Vincent und der Waschkobold

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Verlag

Monika Fuchs



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Monika Fuchs


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Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-940078-23-0 © 2011 by Verlag Monika Fuchs | Hildesheim Layout & Satz: MedienBüro Monika Fuchs www.medienbuero-fuchs.de Illustrationen & Umschlaggestaltung: Katharina Arendt http://www.arendt-artdesign.de Printed in EU 2011


Inhaltsverzeichnis

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Ein neuer Freund für Vincent Das Pustetier Die Reise beginnt Die Erdmännlein Wie Schnurzi der Regenkobold wurde Kaputtnich, der Erfinder Flutschi, der Pfannkuchenkoch Giese Kann, der Gartenkobold Irmchen und Harzi Abschied vom Waschkobold

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Der Autor: Wolfgang Wegner Die Illustratorin: Katharina Arendt Liebe Eltern!

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1 Ein neuer Freund für Vincent

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etzt noch nicht!«, ruft Vincent aus dem Kinderzimmer. Er hat auch heute keine Lust auf Seife, Shampoo und Wasser. Das brennt in den Augen. Und dann immer diese Rubbelei, zuerst mit dem Waschlappen, dann mit dem Handtuch! Vincent hasst das. Außerdem ist er vor ein paar Wochen vier Jahre alt geworden und gehört nun im Kindergarten zu den »Größeren«. Und die dürfen länger aufbleiben. Hat Vincent beschlossen. »Doch! Jetzt!«, ruft Papa. »Geh ins Bad! Ich muss dich duschen. Du hast bestimmt noch Sand vom Spielplatz hinter den Ohren!« »Noch fünf Minuten!« Vincent hockt auf dem Boden, umgeben von einer ganzen Menge Bausteine. Vor ihm steht ein Feuerwehrauto, das schon fast fertig ist. Er ist ganz vertieft darin, die kleinen bunten Legobausteine zusammenzusetzen. Gleich wird Papa wieder rufen. Doch dann klopft es an die Tür. Zuerst leise, dann etwas lauter.


»Papa, ich kann jetzt nicht ins Bad! Ich muss erst noch das Feuerwehrauto fertig bauen!« Vincent klappert jetzt extra laut mit den Bausteinen, damit man auch hört, wie schwer er arbeitet. »Du, Vincent«, ruft Papa durch die Tür, »da ist Besuch für dich im Bad. Er kommt von ziemlich weit her, glaube ich.« »Wie kommt der denn ins Haus?« Vincent ist wie immer sehr skeptisch, wenn ihm seine Eltern irgend­ eine Geschichte erzählen wollen. »Das weiß ich auch nicht so genau. Warum fragst du ihn nicht einfach selbst. Er scheint ein ganz lustiger Kerl zu sein.« »Na gut, aber ich nehme meinen Detektivausweis mit, falls das ein Dieb ist!« Vincent kramt in einer großen Kiste, wobei Buntstifte, eine Schere und eine Plastikpistole herausfallen. Endlich scheint er gefunden zu haben, was er sucht: einen kleinen bemalten Zettel, auf dem mit krakeliger Schrift »Detektiv Vincent« geschrieben ist. Sogar ein Foto von sich hat er dazugemalt. So ausgerüstet, schleicht Vincent sich zum Bad. Vorsichtig öffnet er die Tür einen kleinen Spalt und späht hinein. Nichts zu sehen. Jetzt wird er mutiger, macht die Tür ganz auf und springt zur Badewanne. »Papa, du hast geschwindelt!« Schon will Vincent sich umdrehen und wieder hinausgehen, da hört er hinter sich aus der Ecke eine Stimme: »Dein Papa hat nicht geschwindelt, ich bin wirklich da, guck doch mal her.« Vincent will um Hilfe rufen, so sehr hat er sich erschrocken, doch dann denkt er sich: »Ich bin doch zuhause, hier kann mir nichts passieren – und ich bin Detektiv!«


Also nimmt er seinen ganzen Mut zusammen und dreht sich um – doch da ist nichts. »Komm raus, ich bin Detektiv!«, ruft Vincent. »Ich muss nirgendwo rauskommen, ich steh doch vor dir. Ich bin der Waschkobold.« »Ich sehe dich aber nicht!« Vincent sucht mit seinen Augen das ganze Badezimmer ab. »Du musst nur ganz fest an Kobolde denken, dann klappt das schon.« Vincent denkt jetzt ganz fest an Kobolde, obwohl er gar nicht so richtig weiß, was man bei Kobolden denken soll. Und tatsächlich: Vor ihm steht plötzlich eine Gestalt mit wuscheligen Haaren. Der Kobold trägt ein weißes T-Shirt und eine blaue, etwas zu kurze Hose. Im Gürtel der Hose stecken ganz viele Waschlappen in allen Farben. Und über die Schulter hat das komische Wesen ein großes Handtuch geworfen. »Na also, es geht doch!«, grinst der Waschkobold. »Du bist also der Vincent.« »Äh, hm, ja«, stottert Vincent. »Und wer bist du?« »Ja, also ich bin ein Kobold aus dem Koboldland. Und ich heiße Waschkobold. Und wie der Name schon sagt, ist es meine Aufgabe, so kleine Kerle wie dich zu waschen. Deshalb bin ich hier.« »Du machst manchmal Streiche und manchmal hilfst du den Menschen, stimmt’s?« Vincent ist wieder etwas sicherer geworden und hat sich an das erinnert, was ihm sein Papa neulich mal über Kobolde erzählt hatte. »Wo kommst du her?«, hakt er nach. »Ich will es dir ganz kurz erklären.« Der Waschkobold macht ein nachdenkliches Gesicht.


»Wir leben ziemlich weit weg. Ganz weit fort von hier liegt das Land der Fantasie. Das ist so riesengroß, dass man nie an sein Ende kommt. Dort leben auch wir Kobolde in unserem Koboldland. Schon seit langer, also ganz langer Zeit. Ihr Kinder würdet wohl sagen: seit eintausendmillionenzweihundert Jahren. Oder so. Auf jeden Fall leben wir da schon seit wirklich sehr langer Zeit. Und wir werden ja auch ziemlich alt.« »Wie alt genau?« Schon wieder eine von Vincents »Genau-Fragen«. Immer muss er alles ganz genau wissen und fragt seinen Eltern Löcher in den Bauch. »Äh, ja, nun«, stottert der Waschkobold, »ungefähr tausendmillio­ nen, nein, hunderttausend, nee, millionentausend, ach, lange einfach, länger als alles andere.« »Länger als die Dinosaurier?« »Ja, natürlich«, antwortet der Waschkobold mit Überzeugung, obwohl er erst einmal einem Dinosaurier begegnet war, einem Plateosaurus, der aber nur Blätter von den Bäumen zupfte und nicht sehr gesprächig war. »Warum hast du keinen Namen?«, bohrt Vincent weiter. »Aber ich habe doch einen Namen: Waschkobold.« »Ich meine, einen richtigen Namen, so wie ich Vincent heiße.« »Ach so.« Jetzt hat der Waschkobold verstanden. »Wenn wir schon als Kinder eine Aufgabe bekommen, dann heißen wir so wie die Aufgabe. Meine Mama hat immer zu mir gesagt: ›Wasch mal das da ab.‹ Der Name war mir aber zu lang, also nenne ich mich nur Waschkobold.« Vincent schüttelt ungläubig den Kopf. So etwas Verrücktes hat er noch nie gehört. Und er will noch mehr wissen.

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»Wäscht du alle Kinder?« »Nein, nur die, die sich von Mama oder Papa nicht waschen lassen, die neugierig sind und viel Fantasie haben. Aber jetzt los.« Vincent zieht sich aus und schon hebt der Waschkobold ihn in die Badewanne. Vincent kann überhaupt nichts mehr sagen, so schnell zieht der Waschkobold einen grünen Waschlappen aus seinem Gürtel. Er macht ihn nass und rubbelt damit über Vincents Gesicht. Dazu singt er sein eigenes Lied:

T: Wolfgang Wegner M: Jo Werner

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Obwohl Vincent eigentlich protestieren will, als der Waschkobold die Dusche anstellt, muss er lachen, denn der Kobold singt so lustig und verzieht dabei das Gesicht zu komischen Grimassen. Bald schwimmt der ganze Dreck aus dem Sandkasten in der Badewanne und Vincent duftet nach frischen Kräutern. »So, Vincent, jetzt kannst du deinen Schlafanzug anziehen.« Der Waschkobold hilft dem Kleinen dabei, richtig in die Hosenbeine zu kommen. »Und ich wünsche dir eine gute Nacht – träum was Schönes.« »Kommst du morgen wieder?« »Möchtest du?« »Ja, ja, du bist so lustig.« Vincent hüpft durch das Badezimmer und nickt dem Waschkobold aufmunternd zu. »Du musst mir dann aber auch ganz viel erzählen, wo du herkommst und wie es da aussieht! Bitte!« »Also gut«, sagt der Kobold und knufft Vincent sanft, »dann komme ich morgen Abend wieder zu dir. Hoffentlich bist du dann nicht ganz so schmutzig. Das war ja eben richtig Schwerstarbeit.« Vincent jubelt und hüpft durch das Bad. Der Waschkobold winkt ihm zu und geht leise aus dem Raum. Noch einmal dreht er sich zu Vincent um: »Morgen komme ich nicht allein. Sei gespannt!« Vincent möchte immer alle Überraschungen gleich kennen. Aber bevor er den Waschkobold fragen kann, ist der auch schon verschwunden.

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2 Das Pustetier

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incent erzählt im Kindergarten allen seinen Freunden vom Waschkobold. Doch keiner will ihm so richtig glauben. »Das hast du doch nur ausgedacht«, sagen sie und Vincent wird traurig. Ob sie wohl recht haben? Nein, denkt er, ich habe den Waschkobold doch gesehen – und heute Abend will er wiederkommen. Fast wie an Weihnachten fiebert Vincent dem Abend entgegen. Er freut sich auf den Waschkobold. Hatte er nicht gesagt, er wird noch jemanden mitbringen? Vielleicht einen anderen Kobold? Beim Abendessen schmeckt es ihm nicht so richtig und Vincent lässt sogar den geliebten Salamitoast liegen. Eigentlich ist das sein Lieblingsessen, das er immer nach dem Schwimmkurs essen darf. Aber heute ist die Aufregung einfach zu groß. Papa merkt das natürlich und grinst ein bisschen, aber so, dass Vincent es nicht sehen kann. »Paps, ich möchte ins Bad!«, ruft Vincent fast eine Stunde zu früh. »Aber Vincent, du darfst doch noch in deinem Zimmer spielen«, entgegnet Papa.

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»Nein, will ich nicht mehr, ich will ins Bad!« Die energische Stimme des Kleinen lässt keinen Widerspruch zu. »Ich weiß aber nicht, ob der Waschkobold schon Zeit für dich hat.« Papa guckt dabei sehr nachdenklich. Dann meint er: »Ich schau mal nach«, und geht in Richtung Bad. »Bleib du mal da sitzen.« Die Zeit will einfach nicht vergehen und jede Minute erscheint Vincent so, als ob es eine Stunde wäre. Kein Geräusch kommt aus dem Badezimmer. Doch dann plötzlich glaubt Vincent, ein leises Geräusch zu hören, das wie ein Pusten klingt: »Pffft.« Neugierig springt Vincent vom Stuhl und geht langsam zum Badezimmer. Da hört er es wieder: »Pfffff, pffft.« Diesmal ist das Geräusch lauter und länger. Was das wohl ist? Vincent klopft das Herz bis zum Hals. Er hat zwar keine Angst, aber aufgeregt ist er doch. Von Papa ist ja auch nichts zu sehen. Und schon wieder, diesmal kurz und heftig: »Pft, pft, pft.« Gerade will Vincent die Badezimmertür öffnen, als er einen kleinen Stups an seinen Beinen spürt. Erschrocken dreht er sich um und glaubt gar nicht, was er da sieht: Vor ihm steht ein merkwürdiges vierbeiniges Wesen. »Ist das ein Hund?«, fragt sich Vincent. Hunde kennt er aus seinem Kinderlexikon. Aber so einen Hund hat er noch nie gesehen. Das Fell sieht ein bisschen aus wie Wollfäden und ist so zottelig, dass man fast nicht erkennen kann, wo vorne und hinten ist. Das ganze Tier ist bunt wie ein Flickenteppich: die kleinen Ohren knallrot, die Stupsnase grün, der Körper gelb und orange, die Beine abwechselnd hell- und dunkelblau. Das ungewöhnliche Tier scheint Vincent anzuschauen, aber ganz sicher ist das nicht, denn auch seine Augen sind unter den Fellzotteln versteckt.

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»Wer bist du denn?«, fragt Vincent leise und noch etwas unsicher. »Pfft«, kommt als Antwort. Und fast gleichzeitig hört Vincent aus dem Badezimmer eine Stimme, die er seit gestern kennt: »Das ist das Pustetier.« »Hallo Waschkobold!«, ruft Vincent erfreut. Jetzt weiß er, dass alles in Ordnung ist. Und er weiß, wen der Waschkobold mitbringen wollte. »Was ist denn ein Pustetier?«, fragt Vincent, neugierig wie immer. »Pustetiere, Vincent, sind ganz liebe Tiere, die immer dann helfen, wenn ein Kind sich wehgetan hat oder traurig ist. Zu den Kindern, die ganz fest daran glauben, kommt ein Pustetier und pustet die Schmerzen oder die Traurigkeit einfach weg.« »Ich hab mich aber nicht verletzt – und traurig bin ich auch nicht.« Vincents Stimme klingt etwas enttäuscht. »Ich weiß, ich weiß. Aber ich dachte, ich bringe dir das Pustetier einfach mal mit, damit du es kennenlernst. Wenn du dann wirklich mal ein »Aua« hast, bist du nicht so überrascht, wenn es plötzlich neben dir steht und pustet. Und außerdem« – der Waschkobold dreht den Kopf ein bisschen zur Seite und lächelt – »kann es dich auf seinem Rücken zu mir bringen.« Das Pustetier lässt ein lautes »pffffffft« hören und nickt leicht mit dem Kopf, so, als ob es zu allem, was der Waschkobold erklärt hat, »ja« sagen möchte. »Probier es doch mal aus«, ermuntert der Waschkobold Vincent. Der streichelt zuerst ganz vorsichtig das zottelige Fell, dann klettert er etwas unbeholfen auf den Rücken seines neuen Freundes. Kaum sitzt der Kleine oben, bewegt sich das Pustetier langsam vorwärts. Vincent schaukelt hin und her. Zuerst hat er ein bisschen Angst,

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herunterzufallen. Doch schon bei der zweiten Runde durch den Flur wird Vincent sicherer und das Reiten auf dem Pustetier fängt an, ihm richtig Spaß zu machen. »Na prima! Ich sehe schon, ihr zwei versteht euch!« Der Waschkobold strahlt über das ganze Gesicht. »Vincent, jetzt musst du nur noch lernen, wie man das Pustetier ruft. Hey, haltet doch mal an!« »Pffffft, pft, pft«, macht das Pustetier und trottet langsam mit seiner kleinen Fracht zum Waschkobold. Es legt seinen Rücken etwas zur Seite, sodass Vincent besser absteigen kann. »Kommt das Pustetier nicht von alleine?«, fragt Vincent, als er wieder festen Boden unter den Füßen hat.

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»Nein, du muss es schon rufen, wenn es dich zu mir bringen soll. Oder wenn du es brauchst, weil dir etwas weh tut.« Bei diesen Worten kniet sich der Waschkobold vor Vincent hin, damit beide gleich groß sind. »Jetzt pass mal auf: Du stellst dich einfach da hin, wo das Pustetier dir helfen soll. Dann singst du:

T: Wolfgang Wegner M: Jo Werner

»Das ist alles? Man braucht keine Zaubersprüche?« Vincent ist ein bisschen enttäuscht. »Haha«, lacht der Waschkobold wieder, »ein Pustetier ist doch kein Kaninchen, das man aus dem Hut zaubert. Wenn du richtig nach ihm rufst, dann kommt das Pustetier aus dem Fantasieland zu dir. Und wenn du nicht gleich aufgibst. Manchmal erscheint es nicht sofort beim ersten Rufen. Denn …« Der Waschkobold macht eine kleine Pause und krabbelt näher an Vincent heran. Dann flüstert er: »… für die wichtigen Dinge muss man manchmal Geduld haben. Die kommen nicht einfach so. Auch wenn du das jetzt noch nicht verstehst, du wirst es sicher oft erleben.« »Hm, wenn du meinst.« Vincent hat wirklich nicht so richtig verstanden, was der Waschkobold ihm da gerade gesagt hat. Aber den Ruf nach dem Pustetier hat er verstanden und probiert ihn jetzt auch gleich aus:

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»Eins, zwei, hier; wo ist denn das Pustetier?«, singt er ganz laut. »Pffft«, kommt es vom Pustetier. Es macht zuerst zwei, drei Schritte zurück und kommt dann aber doch wieder auf den Kleinen zu und kuschelt sich an seine Beine. »Es will dir sagen, dass du nicht so laut singen sollst«, erklärt der Waschkobold. »Pustetiere haben ganz empfindliche Ohren, sonst könnten sie das Rufen der Kinder im Fantasieland ja gar nicht hören. So, aber jetzt wird es Zeit, dass wir ins Bad gehen, Vincent, sonst kommst du spät zum Schlafen und ich bekomme Ärger mit deinen Eltern. Das Pustetier bringt dich dann ins Bett.« Und so geschieht es. Als Vincent frisch gewaschen aus dem Bad kommt, wartet das kuschelige Tier schon auf ihn. Vincent steigt auf seinen Rücken und ab geht die kleine Reise ins Kinderzimmer. Mit einem sanften Schwung befördert das Pustetier seinen Reiter ins Bett. An diesem Abend schläft Vincent sofort ein und träumt von seinen neuen Freunden.

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3 Die R eise beginnt

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etzt ist Vincents neuer Freund, der Waschkobold, schon dreimal bei ihm gewesen, hat ihn gewaschen oder geduscht und dabei schon ein bisschen aus dem Koboldland erzählt. Für heute hat er versprochen, von der Reise dorthin zu berichten. Vincent ist schon sehr gespannt und ruft das Pustetier, wie er es gelernt hat: »Eins, zwei, hier, wo ist denn das Pustetier?« Mit einem fröhlichen »Pffft pffftfft« kommt es bald darauf angetrottet und lässt Vincent aufsteigen. »Ab zum Waschkobold. Der erzählt heute, wie man in sein Land kommt.« Ein kurzes Kopfnicken und ein kleines »pft« ist die Antwort. Das Pustetier kennt natürlich den Weg ins Koboldland. Im Bad wartet der Waschkobold schon und hat Handtuch, Schlafanzug und – ganz wichtig! – einen Waschlappen bereitgelegt. »Jetzt geht’s los!«, ruft Vincent anstelle einer Begrüßung.

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»Mach mal langsam«, lacht der Kobold. »Jetzt ziehst du erst einmal die Sachen aus. Ich mache dir schon mal ein bisschen Zahnpasta auf die Bürste. Und wenn du richtig deine Zähne putzt, dann fange ich an zu erzählen.« »Oh«, kommt die enttäuschte Antwort. Aber Vincent protestiert heute nicht länger, so gespannt ist er auf die Erzählung. Schnell beginnt er, seine Milchzähne zu schrubben. »So ist es gut, kleiner Kerl.« Der Waschkobold ist zufrieden. »Dann kann ich ja anfangen. Also: Nicht weit hinter der Grenze zum Land der Fantasie liegt unser Koboldland. Aber der Weg dorthin ist nicht so einfach, denn du musst wissen, Vincent: Im Land der Fantasie gibt es die unmöglichsten und verrücktesten Dinge. Gleich, wenn du hineinkommst, siehst du ganz, ganz viele Wege, die in alle Richtungen gehen. Und mitten auf der Kreuzung steht eine Vogelscheuche. Sie ist der Wegweiser. Du musst ihr sagen, wohin du gehen willst. Dann fängt sie an, ganz wild mit den Armen zu wedeln.« Der Waschkobold steht im Bad und schlägt so wild mit den Armen herum, dass er fast das Parfüm von Vincents Mama heruntergestoßen hätte. »Hoppla!«, ruft der Kobold. Dann erzählt er weiter ohne herumzufuchteln: »Man weiß aber nicht immer so genau, ob die Vogelscheuche gerade mit den Armen wedelt, weil sie dir den Weg zeigen will, oder weil sie die Vögel verscheucht. Schließlich ist auch das ihre Aufgabe. So kommt es, dass man manchmal zu früh losläuft und der falschen Richtung folgt. Also muss man immer erst warten, bis kein Vogel in der Nähe ist.« »Warum muss sie denn die Vögel von der Kreuzung verscheuchen?« Vincent will es wieder mal ganz genau wissen.

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»Ach weißt du, hier im Menschenland muss immer alles einen Grund haben. Bei uns nicht. Die Vogelscheuche denkt, dass sie Vögel verscheuchen muss, also macht sie das. Und die Vögel haben ihren Spaß daran, sie auszutricksen. So sind alle zufrieden. Aber jetzt weiter. Ab in die Badewanne, damit ich dich duschen kann!« Während Vincent versucht, Duschwasser in den Mund zu nehmen, um es dann in hohem Bogen auszuspucken, erzählt der Kobold weiter: »Wenn dir die Vogelscheuche den richtigen Weg gezeigt hat, kommst du bald zu einem kleinen, runden Kiosk, der aussieht wie ein Fliegenpilz mit einem roten Dach und weißen Punkten. Der Verkäufer will dir unbedingt Fischlakritze verkaufen.«

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»Bäh!«, kommt es jetzt von Vincent. Er spuckt schon wieder ein bisschen Wasser aus: »Wie schmeckt das denn? Nach Fisch?« »Keine Ahnung, ich hab’s noch nie probiert. Und jetzt lass mal bitte das Wasserausspucken. Schau dir mal die ganzen Pfützen auf dem Boden an!« Der Waschkobold schaut kurz ein bisschen ärgerlich, muss aber gleich darauf wieder grinsen und fragt: »Also kaufen wir keine Fischlakritze?« »Nein«, antwortet Vincent fest. Er mag zwar Lakritze, aber keinen Fisch. Also kommt diese Leckerei aus dem Land der Fantasie für ihn nicht infrage. »Gut, gehen wir also weiter.« Der Waschkobold rubbelt Vincent trocken: »Kurze Zeit nach dem Kiosk kommen wir ins Land der Stelzenmänner, die riesig lange Beine haben. Wenn du sie triffst, siehst du erst einmal nur Beine. Dann musst du weit nach oben schauen, um ihr Gesicht zu sehen. Aber es ist besser, du fängst keine Unterhaltung an.« »Warum nicht? Sind die böse?« »Nein, ganz im Gegenteil. Aber weil ihre Ohren ja auch so weit oben sind, hören sie immer alles falsch. Das klingt dann so …« Der Waschkobold legt den Kopf in den Nacken und tut so, als würde er weit nach oben rufen: »Hallo, ist das der Weg zum Koboldland? – Hier ist keine Wand! – Nein, das weiß ich doch! – Hier ist auch kein Loch! – Klar! – Was war?! – Nichts, ich will nur ins Koboldland! – Wir sagten doch schon: Hier ist keine Wand! – Herrje, noch einen schönen Tag! – Wenn ich was mag?! – Nichts, ich wollte nur nach dem Weg fragen! – Nein, wir haben keine Wagen!«

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Während der Waschkobold diese Szene nachspielt, muss Vincent immer lauter kichern. »Lach nicht!«, sagt der Waschkobold mit gespieltem Schimpfen. »So geht das stundenlang und es ist nicht so leicht, von den Stelzenmännern wieder wegzukommen. Am besten, du tust so, als ob dein Magen knurrt und du etwas zum Essen suchen musst.« »Sag mal, warum haben die Stelzenmänner eigentlich so lange …« Vincent bleibt mit dem Kopf im Schlafanzughemd hängen. Der Kobold hilft ihm, wieder herauszukommen. »… Beine?«, beendet Vincent seine Frage. »Das ist schnell erklärt«, meint der Kobold und erzählt weiter: »Da, wo die Stelzenmänner wohnen, gibt es seit vielen tausend Jahren die wandernden Bäume. Die spazieren ständig hin und her. Das wäre ja nicht schlimm, wenn sie nicht so schusselig wären, dass sie immer irgendwo anstoßen. Und weil die Stelzenmänner, die früher nicht ganz so groß waren, immer blaue Flecken von den wandernden Bäumen bekommen haben, beschlossen sie eines Tages, noch längere Beine zu bekommen und wie auf Stelzen über die Bäume zu laufen.« »Das geht einfach so?« Schon wieder ist Vincent überrascht, was im Land der Fantasie alles möglich ist. »Klar!«, meint der Waschkobold, für den das nun wirklich nichts Besonderes ist.

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»So jetzt sind wir fast da. Ich creme dich ein und erzähle dir von den Witzfischen.« Der Waschkobold grinst, denn er weiß, dass Vincent gleich wieder große Augen machen wird. Und tatsächlich: »Oh, was ist das denn?«, fragt der Kleine und hätte fast etwas Creme in den Mund bekommen. »Die Witzfische leben in einem großen See, den du überqueren musst. Sie sind sehr groß, sodass du bequem auf ihrem Rücken sitzen kannst. Sie nehmen dich auch gerne ans andere Ufer mit. Aber sie haben die Eigenschaft, dass sie ständig Witze erzählen. Furchtbar schlechte Witze.« »Welche zum Beispiel?« Der Waschkobold kennt Vincent inzwischen so gut, dass er sich auf solche Fragen vorbereitet hat: »Also zum Beispiel dieser: Kommt ein Pferd zum Arzt. Sagt der Arzt: ›Hallo Pferd, was fehlt dir?‹ Sagt das Pferd: ›Der Sattel‹.« Vincent muss lachen, weil Kinder über vieles Lachen können, was die Erwachsenen nur blöd finden. »Du hast gut lachen«, meint der Kobold, »aber wenn du zwei Tage lang – und so lange dauert die Reise – ohne Pause solche Witze hörst, möchtest du am liebsten ins Wasser springen.« »Kann man nichts dagegen tun?« Vincents Stimme klingt jetzt ein wenig besorgt. »Doch!« Der Waschkobold grinst jetzt über das ganze Gesicht. »Ein Mittel gibt es, aber das musst du dabei haben. Wenn die Fische Fischlakritze kauen, sind sie still.« »O nein«, ruft Vincent jetzt, »die gab es doch beim Kiosk!« »Genau. Und deshalb darf man nie vergessen, Fischlakritze zu kaufen. – Aber jetzt ist es schon ziemlich spät. Du musst ins Bett.«

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Ohne die Proteste abzuwarten, gibt der Kobold Vincent einen Klaps und schiebt ihn zur Badezimmertür. Aber nicht, ohne noch etwas zu versprechen: »Wenn du dich jetzt ohne zu meckern vom Pustetier ins Bett tragen lässt, erzähle ich dir morgen von der letzten Station vor dem Koboldland: dem Berg der Erdmännlein.« Und tatsächlich: Ohne einen Mucks springt Vincent auf den Rücken des Pustetiers, das geduldig vor der Tür gewartet hat. Es trägt den Kleinen an sein Bett und wirft ihn dann mit einem Schwung seines Rückens auf die weiche Bettdecke. »Pfffschtt! Pfffschtt!« Das heißt: »Gute Nacht.«

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Der Autor

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ücher waren schon immer Wolfgang Wegners Leidenschaft. Schon als Jugendlicher verschlang er einen Wälzer nach dem anderen und schrieb erste eigene Texte. Während des Studiums der Germanistik und Politikwissenschaft kam die Begeisterung für sämtliche Facetten der Kommunikation hinzu. Heute arbeitet Wolfgang Wegner hauptberuflich als Dozent für »Deutsch als Fremdsprache« am »Karlsruher Institut für Technologie« (KIT), moderiert ehrenamtlich ein Patientenradio und veröffentlicht vom Lehrbuch bis zum Krimi Texte verschiedener Genres. Wolfgang Wegner lebt mit seiner Familie in einem kleinen Karlsruher Stadtteil, der ihm viel Ruhe und Inspiration liefert.

Die Illustratorin

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ie künstlerische Begabung zeigte sich bei Katharina Arendt schon früh und so verbrachte sie einen Großteil ihrer Schulzeit auf einem Kunstgymnasium. Nach dem Abitur studierte sie Kunst, Grafikdesign und Innenarchitektur an der Kunstakademie Breslau. Seit 1990 arbeitet sie als selbstständige Künstlerin und Grafikdesignerin im Großraum Nürnberg; außerdem unterrich­ tet sie Kunst am Ostendorfer Gymnasium in Neumarkt i. d. Opf. Katharina Arendt wohnt mit ihrer Familie in einem Dorf an der Grenze zwischen Franken und der Oberpfalz.

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Liebe Eltern!

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ie meisten von Ihnen kennen das: Ruft man die Tochter oder den Sohn ins Bad, regt sich bei den Kleinen heftiger Widerstand. So war das auch immer bei uns zuhause, wo ich die schwierige Aufgabe hatte, meinen damals dreijährigen Sohn Vincent Abend für Abend bettfertig zu machen. Eines Tages kam ich auf eine Idee, um die Sache für Vincent und mich zu entspannen: Ein Waschkobold aus dem fernen Koboldland sollte im Bad auf Vincent warten und dafür sorgen, dass der Kleine sauber ins Bett kommt. Ich spielte also den Waschkobold und erzählte nun Abend für Abend Geschichten über die Wesen im Koboldland, ihre unterschiedlichen Aufgaben und darüber, auf welch abenteuerlichem Weg man dorthin kommt. Und Vincent merkte gar nicht mehr, dass ihm das Gesicht gewaschen oder der Spielplatzstaub heruntergeduscht wurde.

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Bald kam das Pustetier dazu, ein seltsames, aber furchtbar liebes, vierbeiniges Wesen, das sich durch Pusten verständigt und natürlich auch kleine Wunden und seelische Nöte mit seinem sanften Pusten heilen kann. Auf dem Rücken des Pustetiers wird Vincent zum Waschen gebracht. Man mag sich denken, wer auch diese Rolle übernommen hat. Als Vincent älter und den Geschichten entwachsen war, entstand die Idee, die besten Geschichten zu sammeln und zu einem Buch zusammenzustellen. Und dieses Buch halten Sie nun in den Händen. Viel Spaß beim Vorlesen, Weiterspinnen ... oder vielleicht sogar beim Nachspielen! Ihr Wolfgang Wegner

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Wolfgang Wegner Vincent und der Waschkobold Geschichten für’s Bad mit Bildern von Katharina Arendt Verlag Monika Fuchs | Hildesheim 2011 ISBN 978-3-940078-23-0 Erhältlich im Buchhandel und direkt beim Verlag: www.verlag-monikafuchs.de Eur [D] 14,90 • Eur [A] 15,40 • CHF 27,30 UVP


Ein Buch zum Vorlesen, Weiterspinnen und Nachspielen. Für mehr Spaß im Badezimmer. Eines Abends, als der vierjährige Vincent sich wieder einmal nicht duschen lassen will, kündigt sein Vater ihm einen geheimnisvollen Besucher an. Neugierig geworden, bequemt sich der Junge doch noch ins Bad: Dort wartet der Waschkobold auf ihn. Von nun an kann es Vincent kaum mehr erwarten, sich abends den täglichen Dreck abspülen zu lassen – erzählt der Kobold ihm dabei doch, wie es seiner Heimat, dem Koboldland im Reich der Phantasie, zugeht. Und so lernt Vincent das Pustetier kennen und erfährt, dass sich der Gärtner Giese Kann mit Kartoffeln und Tomaten unterhält, wie Schnurzi Regenkobold wurde und warum es in Flutschis Restaurant nur Pfannkuchen gibt. ISBN 978-3-940078-23-0

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