Brückenbau 3/2018

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www.maurer.eu

Ausgabe 3 . 2018

Erstes deutsch-französisches

Symposium Brückenbau in Luxemburg Aktuell 18. Symposium Brückenbau in Leipzig Anspruchsvolle Instandsetzung von Stahlbrücken

www.verlagsgruppewiederspahn.de

ISSN 1867-643X


—BRIDGING OBSTACLES SINCE 1854—

Botlek Vertical Lift Bridge, Rotterdam, The Netherlands Winner of the European Steel Bridge Award 2016

WWW.WAAGNER-BIRO.COM

ABU DHABI*BAKU*BARNSLEY*DOHA*DUBAI*JAKARTA*LONDON* LUXEMBOURG*MADRID*MANILA*MOSCOW*SHANGHAI* ST. PETERSBURG*VIENNA*WARSAW*WEIHERHAMMER


EDITORIAL Zum (ersten) Symposium in Luxemburg

Werkstoff und Außenwirkung von Michael Wiederspahn

Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn

»Nun, wie immer es um solche Gefährlichkeit des Feuers und des Erzes bestellt sei, der Aufgabe: ›Macht sie euch untertan‹ war und ist ja nicht auszuweichen. Sehen wir´s recht, so kam bis in unsere Tage soviel Unheil wie Segen, soviel Glück wie Elends dabei heraus. Es mag sich die Waage halten. Freundlicher nähern wir uns der Sache, wenn wir uns dieses Wortes erinnern: Holz bildet – Eisen erzieht. Es weist auf die rationalen Kräfte und auf den starken Ansatz des Willens, der von diesem Stoffe gefordert wird. Eisen erzieht! Wen? Was? Nun, wie das bei der Erziehung so geht: den Zögling – und sich selbst. Fließen diese beiden Richtungen des Erziehens hier auf eine besondere Weise und inniger ineinander, als bei manchen anderen Stoffen, so hat das wichtige Gründe. Dies ist doch, mit Vorrang vor allem anderen, der Stoff der Werkzeuge. Strenges Gesetz der werkstofflichen Bedingungen, menschennaher Werkzeugsinn und nie ersterbende Sehnsucht nach Vollkommenheit vereinigen sich. (…) Was sich hier an Vollendungen, unlöslichen Vereinigungen von stofflicher und funktionaler und formaler Güte – leise übrigens, nicht laut – und schon lange spürbar, heran- und herausbildet, hat mit einer kräftigen, harten Tauglichkeit eine neue Schönheit gewonnen. Schönheit in Stahl ...«

Jeder Werkstoff hat natürlich Anhänger und, zumindest in Deutschland, auch eine oder eben seine Lobby, also eine (organisierte) Interessenvertretung in Form von Verbänden oder Vereinen, die Politik und Gesellschaft zu beeinflussen versuchen, indem sie die Vorzüge »ihres« Materials kontinuierlich bewerben und damit dessen vermeintliche Überlegenheit gegenüber anderen aufzuzeigen hoffen. In einer Marktwirtschaft ist das zweifelsohne legitim, zumal es noch immer einiger mehr oder weniger plausibel klingender Aussagen bedarf, um irgendwen zu irgendetwas bekehren zu können. In Anbetracht der sich einem nun fast unweigerlich aufdrängenden, aber kaum oder ausschließlich im und für den Einzelfall zu beantwortenden Frage, ob solche Willenslenkungsbemühungen tatsächlich für Aufklärung sorgen oder sie nur zur Durchsetzung von bestimmten Zielen und Wünschen eines kleineren Teils der Bevölkerung dienen (sollen), sei hier stattdessen auf ein weiteres Kriterium hingewiesen, das in dem Zusammenhang trotz seiner großen Bedeutung oft übersehen oder gerne vergessen wird. Und das sind die Beschäftigung mit und die Förderung von (primär) anwendungsorientierten Forschungsvorhaben und insofern die Bereitstellung von Daten und Fakten als einer oder der Vorbedingung für sämtliche Varianten von Überzeugungsarbeit, lassen sich doch ohne aktuelle Fachkenntnisse und das Wissen um neueste Entwicklungen wie deren künftige Perspektiven keine Argumente finden oder gar Diskussionen bestreiten, die aus Sicht von (sogenannten) Meinungsführern das von ihnen angestrebte Resultat zu zeitigen vermögen. Zur Überprüfung und Bestätigung des zuvor Be- und Geschriebenen bietet sich wohl am ehesten oder besten ein Blick auf die Internetseiten der einschlägigen Gruppierungen an, da ihnen heutzutage ja die Funktion eines offiziellen Sprachrohrs und ersten Kontakt- wie Recherchemediums zukommt: Wer sie (deshalb) ein bisschen aufmerksamer anschaut, wird beinahe zwangsläufig auf eine nachgerade überwältigend anmutende Flut von

Informationen stoßen, wobei das Spektrum von simplen Imagebroschüren und leicht ein- oder schöngefärbt erscheinenden Marktanalysen über sehr präzise, ergo sicherlich nutzbringende Planungs- und Konstruktionsanleitungen bis hin zu detaillierten Studien reicht, die an und von Hochschulen und Universitäten angefertigt wurden. Über einen Mangel an Literatur, an Empfehlungen und Hilfsmitteln unterschiedlichster Couleur muss Mann oder Frau sich infolgedessen nicht beschweren, sondern höchstens über das Phänomen wundern, dass allerorten manche Aspekte ausgespart bleiben, offenbar weil sie nicht in den Kanon der favorisierten Eigenschaften gehören oder zu ihm passen. Bei Bauelementen aus Stahl zum Beispiel wird sich häufig auf die Angabe reiner Zahlenwerte beschränkt, die lediglich eine Einordnung in (unter anderem) exakt definierte Festigkeits-, Brand- und Korrosionsschutzklassen erlauben, während tiefergehende Erläuterungen der oder zur Oberflächenbeschaffenheit meist zur Gänze fehlen. Derartige Beschreibungen sind freilich unverzichtbar, um die spätere (Außen-)Wirkung eines Gebäudes, einer Straßen- und Bahnüber- oder -unterquerung ab- und einzuschätzen, wenn nicht schon im Vorfeld potentielle Voroder Nachbehandlungsalternativen beoder überdacht werden sollen. Das heißt im Grunde, mitunter sind feingeistiger lautende Charakterisierungen durchaus vonnöten, wie sie nicht zuletzt der Architekt Hans Schwippert vor 66 Jahren bei einer Rede in Düsseldorf zum Thema »Schönheit in Stahl« gebraucht hat: »Was sich hier an Vollendungen, unlöslichen Vereinigungen von stofflicher und funktionaler und formaler Güte (…) heran- und herausbildet, hat mit einer kräftigen, harten Tauglichkeit eine neue Schönheit gewonnen.« Und das trifft wiederum genau auf jene Stahl- und Stahlverbundbrücken zu, die im Rahmen des ersten Symposiums in Luxemburg einen Schwerpunkt bilden und daher (auch) in diesem Heft zu entdecken sind.

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Editorial

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Werkstoff und Außenwirkung

Michael Wiederspahn

Erstes deutsch-französisches Symposium in Luxemburg

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Baukultur – eine europäische Herausforderung

Wolfgang Eilzer, Volkhard Angelmaier

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Bridge stories from here and there

Laurent Ney, Karl Burgmann

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Neue Donaubrücke in Linz

Marc Mimram, Jacques Durst

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Grosshofbrücken im schweizerischen Kriens

Guido Biaggio, Rainer Hohermuth

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Engineering and architecture in bridge design

Ivo Mulders, Adriaan Kok, Niels Degenkamp, Christa van den Berg

56

Integrale Straßenbrücken in Verbundbauweise

Andreas Keil, Frank Schächner

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Verbundbrücken kleiner und mittlerer Spannweite

Günter Seidl, Victor Schmitt

80

Pilotprojekt für ein neues Montageverfahren

Ralf Schubart

85

Fahrbahnertüchtigung mit hochfestem Beton

Gisbert Laurini

88

Pont Grande-Duchesse Charlotte in Luxemburg

Heiko Gesella, Thomas Stihl

98

Brückenbau mit feuerverzinktem Stahl

Dietmar Hildebrandt


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Special

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Kathodischer Korrosionsschutz der Achereggbrücke

Daniel Oberhänsli, Martin Sutter

Aktuell

109

Brückenbau und Baukultur in (ganz) Europa

Siegfried Löffler

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Anspruchsvolle Instandsetzung von Stahlbrücken

Clementine Hegner-van Rooden

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Produkte und Projekte

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Software und IT

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Nachrichten und Termine

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Branchenregister

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Impressum

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SYMPOSIUM Zukunftsgestaltung aus Tradition

Baukultur – eine europäische Herausforderung von Wolfgang Eilzer, Volkhard Angelmaier

Europa blickt wie kaum ein anderer Kontinent auf eine jahrtausendealte Geschichte zurück. Eine Geschichte, die zum einen geprägt war von Konflikten und kriegerischen Auseinandersetzungen, gleichzeitig aber auch von einer kulturellen Vielfalt, die die Grundlage bildete für philosophische, gesellschaftliche, künstlerische und nicht zuletzt auch technische Errungenschaften und Entwicklungen, die ausgehend von Europa ihren Siegeszug rund um den Globus angetreten haben (Bild 1). Wenn in neuester Zeit etwas spöttisch von »Old Europe« (Zitat von Donald Rumsfeld, amerikanischer Verteidigungsminister 2001–2006) die Rede ist, soll damit zum Ausdruck kommen, dass die »alte Dame« den Herausforderungen der Gegenwart und in noch stärkerem Maße der Zukunft wohl nicht mehr ganz Genüge tragen dürfte. Auch wenn die eine oder andere aktuelle Entwicklung der These Rumsfelds recht zu geben scheint, greift sie dennoch zu kurz. Sie übersieht die Kraft und die Bedeutung des kulturell Gewachsenen, das sich in einem gemeinsamen Fundament von Werten, Tugenden und Überzeugungen manifestiert. Der vermeintliche Makel »Old Europe« mutiert vor diesem Hintergrund zum Gütesiegel. Und hier in Luxemburg, wo sich Anfang der 1950er Jahre mit Frankreich, den Beneluxländern, Italien und Deutschland die Keimzelle eines gemeinsamen Europas herausgebildet hatte, ist dieses Qualitätsmerkmal zum Greifen spürbar. Dass wir auch im Bereich des Bauens unsere Verantwortung als Europäer angenommen haben, sollen im Folgenden aktuelle Beispiele aus dem europäischen Brückenbau zeigen (Bild 2).

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1 Akropolis in Athen © A. Savin/Wikipedia Commons

2 Eisenbahnbrücke über den Firth of Forth © Verklaerbaer/Wikipedia Commons

1 Bauen und Wettbewerbskultur Bauen ist eine kulturelle Errungenschaft des Menschen, von seinen ersten Behausungen in Zentralafrika bis hin zu den Wolkenkratzern der Neuzeit. Bauen ist in erster Linie immer auch ein evolutionärer Prozess. Zweckmäßiges, Zielführendes, funktional Sinnvolles hat sich durchgesetzt und gleichzeitig den Raum dafür geschaffen, künstlerische, gestalterische und architektonische Elemente mit aufzunehmen.

Es handelt sich dabei im ureigensten Sinne um einen kontinuierlichen Wettbewerb der Ideen, des Gestaltungswillens, des Durchsetzungswillens und -vermögens und des Könnens, also des Beherrschens seines Metiers (Bilder 3 und 4). Egal ob man dabei vom Architekten redet oder vom Ingenieur oder gar vom Baumeister – irgendwie standen sie immer auch im Wettbewerb, womit man die (Wettbewerbs-)Kultur in diesem Kontext ebenfalls als eine zivilisatorische Errungenschaft des Menschen betrachten kann.


SYMPOSIUM

3 4 Integral sinus hx versus Vitruvischer Mann von Leonardo da Vinci © Hans Bernhard/Wikipedia Commons

2 Wettbewerbsverfahren 2.1 Diverse Alternativen In Europa werden mittlerweile viele Großprojekte, mitunter auch mittlere, auf dem Wege von Wettbewerbsverfahren vergeben. Dabei steht eine breite Palette an möglichen Verfahrensprozessen zur Verfügung. Am Beispiel verschiedener, über ganz Europa verstreuter Projekte werden die unterschiedlichen Wege, die dabei eingeschlagen werden, beschrieben – am Ende führen sie alle nach Rom (Bild 5). 2.2 VOF-Verfahren (Public Procurement Procedure) Beim VOF-Verfahren handelt es sich um ein europaweit eingeführtes und reglementiertes Instrument für die Vergabe von Architekten- und bzw. oder Ingenieurleistungen, das ab einer Grenze von 200.000 € zur Anwendung kommt. In einem ersten Schritt erfolgt die Präqualifikation mit den Kategorien wirtschaftliche und finanzielle sowie technische und berufliche Leistungsfähigkeit. In der zweiten Runde entscheidet sich dann die Vergabe in der Regel innerhalb von drei bis sechs Teams unter Berücksichtigung und Bewertung auch des Preises. Bei der Rheinbrücke Neuenkamp im Zuge der Bundesautobahn A 40 zwischen Duisburg und Venlo, einer der Hauptverbindungen zwischen Deutschland und den Niederlanden, bestand eine Besonderheit darin, dass nach Vergabe der Ingenieurleistungen ein weiteres Verfahren für die architektonische Gestaltung durchgeführt wurde (Bild 6).

5 Europakarte mit Projekten © Leonhardt, Andrä und Partner AG

6 Rheinbrücke Duisburg-Neuenkamp als Visualisierung © Leonhardt, Andrä und Partner AG

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SYMPOSIUM

2.3 Verhandlungsverfahren Der Unterschied zum VOF-Verfahren besteht darin, dass nach der Präqualifikation die Projektteams eine Entwurfslösung ausarbeiten, die sie in einem zweiten Schritt dem Bauherrn im Rahmen eines »Hearings« vorstellen. Bei der innerstädtischen, ca. 1.000 m langen Rudolf-WissellBrücke in Berlin (Bilder 7 und 8) waren dabei nur Ingenieurbüros angefragt worden. In welcher Form diese sich dann endgültig konstituierten, und zwar gemeinsam mit Verkehrsplaner, Umweltplaner etc., blieb ihnen selbst überlassen. Nach dem ersten Hearing wurden drei der sechs Teilnehmer von einer Jury für die Weiterbearbeitung ausgewählt, die mit einem zweiten Hearing endete, auf dessen Grundlage die Jury abschließend die Rangfolge festlegte. Pekuniär honoriert wurden sämtliche Teams, je nachdem, welche Stufe sie im Verfahren erreicht hatten. Ein entscheidender Vorteil dieses Verfahrens liegt in seiner Mehrstufigkeit sowie dem Umstand, dass der Bauherr mit seinem Beraterstab respektive der Jury in den Prozess direkt eingebunden ist, was eine intensive Kommunikation zwischen allen Beteiligten sicherstellt. Man spricht deshalb auch zutreffend vom Dialogverfahren. Ein ganz ähnliches Verfahren wurde in Österreich mit der Rheinbrücke bei Hard, dem Ort, wo der Rhein in den Bodensee fließt, durchgeführt. Neben den Ingenieuren war diesmal allerdings die Beteiligung eines Architekten obligatorisch. Zusammen mit Dissing+Weitling gewannen wir den ersten Preis (Bild 9).

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7 8 Rudolf-Wissell-Brücke in Berlin: Draufsicht und Visualisierung © Leonhardt, Andrä und Partner AG

9 Entwurf der Rheinbrücke Hard–Fußach © Leonhardt, Andrä und Partner AG/Dissing+Weitling architecture a/s

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SYMPOSIUM

10 Situation im Tamina-Tal © Tiefbauamt St. Gallen

11 Taminabrücke nach Fertigstellung © Bastian Kratzke

2.4 Ingenieur-Wettbewerb Wettbewerbe können offen, ohne Teilnahmebeschränkung oder beschränkt über Bewerbungsverfahren ausgelobt werden. Bei der Taminabrücke (Bild 10) in der Schweiz hat sich der Bauherr für den ersten Weg entschieden, was zu einer Anzahl von 21 internationalen Ingenieurbüros geführt hat. Die Einbeziehung von Architekten war optional. Wir entschieden uns für einen Alleingang und waren mit einer asymmetrischen Bogenlösung erfolgreich (Bild 11). 2.5 Architekten-und Ingenieur-Wettbewerb Im Normalfall – und dies gilt europaweit – ist die Beteiligung eines Architekten zwingend vorgeschrieben. Ein Beispiel ganz aus der Nähe und damit in Luxembourg ist das Eisenbahnviadukt Pulvermühle. Die Aufgabe bestand darin, direkt neben der denkmalgeschützten Bogenstruktur eine neue Brücke zu planen (Bild 12). Zusammen mit dem italienischen Architekten Aurelio Galfetti und den Ingenieuren TR-Engineering aus Luxembourg haben wir uns für eine Lösung entschieden, die sich sowohl ästhetisch als auch technisch bewusst von der Bestandsbrücke abhebt, was die Jury mit dem ersten Platz würdigte (Bild 13). 12 13 Eisenbahnviadukt Pulvermühle: Modell und Detail © Leonhardt, Andrä und Partner AG

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SYMPOSIUM

14 Rheinquerung für Fußgänger bei Rheinfelden © Leonhardt, Andrä und Partner AG

15 Entwurf einer Donaubrücke für Budapest © Leonhardt, Andrä und Partner/Zaha Hadid Architects

Es müssen aber nicht immer die ersten Preise sein, die einen mit seiner Arbeit zufriedenstellen. Bei der Fußgängerbrücke über den Rhein zwischen Deutschland und der Schweiz (Bild 14) setzten wir den innovativen Ansatz einer Bogenbrücke mit einer anschließenden Halbbogenbrücke um, was die Jury mit dem zweiten Preis auszeichnete – eine mutige Entscheidung. Als aktuelles, durchaus aber vergleichbares Beispiel kann die Donaubrücke in Budapest erwähnt werden (Bild 15). Die ungarische Hauptstadt hat großen Wert auf die Federführung durch international renommierte Architektenbüros gelegt, was in einem »Who is who« der sogenannten Stararchitekten weltweit mündete: auch ein Ansatz. Wir konnten so, zusammen mit Zaha Hadid, eine völlig neuartige Bogenbrücke kreieren,

die konventionelle Sehgewohnheiten deutlich hinter sich ließ und ebenfalls mit dem zweiten Platz belohnt wurde.

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2.6 Design-and-Build Wenn sich bisher die Teilnahme auf die Planer, Architekten und Ingenieure, beschränkte, treten jetzt auch die Baufirmen selbst auf den Plan. Und dies massiv, mit ihrer gesammelten Kompetenz und ihrem Know-how, was das materielle Bauen betrifft, kurz das gesamte Spektrum der Herstellungs- und Bautechnologie. Auch hierbei gibt es die unterschiedlichsten Ausformungen. Bei der Queensferry Crossing über den Firth of Forth in Schottland, zum Beispiel, lag dem Verfahren der von Arup ausgearbeitete Masterplan einer Drei-Pylonen-Schrägkabelbrücke zugrunde (Bild 16). Das Konsortium aus Baufirmen und Planern arbeitete auf dieser Grundlage eine ausführungsreife Lösung aus (Bild 17). Eine interessante Variante hat sich im niederländischen Kulturraum herausgeschält: Die Konsortien sind von der ersten Sekunde an zusammen und arbeiten sich durch sämtliche Phasen des Entwurfes bis zur ausführungsreifen Detailierung. Während des gesamten Prozesses bleibt der Bauherr im Dialogverfahren engstens angebunden. Das Entscheidungskriterium ist nicht der Preis, sondern die Qualität. Das Budget ist vorgegeben – gesucht wird der optimale Gegenwert. Im Falle der Stadsbrug Nijmegen konnten wir unseren Beitrag innerhalb des siegreichen Konsortiums leisten (Bild 18).

16 Neue und historische Querungen des Firth of Forth © Transport Scotland


SYMPOSIUM

Rudolf-Wissell-Brücke Berlin 1. Preis

Innovation aus Tradition Auszeichnungen Awards und Preise als Ergebnis kreativer und innovativer Entwürfe

17 Queensferry Crossing mit drei Pylonen © Transport Scotland

Beratende Ingenieure VBI AG

www.lap-consult.com Neue Donaubrücke Budapest 2. Preis

18 Stadsbrug Nijmegen nach Errichtung © Thea van den Heuvel

3 Schlussbemerkung »Old Europe« scheint ganz schön lebendig zu sein – zumindest was Ingenieurbauwerke und Brücken betrifft. Allein die wenigen vorgestellten Beispiele integrieren verschiedenste Personen aus unterschiedlichsten Herkunftsländern – genannt seien hier lediglich Spanien, Frankreich, Benelux, Skandinavien, Deutschland, Österreich, Schweiz, Ungarn – in erfolgreichen und schlagkräftigen Teams.

Einer der Schlüssel zum Erfolg, neben Kompetenz und Phantasie etc., liegt in der gemeinsamen europäischen Geschichte, dem gemeinsamen kulturellen Erbe. »Old Europe« steht dafür als leuchtende Metapher – was die Zukunft betrifft, muss uns nicht bange sein, ganz im Gegenteil. Autoren: Dipl.-Ing. Wolfgang Eilzer Dipl.-Ing. Volkhard Angelmaier Leonhardt, Andrä und Partner Beratende Ingenieure VBI AG, Stuttgart

Tamina-Brücke | Schweiz 1. Preis

Viaduc Pulvermühle | Luxemburg 1. Preis

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SYMPOSIUM Synthese aller kontextuellen Elemente als Basis

Bridge stories from here and there von Laurent Ney, Karl Burgmann

1 Fußgängerbrücke von Tintagel Castle in Cornwall © William Matthews Associates/Ney & Partners

Im folgenden Beitrag werden vier Projekte von Ney & Partners näher beleuchtet, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Trotz klar voneinander abweichender Aufgabenstellungen ist der Grundstein für ein erfolgreiches Projekt immer die Synthese aller kontextuellen Elemente. Randbedingungen wie Raum- und Budgetbeschränkungen werden dabei nicht als Hindernisse gesehen, sondern als Treibstoff für die eigene Kreativität. Bei den Brücken handelt es sich um eine vorgespannte Stahlbetonbrücke in Nijmegen, Niederlande, eine Fußgänger- und Radwegbrücke aus Stahl in Antwerpen, Belgien, eine Fußgängerbrücke aus Stahl in Nagasaki, Japan, und die Fußgängerbrücke von Tintagel Castle in Großbritannien.

1 Fußgängerbrücke von Tintagel Castle 1.1 Lage und Bedeutung Spektakulär an der Nordküste von Cornwall gelegen, ist Tintagel Castle eine der imposantesten historischen Stätten in Großbritannien und untrennbar mit der Legende von König Artus verknüpft.

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Heute sind die Überreste der Siedlung aus dem 13. Jahrhundert sowohl auf dem Festland als auch in der ins Meer hineinragenden, zerklüfteten Landspitze zu sehen.

2 Blick vom Festland aus in Richtung Insel © William Matthews Associates/Ney & Partners


SYMPOSIUM

Die geteilten Landschaften von Tintagel waren jedoch einst durch einen schmalen Landstreifen verbunden. Dieser schmale Zugang war so bedeutend, dass er der Festung den Namen »Cornish Din Tagell« oder »Festung des schmalen Eingangs« verlieh. Die neue Fußgängerbrücke erstreckt sich, 72 m Spannweite aufweisend, 28 m über dem derzeitigen Übergang und ermöglicht den Besuchern das Erlebnis, die Landzunge wie im Mittelalter zu erreichen. Mit fast 200.000 Besuchern pro Jahr ist Tintagel Castle eine der beliebtesten Sehenswürdigkeiten von Cornwall. Die Brücke ist das jüngste in einer Reihe von Projekten an ebenjener historischen Stätte. 1.2 Entwurfsidee Die Fußgängerbrücke von Tintagel Castle basiert auf einem einfachen Konzept: die Verbindung wiederherzustellen, die einst existierte und die aktuelle Leere füllte. Anstatt ein drittes Element einzuführen, das sich von einer Seite zur anderen erstreckt, werden zwei voneinander unabhängige Kragarme eingesetzt, die auskragen und sich in der Mitte (fast) berühren. Visuell betont die Verbindung die Leere im Feldbereich durch das Nichtvorhandensein von Bauteilen und Unterstützungen. Das Tragwerk »entspringt« an der Felswand mit einer Höhe von 4,50 m und verjüngt sich zur Mitte hin, an der die Bauteilhöhe lediglich 170 mm misst. Eine klar erkennbare Fuge klafft zwischen den beiden Kragarmen. Der enge Abstand zwischen ihnen symbolisiert den Übergang zwischen dem Festland und der Insel, zwischen hier und dort, Gegenwart und Vergangenheit, Bekanntem und Unbekanntem, Realität und Legende – all die Dinge, die Tintagel so besonders und faszinierend machen.

3 Spalt zwischen Festland und Insel: Realität oder Illusion? © William Matthews Associates/Ney & Partners

1.3 Formfindung und Tragwerk Um das Konzept der Tintagel-Brücke zu verstehen, ist es wichtig, den Prozess nachzuvollziehen, der zur Wahl dieser Brückentypologie geführt hat. Natürlich wurde von Anfang an versucht, den Start- und den Endpunkt auf eine möglichst filigrane Art und Weise linienförmig miteinander zu verbinden. Eine Spannbandbrücke war zunächst eine naheliegende und äußerst attraktive Lösung. Im Falle von Tintagel und in Anbetracht sämtlicher Randbedingungen ist dies aber praktisch unmöglich, denn eine solche Struktur funktioniert erst bei einem Durchhang bzw. Stich von ca. 1/50 der Spannweite effizient. Im vorliegenden Fall entspricht dies einem Stich von 1,30 m bei einer Spannweite von 67 m. Hinzu kommt, dass zwischen beiden Auflagerpunkten ein Niveauunterschied von 3 m herrscht, der zu einer Neigung von 17 % an einem der Auflagerpunkte führen würde – und das kann man sich ohne einen Treppenaufgang nur schwer vorstellen. Aber genau das war eben eine

Anforderung im Wettbewerb, nämlich eine Lösung ohne Treppenaufgang anzustreben. Zudem muss man bedenken, dass eine Spannbandbrücke ein relativ weiches System ist, das mit Sicherheit in einem windgeschützten Tal realisierbar wäre, aber nicht in Tintagel. Fußgängerbzw. windinduzierte Schwingungen wären nicht mit dem geforderten Sicherheitsgefühl beim Begehen der Brücke vereinbar. Und Tintagel ist zudem eine archäologische Ausgrabungsstätte mit noch unentdeckten Überresten in den obersten Bodenschichten. Eine Spannbandbrücke würde hohe Horizontalkräfte erzeugen, die exakt in diese nicht tragfähigen Bodenschichten eingeleitet werden müssten: ein Risiko, das nicht vertretbar ist. Aufgrund der Vielzahl an Argumenten sind wir zu dem Resultat gekommen, dass jene a priori sehr elegante Lösung für den Standort Tintagel nicht geeignet ist.

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4 Bewertung unterschiedlicher Tragwerke © Ney & Partners

Ebenfalls ausgeschlossen haben wir Lösungen, bei denen das Tragsystem oberhalb des Überbaus liegt, und zwar aus den folgenden Gründen: – Durch ein obenliegendes Tragsystem entsteht ein visueller Konflikt mit der Stätte und den Ruinen. – Das Tragsystem sollte von den steilen Felswänden profitieren, was mit einem obenliegenden Tragsystem nicht der Fall wäre. – Eine Schrägseil- oder eine Hängebrücke würde gleichfalls das Einleiten hoher Verankerungskräfte in die obersten Bodenschichten bedeuten Neben den aufgelisteten Typologien gibt es eine ganze Reihe von statisch bestimmten, einfeldrigen Tragsystemen, die für eine Spannweite von 67 m in Frage kommen. Voraussetzung hierfür sind eine geringe Bauteilhöhe an den Auflagerpunkten und eine entsprechend große Bauteilhöhe in Feldmitte. Es kann sich beispielsweise um einen Fachwerkträger, einen unterspannten Träger oder einen Hohlkasten handeln. Man kann sich leicht vorstellen, dass diese Art von Tragwerk eine verheerende Auswirkung auf die Landschaft hat und den Blick in der Mitte der Bucht versperrt – wo doch genau dort die Sicht freigehalten werden soll.

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Außerdem ist die bautechnische Ausführung einer solchen Lösung schwer zu leisten. Selbst wenn man mit leichten Materialien arbeitet, ist es nicht möglich, den Träger als Ganzes einzuheben, was sicherlich eine technische interessante Herausforderung gewesen wäre. Die Tragfähigkeit von Hubschraubern, die in England operieren, beträgt nicht mehr als 5.000 kg. Ungefähr die gleiche Obergrenze ergibt sich auch für eine KabelKran-Montage: Man möge bedenken, dass die Baustelle per Lkw nicht erreichbar ist. Die nächstgelegene Straße, die mit einem schweren Fahrzeug erreichbar ist, befindet sich 500 m von der Baustelle entfernt. Daher ist es notwendig, das Brückenbauwerk abschnittsweise herzustellen. Dies wiederum erfordert temporäre Hilfsstützen, die im unwegsamen Gelände nur schwer realisierbar sind und aufgrund der klimatischen Verhältnisse vor Ort relativ massiv ausfallen müssten. Nichtsdestotrotz liegt der große Vorteil einer einfeldrigen Lösung in der kontrollierten und begrenzten Einleitung von Auflagerkräften in die Gründungen und damit in die Bodenschichten. Außerdem ist ein solches Tragwerk unempfindlich gegenüber differentiellen Setzungen der beiden Auflagerpunkte; derartige Lösungen wurden letztlich aber nicht weiterverfolgt.

Eine andere Option, die uns interessant erschien, ist der Einsatz eines Bogens. Im Gegensatz zur vorherigen Lösung »öffnet« ein Bogen das Tal und respektiert die visuelle Qualität des Standortes. Zudem handelt es sich um ein Tragwerk, das sich über Jahrhunderte hinweg bewährt hat und die Sprache des Mittelalters widerspiegelt. Auch in diesem Fall leiten wir horizontale Schubkräfte in den Untergrund ein. Der Vorteil ist jedoch, dass die Gründungen nicht im Bereich der obersten Bodenschichten angeordnet werden, sondern fast 4 m tiefer und damit an den steilen Felswänden. Dennoch ergibt sich hier ebenso das Problem der baulichen Durchführbarkeit. Es ist bekannt, dass der Bogen seine gesamte Tragfähigkeit erst nach Lückenschluss erreicht. Während der Errichtung ist folglich ein Hilfstragwerk erforderlich. Kann man also einen Bogen ohne zusätzliche Hilfsunterstützungen bauen? Ja, es gibt Beispiele dafür, wobei sich die Techniken zwar voneinander unterscheiden, aber das Grundprinzip immer dasselbe bleibt: Das Tragwerk wird, am Auflagerpunkt beginnend, abschnittsweise hergestellt: eine Freivorbau-Methode. Unsere Grundidee war nun, diese Technik zu verwenden und potentiell gefährliche Eingriffe in den Boden zu minimieren.


SYMPOSIUM

5 Seitenansicht der geplanten Struktur © Ney & Partners

6 Brückenbauwerk im Grundriss © Ney & Partners

Montagestöße von 4–5 m einschließlich Gehwegplatte und Geländer werden, vom Festland ausgehend, zusammengefügt. Um die in den Bauphasen auftretenden Einwirkungen aufnehmen zu können, ist es notwendig, die Querkraft zu den Auflagern hin abzutragen. Eine naheliegende Lösung sind Diagonalen, die den Untermit dem Obergurt verbinden. Ein solches Fachwerk weist die nötige Stabilität in den einzelnen Bauphasen auf, und das Einsetzen des Schlussstücks führt letztendlich zur Bogenwirkung. Es besteht dennoch ein prinzipieller Unterschied zwischen der gerade realisierten Struktur und einem klassischen Bogen. In unserem Fall nehmen Unterund Obergurt Kräfte auf, bei der klassischen Bogenlösung hingegen nur der

Bogen. Ein Nachteil ist jedoch die hohe statische Unbestimmtheit, die wir auf die Weise einführen und die das Tragwerk empfindlich für differentielle Setzungen sowie vor allem für Zwänge macht, die durch Einwirkungen infolge Temperatur entstehen. Aufgrund der Topographie hat der Überbau eine nach unten gerichtete Krümmung, also eine dem Bogen entgegengesetzte Krümmung. Aus Temperatureinwirkungen ergeben sich somit hohe Zwangskräfte zischen Bogen und Überbau sowie in den Auflagern. Dies ist genau die Art von Situation, die wir vermeiden wollten! Aber in unserem Konstruktionsprozess ist es das Einsetzen des Schlussstücks, das im Endeffekt jene negativen Auswirkungen hervorruft, die wir gerade aufgezählt haben.

Warum also schließen wir den Bogen? Anstatt eine Bogenbrücke zu entwerfen, konzipieren wir nun eine Freivorbaubrücke. Bemerkenswert ist dabei, dass sich die Kräfte unter den Hauptlasten letztlich nicht ändern, wie aus dem Diagramm ersichtlich ist. Das Tragwerk in den verschiedenen Bauphasen entspricht dem endgültigen Tragwerk, und zwar sowohl in statischer als auch in materieller Hinsicht. Zwischen beiden Kragarmen verbleibt ein Spalt. In der Verbindung wird nur die Querkraft übertragen, um die Kompatibilität der Verformung zwischen den beiden Kragarmen zu gewährleisten.

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7 Prinzipielles Montagekonzept © Ney & Partners

1.4 Materialwahl Die tragenden Bauteile wie Bogen, Diagonalen und Überbau sowie das Geländer sind aus Stahl. Als Belag der Gehwegplatte dienen Schieferplatten, der Handlauf ist aus Holz. Das Gesamtgewicht der Stahlkonstruktion beträgt ca. 50 t. Zwei unterschiedliche Stahlsorten wurden gewählt: Zum einen wird der »lesbare« Teil der Struktur, sprich Unter- und der Obergurt, aus Stahl mit Korrosionsschutzbeschichtung hergestellt. Unsere Hoffnungen, hierfür Corten-Stahl einzusetzen, haben sich leider durch Korrosionsuntersuchungen an Probebauteilen wegen der hohen Chloridbelastung vor Ort buchstäblich in Luft aufgelöst. Für den Benutzer der Brücke wird ein taktiles und edles Material verwendet, das als Gegenstück zu jenem der tragenden Bauteile wirken soll. Das heißt, Edelstahl, der visuell verschwindet und diesen Elementen einen immateriellen Charakter verleiht, kam zur Ausführung. Das Geländer besteht aus 15 mm x 15 mm Füllstaben in zwei sich kreuzenden Ebenen. Dabei richtet sich eine Ebene nach innen, um den Handlauf aus Holz in einer Höhe von 900 mm kontinuierlich zu stützen, während sich die andere nach außen neigt, eine Höhe von 1.200 mm hat und dem Benutzer ein Gefühl der Sicherheit vermittelt.

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Auch die Verbindungsdiagonalen zwischen Ober- und Untergurt, die kreuzförmig ausgefächert sind, werden in Edelstahl realisiert, um die Gesamtsilhouette des Tragwerks hervorzuheben und es in seiner Gesamtdarstellung quasi visuell verschwinden zu lassen. Die quadratischen Stabstahlquerschnitte sind extrem schlank, sind variabel und liegen in ihren Abmessungen zwischen 65 mm x 65 mm und 30 mm x 30 mm, zur Mitte hin abnehmend. Der Gehwegbelag selbst besteht aus vertikal verlegten Schieferplatten: eine Art der Ausführung, die bereits an anderen Stellen in Tintagel zu finden ist. Die für die Region typischen Schieferplatten bieten eine dauerhafte und rutschfeste Oberfläche und passen zum Maßstab der Brücke. Sie wurden in Edelstahlkästen eingebettet, die für die tragende Funktion sorgen.

Die verwendeten Materialien sind mit dem Frühmittelalter vereinbar, denn Eisen, Holz und Stein stammen in gewisser Weise aus jener Epoche. Stahl ist das edle Material und ermöglichte die Herstellung von Bauteilen, aber auch von Rüstungen, Werkzeugen, Schwertern, die allein schon Ausdruck für das Mittelalter sind. Stein, und in unserem Fall vor allem Schiefer, ist das Bau- und Ausbaumaterial der Region um Tintagel. Bauherr English Heritage, Swindon, Großbritannien Entwurf Laurent Ney, Ney & Partners BXL s.a., Brüssel, Belgien William Matthews, William Matthews Associates Ltd., London, Großbritannien Tragwerksplanung Ney & Partners BXL s.a., Brüssel, Belgien Bauwerksprüfung Cowi UK Ltd., London, Großbritannien Bauausführung American Bridge Co., Oxford, Großbritannien Underhill Engineering Ltd., Plymouth, Großbritannien

8 Konstruktion des Geländers © Ney & Partners


SYMPOSIUM

9 Old Dejima Bridge, Painting by Friedrich Eulenburg, 1860 © Historiographical Institute the University of Tokyo

2 Fußgängerbrücke Dejima 2.1 Lage und Charakteristika Dejima ist eine künstliche Insel in Nagasaki im Süden Japans, die 1636 errichtet wurde. Während der Isolationspolitik in der Edo-Ära war Dejima einer der wenigen Orte, die Japan mit der Außenwelt verbanden, wobei eine kleine gemauerte Brücke als einzige Verbindung zwischen dem Festland und Dejima diente. Später in der Meiji-Ära wurde der Fluss im Zuge von Hochwasserschutzarbeiten von 5 m auf 30 m verbreitert – und die alte Dejima-Brücke dabei abgerissen. Unter großem öffentlichem Interesse wurde am 27. Februar 2017 eine moderne Fußgängerbrücke an genau derselben Stelle errichtet und eingeweiht. Nach 130 Jahren wurde die Verbindung also wiederhergestellt. Die neue Dejima-Fußgängerbrücke ist ein 38,50 m langer Stahlblechträger mit einem Holzbelag. Sein zurückhaltendes Design wurde durch den materiellen Kontext und die Absicht, in einem Ort von historischer Bedeutung bescheiden zu bauen, beeinflusst. Das Projekt wurde mit dem renommierten Tamaka Award 2017 ausgezeichnet. Öffentliche Arbeiten in Japan werden in der Regel nur geringfügig beachtet oder oft von der Anwohnern sogar als negativ bewertet. Wir haben diese Brücke mit Respekt vor ihrem Kontext entwickelt und den Entwurfs- und Ausführungsprozess sorgfältig geplant, um die Geschichte von Dejima zu berücksichtigen und die Öffentlichkeit miteinzubeziehen. In den vielen Phasen des Prozesses weckte das Projekt immer mehr die Aufmerksamkeit und die Sympathie der Öffentlichkeit, so waren über 5.000 Menschen bei der Montage der Brücke anwesend.

10 Dejima island aerial view, 2006 © Nagasaki municipal office

Entwerfen ist ein Teil eines Kommunikationsprozesses. Beschrieben wird deshalb die Bedeutung von sanften Gesten in einem historischen Umfeld sowie eines Kommunikationsprozesses für die erfolgreiche Integration moderner Konstruktionen in einem sensiblen Umfeld. Der Bau der neuen Brücke erfolgte in einer nationalen historischen Stätte. Das Brückendesign musste daher von der Stadt Nagasaki und der Agentur für kulturelle Angelegenheiten in Japan gutgehei-

ßen werden, wobei zwei relevante Entwurfsanforderungen definiert wurden: Erstens musste das Design die Zerstörung von verschütteten historischen Überresten auf der Dejima-Seite vermeiden, das heißt, aufwendige Gründungen waren hier nicht möglich. Zweitens sollte die neue Brücke keine Nachahmung der ursprünglichen 5 m langen gemauerten Bogenstruktur sein, sondern sich eher als ein Entwurf aus unserer Epoche zeigen.

11 Blick auf die Insel Dejima © Ney & Partners

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SYMPOSIUM

12 Seitenansicht der Dejima-Fußgängerbrücke © Ney & Partners

2.2 Konzeptioneller Entwurf Zur Einhaltung dieser Anforderungen wurden zwei Leitprinzipien festgelegt. Das erste war die Wahl eines angemessenen Maßstabs für die Struktur. Der Entwurf vermeidet deshalb große tragende Bauteile oberhalb der Gehwegebene, um die Umgebung des Standortes zu respektieren. Darüber hinaus fügt sich die Brücke mit dem sich wiederholenden Muster von Elementen nahtlos in den Kontext der historischen Gebäude ein und weist so eine verhalten-gemäßigte Form auf. Das zweite Prinzip war, die Ausführung von Pfeilern im Fluss zu vermeiden. Die japanische Bauverordnung definiert das zulässige Verhältnis von Hindernissen zum Wasserfluss mit 5 % und die gewünschte Spannweite in Relation zum geschätzten Hochwasserabfluss (< 500 m3/s) und zur Flussbreite (> 30 m). Im vorliegenden Fall wäre die Realisierung eines Pfeilers, der die Länge in zwei Spannweiten von 15 m teilt, erlaubt gewesen: eine Option, die jedoch nicht weiterverfolgt wurde.

13 Auflagerreaktionen unter ständigen und veränderlichen Lasten © Ney & Partners

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Die Dejima-Fußgängerbrücke hat eine Länge von 38,50 m und eine Breite von 4,40 m. Es handelt sich um eine statischunbestimmte Stahlstruktur mit Spannweiten von 33 m und 5,20 m. Da die Größe der Gründung auf der Dejima-Seite stark begrenzt war, ist der Überbau dort einfach gelagert und auf der anderen Seite eingespannt: Ein massiges Gründungsbauteil dient dabei als Gegengewicht. Die Verwendung einer auskragenden Konstruktion erlaubte die Begrenzung der Auflagerreaktionen auf der DejimaSeite. Darüber hinaus wurde während des Baus eine Vorkrümmung aufgebracht, um die Auflagerreaktionen aus ständigen Lasten fast auf Null zu reduzieren. Im Prinzip funktioniert die Brücke als frei auskragende Struktur unter ständigen und als statisch unbestimmtes System unter veränderlichen Lasten. Die Auflagerreaktion auf der DejimaSeite unter ständigen Lasten wurde auf ca. 80 kN begrenzt, um abhebende Lager-

14 Freie Sicht in Richtung Dejima © Ney & Partners

kräfte im Falle von aufwärts gerichteten Windlasten zu vermeiden. Das Design entspricht den japanischen Straßenbrückenrichtlinien, an Einwirkungen wurden berücksichtigt: veränderliche Lasten von 3,50 kN/m² für globale Nachweise, veränderliche Lasten von 5,00 kN/m² für lokale Nachweise, Windlasten, Einwirkungen aus Erdbeben Kh = 0,14 sowie thermische Einwirkungen von ± 30 °C; Schneelasten werden in dieser Region nicht angesetzt. Die Form der Hauptträger spiegelt die Kombination der Biegemomentdiagramme aus den beiden Auflagerbedingungen wider. Der Auflagerpunkt P 1 auf der Parkseite liegt ca. 1 m tiefer, was das visuelle Volumen der Brückenstruktur reduziert und eine freie Sicht von der Park- auf die Dejima-Seite eröffnet. Zudem zeigt der abgesenkte Auflagerbereich die Position der ursprünglichen Mauerwerkbank an und versteckt das entlang dem Flussufer verlaufende Geländer. Das Brückendesign ist in die Parklandschaft integriert.


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15 Überlagerung der alten Zeichnung und der neuen Brückenposition © Ney & Partners

2.3 Positionierung der Brücke Eine vollständige Wiederherstellung der ursprünglichen Brücke war aus mehreren Gründen nicht möglich. Stattdessen wurde die Linienführung der alten Brücke, die durch archäologische Ausgrabungen bekannt war, übernommen. So können die Benutzer nun den imaginären Weg zur Insel erleben, die einmal vom Meer umgeben war. Die Designer und Archäologen definierten dazu gemeinsam die Position der Brücke unter Berücksichtigung der entdeckten Ruinen, alten Zeichnungen und Landvermessungen. 2.4 Tragwerksausbildung 2.4.1 Haupt- und Querträger Die Hauptträger sind auf beiden Seiten des Überbaus angeordnet und bestehen aus jeweils acht Steifen, die senkrecht auf das 18-mm-Stegblech aufgeschweißt sind. Die Stegbleche wurden im Plasmaschneidverfahren bearbeitet und perfo-

17 Querträger und Windverband © Ney & Partners

16 Querschnitt der Brücke © Ney & Partners

riert. Zur Anwendung kam Stahl der Güteklasse SM 570. Sekundäre Längsträger aus Polymerverbundwerkstoffen, auf welchen die Holzdielen befestigt sind, wurden auf den Querträgern zwischen den Achsen J 1–J 4 angeordnet.

Ein Windverband, Querträger und Diagonalen umfassend, sorgt für die seitliche Stabilität (Bild 17). Die Diagonalen wurden als T-Profile ausgeführt und sind mit den Querträgern verschweißt. Das Gesamtgewicht der Stahlkonstruktion beträgt ca. 50 t.

18 Perforation durch Plasmaschneidverfahren © Ney & Partners

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SYMPOSIUM 2.4.2 Erdbebeneinwirkung Für den Fall der Erdbebeneinwirkung L 1 wurden die zulässigen Spannungen im Stahlüberbau nachgewiesen. Im Fall der Erdbebeneinwirkung L 2, bei der das Fundament beschädigt werden könnte, wurde das Tragwerk so bemessen, um dessen Kollaps zu vermeiden. Sollte die Gründung auf der Dejima-Seite versagen, bleibt das Bauwerk intakt, der Lastabtrag erfolgt dann analog eines Kragarms. Sollte hingegen die Gründung auf der Parkseite versagen, stützen die beiden Auflager auf der Parkseite den Überbau weiterhin und verhindern, dass er aus seiner Position rutscht.

19 Kragarmwirkung im Falle eines Versagens der Dejima-Gründung © Ney & Partners

20 21 Lagerschema und Unterstützungspunkt A 2 © Ney & Partners

2.4.3 Lagerdetails An den Auflagerpunkten A1 und P1, die nur Druckkräfte aufnehmen, kamen Standardlager zum Einsatz. Bei der Unterstützung A2 wurden Augenstabverbindungen verwendet, um auch Zugkräfte zu übertragen. Angesichts der Begrenzung des Raums sind die Hauptträger mit dem Fundament durch Stahlbleche verbunden, die nicht viel Platz benötigen. Der Lagerplan ist in Bild 20 dargestellt.

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22 Wellenförmiger Verlauf der Steifen © Ney & Partners

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2.5 Historischer Kontext und Maßstab Die neue Brücke ist ein äußerst modernes Bauwerk, das sich in den historischen Kontext einpasst und sich dank seines Design und seiner Eleganz dennoch von der Umgebung abhebt. Um erfolgreiche Ergebnisse in einem solchen Umfeld zu erzielen, ist es wichtig, einen bescheidenen Maßstab, die jeweils angemessene Farbgebung und die richtigen Materialien zu wählen.

23 Stegblech mit Perforation © Ney & Partners

Die Lagerhallen und alten Holzhäuser in Dejima bestehen aus kleinen Bauteilen. Wir haben diese Architektur im Brückendesign übernommen, um den Eindruck zu vermitteln, den Maßstab von Dejima zu respektieren. Die Steifen der Hauptträger sind nicht nur strukturelle Elemente, sondern auch architektonische Features, um den Maßstab zu akzentuieren.


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24 Detail des Handlaufs © Ney & Partners

Das Brückendeck besteht aus 4,40 m langen massiven Dielen aus japanischer Kastanie mit Abmessungen von 200 mm x 150 mm. Der Handlauf wurde in afrikanischem Hartholz ausgeführt, um Absplitterungen zu vermeiden. Die Beleuchtung erfolgt durch linienförmige LEDs, die in den unteren Steifen auf der Hauptträgeraußenseite positioniert sind. Das Brückendeck wird so durch ein sanftes Licht indirekt beleuchtet und bietet die nötige Sicherheit in der Nacht.

25 Gehwegbelag aus japanischer Kastanie © Ney & Partners

Bauherr City of Nagasaki, Japan Entwurf Laurent Ney, Ney & Partners BXL s.a., Brüssel, Belgien Tragwerksplanung Ney & Partners BXL s.a., Brüssel, Belgien Oriental Consultants Co. Ltd., Tokyo, Japan Bauausführung Oshima Shipbuilding Co. Ltd., Oshima, Japan Kubo Industries Co. Ltd., Nagasaki, Japan Sanki Co. Ltd., Nagoyashi, Japan

27 Beleuchtungsdetail © Ney & Partners

26 Erscheinungsbild der Brücke bei Dunkelheit © Ney & Partners

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3 Parkbrücke in Antwerpen 3.1 Auszeichnung und Lage Alle drei Jahre wird die internationale Auszeichung »Footbridge Award« vergeben. Vergangenes Jahr fand die Veranstaltung in Berlin statt. In der Kategorie »mid span« ging die Auszeichnung dieses Mal nach Belgien, ex aequo mit einem Projekt eines deutschen Ingenieurbüros. Die Geh- und Radwegbrücke »Parkbrug« in Antwerpen von Ney & Partners überzeugte die Jury, ihr Kommentar dazu lautete wie folgt: »A simple yet effective solution which creates an interesting crossing for users even though its fully enclosed. Jury found it hugely impressive that a box girder on this scale could be made without any u-frame, web or diaphragm stiffener. Very clever design and aesthetically strong.«

29 30 Zugang zu London Tower und Artesis Hogeschool © Stijn Bollaert

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28 Geh- und Radwegbrücke »Parkbrug« in Antwerpen © Stijn Bollaert

Fragt man heute einen jungen Antwerper nach dem attraktivsten Viertel der Stadt, lautet die Antwort ohne Zweifel »Eilandje« und »Park Spoor Noord«. Diese Hotspots haben einen komplett unterschiedlichen Charakter, markieren aber zugleich die neue Identität des Nordens von Antwerpen. Die neue Fußgänger- und Radwegbrücke steht als Symbol für die enorme Aufwertung, die das Viertel in den letzten Jahren erfahren hat. Zehn Jahre nach den Wettbewerbsausschreibungen ist diese elegante neue Fußgän-

ger- und Radwegbrücke nun endlich realisiert worden. Seit Sommer 2016 verbindet sie auf spektakuläre Art und Weise die Viertel Eilandje und Park Spoor Noord und schafft so einen symbolischen Übergang zwischen Stadt und Hafen. Die filigrane Form und das Spiel mit den Öffnungen geben der weißen Stahlkonstruktion den Charakter eines modernen Kunstwerkes. Als Endpunkt der sogenannten Leien, einer Serie von Avenues in Antwerpen, bildet die Passerelle auch einen neuen Zugang zur Innenstadt.


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31 Entwicklungsschritte bei der Formfindung © Ney & Partners

3.2 Wahrzeichen der Stadt Die Parkbrug ist 67 m lang und 10 m breit. Sie ist auf der einen Seite am »London Tower« und auf der anderen Seite an der »Artesis Hogeschool« aufgelagert. Ihr Volumen dominiert den Straßenraum, besonders weil sie sich in der Nähe der Kreuzung mit dem Noorderplaats befindet. Diese starke Sichtbarkeit war ein wichtiger Ausgangspunkt beim Entwurf des Brückenbauwerkes. Die Absicht war, den London Tower und die Kunsthochschule von Antwerpen ohne Zwischenstützung zu verbinden. Von Anfang an war klar, dass es sich bei dem Bauwerk auch um ein Wahrzeichen handelt. So entstand die Idee eines röhrenförmigen Tragwerks, das vom Prinzip her wie eine Bogenbrücke funktioniert. Der Obergurt entspricht dabei dem Bogen, der Untergurt, sprich das Deckblech nimmt die aus der Bogenwirkung entstehenden Zugkräfte auf und schließt sie kurz.

3.3 Formfindung und Kraftfluss Bei diesem Projekt wurde die Formgebung eines rohrförmigen Tragwerkes untersucht. Ziel war es, einen möglichst steifen- und schottenfreien Brückenquerschnitt zu erhalten, dessen Form sowohl in funktionaler als auch in konstruktiver Hinsicht optimiert ist. Die Formfindung wurde auf intuitive Weise durchgeführt und könnte auf theoretischer Ebene sicherlich verbessert werden, dennoch zeigte das Projekt in seiner Gesamtheit die Richtigkeit unserer formalen Intuition. Zu erwähnen ist auch, dass es sich hierbei um den wirtschaftlichsten Wettbewerbsbeitrag handelte.

Um die notwendigen Quersteifen und Querschotten auf ein Minimum zu reduzieren, müssen die Biegebeanspruchungen verringert und gleichzeitig Membrankräfte aktiviert werden. Dies kann dadurch erfolgen, dass dem Deckblech eine Querkrümmung verliehen wird, dadurch entstehen Querzugkräfte. Die Aufnahme dieser Querzugkräfte kann wiederum durch eine Bogentragwirkung in der Ebene des Deckblechs erfolgen. Hierfür wird dem Tragwerk im Grundriss eine Krümmung verliehen. Das Deckblech (Breite in Feldmitte: 6,30 m) weitet sich zu den Widerlagern (10 m) hin auf. Die entstehenden Zugkräfte im Bereich der Widerlager schließen sich aufgrund der Symmetrie kurz. Dieser Effekt verstärkt sich durch das globale Tragverhalten der Brücke. Das Deckblech nimmt die aus der Bogenwirkung entstehenden Zugkräfte in Längsrichtung auf.

In den vier Eckpunkten kommt es zu einer Konzentration von Zugkräften. Die Bögen müssen daher zwangsläufig an den vier oben beschriebenen Punkten angreifen, um ein Gleichgewicht herzustellen. Die Obergurte oder die Bögen, wenn man sie so nennen will, treffen sich in Feldmitte und weiten sich in Querrichtung hin zu den Widerlagern auf, um die Eckpunkte zu erreichen. In Feldmitte handelt es sich um einen dreiecksförmigen Querschnitt. Der stark gedrückte Obergurt wird dabei von den geneigten Stegen vor seitlichem Ausweichen gehalten. Zu erwähnen ist auch, dass die ebene Krümmung der Druckbögen und die Zugbögen im Deckblech ein Gleichgewicht bilden.

32 Transversalkräfte infolge Krümmung © Ney & Partners

33 Kurzschluss des Bogenschubs mittels Zugbändern © Ney & Partners

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SYMPOSIUM Bei der Definition der Form sind die seitlichen Oberflächen wichtig, deren strukturelle Funktion ist jedoch untergeordnet. Wenn wir das Tragwerk mit einer konventionellen Bogenbrücke vergleichen, entsprechen die geneigten Stege einer Reihe von Tragseilen zwischen Deckbleck und Bogen. Wir haben einen anderen Weg beschritten, indem wir die seitlichen Stegbleche in den Entwurf mit aufgenommen, aber die Dichte des Materials in Abhängigkeit des Kraftflusses im Tragwerk auf ein Minimum reduziert haben. Die Stegbleche sind extrem schlank ausgeführt: Blechdicken von 12–15 mm bei einer Höhe von 6 m, und das ohne Querschotten. Trotz der geringen Anzahl an Quersteifen bzw. Querschotten besitzt die Brücke einen sehr schlanken Charakter. Einzig und allein unterhalb des Deckblechs wurden Quersteifen vorgesehen, was sehr außergewöhnlich ist.

34 Unterseite der Brücke mit Quersteifen © Stijn Bollaert

35 Perforierung der Stegbleche © Stijn Bollaert

Neben der schlanken Silhouette, dem kontrollierten Gleichgewicht und der großen Spanweite zeigt die Raffinesse der Biege- und Schnitttechnik der Stahlhülle der Brücke, dass die Parkbrug die zahlreichen Möglichkeiten von Stahl optimal ausnutzt.

36 Abendlicher Blick vom Noordersplaats © Stijn Bollaert

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37 Gestaltung der perforierten Seitenflächen © Ney & Partners

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3.4 Spiel mit Licht und Schatten In die geneigten Stege wurden insgesamt 3.444 Öffnungen gefräst. Diese haben unterschiedliche Formen und Abmessungen, was zu einem einzigartigen Motiv führt und einen Doppeleffekt schafft: Von außen betrachtet verleihen die Öffnungen in der Stahlhülle dem monolithischen Volumen eine gewisse Leichtigkeit und ein Gefühl der Schwerelosigkeit. Die Umrisse der Brücke verändern sich aus jeder Perspektive, aus jedem Blickwinkel und aus jeder Richtung, in die man sich bewegt. Diese wunderbare Wahrnehmung wird im Dunkeln noch verstärkt, wenn die Brücke in einer atmosphärischen LED-Beleuchtung badet. Im Inneren der Brücke ist der Benutzer einem mysteriösen Spiel von Licht und Schatten ausgesetzt. Der veränderliche Lichteinfall wirft beindruckende Bilder an die geneigten Stege und das Deckblech.


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38 Eindruck beim Über- oder Durchfahren der Brücke © Stijn Bollaert

3.5 Materialität und 3-D-Planung Die außergewöhnliche Formgebung der Parkbrug lässt erahnen, dass es sich hier nicht um ein klassisches Bauwerk handelt. Die Stahlhülle setzt sich vorwiegend aus Flachstahlprodukten und warmgewalzten Rohrprofilsegmenten zusammen. Insgesamt wurden 170 t Stahl S 355 J2+N verarbeitet. Für den Korrosionsschutz kommt ein dreilagiges Beschichtungssystem zum Einsatz: Oberflächenvorbereitung in Sa3, Zinkbeschichtung 120. Die geneigten Stege wurden zudem innen und außen mit einer Anti-GraffitiBeschichtung versehen. 3.6 Bauausführung Die Errichtung der Brücke erfolgte in mehreren Phasen. Werkstattseitig wurde sie in acht Abschnitten hergestellt. Danach wurden die Segmente zu einem Hangar, der sich entlang dem Kanal von Willebroek befindet, transportiert. Dort wurden die Einzelteile verschweißt. Im Anschluss erfolgte die Beschichtung. Auf dem Wasserweg wurde die Brücke dann nach Antwerpen transportiert. Der Weitertransport zum Standort erfolgte per Lkw. Das Einheben der Brücke musste sehr präzise erfolgen, weil zwischen den bestehenden Gebäuden nur 0,50 m als Spielraum zur Verfügung standen. Das Einheben dauerte insgesamt 4 h – und damit viel weniger, als zunächst veranschlagt waren.

39 Lichteinfall durch perforierte Seitenflächen © Stijn Bollaert

Bauherr AG VESPA, Antwerpen, Belgien

Prüfingenieur Hans Wauters, Antwerpen, Belgien

Entwurf Laurent Ney, Ney & Partners BXL s.a., Brüssel, Belgien

Bauausführung Emergo Group Ltd., Antwerpen, Belgien

Tragwerksplanung Ney & Partners BXL s.a., Brüssel, Belgien

40 Transport an die finale Position © Stijn Bollaert

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41 Abendlicher Blick von der Nordseite des Entlastungskanals zur Stadtinsel © Thea van den Heuvel

4 De Lentloper in Nijmegen 4.1 Charakteristika der Brücke »Wie eine Landschaft aus Beton und Ziegel zieht sich die Brücke De Lentloper in Nijmegen über den neuen Nebenkanal der Waal. Ihre amorphe Form trägt nicht nur zur hohen Aufenthaltsqualität auf dem Bauwerk bei, sondern reagiert auch effektiv auf die Kräfte, die auf es einwirken. (...) Geradezu schmächtig wirkt De Lentloper, wenn man sich dem Bauwerk über den Deich auf der Nordseite des Kanals nähert. Kein Wunder, liegt sie doch zwischen einer mächtigen Eisenbahnbrücke und der Erweiterung der Waalbrug, auf der die vierspurige Straße nach Arnheim verläuft. Erst unmittelbar

42 Auf der Fahrbahn in Richtung Stadtinsel © Thea van den Heuvel

vor der filigranen Spannbetonbrücke von Ney & Partners aus Brüssel entfaltet sich deren Noblesse. Während der Bereich für den Autoverkehr in der Mitte mit einer sanften Wölbung über den Kanal führt, verbleiben die Bereiche rechts und links davon, die den Fußgängern und Radfahrern vorbehalten sind, in der Horizontalen. (...) Zwei Verbindungsstege im Bereich des größten Versatzes der beiden Verkehrsebenen erlauben es den Passanten, unter der Autospur hindurch, von einer Seite auf die andere zu wechseln. Im Unterschied zu jener Aussicht, die sich einem in der Regel an einer Brücke zeigt, erwartet einen bei De Lentloper eine Überraschung. Der helle Beton der Unterseite präsentiert sich glatt und glänzend wie ein frisch polierter Lederschuh und reflektiert dadurch effektvoll das Wasser.« (Textpassagen aus einem Artikel, der in der Mai-2017-Ausgabe der deutschen bauzeitung erschienen ist.)

43 De Lentloper zwischen der Waalbrug und einer Eisenbahnbrücke © Ney & Partners

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44 Luftbildaufnahme: Brücke noch im Bauzustand © Ney & Partners

4.2 Vorausschauende Planung Die Brücke wurde nicht über einen bestehenden Fluss hinweg errichtet, sondern noch auf dem Trockenen, um den zur Bauzeit erst geplanten und mittlerweile realisierten Entlastungskanal für die Waal zu überspannen. Sie verbindet den nördlich des Zentrums gelegenen Stadtteil Lent mit einer Stadtinsel, die durch die künstliche Flutung des Areals entstand. Das Projekt ist im Rahmen von »Raum für die Waal« entwickelt worden, einem Programm, das zum Ziel hat, dem Fluss mehr Fläche einzuräumen, um Überschwemmungen in gefährdeten Gebieten auch bei voranschreitendem Klimawandel zu verhindern. In Nijmegen ist eine Reihe von Stadtentwicklungsprojekten mit der Schaffung des Nebenkanals verbunden. Das neue Nordufer, das im Moment noch dünn besiedelt ist, soll bald zu einem lebendigen Wohngebiet werden. Auf der Insel, die von dort über De Lentloper erreicht werden kann, sind weitere Wohnbauten, aber ebenso Raum für Freizeit und Erholung geplant. Die Verantwortlichen der Stadt Nijmegen wünschten sich an dieser Stelle von Beginn an eine Brücke zum Flanieren, eine »Promenadebrücke«. Ein Auswahlverfahren der Gemeinde konnten Ney & Partners mit ihrem Vorentwurf für sich entscheiden. An dem Projekt arbeiteten in dem belgischen Büro durchgängig Tragwerksplaner und Architekten gemeinsam, so dass funktionale, gestalterische und tragwerksplanerische Überlegungen in fortlaufender Abwägung untereinander weiterentwickelt werden konnten.

Der Entwurfsgedanke der beiden in der Höhe unterschiedlich angeordneten Verkehrsebenen war dabei nicht Ausgangspunkt des Brückenkonzepts, sondern entstand vielmehr durch die fächerübergreifende Vorgehensweise. Die schließlich resultierende amorphe Form ermöglicht es, die notwendige Konstruktionshöhe und Steifigkeit mit geringen Bauteildicken – die Stahlbetonschale des Brückendecks ist nur zwischen 30 cm und 60 cm dick – zu gewährleisten.

Pfeiler, Widerlager und Deck der Brücke ließen die Planer in Stahlbeton erstellen. Sowohl die komplexe Geometrie als auch wirtschaftliche Überlegungen legten diese Materialwahl nahe. Da Pfeiler und Brückendeck monolithisch miteinander verbunden sind und so eine semiintegrale Konstruktion bilden, finden sich wartungsintensive Bauteile wie Lager und Dehnfugen lediglich im Bereich der Widerlager. Gegründet ist die Brücke auf so genannten Vibro-Kombinationspfählen mit quadratischem Querschnitt.

45 Geneigte Seitenstege mit Aufenthaltsräumen © Thea van den Heuvel

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46 Lageplan © Ney & Partners

47 Grundriss © Ney & Partners

48 49 50 Querschnitte © Ney & Partners

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51 Verbindungssteg unterhalb der Fahrspur © Thea van den Heuvel

4.3 Skulptur mit optimiertem Tragwerk Bei einer Gesamtlänge von 220 m überspannt die Brücke fünf Felder mit Stützweiten von 30 m, 52 m, 56 m, 52 m und 30 m. Durch den zunehmenden Niveauunterschied zwischen Fußweg und Fahrbahn erreicht die Konstruktion, ausgehend von anfänglich 0,60 m ihre maximale statische Höhe von 3,50 m genau in der Mitte.

52 Statisches System und Längsvorspannelemente © Ney & Partners

53 Bewehrung: monolithische Verbindung von Pfeiler und Überbau © Ney & Partners

Die geneigten Flächen der Betonschale sorgen für das Zusammenwirken von Fahrbahn und Fußwegen und verleihen ihrem Querschnitt einen bogenartigen Charakter. So reduziert die Querschnittsform die Biegebelastung in Querrichtung. Dies ermöglicht einen sehr effizienten Materialeinsatz und eine reduzierte Dicke von 30 cm an den Kanten und bis zu 58 cm in Fahrbahnmitte. Um langfristige Verformungen zu vermeiden, wurden kreuzweise verlaufende Vorspannelemente eingesetzt.

54 Erscheinungsbild von unten © Thea van den Heuvel

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Die Einheit von Form und Tragwerkskonzept führte zu einer integralen Struktur, die ihre Funktion auf effiziente Weise erfüllt. Mit dem Begriff »formgebende Kräfte« lässt sich die Suche nach einer Geometrie, die alle eingesetzten Materialien in einer Synthese vereint, gut beschreiben. Dass die Besucher nun tatsächlich die komplette Oberfläche der Brücke entdecken und nutzen können, stellt den Mehrwert dieses Ansatzes dar.

55 Herstellung des zweiten Abschnitts auf Lehrgerüst © Thea van den Heuvel

4.4 Betontechnologie Der Beton ist mit sehr glatter, heller Oberfläche ausgeführt, damit sich an der Brückenunterseite das Wasser spiegelt. Hierfür waren eine genaue Analyse des Rissverhaltens und strenge Vorgaben zur Rissbreitenbegrenzung erforderlich. Es wurden zahlreiche Betonmuster angefertigt, die Gießzeiträume reduziert und die Schalungsausführung sehr präzise bis in jedes Detail geplant. Die schrittweise Ausführung der komplexen, sowohl in Längs- als auch in Querrichtung vorgespannten Geometrie war nur möglich durch enge Abstimmung zwischen Entwerfern und Ausführenden sowie eine sehr präzise, gutvorbereitete Ausführung. Äußerst wichtig war, die Schalungszeiten auf ein Minimum zu begrenzen, da der Beton dunkler wird, wenn er zu lange in der Schalung verbleibt. Es galt, eine Betonmischung zu finden, die eine hohe

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Entwurf Laurent Ney, Ney & Partners BXL s.a., Brüssel, Belgien

Oberflächenqualität sowie die erforderlichen Festigkeitseigenschaften aufweist: C 45/55 für das Brückendeck und C 50/60 für Pfeiler und Passarellen. Zugleich musste sie, um eingelegte Elemente wie Vorspannkanäle ausreichend verdichten zu können, auch bei einer Neigung von 30° ausführbar sein. Die Wahl fiel auf einen Beton mit kurzer Aushärtezeit und damit einhergehender hoher Wärmeentwicklung und erhöhtem Risiko der Rissbildung während der ersten Aushärtephase. Durch genaue Analyse dieser Phase im Rahmen von Vorversuchen gelang es, Rissbildungen ausreichend zu begrenzen. Zum Einsatz kam eine sehr glatte Holzschalung mit besonders sorgfältig angeordneten Arbeitsfugen, deren Schalflächen durch Lackierung nachbehandelt und vor dem Betonieren konsequent saubergehalten wurden.

56 Perspektive vom Verbindungssteg zum Widerlager © Thea van den Heuvel

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Bauherr Stadtverwaltung Nijmegen, Niederlande

Tragwerksplanung Ney & Partners BXL s.a., Brüssel, Belgien Prüfingenieur Jos van Heck, Nijmegen, Niederlande Bauausführung i-Lent Project Group, Nijmegen, Niederlande Dura Vermeer Groep NV, Rotterdam, Niederlande Ploegam B.V., Oss, Niederlande, Niederlande

Autor: Laurent Ney Architecte and Civil Engineer Karl Burgmann Projekt Engineer Ney & Partners BXL s.a., Brüssel, Belgien


SYMPOSIUM Wettbewerb und Entwurfsplanung

Neue Donaubrücke in Linz von Marc Mimram, Jacques Durst

1 Entwurfsplanung: bestehende Schrägseilbrücke und künftige Bogenkonstruktion © Marc Mimram Architecture Ingénierie

Im Rahmen des Entwurfs der neuen Schienenachse Linz wurde beschlossen, die seit 1900 bestehende Eisenbahnbrücke, die durch Korrosion sehr beschädigt war, abzureißen und zu ersetzen. Dadurch wird das Donautal mit einer 400 m langen neuen Brücke überspannt. Dies erlaubt es, auch neue Nutzungen anzubieten: Die ehemals zwei schmalen Verkehrsspuren werden durch eine zweispurige Fahrbahnplatte und eine von ihnen getrennte Trasse für die Straßenbahn ersetzt, die seitlichen Gehund Radwege werden zudem ausgeweitet. Baubeginn ist voraussichtlich im Juni 2018 und die Fertigstellung für Dezember 2020 vorgesehen.

1 Wettbewerbsentwurf 1.1 Gestaltungskonzept 1.1.1 Linz und die Donau Die Donau ist ein ganz markantes Bezugselement für die Stadt Linz, wobei sie aus historischen Gründen aber eher eine Trennung denn ein Zentrum darstellt. Ursprünglich entwickelte sich die Stadt im Wesentlichen nur entlang des Südufers. Mittlerweile hat sich nördlich der Donau eine städtische Struktur entwickelt, was seit mehreren Jahrzehnten zu vielseitigen Bemühungen geführt hat, die Donau in die Stadt einzubeziehen und die Uferzonen beiderseits des Flusses attraktiv zu machen. Für den Umraum ist charakteristisch, dass Grünräume über größere Bereiche vorhanden sind und die städtische Struktur etwas vom Ufer wegrückt. Relevant ist auch, dass das eigentliche Flussbett wesentlich näher an den südlichen Rand des durch Dammbauten gebildeten seichten Flusstales gerückt und auf der Nordseite eine ca. 100 m breite Naherholungszone entstanden ist.

1.1.2 Vertikal und horizontal Die alte Eisenbahnbrücke weist mit ihren aneinandergereihten Bogenfachwerken vordergründig eine horizontale Struktur auf, wohingegen die Struktur der bestehenden Autobahnbrücke mit ihren Pylonen hauptsächlich vertikal wahrgenommen wird. In Summe ergibt sich im Zusammenwirken der beiden Brückenkonstruktionen ein respektvoller Dialog der Horizontalen der Eisenbahnbrücke mit den Pylonen der Schrägseilbrücke. Die neue Brückenkonstruktion darf dieses Gleichgewicht nicht stören, soll sich zugleich aber auch, im Gegensatz zur ehemaligen Brücke, zu den Ufern hinwenden.

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SYMPOSIUM

2 Erscheinungsbild bei Dunkelheit © Marc Mimram Architecture Ingénierie

1.1.3 Beleuchtung Eine Effektbeleuchtung des Bauwerks zur Betonung seiner Bedeutung als Wahrzeichen der näheren Umgebung wird vorgesehen. Sie gewährleistet eine allseitige Erkennbarkeit der Struktur, durchgehend von einem Ufer zum anderen, ohne zusätzliche Effekte: Die Struktur als solche liefert hier eine ausreichende Identifizierbarkeit.

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1.2 Entwurf 1.2.1 Anlageverhältnisse Die neue Donaubrücke wird am Standort der ehemaligen Eisenbahnbrücke errichtet. Die Verkehrsachsen liegen auf der Brücke in einer Geraden, in den Anschlussbereichen erfolgen die erforderlichen Anpassungen an den Bestand. Die Aufteilung der lichten Weiten und damit der Pfeiler ist wie folgt: 73,10 m, 112,50 m, 112,50 m, 70,50 m, 27,00 m. In Bezug auf das Flussbett ergibt sich für die Tragkonstruktion eine symmetrische Aufteilung. Ein weiteres Bogenelement ist im Bereich des Urfahraner Vorlandes vorgesehen. Komplettiert wird das Brückentragwerk durch ein zusätzliches Feld am Linzer Ufer.

3 Situation im Orthofoto (Stand: Entwurfsplanung) © Marc Mimram Architecture Ingénierie

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Die Trassierung im Längenschnitt wurde optimiert im Hinblick auf die verschiedenen Anforderungen. Die Schifffahrtsrinne ist 100 m breit. In einem 80,00 m breiten Bereich der Rinne beträgt die Durchfahrtshöhe mindestens 8,00 m zur Tragwerksunterkante, bezogen auf den höchsten schiffbaren Wasserstand. Das Längsprofil besteht aus einer Kuppe, die mittels Wanne und linearer Steigungen in den Anschlussbereichen an die Ufer angebunden wird.


SYMPOSIUM

4 Entwurfsplanung: Ansicht der Brücke © Marc Mimram Architecture Ingénierie

5 6 Grundriss und Längsschnitt © Marc Mimram Architecture Ingénierie

7 Entwurfsplanung: Regelquerschnitt © Marc Mimram Architecture Ingénierie

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SYMPOSIUM

8 Visualisierung der Bogenstruktur © Marc Mimram Architecture Ingénierie

Im Regelbereich besteht der Brückenquerschnitt aus folgenden Spuren: – Geh- und Radwege (5,60 m) – Bogentragwerk (1,20 m) – Straßenbahntrasse (6,50 m) – Fahrbahn samt Randbalken (10,38 m) – Bogentragwerk – Geh- und Radwege – Gesamte Breite: 34,54 m Im Bereich der Balkone wird der Querschnitt mit einer zusätzlichen Nutzbreite von jeweils 1,33 m aufgeweitet. Die Querneigung der Geh- und Radwege wird mit 2,50 % Gefälle zu den Hauptträgern hin ausgeführt, ebenso ist in den zwei Verkehrsbereichen jeweils ein zum Hauptträger verlaufendes Quergefälle von 2,50 % vorgesehen.

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1.2.2 Tragwerk Als Tragwerk ist im Wesentlichen eine Stahlkonstruktion vorgesehen, welche im Mittelbereich eine Fahrbahnplatte aus Stahlbeton erhält. Das Stahltragwerk besteht primär aus zwei für die Längskraftabtragung verantwortlichen Haupttragebenen, die jeweils zwischen den äußeren Geh- und Radwegen und den Verkehrsflächen für den motorisierten Individualverkehr bzw. für die Straßenbahn angeordnet werden, sowie den im Abstand von 3,00 m platzierten verbindenden Querträgern. In den Haupttragebenen ergibt sich das Tragvermögen durch das Zusammenwirken der jeweils zweigeteilten oberen Bogenträger, des durchlaufenden Hauptträgerhohlkastens und der V-förmigen Streben über den Pfeilern. Die Geh- und Radwegkonstruktionen sind außenseitig angehängt. Die Lager werden jeweils direkt unter den Hauptträgern situiert, die Längsfesthaltung ist am Pfeiler P 2 vorgesehen, das straßenbahnseitige Lager wird daher als Festpunkt ausgeführt.

1.2.3 Pfeiler Die Pfeiler werden als massive Betonkonstruktionen ausgeführt, wobei die oberen Bereiche in zwei Teilquerschnitte aufgelöst werden, hierbei erfolgt eine Reduktion auf den Platzbedarf der unmittelbaren Auflagerzonen für die Lager und die Ansatzpunkte für Pressen zum Lagerwechsel. Die unteren Abschnitte werden hingegen im Hinblick auf einen möglichen Schiffsanprall mit einer durchgehenden Scheibe realisiert. Die Gründung der Pfeiler erfolgt über Kastengründungen, eine Sonderform der kombinierten Pfahl-Platten-Gründung, bei der die Pfahlkopfplatten auf Höhe der Flusssohle angeordnet und die Pfähle in den Schlier verankert werden. Um die Pfeiler wird ein ca. 5,00 m breiter Kolkschutz aufgebracht.


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9 Modell für Windkanalversuche © Marc Mimram Architecture Ingénierie

2 Entwurfsplanung 2.1 Optimierung des Entwurfs 2.1.1 Notwendigkeit von Änderungen Aufbauend auf dem erfolgreichen Wettbewerbsentwurf wurden im Rahmen der Planung Änderungen vorgenommen, welche im Sinne einer Optimierung des Projektes ausgeführt wurden. Die wichtigsten Änderungen und deren Hintergründe werden nachstehend kurz erläutert.

2.1.2 Entfall eines Pfeilers Eine geringfügige Verschiebung der Pfeiler wurde von der Schifffahrtsaufsicht akzeptiert, womit der ursprünglich unmittelbar am Ufer erforderliche Pfeiler entfallen konnte. Daraus resultiert nicht nur eine wirtschaftlichere Konstruktion, sondern es ergibt sich auch eine symmetrische Aufteilung des Tragwerks zwischen den Widerlagern. Die Stützweiten sehen jetzt wie folgt aus: 78,58 m + 119,94 m + 119,94 m + 78,58 m = 397,03 m

2.1.3 Adaptierung der Achse Durch eine leichte Verschwenkung der Achse im Grundriss ergibt sich eine trassierungstechnisch optimierte Linienführung der künftigen Straßenbahn auf Linzer Seite. Ebenfalls auf der Seite Linz wurde eine Absenkung der Trasse akzeptiert, wodurch die beiden Widerlager nunmehr auf der exakt gleichen Höhe ausgeführt werden. Damit ist eine vollständige Symmetrie des Bauwerks in Längsrichtung gewährleistet, was im Hinblick auf die Errichtung von wirtschaftlichem Vorteil ist. 2.1.4 Querschnittsanpassungen Im Sinne der Anforderungen wurde der Regelquerschnitt letztgültig adaptiert, unter anderem wurde ein Vier-SchienenGleis für die Straßenbahn berücksichtigt und die Entwässerung der Außenbereiche angepasst.

2.3 Tragwerk 2.3.1 Tragwerksbemessung Windbeanspruchungen und vom Wind erregte Schwingungen: Die statischen Windbeanspruchungen auf der Brücke wurden mittels einer digitalen Untersuchung ermittelt. Diese präzise Studie hat es erlaubt, die Windkräfte um mehr als 10 % zur verringern. Die sehr schlanke Gestaltung der Brücke macht das Tragwerk aber besonders weich. Die ersten Eigenmoden der Brücke werden schon bei Frequenzen um 0,50 Hz angetroffen. Die vereinfachte Berechnungsmethode aus der europäischen Norm erlaubte in dem Fall nicht, eine Instabilität wegen windinduzierter Schwingungen auszuschließen. Diese wurde daher über Versuche eines aeroelastischen Modells im Windkanal nachgewiesen.

2.2 Unterbauten Hinsichtlich der genauen Ausführung der Unterbauten wird hier auf den Beitrag »Die neue Donaubrücke Linz – Umsetzung« verwiesen.

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10 Prinzip des Bogenanschlusses © Marc Mimram Architecture Ingénierie

Modellierung: Die Tragwerksbemessung erfolgt über verschiedene Modelle, wobei die komplette Lastaufstellung und die Bauphasen im Hauptmodell untersucht werden. Dieses Stabwerksmodell wird dann ergänzt durch – eine gesamte Modellierung mit Berücksichtigung der Fahrbahnplatte, um die Kriech- und Schwind-Effekte zu kontrollieren, – eine vereinfachte gesamte Modellierung für die dynamischen Untersuchungen, – eine gesamte Modellierung, die die Stahlbauknoten als 2-D-Finite-Elemente integriert, und zwar mit vereinfachten Einwirkungen, – getrennte Modelle zur Bemessung der Kastengründung.

11 Integration der Knoten im Modell © Marc Mimram Architecture Ingénierie

2.3.2 Tragwerksplanung Blechkrümmungen: Die Geometrie der einzelnen Elemente wird im Lauf der Entwurfsplanung definiert, um die Menge der doppelgekrümmten Bleche möglichst zu reduzieren. Der Hauptträger besteht nur aus einfach gekrümmten Blechen, signifikant doppelgekrümmte Bereiche befinden sich lediglich an den Knoten. Die Gestaltung des Hauptträgers wird auch angepasst, um die Trägheitsmomente erhöhen zu können, ohne die Gestaltung zu beeinflussen. Die Querträger, die einen großen Anteil an den Massen haben, werden sorgfältig optimiert.

Stahlbaudetails: Durch die Symmetrie des Bauwerks wird die Planung der Knoten vereinfacht. Im Auflagerungspunkt werden die sehr hohen Lasten mittels eines Gusselements (identische Ausführung für alle sechs Teile) ermüdungsgerecht im Hauptträger und dann weiter durch entsprechende Querschotte zum Lager geführt. In diesen hochbeanspruchten Bereichen werden Blechdicken bis zu 80 mm verwendet. Im Anschluss zwischen Bögen und V-Streben wird eine direkte Krafteinleitung mittels in die Gestaltung integrierter Schotten und Längssteifen bis in den Bogenfußpunkt erzeugt.

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12 Maximale Vergleichsspannungen im Bogenfußpunkt © Marc Mimram Architecture Ingénierie


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13 14 15 Finite-Elemente-Modelle: Auflagerungspunkt, Bogenfußpunkt, Anschluss von Bogen und V-Streben © Marc Mimram Architecture Ingénierie

16 Zwei stadtbildprägende Donauquerungen in Linz © Marc Mimram Architecture Ingénierie

Die weiteren Knotentypen wurden ebenfalls über präzise Finite-ElementeModelle nachgewiesen: Querträgeranschluss, Struktur der Gehwegkonstruktion und Endquerträgeranschluss. Je nach Bedarf werden, in einzelnen Bauteilen, die Stahlgüte S 460 ML (anstatt S 460 M) zur Vermeidung der Bruchzähigkeit sowie entsprechende Z-Güten verwendet. Alle Querträger sollen in S 355 M zur Ausführung kommen.

Bauherr Landeshauptstadt Linz, Österreich Autoren: Marc Mimram Architecte DPLG, Ingénieur ENPC Jacques Durst Dipl.-Ing. Universität Stuttgart, Ingénieur ECN Marc Mimram Architecte et Associés Marc Mimram Ingénierie, Paris, Frankreich

Entwurf und Tragwerksplanung Marc Mimram Architecte et Associés, Paris, Frankreich Marc Mimram Ingénierie, Paris, Frankreich KMP ZT-GmbH, Linz, Österreich Beleuchtungsplanung Marc Mimram Architecte et Associés, Paris, Frankreich Agence ON, Paris, Frankreich

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SYMPOSIUM Projektwettbewerb im selektiven Verfahren

Grosshofbrücken im schweizerischen Kriens von Guido Biaggio, Rainer Hohermuth

Im Rahmen der Engpassbeseitigung im schweizerischen Nationalstraßennetz soll der Sonnenbergtunnel in Luzern durch den Tunnel Bypass Luzern entlastet werden. Diese unterirdische Verkehrsverbindung taucht direkt neben dem Südportal des bestehenden Verkehrsträgers in einem ohnehin stark belasteten Umfeld an die Oberfläche auf und muss angemessen eingepasst werden. Das betroffene Gebiet Grosshof befindet sich gerade im Übergang zwischen Industriebrache und hoffnungsvollem Stadtentwicklungsgebiet … Der gordische Knoten im Spannungsfeld von Politik, Mobilitätsansprüchen und Städtebau wurde mit einem Wettbewerbsverfahren gelöst. Hier der Bericht!

1 Schematische Darstellung der Portale Sonnenbergtunnel und Bypass Luzern © media-work gmbh

1 Einleitung 1.1 Das Brückenhaus Das »Brückenhaus«, eine neuzeitliche gedeckte Brücke, erweist sich als beste Lösung für die höchst anspruchsvolle Zusammenführung der Tunnelportale Sonnenbergtunnel und Bypass Luzern. Was zunächst fast idyllisch klingt, ist in Tat und Wahrheit das Resultat einer harten Ausmarchung zwischen den Ansprüchen der Mobilität, dem Städtebau und dem Immissionsschutz.

1.2 Geschichte und Lage Im Jahr 1792 war Luzern noch eine schwer befestigte Stadt. Die damals fast doppelt so lange Kapellbrücke diente als Wehrgang und schloss an beiden Enden direkt an die berühmte Stadtmauer an. Sie hatte zu dieser Zeit bereits 400 Jahre auf dem Buckel! Das war noch kein Bypass – hier ging es vielmehr darum, ungebetene Gäste zur weiträumigen Umfahrung der Ortschaft zu veranlassen. Von Tourismus war noch keine Rede, das Stadtbild war geprägt von politischen Realitäten. Wer hätte damals geahnt, dass die gedeckte Brücke zum Wahrzeichen der Stadt avancieren würde?

2 Stadtmodell Luzern im Jahr 1792 © Pascal Klein

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3 Erste Autobahn der Schweiz © Stadtarchiv Luzern


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4 Engpassbeseitigung: Bypass Luzern © Bundesamt für Strassen ASTRA

Trotz weltweiter Bekanntheit und beeindruckender Besucherzahlen, der Balanceakt zwischen den Segnungen der Mobilität und deren Schattenseiten ist erhalten geblieben. Dies wurde jedoch nicht in allen Epochen gleich wahrgenommen. 1955 wurde mit der Ausfallstraße LuzernSüd zwischen Kriens und Horw die erste 3 km lange Autobahn der Schweiz eingeweiht. Sie durfte noch mit Pferdefuhrwerken befahren werden und wies Fußgängerstreifen auf. Der Anfang jener neuzeitlichen Piste lag exakt am Ort des heutigen Grosshofbrückenprojektes. Aus der Zeit sind vor allem die positiven Wahrnehmungen zu diesem Fortschritt überliefert. Offenbar wurde damals die Autobahnsicht in Wohnungsinseraten noch speziell angepriesen! Im Jahr 1976 wurde dann der Sonnenbergtunnel eröffnet. Er unterquert die Stadt in zwei richtungsgetrennten Tunnelröhren und tritt ziemlich genau am Fotostandort des Bildes 3 aus dem Berg heraus. Die neue Grosshofbrücke über die Luzernerstraße und Werkgeleise machte den Anschluss an die inzwischen 20-jährige erste Autobahn. Der Fortschrittsglaube war zu dieser Zeit noch ungebrochen – einzig die Ölkrisen trübten die Freude.

1.3 Engpassbeseitigung, Bypass Luzern Wenn vor 60 Jahren von der ersten Autobahn die Rede war, dann kann man schon bald von der letzten reden … In der Gegenwart geht es noch um Engpassbeseitigung (Bild 4). Das Blatt hat sich gewendet: Was die Mehrheit begrüßt, solange es vor der Tür des anderen ist, weckt Widerstand bei den Leidtragenden am Ort des Geschehens. Der Bypass Luzern soll den notorisch verstopften Flaschenhals um Luzern entlasten, indem er zwei weitere Tunnelröhren durch den Sonnenberg zur Verfügung stellt.

1.4 Situation Grosshof Auf Bild 5 sieht man die heutige Situation beim Südportal des Sonnenbergtunnels. Die rote Industriehalle neben dem Portalbauwerk illustriert in etwa die Mündungskonstruktion des neu zu erstellenden Tunnels für den Bypass. Sie wird abgebrochen. Die zu erstellende neue Konstruktion kommt einer Verdoppelung der bestehenden Anzahl Spuren mit zugehöriger Einhausung gleich. Zudem sollen die Einhausungen in Zukunft auch die Brückenbereiche einschließen. Der voluminöse tiefliegende Baukörper stellt eine große städtebauliche Herausforderung dar. Die Bereiche unter- und oberhalb der neuen »Kiste« müssen sorgfältig gelöst werden, damit sie nicht zu einer Hypothek für die empfindliche Siedlungszone werden.

5 Grosshofbrücke mit verbesserter Lärmschutzkonstruktion aus dem Jahr 1999 © www.bing.maps.ch

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2 Wettbewerbsverfahren 2.1 Ausgangslage Die Lage der neuen Straßen- und Tunnelachsen wurde im Rahmen des generellen Projektes 2016 durch den Bundesrat genehmigt. Machbarkeitsstudien zu Brücken und Lärmschutzkonstruktionen belegten zwar die Machbarkeit, brachten jedoch keine umfassend befriedigende Lösung hervor. Angesichts der großen Bedeutung für die weitere Gebietsentwicklung wurde deshalb beschlossen, einen einstufigen Wettbewerb mit vorausgehender Präqualifikation auszuloben. Dadurch konnte sichergestellt werden, dass nur eine volkswirtschaftlich sinnvolle Zahl von Angeboten ausgearbeitet werden musste, diese dafür einen hohen Qualitätsstandard erfüllten. 2.2 Präqualifikation 13 Teams reichten Präqualifikationsanträge ein. Sie legten darin dar, dass sie die Kompetenzen Ingenieurbau, Architektur, Städtebau und Landschaftsplanung mit entsprechenden Schlüsselpersonen abdeckten. Sie zeigten anhand von Referenzprojekten auf, dass sie Infrastrukturbauten in ähnlich komplexen Situationen erstellt hatten, und zudem wurde die technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nachgewiesen. Zum anstehenden Projekt durften in dieser Phase noch keine Ideen präsentiert werden: Verfahrensbezeichnung war deshalb »einstufig«. Den Bewerbern stand allerdings ein provisorisches Wettbewerbsprogramm zur Verfügung. In einer ersten Jurysitzung wurden durch das Preisgericht acht Teams ausgewählt, die für die Ausarbeitung eines Vorschlags eingeladen wurden.

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2.3 Aufgabenstellung Die Aufgabenstellung wird im Kapitel 7.1 detailliert beschrieben. Deshalb werden im Folgenden nur die Hauptfaktoren erwähnt: – Die Straßenachsen waren fest vorgegeben und durften nicht verändert werden. – Die Brückenkonstruktionen mussten innerhalb der vorgegebenen Grenze eingedeckt werden (Bild 11). – Das stark in Entwicklung begriffene Stadtrandgebiet sollte durch die neuen Baukörper inspiriert werden, städtebauliche Richtlinien dazu waren im Vorfeld erarbeitet worden. – Die bestehende sowie eine zusätzliche danebenliegende Brücke mit ähnlichen Ausmaßen sollten in Etappen erstellt bzw. ersetzt werden. 2.4 Kriterien Die Beurteilung erfolgte integral anhand der nachfolgenden Kriterien, die Reihenfolge hatte keine Bedeutung (keine Gewichtung). Die Jury wollte sich damit die Freiheit erhalten, die Projekte nach gesamtheitlichen Kriterien zu betrachten: Gesamtkonzeption – Zweckmäßigkeit und Klarheit des Lösungsvorschlags – Funktionalität und Benutzerfreund lichkeit – Städtebauliche Qualität – Flexibilität in der Bauausführung und Konstruktion – Zweckmäßigkeit des Tragwerks konzepts – Dauerhaftigkeit – Bauvorgang Gestaltung – Gestaltung der Bauwerke und der Freiräume im Betrachtungsperimeter – Integration der Bauwerke in den Landschafts- und Siedlungsraum Wirtschaftlichkeit – Baukosten – Erwartete Erhaltungs-, Unterhalts und Rückbaukosten

2.5 Preisgericht Das Preisgericht spiegelte die Kompetenzen wider, die von den Teilnehmerteams abzudecken waren: – Ingenieurwesen – Städtebau – Landschaftsplanung – Architektur – Technik 3 Wettbewerbsbeiträge 3.1 Überblick Alle acht Projekteingaben wurden nach einer formellen und technischen Vorprüfung zur Beurteilung zugelassen. Ein Projektteam hatte allerdings die Linienführung angepasst und wurde deshalb wegen Verletzung der Programmbestimmungen von der Rangierung ausgeschlossen. Wenn sich dies im Nachhinein als »genialer Schachzug« erwiesen hätte, wäre damit ein Ankauf möglich geblieben. Die Eingaben ließen sich grob einteilen in solche, die vorrangig zwei eingehauste Brücken vorschlugen, und solche, die den Städtebau in den Vordergrund stellten und die Verkehrsströme auf diesem Hintergrund bewältigten. Während der dritten Jurysitzung kristallisierten sich nach eingehender Prüfung drei Projekte für die engere Wahl heraus.


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3.2 Origami Das Projekt »Origami« funktioniert als Faltwerk und und inszeniert diese technische Eigenheit offen als technischästhetisch sehr transparentes Objekt im Stadtraum. Die Längstragelemente befinden sich in den Ebenen, die sich aus den vorgegebenen Fahrraumwänden automatisch ergeben. Das Dach wird verglast und ohne Begrünung ausgeführt. Die Stadtnutzungen unterqueren die Brückenkonstruktion fließend über die gesamte Länge des »Tatzelwurms«.

6 Auszüge aus »Origami« © Gruner Wepf AG/Nissen & Wenzlaff Architekten/Westpol Landschaftsarchitektur

3.3 Viva Das Projekt »Viva« erweist sich als Gegenpol zu dieser Interpretation und versteht sich als »Brückenhaus«. Der Erholungsraum vom Sonnenberg ergießt sich hier gleichsam in den »Stadtdschungel« hinunter: Das Dach wird als Park, Langsamverkehrsverbindung und sogar Naturschutzreservat genutzt (Reptilienkorridor). Der Raum zwischen den Brücken wird mit Liftschächten und Kletterwänden zur Vertikalverbindung. Die Längstragwerke werden in denselben Zwischenwänden untergebracht, wie dies bei Origami der Fall ist.

7 Auszüge aus »Viva« © ACS-Partner AG/Hager Partner AG/smarch – Mathys & Stücheli

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3.4 Parkour Das Projekt »Parkour« ist zwischen diesen beiden Extremen anzusiedeln. Hier wird die Tunnelstruktur ohne Fensteröffnungen, jedoch mit einer gebäudeartig gegliederten Fassadenhaut durch das Quartier geführt. Unter der Brücke werden Stadtnutzungen angeboten, auf dem Dach eine extensive Begrünung ohne öffentliche Nutzung. Das Tragwerk liegt unter der Fahrbahnplatte, die Einhausung wird in Elementbau daraufgestellt. Brückenspannweiten werden nur über der Luzernerstraße angeordnet. Im rückwärtigen Bereich gegen den Sonnenberg wird der bestehende Damm belassen, die Decken über den Erdgeschoßnutzungen werden mit hochbautypischen Spannweiten < 10 m eingedeckt. Dies ist offensichtlich ein sehr wirtschaftliches Projekt. 4 Auswahl und Begründung der Rangierung Bezüglich der Gesamtkonzeption markieren die Projekte »Origami« und »Viva« in mancherlei Hinsicht entgegengesetzte Interpretationen, während »Parkour« sich im Mittelfeld zwischen diesen bewegt. Origami arbeitet die zwei Brückenkörper fast chirurgisch heraus und minimiert sie auf das Wesentlichste: Fahrbahn, Einhausung und kürzestmögliche Portallage. Die »Hightech-Papierfalter-Skelette« ragen als Solitäre aus dem Sonnenberg und wirken so leicht wie auch distanziert. Eine Grünverbindung über die Dachfläche bleibt aus. Im krassen Gegensatz dazu erscheint Viva geradezu als Bergsturzkegel, der sich ins flache Vorland ergießt und die Autobahn so weit einschüttet, wie das nur möglich ist. Der Dachpark wird zumindest aus der Draufschau zum prägenden Element. Die ökologische wie langsam-verkehrstechnische Verbindung zwischen den »Stadtufern« wird ohne Abstriche realisiert. Vertikalverbindungen zwischen Stadtund Dachebene vervollständigen dieses Lebens-»Labyrinth«. Mit Parkour manifestiert sich das »vernünftige« Mittelmaß. Alle gestellten Anforderungen werden elegant erfüllt. Das Dach ist begrünt, und mit der diagonal geschnittenen Portallage einschließlich »Dächlichappe« wird ohne maximale Länge ein guter zusätzlicher Lärmschutz erzielt. Wer trotzdem über die Dachfläche oder die Fassaden von A nach B gelangen will, muss ein gewiefter Parcoursläufer sein …

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8 Auszüge aus »Parkour« © Bänziger Partner AG/B+S AG/Eduard Imhof/Lorenz Eugster

Allen drei Eingaben können Zweckmäßigkeit und große Klarheit im je eigenen Lösungsvorschlag attestiert werden. Betreffend Funktionalität fehlt Origami die ökologische Vernetzung über die Dachebene, während Viva mit Spazierwegen, Langsamverkehrsbrücken, Liften und Glasüberdachungen weit über die Minimalforderungen gemäß Wettbewerbsprogramm hinausgeht. Die Benutzerfreundlichkeit im Fahrraum der Nationalstraße wird bei Origami aufgrund der horizontalen und vertikalen gerasterten Verglasung eingeschränkt. In viel geringerem Ausmaß gilt dies auch für Viva (Ein- und Ausfahrtspur). Das Bauwerk von Parkour ist komplett verkleidet und lässt kein Tageslicht in die Überdeckung eindringen. Die Lichtführung für den Verkehrsteilnehmer kann hier nach den gängigen Normen analog einem Tunnelbauwerk umgesetzt werden.

Aufgrund der erwähnten Kriterien empfahl das Preisgericht das Projekt »Viva« zur Weiterbearbeitung. Dieser Vorschlag lanciert das »Brückenhaus« gemäß eigenen Worten als angemessenes Vis-à-vis für die künftig angrenzenden Bebauungen. Belebt wird das »Gebäude« auf allen drei Ebenen: Neben den Verkehrsströmen auf den drei Etagen wird durch den vorgeschlagenen Lift eine wirkungsvolle Vertikalverlinkung erzielt. Auch die benachbarte Kletterwand nutzt das Potential der neuen »Gebäudehöhe« clever aus. Auf der Stadtebene sollen im Einklang mit der Entwicklung der Umgebung Gewerbe- und Freizeitangebote entstehen.


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5 Stand der Arbeiten und Kosten Die Projektierung hat begonnen. Das politische Element ist damit aber nicht aus dem Spiel. Straßenbau im 21. Jahrhundert ist die Operation am offenen Herz. Während die Ingenieure am »Millimetern« sind, geht die Öffentlichkeitsarbeit weiter. Bund und Kanton stehen hinter dem Vorhaben. Die betroffenen Gemeinden sind in der Opposition. Sie möchten die 3 km lange Autobahn über das gesamte Gemeindegebiet eingedeckt sehen. Das Bundesamt für Strassen als Treuhänder aller Autobahnanrainer muss aber das Geld gerecht verteilen. Alle Autobahnen in den Untergrund verbannen – das kann sich nicht mal die Schweiz leisten. Die vorliegenden Kostenschätzungen zeigen auf, dass Mehrkosten in der Größenordnung von 20 % oder 15 Mio. CHF in Kauf genommen wurden, um die negativen Auswirkungen auf das Umfeld zu minimieren. So viel weniger hätte das günstigste Projekt gekostet. Dieses hätte die lärmrechtlichen Anforderungen auch schon übertroffen. 6 Überlegungen des Projektverfassers 6.1 Auftragsanalyse 6.1.1 Grundgedanken Die neue Konstruktion soll nicht aus wirtschaftlichen Gründen auf ein Minimum beschränkt werden. Vielmehr versuchte das Projektteam die bestmögliche Lösung für eine optimale Eingliederung in die bestehende städtebauliche Landschaft zu finden. Überdies soll die Brücke als zentraler Bestandteil des zukünftigen Entwicklungsgebietes Luzern Süd auch als dessen Katalysator fungieren. Die gestalterische Integration der Anlage in die Umgebung wurde als zentraler Teil der Aufgabe gesehen. Einerseits galt es, die großen Bereiche unterhalb der Brückenkörper so attraktiv wie möglich zu gestalten: Licht, Freiräume, soziale Sicherheit. Andererseits waren auch die beidseitigen Ansichten, die Eingliederung mit Areal Eichof West und die Funktion »›Eingangstor«› Kriens, sowie die Draufsicht aus den Perspektiven des Sonnenbergquartiers von großer Bedeutung. Da insbesondere in der Gemeinde Kriens die politische Akzeptanz für das Projekt nicht sehr hoch ist, soll diese durch eine möglichst lange Portalzone sowie mit einer größtmöglichen Nutzung unter und auf der Brücke gesteigert werden.

9 Umfeld des Projekts © ACS-Partner AG/Hager Partner AG/smarch – Mathys & Stücheli

Die Hauptziele sind daraus: – Neubau der beiden Brücken für eine bessere städtebauliche Integration, – möglichst große Verlängerung der Portalbauwerke für maximalen Lärmschutz,

– Nutzung der Dachfläche: Ausbildung eines Dachparks mit Wegvernetzungen, – städtische Nutzung der Flächen unter der Brücke.

10 Entwicklungskonzept für Luzern Süd © Ernst Niklaus Fausch Partner AG

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11 Projektperimeter mit Grenzen der Eindeckung © ACS-Partner AG/Hager Partner AG/smarch – Mathys & Stücheli

6.1.2 Geometrische Randbedingungen Die Straßenachsen, vertikal wie auch horizontal, sind gemäß generellem Projekt vorgegeben und müssen übernommen werden. Damit waren auch die Fahrspuren und die entsprechenden Lichtraumprofile der verschiedenen Verkehrsträger fixiert. Die lichte Höhe der Autobahnspuren beträgt minimal 5,20 m. Unter der Brücke gelten für die Luzernerstraße minimal 5,00 m Lichtraumhöhe und für die Langsägestraße 4,60 m. Daraus resultierte einerseits eine sehr breite und gleichzeitig tief über den bestehenden querenden Straßen liegende Fahrbahnkonstruktion. Um Strömungskurzschlüsse zu vermeiden, sind verschiedene raumhohe Trenn-

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wände zwischen den Fahrspuren vorgegeben. Zudem führt eine Antirezirkulationswand zwischen den Fahrbahnen 30 m über das südliche Portal hinaus. Im Anschluss an das Portalbauwerk müssen die Lärmschutzwände weitergeführt werden. 6.1.3 Verkehrstechnische Bedingungen Die übergeordnete Bauphasenplanung des Tunnelsystem Bypass war als Rahmenbedingung einzuhalten. Damit sind stets zwei Fahrspuren pro Richtung sowie die Ein- und Ausfahrten zu gewährleisten. Unter der Brücke sind zudem keine Spureinschränkungen zugelassen. Die Spuren dürfen aber umgelegt werden. Unterhaltsarbeiten, Teilsperrungen oder Instandsetzungen sollen in Zukunft unter

12 Lichtraumhöhen als Vorgaben © ACS-Partner AG/Hager Partner AG/smarch – Mathys & Stücheli

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Aufrechterhaltung der Verkehrsströme möglich sein, sowohl aus dem Stadttunnel als auch aus dem Bypass heraus. Allfällige Verschwenkungen müssen im Bereich der südlichen Lärmschutzkonstruktionen erfolgen. Im Bereich der Brücken müssen zu allen Zeiten 75% der Spuren zumindest verengt unter Betrieb erhalten werden können. 6.1.4 Allgemeine Anforderungen Weiter sind übliche Anforderungen gestellt. So wird ein dauerhaftes und wartungsarmes Bauwerk angestrebt. Die Kontrollierbarkeit und Auswechselbarkeit der Verschleißteile wie Lager oder Fahrbahnübergänge müssen gewährleistet sein.


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13 Brückenquerschnitt © ACS-Partner AG/Hager Partner AG/smarch – Mathys & Stücheli

6.2 Gesamtkonzept des Entwurfs 6.2.1 Tragwerkskonzept Da die Einhausungen die Lichtraumprofile umhüllen müssen, entstehen beinahe 14 m hohe Bauwerke. Statt die Einhausungen auf die Brückenkonstruktionen zu stellen, ist es sinnvoller, die ohnehin notwendige Hülle gleich als Tragwerk auszubilden, welches dank seiner Höhe große Spannweiten überbrücken kann. Die Anzahl der notwendigen Stützen kann somit gegenüber der heutigen Situation reduziert werden. Der Querschnitt veranschaulicht das Prinzip der Veschmelzung von Tragwerk und Hülle, siehe Bild 14. Auf dem Autobahnniveau bilden drei Wandscheiben pro Brücke die vertikalen seitlichen Begrenzungen der beiden Raumhüllen. Die jeweils ganz außenliegenden Wandscheiben ähneln einem Fachwerkträger. Die Streben sind schief angeordnet, und jede zweite Öffnung ist als Betonwandscheibe konzipiert. Bei den offenen Bereichen ist eine Verglasung vorgesehen, die den Straßenraum akustisch schließt. Die Stützen sind V-förmig und setzen die Diagonalneigung der Außenwände fort. Zwischen die »Ober- und Untergurte« der Scheiben sind in 2,70 m Abstand (Fahrbahn) respektive 4,00 m (Decke) Querrippen gespannt, die Fahrbahn und Decke tragen. Die Untergurte bei den außenliegenden Scheiben werden auf der Innenseite als Leitmauer ausgebildet. Dank der großen Spannweiten, die Scheiben dieser Höhe bewältigen können, kann die Gesamtlänge in wenige Felder unterteilt werden. Es bleiben noch zwei Pfeilerachsen im Bereich der bestehenden Brücke. Sie zeigen ein charakteristisches Erscheinungsbild, das den Ort positiv bestimmt und ihm ein unverwechselbares Gepräge verleiht und somit auch die städtebauliche Aufgabe erfüllt.

6.2.2 Einbettung in die Umgebung Das neue Brückenbauwerk umfasst mit den neun Spuren eine Ausdehnung, die einer sorgfältigen Einbettung in die bestehende Siedlungslandschaft bedarf. Die neue Brücke wächst wie ein Gebäude gleichsam aus dem Sonnenberghang heraus, überspannt die Luzernerstraße und wird auf der gegenüberliegenden Seite durch den größer gestalteten »Salesiahügel« der Autobahnzufahrt aufgefangen und in die südlich folgende Tallandschaft geführt. So entsteht eine Torsituation zwischen Sonnenberg und dem erweiterten »Salesiahügel«. Für die Geländeanpassungen kann durch den Tunnelbau anfallendes Aushubmaterial wiederverwertet werden. Die Promenade findet ihre Fortsetzung unter der Brücke mit einer dreidimensionalen Spiellandschaft. Zwischen der Brücke und den neuen Bauten auf dem Eichhof- bzw. Herzog-Elmiger-Areal vermitteln luftige Baumreihen, zum Beispiel Kiefern, welche zunächst ein Gegenüber und später, wenn die Gebäude stehen, eine städtische Atmosphäre bewirken.

6.2.3 Gestaltung Das Infrastrukturbauwerk soll als solches gelesen werden können und darüber hinaus differenziert auf die städtebaulichen Gegebenheiten reagieren: Damm – Landschaft (1), Brücke – Straße (2) sowie »Brückenhaus« – Stadtquartiere (3) bilden dabei die drei unterschiedlichen Paare. Ein durchgehendes, in regelmäßigen Abständen angeordnetes, V-förmiges und über die ganze Bauwerkshöhe gehendes Gestaltungsprinzip erzeugt als Ausgangslage ein zusammenhängendes Ganzes. Die Ausschnitte bei den Durchfahrten bilden großmaßstäbliche Ausnahmen für die Straßen. Das verglaste Erdgeschoß im Bereich der geschlossenen Nutzungen impliziert eine klassische Brückenbauwerksnutzung im urbanen Kontext, welche ein selbstverständlicher Teil der Quartierstruktur wird. Im Gegensatz dazu wird die Portalsituation nicht inszeniert, sondern integrierter Teil der naturnahen Landschaft, die im Wechselspiel mit den Straßenschlaufen steht.

14 Städtebauliche Gegebenheiten und Brückenhaus © ACS-Partner AG/Hager Partner AG/smarch – Mathys & Stücheli

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SYMPOSIUM 7 Bauwerksbeschreibung 7.1 Gestaltung und Nutzung Die Überdeckung soll als eine überdeckte begehbare Landschaft genutzt werden. Der begrünte und von einem Wegnetz durchzogene Raum ist am Sonnenberg angebunden, wird mit Rampen an den Amstutzweg und mit Treppenanlagen an die Ebene unter der Brücke angeschlossen. Die untere Stadtebene ist mit einem Lift verbunden. Auf der Südseite begrenzen die Portale den Landschaftsgarten. Die Wege bewegen sich in eine seitlich angeformte Grüninsel mit eingebauter Straßenabwasser-Behandlungsanlage. Hier schließen sie an die Luzernerstraße und mit einer zusätzlichen Fuß- und Radwegbrücke über die Eichwilstraße an die südlichen Quartiere an.

15 Modellfoto © Feddersen & Klostermann AG

16 Ausbildung eines Dachparkes © ACS-Partner AG/Hager Partner AG/smarch – Mathys & Stücheli

Die Brücken überspannen im Gegensatz zur heutigen Anlage den Raum von der Hangkante am Sonnenberg bis zum Widerlager südlich der Luzernerstraße. Damit wird darunter ein Angebot für großzügig ausbaubare Nutzungen geschaffen. Im Brückenhaus vorgesehen sind quartiernahe Ergänzungsnutzungen entlang den Rändern des Infrastrukturbauwerkes sowie Freizeitnutzungen von regionaler Bedeutung im großräumigen und zenitalen belichteten Innenbereich. Die Aneignung des Brückenhauses kann in zeitlich unabhängigen Ausbaustufen erfolgen. Fix sind die Fassade und die Rohbauinstallation im Sinne eines Edelrohbaus.

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Der Kletterpark im Innern passt insofern zum Ort, als die Brücke an sich für Verbindung und Bewegung steht. Jener sportliche Aspekt zeigt sich auch in der Ausnutzung oder der Vorstellung eines Veloladens, der den Ort stimmig belegen könnte. Reflektierende Decke, Oberlicht und Beleuchtungselemente schaffen Reflexionen und Lichteffekte, die für eine helle, durchlässige, offene und angenehme Atmosphäre im Bereich zwischen Luzernerstraße und Langsägestraße sorgen.

7.2 Tragwerk Das Gesamtbauwerk Brücke mit Lärmschutzbauwerk weist eine Länge von ca. 305 m und eine Breite bis 65 m auf. Die beiden Brücken sind bis zum südlichen Widerlager statisch getrennt, aber konstruktiv verbunden; lediglich die Verlängerung der Einhausung (Lärmschutzbauwerk) umfasst alle Spuren und überdeckt diese unterschiedlich weit. Die Brücken selbst sind 208 m und das Lärmschutzbauwerk ist 97 m lang. Die beiden Brücken West und Ost sind ähnlich konzipiert. Der Brückenquerschnitt ist ein großformatiger dreistegiger Kastenquerschnitt. Die Tragelemente umreißen die Lichtraumprofile dabei möglichst knapp (Bild 12). Das eigentliche Tragsystem besteht primär aus Durchlaufträgern, welche durch die Wandscheiben gebildet werden. So bilden die Fahrbahn- und Deckenplatte das Tragsystem in Querrichtung. Für diese beiden Elemente sind vorgespannte Rippenplatten als Zweifeldträger vorgesehen, welche die Lasten der entsprechenden Flächen (Dach und Verkehrsfläche) mit Spannweiten von jeweils ca. 15–19 m bzw. 10–11 m quer abtragen. Als Auflager dienen die drei längslaufenden Wandscheiben, welche als flächige Scheiben mit einer Dicke von 70 cm vorgesehen sind. Eine Ausnahme bildet die eine von außen sichtbare Wand. Diese erhält aus ästhetischen Gründen eine besondere Formgebung und wirkt statisch als Scheibe mit großen Öffnungen. Die hohen Scheiben sind in der Lage, große Spannweiten zu überwinden, womit nur wenige Stützen notwendig sind.


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17 Nutzungsmöglichkeiten auf Stadtebene © ACS-Partner AG/Hager Partner AG/smarch – Mathys & Stücheli

Durch die Anordnung von V-förmigen Stützen ergibt sich ein Durchlaufträger der Außenscheibe mit Spannweiten von 48 m + 16 m + 32 m + 5 x 16 m respektive von 48 m + 16 m + 32 m + 4 x 16 m für die Westbrücke. Die Spannweiten der innenliegenden Träger – dort, wo gegenüber der Außenseite Stützen weggelassen wurden – sind 48 m + 48 m + 32 m + 32 m + 16 m respektive 48 m + 48 m + 32 m + 32 m + 0 m für die Westbrücke. Die statische Höhe der Fachwerkträger beträgt ca. 6,50 m. Es ergibt sich daraus eine Schlankheit von ca. l/h ≈ 7,40. Die Vorspannung der Tragscheiben ist so konzipiert, dass unter ständigen Lasten keine Zugspannungen auftreten. Damit ist die Tragsicherheit in allen Querschnitten mit einer vernünftigen schlaffen Bewehrung erfüllt. Die Formen sind so gewählt, dass sie einfach herstellbar sind, was eine gute Betonqualität erwarten lässt. Alle Bauteile sind gut einseh- und kontrollierbar. Die Zugänglichkeit zu allen Tragelementen ist gegeben.

18 Visualisierung der Stadtebene © ACS-Partner AG/Hager Partner AG/smarch – Mathys & Stücheli

7.3.2 Materialisierung Die Materialpalette des Bauwerkes wird zugunsten eines einprägsamen Erscheinungsbildes knapp gehalten. Für die Hülle des Brückenträgers und der Widerlager wird ausschließlich Sichtbeton verwendet. 7.3.3 Fundation Die hohen Brückenlasten werden über Ortbeton-Bohrpfähle mit einem Durchmesser von 1,50 m in den Untergrund eingeleitet. Die Tieffundation erlaubt, wenig tiefe Baugruben zu erstellen und große Lasten direkt in den Untergrund zu leiten. Die V-Stielstützen stehen auf 1–4 Pfählen, je nach Lastgröße. Die Pfähle werden in die tiefliegende untere Südwassermolasse (Wechsellagerung aus Sandsteinbänken und Silt-, Schlammund Sandsteinen), welche in 25–40 m anzutreffen ist, eingebunden.

7.3.4 Lager und Fahrbahnübergang Das Lagerungskonzept sieht vor, dass die Brücke am nördlichen Widerlager gehalten wird. Die ersten zwei V-Stützen werden monolithisch mit dem Fundament verbunden. Unter den übrigen V-Stützen und auf dem Widerlager Süd wird die Brücke in Längsrichtung verschieblich gelagert. Damit werden möglichst viele bewegliche Teile eliminiert. Die Lager im Bereich der Stützen unter den vollen Wandscheiben sind in Brückenquerrichtung unverschieblich, um die Kräfte infolge Wind und Erdbeben über ein Stützenpaar abzutragen. Die dabei entstehenden Zwängungsschnittkräfte können aufgenommen werden. Es sind Kalottenlager vorgesehen, welche eine hohe Lebensdauer aufweisen. Die Längsverschiebungen aus Temperatur, Schwinden und Kriechen werden auf der Seite Süd durch einen Finger-Fugenübergang aufgenommen.

7.3 Konstruktion und Materialisierung 7.3.1 Grundsätze der konstruktiven Ausbildung Die Querschnittsausbildung berücksichtigt alle Grundsätze des modernen Betonbaus, indem die Anforderungen für eine wirtschaftliche und qualitativ hochstehende Ausführung wie auch der Dauerhaftigkeit erfüllt werden.

19 Tragwerks- und Lagerungskonzept © ACS-Partner AG/Hager Partner AG/smarch – Mathys & Stücheli

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20 Betriebszustände aus übergeordneten Verkehrsführungen © Bundesamt für Strassen ASTRA

7.3.5 Widerlager Der Überbau geht beim Widerlager Nord nahtlos in den Tagbautunnel über und ist dort somit gehalten. An der Stelle befindet sich der Bewegungsfixpunkt der Brücke. Das Widerlager Süd weist eine nach hinten schiefe Widerlagerwand auf. Die Neigung entspricht derjenigen der V-Stützen, welche der Wand vorgelagert sind. Die Lager des Überbaus sind analog den Pfeilern unten am V angeordnet. Eine Widerlagerkammer gewährleistet die Zugänglichkeit der Fahrbahnübergänge. Das anfallende Wasser wird unter dem Fahrbahnübergang über eine Rinne kontrolliert abgeleitet. 7.3.6 Brückenentwässerung Die Entwässerung erfolgt separat pro Fahrraumkammer. Es sind Schlitzrinnen im Bankett vorgesehen. Unterhalb der Fahrbahnplatte ist jeweils eine Sammelleitung angeordnet.

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7.4 Bauvorgang Der Umstand der Quasiverdoppelung der Portal- und Brückenkapazitäten erlaubt den vorgängigen Neubau der Grosshofbrücke West zusammen mit den Tunnelröhren des Bypasses. Nach der Umlegung der gesamten Verkehrsströme auf die neuen Achsen kann die alte Brücke ersetzt werden. Zwischen dem Ist- und dem Endzustand sind die in Bild 20 dargestellten relevanten Situationen zu bewältigen.

8 Schluss Das Projekt ist technisch und urbanistisch anspruchsvoll. Alle Designentscheidungen müssen vor dem Hintergrund sämtlicher Anforderungen gesehen werden. Es gibt damit aus der Sicht der Bauingenieure und Betreiber auch Wermutstropfen: – Lager am Fuß von Dreieckstützen, – bauphysikalische und inspektionstechnische Einschränkung an der Schnittstelle Ladengeschosse– Brückenstruktur, – Abdichtungsherausforderungen an der Schnittstelle Parklandschaft–Brückenstruktur. 3 km Autobahn auf der grünen Wiese – grüne Parteien gab es noch nicht – das war anspruchsvoll. 300 m heute sind anspruchsvoller. Wie auch immer, um der Gesellschaft zu helfen, gilt weiterhin: Dem Ingeniör ist nichts zu schwör. Weitere Informationen sind im Übrigen unter www.bypasslu.ch zu finden. Autoren: Guido Biaggio, dipl. Bauing. ETH Vizedirektor Abteilungschef Strasseninfrastruktur Ost Bundesamt für Strassen ASTRA, Zürich, Schweiz Rainer Hohermuth, dipl. Bauing. ETH SIA Mitglied der Geschäftsleitung von ACS-Partner Projektleiter Grossbrücken ACS-Partner AG, Zürich, Schweiz


SYMPOSIUM A multidisciplinary design approach

Engineering and architecture in bridge design by Ivo Mulders, Adriaan Kok, Niels Degenkamp, Christa van den Berg

The Hovenring, a circular cablestayed bridge in Eindhoven, the Netherlands, is a perfect example of what can be achieved when designers and structural engineers truly join forces. Many elements of the bridge’s structure were custom made to fit the initial design concept as conceived by bridge design office ipv Delft. Several significant issues had to be dealt with during the design and engineering phase, such as spatial integration and user comfort, and the structural concept especially required an open mind and a lot of calculations. Furthermore, there was the issue of windinduced vibration, which caused the bridge to be closed off only weeks after it had been put in place. And a lot of thought and effort went into important details such as cable anchorage as well as the lighting design. The close collaboration between designers, engineers and other parties involved paid off, as the final result has received worldwide appraisal and couldn’t be more powerful. 1 Introducing ipv Delft 1.1 Creative Engineers ipv Delft is a Dutch design and engineering office, specialized in infrastructure, large-scale bicycle, road and pedestrian bridges and bicycle infrastructure related research, consultancy and feasibility studies. In addition, ipv Delft also has extensive knowledge of architectural lighting and the design of street furniture. Ipv’s team comprises of professionals from the field of product design, architecture, lighting design, civil engineering and industrial design. Ipv combines technical solutions with a large dose of creativity and always keep sight of costs, durability, functionality and user comfort. Ipv Delft

1 Aerial overview of the Hovenring by night © ivp Delft/helibeeld.nl

believes a strong design can’t come about without a vision. They focus on simplicity, structural efficiency and functionality and create elegant and logical designs with a timeless quality. Iconic if necessary, always without frills. 1.2 Design With an open mind and a large dose of experience, ipv Delft designs bridges for literally every situation imaginable. They can be iconic, part of a series or lowbudget. What characterizes their designs is the aim to create logical, efficient and simple solutions. Ipv believes a good design has a certain timeless quality, allowing it to still be perceived as a good design in forty years’ time. That’s why their bridge and infrastructure designs are sometimes innovative and often surprising but always effective.

1.3 Design and Engineering As all of ipv Delft’s designers have an engineering degree, their project involvement often extends to the engineering phase. With extensive knowledge of materials, structural mechanics, production techniques and the building process, Ipv regularly takes on both design and engineering and sometimes even oversee the entire construction. Ipv has worked on design-build projects with most of the major Dutch construction companies. 1.4 Feasibility Studies The subject of a feasibility or design study can vary from a cycling route or the most suitable bridge location to bridge types, construction material or a new layout for a busy intersection. Over the years, ipv Delft has gathered a lot of experience and knowledge to use as a solid basis for our studies.

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2 Circular cable-stayed cyclist roundabout © ivp Delft/Henk Snaterse

1.5 Analysis and Advice With extensive knowledge of bridge design, spatial integration, costs, contracts and many other road and cycling infrastructure related issues, ipv Delft is a respected partner when it comes to research and advice. In the Netherlands, ipv Delft often offers support to city councils and large construction companies. On issues such as finding the best location or the most suitable bridge type, but also on creating a cycling network or practical issues such as choice of material and sustainability. 2 Hovenring bridge 2.1 Background There had been an ordinary traffic roundabout right on the border between the cities of Eindhoven and Veldhoven for years. However, in 2008, with building work on a nearby new housing estate about to start, Eindhoven City Council knew it would only be a couple of years before the existing traffic intersection wouldn’t suffice anymore. Traffic would increase once the estate was completed and therefore, a revision of the intersection was necessary. Traffic lights seemed to be inevitable. Traffic lights however would mean cyclists regularly had to stop and wait for minutes before they could continue their journey. And as Eindhoven City Council intended to increase both traffic flow and road safety for cyclists especially, a level crossing simply wasn’t an option.

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In addition, Eindhoven as a rule refrains from cyclist underpasses as they often make cyclists and pedestrians feel unsafe at night. This left the council with a dilemma. They asked Dutch bridge specialist ipv Delft to look at possible solutions. Whatever the solution, it had to also clearly portray the intersection as an important entrance to Eindhoven, Veldhoven and the new Meerhoven estate. Furthermore, the intersection needed to become a new landmark for the city of Eindhoven, befitting both its identity as the City of Light and its motto »Leading in technology«. 2.2 Conceptual phase We were asked to look at the various options and costs. A circular cable-stayed cyclist roundabout soon appeared to be the best option. Several design concepts were then made, among which were a self-supporting circular bridge, which was structurally very inefficient due to the large amount of concrete or steel needed and the large self-weight, a steel single arch bridge with cables, which would be structurally inefficient, mainly because of the angle at which the cables had to be and the large horizontal loads that the steel arch would therefore have to withstand, and various cable-stayed bridges.

Eventually, both city council and designers opted for the floating circular cablestayed bridge with a single central pylon, as it was the most appealing design and it complied with the requirements on structural efficiency and costs. The most competitive alternative was a self-supporting steel ring, which had similar costs, but lost to the pylon bridge when it came to appearance and structural efficiency. According to the city council, the preferred circular cable-stayed bridge was »spectacular in its simplicity« and »a natural landmark« that only needed careful and elegant detailing. In appliance with what the client had requested, the combination of pylon and circular deck also fit in well with the existing landmarks of the city: the nearby Evoluon as a building shaped like a flying saucer, the Beukenlaan light needle as a 47 m high light sculpture and the Floraplein fountain as an illuminated circular fountain. The bridge will also become part of a new 32 km long cycling route connecting all economically most important sites around the city, the so-called Slowlane. 2.3 Spatial integration One of the challenges at the start of the design process was the spatial integration. Existing buildings limited the room available at ground level. At the same time, the necessary comfort for cyclist required a maximum grade, preferably around 2 %, which determined the amount of space needed for the ramps. The required space simply wasn’t available. We therefore looked into different options for both the location and layout of the ramps, as well as for the grades. As in the Netherlands there are no clear regulations on desirable grades for cyclist slopes, the city council asked us to examine what grades would be comfortable still in this certain situation. We examined and measured some twenty slopes of similar bridges, and observed and interviewed cyclists and pedestrians. The entire project team also visited several sites by bicycle and we spoke to organizations representing the disabled. Based on all our research, we decided the only option that successfully allowed for comfortable slopes was to lower the ground level of the intersection underneath by a metre and a half. This resulted in three ramps with a slope of 2–2,20 %, and one that is a still rather comfortable 3,10 %.


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tion, the circular cable-stayed deck acts like a swing, the cables absorb vertical loads, but in doing so create a horizontal component. When the variable load is only present on one side of the ring, the bridge will not be balanced. A solution for this was needed. In the preliminary design, a number of cables continued all the way to ground level underneath the approach spans, with the approach spans functioning as struts. These continuing cables located near the approach spans offered stability to the pylon but not to the deck. The horizontal loads would have to be directed through the approach spans towards the abutment. Combined with the envisioned slenderness of the approach spans, this meant the circular deck would deform too much in case the bridge is not equally loaded.

3 Overview and elements © ipv Delft

2.4 Structural design 2.4.1 Engineering Once basic design and spatial integration were decided on, it was time to tackle another major challenge, that of the structural engineering. The bridge comprises a 70 m high steel pylon, 24 steel cables, a circular steel deck and a circular counterweight. The cables are attached to the inner side of the cyclist deck, right where it connects to the circular, concrete counter weight. This reduces torsional loading and twisting deformation of the 72-m diameter deck. Apart from the common aspects, such as stability, rigidity and efficiency in use of materials, the aesthetics of the bridge also played a major role in the structural design. We had a very clear view of what the bridge should look like: little more than a thin circular bridge deck and a powerfully shaped pylon. To carry the bridge’s own weight, a very slim supporting structure would suffice. The cables are attached 8 m centre to centre at the bridge deck segments’ centre of gravity and carry the full load of the bridge’s own weight. Concrete blocks inside both deck and counter weight ensure that each segment is balanced. The live load, however, does not apply to the centre of gravity only and therefore causes bending and twisting moments within the deck. In addi-

2.4.2 Supports We then looked into the option of V-shaped wire struts underneath the bridge deck. The stiff triangular shape would be able to absorb the horizontal component of the variable load, but the vertical deformation of the bridge deck however remained unacceptable. Various other options were examined, and eventually we designed M-shaped supports.

4 5 6 7 Various options for the design of the supports © ivp Delft

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Vibrations caused by building activities appeared a lot stronger in segments without added concrete compared to those where concrete had already been added.

8 Longitudinal view © ipv Delft

They have been placed at the same angle as the cables, which means the supports are a visual extension of the stay cables. The supports combine two compressive struts placed in a V-shape and two prestressed tension rods, thus forming an M-shaped rigid support. The main part of the variable load is transferred by the compressive struts rather than the steel cables hanging from the pylon. As a result, the amount of vertical deformation at the deck edges caused by variable load is significantly smaller. In addition, the M-shaped supports have to carry a big part of the self-weight, due to the cables’ deformation under load. The M-shaped supports also transfer horizontal loads, such as wind load. The tension rods have been pre-stressed in order to prevent them from sagging. The compression rods are solid steel, due to the significant compression forces they have to withstand combined with their relatively large length and the desire to make their shape similar to that of the cigar shaped pylon. 2.4.3 Bridge deck The bridge deck has a multi-cell box structure; with ribs welded onto both upper and bottom steel plate every 332 mm. This allows for the structure to be as slim as possible, and enables the deck to successfully withstand forces and deformation caused by non-uniform moving loads. This type of deck requires a large amount of welding, but has significant structural benefits. It improves torsional stiffness and activates the bottom face in local and global bending, significantly reducing material use.

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2.5 Vibration 2.5.1 Two main forms With any steel structure such as the Hovenring, comes the issue of vibration. This played an important part in the engineering of the bridge. The two main forms of vibration to beware are vibration of the bridge deck, mainly important because of user comfort, and wind induced cable vibration. 2.5.2 Bridge deck vibration Analysis of the bridge’s natural frequencies and possible vibrations of the structure as a whole showed the natural frequency of the bridge was within the range where pedestrians jumping up and down could cause uncomfortable vibration. We considered two possible solutions, applying dampers and increasing the self-weight of the bridge and eventually decided on the latter. One of the main reasons to not choose a damper system, is the fact that such a system requires regular adjusting and maintenance. Given the slenderness of the structure, a damper system would require access hatches and those would be harmful to the desired appearance. The self-weight of the bridge deck was increased by partly filling it with concrete. As the structural dimensions are mainly dependant on the stiffness in carrying live loads and not so much dependant on the balanced self-weight, adding concrete only had a minor influence on the deck’s structural dimensions. Increasing the minimum self-weight of the deck to 500 kg/m2 has shown to be an effective way to make the system unresponsive to user-induced vibration. This effect was clearly visible during construction.

2.5.3 Wind-induced vibration Predicting whether or not wind-induced vibration will occur is very difficult and results of theoretical analysis often prove to be untrustworthy. In close collaboration with the client, we therefore decided early on that we would only apply vibration dampers to the steel cables if they would prove to be necessary. A couple of weeks after the pylon and stay cables were put in place, the cables started vibrating heavily. Professor Alberto Zasso from Politecnico di Milano, Dipartimento di Meccanica, an expert on vibration in cable-stayed structures, was asked to examine causes and solutions. The natural frequencies and actual damping values of the structure were measured and a system of custom made tuned mass dampers was designed. The system comprises two dampers for each cable. A low frequency damper and a higher frequency damper, placed at 10 m and 3,50 m respectively from where the cables are attached to the pylon. Windinduced vibration has not occurred since the dampers were put in place.

9 Example of the type of damper © ivp Delft


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10 Anti-collision portal © ivp Delft

2.6 Collision load Predicting the exact effects of an accidental collision is virtually impossible. The compartmentalized cross-section of the bridge deck however means local damage caused by the collision impact will only have a local effect on the structure’s load bearing ability. A collision therefore will not cause the Hovenring to collapse. However, there is a risk of the bridge being damaged in such a manner that it can no longer be used. To make sure this won’t occur, we designed a freestanding structure to support overhead road signs that also functions as anticollision portal as their vertical clearance lies below that of the Hovenring itself.

11 Cable anchorage at pylon top © ivp Delft

The portals are designed to withstand collision loads. Furthermore, in case they are damaged by an accidental collision, the portals will be much easier to replace or repair than the bridge, and at a much lower cost. The bridge will not have to be closed off in case of a collision either. While the bridge deck isn’t designed to withstand collision loads, the concrete barriers around the pylon foot, the pylon itself and the concrete barriers near the supports have to be able to successfully withstand forces caused by vehicle collision. In order to prevent serious damage to the bridge in case of a collision, the bottom section of the pylon is filled with concrete.

2.7 Cable anchorage During the entire design and construction phase, we spent a lot of time figuring out the most efficient and aesthetical details. One of the areas that specifically needed a lot of attention, was the anchorage of the stay cables to the pylon. The standard anchorage with gusset plates and fork sockets would result in a bulk of steel near the pylon top, which of course would detract from the bridge’s appearance and was therefore unwanted. We looked into several other possibilities, such as anchors inside the pylon, and eventually chose to use conical sockets which are partially placed inside the pylon. As room was limited on the pylon surface, the stay cables have been attached in two separate rows, allowing room for anchorage inspection inside the pylon. A hatch just above the cable anchorage provides access to an internal platform from which the anchors can be reached. It is also possible to carry out remote inspections by camera from within the pylon. A similar method was used to attach the cables to the bridge deck. Here we designed a tailor-made cover that ensures a watertight anchorage. The anchors are accessible through a hatch on the deck’s bottom side.

12 Bridge deck cross-section with cable anchorage and added concrete © ivp Delft

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13 Ring of light as seen by pedestrians © ivp Delft

2.8 Lighting design Befitting Eindhoven´s identity as The City of Light – the city is home to light bulb manufacturer Philips –, we also put a lot of effort into the integrated lighting design. One of the main elements is the lighting within the circular deck, in the space in between bridge deck and counter weight. Both top and bottom of this in between space is fitted with aluminium lamellas and translucent sheeting and the tube lighting inside creates a surface of light. At night, this ring of light plays a substantial role in the Hovenrings appearance, reinforcing Eindhoven´s City of Light identity. Functional lighting for the traffic intersection underneath the cyclist fly-over is attached to horizontally placed steel wires in the area in between pylon and circular deck. Eight suspended light fixtures and twelve light fixtures attached to the inner side of the counter weight together create the required amount of light. The spider web like net of wires is only attached to the bridge deck, not to the pylon itself. LED lighting integrated into the railings, creates a secondary, subtler ring of light. We used two types of LED lighting. Particularly bright LEDs illuminate the bridge deck, and less bright LEDs are used to illuminate the bridge users, thus ensuring facial recognition and a feeling of safety.

14 Ring of light as seen by traffic underneath © ivp Delft/Henk Snaterse

The required cabling is fitted inside a handrail, which we developed together with Philips. It is a custom-made aluminium extrusion profile that offers space for cabling, mounting and both types of LEDs. The pylon is also carefully illuminated. Uplighters placed on ground level illuminate the pylon from the bottom on up, while its upper section is illuminated by lighting attached to the outside of the roundabout. Both types of light fixtures have been fitted with tailor-made grills to prevent blinding and to ensure the light only illuminates what needs to be illuminated. A red light at the top of the pylon was required given the presence of the nearby Eindhoven airport.

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15 Construction work on erecting the pylon © ivp Delft

2.9 Construction The structure itself and the desired construction time meant the Hovenring was a rather big challenge for the structural steel contractor. They created a comic book like document that showed the entire construction in 3-D, allowing them to check whether steel workers would be able to reach all necessary welds. Both counterweight and bridge deck were each constructed at the steel contractors factory in Belgium in twelve different 16-m length sections and then transported to Eindhoven by boat. The same goes for the four approach spans. On site, all sections were assembled on temporary supports and then welded together. To save time, all sections were welded simultaneously by several groups of steel workers.


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The pylon was transported to the Hovenring site in two sections, which were welded together whilst lying horizontally underneath the circular deck. At that time, the deck was already fully assembled, which meant the pylon could be anchored to the circular deck and its M-shaped supports right away, after which the temporary supports could be removed. 2.10 Appreciation Ever since the Hovenring was opened to the public in the summer of 2012, international media coverage has been overwhelming. The bridge has been praised for its design and the city council has been praised for having the guts to put cyclists and their needs before that of motorists. The Hovenring has been visited by many international pro-cyclist delegations in the past year.

3 Discussion and conclusion The Hovenring could have easily looked very different. Its appearance is the result of close collaboration between designers, engineers, urban planners, client, interest groups and other parties involved. The key to getting such a result, one that not only satisfies the needs of all parties involved but also goes above and beyond initial expectations, is an all-encompassing collaboration. This requires good leadership, but it also requires all parties to: – be convinced of each other’s added value, – listen carefully to and be interested in each other’s intentions and motivation, – acknowledge that other parties can indeed have good ideas regarding someone else‘s field of expertise too. As for the Hovenring’s design and engineering process, Eindhoven City Council luckily was very aware of the conditions needed for successful and fruitful collaboration. This allowed us to come up with things that went beyond common design practice. For some parties involved the all-encompassing approach to close collaboration took some adjusting. When things got tough, for instance, they tended to opt for the standard solution.

But because of the all-encompassing approach, we always came up with the most suitable solution in the end. If we had taken the easy way out and chose to follow common engineering practice when it came to such complex and defying aspects as cable anchorage, supports and lighting, the final result would have been much less appealing. Authors: Ivo Mulders MSc Adriaan Kok MSc Niels Degenkamp MSc Christa van den Berg MSc ipv Delft international bv, Delft, Netherlands

Client Eindhoven City Council, Eindhoven, Netherlands Conceptual and technical Design ipv Delft international bv, Delft, Netherlands Concept Engineering Pieters Bouwtechniek BV, Delft, Netherlands Structural Engineering Witteveen + Bos Raadgevende ingenieurs B.V., Deventer, Netherlands Construction Royal BAM Group N.V., Bunnik, Netherlands Steel Construction Victor Buyk Steel Construction NV, Eeklo, Belgium

16 Hovenring bridge as part of the cycling route so-called Slowlane © ivp Delft/helibeeld.nl

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SYMPOSIUM Innovativ und elegant: zwei Bauwerke in Heilbronn und Stuttgart

Integrale Straßenbrücken in Verbundbauweise von Andreas Keil, Frank Schächner

In Heilbronn verbindet die »Bleichinselbrücke« die Innenstadt mit dem neuentstehenden Stadtgebiet auf der nördlichen Hälfte der Bleichinsel. Die 88 m lange und 24 m breite Straßenbrücke über den Alt-Neckar wurde als Verbundtragwerk mit obenliegender Betonfahrbahnplatte aus Halbfertigteilen und Ortbetonergänzung ausgeführt. Das darunterliegende Stahltragwerk besteht aus zwei schlanken Längsträger-Hohlkästen und in Längsund Querrichtung geneigten Stützstreben. Die V-förmig geneigten Stützstreben treffen sich an den Uferfundamenten jeweils in einem Punkt. Die Stützstreben wie die Widerlagerwände sind monolithisch mit den Längsträgern bzw. dem Überbau verbunden. Vor kurzem wurde diese Brücke mit dem Deutschen Brückenbaupreis 2018 ausgezeichent. Die zweite Straßenbrücke »Rotes Steigle« überführt einen Forstweg über die stark befahrene Autobahn 8 zwischen dem Kreuz Stuttgart und der Anschlussstelle Leonberg-Ost. Das Tragwerk der ca. 75 m langen und 6,50 m breiten Verbundbrücke besteht aus einem untenliegenden Stahlbogenhohlkasten mit veränderlichen Querschnitten, schräg nach außen geneigten Stahlstreben und einer Stahlbetonfahrbahnplatte. Der Überbau stützt sich mit dünnen, geneigten Streben auf dem ZweiGelenk-Stahlbogen ab und ist an den Widerlagern über je ein etwa 1,10 m hohes und nur 2 cm dickes Stahlblech, eine sogenannte Federlamelle, monolithisch angeschlossen. Beide Straßenbrücken verfügen weder über austauschbare Lager noch über Übergangskonstruktionen.

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1 Brückenbauwerk über der flachen Flussaue des Alt-Neckars © Ingolf Pompe

1 Neue Bleichinselbrücke in Heilbronn 1.1 Entwurf und Konstruktion In Heilbronn entsteht auf der nördlichen Hälfte der Bleichinsel ein Stadtteil mit neugeplanter Infrastruktur und Wohnbebauung. Dabei werden in den Uferbereichen des Alt-Neckars Aufenthaltsbereiche und promenadenartige Gehund Radwege angelegt, welche die neue Brücke unterqueren. Diese Plätze und Wege wurden zu einem wichtigen Entwurfsmerkmal für das Brückentragwerk. Bedingt durch die Lage in einer flachen Flussaue und unter Berücksichtigung der vorhandenen Brücken wurde in gestalterisch passender Hinsicht eine Deckbrücke geplant, welche sich harmonisch und zurückhaltend in ihre Umgebung einfügt. Bedingt durch flach geneigte V-förmige Streben, welche in den Uferbereichen des Alt-Neckars fußen, kann auf störende Pfeilerkonstruktionen im Flusslauf verzichtet werden. Durch die flachen Neigungen der flussseitigen Stützstreben wird ein gleichmäßiges, kurzes Stützraster für den Überbau erreicht. Der Überbau kann dadurch sehr schlank ausgeführt und der Fluss in einem Zug überspannt werden.

Um einen möglichst großzügigen Lichtraum für die Nutzer der Unterwege zu erhalten, wurden die Widerlager weit nach außen in die Böschung gesetzt. Der 87,60 m lange Überbau wird durch das gewählte Tragwerk in fünf gleichmäßige Einzelspannweiten von ca. 18 m aufgeteilt. Die freie Spannweite des Strebentragwerks über dem Fluss beträgt ca. 47,50 m. Der Querschnitt der Brücke setzt sich aus vier Fahrspuren sowie einem kombinierten Geh- und Radweg je Seite zusammen. Die Gesamtbreite zwischen den Geländern beträgt 22,90 m. Die Stahllängsträger und die Betonfahrbahnplatte sind monolithisch in die auf Pfählen gegründeten Widerlagerwände eingespannt.


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2 3 Längsschnitt und Draufsicht: Stahlbau (Längs- und Querträger) © schlaich bergermann partner

1.2 Überbau und Streben Die Fahrbahnplatte, bestehend aus Halbfertigteilen in C35/45 mit 15 cm Dicke und aufbetonierter Ortbetonschicht, ist mittels Kopfbolzendübeln schubfest mit den Längsträgern verbunden. Die Halbfertigteile der Fahrbahnplatte in einer Breite von 2,50 m wurden mittels Mobilkran auf die Längsträger und das untergehängte Traggerüst aufgelegt. Das vom Stahlbau abgehängte Traggerüst wurde nach der feldweisen Betonage und dem Erhärten des Aufbetons abgesenkt und umgesetzt (Bild 5). Alle Stahlhohlkästen sind luftdicht verschweißt, so dass kein innerer Korrosionsschutz erforderlich wurde.

4 Querschnitt des Brückendecks © schlaich bergermann partner

5 Abgehängtes Traggerüst zur Auflagerung der Halbfertigteile © schlaich bergermann partner

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6 7 Querschnitt und Längsschnitt des Längsträgerhohlkastens über dem Strebenanschluss © schlaich bergermann partner

Zur Aufnahme der Abtriebskräfte durch Eigengewichtslasten im Bauzustand aufgrund der in Querrichtung geneigten Stützstreben wurden jeweils an den vier oberen Stützstrebenanschlüssen Querträger vorgesehen. Nach dem Erhärten der Betonfahrbahnplatte übernimmt diese zusammen mit den Querträgern die Abtragung der Zugkräfte in Brückenquerrichtung.

1.3 Widerlager und Ufergründungen Die Widerlagerwand mit den angeschlossenen Flügelwänden gründet auf Bohrpfählen von 60 cm Durchmesser und Pfahllängen bis 11,30 m. Die Bohrpfähle wurden in einer Reihe angeordnet, um die Konstruktion in Längsrichtung gegenüber horizontalen Verformungen aus dem Brückendeck möglichst »nachgiebig« zu machen. Hierdurch werden Zwangsbeanspruchungen aufgrund von Längendehnungen des Überbaus aus Temperaturbeanspruchungen (Sommer und Winter) minimiert. Somit war es möglich, die Widerlagerwände ohne Verformungslager biegesteif an die Überbauplatte anzuschließen.

8 9 Querschnitt und Draufsicht der Ufergründung mit exzentrisch angeordnetem Auflagersockel © schlaich bergermann partner

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Die Ufergründungen wurden jeweils mit 2 x 6 Großbohrpfählen mit einem Durchmesser von 1,20 m und Pfahllängen von ca. 8,50 m als steifer Pfahlbock ausgeführt. Aufgrund der flach geneigten Streben im Flussfeld ergab sich eine hohe, zu den Ufern hin orientierte Horizontalkraftkomponente aus Vertikallasten in Brückenmitte (Bild 8, 9). Diese Horizontalkraftkomponente Hx hätte zu Zugkräften in der vorderen Pfahlreihe und etwa doppelt so hohen Druckkräften in der hinteren Pfahlreihe geführt. Um dennoch gleichmäßige Pfahlbelastungen zu erhalten, wurde der Strebensockel auf dem Fundament um 2,80 m Richtung Fluss verschoben und somit exzentrisch zur Pfahlkopfplatte bzw. zu den Pfählen angeordnet. Der vorhandene Vertikalkraftanteil Vz wirkte durch die Exzentrizität der Horizontalkraftkomponente Hx entgegen, wodurch gleichmäßige Pfahldruckkräfte in der vorderen und hinteren Pfahlreihe erreicht werden konnten.


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10 3-D-Globalmodell mit Gründungspfählen © schlaich bergermann partner

1.4 Berechnung 1.4.1 Sensitivitätsberechnung Aufgrund der integralen Bauweise der Brücke wurden vorab Sensitivitätsberechnungen mit verschiedenen Bodensteifigkeiten durchgeführt und mit dem Bodengutachter abgestimmt. Dabei zeigte sich, dass der Einfluss der Variation der Bodensteifigkeiten für den Überbau relativ gering ist. Für die Bemessung der Pfähle und der Pfahlkopfplatten spielte jedoch, wie erwartet, die Bandbreite der Bodensteifigkeiten eine maßgebende Rolle.

1.4.2 Lastübertragung: Stahlstreben in Betonsockel Aufgrund der unter 45° angreifenden resultierenden Strebenkraft am Strebenfuß wurde der Betonsockel geneigt ausgeführt, wodurch die Kräfte parallel zur Fuge reduziert wurden. Die Bemessungslasten aus dem Stahlfußsegment von 33 MN senkrecht und 19 MN parallel zur Fuge werden mittels einer Schubverzahnung an der Plattenunterseite in den Betonsockel übertragen (Bilder 11–15).

Für die Einleitung der Biegemomente in den Betonsockel wurden am Strebenfußpunkt Bewehrungsbügel d 25 erforderlich, welche mit der Fußplatte verschweißt wurden.

11 12 13 14 15 Schubverzahnung des Stahlfußsegments und Fertigung im Werk © schlaich bergermann partner

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1.4.3 Berücksichtigung des Bauablaufs Die Montage des Stahlbaus und die Betonierreihenfolge der Überbauplatte mussten entsprechend dem geplanten Bauablauf der statischen Berechnung durchgeführt werden (Bild 16). Durch die segmentweise Stahlbaumontage und die abschnittsweise Herstellung der Betonfahrbahnplatte ändert sich das statische System in jedem Berechnungsschritt. Die Verformungen wurden unter Berücksichtigung der Systemänderungen berechnet und die Geometrie für die spannungslose Werkstattform (Überhöhungsfigur) festgelegt. 1.5 Herstellung Das Strebenfußsegment mit den vier jeweils ca. 2,00 m langen Strebenstummeln (Gewicht: ca. 15 t) wurde per Mobilkran in den bereits bestehenden Bewehrungskorb des Betonsockels eingehoben und auf temporären Stahllagern abgesetzt (Bild 17, 18). Danach wurde der Lagersockel von unten gegen die schräge Fußplatte mit einem Beton C50/60 und begrenzter Korngröße betoniert. Um Lunker auszuschließen, wurden zusätzlich Verpressschläuche zwischen der Schubverzahnung der Stahlplatte vorgesehen und nach dem Erhärten des Betonsockels mit Injektionsmörtel verpresst.

16 Ausgewählte Bauphasen aus dem Berechnungsmodell (unten: Verformung ohne Überhöhung des Stahlbaus) © schlaich bergermann partner

17 18 Einhub der Fußsegmente auf temporäre Stahlstützen innerhalb des Bewehrungskorbs © schlaich bergermann partner

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19 Einhub der Stahlbau-Längsträger in Feld 2 © schlaich bergermann partner

Der Einhub der Längsträgersegmente auf zwei Hilfsunterstützungen im Fluss erfolgte per Mobilkran (Bild 19). Die BetonHalbfertigteile wurden ebenfalls vom Ufer aus von einem Mobilkran feldweise eingehoben und auf die Stahlhohlkastenlängsträger sowie das abgehängte Traggerüst aufgelegt. Anschließend wurde die Ortbetonschicht aufgebracht. Nach nur 15-monatiger Bauzeit konnte das Bauwerk am 1. November 2015 für den Verkehr freigegeben werden.

20 21 22 Fertiggestelltes Bauwerk im Sommer 2017 © Ingolf Pompe

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23 Fertiggestelltes Brückenbauwerk über der Autobahn © Ingolf Pompe

2 »Rotes Steigle« über die A 8 bei Stuttgart 2.1 Entwurf und Konstruktion Die neue Straßenbrücke »Rotes Steigle« soll die geplanten sieben Fahrspuren sowie zwei Standstreifen der darunterliegenden Autobahn A 8 ohne störende Mittelunterstützung überspannen. Durch die Lage in einem ca. 11 m tiefen Geländeeinschnitt und die gute Baugrundsituation war es möglich, einen untenliegenden, flachen Stahlbogen als Tragkonstruktion zu wählen.

24 25 Längsschnitt und Draufsicht © schlaich bergermann partner

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Eines der wichtigsten Kriterien für den Neubau war, dass die erforderlichen Sperrzeiten der A 8 während der Herstellung auf ein Minimum reduziert werden sollten. Auf einem nahegelegenen Vormontageplatz wurde das Stahltragwerk zu zwei Bogenhälften vorgefertigt und dann in zwei nächtlichen Sperrungen mittels Mobilkran eingehoben.

Die Herstellung der Betonfahrbahnplatte musste ohne Beeinträchtigungen des darunter fließenden Verkehrs ausgeführt werden. Die Bauwerksabmessungen betragen in der Gesamtlänge ca. 75,20 m zwischen den Widerlagern und in der Gesamtbreite 6,50 m. Daraus ergeben sich Einzelspannweiten zwischen den Stahlstreben von ca. 5,40 m, die Bogenspannweite misst 59,75 m.


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26 27 Querschnitt durch Fahrbahnplatte und Bogenhohlkasten: Regelbereich und Bogenscheitel © schlaich bergermann partner

Die Widerlager wurden weitestgehend nach außen in die Böschung gesetzt, um in den seitlichen Bereichen der Böschung eine möglichst große Transparenz des Bauwerks zu erreichen (Bild 24). Der in den Bauteildicken minimierte Stahlbogen sowie die Schrägstreben wurden jeweils als Hohlkasten ausgeführt. Auf den Streben wurde über die gesamte Länge ein 30 mm dickes und 3,00 m breites Stahlblech angeordnet (Bild 26, 27). Anhand zweier nach unten zueinander geneigter Ebenen wurde die Außenkontur der Schrägstreben sowie des Stahlbogens definiert (Bild 28). Die »Füllungen« zwischen den einzelnen Streben wurden quasi herausgeschnitten. Hierdurch entstand eine optische Einheit der drei Stahlelemente Untergurtblech, Streben und Bogen, wodurch eine verständliche und klar erfassbare Erscheinung der stählernen Tragkonstruktion erreicht wurde. Durch die gegenläufigen variablen Bogenabmessungen in Querschnittshöhe und -breite wird ein dynamisch wirkendes Bogentragwerk geschaffen, welches aus statischer Sicht trotzdem sinnvoll bleibt.

28 Konstruktionsprinzip von Stahlbogen und Schrägstreben © schlaich bergermann partner

2.2 Berechnung 2.2.1 Auflagersteifigkeit am Bogenfuß Für die Festlegungen von Grenzwerten der Baugrundsteifigkeit war es erforderlich, Sensitivitätsberechnungen mit einer größeren Bandbreite an Auflagersteifigkeiten, im Modell mit Federn simuliert, durchzuführen, da die horizontale Baugrundsteifigkeit am Bogenfuß eine signifikante Rolle für die auftretenden

Spannungen und Durchbiegungen des schlanken Bogens spielt. Je weicher der Baugrund, desto größer wird die Biegebeanspruchung des Bogens, und zwar bei gleichzeitiger Reduktion der Bogendruckkraft. Die Berechnungsergebnisse wurden in enger Abstimmung mit dem Baugrundgutachter in einem iterativen Prozess verifiziert und bewertet.

29 Finite-Elemente-Globalmodell © schlaich bergermann partner

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30 31 Untergurtblech (d = 30 mm) mit im Beton liegenden Steifen © schlaich bergermann partner

2.2.2 Querschnitt des Brückendecks Im Bauzustand bildet das Untergurtblech zusammen mit dem Stahlbogen und den Schrägstreben zunächst eine Art »Vierendeel-Träger«, welcher die Eigengewichtslasten des Stahlbaus beim Einhub und die spätere Frischbetonlast während der Betonierung der Fahrbahnplatte abträgt. Im Endzustand wirkt das Untergurtblech als »externe Bewehrung«, wodurch der Bewehrungsgehalt der eigentlichen Betonfahrbahnplatte deutlich reduziert werden konnte. Zur Erhöhung der Biegesteifigkeit des Brückendecks wurde das Untergurtblech mit zusätzlichen T-Steifen ausgestattet. Hierdurch konnten die filigranen Bauteilabmessungen der Schrägstreben und des Bogens erhalten werden. Die Verbundwirkung der Ortbetonplatte in C35/45 mit dem Untergurtblech wird durch stehende und liegende Kopfbolzendübel erreicht.

2.2.3 Widerlager mit Überbauanschluss Das Stahlbeton-Widerlager wurde mit dem Brückendeck über ein nur 2 cm dickes und ca. 1,15 m hohes Stahlblech, die sogenannte Federlamelle, verbunden (Bild 32, 33, 34). Die Federlamelle aus rostfreiem Stahl ist mit dem Untergurtblech voll verschweißt. Der Anschluss in die Widerlagerwand erfolgt dabei mittels an der Fußplatte angeschweißter Bewehrungsbügel, welche nachträglich monolithisch mit der Widerlagerwand verbunden wurden. Die Horizontalverformungen aus dem Überbau, zum Beispiel infolge Temperatureinwirkung, erzeugen durch das »weiche« Tragverhalten um die schwache Achse des Stahlblechs nahezu keine Zwangskräfte bzw. -spannungen. Damit reduzierten sich die Horizontalkräfte auf das Widerlager aus der Horizontalverformung des Überbaus auf ein Minimum.

32 33 34 Querschnitt und Ansicht der Federlamelle mit Anschlussbügel © schlaich bergermann partner

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Hierdurch wurde es möglich, die Widerlager flach zu gründen und auf aufwendige Tiefgründungen zu verzichten. Die Vertikallasten des Überbaus aus ständigen Lasten und Verkehrslasten werden direkt durch die Federlamelle in die Widerlagerwand und das Fundament abgetragen.


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35 36 Spannungs-Verformungs-Diagramm für verschiedene Blechdicken © schlaich bergermann partner

Für die Dimensionierung der Federlamelle wurde zunächst eine Variantenstudie mit verschiedenen Blechdicken an einem Detailmodell durchgeführt. Die Blechhöhe beträgt 1,15 m, die Blechbreite 3,00 m. In der Studie wurden Blechdicken im Bereich von t = 15–40 mm untersucht. In den Bilder 35 und 36 sind die Spannungen in Abhängigkeit von einer Kopfverschiebung für die Blechdicken mit 16 mm, 20 mm und 25 mm dargestellt. Das untersuchte Blech (S 460) plastifiziert bei folgenden Horizontalverformungen: – t = 25 mm ab 40 mm, – t = 20 mm ab 50 mm, – t = 16 mm ab 60 mm. Für die Ausführung wurde schließlich eine Blechdicke von t = 20 mm gewählt, da die vorhandenen Horizontalverformungen im GZT < 50 mm betragen. Für die relevanten Einwirkungen bzw. Verschiebungen wurden zudem umfangreiche Stabilitätsuntersuchungen gegen Beulen mit unterschiedlichen Materialdicken, Blechhöhen und Randeinspannungen durchgeführt. 2.2.4 Schrägstreben und Bogen Am Anschluss der Streben an den Bogen mussten zusätzliche Biegemomente, welche durch ungleichmäßige Verkehrsbelastungen auf den Überbau entstehen, von den Streben in den Bogenhohlkasten eingeleitet werden. Die Lasteinleitung der Schrägstreben in den Bogenhohlkasten erfolgte mittels innenliegender Querschotte und in Längsrichtung angeordneter Schubfeldsteifen zur Übertragung von Biegemomenten (Bild 37, 38).

37 38 Schnittpunkt von Schrägstützen und Bogenhohlkasten sowie Zusammenbaufolge von Strebe an Bogen © schlaich bergermann partner

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39 40 41 Bogenfußpunkt mit Kippleiste und Stahlbetonsockel sowie räumliches Schalenmodell mit innenliegenden Steifen © schlaich bergermann partner

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42 Verformungsplots: 1) Überhöhungsfigur der »spannungslosen Werkstattform«, 2)–6) abschnittsweise Herstellung der Fahrbahnplatte, 7) Endzustand nach Ablassen des mittleren Traggerüsts und mit Ausbaulasten g2 © schlaich bergermann partner

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43 44 Herstellung der beiden Stahlbogenhälften auf dem Vormontageplatz © Schachtbau Nordhausen GmbH/schlaich bergermann partner

2.2.5 Lasteinleitung am Bogenfuß Bei oberem Grenzwert der Baugrundsteifigkeit beträgt die Bogendruckkraft am Bogenfuß 25,40 MN im GZT. Um Einspannmomente und damit große Bogenfuß- und Fundamentabmessungen zu vermeiden, wurde aus statischen Gründen am Bogenfuß eine »Kippleiste« als Gelenklager vorgesehen. 2.3 Berücksichtigung des Bauablaufs Die Abfolge der Herstellung hat großen Einfluss auf die Spannungen und Verformungen des gesamten Tragwerks. Daher wurde der Bauablauf zunächst rechnerisch simuliert und eingeprägte Spannungszustände mit denen des Endzustandes superponiert. Entsprechend musste der Bauablauf bei der Ausführung eingehalten werden (Bild 42). Aufgrund der »vierendeelartigen« Tragwirkung des Stahlbaus sind an den Verbindungen der Schrägstreben mit dem Bogenhohlkasten auch große Biegemomente aus vertikalen Eigengewichts- und Verkehrslasten zu übertragen. Um diese Biegemomente zu reduzieren und günstige Spannungsverhältnisse in den Stahlbau einzuprägen, wurde der Bogen am Bogenfuß mittels hydraulischer Pressen mit einer Horizontalkraft von ca. 2.600 kN zusammengedrückt. Hierdurch konnten auch etwaige Luftspalte, zum Beispiel aus Bautoleranzen, Schwinden etc., zwischen Stahlbau und Betonbau vorweggenommen werden.

Für die Herstellung der Ortbetonfahrbahnplatte wurden verschiedene Betonierabfolgen untersucht. Aufgrund des »weichen« Stahltragwerks wurde es erforderlich, die Stahlverformungen und -spannungen zu begrenzen, indem die Betonierfolge in fünf Abschnitten und in der Betonierreihenfolge 1–3–5–4–2 erfolgte.

2.4 Herstellung Der Stahlbau, bestehend aus Bogenhohlkästen, Strebenhohlkästen und Untergurtblech, wurde segmentweise im Werk vorgefertigt und auf einen nahe der Einbaustelle gelegenen Vormontageplatz transportiert. Dort wurden die Einzelsegmente auf Traggerüsten aufgelegt und zu zwei getrennten Stahlgroßsegmenten mit je ca. 120 t Gewicht und ca. 35 m Länge verschweißt (Bild 43, 44).

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45 46 Stahlsegment auf Hilfsunterstützungen und Vorspannen des Bogens © schlaich bergermann partner

Die beiden Stahlgroßsegmente wurden in zwei kurzen nächtlichen Vollsperrungen der A 8 an zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden zur Einbaustelle transportiert, mittels eines Mobilkrans eingehoben und auf die Hilfsgerüste abgesetzt (Bild 45).

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Nach dem Verschweißen des Stahlbaus in Brückenmitte wurde der Bogen horizontal an den Kämpfern mittels hydraulischer Pressen um 30 mm und mit einer Kraft von ca. 260 t zusammengedrückt (Bild 46). Die Fahrbahnplatte wurde in Ortbeton mit einem verfahrbaren Schalwagen abschnittsweise in fünf Abschnitten hergestellt (Bild 47). Nach dem Aushärten des Betons konnten die temporären Traggerüste abgelassen und abgebaut werden.

47 Verfahrbarer Schalwagen im Betonierabschnitt 4 © schlaich bergermann partner

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Um auf unvermeidbare Bautoleranzen rechtzeitig reagieren zu können, wurde in jedem Bauabschnitt die Geometrie des Überbaus geodätisch aufgenommen und überprüft.


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Instandsetzung Instandsetzung Instandsetzung Kochertalbrücke (Deutscher Brückenbaupreis 2016) Kochertalbrücke Kochertalbrücke Instandsetzung (Deutscher (Deutscher Brückenbaupreis Brückenbaupreis 2016) 2016) Kochertalbrücke (Deutscher Brückenbaupreis 2016)

Instandsetzung Kochertalbrücke (Deutscher Brückenbaupreis 2016)

48 Ansicht der neuen Brücke »Rotes Steigle« von der A 8 © Ingolf Pompe

3 Schlussbemerkung Ein nachhaltiger Entwurf soll nicht nur die Konstruktion, das Tragverhalten und Bauverfahren, verschiedene Materialien und die Kosten berücksichtigen. Mit einer sensiblen Einbeziehung der Umgebung und einer modernen integralen Bauweise können besondere, wertvolle und langlebige Bauwerke geschaffen werden. Mit den beiden neuen Straßenbrücken Bleichinselbrücke und »Rotes Steigle« ist die Verwirklung dieses Anspruchs gelungen. Durch die innovative integrale Bauweise ohne Fugen und Lager ließen sich zwei hochwertige Bauwerke mit geringen Unterhaltungskosten sowie einem hohen Wiedererkennungswert realisieren. Die Autoren bedanken sich beim Amt für Straßenwesen in Heilbronn und dem Regierungspräsidium Stuttgart für die gute Zusammenarbeit und die Umsetzung dieser besonderen Bauwerke. Autoren: Dipl.-Ing. Andreas Keil Dipl.-Ing. Frank Schächner schlaich bergermann partner, Stuttgart

Bauherren Stadt Heilbronn, Amt für Straßenwesen (Bleichinselbrücke) Regierungspräsidium Stuttgart (»Rotes Steigle«) Objekt- und Tragwerksplanung schlaich bergermann partner, Stuttgart Verkehrsanlagenplanung Amt für Straßenwesen, Heilbronn (Bleichinselbrücke) Regierungspräsidium Stuttgart (»Rotes Steigle«) Prüfingenieure Dr.-Ing. Dietmar H. Maier, Karlsruhe (Bleichinselbrücke) Prof. Dr.-Ing. Ulrike Kuhlmann, Stuttgart (»Rotes Steigle«) Bauausführung Adam Hörnig Baugesellschaft mbH & Co. KG, Aschaffenburg (Bleichinselbrücke) Stahlbau Magdeburg GmbH, Magdeburg (Bleichinselbrücke) Wolff & Müller Ingenieurbau GmbH, Stuttgart (»Rotes Steigle«) Schachtbau Nordhausen GmbH, Nordhausen (»Rotes Steigle«)

Bauherr: BRD vertreten durch RegieBauherr: Bauherr: rungspräsidium Stuttgart BRD BRD vertreten vertreten durch durch RegieRegieBauherr: rungspräsidium rungspräsidium Stuttgart Stuttgart Vor-, Entwurfs& AusfürBRD vertreten durch Regieungsplanung, Vergabevorberungspräsidium Stuttgart Vor-, Vor-, EntwurfsEntwurfs& Ausfür& Ausfürreitung, Nachrechnung, Bauungsplanung, ungsplanung, VergabevorbeVergabevorbeüberwachung: Vor-, Entwurfs& AusfürBauherr: reitung, reitung, Nachrechnung, Nachrechnung, BauBauLeonhardt, Andrä und Partner, ungsplanung, VergabevorbeBRD vertreten durch Regieüberwachung: überwachung: Beratende Ingenieure VBI AG reitung, Nachrechnung, Baurungspräsidium Stuttgart Leonhardt, Leonhardt, Andrä Andrä und und Partner, Partner, überwachung: Beratende Beratende Ingenieure Ingenieure VBI VBI AGAG Leonhardt, und Partner, Vor-, Andrä Entwurfs& AusfürBeratende IngenieureVergabevorb VBI AG ungsplanung, reitung, Nachrechnung, Ba überwachung: SOFiSTiK FEM-Pakete: Leonhardt, Andrä und Partne www.sofistik.de/packages SOFiSTiK SOFiSTiK FEM-Pakete: FEM-Pakete: Beratende Ingenieure VBI AG www.sofistik.de/packages www.sofistik.de/packages Trial Version: SOFiSTiK FEM-Pakete: www.sofistik.de/trial www.sofistik.de/packages Trial Trial Version: Version: www.sofistik.de/trial www.sofistik.de/trial Trial Version: www.sofistik.de/trial SOFiSTiK FEM-Pakete: www.sofistik.de/packages Trial Version: www.sofistik.de/trial

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SYMPOSIUM Entwicklung modularer Systeme in integraler Bauweise

Verbundbrücken kleiner und mittlerer Spannweite von Günter Seidl, Victor Schmitt

Der Verbundbrückenbau hat sich in Deutschland, aber auch in Polen etabliert. Grund sind der hohe Vorfertigungsgrad, die großen Spannweiten, die mit modularen Systemen realisiert werden können, und die einfache Durchbildung von integralen Bauweisen. Daraus ergeben sich eine große Qualität des Bauwerks, kurze Bauzeiten und günstige Herstellkosten. Bei Talbrücken spielt vor allem die Herstellzeit eine wichtige Rolle. Ziel der VTR-Bauweise ist es, alle Arbeiten auf der Baustelle so weit wie möglich zu vereinfachen: Zwei Stahlhohlkästen bilden das Haupttragsystem. Vorgefertigte Betonquerträger, die mit den Fahrbahnelementen vergossen werden, vermeiden die Schweißarbeiten vor Ort. Bei kleineren Stützweiten kommt die Verbunddübelleiste in ganz unterschiedlichen Konstruktionen zum Einsatz. Hauptsächlich werden sie im Brückenhauptträger als Schubverbund zwischen Betonfertigteil und Stahlträger angeordnet. Interessant für die Entwicklung sind jedoch weitere Anwendungsbereiche, wie zum Beispiel in VFTWIB-Platten in Brückenquerrichtung oder als Verankerungselemente, um große Einzellasten in Betonbauteile einzuleiten.

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1 1 Einführung 1.1 Notwendigkeit von modularen Systemen Die Investitionen für Vorhaben der Verkehrsinfrastruktur steigen in den letzten Jahren kontinuierlich an. In der Aufteilung der Mittel zeigt sich seit dem Jahr 2011 eine Trendwende: Nach den Anstrengungen für den Neu- und Ausbau von Verkehrswegen stehen seit 2011 die Erhaltung und Ersatzneubauten bestehender Verkehrswege im Vordergrund. Deutlich wird dies anhand der Aufteilung der Investitionen im Bundesfernstraßennetz, die in Bild 1 aufgetragen sind. Die Mittel für den Neu- und Ausbau bleiben

seit 2010 konstant bei rund 2 Mrd. €, ähnlich verhält es sich bei den »sonstigen« Investitionen. Der Etat für die Erhaltung verdoppelt sich dagegen von 2 Mrd. € (2010) auf ca. 4 Mrd. € in diesem Jahr. Ein wesentlicher Anteil davon geht in Ingenieurbauwerke, wobei der Brückenbau hier im Vordergrund steht. Der Brückenbestand im Bundesfernstraßennetz weist bei einer Zustandsnote von 1–4 einen Anteil von 10 % aus, der schlechter als 3,0 bewertet wird und damit kurz bis mittelfristig ertüchtigt oder erneuert werden muss (Bild 2).

1 Investitionen in das Bundesfernstraßennetz nach [1] © Günter Seidl

2 Verteilung der Zustandsnoten nach [2] © Günter Seidl


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3 Brückenfläche nach Brückenlängen im Bundesfernstraßennetz in 2017 © Aus [2]/Günter Seidl

Bei einer Brückenfläche von ca. 30,67 Mio. m² liegt die Fläche der Brücken, die sich in kritischem Zustand befinden, bei über 3 Mio. m², was einem Bauvolumen von 9 Mrd. € entspricht. Den größten Anteil umfassen dabei die Brücken kurzer und mittlerer Spannweite. Die kurzen Brücken mit Spannweiten bis 30 m bilden rund die Hälfte des Brückenbestands, die mittleren Spannweiten mit 30–50 m Spannweite immerhin noch ein Sechstel (Bild 3). Auf diese Spannweitenbereiche entfällt damit mittelfristig ein Bauvolumen von zwei Drittel oder ca. 6 Mrd. €. Hier liegt ein enormes Potential für Verbundbrücken. Derzeit liegt ihr Anteil bei knapp 7 % im Vergleich zu anderen Bauarten: ein Anteil, der sich nach Einführung der Verbundfertigteilträger-(VFT-) Bauweise deutlich erhöht hat, denn zum Zeitpunkt der Errichtung des ersten VFTBauwerks im Jahr 1999 hatten sie erst einen Anteil von 4,10 %. In den darauffolgenden Jahren verdoppelte sich die Brückenfläche der Verbundlösungen von 1,04 Mio. m² (2000) auf 2,09 Mio. m² im Jahr 2017, somit stieg ihr Marktanteil stetig auf 6,80 % (Bilder 4 und 5). Der Zuwachs ist auch auf den häufigen Einsatz der VFT-Bauweise im kurzen und mittleren Stützweitenbereich zurückzuführen.

4 Bauweisen nach Brückenfläche im Bundesfernstraßennetz in 2017 © Aus [2]/Günter Seidl

5 Brückenfläche nach Bauarten in 2017 © Aus [2]/Günter Seidl

1.2 Brücken mit VFT-Trägern Die VFT-Systematik lehnt sich an die erfolgreiche Entwicklung von Fertigteilen in Spannbetonbauweise an und verknüpft sie dabei mit den Vorteilen der Verbundbauweise. Ein in der Regel als offener Doppel-T-Träger oder als U-förmiger Hohlkasten ausgebildeter Schweißträger wird am Obergurt mit einem bis ca. 3 m breiten Betondruckflansch bereits im Werk ergänzt. Dieser stabilisiert den Verbundträger sowohl im Transport- als auch im Montagezustand in horizontaler Richtung und führt aufgrund der Verbundwirkung bereits im Bauzustand (Erstverbund) zu einer signifikanten Erhöhung der Steifigkeit in vertikaler Richtung.

Auf der Baustelle werden die Träger mit Hilfe von Mobilkränen nebeneinander auf Auflagerpunkten abgelegt. Die breiten Betonobergurte fungieren neben ihrer statischen Funktion auch als Schalung für die Herstellung der nachfolgenden Ortbetonergänzung, die die Verbund- zusammen mit den Ortbetonquerträgern im Bereich der Auflagerachsen in Querrichtung zu einem monolithischen Brückendeck verbinden. In statischer Hinsicht erfolgt mit dem Betonieren der Ortbetonergänzung auf der Baustelle ein Zweitverbund, der die Steifigkeit der Verbundträger als Längstragglieder zur Aufnahme

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SYMPOSIUM der finalen Ausbau- sowie der Verkehrslasten nochmals erhöht. Aufgrund der hohen Quersteifigkeit der Verbundträger werden zur Herstellung der Ortbetonplatte keinerlei Aussteifungsverbände benötigt. Beim konventionellen Verbund prägen sich die Lasten zur Realisierung der Ortbeton-Fahrbahnplatte als Spannungen rein im Stahlträger ein, da ein Erstverbund zu diesem Zeitpunkt nicht vorhanden ist. Erst nach dem Erhärten des Betonobergurtes wirken die Lasten aus Ausbau und Verkehr auf den vollen Verbundquerschnitt. Ober- und Untergurt des Stahlträgers müssen demgemäß zur Aufnahme der Betonierlasten aus der Fahrbahnplatte dimensioniert und ausgesteift werden. Beim VFT-Träger wirken die Lasten dagegen bereits auf den vollen, vorzeitigen (Erst-)Verbund, wobei die gesamten Eigengewichtsmomente durch den sehr steifen Verbundquerschnitt aufgenommen werden. Dadurch lassen sich erhebliche Materialeinsparungen im Konstruktionsstahl gegenüber dem klassischen Verbundbau erzielen. Weitere Einsparungen ergeben sich durch den Entfall von Beulsteifen in den Stegen und insbesondere aus dem Wegfall der Stabilisierungsverbände im Bauzustand. Der VFT-Träger weist damit Analogien zu der üblichen Spannbetonträger-Bauweise bei deutlich geringerem Gewicht auf. Beim Transport über die Straße sind Längen bis zu 60 m möglich. Anfang der 1990er Jahre wurden Verbundbrücken auf Basis von Walzträgern entwickelt, die über Ortbetonquerträger gekoppelt wurden und so ohne zusätzliche Schweißarbeiten eine Durchlaufwirkung erreichten. In dieses System passt sich die VFT-Bauweise mit dem Stahlbeton-Fertigteilflansch hervorragend ein. In den einzelnen Auflagerachsen werden Ortbetonquerträger angeordnet, über die die einzelnen VFT-Träger zu Durchlaufsystemen ergänzt werden können.

7 8 Querträger in Profilstahl mit vier Stößen © SSF Ingenieure AG

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6 Stahlträgerrost bei der Langenfelder Brücke in Hamburg © Victor Schmitt

Die Druckkräfte aus den unteren Stahlflanschen werden dabei über Stirnplatten, Querkräfte über Kopfbolzendübel übertragen. Einfache Bewehrungsanschlüsse am vorgefertigten Betondruckgurt erlauben bereits im Bauzustand die Zugkraftkopplung, in der Ortbetonergänzung können die restlichen Bewehrungsanteile für die Durchlauftragwirkung herangezogen und die VFT-Träger dementsprechend in die Widerlager integriert werden. Neben diesen Vorteilen sind weitere Punkte hervorzuheben, die die Bauweise im Segment üblicher Spannbetonbrücken attraktiv macht: der hohe Vorfertigungsgrad bei gleichzeitig geringem Gewicht, größere Stützweiten bei gleicher Bauhöhe und die Möglichkeit zur Wahl neuer statischer Systeme. Die Qualität der Bauteile wird deutlich erhöht, indem der VFT-Träger unter gleichbleibenden Fertigungsbedingungen ohne Witterungseinfluss im Werk hergestellt wird. Der Betonflansch erzeugt einen Eigengewichtsverbund, so dass sich Durchlauf-, aber auch Rahmensysteme im Verbund rein durch Bewehrungsanschlüsse erzeugen lassen.

Insbesondere Rahmensysteme in Verbund ermöglichen sehr hohe Schlankheiten in Feldmitte. Veränderte geometrische Verhältnisse, die durch den bewussten Entfall von Mittelpfeilern oder durch die Wahl größerer lichter Weiten entstehen, können mit VFT-Trägern bei gleichen Konstruktionshöhen mit deutlich größeren Spannweiten überbrückt werden. 2 Systeme aus Verbundträgerrosten (VTR) 2.1 Weiterentwicklungen Breite, mehrfeldrige Stahlverbundbrücken werden bevorzugt als Trägerroste ausgeführt, um Fertigteilplatten als Schalung für die Ortbetonplatte auflegen zu können. Die Bauweise erspart den Einsatz von Schalwagen und verkürzt die Bauzeit erheblich, da die Stahlbetonplatten vorgefertigt und einfach verlegt werden können. Wie im unteren Beispiel der Langenfelder Brücke im Zuge der A 7 in Hamburg (Bild 6) dargestellt, werden die Trägerroste in der Regel so entworfen, dass die Quer- die Längsträger durchdringen.


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Die Stahlquerträger werden bei allen mehrstegigen Plattenbalken in mindestens drei Teilen gefertigt und angeliefert. Vor Ort werden sie dann einzeln montiert, mit dem Längsträger verschweißt, an den Stößen gestrahlt und beschichtet. Bei jedem Querträgerstoß sind unter Baustellenbedingungen ca. 0,60 m2 von Hand zu strahlen und 1,50 m² in fünf Stufen zu beschichten, exemplarisch in Bild 7 und 8 dargestellt. Bei einer 300 m langen Talbrücke mit getrennten Fahrbahnen sind über 740 solcher Stöße auszuführen. Die große Anzahl der Beschichtungsstöße unter Baustellenbedingungen erhöht erheblich das Risiko bei der Qualitätssicherung und verlängert die Bauzeit. Sinnvoller ist es, auf Durchdringungen der Längsträger zu verzichten, die Querträger in voller Länge vorzufertigen und auf die durchlaufenden Längsträger aufzulegen. Man kann dieses Vorgehen als Modulbauweise bezeichnen, da auf der Baustelle nicht mehr gefertigt, sondern nur noch zusammengefügt wird. Die Querträger können aus Profilstahl oder Stahlbeton bestehen: Träger in dichtem Stahlbeton bieten gegenüber den Stahlträgern wirtschaftliche Vorteile beim Einkauf und im Unterhalt (Bild 9). Bei Kranmontage werden zuerst die Stahllängsträgermodule verlegt und zu einem Durchlaufträger verschweißt. Anschließend werden die Betonquerträger verlegt und durch Ortbeton mit den Längsträgern verbunden, so dass sich ein Verbundträgerrost ergibt, auf den die Plattenmodule als Schalung für die Ortbetonplatte aufgelegt werden können. Die torsionssteifen Längsträger und der robuste Querträgerrost ermöglichen es, auf zusätzliche Stützquerträger in den Auflagerachsen zu verzichten. Es werden nur Endquerträger in Stahlbeton vorgesehen, um die Fahrbahnübergänge robust ausbilden zu können. Bei Einschub wird auf einem Rüstplatz vorgefertigt, der Trägerrost mit den Fertigteilplatten eingeschoben und die Ortbetonplatte nach dem Einschub ergänzt. 2.2 Elemente des Systems 2.2.1 Modul Stahllängsträger Die Längsträger werden als luftdicht verschweißte Kästen mit Längen bis zu 30 m im Werk hergestellt. Ihre Breite und Höhe können so ausgelegt werden, dass sie sich zur Prüfung bei Bedarf in voller Länge begehen lassen.

9 Querträger als aufgelegter Stahlbetonquerschnitt © SSF Ingenieure AG

2.2.2 Modul Querträger Die Querträger haben im Querschnitt Abmessungen von 80 cm x 30 cm und werden mit einem Achsabstand von 3,20 m verlegt, um transportable Fertigteilplatten zu ermöglichen. Zur Vermeidung von Rissen beim Abheben im Werk und beim Transport werden die Träger in der Regel so zentrisch im Spannbett teilvorgespannt, dass die Wirkung der Vorspannung nach Herstellung des Trägerrostes aufgehoben ist. Als Werkstoff sollte ein selbstverdichtender Hochleistungsbeton C 50/60 eingesetzt werden, um eine hohe Gefügedichte zu erreichen. Zudem müssen die Träger den Expositionsklassen XC 4, XD 3 und XF 1 entsprechen. Der Frischbeton sollte ohne Luftporenbildner angeliefert werden. Der Nachweis der Dichtigkeit gegenüber Chlorideinwirkung (XD) ist durch einen RCM-Versuch zu erbringen. Dabei werden viele Module gleichen Typs eingesetzt, so dass die Einhaltung der Qualitätsstandards sorgfältig überwacht werden muss. Zusätzlich ist jeder einzelne

Träger vor Auslieferung von der ausführenden Baufirma zu überprüfen und abzunehmen. 2.2.3 Modul Stahlbetonplatten als Schalungsträger Das Modul ist als 10 cm dicke Platte in der Betongüte C 50/60 und den Expositionsklassen XC 4, XD 3, XF 1 konzipiert, wobei die gleichen Qualitätsanforderungen an den Beton gelten wie bei den Querträgern. Gitterträger versteifen die Platten für das Abheben vom Schalungsboden und den Transport wie das Verlegen und sorgen zudem für einen Verbund mit der Ortbetonplatte. Teilungen von Platten im Feld sollten nicht vorgesehen werden, um zusätzliche Fugen und Schwachpunkte in der Farhbahnplatte zu vermeiden (Bild 10). Wie bei den Querträgern muss höchster Wert auf die Einhaltung der Qualitätsstandards gelegt werden. Und genauso ist jede Platte im Werk von der ausführenden Baufirma zu überprüfen und abzunehmen.

10 Langenfelder Brücke: Teilung der Fertigteilplatten © Victor Schmitt

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11 Verbundträgerrost des Viadukts über die Mures bei Simeria © Victor Schmitt

2.3 Transport und Zwischenlagerung Der Transport aller Module kann mit der Bahn, dem Schiff oder über die Straße erfolgen. Die Erfahrung aus dem Bau der Muresbrücke Simeria und anderen Bauwerken in Rumänien zeigen (Bilder 11 und 12), dass sich mittels Kran an einem Arbeitstag vier Längsträgermodule und bis zu 24 Querträger aufbringen lassen, wobei eine Zwischenlagerung notwendig ist, um einen ungestörten Montageablauf zu garantieren. Die Stahlbetonfertigteilplatten haben einschließlich Bewehrungsüberständen maximale Abmessungen von 3 m x 8 m und ein maximales Gewicht von unter 5 t, so dass vier Platten mit einem Lkw gestapelt transportiert werden können. Bei Kranmontage ist es möglich, an einem 8-h-Tag bis zu 30 Plattenmodule zu verlegen, weshalb sie ebenfalls in ausreichender Menge vorgehalten werden müssen. 2.4 Vergleich: Stahl- und Verbundträgerrost In Deutschland sind Verbundträgerroste bisher nicht realisiert worden. Als Einwendungen werden die große Zahl der Fugen zwischen Querträger und Fertigteilplatten und die mangelhafte Gestaltung der Betonquerträger angeführt. Die Stahlträgerroste, die gegenwärtig in Deutschland vermehrt verwendet werden, weisen die gleiche Fugenzahl auf. Es ist schwer nachvollziehbar, warum Stahlquerträger gestalterisch besser sein sollen als Betonquerträger, da sich kaum ein Werkstoff besser formen lässt als Beton. Werden alle sichtbaren Querträgerflächen in einem dichten Beton hoher Qualität ausgeführt, ist ein Verbundträgerrost einfacher zu bauen und wirtschaftlicher zu unterhalten als ein optimal beschichteter Stahlträgerrost. Zudem sind alle Zu-

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12 Trägerrost mit aufgelegten Plattenmodulen © Victor Schmitt

schlagsstoffe der Betonquerträger und Fertigteilplatten als einheimische Produkte gut überwachbar. Die Werksfertigung vieler gleicher Module ermöglicht darüber hinaus die Wahl der besten Betonrezeptur und, bei guter Überwachung, eine optimale Qualität. Bei der Errichtung von Verbundbrücken sollten die Beschichtungen der Außenflächen des Profilstahls minimiert und die Betonflächen des Trägerrostes in einem hochwertigen, dichten Beton ausgeführt werden. Dieses Ziel kann der Bauherr mit einer Entscheidung für einen Verbundträgerrost erreichen. Die Vorteile der Modulbauweise liegen in der extrem kurzen Herstellungzeit und in der Kostensicherheit. Mit solchen Modulen lässt sich ein Vorfertigungsgrad des (Überbau-)Rohbaus von 90 % erreichen, wenn die Fahrbahnplatte mit Vollsegmenten umgesetzt würde. 3 Verbunddübelleiste bei vorgefertigten Verbundträgern Mitte der 1980er Jahre wurde von Leonhardt und Andrä ein gelochtes Stahlblech entwickelt, das längs der Stahlträger mit zwei Kehlnähten aufgeschweißt wird [3]: die sogenannte Perfobond-Leiste, für die 1991 die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung erteilt wurde [4]. Sie kann auf Trägern aus Stahl in Längsrichtung in mehreren Reihen aufgeschweißt werden und fand bei zahlreichen Brücken im Ausland ihren Einsatz. Die Perfobond-Leiste hat ihren Hauptanwendungsbereich im Brückenbau. Der Stahlträger wird dabei so konzipiert, dass er das Betoniergewicht zu tragen vermag. Durch die Momentenbelastung in diesem Zustand ist ein entsprechend dicker Stahlobergurt notwendig, der im Endzustand aber meist nicht voll ausgelastet ist, weil die Betonplatte dessen Tragfunktion größtenteils übernimmt.

Parallel dazu wurden von Brendel in Zusammenarbeit mit der Firma KombiTragwerk diverse Trägersysteme mit Betondübeln entwickelt [5][6]. Für die sogenannte Kombi-Verdübelung wurde im Jahr 2000 die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung erteilt [7]. Während sich die Perfobond-Leiste für den Brückenbau geeignet ist, indem sie als Schubleiste auf die Träger geschweißt wird, bietet sich die Kombi-Verdübelung für Verbundträgersysteme im Hochbau an. Die übliche Praxis im Hochbau ist, die Betondecken vom unteren Geschoß durch Lehrgerüste durchzusteifen. Im Falle der Kombi-Träger müssen die Stahlträger daher weder ihr Eigen- noch das Betoniergewicht der Decke tragen, sondern werden nach dem Erhärten der Betonplatte unterstützt. Erst dann wird das Konstruktionseigengewicht auf die Verbundträger umgelagert. Dadurch kann der Stahlträger auch ohne Stahlobergurt ausgeführt werden, da durch den Eigengewichtsverbund die Druckkräfte von der Betonplatte übernommen werden. Die Perfobond-Leiste und die KombiVerdübelung werden als kontinuierliche Verbundmittel bezeichnet. Im Gegensatz zu den Kopfbolzen, die die Schubkraft über den Dübelfuß punktuell in den Beton einleiten, übertragen die Dübelleisten sie über eine Vielzahl von Löchern in der Stahlleiste in den Beton. Mit der Entwicklung der VFT-Bauweise wird bereits im Fertigteilwerk ein Eigengewichtsverbund hergestellt. Der Stahlträger wird also nicht mehr für die Lasten aus Ortbeton bemessen, sondern der Verbundträger nimmt selbige auf: Der erforderliche Stahlbedarf verringert sich deutlich. Der Obergurt, der beim VFTTräger nahe der Nulllinie des Querschnitts liegt, ist in seinen Abmessungen konstruktiv vorzusehen, weil er kaum Spannungen aus Biegung des Trägers erfährt.


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13 Ansicht der Brücke über die Salzach bei Mayereinöd © SSF Ingenieure AG

Bei VFT-Trägern ist es naheliegend, auf den Stahlobergurt mit seinen Kopfbolzendübeln zu verzichten und den Stahlsteg direkt in das Fertigteil einbinden zu lassen. Neben der Materialersparnis im Obergurt und bei den Kopfbolzendübeln entfällt so auch der Arbeitsaufwand für die beiden Halskehlnähte am Obergurt. Um Erfahrungen im Umgang mit Verbunddübelleisten im Brückenbau zu sammeln, wurden zwei Stahlprofile nebeneinander angeordnet. Der Querschnitt wurde erstmals bei der Brücke in Pöcking eingesetzt [8], wobei ein Walzträger mit mittiger Trennung gewählt wurde. Der Trennschnitt hat eine puzzleartige Form, die doppelt symmetrisch ist, um Materialverluste beim Durchtrennen zu vermeiden. Untersuchungen zur Tragfähigkeit der Verbunddübelleiste wurden an der Universität der Bundeswehr in München durchgeführt, die bereits umfangreiche Erfahrungen mit Betondübeln gesammelt hatte [9][10]. Jener erste Einsatz im Brückenbau war der Anstoß für die Weiterentwicklung der Verbunddübelleiste. Das heißt, unterschiedliche Ausformungen wurden untersucht, wobei doppelsymmetrische Schnittformen im Vordergrund standen. Werden diese neuartigen Verbundmittel jedoch nicht nur zum Anschluss von Betongurten verwendet, ergeben sich neue Tragsysteme. Bildet der Stahlträgersteg zum Beispiel direkt die Verbunddübelleiste, kann ein Stahlträgerobergurt entfallen, der bei der VFT-Bauweise [11] im Wesentlichen die Aufgabe hat, die Kopfbolzendübel aufzunehmen. Die ersten Brücken mit einem Stahlträger und Verbunddübeln im Fertigteil wurden in Österreich [12] für Straßenüberführungen über die Bahn erstellt. In letzter Zeit wurden auf Grundlage der intensiven Untersuchungen im Bereich der Ermüdung auch Brücken für die Bahn gebaut. Die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung von Verbunddübelleisten [13][14], die im Rahmen eines Forschungsvorhabens der Forschungsvereinigung der Stahlanwendung erarbeitet und durch das Deutsche Institut für Bautechnik 2013 für die An-

wendung zur Verfügung gestellt wurde, wird derzeit um fünf Jahre verlängert. Die Gesichtspunkte einer modularen Fertigung wurden seit der Entwicklung der VFT-Bauweise konsequent vertieft und dabei neue Systeme kreiert. Anwendungen im Brückenbau werden in [15] besprochen. Deren Hauptmerkmal ist das Prinzip der T-förmigen Stahlprofile, der sogenannten externen Bewehrung, die an der untersten Faser des Trägers ihre Tragfunktion haben. Durch die kompakten Stahleinheiten wird die Handhabung deutlich einfacher, weshalb meist zwei Hälften aus einem Walzträger im industriellen Verfahren hergestellt, also mittig in der Brennschneideanlage geschnitten werden. Eine Nachbearbeitung ist kaum notwendig, lediglich Träger in Durchlauf- und Rahmensystemen müssen im Werk mit Stirnplatten versehen werden. Wegen der kompakten Abmessungen der Stahlbauteile kamen bereits feuerverzinkte Stahlträger im Brückenbau zum Einsatz, wie zum Beispiel bei der Elsterbrücke Osendorf [16].

4 Konstruktionsbeispiele mit Verbunddübeln 4.1 Trogbrücke über die Salzach mit VFT-WIB-Platten Die Verbindungsstraße zwischen Zell am See und Kaprun wird bei Mayereinöd über die Salzach geführt. Die Salzach ist stark hochwassergefährdet und wird derzeit an größere Abflussmengen angepasst. Im Bereich der bestehenden Querung wird ein Bauwerk mit einer Spannweite von 50 m erforderlich (Bild 13). Der Abflussquerschnitt der Salzach ist nur mit einem obenliegenden Tragwerk zu gewährleisten, weil die Gradiente wegen der Anschlusspunkte nicht höher gelegt werden kann. Gewählt wurde ein Trogquerschnitt mit einer Fahrbahnplatte in Verbundbauweise (Bilder 14 und 15).

14 15 Querschnitte der Salzachquerung am Auflager und in Feldmitte © SSF Ingenieure AG

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16 Blick auf die Mayereinödbrücke: verschränkte Obergurte der Stahlhohlkästen © SSF Ingenieure AG

Die Obergurte der seitlich angeordneten Stahlhohlkästen werden geneigt ausgeführt, um ein Begehen der Obergurte auszuschließen. Der Obergurt ist in zwei dreiecksförmige Flächen aufgelöst: Die äußere hat eine Neigung von 50°, die innere zur Feldmitte hin eine Neigung von 25°. Es entsteht damit eine aufgelöste Ansichtsfläche, die den 2,50 m hohen Hauptträger weniger hoch im flachen Talboden der Salzach erscheinen lässt (Bild 16). Seitlich werden die großen Rohrleitungen angeordnet, die sich im Raum zwischen dem überstehenden Ober- und dem Untergurt befinden und durch ein Lochblech seitlich abgedeckt werden. Die Fahrbahnplatte besteht aus VFT-WIBPlatten und einer Ortbetonergänzung. Die Platte spannt über 8,35 m in Querrichtung und muss mit einer möglichst kleinen Konstruktionshöhe auskommen, um unter ihr noch eine Leitungsführung anordnen zu können. Die Fertigteile wurden als π-Platten mit externer Bewehrung entworfen und haben eine Konstruktionshöhe von 0,20 m, sind 2,30 m breit und 8,00 m lang bei einer Dicke der Fertigteilplatte von 10 cm (Bild 17). Mit einem Verlegegewicht von 8 t sind die Fertigteile mit einem leichten Mobilkran über der Salzach auf die bereits montierten Hauptträger zu verlegen.

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17 Querschnitt einer VFT-WIB-Platte © Günter Seidl

18 Stahlträger mit Verbunddübelleiste und fertigem Korrosionsschutz © NCA Container- und Anlagenbau GmbH

Nach dem Betonieren der 0,20 m dicken Ortbetonplatte werden die Ausbau- und Verkehrslasten im Verbund mit den VFTWIB-Platten in die Hauptträger abgeleitet. Die Stahlträger werden in der Halle des Stahlbaus mit der Kontur der Verbunddübelleiste geschnitten, mit Stirnplatten versehen und feuerverzinkt. Nach dem Sweepen des Trägers wird eine zusätzli-

che Schicht von 80µm Deckbeschichtung aufgebracht (Bild 18). So ist der Korrosionsschutz über die Standzeit der Brücke gewährleistet, und eine aufwendige Erneuerung der Beschichtung über der Salzach entfällt. Die Brücke befindet sich im Bau und wird im Herbst 2018 fertiggestellt sein.


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19 Längsschnitt der neuen Hubbrücke über die Martwa Wisła bei Danzig © Europrojekt Gdańsk S. A.

4.2 Brücke über die Martwa Wisła Śmiała mit VFT-WIB-Trägern und Verbunddübeln 4.2.1 Allgemeines Zur Halbinsel Sobieszewo führt derzeit eine bewegliche Pontonbrücke über die Martwa Wisła (deutsch: Tote Weichsel), die momentan eine nur sehr langsame Geschwindigkeit der Fahrzeuge zulässt. Zugleich sind die Unterbrechungen sehr lang, wenn die Pontons seitlich verschwenkt werden und ein Schiff passiert. Die neue Hubbrücke wird das bestehende Bauwerk ersetzen und befindet sich derzeit in Realisierung. Sie ist 173,00 m lang und geht über fünf Felder: Die Schifffahrtsöffnung wird mit 59,50 m + 2 x 6,75 m überspannt, die vier Randfelder mit je 25,00 m (Bild 19). 4.2.2 VFT-WIB Bauweise in den Randfeldern Die Randfelder werden in Fertigteilbauweise als Verbund ausgeführt. Dabei erfolgt die Herstellung der Träger nicht in voller Breite, sondern mit einer Lücke. Die Innenträger haben eine Obergurtbreite von 1,20 m, die Randträger eine Breite von 1,40 m. Die Zwischenräume werden durch Fertigteilplatten mit Abmessungen von 2,24 m x 1,12 m abgedeckt. Der Bauablauf sieht vor, die Träger auf die Pfeiler und Widerlager zu legen und die Rahmenecken und Querträger zu betonieren, um anschließend die Betonplatten zu verlegen und mit der Ortbetonplatte zu ergänzen (Bild 20). Die Besonderheit an den Vorlandfeldern ist die Ausführung der VFT-WIB-Träger: Die Stahlträger sind nur noch im Bereich der positiven Momente angeordnet (Bild 21, Schnitt A-A), während der Verbundträger im Stützbereich in einen reinen Betonquerschnitt übergeht (Bild 21, Schnitte C-C und D-D). Verbunddübel am oberen Stegende erzeugen dabei die Schubverbindung. Die Querkräfte,

20 Querschnitt der Brücke Sobieszewo © Europrojekt Gdańsk S. A.

21 Ansicht eines VFT-WIB-Trägers mit den zugehörigen Querschnitten © Europrojekt Gdańsk S. A.

die im Steg wirken, werden kontinuierlich im Übergangsbereich (Bild 21, Schnitt B-B) über den geneigten Stahlträgersteg mittels dort geführter Bügel in den Betonsteg eingetragen. So werden die im

Träger wirkenden Kräfte eindeutig den Materialien Beton und Stahl zugewiesen, und es entsteht ein kostengünstiges Resultat, das leicht und mit geringem Aufwand zu montieren ist.

22 Verlegen des zweiten Feldes mit Schwimmkran auf Ponton © Grzegorz Mehring/Łukasz Ogrodziński

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23 24 Schematische Darstellung der Verankerungskonstruktion mit Detail © Günter Seidl

4.2.3 Verankerung der Klappbrücke Die Klappbrücke überspannt eine Stützweite von insgesamt 59,50 m, der Kragarm davon die Hälfte und ist 29,75 m lang. Der Rückarm der Klappbrücke ist befahrbar, bewegt wird sie durch untenliegende Gegengewichte und eine Zughydraulik. Als Anschlag in geschlossener Stellung dient eine Lagerkonstruktion (Bild 23). Die abhebenden Kräfte im geschlossenen Zustand betragen ca. 4 MN je Trägerseite und werden über eine Zugkonstruktion in die Betonpfeiler zurückgehängt. Die Größe der Zugkraft lässt es nicht zu, die Krafteinleitung über Bewehrung abzudecken. Das Drucklager wird mittig zwischen zwei Zugverankerungen angeordnet, wobei jede Zugverankerung über drei doppelseitige Verbunddübelleisten die Kraft von ca. 1,00 MN in die Betonlisene einleitet (Bilder 23 und 24).

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26 Herstellung im Stahlwerk © Wojciech Lorenc

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Der Nachweis der Traglast und der Ermüdung wurde in Anlehnung an die in Deutschland eingeführte allgemeine bauaufsichtliche Zulassung von Verbunddübelleisten geführt [13]. Maßgebend sind in diesem Fall jedoch nicht die Verbunddübelleisten, sondern die Hauptzugspannungen im Ausrundungsbereich der Steifenbleche (Bild 25). Bild 26 zeigt einen Lagerpunkt mit je zwei Verankerungskonstruktionen. Sie wurden auf der Baustelle mit dem Schwimmkran positioniert, der nach dem Verlegen der VFT-WIB-Träger dafür direkt zur Verfügung stand. Autoren: Dr. Günter Seidl SSF Ingenieure AG, Berlin Dipl.-Ing. Victor Schmitt SSF Ingenieure AG, München

25 Finite-Elemente-Modell zur Berechnung der Verankerungskonstruktion © Wojciech Lorenc

27 Einbau der Verankerung in den Pfeiler der Klappbrücke © Wojciech Lorenc


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Literatur [1] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (Hrsg.): Verkehrsinvestitionsbericht für das Berichtsjahr 2015. Berlin, August 2017. [2] Bundesanstalt für Straßenwesen (Hrsg.): Brückenstatistik. https://www.bast.de/BASt_ 2017/DE/Statistik/Bruecken/Brueckenstatistik. pdf?_blob=publicationFile&v=8 [3] Leonhardt, F., Andrä, W., Andrä, H. P., Harre, W.: Neues, vorteilhaftes Verbundmittel für Stahlverbund-Tragwerke mit hoher Dauerfestigkeit; in: Beton- und Stahlbetonbau, H. 12, 1987, S. 325–331. [4] Deutsches Institut für Bautechnik: Zulassungsbescheid Z-26.1-23 »Perfobond-Leiste«. Berlin, 1991. [5] Deutsches Patentamt: Offenlegungsschrift DE3503410A1. München, 1985. [6] Deutsches Patentamt: Offenlegungsschrift DE3836592A1. München, 1989. [7] Deutsches Institut für Bautechnik: Zulassungsbescheid Z-26.4-39 »Kombi-Verdübelung«. Berlin, 2000. [8] Schmitt, V., Seidl, G., Hever, M., Zapfe, C.: Verbundbrücke Pöcking. Innovative VFT-Träger mit Betondübeln; in: Stahlbau, 73. Jg., H. 6, 2004, S. 387–393. [9] Wurzer, O.: Zur Tragfähigkeit von Betondübeln. Dissertation, Berichte aus dem konstruktiven Ingenieurbau, Universität der Bundeswehr. München, 1997.

[10] Zapfe, C.: Trag- und Verformungsverhalten von Verbundträgern mit Betondübeln zur Übertragung der Längsschubkräfte. Dissertation, Berichte aus dem konstruktiven Ingenieurbau, Universität der Bundeswehr. München, 2001. [11] Schmitt, V., Seidl, G.: Verbundfertigteil-Bauweise im Brückenbau; in: Stahlbau, 70 Jg. H. 8, 2001, S. 546–553. [12] Seidl, G., Braun, A.: VFT-WIB-Brücke bei Vigaun. Verbundbrücke mit externer Bewehrung; in: Stahlbau, 78 Jg., H. 2, 2009, S. 86–93. [13] Deutsches Institut für Bautechnik: Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung Z-26.4-56 »Verbunddübelleisten«. Berlin, 13. Mai 2013. [14] Gündel, M., Kopp, M., Feldmann, M., Gallwoszus, J., Hegger, J., Seidl, G.: Die Bemessung von Verbunddübelleisten nach neuer allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung; in: Stahlbau, 83 Jg., H. 2, 2014, S. 112–121. [15] Seidl, G., Stambuk, M., Lorenc, W., Kołakowski, T., Petzek, E.: Wirtschaftliche Verbundbauweisen im Brückenbau. Bauweisen mit Verbunddübelleisten; in: Stahlbau, 82 Jg., H. 7, 2013, S. 510–521. [16] Seidl, G., Danders, A., Gunkel, F., Rademacher, D., Pinger, T.: Elsterbrücke Osendorf – eine feuerverzinkte Verbundbrücke mit externer Bewehrung; in: Stahlbau, 86 Jg., H. 2, 2017, S. 175–182.

VTR-Bauweise zukunftsweisend weitergedacht

Beispiel einer VTR-Brücke über die Bahnstrecke Simeria - Vintu de Jos in Rumänien

ssf-ing.de

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SYMPOSIUM Talbrücke Rinsdorf an der Autobahn A 45

Pilotprojekt für ein neues Montageverfahren von Ralf Schubart

Die Talbrücke Rinsdorf, südöstlich von Siegen gelegen, ist Teil der sogenannten Sauerlandlinie, die eine wichtige Fernstraßenverbindung im deutschen Autobahnnetz darstellt. Da ihre Bestandsstruktur erhebliche Mängel aufweist, muss ein Ersatzneubau mit zwei getrennten Überbauten errichtet werden. Ein konventioneller Querverschub dieser Überbauten lässt sich aus verschiedenen Gründen nicht realisieren, weshalb eine innovative, in Deutschland bisher nicht durchgeführte Alternative entwickelt wurde: Querverschub zusammen mit den Pfeilern. Nachfolgend werden die gesamte Planung und vor allem auch die Besonderheiten der gewählten Lösung erläutert. 1 1 Einführung 1.1 Grundlagen In Nordrhein-Westfalen führt die Autobahn A 45 über insgesamt 31 Großbrücken, die in den 1960er Jahren entstanden sind, so auch die südöstlich von Siegen gelegene Talbrücke Rinsdorf. Die A 45, häufig als Sauerlandlinie bezeichnet, stellt eine wichtige Fernverkehrsverbindung im deutschen Autobahnnetz dar. Der Überbau der Talbrücke Rinsdorf mit einer Länge von ca. 486 m lagert auf Pfeilern, die bis 66 m hoch sind. Aufgrund der immer größer werdenden Bauwerkslasten aus dem Verkehr und eines schlechten Zustands der vorhandenen Tragstruktur wurde entschieden, die Brücke durch einen Neubau zu ersetzen.

1.2 Bestand Das im Jahr 1966 hergestellte Bauwerk wurde als neunfeldrige Spannbetonfertigteilbrücke konzipiert. Das Bauwerk ist in Längs- und Querrichtung vorgespannt und unterteilt sich in neun Einfeldüberbauten, die jeweils durch Raumfugen getrennt sind. Die Pfeiler und zugleich Auflagerachsen sind alle parallel zueinander angeordnet, somit ergibt sich an jeder Auflagerachse eine andere Schiefwinkligkeit. Die Einzelstützweiten des Bauwerks betragen 53,36 m, 7 x 54,11 m und

1 Bestehende Talbrücke Rinsdorf © Meyer + Schubart

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2 Ansicht des Stützenriegels © Meyer + Schubart

53,36 m. Die Gesamtstützweite ist demnach 485,49 m. Die Überbauhöhe beträgt im gesamten Bauwerksbereich konstant 3,60 m. Auf dem ca. 32 m breiten Überbau sind derzeit drei Fahrspuren in Richtung Frankfurt am Main und zwei Fahrstreifen plus Standstreifen in Richtung Dortmund angeordnet. Dazwischen befinden sich eine Mittelkappe zur Trennung der Richtungsfahrbahnen sowie beidseitig Randkappen mit Notgehwegen.


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1.3 Lage im Netz Die Brücke überquert das nordöstlich von Rinsdorf gelegene Tal. Im Tiefpunkt kreuzt die Brücke die Landstraße L 907 und den parallel dazu verlaufenden Heckenbach. Des Weiteren queren mehrere Feldwege die Strecke. Die Hänge des Tals weisen eine Neigung zwischen 10° und 25° auf. 2 Entwurf des Ersatzneubaus 2.1 Gemeinsame Planung mit Talbrücke Rälsbach Die Talbrücke Rinsdorf befindet sich in unmittelbarer Nähe der Talbrücke Rälsbach, die im Zuge des sechsstreifigen Ausbaus der A 45 ebenfalls einem Ersatzneubau weichen wird. Aufgrund des geringen Abstands zwischen den beiden Talbrücken werden sie zusammen erneuert, die bauzeitige Verkehrsführung und der Bauablauf wurden hierauf abgestimmt. 2.2 Tragkonstruktion Der Überbau wird als im Grundriss kreisförmig gekrümmter Durchlaufträger über sieben Felder mit Einzelstützweiten von 55,00 m, 2 x 70,00 m, 100,00 m, 2 x 70,00 m und 50,00 m ausgebildet. Die Gesamtstützweite beträgt somit L = 485,00 m. Im Bauwerksbereich wird die Streckenachse der A 45 in einem konstanten Radius von R = 1.001,70 m verlaufen. Die konstante Krümmung im Grundriss zusammen mit der konstanten Längsneigung der Gradiente ermöglicht ein Taktschieben des Überbaus. Unter

4 Ansicht © Meyer + Schubart

5 Draufsicht © Meyer + Schubart

3 Lageplan © Meyer + Schubart

Beachtung der statisch-konstruktiven und wirtschaftlichen Randbedingungen wird der neue Überbau als Verbundquerschnitt ausgeführt. Der trapezförmige, geschlossene Kastenträger hat am Obergurt eine Breite von 4,30 m und am Bodenblech eine von 5,80 m. Darüber spannt sich die längs und quer schlaff bewehrte Betonfahrbahnplatte. Zur Abstützung dieser weit auskragenden Betonfahrbahnplatte werden Stahldruckstreben als Rundrohre angeordnet, die oberhalb des Bodenblechs am Kastenträger angeschlossen sind. Unterhalb der Fahrbahnplatte ist am oberen Ende der Druckstrebe ein durchgehender, geschweißter Doppel-T-Träger vorgesehen. Die Druckstreben werden über

Stahlzugbänder an den Hauptträgerkasten anmontiert. Im Abstand von 5,00 m in der Autobahnachse wird der Kastenträger zur Erhaltung seiner Formtreue durch innen eingeschweißte Stahlquerrahmen ausgesteift, die Anordnung der Druckstreben erfolgt im gleichen Abstand. Im Stützbereich werden zusätzliche Querrahmen installiert. Die Endquerträger werden aus Stahl hergestellt und mit Beton ummantelt. Die Überbauten sind zwischen den Außenkanten der Kappen 18,72 m bzw. 19,87 m breit. Zusammen mit der 10 cm breiten Fuge in der Achse der Autobahn ergibt sich eine Gesamtbreite von 38,70 m, die Breite zwischen den Geländern beträgt 37,45 m.

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2.3 Besonderheiten des Querschnitts Jeder Überbau besteht aus einem einzelligen, oben schmaleren, trapezförmigen, stählernen, geschweißten Hohlkastenträger. Die schlaff bewehrte Betonplatte wird von außenliegenden stählernen Außendiagonalen, auf denen geschweißte Doppel-T-Träger liegen, unterstützt. Durch den geschlossenen und begehbaren Stahlhohlkasten wird eine Torsionstragwirkung bereits im Bauzustand erreicht. Die Höhe der Stahlhohlkästen beträgt in der jeweiligen Systemachse 4,00 m. Zur Aufrechterhaltung des Verkehrs während aller Bauphasen sind für die Richtungsfahrbahn (Rifa) Frankfurt ein Längs- und Querverschub sowie für die Rifa Dortmund ein Längsverschub erforderlich. Da die Untergurte von Verbundbrücken höhere Beanspruchungen erhalten als die Stahlobergurte, wird der Obergurt schmaler ausgeführt als der Untergurt. Dabei erlaubt die Konstruktion mit Außendiagonalen bei schmalem Obergurt eine breite auskragende Betonplatte zu beiden Seiten. Die Außendiagonalen werden dazu über ein Zugband mit dem Obergurt des Hohlkastens verbunden, so dass die Fahrbahnplatte über ein Fachwerk abgestützt wird. Der fachwerkartige Lastabtrag über Zug- und Druckbeanspruchung ermöglicht eine schlanke Bauweise der Unterstützungsstruktur und somit eine wirtschaftliche Querschnittsgestaltung.

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7 Regelquerschnitt im Stützbereich © Meyer + Schubart

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6 Regelquerschnitt in Fahrtrichtung Dortmund © Meyer + Schubart

3 Montageverfahren der Überbauten 3.1 Ursprüngliche Planung Die beiden Überbauten der Talbrücke Rinsdorf werden zunächst auf einem Vormontageplatz östlich der Trasse montiert und dann längs eingeschoben. Da als Erstes der nördliche Überbau hergestellt wird, waren für den Längsverschub zunächst Behelfspfeiler in nördlicher Seitenlage zum Bestandsbauwerk geplant. Nach dem Längsverschub des nördlichen Überbaus und der Verkehrsumlegung auf diesen Überbau wird das Bestandsbauwerk abgebrochen.

Anschließend werden die Unterbauten des südlichen Überbaus und des nördlichen Überbaus in der Endlage errichtet und der südliche Überbau längs eingeschoben. Nach Verkehrsumlegung auf den südlichen neuen Überbau erfolgen der Querverschub des nördlichen Überbaus in die Endlage und der Abbruch der Behelfspfeiler.


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3.2 Variante: Querverschub konventionell Für den Querverschub des nördlichen Überbaus wurde zunächst ein konventionelles Vorgehen von der Behelfslage über Querträger in die Endlage geplant. Zwei Punkte stellten sich dabei als besonders problematisch heraus: – Aufgrund der großen Höhe und des Verschubweges von 20,59 m wären sehr aufwendige Baubehelfe erforderlich. Als Querträger wären ein mehrstegiger Stahlträger mit einer Bauhöhe von ca. 3 m sowie zusätzlich Betonhilfsstützen notwendig. – Aufgrund der Krümmungen der Gradiente im Grundriss würden sich schiefe Verschubachsen ergeben. Damit war eine Anordnung der Verschubbahnen auf den Pfeilerköpfen praktisch unmöglich. Es wurde deshalb zunächst eine Lage der Verschubträger neben den Pfeilern geplant. Aufgrund der sehr hohen Kosten, der Sicherheitsrisiken und der großen Umweltbeeinträchtigung wurde dann eine Verschubvariante untersucht, bei der die Pfeiler mit verschoben werden.

8 Konventioneller Verschub: Querschnitt © Meyer + Schubart

3.3 Variante: Querverschub mit Pfeilern Bei jener Variante wird der nördliche Überbau gemeinsam mit Pfeilern und Fundamenten verschoben. Die Gründungsverhältnisse sind für eine solche Variante bei der Talbrücke Rinsdorf besonders günstig, da hier Fels sehr hoch ansteht. Diese Variante bietet zudem zahlreiche Vorteile:

– Entfall von Bau und Abbruch der Behelfspfeiler, – Installation der Verschubtechnik auf ebener Erde und nicht in 50 m Höhe, – unproblematischer Verschub schief zu den Pfeilerachsen, – Entfall der umfangreichen Baubehelfe des Verschubs auf den Pfeilern, wie zum Beispiel Querträger und Hilfsstützen, – als Folge auch eine große Zeitersparnis beim Verschub sowie – letztlich eine erhebliche Kosten ersparnis.

9 Konventioneller Verschub: Grundriss der Pfeilergeometrie © Meyer + Schubart

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10 Verschub mit Pfeilern: Ansicht der Pfeilerachse © Meyer + Schubart

Demgegenüber steht die Tatsache, dass ein solcher Verschub in Deutschland bisher nicht durchgeführt wurde und nur Erfahrungen aus dem Querverschub einzelner Pfeiler oder Widerlager bzw. von Betonrahmen vorliegen. Deshalb wurde auch eine international tätige Montagefirma beim Entwurf hinzugezogen. Der Querverschub mit Pfeilern wurde dann in Teilen vertieft geplant, und zwar unter fachlicher Begleitung durch einen Prüfingenieur. Aufgrund der Summe der Vorteile konnte der Bauherr durch die Entwurfsverfasser von dem Querverschub mit Pfeilern schließlich überzeugt werden. Ergebnis der vertieften Planung war unter anderem ein Lastenheft, das die Zielvorgaben für die Planung des Querverschubs definierte, also zum Beispiel wie viel eine beliebige Achse beim Verschub vorauseilen darf oder wie groß die zulässigen Pfeilerverkantungen beim Verschub sein können. Dieses Lastenheft wurde als Bestandteil der Ausschreibung beigelegt.

4 Projektstand im Mai 2018 Der Bauauftrag wurde an die Firmen Ed. Züblin AG und Zwickauer Sonderstahlbau GmbH erteilt. Derzeit werden bereits erste Gründungsarbeiten vorgenommen sowie die Ausführungsplanung erstellt. Der Querverschub mit Pfeilern wird voraussichtlich erst Ende 2020 oder Anfang 2021 erfolgen können, da zunächst beide neuen Überbauten realisiert werden müssen und der alte Überbau abzubrechen ist. Autor: Dipl.-Ing. Ralf Schubart Schweißfachingenieur, Beschichtungsinspektor Prüfer für bautechnische Nachweise im Eisenbahnbau Meyer + Schubart Partnerschaft Beratender Ingenieure VBI, Wunstorf

Literatur [1] Hanswille, G., Steffen, A.: Untersuchungen zur Ermüdungsfestigkeit der Anschlüsse der äußeren Diagonalen der Talbrücke Rinsdorf. Gutachten, Bochum, Mai 2017.

Bauherr Bundesrepublik Deutschland vertreten durch: Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen, Regionalniederlassung Südwestfalen, Projektgruppe A 45, Netphen Entwurfsverfasser Arbeitsgemeinschaft: Krebs + Kiefer Ingenieure GmbH, Darmstadt Meyer + Schubart, Partnerschaft Beratender Ingenieure VBI, Wunstorf Prüfingenieur Prof. Dr.-Ing. Gerhard Hanswille, Bochum Bauausführung Ed. Züblin AG, Direktion Brückenbau, Bad Hersfeld Zwickauer Sonderstahlbau GmbH, Zwickau

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SYMPOSIUM Autobahnbrücke über die Waal bei Ewijk

Fahrbahnertüchtigung mit hochfestem Beton von Gisbert Laurini

Die alte, östlich der neuen befindliche Querung der Waal bei Ewijk in den Niederlanden wurde 1971– 1976 errichtet und ist Teil der Autobahn A 50. Einen Überbau aus Stahlhohlkästen aufweisend, hat sie eine Länge von 1.055 m, verfügt über eine Hauptstützweite von 270 m und ist 36,40 m breit. Ihre Fahrbahnplatte aus Stahl liegt auf Längs- und Querträgern auf, die mit ihr verschweißt sind: Es handelt sich also um ein sogenanntes orthotropes Plattentragwerk. Aufgrund der erhöhten Verkehrsbelastung traten nun Ermüdungsrisse auf, die eine Ertüchtigung der Gesamtstruktur erforderlich machten. Eine in den Niederlanden schon mehrfach angewandte Methode ist die Verstärkung der Tragplatte durch eine Decklage aus bewehrtem hochfestem Beton. Dadurch werden die Spannungen in der Platte im Vergleich zu einer Asphaltschicht bis zu 80 % reduziert und derart die Lebensdauer des Bauwerks deutlich verlängert. Nachfolgend werden die Entwicklung des Sanierungssystems und dessen Ausführung beschrieben.

1 Alternativen zur Sanierung von orthotropen Platten © Dyckerhoff GmbH

2 Alte Schrägseilbrücke über die Waal bei Ewijk in den Niederlanden © Bert van Hoek

1 Vorgehen beim Einbau Für den Einbau der hier 8 cm dicken Lage aus hochfestem Beton entwickelte das Auftragnehmerkonsortium aus Strukton und Ballast Nedam einen speziellen Einbaufertiger, für dessen Einsatz hohe Anforderungen an die Gleichmäßigkeit des Betons zu erfüllen waren. Das heißt, dieser Einbauzug kann auf einer Breite von 12 m mit hoher Verdichtungsenergie eine sehr starke Verbindung zwischen Beton und Stahl herstellen. Mit einer Geschwindigkeit von 20 cm/min fahrend, erlaubte er, ca. 100 m Brückendecke an einem Tag auszuführen. Um nun die best-

mögliche Haftung mit der Stahlfahrbahnplatte zu erzielen, wurde eine Haftbrücke aus Bauxit und Epoxidharz aufgetragen und zudem sowohl konventionelle Stahlbewehrung angeordnet als auch 75 kg/m3 Stahlfaser zugegeben. Deren exakte Dosierung erfolgte mittels einer neuen, dazu extra errichteten Anlage bereits im Werk. Als zusätzliche Maßnahme zur Gewährleistung einer optimalen Konsistenz von Dyckerhoff Xposal 105 wurden die Mischfahrzeuge mit »Regenhauben« versehen, um das Eindringen von Regenwasser zu vermeiden.

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3 Spezieller Einbaufertiger beim Einsatz © Bert van Hoek

4 Einhausung zum Betonierung © Bert van Hoek

5 Stahlfaserdosierung im Werk © Bert van Hoek

6 7 Schichtenaufbau: Konzept und Schnitt © Dyckerhoff GmbH

Der gesamte Beton wurde von der Dyckerhoff-Basal-Fertigungsstätte in Arnheim angeliefert, was bedeutet, dass an genau 20 Betoniertagen inklusive zweier Nächte im Zeitraum von Juni bis Dezember 2016 ca. 2.400 m3 antransportiert und eingebracht wurden.

Die Zusammensetzung des hochfesten Betons hat Dyckerhoff-Basal zusammen mit dem Wilhelm-Dyckerhoff-Institut in Wiesbaden entwickelt, und zwar mit folgendem Resultat: Dyckerhoff Xposal 105 ist ein robuster hochfester Beton der Druckfestigkeitsklasse C 90/105 auf Basis

2 Entwicklung des Betons Ein Brückenbelag aus hochfestem Beton muss erheblichen Aufgaben gerecht werden, wobei Anforderungen insbesondere an Druckfestigkeit, E-Modul, Dauerhaftigkeit, Haftfestigkeit an der Fahrbahnplatte, autogenes Schwinden sowie an die Verarbeitungseigenschaften bestehen. Als Expositionsklasse für die Brücke bei Ewijk wurde XF 4 definiert, es galt also einen hohen Frost-Tausalz-Widerstand zu gewährleisten. Die von der Einbaumaschine verlangte Konsistenz lag zwischen F 3 und F 4, ein Ausbreitmaß von 450–500 mm beinhaltend. Die Dauer seiner Verarbeitbarkeit sollte zudem mehr als 2 h betragen.

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von Dyckerhoff Variodur 30, Normbezeichnung CEM II/B-S 52,5R. Bei Variodur handelt es sich wiederum um einen Premiumzement, der im Dyckerhoff-Werk Neuwied auf der Grundlage einer patentierten Technologie hergestellt wird.

Festigkeits- und Expositionsklasse

C90/105 und XF4

Fließmaß

F3 / F4: 450–500 mm

Verarbeitbarkeitszeit

≥2h

Luftgehalt

≤ 2,00 %

Dichte

≤ 2.500 kg/m3 (+/- 5 %)

Biegezugfestigkeit

10 MPa (+/- 25 %)

E-Modul

50.000 MPa (+/- 10 %)

Autogenes Schwinden

≤ 3,00 ‰

Frost-Tausalz-Widerstand

≤ 100 g/m2

Chloridmigration

≤ 2,00 x 10-12 m2/s

Grobe Gesteinskörnung 2/5

AKR-beständig

Stahlfasern (l= 12,50 mm, d = 0,40 mm)

≥ 75 kg/m³ (homogen verteilt)

8 Anforderungen an den Beton © Dyckerhoff GmbH


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9 Prinzip von Mikrodur © Dyckerhoff GmbH

3 Mikrodur-Technologie Durch eine qualitativ hochwertige Sichtertechnik, die mittels Luftstroms funktioniert, kann ein Zement auf Basis von Zementklinkern und Hochofenschlacke hergestellt werden, und zwar insbesondere im Hinblick auf eine granulometrisch optimale Zusammensetzung der Kugelpackung. Während ein Standard-CEM I 52,5R eine Partikelgröße von 30–40 μm hat, wird bei der Mikrodur-Technologie eine Partikelgröße von 6–20 μm verwendet. Dies führt zu einem Beton mit sehr dichter Matrix, geringem Wasserbedarf und einer hohen Säure-Sulfat-Beständigkeit sowie einem hohen Widerstand gegen das Eindringen von Chloriden, wobei hohe Endfestigkeiten systemimmanent sind.

10 11 Elektronenmikroskopaufnahme: Normal- und »Mikrodur«-Beton © Dyckerhoff GmbH

Neben dem bei der Waalquerung eingesetzten Dyckerhoff Variodur 30 sind auch Varianten wie Variodur 40 (CEM III/A 52,5R) und Variodur 50 (CEM III/A 52,5N) lieferbar, als Anwendungsbeispiele lassen sich hier vor allem Kühltürme von Kraftwerken, Abwasserrohre sowie Kläranlagen nennen.

Autor: Dipl.-Ing. Gisbert Laurini Dyckerhoff GmbH, Werk Neuwied

12 Waal-Querung nach Ertüchtigung © Bert van Hoek

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SYMPOSIUM Nutzungsänderung und Ertüchtigung des Brückenbauwerks

Pont Grande-Duchesse Charlotte in Luxemburg von Heiko Gesella, Thomas Stihl

In Luxemburg wird vor dem Hintergrund der fortgeführten Landesentwicklung die Verkehrsinfrastruktur in großem Umfang erneuert und erweitert. Dabei werden alle Verkehrsarten gleichermaßen projektiert, wobei in der Hauptstadt Luxemburg der Straßenbahnverkehr ca. 60 Jahre nach dessen Abschaffung wieder Einzug hält. Im ersten Ausbauabschnitt nimmt die Tramtrasse ihren Ausgangspunkt im Stadtteil Kirchberg und wird im Zuge des zweiten Ausbauabschnitts über das Alzette-Tal im Zuge des Boulevards John F. Kennedy in das Stadtzentrum bis zum Hauptbahnhof geführt, wobei das Alzette-Tal vom bestehenden Pont GrandeDuchesse Charlotte überbrückt wird. Nachstehend wird über die Nutzungsänderung und Ertüchtigung des Bauwerks mit neuesten Technologien inmitten des UnescoWeltkulturerbes berichtet. Die Umsetzung des Projektes hat im Juni 2015 begonnen, die Umbauund Verstärkungsarbeiten sind seit September 2017 abgeschlossen, derzeit wird der äußere Korrosionsschutz erneuert.

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1 Brückenbauwerk vor Projektumsetzung © SEH Engineering GmbH

1 Ausgangssituation 1.1 Historischer Hintergrund Das Großherzogtum Luxemburg wurde Anfang der 1950er Jahre im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl EGKS Standort mehrerer europäischer Institutionen. Deren Ansiedlung wurde dem Plateau de Kirchberg zugedacht und zu dessen Urbanisierung 1961 die Entwicklungsgesellschaft Fonds d’urbanisation et d’aménagement du Plateau de Kirchberg gegründet. Eines der ersten ausgeführten Projekte war die Erschließung des Gebietes mit der dazu notwendigen Brücke über das Alzette-Tal. Die Regierung Luxemburgs lobte im Jahr 1957 einen internationalen Realisierungswettbewerb zur Errichtung der nach der Großherzogin Charlotte benannten Brücke aus. Dabei musste das Alzette-Tal in ca. 75 m Höhe auf einer Länge von

520 m möglichst leicht, kühn und bestmöglich eingegliedert überbrückt werden. Es wurden insgesamt 68 Vorschläge von 37 Firmenkonsortien eingereicht, wobei der Entwurf »Sprengwerk« der Arbeitsgemeinschaft Rheinstahl Union Brückenbau A.G., Dortmund Socol, Brüssel und Jean Think, Differdange, als Wettbewerbssieger mit der Bauausführung beauftragt wurde. Der Beginn der Bauarbeiten erfolgte im April 1962, wobei der Entwurf modifiziert wurde, so dass die ursprünglich geplanten Seitenfelder auf der Seite des Kirchbergs entfallen konnten und die Bauwerkslänge auf 355 m verringert wurde. Die Montagearbeiten wurden im August 1965 abgeschlossen, und die feierliche Übergabe durch die Namensgeberin fand am 24. Oktober 1966 statt.


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2 Haupttragstruktur des Sprengwerkrahmens © TR-Engineering S. A.

1.2 Bestandsbauwerk Bei der Brücke handelt es sich ganz im Sinne der damals ausschreibenden Behörde – auch nach heutigen Maßstäben – um eine herausragende Konstruktion. Die Sprengwerksbrücke fügt sich harmonisch in das Alzette-Tal ein, welches in diesem Bereich Teil des Unesco-Weltkulturerbes ist. Zudem ist das Bauwerk fester Bestandteil des Stadtgesichtes geworden und vom Volksmund mit dem Namen »Rote Brücke« versehen worden. Bild 1 zeigt das Bauwerk vor Durchführung des vorliegend beschriebenen Projektes. Bild 2 veranschaulicht schematisch das Haupttragwerk in Form eines an den Fußpunkten frei drehbar gelagerten Sprengwerkrahmens, dessen Riegel über drei Felder als Durchlaufträger beiderseits bis zu den Widerlagern mit einer konstanten Längsneigung von 0,75 %, fallend in Richtung Kirchberg, geführt wird. Die Gesamtlänge des Überbaus beträgt 355 m, die sich auf die Feldweiten mit den Längen 95,42 m, 152,56 m und 107,02 m verteilt. Die lichte Weite zwischen den Fußpunkten der Schrägstützen ergibt sich zu 234,10 m, die maximale Höhe über dem Talgrund misst ca. 75 m.

Der Überbau hat eine Breite von 25,07 m und weist ein Dachprofil mit 1,50 % Quergefälle auf. Die Hauptträger bestehen aus zwei prismatischen Hohlkästen mit einer konstanten Breite von je 6,00 m bei einem Achsabstand von 12,00 m und einer gemeinsamen orthotropen Fahrbahnplatte als Obergurt. Die Bauhöhe variiert zwischen 2,30 m und 6,39 m und hat in Brückenmitte ein Maß von 2,80 m. Bild 3 veranschaulicht den Querschnitt der vormaligen Konfiguration und der zwischenzeitlich ausgeführten Situation. Beide Hohlkästen des Überbaus werden mit je zwei Schrägstützen zum Sprengwerk vervollständigt. Die Querschnitte der Schrägstützen sind quadratisch mit einer Seitenlänge von 2,00 m im Bereich des Fußpunkts. Das Schrägstützenpaar auf der Seite der Innenstadt hat eine Länge von 40,595 m und geht mit den Außenabmessungen von 6,09 m x 6,00 m in den Überbau über. Die Schrägstützen an der Talflanke des Kirchbergplateaus sind mit 38,705 m kürzer und münden in den Überbau mit den Abmessungen von 6,84 m x 6,00 m. Die längs- und querausgesteiften Bleche der Haupttragelemente weisen Wanddicken von 12 mm und 14 mm für die orthotrope Fahrbahnplatte, zwischen 10 mm und 14 mm für die Stege sowie zwischen 10 mm und 34 mm für die Gurte auf. Die Gesamttonnage der Stahlkonstruktion ohne Ausbau etc. beträgt 4.076 t.

Das Bauwerk ist durchgängig auf dem anstehenden Luxemburger Sandstein gegründet. Beide Kastenwiderlager wurden mit einer Flachgründung versehen, wobei Felsspalten und Risse verpresst bzw. mit Beton verfüllt wurden. Die aufwendigeren Gründungen der Schrägstützen wurden, angepasst an die jeweiligen Randbedingungen, gewählt. Auf der Seite Innenstadt wird der ca. 10 m mächtige Hangschutt durch drei Schrägpfähle je Stütze mit einem Durchmesser von 2,20 m durchstoßen. Die Gründung der Schrägstütze auf der gegenüberliegenden Seite konnte wiederum mit einer Flachgründung realisiert werden, wobei die Felsspalten und Risse wie bei den Widerlagern verpresst wurden.

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3 Querschnitt: Bestand und projektierte Lösung in Feldmitte des Sprengwerkriegels © TR-Engineering S. A.

1.3 Vorgaben Nutzungsänderung Im Zuge des derzeit in Bau befindlichen zweiten Abschnitts der zweigleisigen Tramtrasse wird der Verkehrsquerschnitt des Boulevard John F. Kennedy funktionell vom projektierten Querschnitt des Pont Grande-Duchesse Charlotte übernommen (Bild 3). Der vorhandene Verkehrsquerschnitt entsprach gemäß der damaligen Planung einem Autobahnquerschnitt mit 2 x 2 Fahrspuren und jeweils einem seitlichen Standstreifen. Infolge der baulich umgesetzten Nutzungsänderung ergibt sich für die neue Struktur eine Breite von 26,58 m zwischen den Handläufen der Geländer: – 2 x 2 Fahrspuren für Straßenverkehr à 3,00 m mit 0,40 m Randstreifen und dazwischenliegendem Mittelbankett mit einer Breite von 1,00 m, – zwei Tramgleise als »offene Fahrbahn« mit einem Gleisachsabstand von 3,30 m, – Ausbildung der Tramtrasse als Plattform mit alternativer Nutzung durch Rettungsfahrzeuge, – 2 Gehwege à ca. 3,70 m im Süden und 2,55 m im Norden, – Aufnahme zusätzlicher Medienleitungen, welche zum Teil mit dem Betrieb der Tram zusammenhängen.

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1.4 Voruntersuchungen Eine im Vorfeld durchgeführte Machbarkeitsstudie weist Tragreserven des Hauptsystems auf, die die Machbarkeit der projektierten Maßnahme belegt. Eine zudem erfolgte Brückeninspektion dokumentiert den sehr guten Zustand des Tragwerks. Es waren keine nennenswerten Schäden feststellbar, was auch eventuelle Ermüdungsschäden einschließt. Dieser Sachverhalt ist sehr bemerkenswert, da in der Vergangenheit bei Brücken der vorliegenden Bauart insbesondere im Bereich der orthotropen Fahrbahnplatte schwerwiegende Ermüdungsschäden aufgetreten sind, die in aller Regel einen Bauwerksersatz erforderlich machten. Die Schadensfreiheit ist hauptsächlich auf eine günstige Verkehrszusammensetzung zurückzuführen, die, entgegen der damaligen Planungsgrundlage, von wenig Schwerverkehr geprägt wird. Sie erreicht bei weitem nicht die Schädigungswirksamkeit des sonst landesweit vorherrschenden Autobahnverkehrs.

Allerdings zeigte diese Untersuchung auch die Notwendigkeit der Ertüchtigung bestimmter Tragwerksteile im Hinblick auf deren ausreichende Tragsicherheit, die Machbarkeitsstudie wies der Instandsetzung der orthotropen Platte zugleich aber höchste Priorität zu. In der Projektvorbereitungsphase wurde daher eine gezielte Recherche hinsichtlich möglicher Methoden der Verstärkung betrieben. Die Auswertung ergab, dass das sogenannte SPS-Overlay die hier am besten geeignete Lösung darstellt, was in die Ausschreibungs- sowie Ausführungsplanung eingeflossen ist und ausgeführt wurde. Die grundlegenden Entscheidungsgründe waren – Anwendungsreife, Referenzen, – Eigengewichtsneutralität bzw. mögli che Entlastung des Haupttragsystems, – Material- und konstruktionsgerechtes Design.


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4 Baustellenablauf und Verkehrsführung bei Anpassung der Fahrbahnplatte © Fonds d´urbanisation et d´aménagement du Plateau de Kirchberg

Arbeitsbereich

2 Tragwerksanpassung 2.1 Grundlegendes Die Gesamtmaßnahme hatte den vollständigen Erhalt des Bauwerks in Form seines gesamthaften Tragsystems und seiner äußeren Erscheinung zur Grundlage und zum Inhalt. Die nachfolgend beschriebene Planung und Ausführung der Maßnahmen gewährleisteten die sichere, dauerhafte und wirtschaftliche Umnutzung, wobei sich das entwickelte Konzept der Tragwerksanpassung und Ertüchtigung in der Konsequenz auf folgende Sachverhalte stützte: – Die zusätzlichen Eigengewichts- und Verkehrslasten werden vom bestehenden Haupttragsystem aufgenommen unter dessen uneingeschränkter Funktionalität. – Die geänderte Nutzung des Bauwerks muss auch mit den lokalen, gegebenenfalls ertüchtigten Tragstrukturen vereinbar sein. – Die ursprüngliche Fahrbahnplatte muss beibehalten werden, sie kann nicht ohne weiteres ausgetauscht werden. – Es ist die permanente Aufrechterhaltung von 2 x 2 Fahrspuren und eines Gehwegs während der gesamten Bauzeit zu gewährleisten. – Die konstruktiven Maßnahmen lassen sich in Gruppen entsprechend ihrer Logik und Ordnung aufgliedern, welche nachstehend dargelegt werden.

Begin

Ende Tage

Arbeitsbereich I

01.10.2015

03.02.2016

90

Arbeitsbereich II

04.02.2016

05.10.2016

175

Arbeitsbereich III

06.10.2016

03.02.2016

85

Arbeitsbereich IV

04.02.2017

30.06.2017

105

Fahrbahnumbau:

01.10.2015 30.06.2017 455

5 Terminplanung zur Anpassung der Fahrbahnplatte © SEH Engineering GmbH

2.2 Baustelle und Termine Ein besonderes Augenmerk war auf die Baustellenorganisation zu richten. Die Brücke ist zentraler Bestandteil der Erschließung der Stadt und auch des Europaviertels Kirchberg. Daher wurde zu jedem Zeitpunkt der gesamten Baumaßnahme der öffentliche Verkehr auf der Brücke mit 2 x 2 Fahrspuren sowie einem Gehweg aufrechterhalten, so dass insbesondere die vier Hauptphasen für den Umbau der orthotropen Fahrbahnplatte und der Anpassung des Verkehrsquerschnitts detailliert umzusetzen waren. Der generelle Bauablauf dieser Bauphase ist in Bild 4 zu sehen. Es stand für diese Vorgänge eine Bauzeit von 20 Monaten oder 455 Arbeitstagen vom 1. Oktober 2015 bis zum 30. Juni 2017 zur Verfügung, um die Tramplattform zur Montage der Schienen termingerecht bereitzustellen (Bild 5). Derzeit wird der äußere Korrosionsschutz erneuert, und zwar ebenfalls unter vollem Verkehr auf der Brücke.

2.3 Instandsetzungsmaßnahmen Der zuvor beschriebene gute Zustand der Brücke beschränkte den Umfang der in diesem Zusammenhang erforderlichen Maßnahmen: – Erneuerung bzw. Instandsetzung des Korrosionsschutzes innen und außen, – Erneuerung der Abdichtung und des Fahrbahnbelags, – Erneuerung und Anpassung der Fahrbahnübergänge, – Erneuerung der Lager über den Widerlagern. 2.4 Konstruktionsbedingte Maßnahmen 2.4.1 Einleitung Die konstruktionsbedingten Ertüchtigungsmaßnahmen waren auf den damaligen Stand der Technik und der damit zusammenhängenden normativen Grundlage durchzuführen. Bestimmte Sachverhalte waren noch nicht bekannt oder wurden bei der Auslegung unterschätzt, so dass einige Bauwerkselemente ertüchtigt werden mussten. Die realisierten Maßnahmen werden im Folgenden getrennt nach Bauteilfunktion beschrieben.

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SYMPOSIUM 2.4.2 Haupttragsystem Am Haupttragwerk wurden folgende konstruktionsbedingte Ertüchtigungsmaßnahmen durchgeführt: – Ergänzen von Schrauben im Bereich der Hauptträgerstöße aus Tragsicherheitsgründen. Die Auslegung der gleitfest vorgespannten Schraubverbindung (GV) erfolgte nach Kategorie B, was die Kraftübertragung im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit über Reibung und im Grenzzustand der Tragfähigkeit über Scher-Lochleibung bedeutet. – Es wurden Bindebleche zwischen den Winkelprofilen der Verbände in den Kästen ergänzt und ein Querverband vollständig ersetzt, um die Knicksicherheit auf ein ausreichendes Maß zu erhöhen. – Es wurden Beulfelder des Untergurts der Hauptträger sowie der Ober- und Untergurte der Schrägstützen mit zusätzlichen, kräftigen Längssteifen versehen, um das knickstabähnliche Verhalten zu unterbinden. – Alle acht (2 x 4) Rollenlager im Bereich der Widerlager wurden durch zeitgemäße Kalotten-Segment-Lager ersetzt. – Die Endquerschotte um einen steifen Verband zum gegenseitigen Verspannen der vertikalen Lagerreaktionen in Brückenquerrichtung durch einen Eigenkraftzustand ergänzt, um abhebenden Lagerkräften wirkungsvoll entgegentreten zu können. 2.4.3 Fahrbahnplatte Das Hauptaugenmerk galt der Ertüchtigung der orthotropen Fahrbahnplatte, deren Trag- und Ermüdungssicherheitsniveau auf ein ausreichendes Maß angehoben werden musste. In Bild 6 ist eine Übersicht der gesamten Fahrbahnbaustelle bei laufendem Verkehr dargestellt. Es wurde hier eine Technologie benötigt, welche das Tragwerk ergänzt und zudem so leicht ist, dass die Verstärkungen tragwerksverträglich und wirtschaftlich ausgeführt werden konnten. Das in den 1990er Jahren in Kanada entwickelte Sandwich-Plate-System (SPS) erfüllt diese Anforderungen: In der Bauweise »Overlay« wird die Oberseite einer orthotropen Stahlplatte mit einem im Abstand von 20–50 mm angeordneten zusätzlichen Deckblech von ca. 6–12 mm Dicke versehen und der Zwischenraum mit einem Polyurethan-Kunststoff verfüllt. Das Polyurethan polymerisiert nach dem flüssigen Injizieren der Komponenten zu einem massiven, soliden Kunst-

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6 Ertüchtigung der Fahrbahnplatte bei laufendem Verkehr © Fonds d´urbanisation et d´aménagement du Plateau de Kirchberg

stoffkern, welcher durch seine Haftungseigenschaften auf den umgebenden Stahlhäuten mit selbigen einen tragfähigen Sandwichquerschnitt bildet. Die Steiner’schen Anteile des Trägheitsmomentes des Deckbleches werden durch jene Technologie aktiviert: Sandwichmembrantheorie. Die Steifigkeit des Fahrbahnbleches wird dabei so weit erhöht, dass die Schweißnahtspannungen an den Längsrippen der orthotropen Platte um 60 % auf 40 % der nicht verstärkten Platte gesenkt werden. Somit war es möglich, auch das wichtige Tragwerksteil, die Fahrbahntafel des Pont Grand-Duchesse Charlotte, bauwerksverträglich für die neuen Bedingungen zu ertüchtigen. Mit SPS ließen sich die erforderlichen Tragreserven also aktivieren. Die dafür notwendige Technologie der Kunststoffinjektion des Polyurethan, welche als neue Baustellentechnologie bereitgestellt werden musste, ist in Bild 7 und Bild 8 dargestellt. Das Mehrgewicht von ca. 520 t SPS-Overlay (ca. 110 kg/m²) für den vierstreifigen Ausbau wurde durch den Ersatz der 5 cm Asphaltschicht durch einen 10 mm RHDBelag ausgeglichen. Das Gesamtgewicht von RHD-Belag und SPS-Overlay entspricht jenem des vor dem Umbau vorhandenen Asphalts. Die Beanspruchung des Tragwerks aus dem Fahrbahngewicht änderte sich daher nicht, was bedeutet, dass eine gewichtsneutrale und gleichzeitig höher tragfähige Fahrbahntafel eingesetzt wurde. Die beiden Fahrspuren, in denen die Gleise für die Tram verlegt wurden, erhielten keine SPS-Overlay-Verstärkung, da diese örtlich fest installiert wurden.

7 8 Einhausung der Fahrbahnplatte zur Kunststoffinjektion der SPS-Kavität © SEH Engineering GmbH


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9 Querschnitt des südlichen Gehwegs © TR-Engineering S. A.

2.5 Maßnahmen zur Nutzungsänderung 2.5.1 Einleitung Die Maßnahmen zur Nutzungsänderung gewährleisten das Überführen des vierstreifigen Straßenverkehrs und der zweigleisigen Tramtrasse bei gleichzeitiger Vergrößerung der Gehwege. Die Gehwegkonstruktion erlaubt zudem das Aufnehmen zusätzlicher Medienleitungen, wofür die Brücke selbst keine Möglichkeiten bietet. 2.5.2 Tramtrasse Die Tramtrasse wird durch die bestehende orthotrope Fahrbahnplatte aufgenommen, deren Anpassung im betreffenden Bereich entsprechend erfolgte. Die Tramschienen werden von geeigneten Schienenlagern aufgenommen, die mittels Aufschweißbolzen auf den ergänzten Breitflachstahllamellen mit t = 30 mm befestigt wurden. Die zusätzlichen Lamellen wurden mittig über zwei Längssteifen durch Kehlnähte mit dem Deckblech verbunden. Diese Konstruktion erlaubt das hälftige Verteilen der vertikalen Tramradlasten auf jeweils zwei Längssteifen.

Die Tramtrasse wurde durch eine zusätzliche Nutzungsebene auf dem Niveau der Gleisoberkante erweitert, welche die alternative Nutzung durch Rettungsfahrzeuge ermöglicht. Dazu wurden befahrbare Kautschukelemente integriert, wie sie unter anderem auch an Bahnübergängen verwendet werden. Die Elemente kommen im Schienenzwischenraum zu liegen und wurden in angemessener Weise fixiert. Die folgenden Eigenschaften sind dabei von großer Wichtigkeit: – eine für Straßenverkehr geeignete Oberfläche, also kein zusätzlicher Belag etc., – schnelle und bereichsweise Montierund Demontierbarkeit der Elemente, – zuverlässiges Abführen des Regenwassers durch »Kanäle« entlang dem Längs- und Quergefälle, – Wartungs- und Unterhaltungsfreundlichkeit, – große Robustheit, – Resistenz gegen chemische Belastung, – keine (ungewollte) Beteiligung am Lastabtrag der Brückenkonstruktion als Voraussetzung zur Demontierbarkeit.

2.5.3 Gehwege Die gesamte Gehwegstruktur inklusive der fortgeführten Querträger samt Randträger wurde vollständig zurückgebaut und durch eine innovative Neukonstruktion ersetzt. Dies war in der Hauptsache erforderlich, weil Medienleitungen die Brücke queren, welche unter den Gehwegblechen an den Kragarmen neben den Hauptträgerhohlkästen angeordnet werden mussten. Außerdem sollte ein zusätzlicher Radweg die Brücke überführen als Teil des neuen Verkehrskonzepts, welches den zunehmenden Radfahrerverkehr in Luxemburg berücksichtigt. Aus dem zusätzlichen Platzbedarf für den Radweg resultierte die Verbreiterung der Brücke um 1,84 m. Aufgrund der großen Durchmesser der rollengelagerten Medienrohre zur städtischen Energieversorgung sowie der Straßenbahn im Zusammenspiel mit den Zwängen der geometrischen Gehwegausbildung wurde wegen der Rippenhöhen keine orthotrope Platte eingesetzt. Die konstruktive Realisierung des gewählten Designs ist in Bild 9 und Bild 10 dargestellt.

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10 Einbau Medienrohre in den Gehweg © SEH Engineering GmbH

Bei solchen konstruktiven Randbedingungen bietet sich die Verwendung von isotropen Sandwich-Plate-Paneelen an, welche in der vorhandenen Stützweite, ohne Rippen gefertigt, mit einer Bauhöhe von lediglich 46 mm (SPS 8-30-8) auskommen. Die SPS-Paneele haben den zusätzlichen Vorzug, dass sie die bauphysikalischen Nachteile der reinen Stahlkonstruktion ausgleichen. Durch den integrierten Kunststoffkern werden gute Trittschallwerte und Isoliereigenschaften (Blitzeis) erreicht. SPS-Platten haben zudem dämpfende Eigenschaften, welche sich vorteilhaft auf das Schwingungsverhalten bei dynamischen Beanspruchungen des Tragwerks auswirken. 2.5.4 Gestaltungselemente Es wurde ein beschränkter Architektenwettbewerb ausgelobt zur Gestaltung der Geländer- und Absturzsicherungskonstruktion sowie zur Planung ästhetisch aufwertender Elemente, wie zum Beispiel einer Beleuchtung. Dabei lag das Hauptaugenmerk auf einem an das Brückenbauwerk angepassten Design der Absturzsicherung. Die Jury prämierte das Büro Ney & Partners, Brüssel, mit der Beauftragung der entsprechenden Planungsleistung. Der letztlich ausgeführte Geländerentwurf ist in Bild 11 dargestellt.

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11 Prämierter Entwurf der Absturzsicherung © Ney & Partners

2.5.5 Weitere Anpassungen Die Positionierung der Abläufe in Brückenquerrichtung wurde an die neue Verkehrsquerschnittsausbildung angepasst und die Anzahl der Abläufe deutlich erhöht, um dem sehr geringen Längsgefälle des Bauwerks von 0,75 % gerecht zu werden. Die Widerlager wurden baulich angepasst, um den verbreiterten Brückenquerschnitt mit veränderten Fahrbahnübergängen und den jeweils zu ergänzenden Endquerverband zwischen den Hohlzellen aufzunehmen. Des Weiteren wurden zusätzliche Schachtbauwerke hergestellt, die als Ziehschächte für die neuen Medienleitungen dienen.

3 Tragverhalten und Modellbildung 3.1 Getrennte Berechnungsmodelle Das Tragverhalten der Haupttragelemente ist äußerst komplex. Entsprechend den Tragmechanismen wurden gezielt getrennte Berechnungsmodelle aufgestellt, die das jeweilige Verhalten der Tragstruktur zutreffend und nachvollziehbar zu diesem Zweck beschreiben. Im Folgenden werden das Tragverhalten und die zugehörige Modellbildung kurz angerissen, die Ausführungen in [1] geben einen vertieften Überblick.


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12 Stabmodell des Haupttragsystems © TR-Engineering S.A.

3.2 Haupttragsystem Beim Überbau liegen zwei Hohlkästen vor, welche über die Querträger der orthotropen Fahrbahnplatte miteinander verbunden sind, so dass die Querverteilung der Lasten zwischen den Hauptträgern von den Steifigkeitsverhältnissen der beteiligten Tragelemente abhängt. Hier wird das Spiel der Kräfte neben den Biegesteifigkeiten der Haupt- und Querträger in erheblichem Maß auch durch die Torsionssteifigkeit der Hohlkästen und deren torsionskrafteinleitenden Querrahmen und -verbände beeinflusst. Unter diesen Gegebenheiten ist eine genaue Modellierung des Haupttragwerks bei zutreffender Interaktion der Längsund Quertragwirkung unter Berücksichtigung der zusätzlichen Freiheitsgrade der Konturverformungen erforderlich. Bild 12 zeigt die schematische Modellbildung. Die Güte des Berechnungsmodells wurde anhand eines Belastungsversuchs aus

13 Vergleich rechnerischer und gemessener Durchbiegungen des Haupttragwerks infolge Probebelastung © TR-Engineering S.A.

dem Jahr 1965 verifiziert. Bild 13 zeigt eine beispielhafte Gegenüberstellung der Ergebnisse für eine in Brückenquerrichtung einseitige Laststellung. Die mit dem Haupttragmodell ermittelte Querverteilungsfunktion wurde herangezogen, um die vielfältigen Situationen im Zuge des Bauablaufs unter vollem Verkehr zielführend mit Hilfe eines Lastvergleichs nachzuweisen (0,60-0,40-Verteilung). 3.3 Fahrbahnplatte Zur Berechnung orthotroper Fahrbahnplatten, bestehend aus den Bauteilen Deckblech, Längssteifen und Querträger, liegen gängige Berechnungsmethoden vor. Vorliegend wurde die orthotrope Platte allerdings um die Sandwichstruktur des SPS-Overlays zu einem effektiveren Tragsystem ergänzt, was bei der rechnerischen Nachweisführung Berücksichtigung finden musste.

Dazu wurde ein parametrisiertes FiniteElemente-Modell auf der Basis von Stäben, ebenen Platten- und Scheibensowie Volumenelementen erstellt, um das Kraft-Verformungs-Verhalten zutreffend zu simulieren, vergleiche Bild 14 und Bild 15. Die Parametrisierung erfolgte hinsichtlich Geometrie und Materialverteilung, so dass die Untersuchung der sechs repräsentativen Konfigurationen der Fahrbahnplatte mit einem Modell möglich war. Bei der Berechnung der Fahrbahnplatte wurde die Temperaturabhängigkeit der Materialparameter des Polyurethans durch eine Grenzwertbetrachtung berücksichtigt.

14 15 Parametrisiertes Finite-Elemente-Modell: Unter- und Draufsicht © TR-Engineering S.A.

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4 Nachweise Die gesamte statische Berechnung wurde auf Grundlage der DIN-Fachberichte aus dem Jahr 2009 erbracht, die Eurocodes waren zum damaligen Zeitpunkt noch nicht eingeführt. Detaillierte Angaben zur Nachweisführung können [1] entnommen werden. Nachstehend wird kurz auf die Nachweise im Grenzzustand der Ermüdung eingegangen. Es wurden für die jeweiligen Kerbdetails vollständige Spannungsüberfahrverläufe für das Lastmodell 4 des Eurocodes sowie für den zweigleisigen Tramverkehr berechnet und nach der Reservoir-Methode schädigungswirksam ausgewertet. Die Schadensakkumulation erfolgte nach Palmgren-Miner, so dass trotz beizubehaltender kritischer Schweißdetails, unter anderem des Kerbfalls 36*, eine ausreichende Ermüdungssicherheit für die nächsten 50 Jahre Nutzungsdauer nachgewiesen werden konnte.

5 Resümee Die Umnutzung, Verstärkung und die Verbreiterung des Pont Grande-Duchesse Charlotte wurden unter anderem durch den Einsatz der innovativen Technologien des SPS-Systems wirtschaftlich, technisch und organisatorisch durchführbar. Durch den Umbau kann die Brücke aus dem Jahr 1965 mit neuen Funktionen dauerhaft genutzt werden. Die vorhandene Tragstruktur der Brücke blieb vollumfänglich erhalten und wird durch neue Technologien ergänzt, so dass auch die äußere Erscheinung bewahrt werden konnte. Während aller Etappen der Bauarbeiten war die Überführung des Straßen-, Personen- und Radverkehrs gewährleistet. Der Umbau des Pont Grande-Duchesse Charlotte ist ein weiterer außergewöhnlicher Beleg für explizite Nachhaltigkeit von Stahlbrückenbauwerken im Hinblick auf eine möglichst langjährige Nutzung auch unter veränderten Randbedingungen. Autoren: Dr.-Ing. Heiko Gesella Schroeder & Associés, Luxemburg Dipl.-Ing. Thomas Stihl SEH Engineering GmbH, Hannover

Literatur [1] Gesella, H., Schwarz, W., Didier, G.: Planung und Ausschreibung der Ertüchtigung der Brücke Grande-Duchesse Charlotte in Luxemburg; in: Stahlbau, H. 4, 2016. [2] Stihl, T., Geßler, A., Feldmann, M., Kennedy, S. J.: Sanierung von Brückenfahrbahnen und Gehwegen mit Stahl-Kunststoff-Verbundbauteilen; in: Stahlbau, H. 10, 2014.

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Auftraggeber Fonds d’urbanisation et d´aménagement du Plateau de Kirchberg, Luxemburg, vertreten durch: Administration des Ponts et Chaussées, Division des Ouvrages d’Art, Luxemburg Entwurfs- und Ausführungsplanung TR-Engineering S. A., Luxemburg Bauüberwachung Schroeder & Associés, Luxemburg Prüfbüro Seco-Group, Brüssel, Belgien Planung Geländer und Beleuchtung Ney & Partners, Brüssel, Belgien Generalunternehmer Arbeitsgemeinschaft Tralux Construction, Bettenbourg, Luxemburg SEH Engineering GmbH, Hannover Stahlbau und SPS-Technologie SEH Engineering GmbH, Hannover Intelligent Engineering (UK) Ltd, Gerrards Cross, Großbritannien Straßenbau und Brückenausrüstung Tralux Construction, Bettembourg, Luxemburg Detailengineering und Ausbaudesign SEH Engineering GmbH, Hannover Korrosionsschutz Hans Tiefenbach GmbH, Duisburg Surface Protection GmbH, Hannover


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Pont Grande Duchesse Charlotte, Luxemburg

© Fonds Kirchberg Luxemburg

www.seh-engineering.de 3 . 2018 | BRÜCKENBAU

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SYMPOSIUM Grundlagen, Praxiserfahrungen und aktuelle Projekte

Brückenbau mit feuerverzinktem Stahl von Dietmar Hildebrandt

Innovationen im Brückenbau sind derzeit nicht selten mit dem Korrosionsschutz durch Feuerverzinken verbunden. Umfassende wissenschaftliche Untersuchungen haben die Voraussetzung für den Einsatz der Feuerverzinkung an dynamisch belasteten Stahlbauteilen möglich gemacht. Aktuelle Stahverbundbrückenprojekte in klassischer und in Verbunddübelbauweise sowie Fahrbahnübergänge, bei denen die Feuerverzinkung Verwendung gefunden hat, zeigen das hohe Praxisinteresse von Behörden und Brückenbauingenieuren an dauerhafteren Korrosionsschutzlösungen. 1 Stahl- und -verbundbrücken Stahl- und Verbundbrücken für Verkehrszwecke wurden in Deutschland bisher zumeist durch Beschichten vor Korrosion geschützt, obwohl dieses nur eine Schutzdauer von rund 25 Jahren bietet. Die um ein Vielfaches dauerhaftere Feuerverzinkung kam bisher selten zum Einsatz, da ihr Einfluss auf die Ermüdungsfestigkeit von zyklisch belasteten Bauteilen nicht ausreichend erforscht war. Wissenschaftliche Untersuchungen beweisen nun, dass eine Feuerverzinkung auch für dynamisch belastete Bauwerke wie Straßenbrücken geeignet ist. Hierdurch wurde der Weg für das Feuerverzinken als Korrosionsschutz an Stahl- und Stahlverbundbrücken frei gemacht.

Da Stahl- und Stahlverbundbrücken zyklischen Belastungen ausgesetzt sind, ist ein Nachweis gegen Werkstoffermüdung gemäß DIN EN 1993-2 und DIN EN 1994-2 erforderlich. Feuerverzinkte Bauteile sind bislang nicht in der Bemessungsnorm erfasst. Um die grundsätzliche Eignung der Feuerverzinkung für zyklisch belastete Brückenbauteile zu erbringen, wurden im Rahmen des sogenannten FOSTAForschungsprojektes P 835 Versuche zur Ermüdungsfestigkeit an für den Brückenbau typischen Details (Kerbfällen) durchgeführt (Bild 2).

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1 Erste feuerverzinkte Stahlverbundbrücke in Deutschland © Institut Feuerverzinken GmbH

Die an dem Forschungsprojekt beteiligten Wissenschaftler der Technischen Universität Dortmund, der Materialprüfanstalt Darmstadt und des Instituts für Korrosionsschutz Dresden kamen zu dem Ergebnis, dass die Feuerverzinkung für den Einsatz an zyklisch belasteten Brückenbauteilen geeignet ist, wenn bestimmte Konstruktions- und Ausführungsaspekte berücksichtigt werden. Diese sind in einer von den Wissenschaftlern erstellten Arbeitshilfe dargestellt.

2 Untersuchungsgegenstand des Forschungsprojektes © Institut Feuerverzinken GmbH


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2 Schutz für 100 Jahre Für Brückenbauwerke wird in der Regel eine Lebensdauer von mindestens 100 Jahren gefordert. Werden Stahl- und Verbundbrücken durch Beschichten vor Korrosion geschützt, dann ist die Beschichtung erfahrungsgemäß nach rund 25–30 Jahren zu erneuern. Bezogen auf 100 Jahre sind neben einer Erstbeschichtung in der Regel drei oder mehr Erneuerungsbeschichtungen erforderlich, die nicht nur Kosten, sondern zumeist auch erhebliche Verkehrsstörungen verursachen. Im Rahmen des FOSTA-Forschungsprojektes wurde auch der Nachweis erbracht, dass eine Feuerverzinkung bei Zinküberzugsdicken von mindestens 200 µm eine Korrosionsschutzdauer von 100 Jahren erreicht. [1] Instandhaltungsarbeiten an der Feuerverzinkung fallen somit während der gesamten Nutzungsdauer nicht an.

3 Faktor: Kosten Eine Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) aus dem Jahr 2015 kommt zu dem Ergebnis, dass feuerverzinkte Brücken deutlich wirtschaftlicher sind als beschichtete. Das Forschungsprojekt der BASt hat eine feuerverzinkte mit einer beschichteten Stahlverbundbrücke unter anderem unter Kostengesichtspunkten verglichen. [2] Um möglichst allgemeingültige Aussagen zu erreichen, wurde eine typische Verbundbrücke in Integralbauweise mit einer Spannweite von 45 m betrachtet. Für die Brücken der Studie wurde die übliche Nutzungsdauer von 100 Jahren zugrunde gelegt. Da der Korrosionsschutz von beschichteten Brücken nicht die vorgegebene Nutzungsdauer von 100 Jahren ohne Instandhaltungsmaßnahmen erreichen kann, wurde für diese Brücke von Kompletterneuerungen der Korrosionsschutzbeschichtung im Jahr 33 und Jahr 66 des Lebenszyklus ausgegangen, was der üblichen Instandhaltungsstrategie für beschichtete Brücken entspricht. Bei der feuerverzinkten Brücke fallen keine Unterhaltungsmaßnahmen des Korrosionsschutzes während des 100-jährigen Lebenszyklus an, da die Feuerverzinkung ohne Wartung eine Schutzdauer von 100 Jahren erreicht.

Die mit dem BASt-Projekt beauftragten Wissenschaftler der Universität Stuttgart und des Karlsruher Instituts für Technologie kamen zu dem Ergebnis, dass die feuerverzinkte Brücke in allen Kostenkategorien deutlich bessere Ergebnisse erzielt. Bei den Erstkosten, das heißt den gesamten Erstellungskosten des Bauwerkes, war die feuerverzinkte Brücke ca. 0,50 % günstiger. Im Hinblick auf die gesamten Lebenszykluskosten, die sämtliche Kosten von der Erstellung über die Wartung und Instandhaltung bis zum Rückbau betrachtet, war die feuerverzinkte Brücke ca. 10 % günstiger. Zusätzlich zu den vorgenannten Kostenkategorien wurden die sogenannten externen Kosten ermittelt, die durch Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten entstehen. Durch Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten an Brücken kommt es zumeist zu einer Behinderung von Verkehrsteilnehmern, die sich in verlängerten Fahrzeiten sowie erhöhten Kraftstoffverbräuchen, erhöhtem Fahrzeugverschleiß durch Stop-and-go-Fahrweise und erhöhter Luftverschmutzung ausdrückt. Dies lässt sich als sogenannte »externe Kosten« beziffern: Sie liegen bei der feuerverzinkten Brücke ca. 20 % niedriger als bei der beschichteten. Zwar entstehen an der verzinkten Brücke ebenfalls externe Kosten, diese werden jedoch nicht durch Korrosionsschutzarbeiten, sondern durch andere Instandhaltungsmaßnahmen wie Betonbauarbeiten verursacht. Die BASt-Studie belegt eindrucksvoll die wirtschaftliche Überlegenheit der feuerverzinkten Brücke. Zwar sind die Ergebnisse des Forschungsprojektes nicht pauschal auf alle Brückenbauwerke übertragbar, doch zeigen insbesondere die im zweistelligen Bereich liegenden Unterschiede bei den Lebenszykluskosten und den externen Kosten, dass eine Umkehrung der Ergebnisse zugunsten der Beschichtung weder plausibel noch wahrscheinlich ist.

3 Lebenszykluskosten im Vergleich © Institut Feuerverzinken GmbH

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SYMPOSIUM

4 Lydlinch-Brücke im britischen Dorset-District © Ian Johal

4 Praxiserfahrungen seit 1942 Auch wenn gerade erst aktuelle Forschungsergebnisse eine breite Anwendung der Feuerverzinkung im Straßenbrückenbau möglich machen, gibt es weltweit bereits sehr positive Langzeiterfahrungen mit existierenden feuerverzinkten Stahlbrücken. Hierzu zählen beispielsweise die – 1942 erbaute Lydlinch-Brücke im britischen Dorset-District, – 1964 erbaute Shin-Nukui-Brücke in Japan, – Ölbrücke im niedersächsischen Hademstorf aus dem Jahr 1977, – Höllmecke-Brücke bei Werdohl aus dem Jahr 1987, – Nete-Kanal-Stahlverbundbrücke im belgischen Lier von 1993. Die Feuerverzinkung dieser bis zu 75 Jahre alten Brückenbauwerke wurde innerhalb der letzten fünf Jahre vor Ort inspiziert [3], wobei sie sich in einem korrosionsfreien Zustand zeigten.

6 Ölbrücke im niedersächsischen Hademstorf © Institut Feuerverzinken GmbH

Schichtdickenmessungen an den tragenden Stahlbauteilen ergaben Restzinkschichten ≥ 100–500 µm, die einen weiteren Korrosionsschutz für viele Jahrzehnte

7 Höllmecke-Brücke bei Werdohl © Institut Feuerverzinken GmbH

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5 Shin-Nukui-Brücke in Japan © Japan Galvanizers Association

garantieren. Die Praxisbeispiele belegen, dass eine Feuerverzinkung im Brückenbau dauerhaft und zuverlässig schützt.

8 Brücke über den Nete-Kanal im belgischen Lier © Institut Feuerverzinken GmbH


SYMPOSIUM

9 10 Überführung in Stahlverbundbauweise © Institut Feuerverzinken GmbH

5 Pilotprojekte in Deutschland 5.1 A-44-Überführungsbauwerk 5.1.1 Stahlverbundbrücke Im Herbst 2016 wurde Deutschlands erste feuerverzinkte Stahlverbundbrücke fertiggestellt. In das Projekt sind die Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchungen eingeflossen, wobei es ein Ziel war, die im Forschungsvorhaben gewonnenen Erkenntnisse möglichst schnell in die Praxis zu überführen und zu erproben. Bei der Auswahl eines geeigneten Pilotprojektes fiel die Entscheidung auf ein Überführungsbauwerk bei Bischhausen, das die neu herzustellende Autobahn A 44 Kassel–Herleshausen kreuzt. [4]

5.1.2 Bauwerksentwurf Die lichte Weite der Brücke beträgt am Fußpunkt der Widerlager 38,60 m und am Widerlagerkopf 35,64 m. Das Bauwerk wurde für zivile Verkehrslasten nach DIN EN 1991-2 bemessen. Für die Ermüdungsnachweise wurde die Verkehrskategorie 4 (örtliche Straßen mit geringem Lkw-Anteil) berücksichtigt. Die Brücke wurde als integrales Einfeldbauwerk mit einer Stützweite von 40,00 m ausgeführt. Der Überbau ist als Stahlverbundtragwerk mit einer parabolisch veränderlichen Konstruktionshöhe konzipiert.

Die beiden Hauptträger des zweistegigen Plattenbalkenquerschnittes wurden als geschweißter Stahlträger mit aufbetoniertem Halbfertigteil ausgebildet. Die Stahlträger wurden hierbei jeweils als I-Träger aus Stahl der Festigkeitsklasse S 355 hergestellt, während für die Stahlbetonbauteile des Überbaus Beton der Festigkeitsklasse C35/45 und Betonstahl der Sorte B 500B gewählt wurde. Die Fahrbahnplatte erhielt eine Gesamtdicke von 37 cm, wobei 12 cm auf die aufbetonierten Halbfertigteile und 25 cm auf die

Ortbetonergänzung entfallen. Die Stahlbetonbauteile des Überbaus wurden in Längs- und Querrichtung schlaff bewehrt, Vorspannung war nicht notwendig.

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SYMPOSIUM 5.1.3 Korrosionsschutz und Herstellung Die ca. 36 m langen Stahlträger wurden aufgrund verfahrenstechnischer Restriktionen beim Feuerverzinken (Zinkbadgrößen) in je drei Teilstücke segmentiert. Um die Begutachtung bzw. eventuell erforderliche Nachbesserungen im Bereich der Stöße leichter möglich zu machen, wurden die Längen der Teilstücke so gewählt, dass die Stoßbereiche über den Standstreifen der Autobahn liegen. Der Zusammenbau erfolgte auf der Baustelle vor dem Einheben. Durch Schweißen wurden die Stahlträgerteilstücke zu jeweils 35,64 m langen Hauptträgern gefügt. Mittels thermischen Spritzverzinkens wurde im Bereich der Schweißnahtverbindungen der Korrosionsschutz hergestellt. Die fertig zusammengeschweißten Längsträger wurden bauseitig parallel zueinander eingeschalt, bewehrt und zum Halbfertigteil teilbetoniert und danach mit Autokränen eingehoben. Erforderliche Ausbesserungen des Korrosionsschutzes der Stahlträger im Bereich von Auflagerungen, Montageverbänden und Beschädigungen erfolgten ebenfalls durch thermisches Spritzverzinken. Mit der erfolgreichen Anwendung der Feuerverzinkung im Rahmen dieses Pilotprojektes und weiterer im Bau befindlicher Projekte steht mittelfristig die Berücksichtigung in künftigen Fassungen der Regelwerke in Aussicht. Derzeit ist für feuerverzinkte Brückenbauten in der Hoheit von Bund und Ländern noch eine Zustimmung im Einzelfall (ZiE) erforderlich.

5.2 Verbunddübelbauweise 5.2.1 Konstruktionsprinzip Als noch junges Konstruktionsprinzip haben sich Verbunddübelleisten im Brückenbau innerhalb weniger Jahre etabliert. Mit der Elsterbrücke in HalleOsendorf wurde erstmals eine Brücke in feuerverzinkter Verbunddübelbauweise realisiert. Verbunddübelkonstruktionen sind eine spezielle Art der Verbundfertigteilbauweise, bei der mit Verbunddübeln versehene Walzträger als »externe« Bewehrung im Querschnitt eines Stahl-BetonVerbundträgers verwendet werden. Die Verbunddübel (Bild 11) werden hierzu in den Steg des Walzträgers geschnitten. Besonders materialeffizient ist die Verbunddübelbauweise, wenn halbierte Walzträger »verschnittfrei« verwendet werden können. Verbunddübelkonstruktionen zeichnen sich nicht nur durch eine sehr wirtschaftliche Stahlverwendung aus, sie werden auch eingesetzt, weil sie eine sehr schlanke Bauweise aufgrund relativ geringer Konstruktionshöhen ermöglichen.

5.2.2 Praxisnahe Forschung Ergänzend zum FOSTA-Forschungsprojekt P 835 wurde das Vorhaben P 1042 initiiert, um im Hinblick auf die Ermüdungsfestigkeit feuerverzinkter Verbunddübelleisten wichtige neue Erkenntnisse für die Praxis zu gewinnen. Die beiden FOSTAProjekte schaffen die Basis für den Einsatz von feuerverzinkten Verbunddübelleisten im Brückenbau.

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12 Elsterbrücke in Halle mit Verbunddübelleisten © Institut Feuerverzinken GmbH

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11 Feuerverzinkter Walzträger mit Verbunddübelleiste © Institut Feuerverzinken GmbH

5.2.3 Projekt: Elsterbrücke Da eine wirtschaftliche Sanierung der im Jahr 1950 errichteten dreifeldrigen Elsterbrücke in Halle-Osendorf aufgrund von Hochwasserschäden nicht möglich war, veranlasste die Stadt Halle einen Neubau als einfeldrige Rahmenbrücke in VFTWIB-Bauweise: Verbundfertigteilbauweise mit Walzträgern in Beton. Mit der Konzeption und Ausführungsplanung wurde die SSF Ingenieure AG beauftragt, die seit Jahren wissenschaftliche Untersuchungen zur Anwendung der Verbunddübelleiste begleitet. [5] Die Stützweite der neuen Elsterbrücke beträgt 21 m. Die schlanke Konstruktion hat in der Brückenmitte eine Höhe von 0,70 m und an den Widerlagern eine von 1,40 m. Zur Herstellung der externen Bewehrung wurden HD 320 x 300-Profile der Stahlsorte S355ML mit 20,38 m Länge verwendet und per Brennschnitt halbiert. Aufgrund von Größen- bzw. Gewichtsbeschränkungen erfolgte eine Teilung der ca. 20 m langen Bauteile.

13 Flansch des Walzträgers © Institut Feuerverzinken GmbH


SYMPOSIUM 5.2.4 Feuerverzinken der Bewehrung Die Planung und Ausführung der Feuerverzinkung der externen Bewehrung für die Elsterbrücke in Osendorf entsprach hinsichtlich zentraler Aspekte wie beispielsweise Stahlauswahl, Ausführung und Prüfung der Feuerverzinkung oder Ausführung der Montageschweißstöße durch Spritzverzinken den Empfehlungen der Arbeitshilfe des Institutes Feuerverzinken. Schichtdickenmessungen ergaben, dass die externe Bewehrung ausreichend vor Korrosion geschützt ist, um eine Schutzdauer von 100 Jahren zu erreichen. So zeigten sich beispielsweise an den Flanschunterseiten der Profile Zinkschichtdicken ≥ 350 µm. An den Oberseiten der Flansche wurden sogar ≤ 600 µm gemessen. 5.3 Brücken in Schnellbauweise Im baden-württembergischen Albstadt wurden zwei neue Verbundbrücken errichtet, die feuerverzinkten Stahl mit Carbonbeton kombinieren. Sie dienen als Ersatz für zwei marode Stahlbetonquerungen und konnten mit extrem kurzen Vor-Ort-Bauzeiten montiert werden. Die Brücken mit unterschiedlichen Geometrien und Abmessungen zeichnen sich durch eine ähnliche Bauweise aus: In Längsrichtung erfolgt der Lastabtrag über die feuerverzinkten Stahlträger, in Querrichtung durch die Carbonbetonplatten. Die Brücke in Albstadt-Margrethausen ist ca. 6,50 m lang und 5,70 m breit und für Lkws bis 27 t zugelassen. Ihre Schwesterbrücke im Ortsteil Pfeffingen ist 9 m lang und ca. 4 m breit und kann von Lkws bis 40 t befahren werden.

Beide Brücken bestehen aus jeweils sechs feuerverzinkten Stahlträgern und je zwei Carbonbetonplatten. Für die Carbonbetonplatten wurde Carbontextil mit einem Beton der Festigkeitsklasse C 70/85 verwendet. Bei der Entwicklung der Betonrezeptur wurden Anforderungen an die Verschleißeigenschaften berücksichtigt, so dass sich auf eine Asphaltschutzschicht verzichten ließ. Die Vor-Ort-Montage beider Bauwerke fand in kürzestmöglicher Zeit statt, da die vormontierten Brücken jeweils in zwei Teilen zur Baustelle geliefert wurden und dort auf den vorhandenen Widerlagern platziert werden konnten.

5.4 Feuerverzinkte Fahrbahnübergänge 5.4.1 Naabbrücke als Beispiel Fahrbahnübergänge gleichen als Bauelemente einer Brücke Verformungen und Bewegungen des Brückenüberbaus gegenüber den -enden aus. In eingebautem Zustand ist nur ein kleiner Teil dieser komplexen Konstruktionen sichtbar. Neben mechanischen Belastungen sind sie vor allem hohen Korrosionsbeanspruchungen ausgesetzt, vor allem Chloridbelastungen durch Tausalze. Durch die Verwendungen der robusten, dauerhaften Feuerverzinkung bietet sich hier eine sehr gute Korrosionsschutzlösung. Doch während es in den USA, Kanada, Australien und in europäischen Ländern wie den Niederlanden oder der Schweiz bereits umfangreiche und gute Praxiserfahrungen mit feuerverzinkten Fahrbahnübergängen gibt, kamen in Deutschland erstmals im Jahr 2016 an der Naabbrücke langlebige feuerverzinkte Fahrbahnüber

14 Verbundbrücke in Albstadt © Institut Feuerverzinken GmbH

15 Montage an der Naabbrücke © mageba gmbh

16 Deutschlands erste Brücke mit feuerverzinkten Fahrbahnübergängen © mageba gmbH

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SYMPOSIUM gänge auf Entscheidung der Autobahndirektion Nordbayern zum Einsatz (Bilder 13 und 14). [6] Die Naabbrücke bei Pfreimd gehört zur Autobahn A 93 und hat eine Länge von ca. 300 m. Weitere Fahrbahnübergänge in feuerverzinkter Ausführung sind laut Aussagen des Herstellers Mageba Deutschland in Planung. 5.4.2 Faktor: Kostenersparnis Im Gegensatz zu Brückenbauwerken, die zumeist für eine Lebensdauer von 100 Jahren ausgelegt werden, gilt gemäß aktuellem Entwurf der ZTV-ING, Abs. 8.1, dass die Nutzungsdauer eines Fahrbahnübergangs mindestens 50 Jahre gemäß Verkehrskategorie 1 nach DIN EN 1991-2, Tabelle 4.5 betragen muss (Tabelle 1). Fahrbahnübergänge müssen folglich mindestens einmal im Leben einer Brücke erneuert werden. Daten aus Deutschland, Italien und der Schweiz belegen, dass die Lebensdauerkosten (Life cycle costs) in hohem Maße von der Qualität der Fahrbahnübergänge abhängen. Ein qualitativ hochwertiger Fahrbahnübergang ist im Zeitverlauf deutlich wirtschaftlicher, da er weniger Wartungs-, Reparatur- und Ersatzkosten produziert. 5.4.3. Mängel durch Korrosion Korrosion ist die häufigste Ursache für Mängelanzeigen an Fahrbahnübergängen. Ein wesentlicher Einflussfaktor zur Erschließung von mittel- und langfristigen Kosteneinsparungen an Fahrbahnübergängen ist deshalb eine verbesserte Korrosionsbeständigkeit. Dies gilt für die gesamte Konstruktion des Fahrbahnübergangs.

Auch wenn die Korrosionsbelastung an befahrenen Oberflächen und Komponenten oberhalb von Dichtungsebenen besonders stark ist, zeigt sich mit zunehmender Nutzungsdauer eines Fahrbahnübergangs, dass auch Komponenten unterhalb der Dichtungsebene erhöhten Korrosionsbelastungen ausgesetzt sind und ebenfalls einen dauerhaften Korrosionsschutz zur Verlängerung der Nutzungsdauer benötigen. Weil Beschichtungen aufgrund der hohen mechanischen und korrosiven Einwirkungen auf die Stahlkonstruktion eines Fahrbahnübergangs keine optimale Lösung darstellen, hat sich als umfassendes Korrosionsschutzverfahren für Fahrbahnübergänge das Feuerverzinken bewährt, das bei Bedarf durch eine zusätzliche Farbbeschichtung ergänzt werden kann (Duplex-System). 5.4.4 Normung für Fahrbahnübergänge In ETAG 032, dem europäischen Regelwerk für Fahrbahnübergänge, werden Fahrbahnübergänge in die Korrosivitätskategorien C 4 und C 5 eingeordnet. In den aktuellen deutschen Regelwerken gibt es entsprechende Festlegungen zum Korrosionsschutz. Die Neufassung des Teils 8, Abs. 8.1 der ZTV-ING besagt, dass für den Korrosionsschutz ZTV-ING Teil 4 Abs. 3 gilt. Dort sind ausdrücklich das Feuerverzinken nach DIN EN ISO 1461 und die DASt-Richtlinie 022 genannt. Die Einordnung der Lebensdauer der Feuerverzinkung erfolgt gemäß DIN ISO 14713 und DIN EN ISO 9223. In den Regelungen der Neufassung der TL/TP FÜ wird in Abs. 2.7 gefordert, dass bei Verwendung der Feuerverzinkung nach

DIN EN ISO 1461 an ermüdungsbeanspruchten Bauteilen der Einfluss der Verzinkung auf die Ermüdungsfestigkeit zu berücksichtigen ist. Dazu kann unter anderem auf den FOSTA-Forschungsbericht P 835 »Feuerverzinken im Stahlund Verbundbrückenbau« zurückgegriffen werden. Im Dezember 2017 wurden erstmals feuerverzinkte Fahrbahnübergänge durch das Bundesministerium für Verkehr zugelassen. 5.4.5 Erfüllung aller Anforderungen Wenn Fahrbahnübergänge die Forderung an einen dauerhaften Korrosionsschutz unter Berücksichtigung der mechanischen Belastungen ernsthaft erfüllen sollen, kommt nur eine Feuerverzinkung in Betracht oder der Einsatz von Komponenten aus nicht rostendem Stahl, die jedoch erhebliche Mehrkosten verursachen. Mit Beschichtungen nach DIN EN ISO 12944 können lange Standzeiten erfahrungsgemäß nicht realisiert werden. »Hoch« gemäß DIN EN ISO 12944-5 entspricht lediglich einer Standzeit > 15 Jahren. Bei Verwendung einer Feuerverzinkung mit einer Zinkschichtdicke von 140 μm ergibt sich gemäß DIN EN ISO 9223 in der Korrosivitätskategorie C 4 bei einer mittleren Zinkkorrosionsrate eine rechnerische Schutzdauer von mehr als 80 Jahren und in der Korrosivitätskategorie C 5 bei einer mittleren Zinkkorrosionsrate eine rechnerische Schutzdauer von mehr als 36 Jahren. Ein Duplex-System aus einer Feuerverzinkung von 140 μm mit einer ergänzenden Beschichtung kann für Fahrbahnübergänge einen Korrosionsschutz bis zu 60 Jahren bieten.

17 Feuerverzinkte Stahlstruktur zur Ertüchtigung der Lippe-Umflutbrücke © Institut Feuerverzinken GmbH

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18 Feuerverzinkte Ertüchtigungskonstruktion der Brücke am Margaretensee © Institut Feuerverzinken GmbH


Wirtschaftlich SYMPOSIUM und nachhaltig.

19 Broschüre mit Arbeitshilfen © Institut Feuerverzinken GmbH

5.5 Brücken der B-55-Umgehung Die Sperrung für Lkws ist an maroden Brücken oft das letzte Mittel, um den Verkehr aufrechterhalten zu können. Da zwischen der Sperrung für den LkwVerkehr an zu erneuernden Brücken und dem Ersatzneubau nicht selten längere Planungszeiträume liegen, vermag eine temporäre Ertüchtigung eine akzeptable, kurzfristige Zwischenlösung darzustellen, um beispielsweise eine für Anwohner belastende Verlagerung des Lkw-Verkehrs auf Umleitungsstrecken zu vermeiden. [6] Die Ertüchtigung von drei Brücken auf der vierspurigen B-55-Umgehung im westfälischen Lippstadt ist ein gutes Beispiel. Aufgrund nicht mehr ausreichender Tragfähigkeit für die heutigen Belastungen des Schwerverkehrs wurden die Lippebrücke, die Lippe-Umflutbrücke sowie die Brücke über die K 34 am Margaretensee rund um Lippstadt für Lkws über 7,50 t gesperrt. Um diese Sperrung möglichst schnell aufzuheben, wurden die Bauwerke temporär ertüchtigt. Sowohl die Margaretensee- als auch die Lippe-Umflutbrücke wurden jeweils mit einer feuerverzinkten Stahlkonstruktion unterstützt, die unterhalb der Brücken aufgestellt und auf den vorhandenen Fundamenten gegründet wurde. Der Überbau der Lippebrücke wurde zudem mit einer sogenannten »externen Vorspannung« aus zusätzlichen Spanngliedern und Ankerelementen aus Stahlbeton verstärkt – und auch hier kam feuerverzinkter Stahl zum Einsatz.

6 Fazit Dynamisch belastete Brückenbauteile aus Stahl können seit kurzem auch in Deutschland durch Feuerverzinken vor Korrosion geschützt werden. Der Korrosionsschutz durch Feuerverzinken erreicht bei Zinkschichtdicken ≥ 200 µm eine Schutzdauer von 100 Jahren, was der üblichen Nutzungsdauer einer Brücke entspricht. Existierende ältere Straßenbrücken aus feuerverzinktem Stahl belegen, dass eine Feuerverzinkung im Brückenbau dauerhaft und zuverlässig schützt. Aktuelle Projekte mit feuerverzinktem Stahl zeigen das hohe Praxisinteresse von Behörden und Brückenbauingenieuren an dauerhafteren Korrosionsschutzlösungen. Weiterführende Informationen wie die Broschüre »Feuerverzinkte Stahl- und Verbundbrücken« (Bild 18) mit Arbeitshilfen zur Planung und Ausführung von feuerverzinkten Stahlkonstruktionen im Straßenbrückenbau oder das Feuerverzinken-Special »Innovativer Brückenbau« sind kostenlos erhältlich.

Korrosion impossible Straßenbrücken sind jetzt feuerverzinkbar

Autor: Dipl.-Ing. Dietmar Hildebrandt Institut Feuerverzinken GmbH, Düsseldorf

Literatur [1] Ungermann, Rademacher, Oechsner, Simonsen, Lebelt: Feuerverzinken im Stahl- und Verbundbrückenbau. Gemeinschaftsausschuss Verzinken (GAV), Bericht Nr. 164. Düsseldorf, 2014. [2] Kuhlmann, Ummenhofer et al.: Nachhaltigkeitsberechnung von feuerverzinkten Stahlbrücken. Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Heft B 112. Bergisch-Gladbach, 2015. [3] Huckshold, M.: Anwendung der Feuerverzinkung im Brückenbau; in: Stahlbaukalender 2017. Berlin, 2017. [4] Franz, S.: Von der Forschung in die Praxis. Deutschlands erste feuerverzinkte Stahl-Verbundbrücke fertiggestellt; in: Feuerverzinken-Special »Innovativer Brückenbau«. Düsseldorf, 2017. [5] Seidl, G.; Radermacher, D.; et al.: Elsterbrücke Osendorf, eine feuerverzinkte Verbundbrücke mit externer Bewehrung; in: Stahlbau 2.2017. [6] Feuerverzinken-Special »Innovativer Brückenbau«. Düsseldorf, 2017.

Stahl- und Verbundbrücken dürfen seit kurzem auch in Deutschland feuerverzinkt werden. Wissenschaftliche Untersuchungen ergaben nämlich, dass die Feuer verzinkung auch für den Einsatz an zyklisch belasteten Brückenbauteilen geeignet ist und eine Korrosionsschutzdauer von 100 Jahren ohne Wartung erreicht. Zudem ist Feuerverzinken bereits bei den Erstkosten günstiger. Mehr unter www.feuerverzinken.com/ bruecken

INSTITUT FEUERVERZINKEN 3 . 2018 | BRÜCKENBAU

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SPECIAL Sanierungsanlass, Planung und Ausführung

Kathodischer Korrosionsschutz der Achereggbrücke von Daniel Oberhänsli, Martin Sutter

1 Bauwerk während der Instandsetzung © luftbild-drohne.ch

Im Jahr 2012 wurden markante Schäden am Tragwerk der Achereggbrücke in der Schweiz festgestellt. Gleichzeitig zeigte die statische Überprüfung der 50 Jahre alten Spannbetonstruktur erhebliche Tragsicherheitsdefizite auf. Die Herausforderung bei der Planung und Realisierung der Instandsetzung war, das Fortschreiten der durch Chlorideintrag hervorgerufenen Korrosionsschäden zu stoppen, um die Tragwirkung der vorhandenen Substanz dauerhaft zu sichern: eine Aufgabe, die mit einer Kombination aus Verstärkungsmaßnahmen und dem Aufbringen eines kathodischen Korrosionsschutzes (KKS) gelöst wurde.

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1 Bauwerk und Schäden Die erste Achereggbrücke verband 1860 den bis dahin ausschließlich über den Seeweg erreichbaren Kanton Nidwalden in der Schweiz mit der Außenwelt. Das Bauwerk brachte einen ungeahnten Aufschwung für die ganze Region und war deshalb von überregionaler Bedeutung, was bis in die Gegenwart so geblieben ist. Die heutige Brücke wurde zwischen 1961–1964 erstellt, zusätzlich quert inzwischen neben der Kantonsstraße auf derselben Tragstruktur auch die Zentralbahn den Seedurchfluss. Parallel dazu, aber als separates Bauwerk errichtet, verläuft die Autobahn A 2. Der vorhandene Geh- und Radweg ist in den 1980er Jahren ausgebaut und zwischensaniert worden. Seither wurden keine weiteren Arbeiten an dem Bauwerk ausgeführt. Die 16 m breite und 200 m lange Hohlkastenbrücke besteht aus drei festen Abschnitten und zwei zusätzlichen Einhängeträgern. Die Konstruktion entspricht damit einem statisch bestimmten Gerberträgersystem, in Längsrichtung ist sie vorgespannt.

2 Zustand und Ertüchtigung Eine Voruntersuchung zeigte, dass die zu erhöhende Schubtragsicherheit in den Gelenkbereichen sowie die chloridinduzierten Korrosionsschäden an der Vorspannung und an der schlaffen Bewehrung die wesentlichen Herausforderungen darstellten. Die Zugänglichkeit zu den Quer- und Längsträgern ist im Gelenkbereich sehr schlecht, weshalb der Zustand von Vorspannung und Bewehrung nicht lückenlos erhoben werden konnte. Eine konventionelle Instandsetzung war aus dem gleichen Grund nicht an allen Punkten möglich. Die Verhinderung eines weiteren Schadensfortschrittes war daher nur mittels kathodischen Korrosionsschutzes realisierbar.


SPECIAL Das Instandsetzungsprojekt sollte die Nutzungsdauer der 50-jährigen Achereggquerung um weitere 50 Jahre verlängern. Zu diesem Zweck erfolgten die Abdichtung der Brückenoberfläche und der Austausch sämtlicher Beläge. Die Straßenentwässerung wurde zudem so angepasst, dass das Abwasser ohne Schädigung des Tragwerks abgeleitet wird. Dazu gehörte auch der Ersatz sämtlicher Fahrbahnübergänge, die neben ihrer Hauptfunktion zugleich den Schutz der Gerbergelenke vor chloridhaltigem Straßenabwasser gewährleisten müssen. Die Schäden am Betontragwerk wurden durch Betonersatz umfassend behoben. Dort, wo die Bewehrung korrosionsbedingte Querschnittsverluste zeigte, wurde sie zur Wiederherstellung des ursprünglichen Tragwiderstands ergänzt. Als Tragwerksverstärkungen wurden eine externe Quervorspannung der unteren Kastenplatte bei den Pfeilern, eine CFK-Lamellenverstärkung der Fahrbahnplattenuntersicht sowie neue Betonnocken in den Widerlagern gegen den Absturz infolge Erdbebeneinwirkung vorgesehen. Zusätzlich wurden auf den Widerlagern sämtliche Lager erneuert. Als wichtigste

2 Querträger eines Gerbergelenks © suicorr AG

und ästhetisch markanteste Maßnahme wurden die Längsträger im Bereich der verschieblichen Gelenke durch acht Stahlträger verstärkt, um die Einhängeträger wesentlich zu entlasten und so die durch Korrosion geschwächten Längs- und Querträger zu unterstützen.

Um sicherzustellen, dass die bestehende Konstruktion im Gelenkbereich weiterhin ihre Tragwirkung erbringen kann, wurden dort die Längs- und Querträger mit einem kathodischen Korrosionsschutz ausgerüstet.

Nachhaltige Lösungen im Korrosionsschutz Umwelteinflüsse und auch Streusalz führen oftmals zu Korrosionsschäden an Infrastrukturbauten. Die suicorr verfügt über langjährige Erfahrung im Bereich des kathodischen Korrosionsschutzes von Stahlbetonbauten. Wir unterstützen Sie bei allen Fragen rund um: • Präventiven Korrosionsschutz • Instandsetzung chloridhaltiger und karbonatisierter Bauwerke • Kathodische Korrosionsschutzanlagen (KKS) Als Dienstleister legen wir dabei Wert auf bestmögliche Aufrechterhaltung des Betriebes, kurze Projektzeiten, hohe Umweltverträglichkeit und bleibenden Schutz Ihrer Stahlbetonbauten. T +49 7731 909 55 10 info@suicorr.com | suicorr.com

suicorr Deutschland GmbH Zeppelinstrasse 14 | DE-78244 Gottmadingen 3 . 2018 | BRÜCKENBAU

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SPECIAL

3 Kathodischer Korrosionsschutz Der kathodische Korrosionsschutz wird in der Schweiz seit 1988 erfolgreich für die Instandsetzung von Stahlbetonstrukturen eingesetzt. Geregelt sind KKS-Projektierung und -Ausführung in diversen SIANormen bzw. in der Norm SN ISO 12696. Aktuell kommt in der Schweiz diese Art des Korrosionsschutzes vorwiegend als Ertüchtigungsverfahren zur Anwendung. Anderenorts wird der KKS auch schon häufig als präventive Lösung bei Neubauten herangezogen. Aufgrund der Einwirkung von Chloriden (Winterdienst) oder der Karbonatisierung (CO2 in der Luft) entstehen unterschiedliche Verhältnisse für den Stahl im Beton. Abhängig von den Rahmenbedingungen verliert er stellenweise seine Passivschicht und ist damit teilweise ungeschützt, so dass der Korrosionsprozess einsetzen kann. Dabei wirkt der Stahl im Beton wie eine Batterie: An den weiterhin geschützten Stellen wird er zur Kathode und an der ungeschützten Stelle zur Anode – mit der Folge eines schwachen Ausgleichsstroms, der den Stahl auf der anodischen Seite auflöst. Die Funktionsweise eines KKS entspricht, stark vereinfacht, ebenfalls einem galvanischen Element, das dem natürlichen, aber zerstörenden Korrosionsstrom entgegenwirkt. Dazu werden dauerhafte Anoden eingebaut, über welche später der Schutzstrom abgegeben wird. Dieses Verfahren hat den großen Vorteil, dass chloridkontaminierte oder karbonatisierte Betonschichten nicht zwingend abgetragen werden müssen. Bereits vorhandene oder neueintretende Chloride können in der Struktur verbleiben, weshalb der Eingriff in die Tragstruktur deutlich geringer ausfällt. Lärmemissionen aufgrund von Höchstwasserstrahlarbeiten werden reduziert, Bauzeiten verkürzt und provisorische Abstützungsmaßnahmen wesentlich verringert oder sogar überflüssig. Ein weiterer Vorteil ist der Schutz von Strukturteilen, die von außen nicht direkt zugänglich sind. Dazu werden Stabanoden in Bohrlöcher eingeführt und mit einem fließfähigen Mörtel verpresst, was zudem erlaubt, Korrosionsherde in der Tiefe einer Struktur gezielt zu eliminieren.

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3 Stabanoden im reprofilierten Gerbergelenk © suicorr AG

Gerade bei den Gerbergelenken der Achereggbrücke war dies eine zentrale Aufgaben für den KKS. Konkret sah das Schutzkonzept vor, sowohl die Gesamtstruktur der Querträger als auch die der angrenzenden Längsträger auf einer Länge von ca. 1,50 m mit einem KKS auszurüsten. Darüber hinaus war zu beachten, dass die Brücke längsvorgespannt ist. Die für die Stabanoden erforderlichen Bohrungen mussten also sehr genau platziert werden, um die Spannkabel nicht zu beschädigen. Dazu wurden diese im Vorfeld bis in eine Tiefe von 30 cm geortet und markiert. Während der Ausführungsarbeiten zeigte sich, dass die Markierungen sehr genau passten und keine Kabel beschädigt wurden. Die vorab installierte KKS-Musterfläche und die später realisierte -Inbetriebnahme zeigten, dass die Anforderungen an den Korrosionsschutz einwandfrei erfüllt werden. Sowohl die schlaffe Bewehrung als auch die Verankerung der Spannglieder lassen sich mit dem KKS schützen. Der dafür benötigte permanent fließende Strombedarf ist sehr gering. Bei einer Spannung von ca. 2–5 V fließt ein Strom von ca. 10–15 mA/m2 Bewehrungsoberfläche. Die elektrische Leistung bei der gesamten Brücke entspricht damit ungefähr jener einer dauerhaft leuchtenden Glühbirne.

4 Schlussbemerkung Zum jetzigen Zeitpunkt sind sämtliche KKS-Montagearbeiten abgeschlossen, und die Anlage konnte in Betrieb genommen werden. Anhand der gewonnenen Messdaten ist zu erkennen, dass die Korrosion bereits nach einer nur kurzen Einregulierungsphase gestoppt werden konnte. Autoren: Daniel Oberhänsli Dipl. Bauingenieur FH suicorr AG, Dietikon, Schweiz Martin Sutter Dipl. Bauingenieur ETH SIA Ingenieurgemeinschaft AS, Zürich, Luzern, Schweiz

Bauherr Kanton Nidwalden, Baudirektion, Amt für Mobilität, Stans, Schweiz Instandsetzungsplanung Ingenieurgemeinschaft AS: ACS-Partner AG, Zürich, Schweiz Andreas Steiger & Partner AG, Luzern, Schweiz KKS-Fachplanung IGF Ingenieur-Gesellschaft für Bauwerksinstandsetzung Gieler-Breßmer & Fahrenkamp GmbH, Süssen, Corr-Less GmbH, Berlin KKS-Fachfirma suiccor AG, Dietikon, Schweiz


AKTUELL 18. Symposium der Verlagsgruppe Wiederspahn in Leipzig

Brückenbau und Baukultur in (ganz) Europa von Siegfried Löffler

Genau wie in all den Jahren zuvor hatte die Verlagsgruppe Wiederspahn mit MixedMedia Konzepts nach Leipzig eingeladen. Und diesmal sollten der Einladung exakt 200 Brückenbauexperten aus dem In- und Ausland folgen – zum inzwischen 18. »Symposium Brückenbau« am 6. und 7. Februar, das damit ausgebucht war! Die Teilnehmerzahl blieb also wiederum auf gewohnt hohem bis noch höherem Niveau: ein überaus eindrucksvolles Indiz für das Renommee eines Ingenieurtreffens, das schon von jeher durch die Qualität seines Vortrags- wie des Rahmenprogramms zu überzeugen wusste. Eine zweite Tradition, welche die Leipziger Tagungsreihe seit Anbeginn auszeichnet, ist das sogenannte Referentenessen am Vorabend, das eine erste Gelegenheit zu Dialogen wie Diskussionen bietet und dementsprechend stets regen Anklang findet. Über die Hälfte der angemeldeten Brückenbauspezialisten reiste daher bereits am 5. Februar an, um sich in zwangloser Atmosphäre auszutauschen, neue Kontakte zu knüpfen oder aber um bestehende weiter zu intensivieren. Verteilt auf die beiden Veranstaltungstage, gliederte sich das Symposium in 22 Vorträge und deckte insofern ein außerordentlich breitgefächertes und zudem international ausgerichtetes Spektrum ab, das in diesem Jahr darüber hinaus mit der »Partnerregion Linz« als einem Schwerpunkt aufwartete. Und so verhalf es, wie bisher immer, sämtlichen Teilnehmern zu mannigfaltigen Ein- und Ausblicken, ja zu einer Vielzahl von Erkenntnissen und Perspektiven, die sich anderenorts sicherlich kaum gewinnen lassen.

Monobogen an der A 3 im Spessart © Hajo Dietz/Nürnberger Luftbild

Brückenbau in Bayern Den offiziellen Auftakt bildete die Begrüßung durch Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn am Dienstagmorgen, der nach ein paar erläuternden Sätzen zum Programm und dessen Ablauf wie Inhalt sogleich den ersten Referenten ankündigte: Ministerialrat Prof. Dipl.-Ing. Karl Goj, Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr, der hier mit »Sanierung bzw. Austausch der Spannglieder nach dem Einsturz des Lehrgerüsts beim Bau der Talbrücke Schraudenbach im Zuge der A 7« für eine wahrlich singuläre und thematisch dennoch genauso passende wie umfassende Einstimmung sorgte, indem er die schwierigen Randbedingungen inklusive aller Voruntersuchungen beleuchtete, die bei einem solchen Vorhaben fast unweigerlich Beachtung, ja konsequente Anwendung finden müssen, um trotz der eingetretenen Schäden substantieller Art überhaupt ein Resultat in der geforderten Neubauqualität erzielen zu können. Eine in diverser Hinsicht nicht minder bemerkenswerte Herangehens- oder sogar Umgangsweise dokumentierten direkt

im Anschluss Baudirektor Dipl.-Ing. Tobias Bäumler, Autobahndirektion Nordbayern, und Dipl.-Ing. Hans-Joachim Caspar, SSF Ingenieure, mit dem »Monobogen als Tor zum Spessart«, informierten sie doch über Entwurf, Planung und Errichtung eines Tragsystems mit beidseitigen Seilabspannungen, das den Wunsch nach einer sogenannten Landmark an bzw. über der auf sechs Fahrstreifen zu verbreiternden Autobahn 3 zweifelsohne sinnstiftend zu erfüllen vermag. »Die perfekte Welle«, zwar unweit gelegen, nach ihrer Verwirklichung aber zur Überführung der A 73 über eine ICE-Ausbaustrecke dienend, lässt sich ebenfalls als eine Lösung bezeichnen, die in puncto Gestalt und Konstruktion Akzente setzen wird, wie Ltd. Baudirektor Dipl.-Ing. Bernd Endres, Autobahndirektion Nordbayern, und Dipl.-Ing. Rolf Jung, Leonhardt, Andrä und Partner, schon einleitend signalisierten, bevor sie dann en détail über einen Designentwicklungsprozess aufklärten, auf den bahnspezifische Vorgaben einen erheblichen Einfluss ausübten.

Schrägseil-Brückenfamilie in Linz, Österreich © SOLID architecture ZT GmbH

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AKTUELL Linz als Partnerregion Während in den Vorjahren unter anderem Österreich oder die Schweiz als Partnerland fungierten, konzentrierte sich das Interesse nun erstmalig auf eine Region – nämlich auf Linz und insofern auf eine Agglomeration mit verschiedenen Besonderheiten, die sie unter mannigfaltigen Aspekten prägten und prägen, wie zum Beispiel durch die Tatsache, dass ihr Zentrum von der Donau quasi ge- oder unterteilt wird und sie zudem über wesentlich mehr Arbeitsplätze als Einwohner verfügt. Darüber hinaus gilt sie als die Stahlhauptstadt Österreichs, wie Dipl.-Ing. Martin Pöcheim, ASFiNAG, betonte, der sich zu Beginn des sich in Summe über fünf Referate erstreckenden Vortragsblocks der Frage widmete, warum der Bau zusätzlicher Flussquerungen letztlich alternativlos bleibt, wenn man die Verkehrssituation in und um Linz signifikant entzerren und auf Dauer verbessern will. Eines jener Entflechtungs- oder Entlastungsprojekte ist die Ergänzung der stark frequentierten und in naher Zukunft überdies zu ertüchtigenden Voestbrücke um zwei Bypässe, die als innerörtliche Straßenverbindungen rechts und links von ihr in ähnlicher

Künftiges Wahrzeichen: Hängebrücke in Linz © von Gerkan, Marg und Partner

Peenestromquerung bei Wolgast »als« Zügelgurtvariante © DEGES GmbH

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Formensprache angeordnet werden, was Ing. Josef Reischl, ASFiNAG, und Dipl.-Ing. Walter Skala, Bernard Ingenieure, als »Operation am offenen Herzen« definierten. Nach dem von ihnen minuziös beschriebenen Konzept einer Schrägseilbrücken-Familie folgte mit »Ein neues Wahrzeichen für Linz« freilich erneut ein Vorschlag, der in einem zuvor ausgelobten Wettbewerb mit dem ersten Preis prämiert wurde. Von der Jury als eine Struktur geadelt, die schwerelos erscheine, handelt es sich bei ihr im Prinzip um eine echte bzw. nachgerade klassisch anmutende Hängebrücke mit horizontalem Deck, die sich in das sensible Landschaftsbecken westlich von Linz offenbar harmonisch einbetten wird, weil ihre Tragseile im Fels der Uferwände verankert werden sollen, sie also keiner Pylone bedarf, wie Dipl.-Ing. Franz Sempelmann, ASFiNAG, und Dipl.-Ing. Thomas Fackler, schlaich bergermann partner, kompetent zu begründen wussten. Die Vorstellung der dritten zu realisierenden Donauquerung staffelte sich hingegen in zwei separate Präsentationen, wobei Dipl.-Ing. Jacques Durst, Marc Mim ram Architecture Ingénierie, den Anfang

machte und einen siegreichen Wettbewerbsentwurf präzisierte, dessen Entstehung auf der Intention beruhte, durch die Aneinanderreihung von Stahlbögen die Konturen der früheren Eisenbahnbrücke sowohl nachzuempfinden als auch zeitgenössisch zu interpretieren. Das heißt, die zur Aufnahme einer zweispurigen Fahrbahnplatte, einer von ihr getrennten Straßenbahntrasse sowie von Geh- und Radwegen gedachte »Neue Donaubrücke in Linz« verkörpert eigentlich eine Kombination aus ab- oder ausgerundeten Zügelgurten und V-förmigen Streben, die in die Flusspfeiler münden. Welche Konsequenzen eine derartige Konfiguration von Traggliedern auf die statische Berechnung und die Dimensionierung sämtlicher Elemente hat, beantwortete danach Dipl.-Ing. Christian Stadler, KMP ZT, der im Rahmen seiner Schilderung ebenso Kriterien der Fertigung und späteren Montage fachkundig erhellte. Großprojekte aus Europa Der dritte Teil des Symposiums rückte Projekte aus Europa ins Blickfeld, die durchwegs illustrierten, wie die generell zu befriedigenden Ansprüche an Ästhetik, Gebrauchstauglichkeit, Wirtschaftlichkeit und Langlebigkeit adäquat miteinander zu vereinbaren sind – und das primär oder sogar überwiegend unter Nutzung neuester Methoden, Technologien oder Strategien. So zeigten zunächst Dipl.-Bauing. Guido Biaggio, Vizedirektor der ASTRA, und Dipl.-Ing. Bauing. Rainer Hohermut, ACSPartner, weshalb sich die Anberaumung eines Wettbewerbs im sogenannten selektiven Verfahren anbietet, wenn es ein diffiziles Geflecht aus Forderungen von und an Politik, Mobilität, Städtebau und Immissionsschutz zu entwirren gilt. Dass im und für das schweizerische Kriens im Endeffekt ein Brückenhaus als optimale Idee zur Verknüpfung zweier Tunnelportale ausgewählt wurde, stieß im Auditorium demgemäß auf große Resonanz. Mit der gestalterischen »Qualitätssicherung bei knapp bemessenem Budget« beschäftigte sich wiederum Dipl.Ing. Bart Halaczek, Knight Architects, der Selbige am Fall der Mersey Gateway, eines Autobahnabschnittes im Norden Englands, nuanciert erläuterte, natürlich unter explizitem Verweis auf die hier zur Anwendung gekommenen Regelwerke und Genehmigungsschritte, wie etwa die Planning Policy Statements, die Competitive Dialogue Phase oder das Design and Access Statement.


AKTUELL

»Reinforcement works on the Grand Pont de Thouaré and other examples« lautete indessen der Titel eines Vortrags, der eine erst seit kurzem existierende Möglichkeit zur Ertüchtigung von Brückenkonstruktionen veranschaulichte: ein Aspekt, den Thomas Dupeyroux und Serge Jaffrelo, Département de Loire-Atlantique, selbstredend nicht zu erwähnen vergaßen. Eine als absolut ebenbürtig einzustufende Perspektive eröffneten jedoch Dipl.-Ing. Uwe Heiland und Dipl.-Ing. Thomas Stihl, SEH Engineering, da sie jetzt am Beispiel von Umbau und Verstärkung des »Pont Grande Duchesse Charlotte in Luxembourg«, einer inzwischen über 50 Jahre alten Stahlstruktur mit orthotroper Platte, die Beschaffenheit sowie die vielen Vorzüge des als Overlay aufzubringenden Sandwich-Plate-Systems gleichsam exemplarisch verdeutlichten. Einen zumindest geographisch motivierten Themenschwenk absolvierte dann Dipl.-Ing. Gregor Gebert, DEGES, indem er die Aufmerksamkeit auf »Anstehende Großbrückenprojekte« in Deutschland, ergo auf die Rheinbrücke Duisburg-Neuenkamp, die Rader Hochbrücke, die Gottleubabrücke, die Süderelbequerung und die Peenestromquerung bei Wolgast lenkte, die, wie er im Übrigen avisierte, in Bälde zu konkretisieren seien. Welches Potential den »Verbunddübelleisten im Brückenbau« innewohnt und warum ihr Einsatz bis dato nicht normiert ist, enthüllte darüber hinaus Dr. Günter Seidl, SSF Ingenieure, dessen eher technisch orientierter Diskurs insofern auch einen instruktiven Eindruck von dem sehr breiten Spektrum an europäischen Forschungsvorhaben vermittelte. Der offizielle Teil des ersten Konferenztages war damit abgeschlossen, das Programm sah nun, wie stets beim Leipziger Symposium, eine vergnügliche Abendveranstaltung in einer exquisiten »Lokalität« für sämtliche Teilnehmer und Gäste vor.

Brückenbau in Deutschland Den ersten Vortrag am Dienstagmorgen zu bestreiten, ist mitunter nicht gerade einfach, gelang Dipl-Ing. Reiner Selig, DB Netz, aber ganz hervorragend, zumal er mit »Großprojekt VDE 8« über die Itztalquerung mit Fester Fahrbahn berichtete, bei der die Interaktion zwischen Gleis und Brücke gravierende Probleme erzeugte und die Einhaltung der Schienenspannung deshalb erst nach diversen Laborversuchungen und einer zweiten Nachrechnung gewährleistet werden konnte. Genau wie sein Vorredner lieferte der zweite Referent eine Bilanz aus Auftraggeberwarte – allerdings mit dem kleinen Unterschied, dass sich Dipl.-Ing. Martin Steinkühler, DEGES, mit dem »Ersatzneubau der Langenfelder Brücke«, ergo einem Projekt unter laufendem Verkehr befasste, das sich zudem in den Abbruch des alten und den Einschub des neuen Überbaus auffächert. Was bei nur flüchtiger Betrachtung ein klein bisschen flapsig klang, bescherte den Anwesenden nichtsdestoweniger einen erheblichen Erkenntnisgewinn, denn Dr.-Ing. Hans Grassl und Nazereh Nejat M. Sc., Ingenieurbüro Grassl, ent-

führten mit »Alles BIM – beim Werksneubau in Graben-Neudorf« sozusagen in die Praxis der Brückenplanung mit Building Information Modeling: ein für die meisten Zuhörer noch fremdes Terrain, das sich laut Bundesverkehrsministerium in drei, vier Jahren freilich als Standard etabliert haben sollte. Die Aufgabe, einen Strombrückenzug aus zwei Flussquerungen und sechs Knotenpunkten im Zentrum von Magdeburg zu konzipieren und zu verwirklichen, bedingt fast zwangsläufig die vorherige Anfertigung etlicher Variantenstudien, wie Dipl.-Ing. Stefan Burgard, Leonhardt, Ändrä und Partner, danach plausibel argumentierte, dessen Visualisierungen notabene die enorme Komplexität von innerstädtischen Bauvorhaben in Erinnerung riefen. Dr.-Ing. Stefan Franz komplettierte zu guter Letzt diesen Vortragsblock mit »Entwurf und Bau der Wehretalbrücke«, einer, wie er vorab typisierend und später resümierend sagte, zweistegigen Spannbetonplattenbalkenstruktur von ca. 700 m Länge an der A 44 in Nordhessen, die bis 2020 fertiggestellt sein wird.

Neuer Strombrückenzug in Magdeburg © Leonhardt, Andrä und Partner AG/Visualexpression

BIM-Planungsmodell der Gesamtmaßnahme »Werksneubau« © Ingenieurbüro Grassl GmbH

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AKTUELL Internationale Perspektiven »Internationale Perspektiven« haben in Leipzig eine langjährige Tradition, dienen sie doch stets der Würdigung von Projekten in und aus fernen Ländern, die aus der Feder deutscher Ingenieure oder eben aus jener von Büros und Baufirmen stammen, die ohnehin anderenorts ansässig sind. Die »Chenab-Brücke in Indien«, immerhin eine der höchsten Eisenbahn-Stahlbogenkonstruktionen der Welt, markierte demnach einen als buchstäblich ideal zu klassifizierenden Auftakt, den Dipl.-Ing. Kilian Karius P. Eng. CPEng, Leonhardt, Andrä und Partner, dank seiner stringenten Charakterisierung der das Tragwerk und dessen Montage bestimmenden Parameter vortrefflich meisterte. Laurent Ney, Ney & Partners, der als Nächster referierte, gehört sicherlich zu den renommiertesten Brückenplanern in ganz Europa – ein Faktum, das »Shaping forces« demonstrativ untermauerte. Die entwurfsrelevanten Kriterien zweier Bauwerke analysierend, die sich in Form und Funktion voneinander abgrenzen, skizzierte er anhand der Parkbrug in Antwerpen und der De Lentloper in Nijmegen geradezu vorbildlich, wie sich Kraftfluss und Querschnittsmodellierung paaren müssen, um elegante Resultate kreieren zu können, die außerdem den Maximen der Dauerhaftigkeit und Wirtschaftlichkeit in Herstellung und Betrieb gerecht werden. Mit einer rekordverdächtigen Maßnahme, dem »1915 Çanakkale Bridge and Malkara-Çanakkale Motorway Project«, wusste wiederum Serdar Dayan, Assistant Director, Construction and Bridges Section of General Directorate of Highways, Turkey, aufzuwarten, wobei er sich auf die Beschreibung der, wie er nicht ohne Stolz anfügte, »longest suspension bridge in the world by its length of main span« konzentrierte. Dass die Errichtung dieser Großstruktur von 4.608 m Länge, einer Hauptspannweite von 2.023 m und Pylonhöhen von 318 m als eine Alternative zur Bosporus-Passage in erdbebengefährdetem Gebiet erfolgt, weckte einige Begeisterung, vor allem weil mit den hier erarbeiteten Lösungen durchaus Neuland betreten wird.

Parkbrug in Antwerpen © Stijn Bollaert

18. Symposium Brückenbau in Leipzig mit Fachausstellung im Foyer © Verlagsgruppe Wiederspahn

Ausklang mit Tradition Mit einem gemeinsamen Nachmittagsbuffet endete anschließend dieses überaus interessante und gelungene 18. Symposium, das den Anwesenden mit Nachdruck vergegenwärtigte: Der Neubau und die Ertüchtigung von Brücken erfolgen bis heute (gleichrangig) unter ästhetischen, funktionalen, konstruktiven und ökonomischen Aspekten. Und wie in jedem Jahr liegen ausnahmslos alle Vorträge zusätzlich in gedruckter Form vor – als Ausgabe 1/2 ∙ 2018 der Zeitschrift »Brückenbau«, das heißt als Tagungsband, der 40 € kostet und in jeder gutsortierten Fachbuchhandlung oder eben direkt über die Verlagsgruppe Wiederspahn zu erwerben ist. Autor: Siegfried Löffler Fachjournalist, München

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www.maurer.eu

Ausgabe 1/2 . 2018

18. Symposium Brückenbau in Leipzig Aktuell ÖPP-Projekt »Ausbau der Isentalautobahn« Special Schalung und Rüstung

www.verlagsgruppewiederspahn.de

ISSN 1867-643X

Tagungsband: alle Vorträge zum Nachlesen © Verlagsgruppe Wiederspahn


AKTUELL Seminar an der Hochschule für Technik Rapperswil

Anspruchsvolle Instandsetzung von Stahlbrücken von Clementine Hegner-van Rooden

Stahlbrücken machen einen Bruchteil der Kunstbauten der Verkehrsinfrastruktur aus, doch gehören sie ebenso zur Baukultur wie die Spannbetonbrücken des Nationalstraßennetzes oder die steinernen Brücken der Albulabahn. Sie entstanden oft um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert und sind nun Gegenstand von Instandsetzungen, um den aktuellen Anforderungen zu genügen. Neben der üblichen Korrosionsschutzerneuerung sind es vielfältige Aufgaben, die anspruchsvolle und manchmal einzigartige Lösungen hervorrufen. Im Rahmen eines Halbtagesseminar an der Hochschule Rapperswil zeigten nun sechs Referenten an fünf Beispielen, wie dies gelingen kann. 1 Rheinbrücke Reichenau Nach dem Grußwort von Felix Wenk, Professor für Erhaltung im Bauwesen der Hochschule Rapperswil und Präsident der Wissenschaftlich-Technischen Arbeitsgemeinschaft (WTA) Schweiz, eröffnete Pieder Hendry von Conzett Bronzini Partner die Vortragsreihe mit der Ertüchtigung der Rheinbrücke Reichenau: Bei der Eisenkonstruktion von 1881 ersetzte man die nachträglich aufgebrachte und undichte Leichtbetonfahrbahnplatte durch eine orthotrope Stahlfahrbahn. Ebenso wurden Fahrbahnübergänge, die Abdichtung und der Belag ausgewechselt, die Gesamtstruktur erhielt zudem einen neuen Korrosionsschutz. Die ebenfalls ertüchtigten Widerlager verbessern nun die horizontale Stabilität, während zusätzlich Winkelprofile einzelne Druckdiagonalen der inneren Fachwerke gegen Knicken verstärken.

Rheinbrücke Reichenau von 1881 nach Ertüchtigung © Conzett Bronzini Partner AG/Tiefbauamt Graubünden (Bauherrschaft)

Die genietete Fachwerkbrücke mit einem vierfachen Strebenwerk ist in den Inventaren der kantonalen Denkmalpflege und der historischen Verkehrswege der Schweiz aufgezeichnet. Deshalb und um ihre historische Bedeutung zu berücksichtigen, wurden sämtliche Maßnahmen in

Kooperation mit der Denkmalpflege des Kantons Graubünden geplant und realisiert. Hendry betonte, dass die Zusammenarbeit kreativ und den ingenieur- wie denkmalspezifischen Aspekten dienlich war.

Aufbringen einer orthotropen Stahlfahrbahn © Conzett Bronzini Partner AG/Tiefbauamt Graubünden (Bauherrschaft)

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AKTUELL Instandsetzungsarbeit, die dennoch effizienter und wirtschaftlicher war, als einen Neubau zu errichten. Der wertschätzenden Sensibilität und dem Willen der Bauherrschaft ist es also zu verdanken, dass die aktuellen Besitzerinnen, die Gemeinden Valendas und Sagogn, seit Ende 2017 eine neue Brücke mit 115-jähriger Geschichte erhielten.

Straßenbrücke bei Valdenas von 1903 © Sven Schönwetter

2 Straßenbrücke bei Valendas Thomas Ekwall stellte die Straßenbrücke bei Valendas vor, die er zusammen mit Flückiger + Bosshard als Ingenieurgemeinschaft instandsetzte. Die 61,10 m weit gespannte, flusseiserne Fachwerkstruktur von 1903 dient der Zufahrt zum Bahnhof Valendas-Sagogn der Rhätischen Bahn. Ohne ihren Charakter zu verändern, ist sie für die nächsten 70 Jahre aufgefrischt worden, wobei die Erhöhung ihrer zulässigen Verkehrslast von bisher 9 t auf 18 t erfolgte. Die bestehende Fahrbahnplatte ließen die Ingenieure abbrechen und stattdessen eine GFK-Holzplatte aufbringen. Um eine ausreichende horizontale Stabilität während der eingehausten, die Erneuerung des Korrosionsschutzes umfassenden Bauphase zu erreichen, wurde ein Windverband montiert. Er blieb als permanente Ergänzung auch nach Bauabschluss bestehen und steift die Tragkonstruktion jetzt insgesamt aus. Um den Konsequenzen einer stetigen Hangverschiebung entgegenzuwirken und die Vorlandbrücke aus Naturstein zu erhalten, wurde die Gesamtstruktur letztlich angehoben und um 20 cm in Längsrichtung verschoben. Unkonventionellerweise drehte man dabei das statische System der Brücke: Das verschiebliche und das feste Lager wurden am einfachen Balken vertauscht. Es war, wie der Referent sagte, eine aufwendige

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3 Haggenbrücke bei St. Gallen Felix Gisler von Basler & Hofmann vertiefte den Einblick in die Instandsetzungsarbeiten von 2009–2010 der Haggenbrücke bei St. Gallen. Die in 75 m Höhe über die Sitter führende Querung wurde vom Luzerner Bauingenieur Rudolf Dick entworfen und 1937 eröffnet. Sie war so filigran gebaut, dass sie schwingungsanfällig blieb. Das heißt, trotz Nachbesserungen konnte sie nur mit Ausnahmegenehmigung befahren werden und diente daher vor allem als Fuß- und Veloverbindung zwischen den beiden Gemeinden St. Gallen und Stein im Kanton Appenzell Ausserrhoden. Der Volksmund nannte sie passenderweise »Ganggelibrogg«. Als Zeuge der St. Galler Industriebaukunst – die Fachwerkbrücke ist im schweizerischen Inventar der Kulturgüter als Objekt von nationaler Bedeutung eingetragen – sollte mit der Instandsetzung die Leichtigkeit der Konstruktion aus Denkmalschutzgründen nicht verunklart werden. So kam statt der bisherigen Fahrbahnplatte aus Beton eine orthotrope Stahlplatte mit einem Gussasphaltbelag zur Anwendung: Die Gewichtsreduktion und der Verbund der neuen Platte mit den Obergurten verbesserten das statische Verhalten bzw. die Steifigkeit deut-

lich. Dennoch mussten einige Druckund Zugstreben ergänzt und verstärkt werden, außerdem waren Schwingungsdämpfer zu integrieren, und zwar maßgeschneiderte. Für die Erneuerung des Korrosionsschutzes wurde die Brücke etappenweise eingehaust. Dies verhinderte eine massive Zusatzbelastung der filigranen Pfeiler infolge Windlasten, die aufwendige Abspannungen bis auf den Talboden hätten aufnehmen müssen. Im restlichen Bereich wurde der Korrosionsschutz im Freikletterverfahren erneuert.

Bauzustand der Sitterquerung um 1936 © Stadt St. Gallen

Haggenbrücke bei St. Gallen während der Instandsetzung © Basler & Hofmann AG


AKTUELL 4 Eisenbahnbrücke Turbenthal-Wila Nach der Pause erläuterte Uwe Dux, MSc Ing. der HSR Rapperswil, seine Projektarbeit an der Eisenbahnbrücke TurbentalWila von 1946. Die beiden Fachwerkträger der genieteten, schiefwinklig gelagerten Stahlstruktur liegen um ein Feld versetzt zueinander. In der Regel sind solche Bauwerke robuste Konstruktionen, die die stetig wachsenden Bahnlasten aufzunehmen vermögen. Die Erfahrung bestätigt, dass nicht die Trag-, sondern oftmals die Ermüdungssicherheit Anlass für Instandsetzungs- oder Verstärkungsmaßnahmen bietet. Die gefährdeten Bauteile sind hier jeweils die Quer- und Längsträger, und zwar daraus resultierend, dass sie Spannungswechsel infolge der einzelnen Zugachsen erfahren – im Gegensatz zu den seitlichen Fachwerkträgern, deren Anzahl auf Spannungswechseln der gesamten Zugkomposition basiert. Dux überprüfte im Rahmen seiner Semesterarbeit die historische Stahlkonstruktion über der Töss auf Trag- und Ermüdungssicherheit. So schilderte er lebhaft, wie er mittels Dehnmessstreifen und Schwingungssensoren in Zusammenarbeit mit der Empa die Untergurte der Hauptträger und die Querträger unter Normalverkehrsbetrieb vermaß. Schrittweise verfeinerte er für den Nachweis dann das statische Modell und diskutierte die Lagerungs- und Knotenbedingungen. Mit Hilfe der Originalpläne und eines Rechenprogramms konnte er die Messdaten nachvollziehen und schließlich den Ermüdungsnachweis erbringen.

Eisenbahnbrücke Turbenthal-Wila von 1946 © Uwe Dux

5 Birsbrücke Münchenstein Den Schluss des Referatenreigens bildeten die Beiträge zur Birsbrücke im basellandschaftlichen Münchenstein von Christoph Gemperle, Chefingenieur bei Gruner Wepf und Professor an der ZHAW Winterthur, sowie Elyas Ghafoori der Empa Dübendorf, der in Englisch sprach. Gemperle blickte zurück und griff die bewegende Historie der Brücke von 1895 auf. Es war das schlimmste Unglück in der Schweizer Eisenbahngeschichte: Am 14. Juni 1891 stürzte ein Personenzug mit zwei Lokomotiven in das Hochwasser der Birs, weil die Vorgängerquerung während der Überfahrt in sich zusammenbrach. Das nachfolgende neue und aktuell noch vorhandene Bauwerk trägt das Erbgut einer neuen Verordnung in sich und ist Zeuge der Anpassung statischer Berechnungen. Gemperle wies darauf hin, dass mit dem Thema der Erhaltung solche Verfahren interessant werden, die den Brückenbetrieb während der Instandsetzung nicht beeinträchtigen. Er leitete so über zum Vortrag von Ghafoori, der beschrieb, wie die Struktur in einem Großversuch mit vorgespannten, faserverstärkten Kunststofflamellen aus Carbon verstärkt wurde.

Das Besondere war, dass die Lamellen nicht wie üblich verklebt wurden, da Nieten an den Stahlträgern dies nicht zuließen. Stattdessen wurden die Lamellen an den Flanschen der Querträger festgeklemmt, Teil einer aufwendigen Arbeit, die für die Entwicklung jenes Systems notwendig war: Analyse des Bestands, Lokalisierung der Schwachstellen, Entwurf der Konstruktion, Simulation am Computer, Laborversuche und Erprobung vor Ort, begleitet von einer Messkampagne. Zu vertretbaren Kosten konnte das Bauwerk sicher verstärkt und ertüchtig werden. So bezeichnet die Brücke Münchenstein dank des Großversuchs wiederum einen Meilenstein in der Geschichte – jetzt aber im Umgang mit der Erhaltung. 6 Schlussdiskussion Mit genauerer Betrachtung und Analyse von bestehenden historischen Brücken lässt sich verhindern, dass sie rückgebaut oder abgebrochen werden. Ihr materieller und oft auch immaterieller Wert kann so erhalten bleiben. Die anfangs von der Moderatorin Clementine Hegner-van Rooden gestellte Frage, ob die »alten Damen« aus Stahl und Eisen nicht ihren Ruhestand verdient hätten, wussten die Referenten in der anschließenden Gesprächsrunde infolgedessen nur und nochmals zu verneinen: Einen Ersatzneubau zu errichten, hätte sich bei keiner der hier thematisierten historischen Tragstrukturen aufgedrängt. Die alten Damen sind also in die Jahre gekommen, aber in bester Verfassung. Autorin: Clementine Hegner-van Rooden Dipl. Bauing. ETH Publizistin, Zürich

Birsbrücke im basellandschaftlichen Münchenstein © Christoph Gemperle/Gruner Wept AG

Verstärkung mit Lamellen © Christoph Gemperle/Gruner Wept AG

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PRODUKTE UND PROJEKTE Neuentwickeltes Gleitmaterial von Maurer

Brücken des Dubai Water Canal Dubai ist bekannt für seine oft extrem anmutenden Bauwerke – und entsprechend hoch sind die Anforderungen der Roads & Transport Authority (RTA). Für die Brücken des neuen Dubai Water Canal waren nun Lager gefordert, die nachgewiesenermaßen einem Druck von 40 MPa bei einer Temperatur von 60 °C standhalten. Der Dubai Water Canal ist eine komplett neue Wasserstraße, die von Oktober 2013 bis November 2016 errichtet wurde, sich 3 km weit von der Business Bay bis zum Persischen Golf erstreckt und bis 120 m breit ist. Vier Brücken mit einer lichten Höhe von 8 m überspannen den Kanal, zumal an seinen Ufern Hunderte von Hotels, Restaurants und Geschäften in Passagen entstehen sollen.

Höchste Anforderungen an Lager und Gleitmaterial © Maurer SE

Dubais Skyline »samt« neuer Kanalquerung mit integriertem Wasserfall © Maurer SE

Die Lager für die drei Brücken wurden von drei verschiedenen Unternehmen geliefert – einheitlich waren die hohen technischen Anforderungen: Als die RTA sie 2014 stellte, waren die Münchner Lagerspezialisten von Maurer bereits dabei, ihr bewährtes MSM® weiterzuentwickeln. Gleitmaterial wird normalerweise bei Raumtemperatur getestet, im Fall des neuen MSM® Plus erfolgte in der

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Materialprüfungsanstalt der Universität Stuttgart jedoch eine Anpassung an die RTA-Spezifikation. Erfolgreich durchgeführt wurde ein sogenannter Cold-FlowTest, allerdings in einer speziellen und spezifizierten Druck-Temperatur-Kombination. Und MSM® Plus erfüllte hier die Erwartungen, kann also laut Zertifikat eine Druck-Temperatur-Kombination von 40 MPa Testdruck und 60 °C Testtemperatur aufnehmen. Da alle Anbieter diesen Spezifikationsvorgaben unterlagen, aber nur das neue Maurer-Gleitmaterial MSM® Plus sie zu erfüllen vermochte, wurde es an allen drei Brücken, und zwar unabhängig vom Bauträger, in den Lagern verwendet. Bei der von Maurer ausgestatteten Autobrücke mit je vier Spuren pro Fahrtrichtung handelt es sich um eine Betonstruktur, deren Blöcke mit Spannelementen zusammengehalten werden. Die Lager sind klassische Topflager, wiederum eine Besonderheit in Dubai, wo ausschließlich Topflager spezifiziert werden. Die ersten Lager von ihnen wurden noch 2014 angeliefert, der Einbau der insgesamt 143 Lager erfolgte dann 2015. Sie nehmen Kräfte bis 30 MN auf und haben einen Durchmesser von ca. 1 m. Geflutet wurde der Kanal erstmals im Oktober 2016, die Eröffnung der Brücken über ihn schloss sich schon wenige Monate später an. www.maurer.eu


PRODUKTE UND PROJEKTE Effiziente Mikropfähle von Friedr. Ischebeck

Bahndammsanierung bei Hochheim Die zweigleisige Bahnstrecke zwischen Frankfurt am Main und Wiesbaden wird noch bis Mitte 2018 saniert, wobei die Bahn allein im Abschnitt zwischen Flörsheim und Hochheim über 30 Mio. € in die Erneuerung des am Hang der Weinberge liegenden und 1.230 m langen Bahndamms bei Hochheim investiert. Durch jene Topographie ist der parallel zum Main verlaufende Streckenabschnitt schon seit Jahren den Bewegungen im Untergrund ausgesetzt, so haben Grundwasserströmungen und die Erschütterungen aus dem Zugverkehr ihren Teil zur Destabilisierung des Damms beigetragen, der sich infolgedessen fortschreitend verschoben hat. Ein Nachstopfen des Schotterbettes reichte daher nicht mehr aus, um einen sicheren Bahnbetrieb zu gewährleisten und die vorgesehene Geschwindigkeit von 160 km/h zu ermöglichen. Zur Anwendung kamen nun die Mikropfähle Titan der Friedr. Ischebeck, da sie sich bei solchen Aufgaben bereits bewährt haben. Ausgestattet mit einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt), erfüllen sie alle Anforderungen hinsichtlich Tragfähigkeit und Dauerhaftigkeit und lassen sich zudem auch ohne Spritzbetonschale ausführen. Und: Gemäß Anwendererklärung der DB Netze AG ist ihr Einsatz »für die Rückverhängung neu zu errichtender Stützbauwerke für dauerhafte Zwecke« zulässig. Der Einbau kann mit relativ kleinem Bohrgerät erfolgen, also gleisnah und geländeschonend sogar dort, wo zum Beispiel der Dammfuß schwer zugänglich ist.

Dauerhafte Bodenvernagelung zur Hangsicherung © Friedr. Ischebeck GmbH

Außerdem ist er selbstbohrend, eine zusätzliche Verrohrung also nicht notwendig, denn das Stahltragglied, ein geripptes Stahlrohr aus Feinkornbaustahl, ist hier zugleich verlorene Bohrstange, Injektionsrohr und Bewehrungsstab. Beim drehschlagenden Bohren wird das Bohrloch zunächst mit einer Spül- und Stützflüssigkeit stabilisiert, die aus der Bohrkrone austritt und anschließend mit einer steiferen Zementsuspension verpresst, wodurch sich ein Verpresskörper mit hohem Scherverbund zum Boden ausbildet. Bedingt durch die spezielle Rippengeometrie des Titangewindes entstehen

Einbringen der Rückverankerung des Trägerbohlverbaus © Friedr. Ischebeck GmbH

im Verpresskörper nur minimale Rissweiten, nämlich > 0,10 mm bei Höchstlast, so dass ein dauerhafter Korrosionsschutz des Systems stets gewährleistet bleibt und die Herstellung von Koppelstellen mit Schrumpfschläuchen entfällt. Und so wurden letztendlich oberhalb der Gleisanlage ca. 320 Mikropfähle Titan in 7–9 m Länge als Dauerbodennägel zur Hangstabilisierung eingesetzt, während unterhalb der Trasse ca. 250 Mikropfähle in einer Länge bis 18 m zur Rückverankerung des sogenannten Berliner Verbaus dienten. www.ischebeck.de

Ertüchtigtes Bauwerk mit vorgesetzter Gabionenverkleidung © Friedr. Ischebeck GmbH

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PRODUKTE UND PROJEKTE Vielfältige und qualitätvollste Systemlösungen von ACO

Entwässerungstechnik für Brückenbauwerke Schon immer gilt der Brückenbau als Königsdisziplin des Ingenieurbaus: Tragseile, Spannbetonelemente oder Pylone, meist schon von weitem sichtbar, vermitteln die Idee und einen ersten Eindruck der Konstruktion. Brücken sind aber auch sehr anfällig, denn tragende Bauteile liegen meist frei. So wundert es nicht, dass insbesondere die älteren unter ihnen inzwischen saniert werden müssen, resultierend nicht zuletzt aus der Tatsache, dass die Verkehrsbelastung erheblich angestiegen ist und sie zudem den Einflüssen der Witterung stark ausgesetzt sind, weshalb für ihre Fahr- und Gehwegflächen eine schnelle und pfützenfreie Entwässerung unabdingbar bleibt. Mit qualitätvollen Produkten aus der ACO-Systemkette ist der führende Hersteller in der Entwässerungstechnik in der Lage, unter Berücksichtigung der Anforderungen die jeweils passenden Entwässerungslösungen anzubieten. Die aus Polymerbeton gefertigte KerbDrain Bridge zum Beispiel ist eine Hohlbordrinne, die Bordstein bzw. Schrammbord und Entwässerung miteinander kombiniert und als lineares Entwässerungselement im Randbereich von Brücken eingesetzt wird. Somit befinden sich keine Entwässerungsbauteile mehr im Nutzungsbereich, die permanent überfahren werden und bei Asphaltund Markierungsarbeiten stören. Mit ihrer sehr flachen Einbautiefe, hohen Entwässerungsleistung, anprallstabilen Konstruktion und vergleichbarer Richt-

zeichnungsanforderung erfüllt die neue Rinne sämtliche Ansprüche des Marktes. Die Rinnenelemente der Belastungsklasse D 400 sind werkseitig mit einer EPDMDichtung ausgestattet und schützen somit Auflager und Brückenkonstruktion vor auslaufendem belastetem Oberflächenwasser. Die Vorzüge der KerbDrain Bridge kommen vor allem in Situationen mit geringem Längsgefälle zum Tragen, sogar der Anschluss der zu entwässernden Fahrbahn ist hier ohne weitere Maßnahmen stets möglich. Da bei der Sanierung von Brückenentwässerungen in der Regel nur die Oberteile der Abläufe ersetzt werden, wurden dafür bisher entweder standardisierte oder aber individuell angefertigte und deshalb kostenintensive Elemente verwendet. Speziell für Sanierungszwecke wurden von ACO nun die Aufsätze Multitop Universal aus Gusseisen EN-GJS in der Belastungsklasse D 400 gemäß DIN EN 124 und DIN 1229 entwickelt: Die geringe Rahmenhöhe, der große Flansch und die multifunktionale am Aufsatz montierbaren Abdeckplatten ermöglichen es, diese Aufsätze oberhalb eingebauter Ablaufunterteile unterschiedlicher geometrischer Formen anzubringen. Das Ablaufoberteil kann also durch die bedarfsgerechte Montage der in Fahrtrichtung rechtsoder linksseitig anzuordnenden Abdeckplatte jederzeit an die örtlichen Gegebenheiten angepasst werden. Mit einem Minimum an Bauteilen bietet ACO mit dem Brückensanieraufsatz Multitop

KerbDrain Bridge als lineare Hohlbordrinne © ACO Tiefbau Vertrieb GmbH

Austauschbare Aufsätze für alle Ablaufunterteile © ACO Tiefbau Vertrieb GmbH

Universal eine effiziente und schnelle Lösung, was die Bauabwicklung vereinfacht und Kosten minimiert. Der Brückensanieraufsatz von ACO lässt sich im Übrigen aber auch in Fußgängerbereichen einbauen, erfüllt er mit einer Schlitzweite von 23 mm und einer -länge kleiner 170 mm doch höchste Sicherheitsanforderungen. Der durch ein Scharnier bis ca. 110° aufklappbare Rost ist verkehrssicher, einfach zu bedienen und mit einer schraublosen, wartungsfreien Arretierung aus Edelstahl ausgestattet. Wie alle Multitop-Brückenabläufe ist er zur Reduzierung von Klappergeräuschen ebenfalls mit einer dämpfenden Pewepren-Einlage im Rahmen versehen. www.aco-tiefbau.de

Edler Zettelhalter von Siebensachen

»Brücke« als Ordnungshilfe Wie ein offenes Buch präsentiert »Bridge« genau das, was sonst im Stapel verschwindet: Briefe, Postkarten, Rechnungen, Fotos und vieles andere mehr. So ist der edel glänzende Zettelhalter sogar auf den Arbeitstischen jenes Designstudios, das ihn entworfen hat, längst unverzichtbar geworden – und er wird es auch überall dort sein, wo die analoge Korrespondenz aus Papier nach Ordnung ruft. »Bridge« besteht aus Stahlblech, wird mit oder in Kupfer beschichtet und hat Abmessungen von 210 mm x 85 mm x 80 mm. Kreiert von Adam + Harborth, wird diese zweifelsohne edel anmutende Bürohilfe in kleinen Werkstätten in Taipeh manufakturell gefertigt, ist also keine Massen-

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Analoge Zwischenablage mit Mehrwert © Siebensachen by Adam + Harborth

ware, zumal ihre Gestaltwerdung eine aufwendige Politur der Oberfläche einschließt und sie zudem noch eine galvanische Versiegelung mit Kupfer erfährt. Wer eine solch schmucke und (erstaunlicherweise) nur 29,90 € kostende Brücke sein Eigen nennen möchte, sucht am

besten die Internetseite von Siebensachen auf, denn die Bestellung erfolgt direkt über die Designer bzw. über den von ihnen gegründeten und betriebenen Onlineshop ebenjenes Namens. www.siebensachen.com


PRODUKTE UND PROJEKTE Effiziente Lösung von Light & Concrete Technologie

Sicherheit und Orientierung im Außenbereich In der dunklen Jahreszeit sind Fußgänger besonders gefährdet: Die LichtbetonLösungen der Light & Concrete Technologie (LCT) aus Österreich haben das Potential, die Sicherheit beim Überqueren der Straße zu erhöhen, indem sie für zusätzliche Lichtakzente im Bodenbereich sorgen. Bei den seit kurzem auch in Deutschland erhältlichen LightStones von LCT handelt es sich um Betonplatten mit integriertem LED-Licht, die sich zur Verwendung im privaten wie öffentlichen Raum eignen. Das Produkt erfüllt nicht nur hohe gestalterische Ansprüche, sondern auch wichtige Funktionen in puncto Orientierung und Sicherheit – und ist zudem energieund kostensparend. Diese Lichtbetonplatten lassen sich mit der Ampelregelung gleichschalten, wobei ein optisches Signal in der Farbe der Ampelphase gesendet wird. Sie erlauben

aber ebenso die Realisierung des Konzepts »Light on Demand«. Das heißt, an Übergängen, deren Ampelregelung nachts deaktiviert ist oder wo überhaupt keine Ampeln vorhanden sind, werden die LightStones mit Hilfe von Sensoren aktiviert – und der Autofahrer erkennt dann besser, wenn jemand die Straße überqueren will. Eine weitere Option ist ihre Anordnung an und bei Wohngebäuden, idealerweise in Kombination mit Bewegungsmeldern oder Zeitschaltuhren. Ein solches Zusammenspiel kann man mit den LightStones von LCT auf Wegen, Terrassen oder an Fassaden nachgerade perfekt umsetzen – als eine Präventivmaßnahme gegen Einbrüche oder aber einfach zur Orientierung im Dunkeln. www.lct.co.at

Referenzbeispiele: Wohngebäude und Straßenübergänge © LCT Ges. mbH

Lösung mit integrierter Wärmebildkamera von Flir

Betonüberwachung samt Profilierungstechnologie Flir Systems Inc. hat mit dem intelliRock™ III das erste Betondicken- und -temperaturprofilierungstool mit integrierter Wärmebildkamera auf den Markt gebracht. Ausgestattet mit dem Flir Lepton® Miniwärmebildkameramodul, ermöglicht es den sofortigen Zugriff auf alle Daten und Benachrichtigungen, die notwendig sind, um Projekte fortlaufend zu überwachen, eine maximale Betonqualität und die Einhaltung aller Vorgaben und Fristen zu gewährleisten. Das intelliRock-System der dritten Generation ist das einzige Betonüberwachungstool mit Profilierungstechnologie, mit dem sich Ablösungen erkennen, die Dämmleistung überwachen und die Temperaturen von Aushärteboxen und

Betonproben sowie weitere Temperaturextreme anzeigen lassen. Außerdem liefert es Echtzeitinformationen, die zur sichereren und effizienteren Handhabung der beim Betonieren erforderlichen Arbeitsabläufe unabdingbar sind. Das intelliRock-III-System vermag bis zu 999 Bilder zu speichern und bietet neben einer drahtlosen Fernbedienung eine Funktion zur Kommunikation über das LTE-Mobilfunknetz und eine cloudbasierte Software, mit der wichtige Daten über ein mobiles Endgerät bequem zur Berichterstellung übertragen, gespeichert und angezeigt werden können. Zur Datenübertragung auf den Computer steht im Übrigen eine entsprechende Bluetooth®-Verbindungsfunktion zur Verfügung.

Unterbrechungsfreie Protokollierung als Vorzug © FLIR Systems Inc.

Und: intelliRock ist das einzige System mit unterbrechungsfreier und nicht veränderbarer Protokollierung, die immer gültige und zuverlässige Daten liefert. Ein gleitskalabasierter DatenloggerVergleich hilft den Anwendern, die Genauigkeit der Differentiale sicherzustellen und thermische Spannungsrisse sowie potentielle strukturelle Defekte im Beton zu vermeiden. www.flir.com

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S O F T WA R E U N D I T Betriebswirtschaftliches »Werkzeug« von Weise

Business-Cockpit als (eine) Neuerung Sind alle laufenden Projekte betriebswirtschaftlich »im grünen Bereich«? Welche Honorare sind schon bezahlt, und welche stehen noch zu welchen Zahlungsterminen aus? Und gibt es noch Auftragsreserven? Planern fehlt häufig die Zeit, um sich mit solchen lästigen, unternehmerisch aber enorm wichtigen Fragen zu beschäftigen, im Übrigen oft genauso wie mit der kontinuierlichen Kontrolle betriebswirtschaftlicher Daten. Controllingwerkzeuge wie das BusinessCockpit der Honorar-Software HOAI-Pro 2018 von Weise kümmern sich nun quasi im Hintergrund darum, ob sämtliche Kenndaten korrekt sind und die entsprechenden Prozesse ordnungsgemäß ablaufen: Wie von einer Schaltzentrale oder

Einfache Handhabung und größtmögliche Anschaulichkeit © Weise Software GmbH

einem Cockpit aus kann der Büroverantwortliche mit dem Modul »Business Cockpit« alles kontrollieren und steuern, denn das neue Modul von Weise Software bündelt zentral jegliche Einheiten und Aspekte, wobei übersichtliche Tabellen und Graphiken für die unabdingbare Anschaulichkeit der ökonomischen Entwicklung sorgen. Das heißt, mit dem Business-Cockpit müssen Soll- und Ist-Daten für einen tagesaktuellen Überblick über die Erlössituation nicht erst umständlich aufbereitet werden, da dynamische Reportingund Filterfunktionen die erforderlichen Auswertungen in Echtzeit vornehmen, was ein rechtzeitiges Agieren und, sofern notwendig, Gegensteuern ermöglicht – dank einer lückenlosen Kontrolle, die vom Auftrag bis zum Zahlungseingang reicht. Ein automatischer Import von Kontoauszügen über das standardisierte CSV-Datenformat vereinfacht und beschleunigt zudem die Erfassung von Zahlungseingängen, die sich hier wiederum beliebig kommentieren, nach Absender, Erstellungsdatum, Status etc. sortieren, gruppieren und filtern lassen. www.weise-software.de

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N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E Auslobung der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau

Bayerischer Ingenieurpreis 2019

Aufruf zur Teilnahme © Bayerische Ingenieurekammer-Bau

Die Bayerische Ingenieurekammer-Bau verleiht 2019 zum zehnten Mal ihren Ingenieurpreis – für herausragende Projekte und Leistungen von am Bau tätigen Ingenieuren. Das heißt, dieser Ingenieurpreis rückt kreative Ansätze und das technische Können der Ingenieure in den Fokus, ohne die unsere moderne Gesellschaft undenkbar wäre. »Angesichts der technologischen und gesellschaftlichen Herausforderungen der Zukunft gewinnen herausragende Ingenieurleistungen

und technische Innovationsstärke eine immer größere Bedeutung« so Prof. Dr.Ing. Norbert Gebbeken, Präsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau. »Der Ingenieurpreis würdigt das zukunftsorientierte Denken und die komplexe Kreativität der Ingenieure, die für die ökonomische und baukulturelle Entwicklung unserer Gesellschaft unabdinglich sind.« Die Bewerbungsfrist läuft bis zum 19. Oktober 2018. Dotiert mit 10.000 €, werden hier Ingenieurleistungen, Projekte und Bauwerke prämiert, die beispielsweise durch ihre Bauweise, technisch anspruchsvolle Konstruktionsprinzipien oder den Einsatz neuer Baustoffe und innovativer Techniken überzeugen. Ausdrücklich erwünscht sind auch zukunftsorientierte Lösungen, die sich durch ein besonders ressourcenschonendes Planen und Bauen, eine herausragende Energieeffizienz oder den konsequenten Einsatz erneuerbarer Energien und nachwachsender Rohstoffe auszeichnen. Eingereicht werden können sämtliche aus den Fachbereichen der Ingenieurwissenschaft und -praxis im Bauwesen hervorgegangenen Projekte ohne Größen- und Umfangsregularien, wobei kleine Detailideen ebenso berücksichtigt werden wie komplexe Konzepte. Ihre Bewertung erfolgt gemäß nachstehenden Kriterien:

– Konzeption und Realisation – Originalität und Kreativität – Ingenieurleistung und Innovationskraft – Funktionalität und Praxistauglichkeit – Umweltverträglichkeit und Nach haltigkeit – Nutzung neuer Technologien – Wirtschaftlichkeit und Kosten-Nutzen Verhältnis Als Preisrichter haben folgende Repräsentanten aus Wissenschaft, Technik, Forschung, Fachwelt und Verwaltung zugesagt: – Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Markus Aufleger, Universität Innsbruck – Prof. Dr.-Ing. Hans Bulicek, Technische Hochschule Deggendorf – Prof. Dr.-Ing. Norbert Gebbeken, Bayerische Ingenieurekammer-Bau – Dipl.-Ing. Karl Wiebel, Oberste Bau behörde im Bayerischen Staatsminis terium des Innern, für Bau und Verkehr – Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn, Verlagsgruppe Wiederspahn – Dipl.-Ing.(FH) Ralf Wulf, Bayerische Ingenieurekammer-Bau Die komplette Auslobung inklusive aller Detailinformationen und des Bewerbungsformulars stehen im Internet ab sofort zum Download zur Verfügung. www.bayerischer-ingenieurpreis.de www.bayika.de

Entwicklungsprojekt zweier Fraunhofer-Institute

Korrosionsschutz aus Kartoffelstärke Allein in Deutschland werden jährlich 100.000 t an Beschichtungsstoffen für den Korrosionsschutz produziert, wobei der Anteil biobasierter, umweltfreundlicher Lösungen bisher gering ist, da sie meist zu teuer sind oder aber den Anforderungen nicht standhalten können. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Polymerforschung IAP haben sich nun in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA dieser Lücke angenommen und entwickeln eine kostengünstige Beschichtung auf Basis nachwachsender Rohstoffe. Das heißt, durch den Einsatz modifizierter Kartoffelstärke ließ sich ein Weg finden, um eine nachhaltige und vor allem preiswerte Alternative zur Praxisreife führen

zu können. »Im Bereich Farben und Lacke wurde Stärke bis jetzt meist nur als Additiv verwendet. Wir haben nun mit der Stärke als Hauptkomponente einer wasserbasierten Dispersion vielversprechende Haftungsergebnisse erzielt«, so Christina Gabriel, Fraunhofer IAP in PotsdamGolm. Im Fokus der Forschung stehen Farben und Lacke für und damit die Beschichtung von Metallen im Innenraum, wie zum Beispiel Aluminium, das für Feuertüren, Computergehäuse oder Fensterrahmen genutzt wird. Am Fraunhofer IPA werden im Übrigen auch jene Tests vorgenommen, in denen die Langzeitstabilität überprüft wird. In einem nächsten Schritt sollen dann Korrosionsbeständigkeit und Haftfestigkeit der modifizierten Stärke auf unter-

schiedlichen Metalluntergründen untersucht werden. Darüber hinaus werden neue »Rezepturen« erprobt, um die Eigenschaften der Beschichtungen noch weiter zu optimieren. »Neben dem bisher getesteten Aluminium sollen mit Stahl und verzinktem Stahl zwei weitere wichtige Gebrauchsmetalle getestet werden«, so Gabriel. »Unsere Untersuchungen zeigen, dass Stärkeester mit ihren guten Filmbildungs- und sehr guten Haftungseigenschaften auf verschiedenen Materialien das Potential besitzen, zukünftig eine hervorragende Alternative zu erdölbasierten Filmbildnern darzustellen.« www.fraunhofer.de

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N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E 25-jähriges Bestehen von Kohlhauer

Spezialist mit hohem Renommee Mit dem Anspruch, Qualität an Lärmschutzwänden für das neue Europa zu erzeugen, beweist Kohlhauer seit nunmehr 25 Jahren Flexibilität, Vielseitigkeit, Kundennähe und Geduld: Seit 1993, als Reinhard Kohlhauer die R. Kohlhauer GmbH gründete, begreift sich das Unternehmen als ein Systemlieferant für Lärmschutz – und ist inzwischen zu einer internationalen Marke gewachsen. Anfang Mai 2018 wurde im Unimog-Museum in Gaggenau das 25-jährige Bestehen deshalb gebührend gefeiert. Im Jahr 2007 gründete Reinhard Kohlhauer zudem die Alfa Bond Kohlhauer Sp. z o.o., die insbesondere den polnischen Markt bearbeitet, und 2009 die Kohlhauer East Group SIA, welche die skandinavischen und baltischen Länder sowie Russland und mittlerweile auch die Golfstaaten bedient. Die asiatischen Bestrebungen führten seit den ersten Schritten 2012 dann im Jahr 2017 zur Beteiligung an einer indischen Firma. Über diese Technocrats-Kohlhauer Infrastructure priv. ltd sollen langfristig der asiatische Raum und die Golfstaaten beliefert werden können – selbstredend mit deutschem Qualitätsanspruch. Umfassendes Wissen und Erfahrung in der Detailplanung, der Logistik, der Bearbeitung und der Herstellung von Systemkomponenten für Lärmschutzprojekte an Straße und Schiene werden von jeher europaweit, ja jetzt sogar weltweit angeboten. Systempartnerschaften in Europa und Asien betreuen zudem die Investoren in den unterschiedlichen Märkten und schaffen Lösungen für die lokalen Ansprüche. Den Anforderungen des Marktes entsprechend spielt die konstruktive Kooperation mit führenden Rohstoffherstellern und -lieferanten eine wichtige Rolle. Mit

neuartigen Produkten, einem transparenten und absorbierenden System für die Bahn sowie einem weiteren hat Kohlhauer mit seinen Eigenentwicklungen einen neuen Standard gesetzt und sich damit in der Branche einen Namen gemacht. Mit über 1 Mio. m² produzierten und verkauften Lärmschutzprodukten erreichte die Gruppe im Jahr 2017 ihren bisherigen Höchststand, den sie in den nächsten Jahren weiter ausbauen will. Nach einem guten Jahr 2017 ist Kohlhauer auch für 2018 mit der Auftragslage sehr zufrieden und sieht durch bereits vorliegende Aufträge bis 2021 optimistisch in die Zukunft. Höhepunkt des letzten Jahres war das Projekt an der Autobahn A 3, die Talbrücke Heidingsfeld, denn der Gestaltungsentwurf mit einem durchlaufenden höhenveränderten Band in abgeknickter Form mit Brückenradien und Gradientenveränderung verlangte allen Beteiligten hohe Konzentration von der Planung bis zur Montage ab. Reinhard Kohlhauer berichtete in seiner Begrüßungsansprache von 25 Jahren Kampf und Einsatz sowie Höhen und Tiefen. Spaß an der Arbeit und viel Kreativität war laut Kohlhauer immer dabei. Dankesworte richtete der Firmenchef an seine 30 Mitarbeiter im In -und Ausland sowie an seine zahlreichen Partner. Bürgermeister Michael Pfeiffer hob bei der Feierstunde unter anderem die Innovationskraft, das länderübergreifende Wirken und die kundenorientierten, maßgeschneiderten Rundumpakete der Firma Reinhard Kohlhauer hervor. »Wir haben einen Lärmschutzspezialisten direkt bei uns in Gaggenau – und zwar einen, der hohes Renommee genießt.« Man könne dem Firmenchef attestieren, dass er als Firmengründer vor 25 Jahren eine kluge

Ilja Lifschiz, Reinhard Kohlhauer und Michael Pfeiffer (v.l.n.r.) © R. Kohlhauer GmbH

Qualitätvollste Lärmschutzwände seit 25 Jahren © R. Kohlhauer GmbH

Weitsicht bewiesen und den Finger am Puls der Zeit gehabt habe, betonte Pfeiffer. Hartmut Basanow, Geschäftsführer des Verbandes für Lärmschutz an Verkehrswegen, betonte, dass die Firma Kohlhauer zu den großen Anbietern in Deutschland und weltweit zähle. Kohlhauer gehe keine Kompromisse in puncto Qualität ein. Zu den Gratulanten gehörte zudem Ilja Lifschiz von der Industrie- und Handelskammer (IHK), der von einem nachhaltigen Geschäftsmodell bei Kohlhauer sprach. Eine breite Palette an Lösungen biete die Kohlhauer-Gruppe im Bereich Lärmschutz an, wobei er auch die Integration von Photovoltaikanlagen in Lärmschutzwänden erwähnte. Und er überreichte an Reinhard Kohlhauer eine Ehrenurkunde der IHK zum 25-jährigen Firmenbestehen. www.kohlhauer.com

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Projekthöhepunkt in 2017: Talbrücke Heidingsfeld mit besonderem Gestaltungsanspruch © R. Kohlhauer GmbH

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N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E Auszeichnung in zwei Kategorien

Deutscher Brückenbaupreis 2018 Die Bleichinselbrücke über den Neckar in Heilbronn und die instandgesetzte historische Schaukelbrücke in Weimar sind die Gewinner des Deutschen Brückenbaupreises 2018, für die dabei erbrachten großartigen Ingenieurleistungen erhielten Andreas Keil von sbp schlaich bergermann partner, Stuttgart, sowie Johann Philipp Jung, Klassikstiftung Weimar, und Oliver Hahn, Weimarer Ingenieurbüro für Bauwerkserhaltung, die begehrte Preisskulptur. Die Bleichinselbrücke als Bauwerk in der Kategorie »Straßen- und Eisenbahnbrücken« überzeugte die Jury mit ihrer Eleganz und der raffinierten Knotenkonstruktion zur Bündelung der Stützen. »Sie erhält den deutschen Brückenbaupreis, weil es den Ingenieuren hervorragend gelungen ist, in diesem Bauwerk alle Anforderungen an ein schönes, wartungsarmes und preiswertes Bauwerk in überzeugender Form zu erfüllen. Das flache, breite Fahrbahndeck führt scheinbar schwebend über den Neckar, die unterschiedlich geneigten Stützen schaffen unter der Brücke einen Raum von höchster Aufenthaltsqualität«, so die Jury. Die Erhaltung der zu Goethes Zeiten errichteten Schaukelbrücke im Park an der Ilm in Weimar ist laut Jury ein Paradebeispiel des verantwortungsvollen Umgangs mit dem baukulturellen Erbe: »Diese Sanierung wird mit dem Deutschen Brückenbaupreis 2018 in der Kategorie ›Fuß- und Radwegbrücken‹ ausgezeichnet, weil die Ingenieure dabei mutig neue Wege jenseits standardisierter Pfade gewagt haben. Indem sie das historische Tragwerk in seine Elemente zerlegt, analysiert und experimentell begutachtet haben, gelang es ihnen, das historische Original voll funktionsfähig und schaukelnd erlebbar zu erhalten.«

Dokumentation zum Download © Verband Beratender Ingenieure/Bundesingenieurkammer

Eine Dokumentation, in der die beiden ausgezeichneten und alle nominierten Tragstrukturen dokumentiert sind, steht auf der (fast) gleichnamigen Internetseite zum Download zur Verfügung, im Übrigen genauso wie die Jurybegründung und reichlich Bildmaterial. www.brueckenbaupreis.de

Weiterbildendes berufsbegleitendes Zertifi katsstudium an der Bauhaus-Universität Weimar mit dem Abschluss

Fachingenieur/in für Brückenbau Inhaltliche Schwerpunkte: Grundlagen und Entwurf – Tragsysteme – Modellbildung und Analyse – Konstruktive Durchbildung – Herstellungsverfahren und Montageplanung – Spezialkonstruktionen – Bauwerksmanagement – Projektmanagement Studienbeginn: 16. November 2018 9 Präsenzphasen jeweils freitags bis samstags, 15 ECTS Studiengebühren: 3.690,00 Euro zzgl. 250,00 Euro Prüfungsgebühr zzgl. Semesterbeitrag Studentwerk Thüringen

Weitere Informationen erhalten Sie unter www.wba-weimar.de WBA | Bauhaus Weiterbildungsakademie Weimar e.V. Coudraystraße 13A | 99423 Weimar | Telefon: 0 36 43/58 42 21

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N AC H R I C H T E N U N D T E R M I N E Generationswechsel bei WTM Engineers

Tradition und Weitblick als Basis WTM Engineers, vor über 80 Jahren in Hamburg gegründet, zählt heute mit mehr als 250 Mitarbeitern zu den großen unabhängigen Ingenieurbüros in Deutschland. Basierend auf der hanseatischen Tradition, das Unternehmen mit Weitblick nachhaltig und verantwortungsvoll zu leiten, hat sich die Führungsmannschaft nun erweitert und einen Generationswechsel vollzogen. Damit wird auf Kontinuität gesetzt, wobei man sich für die Herausforderungen der Zukunft gut aufgestellt sieht. So besteht der Kreis der geschäftsführenden Gesellschafter heute aus den schon bisher in dieser Funktion tätigen Dr. Ulrich Jäppelt, Dr. Stefan Ehmann, Dr. Alexander Steffens und Dr. Hans Scholz, zum Jahreswechsel ergänzt um Dr. Thomas Schadow und Dr. Gerhard Zehetmaier. Die beiden Geschäftsführer Dr. Otto Wurzer und Helmut Heiserer vertreten weiterhin den Standort München.

Helmut Heiserer, Alexander Steffens, Thomas Schadow, Ulrich Jäppelt, Otto Wurzer, Stefan Ehmann, Hans Scholz, Gerhard Zehetmaier (v.l.n.r.) © WTM Engineers GmbH

Dr. Karl Morgen hat nach über drei Jahrzehnten, in denen er das Ingenieurbüro maßgeblich entwickelt und geformt hat, seine Unternehmensverantwortung an die nächste Generation übergeben. Dr. Schadow ist bereits seit mehreren Jahren in verantwortlicher Position bei WTM Engineers beschäftigt, Dr. Zehetmaier bringt nach langjähriger nationaler und internationaler Tätigkeit in einem großen deutschen Bauunternehmen seine Erfahrungen jetzt bei WTM Engineers ein.

Dr. Morgen bleibt WTM Engineers als Beratender Ingenieur sowie als Prüfingenieur für Bautechnik und als EBA-Prüfingenieur auch künftig erhalten. Für seine bisherige Tätigkeit, seine freundschaftliche Verbundenheit sowie seine Bereitschaft, das Unternehmen weiterhin zu begleiten, danken ihm die heute Verantwortlichen ganz herzlich. www.wtm-engineers.de

Erweiterte und aktualisierte Auflage im Beuth Verlag

Digitales Miteinander in neuen Dimensionen »BIM – Das digitale Miteinander« be- und »Planen, Bauen und Betreiben in neuen Dimensionen« untertitelt, versteht sich diese Veröffentlichung als Managementanleitung. Das heißt, der Autor zeigt hier anschaulich, wie sich BIM in Unternehmen und in Projekte implementieren lässt. Dabei benennt er natürlich ebenso Ansatzpunkte und gemeinsame Begrifflichkeiten, die das bisherige Miteinander von Planern, Bauherren und Ingenieuren beeinflussen werden.

Der Inhalt wird durchgehend von BestPractice-Beispielen begleitet, welche verdeutlichen, wie eine zielorientierte Arbeit mit BIM aussehen kann oder sollte, wobei Schwierigkeiten wie der mögliche Mehrwert gleichermaßen thematisiert werden. Gegliedert sind die in Summe 234 Seiten daher in Kapitel, wie unter anderem – Grundlagen und Begriffe, – Fehler in der Kommunikation, – Prozesse, Richtlinien, Technologien, – BIM-Implementierung sowie – Change-Management. Das von Dipl.-Ing. André Pilling verfasste und jetzt in einer zweiten, erweiterten und aktualisierten Auflage erschienene Buch aus dem Beuth Verlag kostet 52 € und ist im einschlägigen Fachhandel zu erwerben. www.beuth.de

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Managementanleitung für Ingenieure © Beuth Verlag GmbH


BRANCHENREGISTER AUTOMATISCHE SYSTEME

Alpin Technik und Ingenieurservice GmbH Plautstraße 80 04179 Leipzig Tel.: +49/341/22 573 10 www.seilroboter.de www.alpintechnik.de

BAUWERKSÜBERWACHUNG UND ERDBEBENSCHUTZ

mageba gmbh Im Rinschenrott 3a 37079 Göttingen germany@mageba.ch

CPIC Bridge & Steel Constructions GmbH Fanny-Zobel-Straße 9 12435 Berlin Tel.: +49 30 552 46 035 Fax: +49 30 915 73 479 mail@cpic.de www.cpic.de

Maurer SE Frankfurter Ring 193 D-80807 München Tel.: +498932394-0 Fax: +498932394-329 www.maurer.eu

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BOLZENSCHWEISSGERÄTE

Köster & Co. GmbH Spreeler Weg 32 58256 Ennepetal Tel.: +49/23 33/83 06-0 Fax: +49/23 33/83 06-38 Mail: info@koeco.net www.koeco.net

BRÜCKENLAGER UND FAHRBAHNÜBERGÄNGE

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KOPFBOLZEN

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BRANCHENREGISTER INJEKTIONSTECHNIK

DESOI GmbH Gewerbestraße 16 D-36148 Kalbach Tel.: +49 66 55/96 36-0  Fax: +49 66 55/96 36-6666 E-Mail: info@desoi.de www.desoi.de

LÄRMSCHUTZWÄNDE

PROJEKTRAUM FÜR DMS, PLANUND NACHTRAGSMANAGEMENT

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STAHLBAU

R. Kohlhauer GmbH Draisstr. 2 76571 Gaggenau Tel.: 0 72 25/97 57-0  Fax: 0 72 25/97 57-26 E-Mail: info@kohlhauer.com www.kohlhauer.com

NICHTROSTENDE BEWEHRUNG

Swiss Steel AG Emmenweidstrasse 90 CH-6020 Emmenbrücke Tel.: +41 4 12 09 51 51 E-Mail: bauprodukte@swiss-steel.com www.swiss-steel.com

Stahlbau Magdeburg GmbH Berliner Chaussee 106–112 39114 Magdeburg Tel.: 09 31/85 09-0  Fax: 09 31/85 09-109 E-Mail: info@stahlbau-magdeburg.de www.stahlbau-magdeburg.de

SCHWINGUNGSISOLIERUNG

Getzner Werkstoffe GmbH Herrenau 5 6706 Bürs, Österreich Tel.: +435552 201 0  Fax: +435552 201 1899 E-Mail: info.buers@getzner.com www.getzner.com

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... der informative Serviceteil im BRÜCKENBAU

Auf diesen Seiten könnte auch Ihr Eintrag im Branchenregister stehen. Die Stichwortüberschrift ist von Ihnen frei wählbar, wir benötigen lediglich Ihr Logo und die von Ihnen gewünschten Angaben zu Ihrem Unternehmen. Ein Bestellformular mit Informationen finden Sie auf unserer Homepage unter www.zeitschrift-brueckenbau.de. Für Fragen und weitere Informationen steht Ihnen gerne Frau Leitner zur Verfügung. Mail: brueckenbau@verlagsgruppe-wiederspahn.de oder Tel.: 06 11/84 65 15

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EXKURSIONEN UND TOUREN PLANUNG UND MODERATION VON FIRMENEVENTS


IMPRESSUM

BRÜCKENBAU ISSN 1867-643X 10. Jahrgang Ausgabe 3 . 2018 www.zeitschrift-brueckenbau.de Herausgeber und Chefredakteur Dipl.-Ing. Michael Wiederspahn mwiederspahn@verlagsgruppewiederspahn.de Verlag

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Biebricher Allee 11 b D-65187 Wiesbaden Tel.: +49 (0)6 11/84 65 15 Fax: +49 (0)6 11/80 12 52 www.verlagsgruppewiederspahn.de Anzeigen Ulla Leitner Zur Zeit gilt die Anzeigenpreisliste vom Januar 2018. Satz und Layout Christina Neuner Bilder Titel und Inhaltsverzeichnis Osman-Gazi-Brücke in Istanbul, Türkei © Maurer SE Druck Schmidt printmedien GmbH Haagweg 44, 65462 Ginsheim-Gustavsburg Erscheinungsweise und Bezugspreise Einzelheft: 14 Euro Doppelheft: 28 Euro Sonderpreis Tagungsband: 48 Euro Abonnement: Inland (4 Ausgaben) 56 Euro Ausland (4 Ausgaben) 58 Euro Der Bezugszeitraum eines Abonnement beträgt mindestens ein Jahr. Das Abonnement verlängert sich um ein weiteres Jahr, wenn nicht sechs Wochen vor Ablauf des berechneten Bezugszeitraums schriftlich gekündigt wird. Copyright Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlags in irgendeiner Form reproduziert oder in eine von Maschinen verwendbare Sprache übertragen werden. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlags strafbar. Beilage Die Gesamtauflage von Ausgabe 3 ∙ 2018 enthält eine Beilage der R. Kohlhauer GmbH.


MAURER Schwenktraversen-Dehnfugen IZMIT BAY BRIDGE, IZMIT, TÜRKEI | 4. LÄNGSTE HÄNGEBRÜCKE DER WELT MIT HOHEN ERDBEBEN ANFORDERUNGEN

Anwendung: Der Einbau von MAURER Schwenktraversen soll die Hängebrücke befahrbar machen und im Falle eines Erdbebens vor horizontaler Überlast schützen. Vorteile: • Uneingeschränkte Aufnahme der spezifizierten Bewegungen und gleichzeitige Übertragung von Verkehrslasten • Überfahrbarkeit der Dehnfuge für Notfallfahrzeuge nach Erdbebenfall • Überlastschutz des Brückendecks von zu großen Horizontalkräften • Wartungsfreie Dehnfuge

• Langlebigkeit durch hohe Qualität der verwendeten Materialien • Erdbebenverschiebung in Brückenlängsrichtung von ca. 4 m • 10 x höhere Verschiebegeschwindigkeit im Servicebetrieb von bis zu 20 mm/sek • Korrosionsschutz durch wasserdichte Mittelträgerverbindung

MAURER SE | Frankfurter Ring 193 | 80807 München Telefon +49.89.323 94-0 | Fax +49.89.323 94-306 | www.maurer.eu

Referenzen: • Bahia de Cadiz, Spanien • Hochmoselübergang, Deutschland • Izmit Bay Bridge, Izmit, Türkei • Mainbrücke Randersacker, Deutschland • Rheinbrücke Schierstein, Deutschland • Rion Antirion, Griechenland • Russky Island Brigde, Wladiwostok, Russland • Tsing Ma, China • Viadukt Millau, Frankreich

forces in motion


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