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Im Korb sind alle gleich - Fahrt mit dem Brockenballon
„IM KORB SIND ALLE GLEICH“
Eine Fahrt im Heißluftballon über den Harz
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In den Bergen laufen, die Natur aus nächster Nähe erleben, den Geruch von Nadelbäumen in der Nase – ein Paradies für Wanderer. Von einem Heißluftballon aus betrachtet bei einem Flug über den Harz wird aus dem Naturerlebnis ein Schauspiel aus Farben und Formen.
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Morgens auf einer nassen Wiese im Harz...
Foto: Victoria Grimm
„ABER EIN BALLON FLIEGT JA NICHT“, erklärt Winfried Borchert, Inhaber von Brockenballon, schmunzelnd. „Er muss sich nicht fortbewegen, weil er durch den Auftrieb automatisch bewegt wird. Das ist das ‚Leichter-als-Luft-Prinzip‘“, erläutert er. Unter normalen Bedingungen besitzt ein Kubikmeter Luft eine Masse von 1,2 Kilogramm. Mit konstantem Druck und steigender Temperatur sinkt die Dichte von Gasen. Der Ballon ist also leichter als seine Umgebung und steigt dadurch nach oben. Dieses Prinzip ist der Menschheit seit dem Jahr 1783 geläufig, als die erste Heißluftballonfahrt – noch unbemannt – stattfand. Nur ein Hahn, ein Hammel und eine Ente wurden damals in Frankreich auf die Reise geschickt. Die vier Kilometer weite Fahrt überstand das Tiertrio unbeschadet.
Darauf hoffe auch ich und so soll es an einem sonnigen Oktobertag in die Luft gehen – auf einer Ballonfahrt über den südöstlichen Harz. Die Voraussetzungen dafür sind ideal: Mit etwa zwei Knoten ist es fast windstill, nur eine leichte Brise weht nach Nord/Nordost. Noch hängt die Sonne tief an diesem Morgen und der Nebel umhüllt die Felder. Elf Grad messen wir in Bodennähe. Ist das nicht zu frisch? „Nein, nein. Im Korb ist es fast windstill und die Brenner geben Wärme ab, da friert keiner“, beruhigt mich Pilot Borchert. Neben den zwei Brennern kommen noch vier Gasflaschen, GPS-, Funk- und Höhenmessgerät mit an Bord. Und natürlich die Passagiere. Zu fünft sind wir heute. Plus Pilot ist das die Maximalkapazität. Der Weidenkorb, in dem wir gleich Platz finden, wiegt zirka 80 Kilogramm. Der Ballon selbst, bestehend aus zirka 1.000 Quadratmetern feinstem Nylon, etwa 170 Kilo.
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Ready for take-off
Foto: Victoria Grimm
AUF EINER TAUFRISCHEN WIESE oberhalb des Orts Tanne nahe der Landesgrenze zu Niedersachsen breiten wir den Ballon aus. Ein ratternder Turboventilator füllt ihn stetig mit Luft, sodass er sich langsam aufbläst. Jetzt werden noch die Brenner gecheckt, ob sie funktionieren. Der Daumen unseres Piloten geht nach oben und ihm huscht ein Lächeln über das Gesicht. Denn jetzt weiß Borchert hundertprozentig: Wir können starten. Schnell klettern wir in den Korb, geben noch ein paar Mal Gas und erheben uns fast schwerelos in die Luft.
„Gleich nach dem Start, wenn man etwa 50 Meter über der Erde schwebt, das ist wirklich die schönste Höhe“, schwärmt Winfried Borchert, der seine Pilotenausbildung vor acht Jahren absolviert hat. Den Ort Tanne sehen wir so aus nächster Nähe, bevor es in Richtung Elbingerode weitergeht. Westlich von uns erhebt sich der Brocken, östlich von uns liegt ruhig die Rappbodetalsperre. Wir genießen die herbstlichen Farben der Wälder, den Blick auf den Brocken und die Ruhe oben in der Luft. Die wird nur durch das leise Fauchen der Brenner gestört und durch eine kurz auflodernde Flamme unterbrochen, jedes Mal wenn wir Gas geben. Zwischen 150 und 1.600 Metern Höhe werden wir uns heute sachte auf- und abbewegen.
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Gib Stoff: Gleich geht's los
Foto: Victoria Grimm
Deshalb kann Borchert Menschen mit Höhenangst durchaus eine Ballonfahrt empfehlen: „Ein Ballon steigt langsam auf, nicht mit einem rasanten Flugzeugstart vergleichbar. Nach etwa 15 Minuten hat man sich an die Höhe gewöhnt“, so Winfried Borchert. Das ist das Spannende an seinem Job: Neben Analysen über Thermik, Aerodynamik und Meteorologie hat er mit den verschiedensten Menschen zu tun. „Oft fliegen Leute mit mir, die gerne ihren früheren Arbeitsweg zum Tagebau, ihre alte Schule oder die liebste Wanderstrecke aus einem anderen Blickwinkel sehen möchten.“ Unterschiede bei seinen Gästen macht er allerdings keine. „Alle müssen mit anpacken und bei den Vorbereitungen helfen. Im Korb sind alle gleich. Auf diesem engen Raum sind wir eine Art Schicksalsgemeinschaft“, sagt Borchert und lächelt. „Es ist schön zu sehen, wie dieses Erlebnis Menschen zusammenschweißt, die sich vorher nicht kannten. Man geht als Familie auseinander.“
Am Ende unserer anderthalbstündigen Fahrt haben wir 21 Kilometer zurückgelegt und den Gasvorrat von drei Grillsaisons verfeuert – etwa 75 Kilogramm. Oberhalb des Orts Heimburg bekommen wir unsere Taufe als Grafen und Gräfinnen, die durch Nebelschwaden geschwebt sind. Jetzt noch schnell einen Schnappschuss von unserer Gruppe für Borcherts Fotoalbum. Schon mehr als 400 Mal hat er so Passagiere befördert. Eine ganz schön große Familie, die Winfried Borchert da hat.
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Ein farbenhafter Traum: Ballonfahrt über den Harz
Foto: Victoria Grimm
www.brockenballon.de