs

Brückenbauwerk in Not Erkner auf Anhieb in der bundesdeutschen Geographie zu verorten dürfte vielen schwerfallen – obwohl die südöstlich von Berlin im Brandenburgischen gelegene Stadt für weitreichende industrielle Innovationen steht: Sie erlebte 1860 ihren Aufschwung, als Julius Rütgers mit den gleichnamigen Werken hier die erste europäische Teerdestillation gründete. Das lockte wiederum Anfang des vergangenen Jahrhunderts den belgischen Chemiker Leo Baekeland an, der Erkner als Firmensitz wählte, um mit den bei der Destillation anfallenden Produkten den weltweit ersten Kunststoff, den von ihm entwickelten Bakelit herzustellen. Auch für die örtliche Hotellerie bedeutete die Teerproduktion ein einträgliches Geschäft, da sich die Stadt dank der damals vertretenen Annahme, die bei der Destillation entweichenden Abgase seien förderlich für die Heilung von Atemwegserkrankungen, als Luftkurort etablieren konnte. Selbst der Schriftsteller Gerhart Hauptmann verbrachte einige Jahre in Erkner, um sein Lungenleiden zu kurieren. Während des Ersten Weltkriegs veranlassten die Rütgers-Werke den Bau eines mit Holzbohlen belegten Stahlfachwerkstegs über einen als Flakenfließ bezeichneten städtischen Verbindungskanal, um den Zugang zwischen der stadtseitigen Teerund der am anderen Ufer angesiedelten Bakelitproduktion zu verbessern. Er wurde, in Ehrung des als Kriegsheld gefeierten U-Boot-Kommandanten Otto Weddigen, 1916 als Weddigensteg eingeweiht.

Denkmal nach Entfernen des Bohlenbelags 2006 © Bernd Rainer Richter

Nachdem er den Zweiten Weltkrieg trotz des Flächenbombardements der Stadt 1944 unbeschadet überstanden hatte, wurde er im April 1945 beim Rückzug der deutschen Truppen teilweise versenkt. 1946 erfolgten dann eine erste Instandsetzung und die Umbenennung in Flakensteg. Durch das Auffüllen der Uferböschung entfielen später die ehemals zum Steg führenden Treppenstufen. Andere notwendige Erhaltungsmaßnahmen, wie beispielsweise der Austausch des alten Bohlenbelags und regelmäßige Korrosionsschutzanstriche, unterblieben jedoch, so dass es bereits in den 1970er und 1980er Jahre zu zwischenzeitlichen Sperrungen des Ingenieurbauwerks kam. Das Ende drohte 2006, als bei einer Untersuchung der Kanalquerung eine Einsturzgefahr attestiert, sie mit sofortiger Wirkung geschlossen, der Belag entfernt und eine Notsicherung angeordnet wurde. Dem befürchteten Abriss konnte sie nur entgehen, weil sich eine Bürgerinitiative für ihren Erhalt engagierte, die die zuständige Behörde von der Bedeutung der Stahlfachwerkbrücke überzeugte, die noch im gleichen Jahr den Eintrag in die Landesdenkmalliste veranlasste. Schon damals begann die Suche nach öffentlichen Fördermöglichkeiten für eine Sanierung des Stegs, was sich aber als ein mühsames Unterfangen entpuppte. 2009 schließlich musste das korrodierte Stahlfachwerk aus Sicherheitsgründen an Land gehoben werden. Seit Mai letzten Jahres liegt nun die Bestätigung des Landesdenkmalamtes vor, wonach aus Bundesmitteln im Rahmen eines Sonderinvestitionsprogramms 180.000 Euro zur denkmalgerechten Sanierung bereitgestellt würden, so die

Flakensteg, vormals Weddigensteg: Postkarte von 1918 © Privatbesitz Werner Böhm

Stadt den Nachweis einer gesicherten Cofinanzierung in gleicher Höhe erbringen könne. Doch der Kommune fehlt dafür das Geld. Der im Oktober 2012 gegründete Förderverein Flakensteg e.V. versucht deshalb, mit Spendenaufrufen den erforderlichen Betrag einzuwerben. Augenblicklich erscheint die Situation eher wenig erfolgversprechend: Das Stahlfachwerk rostet an Land weiter vor sich hin, dem Verein gelang es trotz großen Engagements bisher nicht, die Summe zumindest annähernd zu beschaffen – und aufgrund des eingetragenen Denkmalschutzes darf an dieser Stelle auch keine andere Querung errichtet werden. Der Steg, dem Jörg Schlaich bescheinigt, ein liebevoll konstruiertes und gefertigtes Meisterwerk der Ingenieurbaukunst seiner Zeit zu sein, das nicht zu sanieren unverantwortlich sei, ist für die Mitglieder des Fördervereins nicht nur Wegeführung, sondern Teil des Stadtbildes und der Stadtgeschichte – und damit ihrer Geschichte. www.flakensteg.de

Ausheben des Stahlfachwerks im Jahr 2009 © Hans Reich

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N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E Beginnende Bauarbeiten in Hessen und Rheinland-Pfalz

Neue Rheinbrücke zwischen Wiesbaden und Mainz Der Neubau der Schiersteiner Autobahnbrücke zwischen Mainz und Wiesbaden hat begonnen: Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer, Bundesfamilienministerin Kristina Schröder, Hessens Verkehrsminister Florian Rentsch und der rheinland-pfälzische Infrastrukturminister Roger Lewentz setzten Mitte September den ersten Spatenstich. »Mit dem Neubau sichern wir für die Zukunft eine leistungsfähige Verbindung zwischen Hessen und Rheinland-Pfalz«, so Rentsch. Und Bundesverkehrsminister Ramsauer: »Wir geben heute den Startschuss für einen leistungsfähigen, modernen Brückenschlag zwischen den Landeshauptstädten Wiesbaden und Mainz. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag, um die Infrastruktur in der Region zu verbessern. Die Sanierung von Brückenbauwerken entlang von Autobahnen und Bundesstraßen ist absolut notwendig – so wie hier in Hessen investiert der Bund deshalb in ganz Deutschland.«

Spatenstich mit Ministern © Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung

Der Neubau ist notwendig geworden, weil die (noch) existierende,1962 fertiggestellte vierspurige Brücke infolge der Zunahme des Verkehrs auf heute 90.000 Kfz/d und der stetig angewachsenen Achslasten angegriffen ist, weshalb die Höchstgeschwindigkeit auf ihr inzwischen auf 60 km/h begrenzt werden musste. Als Ersatz sind zwei parallele Rheinquerungen mit je drei Fahrspuren konzipiert: Nach Errichtung der ersten wird diese zunächst den gesamten Verkehr aufnehmen, so dass, voraussichtlich Mitte 2016, die alte Brücke

abgerissen und mit der Realisierung des zweiten Neubaus begonnen werden kann, der dann bis 2019 fertiggestellt sein soll. Der Bund investiert hier 206 Millionen Euro, weitere 10 Millionen Euro werden zugehörige Maßnahmen wie Grunderwerb, Anlage von Regenrückhaltebecken und Anschlüsse an das Straßennetz kosten. www.schiersteinerbruecke.de www.mobil.hessen.de

Sanierungsmaßnahme des Landes Baden-Württemberg

Türkheimer Steige »im« Kaltrecyclingverfahren Verkehrsminister Winfried Hermann hat Mitte Oktober die L 1230 »Türkheimer Steige« wieder für den Verkehr freigegeben. »Ich freue mich besonders, dass wir diese Sanierungsmaßnahme mit einem Kaltrecyclingverfahren durchführen konnten und durch die Wiederverwendung der Baustoffe zum einen Geld sparen und zum anderen die zusätzliche Belastung durch Transporte verringern konnten«, so der Minister. Vorteile dieses Verfahrens sind unter anderem die Wiederverwertung von Baustoffen und die dadurch minimierte Verkehrsbelastung durch Transporte sowie geringe CO2-Emissionen und eine gute Ökobilanz. Die L 1230 ist eine Bedarfsumleitungsstrecke der Bundesautobahn (BAB) A 8.

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Die in den vergangenen Jahren häufig notwendigen Sperrungen des Lämmerbuckeltunnels, immerhin des ältesten noch in Betrieb befindlichen Autobahntunnels Deutschlands, bewirkten im Umleitungsfall auf der nun sanierten Strecke sehr hohe Verkehrsbelastungen, die ebenso wie die regelmäßigen Steinschläge und Rutschungen eine umfangreiche Sanierung jenes Streckenabschnitts dringend erforderlich machten. Um solche »Phänomene« in Zukunft zu verhindern, wurde die talseitige Böschung bis zum Erreichen eines tragfähigen Gründungshorizonts abgegraben und anschließend eine Schwergewichtsmauer aus Drahtschotterkörben errichtet, ergänzt um bergseitige Sicherungsnetze. Das Land BadenWürttemberg investierte hier als Straßenbaulastträger ca. 2,80 Millionen Euro.

In Baden-Württemberg gibt es derzeit ca. 9.450 km Landesstraßen in der Baulast des Landes. Um den Straßenzustand nachhaltig zu verbessern, wurde eine landesweite Dringlichkeitsliste erstellt, nach der die zu sanierenden Straßenabschnitte bearbeitet werden sollen. Diese Dringlichkeitsliste wurde anhand der Daten errechnet, die aus der Zustandserfassung und Bewertung der Landesstraßen in Baden-Württemberg resultierten. Mit der so gewählten Vorgehensweise werden ein Höchstmaß an Transparenz und ein möglichst effizienter Einsatz der zur Verfügung stehenden Mittel im Erhaltungsmanagement angestrebt. www.mvi.baden-wuerttemberg.de


NACHRICHTEN UND TERMINE Begutachtungsfahrt des baden-württembergischen Verkehrsministers

Zweistufiges Vorgehen zur Brückenertüchtigung Ende Oktober hat der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann zusammen mit dem Stuttgarter Regierungspräsidenten Johannes Schmalzl und Vertretern der (Fach-)Presse – dazu gehörte auch eine Mitarbeiterin der Verlagsgruppe Wiederspahn – mehrere Brückenbauwerke besichtigt, wie unter anderem die Kochertalbrücke bei Geislingen an der Bundesautobahn A 6, die Ohrntalbrücke bei Öhringen an der A 6 und Kocherbrücke in Kochersteinsfeld an der Landstraße L 1045, um auf die Notwendigkeit ihrer sachgerechten Erhaltung und Ertüchtigung hinzuweisen. »Aufgrund der topographischen Verhältnisse und der überdurchschnittlichen Verkehrsbelastung insbesondere im Transitverkehr dürfen die Brücken nicht zur Achillesferse unseres Straßennetzes in Baden-Württemberg werden«, so Hermann. »Gerade bei den Brücken wird der bestehende Sanierungsstau besonders deutlich.« Der Bund habe daher zusammen mit den Ländern ein zweistufiges Vorgehen zur Brückenertüchtigung erarbeitet. So wird die Straßenbauverwaltung des Landes auf Grundlage einer entsprechenden Priorisierung in den kommenden Jahren neben 278 großen Autobahnbrücken, die ca. 50 % der Gesamtbrückenfläche an den Autobahnen ausmachen, auch 402 Brücken im Zuge der Bundesstraßen und 200 Brücken im Zuge der Landesstraßen im Rahmen statischer Nachrechnungen auf ihre Tragfähigkeit

Begrüßung durch Minister Winfried Hermann © Sabine Meyer/Verlagsgruppe Wiederspahn

Erläuterungen zur Kochertalbrücke © Sabine Meyer/Verlagsgruppe Wiederspahn

hin beurteilen. Sofern sich Defizite ergeben sollten, werden sie baulich ertüchtigt oder aber durch einen Neubau ersetzt. Allein für die externen Ingenieurleistungen zur Nachrechnung der derzeit priorisierten 880 Brücken wird das Land in den kommenden Jahren voraussichtlich ca. 50 Millionen Euro investieren. »Damit ist klar: Die Brückennachrechnung und -ertüchtigung werden künftig eine Daueraufgabe in der Straßenbauverwaltung sein und müssen mit dem notwendigen Nachdruck betrieben werden«, so Minis-

Besichtigung der Bauwerke © Sabine Meyer/Verlagsgruppe Wiederspahn

ter Winfried Hermann. Darüber hinaus dankte er dem Stuttgarter Regierungspräsidenten Johannes Schmalzl stellvertretend für die Arbeit der vier Regierungspräsidien und sagte: »Ich baue auf die tatkräftige Unterstützung der Regierungspräsidien bei der Umsetzung des Ziels der Landesregierung, eine deutlich sicht- und spürbare Verbesserung des Erhaltungszustands der Straßen und Brücken zu erreichen.« www.mvi.baden-wuerttemberg.de

Geplante Verkehrsfreigabe in Baden-Württemberg

Neuer Donauviadukt vor Fertigstellung Der neue Donauviadukt bei Untermarchtal soll Anfang November für den Verkehr freigegeben werden – nach einer Bauzeit von knapp zwei Jahren. Auf der Bundesstraße B 311 gelegen, hat die neue Brücke eine Länge von 365 m und eine Breite von 11,24 m. Ihre Herstellung erfolgte im Taktschiebeverfahren, wobei die Brückenpfeiler auf Stahlbetonpfählen mit einem Durchmesser von 1,50 m und Längen zwischen 10 m und 20 m auf massivem Fels gegründet wurden. Unmittelbar nach der Umlegung des Verkehrs auf den neuen beginnen die Abbrucharbeiten des alten Viadukts, der im

Jahr 1953 errichtet wurde und seinerzeit mit einer Länge von 375 m nicht nur die längste fugenlose Spannbetonbrücke in Europa war, sondern auch als ein Meilenstein im Spannbetonbrückenbau galt. Eine Sanierung des alten, von Fritz Leonhardt geplanten Viadukts wäre aufgrund der zunehmenden Bauwerksschäden und der angestiegenen Belastungen durch den Lkw-Verkehr nicht mehr wirtschaftlich gewesen. Für den Abriss des alten Donauviadukts sind, bedingt durch die unterhalb der Brücke querende Bahnlinie Ulm–Sigmaringen und die Donau, umfangreiche

Sicherungsmaßnahmen notwendig. Vom Abbruch ausgenommen ist das Brückenwiderlager auf Riedlinger Seite, das erhalten bleibt und der sehr seltenen Wasserfledermaus künftig als Sommerquartier dienen wird. Die Kosten der gesamten Maßnahme aus Brückenneubau, Erd- und Straßenbauarbeiten sowie Abbruch des bestehenden Donauviadukts belaufen sich auf 12,50 Millionen Euro und werden vom Bund als Baulastträger der B 311 getragen. www.mvi.baden-wuerttemberg.de

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N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E

Ankündigung der Auslobung

Holzbrückenbaupreis 2014 In der »ganzen« Baugeschichte sind noch nie so viele Brücken realisiert worden wie seit Mitte des 20. Jahrhunderts. Die Errichtung solcher Querungen aus Holz – sei es für Fußgänger, Radfahrer, den Autound Schwerlastverkehr oder als sogenannte Grünbrücken – ist jedoch trotz technisch wegweisender und von der Fachöffentlichkeit durchaus bewunderter Einzelbauwerke immer noch eine Ausnahme. Da Holzkonstruktionen aber (dennoch) leistungs- und infolgedessen wettbewerbsfähig sind, wie zahlreiche Untersuchungen belegen, loben die Qualitätsgemeinschaft Holzbrückenbau aus Deutschland und das Schweizer forum

holzbau erstmals den sogenannten Holzbrückenbaupreis aus. Die Initiatoren haben das Ziel, herausragende Leistungen im Holzbrückenbau und deren Bedeutung für die Baukultur in Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie angrenzenden Ländern publikumswirksam zu würdigen. Zur Teilnahme aufgefordert sind Planer, Bauingenieure und Bauherren sowie Unternehmen der Holzwirtschaft. Eine Fachjury, besetzt mit Experten der drei Länder, der unter anderem Andreas Keil von schlaich bergermann und partner angehört, bewertet die eingereichten Arbeiten und vergibt Preise sowie Anerkennungen.

Aufforderung zur Teilnahme © forum holzbau/Qualitätsgemeinschaft Holzbrückenbau e.V.

Einreichungen sind bis zum 14. Februar 2014 möglich, alle weiteren Angaben und Bedingungen finden sich im Internet. www.holzbrueckenbau.com www.forum-holzbau.com

Aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik

Erneuerung kommunaler Straßenbrücken im Blick Ein großer Teil der Straßen und damit -brücken in Deutschland befindet sich in der Baulastträgerschaft der Kommunen, die infolgedessen für deren Bau, Unterhalt und Betrieb verantwortlich sind und die entsprechenden Kosten zu tragen haben: Nach einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) müssen viele der ca. 67.000 Straßenbrücken, für die Städte, Kreise und Gemeinden zuständig sind, bis zum Jahr 2030 entweder saniert oder sogar komplett neuerrichtet werden, was in Summe einen Investitionsbedarf von ca. 16 Milliarden Euro bedeutet. Mit der im Auftrag des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (HDB), des Bundesverbandes Baustoffe Steine und Erden (BBS) und der Wirtschaftsvereinigung Stahl (WV Stahl) erstellten repräsentativen Difu-Studie liegen nun erstmals deutschlandweit belastbare Daten zur Zahl, Länge, Fläche sowie zum Zustand der Straßenbrücken in kommunaler Baulast vor, die zudem besagen, dass der Sanierungs- und Erneuerungsbedarf Kommunen in Ost-

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Klassifizierung der Bauwerke © Deutsches Institut für Urbanistik

wie Westdeutschland gleichermaßen betrifft. Diese angesichts der hohen Investitionen in den neuen Bundesländern überraschende Diagnose ist einfach zu erklären, denn die entsprechenden Maßnahmen bezogen sich vorrangig auf Fernverkehrswege. Die Unterfinanzierung der Kommunen bei Erhalt und Ausbau der Straßeninfrastruktur ist also evident, wobei der jetzige

Investitionsstau zunehmend eine Gefahr für die Leistungsfähigkeit des Straßensystems in Deutschland darstellt. Ein mehrjähriges Brückenerneuerungsprogramm könnte hier für Abhilfe sorgen, mittel- und langfristig müssten laut Difu jedoch andere Finanzierungsmodelle entwickelt werden. www.difu.de


NACHRICHTEN UND TERMINE Staffelstabübergabe bei Eiffel Deutschland

Neue Leitung im Brückenbau Der Brückenbau als eigenständiger Produktbereich der Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH ist eine tragende Säule des Unternehmens und mit ca. 15–20 Millionen Euro Jahresumsatz ein wichtiger Leistungsbaustein: Dipl.-Ing. Michael Hagedorn hat den Bereich Brückenbau seit November 2003 erfolgreich geführt und wird ihn auch zukünftig als einer der technischen Köpfe begleiten, während die organisatorische Verantwortung zum 1. November auf Dr. Oliver Klostermann übergegangen ist. Dipl.-Ing. Michael Hagedorn war nach seinem Studium an der Technischen Universität München und der Ruhr-Universität Bochum in den Jahren 1977–2003 bei der Firma Johannes Dörnen in Dortmund, überwiegend im Stahl- und Verbundbrückenbau, tätig. 1991–1995 war er Leiter der kaufmännischen Abteilung und betreute das Angebotswesen, die Kalkulation und den Ein- und Verkauf, 1995 wurde er dann technischer Leiter. Nach seinem Wechsel zu ThyssenKrupp Stahlbau GmbH (heute: Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH) realisierte Michael Hagedorn eine Reihe von Großprojekten des Stahlbrückenbaus, unter anderem – die kombinierte Straßen- und Eisen bahnbrücke am Oberhafenkanal in Hamburg, – die Störbrücke Itzehoe, – die Haseltalbrücke in Suhl, – die Muldebrücke bei Wurzen als erste Zügelgurt-Fachwerkbrücke mit mittigem Haupttragwerk. Gegenwärtig errichtet Eiffel Deutschland Stahltechnologie im Verbund mit den Unternehmen Eiffage Construction Métallique und Porr Technobau und Umwelt GmbH eines der anspruchsvollsten Ganzstahlbrückenbauwerke Deutschlands – die Stahlbrücke an der Hochmosel im Bereich Zeltingen-Rachtig. Die 1.700 m

lange Brücke, die das Moseltal in einer Höhe von 160 m überquert und während der Montage einen freien Kragarm von 220 m aufweisen wird, verlangt einzigartige Lösungen und Kompetenzen. Die Arbeiten an diesem Projekt sind in vollem Gange und fordern die Fähigkeiten des Unternehmens heraus. Parallel werden in Rotterdam zwei Fachwerk-Hubbrücken, die im Zusammenwirken mit Antrieben, Pylonen und einer komplexen Ausrüstung die sogenannte Botlek-Brücke bilden werden, realisiert. Der Bau der zweiten Richtungsfahrbahn der Autobahnbrücke über die Stör bei Itzehoe mit einem Verbundbrückenzug von ca. 1,20 km Länge befindet sich gleichfalls in seiner Umsetzung gemeinsam mit dem Partner Porr Technobau und Umwelt GmbH. Dr.-Ing. Oliver Klostermann hat nach seinem Studium an der Universität Dortmund zum Thema »Tragverhalten von lasergeschweißten Stahlhohlplatten im Brückenbau« promoviert. Er ist seit April 2012 bei der Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH tätig und hat sich in kurzer Zeit durch Fachkenntnis, Praxisnähe und Engagement als Nachfolger für die Leitung des Brückenbaus eingearbeitet. Michael Hagedorn und Dr. Oliver Klostermann werden in enger Zusammenarbeit den Verantwortungsübergang in der Leitung des Brückenbaus gestalten.

Dipl.-Ing. Michael Hagedorn © Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH

Dr.-Ing. Oliver Klostermann © Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH

www.eiffel.de

Muldebrücke bei Wurzen © DEGES Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH

Störbrücke Itzehoe © Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH

Haseltalbrücke in Suhl © Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH

Hochmoselquerung © Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH

Botlek-Brücke in Rotterdam © Eiffel Deutschland Stahltechnologie GmbH

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N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E Neuer Vorsitzender bei Maurer Söhne

Wechsel in der Geschäftsführung Zum 1. September 2013 hat Dr. Holger Krasmann (52) den Vorsitz der Geschäftsführung der Maurer Söhne GmbH & Co. KG in München übernommen. Er folgt dem Geschäftsführenden Gesellschafter Hans Beutler nach, der die Geschäftsführung nach mehreren Jahrzehnten aktiven Wirkens abgibt und in den Vorsitz der Beutler Stiftung wechselt. »Wir sind sehr froh, mit Dr. Krasmann einen international erfahrenen und erfolgreichen Manager für unser Unternehmen gewonnen zu haben«, freut sich Hans Beutler. »Er wird uns maßgeblich im Bestreben unterstützen, durch Kundenorientierung, Innovationsstärke und Optimierung der operativen Abläufe unsere weltweite Marktposition weiter auszubauen.« Dr. Holger Krasmann war langjährig in verschiedenen Führungspositionen für die Wilo-Gruppe in Dortmund tätig, davon die letzten Jahre als Vorstand Technik und Produktion.

Die Maurer-Gruppe ist ein führender Spezialist im Stahl- und Maschinenbau und erwirtschaftete 2012 weltweit mit rund 900 Mitarbeitern einen Umsatz von über 150 Millionen Euro. Das Unternehmen ist Marktführer im Bereich Bauwerkschutzsysteme (Brückenlager, Fahrbahnübergänge, Erdbebenvorrichtungen, Schwingungsdämpfer) und entwickelt und fertigt darüber hinaus Achterbahnen und Riesenräder sowie Sonderkonstruktionen im Stahlbau. Zu den erwähnenswerten Großaufträgen gehört nicht zuletzt die gesamte brückentechnische Ausrüstung der Russki-Brücke in Wladiwostok, immerhin der weltweit größten Schrägseilstruktur dieser Art. Im Stahlbau zählen unter anderem die BMW-Welt und das Flughafenterminal II in München zu den Vorzeigeprojekten.

Dr. Holger Krasmann © Maurer Söhne GmbH & Co. KG

www.maurer-soehne.de

Neuer Geschäftsführer der FGSV

Änderung im Leitungsgremium Am 1. November 2013 hat Dr.-Ing. Michael Rohleder die Geschäftsführung der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.V. (FGSV) übernommen. Nach dem Studium des Bauingenieurwesens an der Ruhr-Universität Bochum mit den Vertiefungsrichtungen Verkehrswegebau, Verkehrstechnik und Grundbau war er am Institut für Straßenwesen und Eisenbahnbau dieser Universität weiterhin als wissenschaftlicher Mitarbeiter beschäftigt und promovierte dort auch.

Dr.-Ing. Michael Rohleder © Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.V.

Mit Beginn des Jahres 2002 folgten Tätigkeiten als wissenschaftlicher Angestellter der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) in verschiedenen Fachreferaten, seit 2004 als stellvertretender Referatsleiter im Referat »Erdbau, Mineralstoffe«. In den Jahren 2009 und 2010 arbeitete der gebürtige »Ruhrpottler« dann in unterschiedlichen Bereichen beim Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz sowie in 2010 in der Abteilung StB des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Seit Oktober 2010 war er Referatsleiter »Informations- und Kommunikationstechnik« der BASt, bevor er am 1. März 2013 in die Geschäftsstelle der FGSV wechselte.

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Durch die unterschiedlichen Tätigkeiten sind Michael Rohleder die vielen Facetten der nationalen wie internationalen Forschungs- und Gremienarbeit bestens bekannt. Darüber hinaus engagiert er sich seit langem aktiv in der FGSV, unter anderem als Gremienleiter und -mitarbeiter. www.fgsv.de


N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E »Zusammenschluss« an der Technischen Universität München

Gründung des Leonhard Obermeyer Center So schlimm das Hochwasser im Juni in Bayern auch war, so gut wäre es gewesen, hätte man die gravierendsten Schäden besser vorhersagen können. Doch das geht bisher nicht, weil Landschaftskarten und Gebäudepläne nicht in einheitlicher Form vorliegen. Dabei gibt es zentimetergenaue digitale Höhenkarten, und für Neubauten existieren oft digitale 3-D-Modelle, die allesamt jedoch nicht zusammenpassen. Das wollen Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) jetzt ändern und haben dafür eine interdisziplinäre Einrichtung gegründet, die zu Ehren des Bauingenieurpioniers und TUM-Ehrensenators Leonhard Obermeyer Center heißen soll. Denn: Ließen sich die Pläne der Infrastruktur, der Gebäude und ihrer technischen Ausrüstung mit GIS kombinieren, wäre es möglich die Hochwasserfolgen exakt zu prognostizieren und damit durch passgenauen Hochwasserschutz manchen Schaden zu mindern. Auch ob und welche

Teile des Versorgungsnetzes betroffen sind, wäre für den Katastrophenstab dann vorhersagbar. Zudem könnte man bestimmen, wie hoch der Pegel in einzelnen Gebäuden ansteigen wird und welche technische Anlagen dadurch versagen würden. Ein weiteres Anwendungsgebiet, das von der Integration der unterschiedlichen Systeme profitieren würde, ist die Planung der zweiten Münchener S-BahnStammstrecke – befindet sich unter den Städten doch eine Menge Infrastruktur, die beim Entwurf zu berücksichtigen ist. Während heute aber in mühsamer Kleinarbeit alle Angaben aus unterschiedlichen Quellen von Hand zusammengesucht werden müssen, würden vereinheitlichte digitale Daten enorm viel Arbeit und Zeit zu sparen helfen. Und obendrein wären mit einer gemeinsamen Planungsbasis sämtliche Beteiligten umfassender über das Projekt informiert und hätten die Chance, bei Planungskonflikten schneller Alternativen zu finden.

Die Herausforderung lautet deshalb, die Vielzahl der vorhandenen Systeme zu integrieren und für sogenannte mehrskalige Planungsaufgaben in unterschiedlichen Detaillierungsgraden verfügbar zu machen – wozu sich die fünf Lehrstühle Computergestützte Modellierung und Simulation, Geoinformatik, Architekturinformatik, Computation in Engineering und Photogrammetrie und Fernerkundung zum »TUM Center of Digital Methods for the Built Environment« oder eben »Leonhard Obermeyer Center« zusammengetan haben. www.loc.tum.de

Beeindruckendes Buch aus dem Folio Verlag

Ingenieurbauwerke in Südtirol Von der elementaren Steinbrücke des frühen 17. Jahrhunderts bis hin zu aktuellen Bauwerken, die verwegen und filigran das technisch Machbare ausreizen oder sich als überaus gelungene Sanierungsmaßnahmen bezeichnen lassen: 30 solcher Beispiele finden sich in einer Veröffentlichung, die »Landschaft und Brücken« be- und »Eine Recherche in Südtirol« untertitelt ist. Vor kurzem im Folio Verlag erschienen, insgesamt 206 Seiten umfassend und zu einem Preis von (lediglich) 28,80 € zu erwerben, lädt dieses Buch zu einer Entdeckungsreise ein, indem es den Blick auf oft ignorierte »Interdependenzen« lenkt: Die hier in Wort und Bild vorgestellten Brückenbauwerke werden auf ihre ästhetische Qualität hin analysiert und zugleich (!) bezüglich ihrer Einbettung in den jeweilige Kontext betrachtet. Historische Stein-

bogen- und Holzbrücken kommunizieren ja allein schon aufgrund ihrer Materialwahl eng mit der sie umgebenden Landschaft – eine Tradition, in die sich viele zeitgenössische, insbesondere aber die mit dem renommierten italienischen Architekturpreis »Premio di Oderzo« ausgezeichneten Bauwerke in Südtirol einreihen, wie etwa die Brücke in Hafling. Und so verdeutlicht Susanne Waiz in und mit ihrer Publikation den stets erkennbaren Mehrwert, der aus einer ansprechenden und im besten Sinne angemessenen Form resultiert, und zwar in Art eines Plädoyers, das für gestalterisch überzeugende Lösungen jenseits reiner Funktionalität sowie für den respektvollen Umgang mit der Landschaft im Ingenieurbau zu sensibilisieren vermag.

Überzeugende Lösungen in Wort und Bild © Folio Verlag

www.folioverlag.com

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N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E Neuerscheinung bei Park Books

Baukultur (und) Verkehr In Zusammenarbeit mit der Bundesstiftung Baukultur herausgegeben, soll dieses vor kurzem erschienene Buch exemplarische Projekte, strategische Lösungsansätze und technologische Innovationen rund um das Thema Mobilität veranschaulichen: Angesichts einer Umbruchsituation, in der sich die heute eher urban geprägten Gesellschaften befinden, eröffnet, wie die Autoren meinen, »Mobilität« einen Spielraum für Planer wie Gestalter, der ihrer Meinung nach aber zugleich mit der Herausforderung eines Paradigmenwechsels verbunden sei und deshalb letztlich eine ganzheitliche Herangehensweise bedinge, um ein Mehr an Baukultur im Verkehr erzielen zu können.

Das insgesamt 256 Seiten umfassende Werk ist »Baukultur Verkehr« be- und »Orte, Prozesse, Strategien« untertitelt, wartet mit zahlreichen Abbildungen auf und kostet 38 €. Vorgestellt werden in ihm unter anderem, quasi als musterhafte Modelle, die Stachus Passagen in München, die sogenannte Transferzone Arnhem, der westliche Bahnhofsvorplatz in Kumamoto, das Charrette-Verfahren für den Grazer Sonnenfelsplatz, der Umbau des Broadway in New York, die Charakteristika der integrierten Verkehrsplanung in Bordeaux, das Konzept der Triester Schulverkehre und »Elektronische Fahrscheine in Tokio«.

Dokumentation von Projekten © Park Books AG

www.park-books.com

Veröffentlichung bei Saxophon

Elbquerung im Rückblick Ende August war es so weit. Die neue Dresdner Elbquerung wurde mit einem zweitägigen Fest eröffnet – und anschließend konnte der Autoverkehr erstmalig über die Waldschlößchenbrücke rollen. Eine lange Planungs- und Realisierungsgeschichte hatte damit ein Ende gefunden, erfolgte der Stadtratsbeschluss zur Herstellung des Bauwerks doch bereits 1996. Er blieb zunächst allerdings ohne »praktische« Konsequenzen, denn politische und juristische Auseinandersetzungen verzögerten den Beginn der entsprechenden (Errichtungs-)Arbeiten um mehr als eine Dekade und wurden zudem »untermalt« von der Aberkennung des Weltkulturerbetitels, da die Unesco das Dresdner Elbtal in seiner einmaligen Flusslandschaft durch eben jenen (vorgesehenen) Eingriff als beschädigt erachtete.

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Die insgesamt fünfjährige Bau- und die etwa doppelt so lange Konzeptionsphase hat Peter Hilbert, Redakteur der Sächsischen Zeitung, akribisch begleitet und in zahlreichen Texten und Bildern dokumentiert. Aus seinem reichhaltigen Fundus ist nun ein Buch entstanden, das nicht nur die aktuellen Geschehnisse thematisiert, sondern auch einen Rückblick auf die mehr als 140-jährige Vorgeschichte wagt, wobei es mit durchaus spannend zu nennenden Erzählungen über Hoffnungen, Streitereien, geplatzte Ablaufpläne, Brückeningenieure, Biber, Fledermäuse und den Schutzheiligen Nepomuk aufwartet.

Geschichte eines Bauwerks © Saxophon GmbH

Die »Chronik eines Großprojekts« veranschaulichend, dürfte und sollte diese 144 reich illustrierte Seiten umfassende Veröffentlichung nicht gerade wenige Erkenntnisse zu befördern helfen, zumal selbige lediglich die Lektüre eines schmalen Bandes bedingen, der im Saxophon-Verlag erschienen und (dort) zum Preis von nur 12,90 € zu erwerben ist. www.saxophon-verlag.de


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IMPRESSUM

BRÜCKENBAU ISSN 1867-643X 5. Jahrgang Ausgabe 5 . 2013 www.zeitschrift-brueckenbau.de Herausgeber und Chefredakteur Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn mwiederspahn@verlagsgruppewiederspahn.de Verlag mit MixedMedia Konzepts

VERLAGSGRUPPE WIEDERSPAHN

Biebricher Allee 11 b D-65187 Wiesbaden Tel.: +49 (0)6 11/84 65 15 Fax: +49 (0)6 11/80 12 52 www.verlagsgruppewiederspahn.de

Anzeigen Ulla Leitner Zur Zeit gilt die Anzeigenpreisliste vom Januar 2013. Satz und Layout Christina Neuner Titelbild Grand Viadukt de Millau © Judith Klein, Maurer Söhne GmbH & Co. KG Druck Schmidt printmedien GmbH Haagweg 44, 65462 Ginsheim-Gustavsburg Erscheinungsweise und Bezugspreise 14 Euro Einzelheft: Doppelheft: 28 Euro Abonnement: Inland (4 Ausgaben) 56 Euro Ausland (4 Ausgaben) 58 Euro Der Bezugszeitraum eines Abonnement beträgt mindestens ein Jahr. Das Abonnement verlängert sich um ein weiteres Jahr, wenn nicht sechs Wochen vor Ablauf des berechneten Bezugszeitraums schriftlich gekündigt wird. Copyright Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlags in irgendeiner Form reproduziert oder in eine von Maschinen verwendbare Sprache übertragen werden. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlags strafbar.


Bauwerkschutzsysteme BAUWERKSLAGER

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DEHNFUGEN

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ERDBEBENVORRICHTUNGEN

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SCHWINGUNGSDÄMPFER

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MONITORING

↑ Qingdao Haiwan Brücke, Shangdong, China Aufgabenstellung: Fertigung in Rekordzeit mit Qualität “made in Germany” von nahezu 200 wasserdichten Lamellendehnfugen für die mit 42 km längste Differentialbrücke der Welt. Projektumfang: Insgesamt 3.359 m Fahrbahnübergänge vom Typ MAURER Trägerrostfuge für Dehnwege bis zu 320 mm und vom Typ Schwenktraverse für Dehnwege bis zu 1.120 mm.

↑ Marina Bay Sands Hotel, Skypark, Singapur Aufgabenstellung: Lagerung und Bedämpfung einer Dachplattform unter schwierigsten Einbaubedingungen bei extremen Auflasten, Temperaturen und Verschiebungen. Projektumfang: 17 MAURER MSM® Gleitlager mit Verschiebungen bis zu ± 1 m und ein abgestimmter MAURER TMD Massendämpfer mit einer um ± 250 mm vertikal schwingenden Masse von 5 t.

↑ Russki Brücke, Wladiwostock, Russland Aufgabenstellung: Bauwerkschutz an der derzeit weitest gespannten Schrägseilbrücke der Welt. Projektumfang: Schwenktraversen-Dehnfugen mit 2,4 m Dehnweg, MAURER MSM® Kalotten- und Horizontalkraftlager mit 34 MN Auflast, Hydraulische Erdbebendämpfer für 3 MN, passive und adaptive Schrägseildämpfer.

↑ Wolgabrücke, Wolgograd, Russland Aufgabenstellung: Bedämpfung winderregter Schwingungen einer biegeweichen, stählernen Straßenbrücke mit Einzelspannweiten von über 150 m und einer Gesamtlänge von 7,1 km. Projektumfang: 12 adaptive, abgestimmte MAURER TMD Massendämpfer mit je 5,2 t Masse.

Maurer Söhne GmbH & Co. KG Frankfurter Ring 193, 80807 München Telefon (089)32394–0 Telefax (089)32394–306 ba@maurer-soehne.de www.maurer-soehne.de


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