12 5 J A H R E
ELEKTRIZITÄTSWERKE DER DORFGEMEINDE MEIRINGEN
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ELEKTRIZITÄTSWERKE DER DORFGEMEINDE MEIRINGEN
18 8 9 – 2 0 14
Impressum Herausgeberin: Alpen Energie (Dorfgemeinde Meiringen), Oktober 2014 Redaktion: Hans Künzler Bilder: Archiv Dorfgemeinde Meiringen; Familie Sidler-Klein, Meiringen; Foto Theo, Meiringen; Nachlass von Werner Lengacher; Pauli Druck, Meiringen, iStockphoto Übersichtsplan auf Seite 74: UP5, Amt für Geoinformation des Kantons Bern Grafik/Layout: Atelier KE, Ursula Hirsbrunner, Meiringen Druck: Pauli Druck, Meiringen
Inhalt
Vorwort 5
Nutzniesser der Dorfgemeinde
93
Sekundarschule 93
Das Oberhasli 1850 –1900
9
Badanstalt 94
Übersichtsplan 12
Eisbahn 96
Kurzbeschrieb der Anlagen des EWM
13
Kehrichtabfuhr 97 Kursaal AG
98
Das Werk Meiringen I «Alpbach»
15
Sauvage AG
99
Die elektrische Beleuchtung
15
Dorfkern 99
Apparate und Maschinen
20
Trambahn 100
Bergbahnen 101 Telefon 22 Erweiterung des Werks
23
Alpbachfall 28
Episoden / Dies und das
Das Werk Reutiberg Das Werk Meiringen II «Bidmi» Umbau auf Wechselstrom Das Werk 1950 –1989
31 33 39 43
Umwelt 107
Das Werk 1990 – 2014
51
Hochwasser 107
Amthaus 109 Zu guter Letzt 111
Produktionsanlagen/Liegenschaften 51 Verteilnetz 54 Wasserrechtskonzession 57 Das Millenniumsjahr 2000
58
Firmenname 58 Solaranlage 58 Qualitätslabel «naturmade basic»
58
Strommarktliberalisierung 59
Die öffentliche Beleuchtung 61 Die Fernheizkraftwerk Meiringen AG 63 Wasserversorgung 67 Fassung der Funtenenquellen 71 Dorfgemeinde/Dorfbehörde 75 Personal 79 Finanzen 87
103
Vorwort Jeder kennt und braucht ihn. Heute ist er im
So richte ich meinen herzlichen Dank an alle
Beruf, in der Freizeit und in den eigenen vier
Dorfräte, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
Wänden nicht mehr wegzudenken: der elekt-
welche mit ihrem Einsatz zu dem heute erfreu-
rische Strom.
lichen und renommierten, bald schon altehrwürdigen Unternehmen beigetragen haben.
Vor 125 Jahren, mit Weitsicht und Mut zu Neuem, hat die Dorfgemeinde Meiringen die
Ein Dank für die gelungene Jubiläumsschrift
Stromproduktion in einem der ersten Elektri-
dem Verfasser alt Dorfschreiber Hans Künzler.
zitätswerke der Schweiz aufgenommen. Der Erfolg der Elektrizität hat den Dorfbehörden von anno dazumal Recht gegeben. 125 Jahre ist ein stolzes Jubiläum, das grosse Freude macht. Kaspar Brügger Manch regionales Elektrizitätswerk hat in den letzten Jahren den Besitzer gewechselt. Wichtige Arbeitsplätze sind mit der Kostenoptimierung aufgehoben oder verlagert worden. Die rasche Alterung der technischen Anlagen zeugt von der Dynamik und dem Fortschritt in der Stromindustrie. Mit innovativen Lösungen hat die Dorfgemeinde ihre Stromproduktion immer nach dem neusten Stand der Technik modernisiert. Eine sichere und preiswerte Stromversorgung ist entstanden – auch in Zukunft ein sicherer Wert in der Gemeinde Meiringen.
5
Flugaufnahme vom 27. September 2014 (Flotron AG, Meiringen)
Das Oberhasli 1850–1900 Der aufkommende Tourismus im 19. Jahrhun-
selber nicht unthätig gewesen, sodass das Haslethal
dert war die Triebfeder eines ungeahnten wirt-
von 1898 unter dem Vorwärtsdrängen des Zeitgeis-
schaftlichen Aufschwungs, auch im Oberhasli,
tes ein anderes geworden ist als das von 1818.»
der selbst durch widerliche Umstände und Katastrophen nicht aufgehalten wurde. Nach
Davon mögen folgende Daten Zeugnis ablegen:
dem Hungerjahr 1847 und dem Typhusjahr, nach jahrzehntelangem, bitterem Kampf gegen die Versumpfung des Talbodens und gegen die erdrückenden Zinsenlasten, welche die
1847 Fahrstrasse über den Kirchet; «Hungerjahr» infolge der Kartoffelfäule
Aarekorrektion den Landbesitzern auferlegte, folgen noch die verheerenden Dorfbrände von Meiringen 1879 und 1891. Wahrlich Gründe genug, zu resignieren. Das Gegenteil ist der Fall: Gestärkt im Kampf ge-
1854
In der Post Meiringen tuckert der Telegraph
1856 Erstes Dampfschiff auf dem Brienzersee
gen diese Bedrohungen, dank eines gesunden Optimismus, nimmt die Bevölkerung stets
1859 /1860 Strasse Brienz – Brünig
neue Anläufe zur Verbesserung des Verkehrswesens und zu kulturellem Fortschritt.
1864
Dies ist ersichtlich aus dem Schlusswort der
1871 Gründung der Sekundarschule Meiringen
«Chronik denkwürdiger Begebenheiten aus der
Strasse Meiringen – Brünig
Lokalgeschichte des Haslethales», die 1898 als Einlage der Kirchturmspitze einverleibt wird: «Wir haben manches Unglück erlebt, wir haben aber viel Hülfe erfahren und wir sind auch
1876
Der «Oberhasler» erscheint
1879
Dorfbrand von Meiringen: 110 Gebäude in Asche 9
1880
Typhusjahr, 300 Erkrankungen, 7 Tote ; Bau der Hydrantenanlage
Wagemut und Unternehmergeist kommen auch zum Ausdruck in der Vielzahl von Bahnprojekten, die in dieser Zeit geplant, diskutiert und wieder verworfen wurden. Doch wurde
1881
Abschluss der Entsumpfung des Haslibodens
das Strassennetz verbessert. Auch setzte das «goldene Zeitalter der Berg-
1884 Gründung der Schnitzlerschule Meiringen
steigerei» ein, wobei sich besonders zahlreiche Bergführer aus dem Oberhasli durch Erstbesteigungen einen guten Ruf erwarben.
1888
Brünigbahn fährt von Alpnach bis Brienz; Eröffnung der Aareschlucht
1889
Bau des Elektrizitätswerks Meiringen, eines der ersten weit und breit
Standen vor 1831 in Meiringen erst zwei Gasthäuser, «Landhaus» und «Wildenmann», so wuchs ihre Zahl bis Ende des Jahrhunderts auf 18 Hotels, 7 Pensionen und Restaurants mit 500 Betten an. Fast unglaublich mutet der Vergleich mit der Stadt Bern an, die zur selben Zeit 23 Hotels mit 996 Betten aufwies. Im Sommer
1890 Hohfluhstrasse ; Dorfbach zugedeckt; Eröffnung der Alpbachschlucht
1898 spielt im «Wildenmann» eine Kapelle von 9 Mann. Die beiden Weltkriege und die Krisenzeit der
1891
Bau des Krankenhauses; zweiter Dorfbrand von Meiringen, dem 184 Gebäude zum Opfer fallen
Dreissigerjahre bliesen manchem Hotel das Lebenslicht aus, sie wurden zu Geschäfts- oder Verwaltungsgebäuden umgebaut. Im Laufe der letzten Jahrzehnte kamen aber Neugründun-
1893
Gründung des Bergführervereins
1894
Post fährt auf die Grimsel
1896
Neue Willigenbrücke ; Alpbachwald gepflanzt
gen hinzu, sodass heute der frühere Bestand nahezu wieder erreicht ist. Die Dorfbehörde hatte seit eh und je ein williges Ohr für Gesuche um finanzielle Unterstützung von Vereinen und Anlässen. Deren gab es nun nicht wenige. Besonders in der zweiten
1897 Scheideggweg
Hälfte des 19. Jahrhunderts häufen sich die Gründungen von Vereinen:
1897/1899 Reichenbachbahn; Strasse nach Unterstock
Schützengesellschaft 1734 Musikgesellschaft 1830
1908
Badanstalt, die erste im engeren Oberland
Männerchor «Sängerbund»
1857
Gemeinnütziger Verein
1869
Turnverein 1888 Landwirtschaftlicher Verein
1888
Frauenverein 1890 Lehrerverein 1892 Bergführerverein 1893 Samariterverein 1893 Kegelklub «Zufriedenheit»
1893
Veloklub 1894 (Nach Turmchronik)
10
Das Dorf Meiringen, ca. 1890, mit dem ersten Elektrizit채tswerk (unterer Bildrand)
In dieser Zeit aufstrebender Gewerbet채tigkeit wird nun von mutigen, initiativen M채nnern ein Marchstein gesetzt: Sie planen und bauen eines der ersten Elektrizit채tswerke der Schweiz, das EW Meiringen.
11
Ăœbersichtsplan
12
Kurzbeschrieb der Anlagen des EWM ➀
Elektrizitätswerk Meiringen I (Alpbach) Erbaut: 1889, erweitert 1905 und 1942 Leistung: 2 Pelton-Turbinen zu 500 kW 2 Generatoren zu 585 kVA 380 / 220 V Druckleitung: 1 x 350 mm Ø 1 x 400 mm Ø Bruttogefälle 208 m Durchschnittliche Jahresproduktion: (1980 –1988) 5 278 000 kWh
➁ Elektrizitätswerk Reutiberg (mit Trinkwasser-Reservoir) Erbaut: 1918 / 1919 Leistung: 1 Pelton-Turbine zu 110 kW 1 Generator zu 115 kVA 380 / 220 V Durchschnittliche Jahresproduktion: (1980 –1988) 671 000 kWh Die Turbine wird mit Trinkwasser von den Wasserfassungen Brünigstein angetrieben. ➂
Elektrizitätswerk Meiringen II (Bidmi) mit Ausgleichsbecken Haselholz 2900 m3 Inhalt Erbaut: 1948 /1950 Leistung: 2 Pelton-Turbinen zu 820 kW 2 Generatoren zu 1000 kVA 525 V Druckleitung: 1 x 425 mm Ø Bruttogefälle 579.5 m Durchschnittliche Jahresproduktion: (1980 –1988) 8 129 000 kWh
➃ Trinkwasserfassungen Brünigstein Erstellt: 1880 Schüttung: Sommer Winter ➄
Weiher Bidmi Erstellt: Inhalt:
50 – 250 l/sek 40 – 50 l/sek
1948 /1950 3500 m3
➅ Elektrizitätswerk Meiringen IV Erbaut: 2013 Leistung: 1 Pelton-Turbine Generator: 72 kVA Druckleitung: 1 x 700 mm Ø Jahresproduktion: ca. 250 000 kWh
Bruttogefälle: 10 m
13
Das Werk Meiringen I «Alpbach» Die elektrische Beleuchtung
Für die Strassenbeleuchtung ist Laternenanzünder Leuthold verantwortlich. Seine Besol-
Im Januar 1880 leuchten in einer Allee des
dung steht 1887 mit Fr. 115.– zu Buch, die
Dorfes Menlo Park südlich von New York Hun-
Kosten für 363 Liter Petrol à 30 Cts und Zünd-
derte von elektrischen Glühlampen auf und
hölzer betragen Fr. 109.40. Aber schon ein Jahr
brennen wochenlang Tag und Nacht. Nach
darauf wird der Laternenanzünder nur noch
jahrelangen Versuchen ist es Thomas A. Edison
auf unbestimmte Zeit gewählt.
gelungen, eine elektrische Glühlampe zu schaffen. Es galt, den richtigen Glühfaden herauszu-
Es bricht ein neues Zeitalter an: Eine Schalter-
finden, der, in einer luftausgepumpten Lampe
drehung und – es werde Licht! Die «gute alte»
mit elektrischem Strom gespeist, Hunderte von
Zeit geht zu Ende.
Stunden glühte, ohne zu verbrennen. Unter tausenden von Pflanzenfasern aus aller Welt
An der Dorfgemeindeversammlung vom 17. De-
bewährte sich dazu in über 6000 Versuchen
zember 1887 reicht der damalige Dorfkassier,
eine Bambusfaser aus dem Urwald des Amazo-
Oberförster Müller, «einen Anzug ein»: die elek-
nas am besten. Tausende strömen herbei, das
trische Beleuchtung einzuführen. Der Dorfbe-
neue Wunder zu schauen.
hörde wird mit 13:1 Stimme der notwendige Kredit eingeräumt für die technische Untersu-
Kaum acht Jahre danach schickt sich Mei-
chung der Angelegenheit. Dies ist die Geburts-
ringen an, das elektrische Glühlicht auch im
stunde des Elektrizitätswerks von Meiringen.
Oberhasli leuchten zu lassen.
Oberförster Müller ahnt wohl kaum, welches Unternehmen er mit seinem Vorschlag in Gang
Wie steht es vor hundert Jahren um die Be-
gebracht hat, das bald einmal den finanziellen
leuchtung? Dem Kerzenlicht, dem «Öltägel»,
Rahmen der Dorfgemeinde zu sprengen droht.
der Petrollampe haften Mängel an: Akute Feuersgefahr, übler Geruch, umständliche War-
Um Turbinen zu betreiben, braucht es Wasser-
tung mit der russigen Lichtputzschere.
kraft. Davon ist im Oberhasli nun wahrlich 15
kein Mangel. In der Beschreibung der «Land-
Für die Beleuchtungskommission sind viele
schaft Hasli im Weissland» von Johann Conrad
technische Belange Neuland. Man diskutiert
Faesi (Zürich, 1756) steht darüber:
über Ein- oder Dreileitersystem, lässt sich beraten, um sich schliesslich für Gleichstrom zu
«Obenher Meyringen stürzt sich der Rüthi-
entschliessen.
oder Müllibach über schrofe und geheure Felsen in das Thal hinunter. Sein Wasser zerstäubt in dem
Der spätere Umbau auf Wechselstrom – Ende
Fall so sehr, dass es wie ein Nebel anzusehen ist.
der Vierzigerjahre – verursachte dann enor-
Von dem Dorf Rüthi bis zu seinem Fall betreibt er
me Umtriebe und Kosten im Betrage von
fünf Müllen.
Fr. 1 243 158.15 !
Auf gleicher Seite macht der Alpbach, der auf der Alp Heussiberg (Mägisalp) entspringet, einen sehr schönen Wasserfall. Nahe bei Meyringen stürzt er sich über drei Absätze eines hohen und
Das Projekt zur «Erstellung einer Beleuchtungsanlage» sieht vor:
fast senkrechten Felsen sehr wasserreich mit grossem Gebrülle hinunter … Gar nahe bey diesem ist der Fall des Dorf-
Fassung des Dorfbaches Reservoir im Haselholz
Ingenieur Studer, Thun
Druckleitung, Ø 125 mm Maschinenhaus auf der Gerbmatte (beim alten Krankenhaus)
Jakob Balmer
Turbine
Escher-Wyss, Zürich
2 Gleichstrom-Dynamos
Stirnemann und Weissenbach, Zürich
baches … Er stürzt nur wenige Schritte von dem ersten gegen Meyringen herunter.» Da ist Wasserkraft genug. Der Alpbach darf in seiner Pracht mit Rücksicht auf die Fremden vorderhand nicht angetastet werden, der Mühlebach und die Trinkwasserversorgung vom Brünigstein werden erst später beigezogen. Das erste Werk wird also mit dem Dorfbach betrieben. Nun setzt eine fieberhafte Tätigkeit der neu
Die Vorarbeiten werden verteilt:
ernannten Beleuchtungskommission ein. Sie tagt in Permanenz, zieht Erkundigungen in Engelberg ein, knüpft Beziehungen mit Firmen
Höhenmessung, Gefälle der Druckleitung
Oberförster Müller
Dienstbarkeiten mit Anstössern und Land- entschädigung
Grossmann, von Bergen
Verpflichtung von Abonnenten
Klein, Steudler
an. Der Dorfschreiber bekommt zu tun: Offerten von Lieferfirmen, sachlich gehaltene Entgegnung zu einem im «Oberhasler» erschienen Artikel gegen die Einführung der elektrischen Beleuchtung. Am 18. Juli 1888 findet die entscheidende ausserordentliche Dorfgemeinde statt. Anwesend sind 59 Stimmberechtigte. Nach eingehender Erörterung wird mit 37:13 Stimmen die Aus-
Der Kredit wird von Fr. 30 000.– auf Fr. 36 000.–
führung beschlossen. Schon damals werden
erhöht. Man rechnet damit, Strom für 400
Minderheiten angemessen berücksichtigt: Zwei
16-kerzige Kohlenfadenlampen zu gewinnen.
der Neinsager werden flugs in die Baukommis-
Jahresabonnement pro Lampe Fr. 18.–, Saison-
sion gewählt.
lampen Fr. 12.–. Damit ist der Grundstein zum Elektrizitätswerk gelegt und alles bestens eingefädelt.
16
Man studiert Pläne, schliesst Bauverträge ab
Wir sind also auf die Schrift von Fritz Ringgen-
und entwirft Pflichtenhefte für Maschinis-
berg angewiesen:
ten. Ab Neujahr 1889 werden die Eintragungen im Protokoll spärlich: Kauf einer Ölpinte,
«44 Mal tagte die Beleuchtungskommis-
Anschaffung einer Werkbank, Ankauf eines
sion in den verschiedenen Gasthöfen des Dorfes,
Schmirgeltuches für Fr. 5.– bei der Jura-Bern-
bevor sie am 29. Mai 1889 schliessen konnte: …
Luzern-Bahngesellschaft. Aber über den Bau
bei Uebergabe der Anlage ein gemeinschaftliches
des Werks kein Sterbenswörtchen. Des Rätsels
Nachtessen zu veranstalten, welches am Samstag,
Lösung: Die eingesetzte Beleuchtungskommis-
den 1. Juni, nächsthin stattfinden soll.
sion (Dorfbehörde und vier weitere Mitglieder)
Hiezu sind sämtliche Abonnenten und
hat einen eigenen Schreiber und führt ein eige-
überhaupt solche, die sich um die Anlage interes-
nes Protokoll.
sieren, einzuladen.»
«Electr. Licht» als Werbeargument auf einer Hauspostkarte des «Meiringerhof» 17
Meiringen nach dem Brand vom 25. Oktober 1891
18
Der Bau hat sich also planmässig vollzogen,
1893 studiert man die Erweiterung des Werks,
Kosten: Fr. 37 805.–.
erwägt die Anschaffung von Akkumulatoren und den Bau einer zweiten Druckleitung.
Bei der Betriebseröffnung staunt man über
Zur Sprache kommt sogar die Einführung des
zweierlei: Die kurze Bauzeit von einem Jahr
Wechselstroms.
für Druckleitung, Elektrizitätswerk und Verteilnetz, war doch für die Dorfbehörde das ganze
1895: Stundenlöhne: Monteur Ruchti 80 Rp.,
Unternehmen Neuland und Wagnis zugleich.
Gehülfe 60 Rp.
Sodann, dass die Eröffnung kaum acht Jahre nach der Vollendung des ersten Elektrizitäts-
Der Preis der 16-NK-Lampe1 sinkt, vermutlich
werks in der Nähe von New York stattfand.
infolge Konkurrenz durch Posthalter Marfurt, rapid:
In den ersten Jahren bleiben dem Werk kleine Störungen und Unterbrüche nicht erspart, sie
Januar 1890
4.00
sind als Kinderkrankheiten zu werten. Die ers-
August 1891
2.20
ten Wärter Ruof und Wettstein haben ihr Heu
Juli 1892
1.80
nicht immer auf der gleichen Bühne.
April 1893
1.50
Februar 1894
1.20
Erstmals kann der Männerchor Sängerbund seine Übungen im «Meiringerhof» unter einem
Infolge der geborstenen Trinkwasserleitung
Leuchter von elektrischem Licht durchführen,
ist das Hydrantennetz ohne Wasser. Darum
sogar unentgeltlich.
werden zwei Nachtwächter angestellt und der Brandmeister benachrichtigt. Die Lichtanlage
Ab Oktober 1890 wird das elektrische Licht
wird die ganze Nacht in Betrieb gehalten.
auch von morgens 6 Uhr an in Betrieb gesetzt. Wegen Markttagen und Grümpelschiessen Die Wärterbesoldung wird um Fr. 100.– auf
wird ein Stromunterbruch infolge Umbau auf
Fr. 1500.– jährlich erhöht.
1. November verschoben. Auch soll der Betrieb des Werks an Markttagen bis Mitternacht ge-
Der stets initiative Oberförster Müller regt an,
halten werden, ebenso für die Feuerwehr bis
Alpbachschlucht und Aareschlucht abends zu
Schluss der Übungen (1897).
beleuchten. In der Sommersaison 1898 wird der durchgeAm 25. Oktober 1891 brennt das Dorf Meirin-
hende Nachtbetrieb eingeführt, am Sonntag
gen bei einem Föhnsturm zum zweiten Mal in-
jedoch ist der Betrieb eingestellt zum Reinigen
nert zwölf Jahren ab, dazu Stein, Eisenbolgen
der Maschinen. Entschädigung: Fr. 2.–.
und Hausen. Die ständige Entwicklung des Dorfes hält an: Das Maschinenhaus bleibt intakt, die Beleuch-
Nach dem Licht nun die elektrische Kraft!
tungsanlagen sind teilweise zerstört. Innert
Wird 1897 ein Gesuchsteller für Strom zum Be-
acht Tagen werden die Schäden behoben. Auch
treiben von Holzbearbeitungsmaschinen noch
in der Kirche, in der viele Obdachlose Unter-
auf Wasserbetrieb verwiesen, so wird um die
kunft finden, wird das elektrische Licht instal-
Jahrhundertwende die Dorfbehörde mit Gesu-
liert, Strom gratis.
chen um Zusicherung elektrischer Kraft förmlich bombardiert (siehe das besondere Kapitel
Ing. Studer anerbietet sich zu Aufbauarbeiten
«Apparate und Maschinen»).
und Planung, ohne Entgelt. Der Schaden an der öffentlichen Lichtanlage, ca. Fr. 3000.–,
Der Siegeszug der Elektrizität ist nicht aufzu-
wird vom Hülfskomitee übernommen.
halten.
NK = Neue Kerze
1
19
Das Reservoir Haselholz muss ständig erweitert
duell geprüft, jedes Objekt einzeln behandelt,
werden:
taxiert und bewilligt.
1893 auf
75 m3
«Es wird beschlossen, Joh. Anderegg-Hofer
1909 auf
400 m
3
für Abgabe elektrischer Kraft zur Erhitzung eines
1912 auf
2000 m3
Glätteeisens für einen wöchentlichen Arbeitstag von
1927 um weitere 400 m3
10 Stunden jährlich Fr. 17.50 zu fordern.» (1902)
Schon 1897 wird das Werk erweitert, bald darauf ist zur Aufnahme einer Akkumulatoren-
«Der Frau Kolb, Schneiderin, wird ein Glätteeisen à 400 Watt bewilligt.»
batterie ein Anbau zum Maschinenhaus nötig. Man erwirbt zu diesem Zweck von der Einwoh-
«Hr. Peter Michel, Conditor, beabsichtigt,
nergemeinde 14 ⁄5 Klafter Land (etwa 48 m zu
einen elektrischen Kochherd zu installieren. Es
Fr. 6.– das Klafter, für total Fr. 88.80, Preis ca.
wird beschlossen, ihm die nötige el. Energie zuzu-
Fr. 1.85/m2).
sichern. Die Taxation soll nach Eingang von be-
4
2
züglichen Erkundigungen, wie auch nach welchen
Apparate und Maschinen
Grundsätzen solche Herde anderwärts taxiert werden, erfolgen, immerhin soll Hr. Michel, da es sich hier um eine Probe handelt, möglichst billig gehal-
Die Gründer des Elektrizitätswerks in Mei-
ten werden.» (April 1901)
ringen hatten ausschliesslich die elektrische Beleuchtung im Auge. Nicht umsonst trägt die
Vom Siegeszug elektrischer Apparate und Ein-
eingesetzte Kommission noch jahrelang den
richtungen in den ersten dreissig Jahren mö-
Titel einer Beleuchtungskommission, obschon
gen folgende Protokolleintragungen Kunde
mancherlei Apparate installiert worden waren.
geben:
1891 ersucht Dr. Renggli die Dorfbehörde,
1899
zu prüfen, ob die motorische Kraft des Werks eventuell zu industriellen Zwecken nutzbar
Im Juli wird Metzger Kohler 1 ½ PS Energie zum Betriebe einer Fleischhackmaschine zugesichert.
gemacht werden könnte. Aber noch einige Jahrzehnte lang betreibt Buchdrucker Christian Brennenstuhl seinen Motor mit Wasser: Per Minute 65 Liter Erguss, einen Tag zu 10 bis
1901 Glätteeisen. Jahresabonnement Fr. 4.–. Kochherde.
12 Stunden in der Woche in Betrieb. Jahreszins Fr. 95.–. Mit der Zeit erobert sich der elektrische Strom doch weite Gebiete des Haushaltes, der gewerb-
1902
lichen und öffentlichen Betriebe. Er ist eben ein richtiger Tausendsassa, vielseitig verwendbar,
er erfüllt spielend die vielfältigsten Wünsche
Bogenlampen für die Hauptstrasse. Die Einwohnergemeinde bezahlt für 12 Bogenlampen, während täglich 3 Brennstunden, von Anfang Juni bis Ende September Fr. 800.–. Es soll darüber ein rechtsverbindlicher Vertrag abgeschlossen werden.
und Bedürfnisse: Er kann wärmen (Kochherde,
D. Grewahr: Kraft zum Kochen. 1 Std. täglich: Fr. 40.– / Jahr.
(Spritzpistole) oder abkratzen.
1903
Um die Jahrhundertwende sind noch keine
Gesuch um elektrische Kirchenheizung wird abgelehnt. Dem Krankenhaus wird die Gratisabgabe von Strom zum Betrieb eines
Öfen, Boiler), aber auch kühlen (Kühlschränke). Er kann sowohl saugen (Staubsauger) wie auch blasen (Gebläse). Er kann Farbe auftragen
Zähler in Betrieb. Jedes Gesuch wird indivi20
Röntgenapparates auf unbestimmte Zeit bewilligt.
Im Lauf der Jahre haben sich auch die technischen Bezeichnungen vereinfacht. Heisst es noch in der Turmchronik der Kirchgemeinde
1904
Brotteigknetmaschine. Chr. Gertsch, Bäcker.
1898: «… sodass in verschiedenen Werkstätten eine elektrische Kraftübertragung zur Treibung von
1907
Erster Haartrockneapparat.
Maschinen eingerichtet werden konnte …» so sagt man dem heute schlicht und einfach:
1908
Einführung der Metallfadenlampen Osram und Tantal anstelle der Kohlenfadenlampen.
1910
Erste Ventilatoren in den Hotels.
1913
Es wird geklagt über den hohen Energieverbrauch der Waschmaschine im Krankenhaus.
1916
(…) die an eine Lampe angeschlossene Diktiermaschine beim Notar Abplanalp.
1918
Uhrmacher Heinrich Steiner erhält einen Fusswärmer. Taxe: 25 Rp. pro Watt und Jahr.
1919
1920
7 Kochapparate angemeldet. 4-PS-Motor zum Betrieb einer Mühle der Landwirtschaftlichen Genossenschaft. Die mit Wasser betriebene Druckerei Brennenstuhl wird auf Elektrizität umgebaut.
Elektromotor.
Bogenlampe der öffentlichen Beleuchtung, wie sie 1902 für die Hauptstrasse bewilligt wurde.
Dörren von Obst und Gemüse im Elektrizitätswerk. Otto Knittel stellt ein Gesuch für Stromlieferung für sein Kückenheim, ca. 40 Watt.
1923
Inserat im «Oberhasler»: Das EW ist in der Lage, Strom für Koch- und Heizzwecke und Motoren abzugeben.
1927
Die ersten Boiler und Staubsauger.
21
Telefon
Man begreift die Kinder, die andächtig ihr Ohr an die summenden Leitungsstangen halten,
Seit 1854 tuckert im zweiten Stock des Postbü-
um mitzuhören.
ros Meiringen der Telegraf und sendet mittels Morsezeichen Nachrichten durch seine Drähte.
Man versteht jenen alten Mann, der findet: «E settigs ischt denn d’Sach doch afen zwyt triben.»
Beim Brand von 1891 schmilzt der Apparat zu
( Turmchronik)
einem Messingklumpen zusammen, der heute im Haslimuseum zu sehen ist.
Und heute telefoniert man, mit grösster Selbstverständlichkeit, sogar drahtlos in alle Welt
Die Erfindung der elektrischen Beleuchtung
hinaus!
bewirkt eine weitere revolutionäre Veränderung im Alltagsleben.
Erstmals am 30. November 1892 findet das Telefon in den Protokollen der Dorfgemeinde
Und nun ist – wieder durch Thomas A. Edi-
Erwähnung.
son – mit der Verbesserung des Mikrofons von Graham Bell dem Telefon eine weltweite
Man regt an, einleitende Schritte zu tun, die
Verbreitung verschafft worden. Telegraf und
nötigen Abonnemente zu sammeln und bei
elektrisches Licht beruhten schliesslich auf
der eidg. Telegrafenverwaltung ein Gesuch zu
technischen Vorgängen, die man durchschau-
stellen.
en kann. Aber jetzt: Die lebendige menschliche Stimme durch Drähte auf Reisen zu schicken,
Ein halbes Jahr später verlangen sechzehn Pe-
sogar auf grosse Distanzen, dass man glaubt,
tenten, Hotelbesitzer und Gewerbetreibende,
der Gesprächspartner stehe einem leibhaftig
eine telefonische Verbindung mit Interlaken
gegenüber, dass man seine Stimme erkennt –
und Luzern. Dafür verlangt das Amt jährliche
das grenzt an Wunder, ist ein Wunder!
Minimaleinnahmen von Fr. 1350.– respektive Fr. 2250.–. Am 28. Februar 1894 wird an der Dorfgemeinde die Übernahme dieser Garantie beschlossen. Man rechnet mit einem Beitrag der Einwohnergemeinde von Fr. 250.–, einem solchen von Interlaken von Fr. 100.– und vertraut darauf, dass das jährliche Defizit sich bald einmal verringern werde. Aber gut Ding will Weile haben. Im März 1895 wird man vorstellig und verlangt energisch die baldige Installation des Netzes. Die Direktion des Telegrafenamtes Interlaken sagt zu. Gleichzeitig werde eine Telegrafenlinie nach der Grimsel (?) in Angriff genommen werden. Weitere Eintragungen fehlen. Begreiflich, da sich bald darauf die Telefonverwaltung verselbständigt und vom Elektrizitätswerk nur zum Betrieb eines Umformers Strom begehrt. Im Februar 1909 erhält das Maschinenhaus einen Telefonanschluss. Die Verbindung mit dem Reservoir Haselholz wird als interne Privatleitung installiert.
22
Das «zweite» Elektrizitätswerk, Maschinenhaus mit Büro, Werkstatt und Wohnung des Betriebsleiters
Erweiterung des Werks
Nachdem auch die alten Maschinensätze durch «Translokation» im neuen Maschinenhaus un-
In den Jahren 1904 und 1905 erfährt das Werk
tergebracht sind, wird das alte Maschinenhaus
eine umfassende Erneuerung: Neben dem Alp-
dem Krankenhaus für Fr. 5500.– verkauft (heu-
bach erstellt Bauunternehmer Hans Abplanalp
te Absonderungshaus).
ein neues Maschinenhaus mit Maschinenraum, Büro, Akkumulatorenraum, Magazin,
Das Reservoir Haselholz und die Akkumulato-
Werkstatt und Wohnung des Betriebsleiters.
renanlage werden nochmals vergrössert.
Hinzu kommen eine zusätzliche Druckleitung
Man gibt sich stets Rechenschaft über die Güte
von 350 mm Durchmesser und zwei neue Ma-
der Fabrikate. Die Lampen «Osram» (Leucht-
schinensätze.
drähte aus Legierung von Osmium und Wolfram), Preis Fr. 1.01, haben nach 800 Stunden
Turbinen: Escher-Wyss, Zürich, 150 HP
Brenndauer 50 % ihrer Leuchtkraft eingebüsst,
Dynamo: Maschinenfabrik Oerlikon
wogegen Wotanlampen, Preis 75 Rp., nur 19 %
Ableitung des Wassers zum kleineren Teil über
Einbusse erleiden. Man zieht die Konsequen-
eine Dolenleitung zum Dorfbach, zur Haupt-
zen.
sache in den Alpbach. 23
Im sonnigen und regenarmen Sommer 1911
Noch vor dem Ersten Weltkrieg wird das Netz
sind Dorfbach und Alpbach fast am Versiegen.
erweitert: Willigen, Oberstein, Sand und die
Der Alpbachfall muss vollständig angezapft
Alpbachallee werden angeschlossen, die Stras-
werden.
senbeleuchtung auch im Winter beibehalten.
«Einheimische und Fremde sehen mit
Dann aber brechen harte Zeiten an. Wichtiges
grossem Bedauern diese Verunstaltung und diesen
Material wird knapp, Kupfer besonders rar. Ins-
Raubbau an landschaftlicher Schönheit.»
tallationsdraht ist nur gegen Abgabe von Kupfer erhältlich.
Maschinensaal Meiringen I mit Gleichstrom-Maschinensätzen nach der «Translokation» 24
Von den überflüssig gewordenen Akkubatte-
aber doch eingeführt. Resultat: viel geringerer
rien werden 1915 16 250 kg Blei verkauft.
Stromverbrauch. Der Zweck ist erreicht: Es wird Strom gespart.
Im Kriegsjahr 1917 errichtet der rührige Betriebsleiter Chr. Lengacher eine Dörranlage. Sie
Aber noch lange Zeit ist die Berechnung des
hat regen Zuspruch. Gedörrt werden:
Stromverbrauchs kompliziert. Wo noch keine
6120 kg Äpfel
626 kg Zwetschgen
Zähler eingeführt sind, gibt es verschiedene
3848 kg Birnen
559 kg Kohl und Rübli
Kategorien von Strombezug, je nach Anzahl
3987 kg Bohnen
122 kg Mais
und Kerzenstärke der Lampen, je nach Moto-
704 kg Zichorien
renstärke und Tageszeit («Abfallkraft»). So ist es
90 kg Beeren
Zusammen 16 056 kg Obst und Gemüse.
ein Unterschied, ob man privat glättet oder als Schneider(in), wie aus einer Beschwerde her-
Doch schon bald nach Beendigung des Ersten
vorgeht, worin betont wird: «Ich bin Näherin,
Weltkrieges brechen bessere Zeiten an.
nicht Schneiderin!» Antwort der Dorfbehörde: Wenn sie der Mei-
Die abziehenden französischen Internierten
nung sei, dass sie zu viel bezahlen müsse, dann
werden beschenkt.
sei es das Richtige, das Glätteeisen an einen Zähler anzuschliessen.
Zuversichtlich hält man Ausschau. «Die Bidmiquellen sind nicht ausser Acht zu lassen!» (1919)
1926 wird eine Vereinfachung der Tarife angeregt. Im Ganzen sind nun schon 146 Koch-
1920: Langes Pro und Contra über die Einfüh-
und Heizapparate installiert, obschon der
rung von Stromzählern. Erst abgelehnt, dann
Strom knapp ist. «Die Abonnenten haben scheinbar vergessen, dass sie Strom sparen sollten.» Von 12 – 1 ½ Uhr mittags wird der Strom abgeschaltet. Am 11. Januar 1922 ereignet sich beim Alpbachfall ein Felssturz, der die Druckleitung demoliert. Das Anbringen einer Notleitung dauert eine Woche. Retter in der Not ist das Werk im Trinkwasserreservoir, das genügend Strom für die Beleuchtung liefert. Koch- und Heizapparate werden plombiert. Ein drohender Felskopf gefährdet die neue Leitung. Etappenweise wird er behutsam gesprengt, nachdem man Fachleute beigezogen hat. Die schmiedeeisernen Rohre werden einige Meter weiter westwärts verlegt. In Anbetracht der strengen Arbeit bei der Wiederherstellung der Druckleitung erhalten fünf Arbeiter je ein Paar Schuhe.
Rohrbruch der Druckleitung 25
Erneute Stromknappheit stellt die Dorfbehörde
bieten, ausgenützt werden. Die heutige finanzielle
vor die Alternativen: Erweiterung des Werks?
Lage der Dorfgemeinde ist ja wohl der beste Be-
Ankauf von Fremdstrom? Bau einer Dieselan-
weis dafür, dass sich die eigenen Anlagen mit der
lage? 1925 entschliesst man sich zu diesem
Zeit lohnen, auch wenn diese unter schwierigen
letzten Ausweg. Der Einbau eines Öltanks von
Umständen gebaut werden müssen. Die bisherige
15 000 l Inhalt ist unumgänglich.
Entwicklung unseres Werkes zeigt uns, dass sich der Unternehmungsgeist unserer Vorfahren gelohnt
Für den ohne jegliche Störung erfolgten Be-
hat, die unter finanziell viel schwierigeren Verhält-
trieb im Jahre 1930 erhalten die dafür Verant-
nissen das Werk zum Nutzen des Dorfes und der
wortlichen, einschliesslich Wasserwärter und
Gemeinde erbaut und erweitert haben.»
Kehrichtfuhrmann, eine Gratifikation. Die
ausserordentliche
Dorfgemeinde
vom
1941 kommt die Dorfbehörde in eine arge
19. April 1941 stimmt dem Vorschlag der Dorf-
Zwangslage. Die zu dieser Zeit verfügbare Leis-
behörde einstimmig zu. Schon im Januar 1942
tung beträgt:
kann die neue Druckleitung in Betrieb genommen werden (Firma Brunner und Zehnder).
Werk Alpbach
820 PS
Werk Reutiberg (Trinkwasser)
150 PS
Die Dieselanlage wird kaltgestellt. Die Zuver-
Dieselanlage
150 PS
sicht hat sich gelohnt. Die Kapazität hat um ca.
1120 PS
250 kW zugenommen. An der Dorfgemeinde
vom 28. Dezember 1942 werden die Baukosten Eine Verfügung des Eidg. Kriegs-, Industrie-
von rund Fr. 170 000.– einstimmig genehmigt,
und Arbeitsamtes verbietet die Erzeugung elek-
ebenso die Zuleitung des Mühlebachs in den
trischer Energie durch Dieselmotoren. Damit
Alpbach.
fehlen nun die 100 kW, die zur Bewältigung der Spitzenbelastung dringend nötig sind.
Zum vermehrten Wasserzufluss gehören neue
Auch zeichnet sich eine rapide Zunahme von
Maschinen. Vom Elektrizitätswerk Reichen-
Heiz- und Kochstrom ab. Alldem könnte durch
bach erwirbt man eine Turbine für Fr. 12 000.–.
Bezug von Fremdstrom abgeholfen werden. Ein neuer Generator BBC wird noch auf Obmann Otto Brügger schlägt einen anderen
Gleichstrom umgebaut. Totale Kosten für die
Weg vor: den Bau einer neuen Druckleitung
ganze Gruppe Fr. 34 000.–. An die Lieferung
von 400 mm Durchmesser. Die bisherigen Lei-
wird die Abgabe von 500 kg Kupfer an die Fir-
tungen von 180 und 350 mm Durchmesser
ma geknüpft (Kriegszeit!). Die Bauarbeiten wer-
nutzen die vorhandene Wassermenge ungenü-
den den Firmen Sulzer, Neiger und A. Gerber
gend aus. Da das Reutiberg-Werk während acht
übertragen. Für die heikle Arbeit werden einige
Stunden den Bedarf an Energie deckt, kann in
versierte Schweisser beigezogen.
dieser Zeit das Reservoir Haselholz gestaut werden. Es kann ferner der Mühlebach noch beige-
Wasserknappheit im Winter 1943/44 zwingt
zogen werden. Vorgesehen ist Gussrohr für die
die Dorfbehörde dazu, elektrische Öfen zu
im Boden verlegten Strecken, Spezialstahlblech
plombieren. Ausnahmen werden bewilligt für
für die freien Partien. Das nötige Kapital von
ältere Leute, Uhrmacherwerkstatt und Ärzte-
Fr. 160 000.– ist vorhanden.
wartezimmer.
Der Artikel im «Oberhasler» schliesst mit fol-
Das Werk Meiringen ist bald das einzige Gleich-
genden Worten:
stromwerk weit und breit.
«Bevor wir unsere Unabhängigkeit aufgeben, sollten doch die Möglichkeiten, die sich uns 26
Der Fremdstrombezug nimmt abnormal zu. Abhilfe tut not. Das Goldernbächli wird gefasst.
Die Dieselmotoren werden für Fr. 4000.– ver-
Die Zeit erheischt einen mutigen Schritt vor-
kauft.
wärts. Die Richtung ist klar vorgezeichnet: das Bidmi-Werk. Es rückt in greifbare Nähe und
Der Wechselstrom gewinnt immer mehr an Be-
wird unbedingtes Erfordernis.
deutung, auch das Werk Meiringen muss «dran glauben» (siehe Kapitel «Umbau»). Stufenweise hat sich das EW Meiringen entwickelt, hat sich vergrössert, erneuert, den neu gestellten Forderungen anzupassen gewusst. Aber nun droht es in eine Sackgasse zu geraten.
Das Reservoir im Haselholz vor dem Bau der Zentrale Meiringen II, nach verschiedenen Erweiterungen
27
Alpbachfall
« … damit der Alpbachfall wieder besser zur Geltung kommt. Die Eigenversorgung soll je-
Ein Sonderfall bleibt der Alpbachfall. Er hat
doch ausdrücklich gegen diese Massnahme das
nämlich im Sommer eine bedeutende Rolle als
Vorrecht haben.»
Naturschönheit zu spielen. Das alte Lied: Man kann nicht zugleich den In den Dreissigerjahren wird er abends farbig
Fünfer und das Weggli haben.
beleuchtet: grün, blau, rot, mittels grosser farbiger Scheiben, die Betriebsleiter W. Lengacher
Mit der Schutz- und Nutzungsplanung, die
vor einen mächtigen Projektor schiebt. «Etz
im Verfahren für die Erneuerung der Wasser-
losid den», pflegte er zu sagen, wenn er die
rechtskonzessionen im Jahr 2000 erstellt wer-
glutrote Scheibe vorschob, was den auf dem
den musste, wird der «untere Alpbach» mit
Alpbachbrüggli versammelten Kurgästen regel-
dem Alpbachfall eindeutig als Fischgewässer
mässig ein «Ah!» entlockte. In den ersten Jahren wird nur der Dorfbach als Stromlieferant benutzt. 1904 wird der Alpbach beigezogen, das Reservoir erweitert und eine zweite Druckleitung von 350 mm Durchmesser erstellt. Damit beginnt die Interessenkollision: Den Touristen, dem Verkehrsverein, allen Freunden der Natur, die einen prächtigen Wasserfall bewundern möchten, stehen die Interessen des EW gegenüber. Wie viel Wasser soll man in den Sommermonaten Juli und August über die Fluh hinunterstürzen lassen, wie viel soll, durch Röhren geleitet, der Stromproduktion nutzbar gemacht werden? Das Seilziehen findet auch in den Protokollen seinen Niederschlag: « … Die Stromlieferung an die BKW ist zu reduzieren, damit während der Saison der Alpbachfall angesehen werden darf. Einnahmenausfall täglich etwa Fr. 8.–.» « … Vorerst sind alle der Auffassung, dass die Schulden nach bestem Können zu reduzieren sind unter bestmöglicher Berücksichtigung der Naturschönheit des Alpbachfalles.»
Alpbachfall 28
beurteilt. Damit sind alle Unklarheiten und das alte Lied nach gesetzlichen Vorgaben beseitigt: Der Bachlauf wird künftig mit monatlich unterschiedlichen Restwassermengen zu dotieren sein. Im Februar 1955 wird die Firma Sulzer beauftragt, den Fall zu korrigieren, dass er auch bei wenig Wasser das «Gesicht nicht verliert». Dieses «Make-up» steht nicht allein da. Sowohl der Reichenbachfall, wie der Schräyibach in der Aareschlucht sind im Interesse der Kurgäste «frisiert» worden. Dem Zuge der Zeit folgend werden seit Mitte der Fünfzigerjahre Kirchturm und Kirche, Alpbach- und Reichenbachfall, auch die Ruine Resti in der Sommersaison abends beleuchtet. Die Dorfgemeinde ist Eigentümerin der Grundstücke rund um die 1890 für Touristen begehbar gemachte Alpbachschlucht. Die Grenzen gehen nach Grundbuchplan je bis Mitte Alpbach – die Dorfgemeinde ist also auch Eigentümerin der Alpbachschlucht. In einer vom Gemeinderat Hasliberg einberufenen «Zukunftskonferenz» kam die Idee auf, die Alpbachschlucht wieder begehbar zu machen. Als Unterabteilung der SAC-Sektion Oberhasli (sie verfügt über die notwendigen Haftpflichtversicherungen für alle ihre Weganlagen in der ganzen Schweiz) wird 2006 der «Verein pro Alpbachschlucht» gegründet. Der Bau wird mit dem erforderlichen Baurecht und einem Investitionshilfebeitrag von Fr. 30 000.– unterstützt. Die Schlucht ist als Felspfad bergwärts von Mai bis Oktober begehbar. 2014 wird gar eine über den Abgrund hinausragende Plattform eingeweiht.
Alpbachschlucht als Felspfad begehbar 29
Das Werk Reutiberg Als in der Zeit des Ersten Weltkrieges wieder
Bronze-Legierung ersetzt. Bei der Überprüfung
einmal Stromknappheit herrscht, macht ein
kommt dieses Rad aber nach nur vier Betriebs-
Mitglied der Dorfbehörde, vermutlich De-
jahren ziemlich havariert zum Vorschein. Es
potchef Gügi, den Vorschlag: Warum nicht die
muss schleunigst wieder ersetzt werden, gleich-
bestehende Trinkwasserversorgung zur Strom-
gültig, was die Ursachen für die Schäden sind.
gewinnung beiziehen?
2014
Der Stand der Technik erlaubt es ohne Weiteres,
Die Reutiberg-Maschine leistet ihren Dienst
eine Turbine in die Wasserleitung Schrändli –
nach 95 Jahren wie am ersten Tag !
Meiringen einzubauen, ohne dass die Qualität des Trinkwassers beeinträchtigt wird. So wird im Reservoir Brunnenschrändli am Weg Meiringen – Reuti 1917/1918 eine Turbine eingebaut (Atéliers de constructions mécaniques, Vevey, für Fr. 12 990.–) und ein Gleichstromgenerator MFO (Maschinenfabrik Oerlikon) für Fr. 14 210.– angeschlossen. Der neu gewonnene Strom wird in einer Freileitung dem Dorfwerk Alpbach zugeführt: 100 kW. Leitung der Anlage: Ing. Strehlin, Zürich. Kosten: Fr. 65 000.–. Am 17. Februar 1919 wohnt die Dorfbehörde der Inbetriebnahme der Anlage bei, die noch heute (1989), nach 70 Jahren, in Betrieb ist. 1989, nach 70 Jahren und ca. 600 000 Betriebsstunden wird das erste Turbinenlaufrad durch ein Rad der Firma Hugal aus einer Aluminium31
Das Werk Meiringen II «Bidmi» Mitte der Vierzigerjahre zeichnet sich im Werk
hierfür, Fr. 60 000.– bis Fr. 80 000.– jährlich,
mehr und mehr eine Energieknappheit ab. Im
deckt die Zinsen des aufzunehmenden Kapi-
Jahre 1946 muss man Fremdstrom hinzukau-
tals. Im Amortisationsplan ist die vollständige
fen, 300 000 kWh im Betrage von Fr. 14 460.–.
Schuldentilgung für 1978 vorgesehen.
Seit 1939 ist der Konsum um 100 % gestiegen, Erweiterung tut not.
An der Dorfgemeinde vom 22. Dezember 1947 (anwesend 83 Stimmberechtigte) wird das Vor-
Seit Jahren sind die Bidmiquellen im Ge-
haben eingehend erläutert und diskutiert. Ein
spräch, 1933 hat man sie vorsorglicherweise
baureifes Projekt der Ingenieure Schuler und
für Fr. 2000.– erwerben können. Goldern- und
Nadler liegt vor:
Alpbach können noch miteinbezogen werden. Die Gefällsstufe zum Haselholz ergibt 568 m,
Wasserfassung und Ausgleichsbecken auf Bid-
auch kann noch die zweite Stufe Haselholz –
mi. Von den drei Varianten Goldern, Egg und
Meiringen ausgenützt werden.
Bidmi ist es die vorteilhafteste, besonders auch wegen der konstanten Wasserführung im Win-
Gewiss: Der Bau ist ein Wagnis, steigen doch
ter: Bidmiquellen und Alpbach 40 Sekunden-
die voraussichtlichen Kosten bald einmal von
liter. 2,4 km lange Druckleitung, 435 mm
1,3 auf 1,8 Millionen Franken, für die Dorfge-
Durchmesser, zum Werk M II wird 70 – 80 cm
meinde ein nahrhafter Brocken. Ausserdem
tief in den Boden verlegt. Nochmalige Ausnut-
steckt man noch auf Jahre hinaus im Umbau
zung der Gefällsstufe von ca. 200 m zu beste-
des Netzes auf Wechselstrom.
henden Werk M I, Alpbach. Das Ausgleichsbecken Haselholz fasst 3300 m3.
Das nötige Material ist knapp und nur nach langer Lieferfrist erhältlich. Doch auch die po-
Man ist in einer Zwangslage. Täglich fehlen
sitive Seite lässt sich hören: Für die überschüs-
3000 kWh Energie, die vom EW Reichen-
sige Energie findet man Zusicherung auf Absatz
bach bezogen werden. Beim projektierten
bei den BKW, für 10 Jahre gesichert. Der Erlös
Werk rechnet man mit einer Produktion von 33
3 100 000 kWh im Jahr, die kWh zu 3.35 Rp.,
Baulos 4:
wovon rund ⁄3 verkauft würden.
Zentrale im Haselholz
2
A. Gerber Die wohlfundierten Pläne und Berechnungen finden einhellige Zustimmung. Angesichts der
Das Gutachten von Ing. Beetschen über das
Schwierigkeit, innert nützlicher Frist die nöti-
Projekt Schuler/Nadler lautet durchwegs positiv.
gen Maschinen und Installationen zu erhalten
Für die örtliche Bauleitung sucht die Behörde
(Lieferfristen für Turbine und Generator 52
einen Verantwortlichen. Ing. Nil und Rud. Wal-
und 57 Wochen), beschliesst die Dorfbehörde,
ther lehnen ab. Bestimmt wird Ing. Nadler jun.
die Aufträge sofort zu erteilen. Finanzierung: Es waltet gesunder Optimismus: Die Konzes-
Nach langen Verhandlungen findet folgender
sion würde sowieso erteilt werden, und für die
Plan Genehmigung:
überschüssige Energie werde man ohne Zweifel Absatz finden.
Darlehen bei der SUVAL
Fr. 500 000.–
zu 3 ¼ %, auf 10 Jahre fest Es werden bestellt: Baukredit bei der KantonalDruckrohre 435 mm Durchmesser aus
bank von Bern
der Tschechoslowakei
zu 3 ¾ %, umwandelbar in
Giovanoli, Monthey
Fr. 408 000.–
sich damit auf 12 Mio. kWh erhöhen, was für
1120 PS, 180 Liter/Sek. Fr. 166 400.–
lange Zeit genügen dürfte. Bauzeit 2 ½ Jahre. Während dieser Zeit steht
2 Generatoren, Drehstrom,
das Bidmi-Werk auf jeder Traktandenliste der
1000 kVA, 525 Volt Maschinenfabrik Oerlikon
feste Darlehen von 3 ½ % Die Leistung der beiden Werke M I und II wird
2 Pelton-Turbinen zu je Bell & Cie, Kriens
Fr. 1 300 000.–
Fr. 74 000.–
Dorfbehördesitzungen. Alle Mitglieder der Dorfbehörde, allen voran Dorfobmann Otto Brügger und der Dorfschreiber, bewältigen eine
2 Transformatoren
Riesenarbeit:
16 000/525 Volt, 1050 kVA Maschinenfabrik Oerlikon
Fr. 37 507.– – Studium der Pläne, Beratung durch Fach-
Die Bauarbeiten werden auf vier Firmen in
leute
Meiringen aufgeteilt, auch das übrige einhei-
– Ausschreibung und Prüfung von Offerten
mische Gewerbe wird berücksichtigt.
– Vergebung von Aufträgen, Bestellungen – Verträge, Vermarchung, Verurkundung
Baulos 1:
– Verhandlung mit Landbesitzern, Land-
Bidmi. Wasserfassung und Ausgleichsbecken
entschädigung
Ghelma
– Orientierung der Öffentlichkeit – Beschaffung von Kapital, Unterhandlun-
Baulos 2: Wasserschloss, Druckleitung Bidmi – Goldern
gen mit Banken und Versicherungen – Kontrolle der geleisteten Arbeiten
A. Sulzer Mit einer Ausnahme, die sich über eine längeBaulos 3:
re Zeit hinzieht, können alle Einsprachen der
Druckleitung Goldern – Haselholz
Landeigentümer gütlich erledigt werden. Fritz
F. Neiger + Sohn
Ringgenberg schildert in der Jubiläumsschrift 1950 die ergötzliche Historia folgendermassen:
34
Das Reservoir im Haselholz mit der neuen Zentrale
Zentrale M II nach dem Neubau mit zwei Maschinengruppen 35
«Gegen die Einsprache eines Herrn Oberst-
Im Grossen und Ganzen aber herrscht ein gutes
brigadier, welcher sich an der Strasse Reuti – Gol-
Einvernehmen, das Werk schreitet rasch voran.
dern einen Bauplatz im Halte von 36 a erworben
Und wo fände sich nicht – bei einem Unter-
hat und sich mit einer Besitzesstörung nicht abfin-
nehmen dieser Grösse – ein Haar in der Suppe?
den kann, muss das Expropriationsverfahren ein-
Auch über die Gestaltung des Hochspan-
geleitet werden. Die Massnahme wird angefochten. Das Obergericht schlägt eine gütliche Eini-
nungsraumes im Werk M I kann man sich schliesslich einigen.
gung in Form einer Erwerbung des Grundstückes für Fr. 17 000.– vor. Obschon man den Kaufpreis reichlich hoch findet, willigt man ein, um die Bauarbeiten nicht
Nach grosser Verspätung ist endlich der erste Generator (MFO) angelangt, der zweite sei «in Sicht» (Januar 1950).
zu verzögern, und verkauft dann die Liegenschaft mit eingetragener Last für Fr. 18 000.– weiter.»
Dem Transport der Generatoren auf der Seilbahn Goldern – Haselholz wohnt die ganze
Der Kraftstrom für den Bau wird vom Elektri-
Dorfbehörde bei.
zitätswerk Reichenbach geliefert zu 12 Rp. pro kWh.
Eine weitere Kabelbahn Wasserwendi – Bidmi hat den Transport der Druckrohre besorgt. Die
Grosse Schwierigkeiten ergeben sich bei der
Landentschädigung für die Rohrlegung wird
Materialbeschaffung (Nachkriegszeit). Die Dorf-
auf Fr. 1.– pro Laufmeter festgesetzt.
behörde ist ungehalten darüber, dass die bauleitenden Ingenieure gelegentlich Aufträge
Ende 1949 scheidet der initiative Dorfobmann
direkt erteilen, auch dass häufig Kredite über-
Otto Brügger aus der Dorfbehörde aus, da er
schritten werden.
seinen Wohnsitz ausserhalb des Dorfkreises
Zur Einweihung des Bidmi-Werks: Ansprachen … 36
Festwirtschaft …
verlegt hat. Die Dorfgemeinde ist froh, dass er
Nachmittag:
bis zur Fertigstellung des Werks als Präsident
– Übergabe des Werks durch Ing. Schuler
der Baukommission weiteramtet.
– Übernahme des Werks durch Obmann Aeberhard
Am 19. Oktober 1949 begibt sich die Dorfbehörde in corpore auf den Weg zur Abnahme
Im «Oberhasler» erscheint eine eingehende
der Bauarbeiten.
Schilderung des Werdegangs des Werks durch Fritz Ringgenberg. Sie wird auch als Sonder-
Am 18. Februar 1950 wird die Druckleitung erst-
druck unter dem Titel: «Aus den Protokollen der
mals gefüllt, der erste Generator probeweise in
Dorfgemeinde Meiringen» herausgegeben.
Betrieb genommen. Auch die Hochspannungsleitung Haselholz – Meiringen funktioniert zur
Das Werk ist wohlgelungen, der Bau steht fer-
Zufriedenheit. Kosten total Fr. 1 796 000.–.
tig da. Es geziemt sich nun, die grosse Arbeit der Dorfbehörde, der technischen Leitung, der
Zur Einweihungsfeier am 21. Mai 1950 sind
beteiligten Firmen und aller Arbeiter zu aner-
Behörden, die beteiligten Firmen und ein wei-
kennen, dies umso mehr im Bewusstsein, dass
teres Publikum geladen:
während der ganzen Bauzeit auch noch andere Arbeiten anfielen: der Umbau des Netzes auf
10.30 Uhr:
Wechselstrom sowie die Erwerbung und Fas-
– Begrüssung durch Ehrenobmann Otto
sung der Funtenenquellen.
Brügger – Feldpredigt Pfarrer Fankhauser – Picknick, Vorträge der Musikgesellschaft Meiringen
und ein Tänzchen … 37
Umbau auf Wechselstrom Schon 1926 erfolgt der erste Vorstoss (Gutach-
Am 20. Oktober 1945 wohnt die Dorfbehör-
ten Ing. Strehlin). Aber noch am 5. April 1932
de der Inbetriebnahme des Hauptspeisekabels
erklärt die Dorfbehörde mit aller nur wünsch-
12 kV bei, wobei die Transformerstation beim
baren Deutlichkeit, ein Umbau auf Wechsel-
Hotel Brünig als erste mit Wechselstrom be-
strom komme für Meiringen nicht in Frage,
leuchtet wird. Dem Dorfschreiber macht dies
dies wegen der sehr hohen Umbaukosten. Zu-
gebührend Eindruck, weshalb er das Ereignis
dem habe der Gleichstrom für unsere Verhält-
als «für unser Werk historischer Moment» im Pro-
nisse keine Nachteile, er helfe Meiringen, sei-
tokoll verewigt.
ne Unabhängigkeit zu bewahren. Auch seien noch genügend Kraftreserven vorhanden.
Man rechnet mit einer Umbauzeit von 10 Jahren. Nun braucht es Geld. Der Rabatt auf
Ein Jahr darauf, 1933, wird eine Dieselmotor-
Strombezug wird aufgehoben, eine Anleihe
anlage mit 15 000-Liter-Tank in Betrieb gesetzt.
aufgenommen. Mit den Umbauarbeiten wird im Westen begonnen, im Feldli. Eine Häuser-
Mit der Zeit vollzieht sich bei der Dorfbehör-
gruppe nach der anderen kommt an die Reihe.
de doch ein Gesinnungswandel, der Ruf nach
Besondere Schwierigkeiten bieten gewerbliche
Umbau auf Wechselstrom ertönt immer drin-
Betriebe mit speziellen Maschinen, wie die
gender. Sein Vorteil, die Transformierbarkeit,
Kunstanstalt Brügger, Bäckereien und beson-
ist offensichtlich.
ders das Krankenhaus. Der Umbau gibt Arbeit und Verdienst.
1944 wird der Umbau beschlossen, mit den Arbeiten soll sofort begonnen werden. Ein Um-
Voraussetzung für die Erteilung der Konzes-
baureglement wird in Kraft gesetzt: Die Kosten
sion für Installationen ist die abgelegte Meis-
des Umbaus übernimmt das Werk, Mehrkos-
terprüfung. Ausser den drei Inhabern der
ten durch Verbesserung gehen zu Lasten des
Konzession, Bernhard (Freierwerbender), Kas-
Abonnenten. Als Chef des Umbaus wird von
par Neiger und Walter Christen (Angestellter
Schwanden (Glarus) Kaspar Neiger berufen.
des Werks), bewirbt sich Fritz Steiner um die 39
Konzession. Die Dorfbehörde lehnt sie ab, da
selstrom konzipiert, während M I (Alpbach)
der Bewerber ohne Meisterdiplom sei. Entge-
jahrelang zweierlei Stromarten produziert.
gen diesem Antrag beschliesst die Dorfgemeinde, Fritz Steiner die Konzession für gewisse In-
Höchst selten sind in den Protokollen Dinge
stallationen zu erteilen. Einfachste Lösung des
verzeichnet, die eher Menschliches berühren:
Konflikts: Steiner erwirbt das Meisterdiplom.
Als das Ende des Umbaus herannaht, empfiehlt Umbauchef Christen der Dorfbehörde,
Neiger tritt auf 1. April 1946 als Umbauchef
die Kündigung der beiden Monteure nicht
zurück, Walter Christen wird sein Nachfolger,
zu früh vorzunehmen, «da sie sonst das Ge-
der den Umbau mit Umsicht und Sachkennt-
schäftsinteresse verlieren».
nis vorantreibt. Die Umbaukosten variieren jährlich zwischen Mit der Umformergruppe wird Drehstrom er-
Fr. 232 000.– (1947) und Fr. 90 000.– (1951) und
zeugt. Dadurch wird der Bezug von Fremd-
betragen im letzten Umbaujahr Fr. 40 000.–.
strom
Die Kostenteilung ist verschieden: Bei den
aus
dem
Werk
Reichenbach
von
Druckereimaschinen der Firmen Brügger und
1000 kWh auf 400 kWh/Tag reduziert.
Loepthien übernehmen die Firmen ein Viertel Aus den Protokollen vernimmt man meistens
der Kosten, das Werk drei Viertel. Beim Kran-
Finanzielles, Beschlüsse über Vergebung von
kenhausumbau ist das Verhältnis 1:2.
Aufträgen, Gesuche um Preisreduktion und Ähnliches. Die geleistete Arbeit verschwindet
Langjähriger Chef des Umbaus ist Walter
zwischen den Zeilen, ebenso die nötigen Be-
Christen. Er hat die Lehre im EW Meiringen
triebsunterbrüche bei Privaten und Firmen,
absolviert und in verschiedenen Stellen Erfah-
die beim Umbau unerlässlich sind, auch die
rungen gesammelt. Seit 1942 ist er als Freilei-
Doppelspurigkeit im Werk I, ganz zu schwei-
tungs- und Installationsmonteur im EW Mei-
gen von den fachtechnischen Kenntnissen,
ringen tätig. Dank seiner ruhigen, besonnenen
die eine solche Arbeit unter erschwerten Be-
Art meistert er die grossen technischen Schwie-
dingungen voraussetzt. Über Unfälle oder Zwi-
rigkeiten des Umbaus, der Materialknappheit
schenfälle während der zehnjährigen Umbau-
und der Doppelspurigkeit mit dem gleichzei-
zeit ist nichts vermerkt, was den Ausführenden
tigen Bau des Bidmi-Werks. Nach Vollendung
zur Ehre gereicht.
seines Auftrages als Umbauchef geht er in die Privatindustrie und eröffnet ein eigenes Instal-
Ende 1945 ist bereits ein Achtel des Netzes
lations- und Verkaufsgeschäft.
umgebaut, Mitte 1947 ein Drittel. Die unnütz gewordenen Gleichstrom-Motoren werden im
Ende März 1955 ist das letzte «Objekt» in
«Schweizerischen
ausge-
Oberstein umgebaut, es bleibt nur noch das
schrieben und für Fr. 3300.– en bloc verkauft,
Reutiberg-Werk, d. h. der Generator über dem
ebenso die Dieselmotoren für Fr. 4000.–.
Reservoir der Trinkwasserversorgung, der seit
Maschinenmarkt»
1918 eine willkommene Stromzugabe produTram und Kino benötigen jedoch weiterhin
ziert. Die Schlussabrechnung des Umbaus er-
Gleichstrom. Dies erschwert den Betrieb. Für
gibt auf Rappen genau: Fr. 1 243 158.81. Am
das Tram wird im Frühling 1950 ein bei BBC
19. November 1955 wird im «Kreuz» im Beisein
erworbener 200-PS-Motor auf unsere Span-
von Dorfbehörde, ehemaligen Obmännern
nung umgebaut, was die Saisoneröffnung des
und Personal das Ende der 66-jährigen Gleich-
Trambetriebes um zehn Tage verzögert.
stromphase des EW Meiringen gefeiert. Damit ist ein Marchstein gesetzt: Die Gründungsepo-
Das neu zu erstellende Bidmi-Werk M II wird
che hat ihren Abschluss gefunden, es beginnt
selbstverständlich von Anfang an auf Wech-
die Ära Wechselstrom.
40
Das Werk 1950 –1989 Die vier Jahrzehnte seit der Einweihung des
An Löhnen werden rund Fr. 80 000.– bezahlt.
Bidmi-Werks bedeuten für die Dorfgemeinde
Das Werk floriert, man legt Reserven an.
eine Zeit der Konsolidierung. Die grossen Arbeiten (Bidmi, Netzumbau, Funtenen, Badan-
Der Lichtstrom-Preis sinkt von 36 auf 30 Rp.
stalt) hat man hinter sich, man darf aufatmen.
pro kWh, wobei grosszügig ein Mengenrabatt
Man beschränkt sich auf den Unterhalt des
gewährt wird: 27-25-20 Rp. (für über 1000 kWh
Vorhandenen, auf gelegentliche Erweiterun-
Bezug).
gen und bemüht sich, mit der ständigen technischen Entwicklung Schritt zu halten.
Auf Neujahr erhalten alle Angestellten (natürlich inkl. Lehrlinge) eine Gratifikation.
Das grosse Wagnis «Bidmi», ein eigentlicher Marchstein in der Geschichte der Dorfgemein-
Dass die ganze Anlage wohlfundiert und gut
de, hat sich als notwendig und richtig erwie-
abgesichert ist, beweisen Ergebnisse und Be-
sen. Dies geht schon aus den Jahresrechnun-
schlüsse in den anschliessenden Jahren:
gen hervor. Als Beispiel dient die Abrechnung über das Jahr 1954 (Beträge gerundet):
1951: Die Energieproduktion übertrifft die angenommenen Werte.
Einnahmen
Fr.
419 000.–
Ausgaben
Fr.
353 000.–
Betriebsergebnis
Fr.
66 000.–
Abschreibungen
Fr.
106 000.–
Rückstellungen
Fr.
51 000.–
Bilanzsumme
Fr. 3 200 000.–
Separate Rechnung Umbau
Fr.
1953: Amtliche Bewertung EW
Meiringen
Fr. 1 255 000.–
Hasliberg
Fr.
Total
Fr. 2 070 000.–
815 000.–
19 000.–
43
Zentrale Meiringen I, 1989
Trotz regulärer Verzinsung und Amortisation
Ausserdem werden die Beiträge an wohltätige
bleiben noch genügend Mittel, um folgende
Vereine erhöht. Diese generöse Haltung erklärt
Ausgaben ins Budget aufzunehmen:
sich durch die Tatsache, dass z. B. im Jahre 1954 den BKW über 9 Millionen kWh im Betrag von über Fr. 137 000.– geliefert werden.
Modernisierung der Strassenbeleuchtung
Fr.
5 000.– In den Jahren 1960 bis 1963 haben sich im
Umleitung Bidmiquellen
Fr.
3 000.–
Die Mühlebachüberschwemmung in Stein am
Wandgemälde Arnold Brügger
19. Juni 1960: An einem heissen Sonntagabend
im Singsaal der Primarschule, analog Einwohnergemeinde
Oberhasli drei Naturkatastrophen ereignet:
Fr.
5 000.–
– Brünigschwinget und Grimselrennen sind soeben über die Bühne gegangen – entlädt sich ein heftiges Hagelwetter über die Mägisalp.
Goldernbach- und Alpbachfassung
Fr.
11 000.–
Umbaubudget 1954
Fr.
39 400.–
Alpbach und Mühlebach schwellen bedrohlich an. In kurzer Zeit ist das Mühlebachbett
44
mit Steinen und Schutt randvoll gefüllt, die
entfesselten Wasser ergiessen sich über das
1961 wird ein neues Motorfahrzeug für Fr.
ganze Quartier Stein. Sie richten auch im Bid-
16 100.– angeschafft, sicher kein Luxus, wenn
mi und im Haselholz enormen Schaden an
man sich die Grösse des Arbeitsfeldes vor Au-
und überführen die Wasserfassungen. Die Räu-
gen hält: Von Oberstein bis Unterbach, von
mungsarbeiten dauern wochenlang, die Schu-
Bidmi bis Balm, vom Brünig bis Funtenen.
len helfen tatkräftig mit. Der Schaden wird auf Fr. 100 000.– geschätzt. Angestellte und Lehr-
Auf 1. Januar 1962 tritt ein Einheitstarif für
linge des Elektrizitätswerks nehmen sich
Strombezug in Kraft:
spontan des arg mitgenommenen Schwimmbades an und werden für ihren Einsatz mit je
– Grundtaxe nach Raumeinheiten
einem Goldvreneli belohnt.
– Strompreis 5 Rp./kWh
Der Föhnsturm vom 7./8. November 1962: Der
In einer ganzseitigen Erläuterung im «Oberhas-
«eltischt Hasler» zerstört den Sagiwald, den
ler» orientiert Dorfschreiber Pulver in launiger
Wald auf Kaltenbrunnen, richtet aber auch
Weise über Vorteile und Härtefälle gegenüber
auf der Sonnseite des Tales grossen Schaden an
Abonnenten, «welche bereits mit den Hühnern
(oberes und unteres Haselholz). Der Schaden
die Nachtruhe antreten».
wird von der Versicherung vergütet. Durch einen Blitzschlag im Werk M I erleidet Der Bergsturz am Kirchberg am 16. Februar
ein Maschinist einen Schock. Er ist eine Woche
1963: Diese dritte Katastrophe, der Bergsturz,
arbeitsunfähig.
geht sozusagen spurlos an der Dorfgemeinde vorüber. Erst Jahre darauf ist ein namhafter Bei-
Von Zeit zu Zeit begibt sich die Dorfbehörde in
trag vermerkt, den sie an die Genossenschaft
corpore auf eine «Begehung». Alle Werke, Lie-
der Hausbesitzer leistet.
genschaften und Stauweiher werden der Reihe nach inspiziert, so auch im Oktober 1967. «Die Begehung fand bei schönstem Herbstwetter statt, was die Mitglieder der Dorfbehörde einigermassen entschädigte für die Opferbereitschaft.» Der Umbau des Verwaltungsgebäudes (Dorfkasse) an der Kreuzgasse ist devisiert auf Fr. 315 000.–, kostet aber Fr. 357 000.–. Die Teuerungsrate beträgt 10 %. Die Büros werden auf die Südseite verlegt. Während des Umbaus findet man Unterschlupf vis-à-vis, im Hause Loepthien. 1979 wird die Initiative für den Bau einer Tennishalle unterstützt. Nach wie vor verlangen alle Anlagen eine sorgfältige Überwachung. 1979 wird an einem Turbinenrad im Werk M II ein Riss festgestellt. Man erwägt die Anschaf-
Zentrale Meiringen I (im Vordergrund die alte Tramturbine als Ausstellungsobjekt)
fung einer neuen Turbine (Bell, Kriens). Man entschliesst sich aber, nach und nach für alle 45
Turbinen von M I und II neue Laufräder an-
Wer hätte sich 1889, bei der Errichtung des ers-
zuschaffen. Zudem werden Reserve-Laufräder
ten Dorfwerks träumen lassen, «unser» Werk
gekauft.
werde einmal im Monat 2 Millionen kWh produzieren!
Die Motor Columbus AG überprüft im Auftrag der Dorfbehörde den Betrieb und alle Anlagen
Im Dezember desselben Jahres 1985 hat das
und unterbreitet Vorschläge für Rationalisie-
Bulletin ein wesentlich anderes Gesicht:
rung und Erweiterungen. Viel Arbeit verursachen die Beckensanierung im Haselholz und
Meiringen I
die Wehrerneuerung Alpbach.
Reutiberg
Seit Jahren beklagen sich die Anwohner im
179 200 kWh 49 330 kWh
Meiringen II
251 400 kWh
Total Dezember 1985
479 930 kWh
Schrändli über den Maschinenlärm des Werks Haselholz, der im Winter, wenn die Bäume
Abgabe an BKW
entlaubt sind, schier unerträglich werde. Dem
Bezug bei BKW
Übel ist schwer beizukommen: Abdecken des
Abgabe ins Netz
— kWh 651 700 kWh 1 131 630 kWh
Wasserauslaufs mit Aluminiumelementen und Anpflanzen von Sträuchern. Erfolg bleibt abzu-
Jedes Jahr legt Betriebschef Maurer Rechen-
warten.
schaft ab über die Tätigkeit des technischen Personals und die mannigfachen Anforderun-
Das Gesuch der Betriebskommission für Sport-
gen des Betriebes. Greifen wir einiges aus ei-
anlagen der Einwohnergemeinde für eine
nem seiner Berichte heraus:
36,3-kW-Wärmepumpe wird nachträglich bewilligt, weil Einbau und Anschluss bereits er-
– 6 Störungen
folgt sind. «Der Einwohnergemeinde ist vom Be-
– Netzausfall wegen Föhnsturm, Schnee-
fremden über dieses Vorgehen Kenntnis zu geben.»
druck, Kurzschluss, Überbelastung des Netzes
Die jahrelangen Differenzen zwischen Dorfge-
– Ausholzen der Reutibergleitung
meinde und der Michel AG über Besitzesver-
– Auswechseln der Turbinenlaufräder im
hältnisse am Brünigstein können endlich bei-
Werk M II
gelegt werden. Die Dorfgemeinde erwirbt ein
– Einbau der neuen 16-kV-Schaltanlage
Grundstück.
– Sandstrahlen und Anstrich beider Druck-
Jeden Monat wird die produzierte Energie in
– 15 neue Kabelanschlüsse
einem Monatsbulletin festgehalten.
– Zählerrevision
leitungen
– neues Kabel zur Wärmepumpe im Dasjenige von Juni 1985 weist die seit Jahren
Schwimmbad – 6 neue Kandelaber und Pilzleuchten
höchste Produktion auf:
(Strassenbeleuchtung) Meiringen I Reutiberg
661 300 kWh 64 420 kWh
Meiringen II
1 240 600 kWh
Total Juni 1985
1 966 320 kWh
Abgabe an BKW
1 126 900 kWh
– Niederschlagsmenge gemessen: 1632 mm (1981) – Beschädigung des Hydrantem Nr. 69 durch Schneefräse – Kontrolle und Unterhalt der Hydranten,
Bezug bei BKW Abgabe ins Netz
– kWh 839 420 kWh
Wasserproben, Verlängerung der Hydrantenleitung – 12 neue Wasseranschlüsse usw.
46
Der Bericht von sechs Seiten gibt in Einzelheiten die ausgeführten Arbeiten wieder. Tröstlich
– Personalabend mit Aussprache und Nachtessen
im Bericht: «Es wurden fast keine Lampen mehr
– Anschaffung einer EDV-Anlage für das Büro
durch Schneebälle beschädigt.»
– Fr. 10 900.– Netzverkabelung Gemeindemat-
Wie leicht vergisst der Strom- und Wasserbe-
– Neuanlage der Wasserversorgung Fr. 199 500.–
züger die vielen Einsätze des Personals bei
– Wehrerneuerung Alpbach im Haselholz,
te und Längenacher
Wind und Wetter, die erst einen ungestörten Betrieb gewährleisten: Die Arbeiten im Kabelgraben oder hoch oben im Korb des Euroliftes
Beckensanierung Haselholz, Stahlwasserbau im Gesamtbetrag von Fr. 625 000.– – Laufkran für Werk M II
(treffend «Giraff» genannt), mitten im Verkehr drängelnder Autofahrer. Grund genug, den
Ein Turbinenrad, welches jahrzehntelang sei-
Monteuren dankbar zu sein, die es uns durch
nen Dienst versehen hat, wird, mit einer Pla-
ihr technisches Können und ihre treue Pflicht-
kette versehen, an eine Ausstellung geschickt.
erfüllung ermöglichen, die Wohltaten des elektrischen Stromes ungestört zu geniessen.
Die oben erwähnte Wehrerneuerung betrifft den Alpbach im Haselholz. Die 80-jährige
Die Dorfbehörde kann sich nicht über eintöni-
Bruchsteinmauer soll durch eine Betonmauer
ge Geschäfte beklagen. Innert weniger Monate
ersetzt, eine Rechenreinigungsanlage einge-
hat sie folgende Beschlüsse zu fassen:
baut und das Ausgleichsbecken saniert werden.
– Erhöhung der Mietzinse der Wohnungen an
1986 erhält die Elektrowatt den Auftrag, ein
der Kreuzgasse
Konzept auszuarbeiten über Modernisierung,
– Beratung über neue Stromtarife
Automatisierung und Fernsteuerung des Werks
– Neue Trafostationen Allmend und Sand-
M II. Es soll eine wesentliche Erleichterung des
matte
Betriebes und eine bessere Ausnutzung des im Winter raren Wassers ermöglichen. So sollen in Zukunft Turbine, Schieber und Rechenreinigungsanlage vom Werk M I aus gesteuert werden können. Die Einrichtungen sollen modern, aber nicht luxuriös sein. Projekt und Kostenvoranschlag werden an der Dorfgemeinde vom 17. Dezember 1987 einstimmig genehmigt, die Arbeiten 1988 bis 1990 ausgeführt. 1988 wird die Verkabelung der Freileitung Reutiberg-Werk M I (unter dem Alpbach durch) ausgeführt (Kaspar Wyss, Sand). Damit wird auch gegenüber unliebsamen Vorkommnissen ein Riegel geschoben, wie sie sich am 16. Oktober 1987 ereignet haben: Bei Föhnsturm fällt eine Tanne auf die dicken Freileitungskabel, die den Strom vom Werk Reutiberg der Zentrale M I zuführen. Es gibt einen Kurzschluss, die Wicklung des Generators brennt durch. Er wird zur Reparatur gesandt. Gleichzeitig wird
Meiringen II während des Baus der Automatisierung (1989). An der Wand die neuen Elektroschränke, links davon die provisorisch versetzte alte Schaltwand.
die Turbine, die zu unfreiwilligen Ferien gekommen ist, unter die Lupe genommen. Sie ist noch tauglich, aber angeschlagen. 47
Kein Wunder, hat sie sich doch in 70 Jahren
Den wenigsten Leuten in Meiringen ist be-
ununterbrochenen Betriebes viele Milliarden
kannt, dass die Maschinisten des Elektrizitäts-
Mal herumgedreht. Sie verdiente es, irgendwo
werks weitere Funktionen erfüllen: Sie betreu-
als Zeuge der Zuverlässigkeit schweizerischer
en die Instrumente der Wetterstation beim EW,
Industrie (hier der Atéliers de constructions
besorgen dreimal täglich die Ablesungen und
mécaniques, Vevey) aufgestellt zu werden. Die
melden sie der Meteorologischen Zentralan-
Turbine wird durch die Fa. Bell Kriens repariert,
stalt in Zürich. Die Entschädigung für diesen
nachher vorübergehend wieder in Betrieb ge-
Wetterdienst fliesst in den Personalfürsorge-
setzt.
fonds. In früheren Jahren befand sich diese Wetterstation hinter der Eisenhandlung Gross-
Im Budget 1989 wird aber ein neues Turbinen-
mann/Michel. Pünktlich wie eine Uhr besorgte
rad, diesmal aus Aluminiumbronze statt Grau-
Sekundarlehrer Michel die Ablesungen. Wenn
guss, aufgenommen (Fa. Hugal, Algetshausen).
er zum Wetterhäuschen schritt, wusste man:
Auch diese Legierung wirkt sich gemäss Exper-
Jetzt ist es genau 6.00 Uhr.
tisen für das Trinkwasser nicht nachteilig aus. Die EW-Maschinisten nehmen seit vielen Jah70 Jahre in Betrieb! Dies ist aussergewöhnlich,
ren während ihres Schichtdienstes, Tag und
auch wenn hier nicht, wie z. B. in der Zentrale
Nacht, die Notrufe auf der Telefonnummer 118
Handegg (KWO), die Schaufeln ständig von fei-
entgegen und leiten sie an die Polizei oder Feu-
nen Granitkörnchen angegriffen werden.
erwehr weiter.
Zentrale Meiringen II mit dem durch die Automatisierung nötig gewordenen Anbau (Hochspannungsraum). 48
Diese seit 1953 unentgeltlich erbrachte Dienstleistung wird 1989 im Hinblick auf die Aufhebung des Schichtdienstes im Werk gekündigt. Ab 1990 wird der Dienst von den KWO, durch die ebenfalls rund um die Uhr anwesenden Schichtführer, sichergestellt. Ein Marchstein in der Geschichte des Werks ist die Aufhebung des Schichtdienstes der Maschinisten am 8. Juli 1993. Von der ersten Kilowattstunde 1889 bis zur letzten am 7. Juli 1993, 104 Jahre lang, wurde die Erzeugung von «Menschenhand» überwacht und gesteuert. Fortan wird diese Aufgabe von elektronischen Rechnern und Systemen erfüllt. Ein Pikettdienst wird aufgezogen und dafür ein Mobiltelefon für Fr. 2500.– angeschafft.
Turbine Reutiberg
49
Das Werk 1990 –2014 Produktionsanlagen / Liegenschaften
und der nicht durchwegs voraussehbaren Auswirkungen auf die Produktion auch die Automatisierung der Zentrale Meiringen I gewagt.
Erfolgsmeldung im Bericht des Betriebschefs
Die Dorfgemeindeversammlung bewilligt den
zum Jahr 1990: «Die Automatisierung M II konn-
nötigen Kredit von Fr. 1 750 000.–.
te abgeschlossen werden.» Am 26. August 1993 sind alle ehemaligen 1990: Die künstliche Beschneiung von Skipis-
Dorfbehörde-Mitglieder eingeladen, die au-
ten zur Verbesserung des touristischen Ange-
tomatisierten und modernisierten Anlagen
bots im Winter ist bei vielen Destinationen
sowie die umgebaute Zentrale M I zu besich-
bereits Brauch und Ordnung. Ansehnliche
tigen. Die Abrechnung wird 1995 mit nicht
Infrastrukturen sind erforderlich. Die Dorfbe-
einmal einem Promille Abweichung abgelegt
hörde bewilligt den Bergbahnen erstmals den
mit Fr. 1 748 490.15 !
Bezug von 300 Minutenlitern Wasser aus dem Bidmisee für 2 bis 3 Nächte. Der Ertragsausfall
1991 stirbt Erwin Frey, der «Grandseigneur»
wird dem Werk zu Einkaufspreisen vergütet.
der Elektrowerke Reichenbach Frey & Cie. Deshalb bietet die Familie 1992 den BKW die
Die bestehenden einfachen Dachventilatoren
Werk- und Netzanlagen zum Kauf an. Es gibt
vermögen der hohen Raumtemperatur im Ma-
jedoch Kräfte, welchen es nicht gleichgültig
schinensaal M II nicht mehr Herr zu werden.
ist, was mit den Anlagen und den Arbeitsplät-
1991 werden Kühlaggregate montiert, für wel-
zen passiert. Das Leitbild der Regionalplanung
che das Kühlwasser aus dem Seitenkanal beim
Oberland Ost strebt einen «Regionalverbund
Ausgleichsbecken bezogen wird.
Oberland für leitungsgebundene Energien» an. Man fasst die Gründung einer Elektrizitäts-
Nach der Automatisierung der Zentrale Meirin-
gesellschaft Oberland Ost (EGOO) ins Auge.
gen II Haselholz im 1991 (Fr. 884 600.–) wird
Vorerst soll ein Ausschuss Gespräche mit der
trotz der drohenden Restwasservorschriften
Familie Frey führen. 51
ABB Micro SCADA, Bildschirme und Schaltbild nach der Automatisierung
Der Ausschuss besteht aus:
2014: Die BKW-Tochtergesellschaft EWR Ener-
Hanspeter Seiler, Nationalrat, Ringgenberg
gie AG hat nach dem Bau der neuen Zentrale
Alexander Michel, Grossrat, Meiringen
Schattenhalb III praktisch alle Arbeitsplätze
Max Matter, Dorfobmann, Meiringen
«landab» zentralisiert.
Alfred Jost, Interlaken Marco Schiltknecht, Direktor IBI (Industrielle
Die Druckleitung Bidmi – Haselholz macht in
Betriebe Interlaken)
der topografischen Senke im Gebiet «Breitmoos» seit Jahren immer wieder Probleme. beauftragt
1996 werden vorerst 60 m der Druckleitung er-
gleichzeitig den Dorfrat, den Kauf der EWR
setzt. Auch der Ersatz der ganzen Leitung wird
ebenfalls zu prüfen. Nach rechtlichen und be-
geprüft.
Die
Dorfgemeindeversammlung
triebswirtschaftlichen Abklärungen wird gar ein Angebot mit 19 Millionen Franken abgege-
1999: Eines der beiden Turbinenräder von
ben. Die Familie Frey entscheidet sich jedoch,
1983/1984 in der Zentrale Meiringen I muss
das Werk unter den bisherigen Besitzesverhält-
für Fr. 103 000.– ersetzt werden, weil feinste
nissen vorerst weiterzubetreiben.
Risse festgestellt wurden. Neue Becherformen bringen eine erhöhte Leistung der Maschine
Dann am 8. März 2000 die Mitteilung per Te-
von etwa 100 kW.
lefax: Die EWR Frey AG ist an die BKW FMB Energie AG verkauft. Mit dem Kauf werde der
Im 2000 erhält auch die zweite Maschine in M I
Standort Meiringen aufgewertet, ein Abbau
ein neues Laufrad und damit mehr Leistung.
von Arbeitsplätzen sei nicht vorgesehen. Der
In der Zentrale Meiringen II werden die mecha-
Kaufpreis wird geheim gehalten.
nischen Turbinenregler durch elektronische
52
Blitzeinsatz für die Reparatur der leckenden Druckleitung im Breitmoos
Lagerhalle Alpbachstrasse 19, 2006
Regler mit der Bezeichnung DTL 595 ersetzt.
vermietet. Da sie als Ersatz für die Lagerhalle
Künftig wird bei länger dauernden Unterbrü-
wegen der ungünstigen Zufahrt und Platzver-
chen auf der BKW-Zuleitung eine Notversor-
hältnisse nicht geeignet ist, wird sie 2013 an
gung im Inselbetrieb möglich sein.
die Genossenschaft Kletterhalle für die Erweiterung ihrer Anlage (Boulderhalle) verkauft.
Voller Stolz berichtet Betriebsleiter Anderegg in seinem Jahresbericht 2002 vom absoluten Produktionsrekord: Im äusserst niederschlagsreichen Jahr produzierten alle Turbinen zusammen 21 161 838 kWh Strom. 2002 können die beiden PKA (Pferdekuranstalten) Alpbachstrasse 19 und 24 im «Multipack» vom Eidgenössischen Zeughaus gekauft werden. Die Dorfgemeinde als Unterabteilung der Einwohnergemeinde übt deren Vorkaufsrecht aus. Die Nummer 19 beim Zugang zum Freibad wird baulich angepasst (Entfernung der 14 Stützen und Einbau eines grossen Tors) und dient vorzüglich als Lagerhalle des Werks. Sie muss 2013 infolge der Hochwasserschutzbauten am Alpbach leider abgerissen werden. Die Nummer 24 wird als Einstellhalle platzweise 53
Verteilnetz Der Sturm «Vivian» vom 26./27. Februar 1990 verursacht drei Abschaltungen an der BKWVerbindungsleitung über den Bännenberg. 1992: Die Trafostation «Brünig» muss dem Migros-Neubau weichen. Sie wird zwischen dem Alpin Hotel Sherpa und dem Primarschulhaus an der Amthausgasse neu erstellt. Am 26. Dezember 1999 fegt der Wintersturm «Lothar» mit enormen Windgeschwindigkeiten übers Land. Alle Anlagen bleiben von Schäden verschont. Gleichenjahres
werden
die
Trafostationen
«Sandstrasse» und «Oberstein» durch ein Mit-
Aufräumen
telspannungskabel verbunden. Die Verbindung schliesst die Ringleitung im östlichen Versorgungsgebiet, ein langes Stück Freileitung kann somit wieder demontiert werden.
Durch die gewaltigen Wassermassen vom Hochwasser 22./23. August 2005 sind die
Nach Prüfung verschiedener Möglichkeiten
Werkanlagen kaum beschädigt worden. Bei
und Versuchen mit einer ortsansässigen Firma
den Wasserfassungen und Liegenschaften gab
entscheidet der Dorfrat, das in der Leitungsver-
es zuhauf Geschiebe, grosse Steine, Schlamm
ordnung verlangte Planwerk über die Elektro-
und Bäume aufzuräumen.
und Wasserleitungen «inhouse» zu erstellen und zuverlässig nachzuführen.
2009: Der Dorfrat beschliesst kurzfristig, das Unterwasser der Zentrale M I noch einmal für die Stromproduktion zu nutzen und dafür eine Vorinvestition für eine Zentrale Meiringen IV zu tätigen. Im westlichen Brückenkopf der im Zuge des Hochwasserschutzes neu zu bauenden Brücke wird kurzerhand ein Raum für das künftige Kleinwasserkraftwerk gebaut. Das Werk kann am 18. Dezember 2013 mit einer superprovisorischen Bewilligung vom kantonalen Amt für Wasser und Abfall (AWA) in Betrieb genommen werden. Die Druckleitung im Gebiet Breitmoos macht nach wie vor Schwierigkeiten. Sie muss 2010 wegen Strassensanierung beim «Sandhubel» tiefer gelegt werden, weil sie bergseitig nur gut einen halben Meter überdeckt war. 54
Das vorgefertigte Druckrohr unter der Strasse im Sandhubel wird versetzt.
Für 2001 wird die Anschaffung der notwendi-
verlaufenen Schlagvortrieb, etwa 5 Meter un-
gen Ausrüstung (Computer, Software, Plotter
ter der Aare und dem Gleis der Meiringen-In-
usw.) budgetiert. Im 2009 werden gar Instru-
nertkirchen-Bahn durch, wird das neue Trassee
mente zum Einmessen der Leitungen mit Satel-
angelegt.
litenunterstützung (GPS) angeschafft. Mit einer Genauigkeit von ± 4 cm können die Werklei-
2004: Mit der Verkabelung an der Oberstein-
tungen in die Pläne eingezeichnet werden.
strasse kann das letzte Stück NiederspannungsFreileitung im Verteilnetz Meiringen ausser
2002: kann mit der Dorfgemeinde Willigen
Betrieb gesetzt und abgebrochen werden. Mit
ein Energieliefervertrag abgeschlossen wer-
Stolz kann Betriebsleiter Anderegg im Jahres-
den. Der in ihrem Verteilnetz abgegebene
bericht an den Dorfrat feststellen, dass das seit
Strom wird von Alpen Energie geliefert. Das
Jahrzehnten angestrebte Ziel eines «freilei-
Verteilnetz der Dorfgemeinde Willigen kann
tungsfreien» Verteilnetzes nun erreicht sei.
schliesslich per 1. Januar 2009 für Fr. 400 000.– erworben werden.
Nach der Explosion eines Spannungswandlers im Hochspannungsraum am 25. April 2006
2003: Für die sichere Versorgung der Dorfge-
und einem weiteren Ereignis am 5. Juni 2006
meinde Willigen wird eine Mittelspannungs-
muss der Ersatz der ganzen Mittelspannungs-
Kabelverbindung von der Trafostation «Sand-
anlage beschlossen werden. Der Kredit wird
strasse» nach der Trafostation «Underdorf»
mit Fr. 600 000.– von der Dorfgemeindever-
gebaut. Mit einem nicht ganz problemlos
sammlung bewilligt.
Schlagvortrieb unter Aare und MIB-Gleis 55
Praktisch jedes Jahr müssen wegen der föhn-
kurzem Unterbruch können die Kunden im In-
und
selbetrieb zuverlässig weiter mit Strom versorgt
schneedruckgefährdeten
Mittelspan-
nungs-Verbindungsleitung der BKW über den
werden.
Bännenberg Abschaltungen mit oder ohne Folgen für die Stromkunden in Kauf genommen
2012: Abschied vom omnipräsenten schwar-
werden. Es gibt aber auch «tierische» Gründe.
zen Staub der Kohlebürsten der Erregermaschi-
Im Jahresbericht 2005 berichtet Betriebsleiter
nen. Durch den Umbau auf bürstenlose Erre-
Linder:
gung sind die mühsamen Reinigungsarbeiten «Den ‹schwerwiegendsten› Fall verursachte
endlich Vergangenheit.
eine Schnecke, welche in der Verteilkabine Rothmatte auf die Sammelschiene kriechen konnte und dort einen Kurzschluss auslöste. Drei Wohnhäuser waren für etwa eine Stunde ohne Strom …» Am 1. November 2006 kann die seit Langem angestrebte «Noteinspeisung» direkt vom neu erstellten Unterwerk Meiringen der EWR Energie AG erstmals in Betrieb genommen werden. Für diese, neben der Bännenberg-Freileitung, zweite Einspeisung ins Netz der Alpen Energie ist ein etwa vier Stunden dauernder Umbau notwendig. Die Verbindung, ein 550 m langes Hochspannungskabel, führt vom Unterwerk Meiringen (EWR Energie AG) in die Trafostation «Fernheizwerk» (Alpen Energie). 5. Februar 2008: Ein Schmorbrand mit grosser Rauchentwicklung, dessen Ursache nicht zu ergründen war, legt die Trafostation «Feldli» lahm. Alle Anlageteile sind überzogen mit einem giftigen schwarzen Niederschlag. Nach Einsatz und Unterstützung der Feuerwehr kann das Quartier nach vier Stunden über ein Provisorium wieder versorgt werden. Die Trafostation wird 2009 durch eine neue Fertigstation ersetzt. 2011 wird bei der Trafostation «Brünig» die erste Elektrotankstelle eingerichtet. «Der Andrang hält sich in Grenzen» ist im Jahresbericht zu lesen. 2012: Am 28. April reisst ein Föhnsturm auf dem Bännenberg ein Scheunendach weg. Im Vorbeiflug beschädigen die Blechtafeln die Mittelspannungsleitung Innertkirchen – Meiringen. Die Reparatur lässt zwölf Stunden auf sich warten. Wie gut, dass in der Vergangenheit in die Maschinenregler investiert wurde. Nach 56
Hier noch sichtbar die vier Kohlebürsten auf dem Kupferkollektor
Wasserrechtskonzession
Die Vernehmlassung bei den Ämtern des Kantons (Fischereiinspektorat, Naturschutzinspek-
Die Nutzungsrechte für Wasser sind ein Fall
torat, Amt für Gemeinden und Raumordnung)
für sich. Für das erste Werk wird an der Sitzung
und des Bundes (Bundesamt für Wald und
des Regierungsrates vom 21. Oktober 1908 die
Landwirtschaft) bringt die Erkenntnis, dass die
«Bestätigung der Rechte zur Ausnutzung der
Restwassermengen nach dem inzwischen vom
Wasserkräfte» von Dorfbach und Alpbach in
Volk angenommenen Gewässerschutzgesetz für
der Gemeinde Meiringen eröffnet. Darin ist
Meiringen einen «Härtefall» bedeuten würden
eine Dauer der Konzession «auf unbeschränkte
und die Wirtschaftlichkeit in Frage gestellt wäre.
Zeit» angegeben. Also bietet die Dorfbehörde doch noch Hand Nach dem Erwerb grundbuchlich gesicherter
zu der bisher abgelehnten Schutz- und Nut-
Wasserkraftrechte am Mühlebach in Stein (von
zungsplanung. In einer solchen werden die
Albert Schönbucher und Max Engler), Korre-
Minuspunkte einer Mehrnutzung den Plus-
spondenzen und eingereichten Unterlagen
punkten von Ersatzmassnahmen (z. B. Renatu-
schreibt das Wasserrechtsamt des Kantons am
rierung von Gewässern) gegenübergestellt. Als
20. Mai 1944:
im November 2005 im publizierten Konzes-
«Bei der Behandlung Ihres Gesuches um Zu-
sionsentwurf der Elektrowerke Reichenbach
leitung des Wassers des Mühlebachs in den Alpbach
für 7 Monate eine Restwassermenge 0 ent-
hat sich ergeben, dass durch die zahlreichen Aende-
halten ist, verlangt die Dorfbehörde in Bern
rungen an Ihrer Wasserkraftanlage durch Wasser-
Gleichbehandlung. Das Verfahren steht einmal
zuleitungen, Erstellung von neuen Druckleitungen,
mehr still. In der vom Dorfschreiber zusam-
jede Uebersichtlichkeit verloren gegangen ist.»
mengestellten Chronologie ist die Rede von «Funkstille». Fast ein Jahr war von Bern nichts
Für das Bidmi-Werk (Meiringen II) erteilte der
zu hören.
Regierungsrat an seiner Sitzung vom 16. April 1948 eine Konzession für eine Dauer von
18. Mai 2005: Mitteilung von Dr. Kilchen-
50 Jahren, bis 1998.
mann, dass er sich über den Stand der Dinge erkundigt habe. Aus der Antwort sei zu schlies-
Bereits 1995 beginnt die Dorfbehörde mit den
sen, dass das Geschäft beim WEA (Wasser- und
Vorbereitungen für die Eingabe des Konzes-
Energiewirtschaftsamt) zurzeit keine grosse Pri-
sionserneuerungsgesuches. Wassermessungen
orität geniesse. Nachdem der Dorfrat die gan-
werden bei den Entnahmestellen gebaut, Da-
ze Erneuerung des Dorfwerks und eine bessere
ten für die Berechnung der neu einzuhalten-
Nutzung des für die Stromproduktion zur Ver-
den Restwassermengen gesammelt, Plandoku-
fügung stehenden Wassers überprüft hat, wird
mentationen gezeichnet.
dem Amt für Wasser und Abfall des Kantons Bern (AWA) am 14. Oktober 2010 ein angepass-
Als Rechtsberater wird von Anfang an Dr. Fritz
tes Konzessionsgesuch in fünfzehnfacher (!)
Kilchenmann aus Bern beigezogen. Er kennt
Ausführung überreicht.
sich in der Gesetzgebung der Wassernutzung bestens aus und kennt die Verfahrensabläufe.
In einer Leitverfügung des AWA vom Oktober
Gutachten über die umweltrelevanten Aspekte
2012 werden die Konzessionsbeschlüsse für
(von zwei Experten), Lärmmessungen und vie-
August 2013 terminiert, aber nicht eingehal-
le andere Grundlagen werden für das Konzes-
ten. In einer neuen Leitverfügung vom 27. Juni
sionsgesuch beschafft.
2014 ist der Abschluss des Konzessionserneuerungsverfahrens für Ende 2015 vorgesehen.
Am 18. Dezember 1998 wird das Konzessions-
Man darf also gespannt sein, ob die mehr als
erneuerungsgesuch dem Wasser- und Energie-
anderthalb Jahrzehnte dauernden Bemühun-
wirtschaftsamt des Kantons Bern übergeben.
gen wirklich zum Ziel führen. 57
Das Millenniumsjahr 2000
Qualitätslabel «naturmade basic»
Computerspezialisten haben durch den Jahr-
2001: Ökostrom ist Trumpf. Für die in den
tausendwechsel goldene Zeiten erlebt. «Das
Elektrizitätswerken der Dorfgemeinde aus rei-
Geschäft mit der Angst» könnte man sagen.
ner Wasserkraft erzeugte Energie wird in einem
Indem behauptet wurde, viele Rechner und
aufwendigen Verfahren das Qualitätslabel «na-
rechnergesteuerte Systeme würden am 31. De-
turmade basic» erwirkt.
zember 1999 um 24.00 Uhr Probleme verursachen oder nicht mehr funktionieren, wurde
Kurz darauf wird das noch höher gewichtete
viel Umsatz gemacht.
und an schwierigere Voraussetzungen geknüpfte Qualitätslabel «naturmade star» geschaffen.
Betriebschef Anderegg wird heimlich Tests ge-
Es zeigt sich, dass Ökostrom im Direktverkauf
macht haben, jedenfalls wollte er nichts von
gar nicht so gefragt ist. Die Kunden von «Dorf-
teuren und unnötigen Vorsorgemassnahmen
strom» erhielten seit eh und je diese sogenannt
wissen. Fast triumphierend rapportiert er denn
saubere Energie. Warum sollten sie jetzt dafür
im Jahresbericht «allen negativen Prognosen zum
mehr bezahlen?
Trotz funktionieren diese Anlagen nach wie vor einwandfrei».
Immerhin konnte zeitweise (2002 und 2004) mit Zertifikaten, welche von holländischen
Firmenname
oder britischen Werken beschafft werden mussten, gehandelt werden.
Die Dorfgemeinde tritt per 17. Mai 2001 nach aussen unter dem Branding «Alpen Energie» auf und ein Leitbild wird genehmigt. Der Name wird als schweizerische Marke eingetragen und zusammen mit dem Signet geschützt für Fr. 800.–. Das heutige Logo wird geschaffen, die bisher orangefarbigen Fahrzeuge werden auf blau umgespritzt und ebenfalls mit Logo und Slogan «Strom – Wasser – Ökostrom» bzw. «… die natürliche Kraft … Sonne … Wasser … Strom!» versehen.
Solaranlage Auf sanften Druck des Grimselvereins, mit dessen Unterstützung und dem Ruf nach ökologisch erzeugter Energie, wird über dem Wasser des Haselholz-Ausgleichsbeckens eine Fotovoltaik-Anlage mit einer Nennleistung von 7 kW gebaut. Der bewilligte Kredit ist Fr. 140 000.–. Sie kann am 24. Juni 1999 ans Netz geschaltet werden. Im Jahr 2000 liegt die Anlage mit einer Jahresproduktion von 6446 kWh 7 Prozent über dem schweizerischen Zehnjahresmittel.
58
Der Smart als Werbeträger 2001
Die 7-kW-Solaranlage über dem Ausgleichsbecken Haselholz
Strommarktliberalisierung
des Strommarktes. Als wesentliche Errungenschaft zur Ökologisierung der Stromproduk-
In der Schweiz wie in der Europäischen Union
tion wurde mit dem StromVG eine beschränk-
stand kurz vor der Jahrhundertwende die Theo-
te kostendeckende Einspeisevergütung (KEV)
rie, wonach die Strompreise sinken, wenn
für Strom aus erneuerbaren Energien einge-
das Versorgungsmonopol der Stromwirtschaft
führt.Das StromVG öffnete den Strommarkt
zerschlagen und der Strommarkt liberalisiert
in zwei Schritten. In den ersten fünf Jahren
wird. Strom soll dort gekauft werden, wo er am
dürfen nur die grössten Stromkunden (min-
billigsten ist. Nach diesem Credo trieb die EU
destens 100 000 kWh im Jahr) ihre Lieferanten
in den Neunzigerjahren die Liberalisierung in
frei wählen. In einem zweiten Schritt (er war
Europa voran. Dadurch geriet auch der abge-
für 2012/2013 vorgesehen) sollen dann alle
schottete Schweizer Strommarkt unter Druck.
Endkonsumenten frei ihren Stromlieferanten
Weil die Schweizer Stromwirtschaft mit dem
wählen können.
Stromhandel im EU-Raum Milliardengewinne einfährt, forderte die EU den gleichberech-
Ab 1. Januar 2014 sind es drei national organi-
tigten Zugang zum Schweizer Markt. In der
sierte Unternehmungen, welche Alpen Energie
Schweiz drängten Grossverbraucher, Wirt-
«untreu» geworden sind.
schaftsverbände und bürgerliche Parteien vehement auf diese Liberalisierung. Ökologische
Mit der Strommarktliberalisierung werden Ins-
Überlegungen spielten dabei keine Rolle.
titutionen wie ElCom (unabhängige staatliche Regulierungsbehörde) und Swissgrid AG (na-
Mit dem Elektrizitätsmarktgesetz (EMG) sollte
tionale Netzgesellschaft) geschaffen. Diesen
der schweizerische Strommarkt schnell und
Institutionen müssen viele Daten und Berech-
«geordnet» geöffnet werden. Das Gesetz wurde
nungen geliefert werden. Die Dorfgemeinde
jedoch am 22. September 2002 vom Volk mit
wird 2006 Aktionärin der Youtility AG, einer
52 % Nein-Stimmen abgelehnt.
Kooperative von über 100 Elektrizitätsversorgungsunternehmen, und kann die oben ge-
Die neue Lösung: Nach jahrelanger politischer
nannten Spezialleistungen von ihr einkaufen.
Diskussion regelt das Stromversorgungsgesetz
Der Strom wird fortan unter der Marke «1to1
(StromVG) seit 2007 die schrittweise Öffnung
energy» verkauft. 59
Die öffentliche Beleuchtung Schon seit der Gleichstromära gehört die öf-
Mit der Modernisierung der Leuchten und der
fentliche Beleuchtung im Verteilnetz des EW
Leuchtmittel entwickelten sich auch die «An-
Meiringen zu den Aufgaben der Dorfgemein-
griffsmethoden». Waren es seinerzeit Schnee-
de. Die Wahl der Lampenmodelle gibt selten
bälle, so sind es später Bleikugeln von 4 mm
zu Diskussionen Anlass. Hauptsache, das Dorf
Durchmesser, mit welchen die Treffsicherheit
und die Quartiere sind befriedigend erhellt.
geprüft wird.
Bittschriften von Bürgern um Strassenlampen werden in der Regel positiv behandelt.
Nach dem Wegzug der technischen Abteilungen bei EWR Energie AG hat die Einwohnerge-
Der Standort einer einzigen Lampe war bisher
meinde entschieden, die Strassenbeleuchtung
Grund für ein gerichtliches Verfahren. Eigent-
per 1. Januar 2015 auch auf dem übrigen Ge-
lich handelte es sich mehr um einen Nachbar-
meindegebiet von Alpen Energie bauen, unter-
schaftsstreit. Die Dorfbehörde hatte bald bei
halten und betreuen zu lassen.
dem einen im Wohn- und Schlafzimmer und bald bei dem anderen in der Küche zu einem Augenschein anzutraben.
61
Die Fernheizkraftwerk Meiringen AG Der Sturm «Vivian» hat am 26./27. Febru-
wird das Gesetz geändert und die BKW als so-
ar 1990 grosse Waldschäden angerichtet. In
genanntes «übergeordnetes Werk» werden aus
der Bäuertgemeinde kommt die Idee auf, das
der Zahlungspflicht entlassen – die gesamten
Sturmholz und zukünftig den nachwachsen-
Mehrkosten müssen einige Jahre lang selber
den Rohstoff Holz für die Wärmegewinnung
berappt werden. Dann werden die Mehrkos-
zu nutzen.
ten endlich durch die Mehrkostenfinanzierung übernommen.
Die Dorfgemeinde beteiligt sich mit Fr. 10 000.– an der Projektierung einer Pilotanlage mit
Der Festakt zur Inbetriebnahme des Fernheiz-
Stromproduktion.
kraftwerks fand am 21./22. Juni 1996 statt.
1992 wird die Aktiengesellschaft gegründet.
Bund und Kanton tragen mit zinslosen Inves-
Die Dorfgemeinde beteiligt sich am Aktien-
titionshilfedarlehen den Hauptanteil an der
kapital von Fr. 1 310 000.– mit Fr. 30 000.–. Sie
Finanzierung. Das für rund 19 Millionen Fran-
ist nach dem Energiemarktgesetz (EMG) ver-
ken als Pilotprojekt gebaute Werk muss kurz
pflichtet, die aus dem FHKW Meiringen stam-
nach der Inbetriebsetzung bereits technisch
mende elektrische Energie zu einem übers Jahr
verbessert werden.
gesehen durchschnittlichen Mindestpreis von 16 Rp./kWh zu übernehmen. Das Werk produ-
Planer und Geldgeber haben bei den Berech-
ziert keinen Sommerstrom, sondern nur hoch-
nungen die Einnahmen aus der Stromproduk-
wertigeren Winterstrom und deshalb beträgt
tion zu optimistisch eingeschätzt (Strompro-
der Vergütungspreis 20 Rp./kWh im Hochtarif
duktion war nur im Winterhalbjahr möglich
und 11.5 Rp./kWh im Niedertarif.
und sinnvoll). Deshalb folgte im 2007 zwangsläufig die unvermeidliche und vorhersehbare
Die Mehrkosten gegenüber dem gewohnten
finanzielle Sanierung der Gesellschaft. Bund
Bezug bei den BKW haben diese und die Dorf-
und Kanton, die Darlehensgeber, die Aktionä-
gemeinde zu übernehmen. Kurze Zeit später
re mussten «Haare lassen». Um einen Verkauf 63
des Werks an eine auswärtige Gesellschaft zu verhindern, springt die Dorfgemeinde ein und beteiligt sich mit zusätzlich 1 Million Franken neuem Aktienkapital. Sie ist damit Hauptaktionärin (58.85 % des Aktienkapitals) der Aktiengesellschaft. Nach der bereits vorher übernommenen kaufmännischen Betriebsführung als Geschäftsstelle der AG wird 2010 auch die technische Betriebsführung übernommen. Im 2013 muss der Verwaltungsrat entscheiden, das Werk komplett und ohne Stromproduktion zu erneuern – vor Ablauf der leider als zu lang angenommenen Nutzungsdauer einzelner Anlageteile. Die Inbetriebssetzung der erneuerten Anlage wird mit dem Erscheinen dieser Jubiläumsschrift abgeschlossen sein.
64
Wasserversorgung Eine sehr wichtige Aufgabe der Dorfgemeinde,
legenheit zu einem gemütlichen Schwatz und
wohl seit Anbeginn, ist die Wasserversorgung.
Austausch von Nachrichten. Das Wasserreglement schrieb peinliche Reinhaltung der Brun-
Die Brunnstuben und Quellfassungen liegen
nen zur Verhütung von Seuchen vor.
am Brünigstein, unterhalb Reuti. Von hier wird das «Consumwasser» über das Schrändli zum
Brunnenmeister, Bachvogt, Trogwart und Trog-
Reservoir Reutiberg geführt und dann über das
putzer waren ebenso verantwortungsvolle Äm-
Dorf verteilt. Die Quellen waren schon früh im
ter wie Schwellenmeister und Nachtwächter.
Besitz der Dorfgemeinde und liefern genügend einwandfreies Trinkwasser.
Als Entgelt für einen Holzablageplatz auf dem Alpbach war die Gemeinde Hasliberg zur Lie-
Im letzten Jahrhundert besassen die wenigsten
ferung von Dünkelholz verpflichtet (Dünkel =
Einwohner einen eigenen Wasseranschluss.
durchbohrte Leitungshölzer, «Tychel»).
Man holte das Wasser beim nächsten Brunnen, wo auch das Vieh getränkt wurde. Dies bot Ge-
Nach dem Dorfbrand 1879 «soll der Wassertell den Abgebrannten nur für 10 Monate gefordert werden». Auch wird die Anlage eines Hydrantennetzes beschlossen, an deren Kosten die Stadt Bern, die Bäuertgemeinden und Private namhafte Beiträge leisten, ebenso die Einwohnergemeinde (20 Jahresbeiträge zu je Fr. 1000.–). Nach Plänen von Ingenieur Studer Thun werden die Quellen am Brünigstein neu gefasst und erweitert. 1894 wird eine defekte Tonröhrenleitung durch Gusseisenrohre von 150 und 200 mm Durchmesser ersetzt, auch zieht man Erkundi-
Verbot zur Verhütung von Seuchen
gungen über Steingutröhren ein. 67
1897 soll der dreiteilige Siechenbrunnen (Trän-
1941: Die Wasserversorgung Balm (Falchern-
ketrog, mittlerer Trog, Sudeltrog) neu erstellt
bach) streikt. Ein neues Projekt kostet Fr. 30 000.–.
werden. Laut Antrag der Dorfbehörde: ohne
Unterdessen wird Balm von Meiringen aus ver-
Dach. Acht Tage später beschliesst die Dorfge-
sorgt. Die ist umso eher möglich, als durch die
meinde: mit Schindeldach. Dieses bleibt bis
Umstellung der Brünigbahn von Dampf auf
1930.
Elektrizität die Wasserversorgung von Meiringen entlastet wird.
Die Dorfbehörde muss einschreiten: Unter zwei Malen sei für den Biersud der Brau-
Der Wassertell wird stets so angesetzt, dass die
erei Stein das Reservoir nahezu geleert worden.
jährliche Abrechnung der Wasserversorgung
Daniel Frutiger und Gottfried Linder werden
Überschüsse abwirft. Sie werden einem Fonds
mit fünf Franken gebüsst, da sie ihre Brunnen
zugewiesen, der zu Reparaturen und Erneue-
Tag und Nacht laufen lassen.
rungen herangezogen wird.
1923: Auch Pferde müssen Wassertell «bezah-
Die Einrichtungen werden den zeitgemässen
len». Für 45 Pferde (ganzes Jahr) und 2 Pferde
Forderungen angepasst. So kann Betriebslei-
(halbes Jahr) betragen die Einnahmen Fr. 88.–.
ter Werner Lengacher bei einer Auseinandersetzung mit dem Vertreter der Brandversiche-
Otto Jossi, Sägerei Stein, bestreitet, dass das
rungsanstalt bestätigen, man sei «up to date»,
Plätschern seines Brunnens ruhestörend sei
das Reservoir Reutiberg besitze Wasserstands-
und bestreitet der Dorfbehörde das Recht, dage-
fernmeldung mit Registratur sowie akustische
gen einzuschreiten. Wenige Meter entfernt be-
und optische Signalgebung.
finde sich ein weiterer plätschernder Brunnen, den Herr E. offenbar besser ertragen könne.
Fast unglaublich klingt ein Bericht in der Jubiläumsschrift von Fritz Ringgenberg, wonach
1928: Der Einwohnergemeinde wird mitge-
der Meiringer Bürger fünfmal mehr Wasser
teilt, die Kanalisation sei Sache der Häuserbesit-
braucht als der schweizerische Grossstädter
zer und der Einwohnergemeinde. Da sie jedoch
(1941). Doch weiss auch Brunnenmeister Mau-
dringlich ist, wird ein Beitrag von Fr. 50 000.– in
rer zu berichten: «… die 117 Brunnen laufen Tag
Aussicht genommen.
und Nacht und benötigen täglich mehr als 300 m3 Wasser …» (Januar 1986).
Die bakteriologischen Untersuchungen des Trinkwassers werden periodisch durch den
1990 betragen die Pumpkosten im Pumpwerk
Kantonschemiker durchgeführt. Mit einer Aus-
Funtenen fast Fr. 15 000.–: «wegen des trockenen
nahme ergeben sie stets einwandfreies Wasser.
Sommers und der Bewässerung des Sturmholzes»
Die Ausnahme betraf eine Verunreinigung am
(Sturm «Vivian»), wie Betriebschef Maurer in
Brünigstein, die indessen sofort erkannt und
seinem Jahresbericht schreibt. Im Wasserlei-
energisch behoben wurde. Zur Untersuchung
tungsnetz gibt es jetzt bereits 287 Hydranten,
einer mysteriösen Schmutzwasserrinne in der
welche jedes Jahr kontrolliert, geschmiert und
Nähe der Quellen werden nicht weniger als
wenn nötig repariert werden.
fünf Experten bemüht. Ein Stollen wird vorgetrieben, man forscht nach neuen Quellen.
Man schreibt den 8. März 1994, als die kom-
Alle Fassungen werden überprüft, tiefer gefasst,
plett neu gebaute Brunnstube für die Briinig-
zum Teil erneuert.
steinquellen in Betrieb genommen werden kann.
Mit den Besitzern des Gnippenheimwesens am Brünigstein werden um den Erwerb einer Quel-
Die Wasserversorgung hat längst die Aufgaben
le monatelang Verhandlungen geführt. Sie en-
der Dorfbrunnen-Genossenschaft Eisenbolgen
den durch Expropriation.
übernommen. 1996 werden denn auch die
68
alten Eisenbolgener Steinbrunnentröge zu Ei-
2003: Zum UNO-Jahr des Wassers wird die
gentum und Unterhalt übernommen mit dem
Bevölkerung am 6. September zu einem infor-
schriftlichen Versprechen, dass die Brunnen
mativen Tag der offenen Tür ins Werk eingela-
nie weiter veräussert werden. Die Genossen-
den. Zu diesem Anlass werden der «Children
schaft wird aufgelöst und einige ihrer alten
Welfare Society» Fr. 4000.– für den Bau eines
Akten ins Archiv der Dorfgemeinde Meiringen
Trinkwasserbrunnens in Kenia gespendet. Der
übernommen.
Bau des Brunnens wird fortlaufend mit Fotos und Video dokumentiert.
1999/2000 wird das Reservoir «Rotsteini» umfassend saniert und modernisiert.
2006: Nach den Überschwemmungen vom August 2005 muss die Bäuertgemeinde die
Brunnenmeister Zenger berichtet, dass im Jahr
Allmend Hausen – Funtenen vom Schwemm-
2001 in der Wasserversorgung Dorf-Talboden
gut befreien. Dies ist die Gelegenheit, die im
und Brünig-Brünigen 1 646 967 m3 Wasser ver-
Funtenensträsschen verlegte alte Hauptleitung
braucht wurden. Das sind 900 Liter (!) Tages-
durch eine grössere zu ersetzen und damit der
verbrauch pro Einwohner (laufende Brunnen,
Generellen Wasserversorgungsplanung (GWP)
Landwirtschaft und Hotellerie inbegriffen). Der
zu entsprechen. Die neue Leitung wird südlich,
sehr grosse Verbrauch gewährleistet einen ho-
teilweise dem Bahndamm der Zentralbahn ent-
hen Wasserumsatz in den Leitungen – das Was-
lang, bis zum Hausenplatz und später bis in die
ser ist immer frisch, von einwandfreier Qualität
Industriezone verlegt. Gesprochener Kredit: Fr.
und kostet fast nichts in der Beschaffung.
1 140 000.–. 2007 beschliesst die Dorfgemeindeversammlung einen Kredit über Fr. 1 550 000.– für den Neubau des Pumpwerks Funtenen. Das fertige Werk wird mit der interessierten Bevölkerung am 6. Juni 2009 eingeweiht. Ab 2008 muss der Nachweis von jederzeit einwandfreiem Wasser, die sogenannte Qualitätssicherung, in Eigenverantwortung erbracht werden können. Deshalb wird das Wasser in einem eigenen kleinen Labor in kurzen Abständen konstant überprüft und das Ergebnis in den Unterlagen rapportiert. Zur Qualitätssicherung gehört auch die Ausscheidung von Quellschutzzonen. Nach jahrelangen Querelen mit den betroffenen Landbesitzern können 2013 die Grundstücke «Gnippen» und «Briinigstein» erworben werden.
Neubau Hauptleitung Funtenen – Hausen 2006 69
Fassung der Funtenenquellen «Funtenen», die Gegend 2 km nordwestlich
Ausführung in drei Bauetappen, beauftragt
von Hausen, leitet ihren Namen von «Fon-
werden vier Baufirmen. Der Baukredit hat sich
taine» ab, wie auch der Bach «Fontanen», der
mittlerweile von Fr. 185 000.– auf Fr. 360 000.–
vom Napf herunterfliesst.
erhöht. Vorgesehen sind die Erweiterung der Hydrantenanlage und die Zusammenfassung
Nachdem die Stromversorgung entsprechend
mit der bisherigen Wasserversorgung zu einer
dem Wachstum des Dorfes die nötige Erwei-
Ringleitung, was einer wesentlichen Verbesse-
terung durch das Bidmi-Werk erfahren hat, ist
rung gleichkommt.
nun auch der erste Grundpfeiler der Dorfgemeinde, die Wasserversorgung, an der Reihe.
Die Quelle liefert 130 Liter/Sek. und wird in ei-
Eine einmalige Gelegenheit dazu bietet eine
nem Rohr von 300 mm Durchmesser gefasst.
kräftige Quelle von ausgezeichneter Qualität,
Der Strom für die Pumpanlage wird vom EW
die gleich im Talboden zutage tritt. Sie wird
Reichenbach geliefert. Die Anlage besitzt Fern-
besichtigt, untersucht, gemessen, sie ist von
steuerung und Fernmeldeeinrichtung.
grosser bakteriologischer Reinheit. Nun schreitet der Bau rasch voran. Schon am Man greift zu: Die Dorfgemeinde vom 28. De-
16. Januar 1957 feiert das Pumpenhaus «Auf-
zember 1949 beschliesst, die Quelle von Alfred
richti» und am 13. Februar 1957 wird das
Rieder zum Preis von Fr. 5500.– zu erwerben.
Funtenenwerk eröffnet. Damit ist die Dorfge-
Nun folgen die üblichen aufwendigen Vorarbei-
meinde in der beneidenswerten Lage, auf lange
ten: Projekte, Dienstbarkeitsverträge, Offerten
Sicht genügend einwandfreies Trinkwasser zur
und Aufträge, Abklärungen mit Einwohnerge-
Verfügung stellen zu können.
meinde und Brandversicherungsanstalt. Doch vorerst hat das Bidmi-Werk Vorrang. Erst die
Nun melden sich auch die Bewohner der linken
Dorfgemeindeversammlung vom 26. September
Talseite, in Unterheid und Unterbach. Gegen-
1956 genehmigt das Projekt der Grundwasser-
über den nächsten Nachbarn der Quelle spürt
bauten AG und der Firma Prantel und Gaschen.
die Dorfgemeinde eine ideelle Verpflichtung: 71
Sie leistet einen Betrag von Fr. 20 000.– an die
erfolgen im Einverständnis mit dem Gemein-
Neuanlage. Aber zuerst ist die Aare unterirdisch
derat. Die Aufsicht führen der Brunnenmeis-
zu «unterqueren».
ter und die gemischte Betriebskommission. Kostenteilung: 35 % zu Lasten der Trink- und
Dieses Unternehmen ist nicht ohne Risiko zu
Gebrauchswasserrechnung und 65 % zu Las-
bewältigen. Die Firma Seematter und Glarner
ten der Löschwasserrechnung der Einwohner-
hatte in der Offerte wesentlich billiger einge-
gemeinde. Die Wasserversorgung im Talboden
geben, erhielt den Auftrag und führte ihn dank
ist also eine gemeinsame Aufgabe der beiden
guter Wetterlage mithilfe einer Pontonbrücke
Gemeinden.
durch (Februar 1959). «In jeder Hinsicht gelungen» steht darüber im Protokoll.
In den letzten Jahren hat die Rechnung häufig mit einem Defizit abgeschlossen, weshalb der
1963 wird eine dritten Pumpe für Funtenen
seit 1975 bestehende Tarif von 5 Rp./m3 Raum-
nötig. Bieri AG, Münsingen, liefert eine fünf-
inhalt per 1. Januar 1989 auf 7 Rp. erhöht wird.
stufige Zentrifugenpumpe für Fr. 17 500.–. Das Pumpwerk kann von den Maschinisten im
2000: Die Fassungen der Quellen werden mit je
Werk M I ferngesteuert werden.
einem Satteldach versehen.
Am 29. Juli 1986 haben Einwohner- und Dorf-
Seit Jahren wird das gesamte Hauptleitungs-
gemeinde eine Neuregelung der Wasserver-
netz auf Leitungslecks untersucht. Zu Anfang
sorgung vereinbart. Die Rechnungsführung
durch eine spezialisierte Firma, heute durch die
liegt für alle Bereiche bei der Dorfgemeinde,
Mitarbeiter mit modernen und zuverlässigen
Projektierung und Ausführung von Anlagen
Geräten.
Pumpwerk Funtenen, erbaut 2008 / 2009 72
Dorfgemeinde Dorfbehörde Der «Dorfkreis» reicht vom Alpbach bis zum
1920 hatte ein Rechtsgutachten von Prof.
Weg östlich der katholischen Kirche. Von Zeit
Blumenstein in Bern die Stellung der Dorfge-
zu Zeit taucht an der Dorfgemeinde immer wie-
meinde gegenüber der Einwohnergemeinde
der der Vorschlag auf, den Dorfkreis zu erwei-
abgeklärt. Die Dorfgemeinde sei eine Unter-
tern, so 1919 und 1923. Daran sind vor allem
abteilung der Einwohnergemeinde, aber auto-
die Bewohner der Aussenquartiere interessiert,
nom. Es stehe der Einwohnergemeinde nicht
die wohl Wassertell und Stromrechnungen
zu, in die internen Angelegenheiten der Dorf-
bezahlen dürfen, aber von der Teilnahme an
gemeinde einzugreifen.
der Dorfgemeindeversammlung ausgeschlossen sind. Der Vorschlag wird stets zur Prüfung
Gerade die Beschränkung auf den Dorfkreis
entgegengenommen und prompt – schubla-
hat es ihr erlaubt, wesentliche Aufgaben der
disiert. Immerhin: An der Dorfgemeinde vom
Allgemeinheit zu übernehmen. Einige dieser
26. Dezember 1935 wird darüber abgestimmt
Aufgaben sind dann doch an die Einwohner-
und die Erweiterung mit 79 gegen 51 Stimmen
gemeinde übergegangen, so 1931 die Garantie
abgelehnt.
der Sekundarschule und 1974 die Kehrichtabfuhr. Andere sind beibehalten worden, z. B. das
Jeder Antrag auf Erweiterung des Dorfkreises
Schwimmbad und die öffentliche Beleuchtung.
kam bisher immer von Bürgerseite und wurde den Dorfgemeindeversammlungen stets von der
In der ersten Zeit geschah die Ankündigung ei-
Dorfbehörde zur Ablehnung empfohlen. Anders
ner Dorfgemeinde durch Einrücken im «Ober-
am 28. Juni 2012: Der Dorfrat selber stellt nach
hasler» sowie durch zweimaliges Verlesen nach
gemeinderechtlichen Abklärungen den Antrag,
der Sonntagspredigt. Die Stimmbeteiligung an
der Dorfkreis sei auf den Stromlieferungskreis zu
den Dorfgemeinden ist grossen Schwankungen
erweitern, soweit dieser in der Gemeinde Mei-
unterworfen. Krisenzeiten, Stromtarife und
ringen liege. Auch dieses Mal wird mit 10:23
Wahlen bringen 1934 und 1935 an den Bud-
Stimmen eine Erweiterung bachab geschickt.
getgemeinden 148 und 146 Stimmberechtigte
Man will an den alten Strukturen festhalten.
auf die Beine. 75
Ein brisantes Thema wie die Übertragung der
1985
Max Matter, Techniker
Garantieerneuerung der Sekundarschule an die
1996
Samuel Pulver, Bauingenieur
Einwohnergemeinde vermag 114 Stimmbürger
2001
Adolf Graber, Bauführer
zu mobilisieren. Sie wird mit 82:18 Stimmen
2009
Otto Berchtold, Automechaniker
beschlossen.
2012
Kaspar Brügger, Metallbaumeister
Umgekehrt kommt es vor, wie z. B. am 10. Juni
Alle zum Dorfobmann Gewählten haben zwei-
1976, dass die Rechnungen im Gesamtbetrag
fellos ein verantwortungsvolles, zeitaufwendiges
von über Fr. 1 246 000.– von neun stimmfähi-
und schweres Amt übernommen. Dorfobmann
gen Bürgern genehmigt, dass ein Jahr darauf
Matter sei hier besonders erwähnt und gewür-
ein Darlehen von Fr. 150 000.– mit 8:7 gewährt
digt. In seiner Amtszeit als Dorfbehördemitglied
wird.
und als Dorfobmann leistete Max Matter vor allem im Zusammenhang mit der Automatisie-
Grippejahr 1918: Die angekündigte Dorfge-
rung der Zentralen eine riesige und kompetente
meindeversammlung vom 26. Dezember wird
Arbeit. Er erlag am 17. Mai 1995 einem Herzver-
von der Ortspolizeibehörde wegen Anste-
sagen. Die traurige Nachricht von seinem plötz-
ckungsgefahr untersagt.
lichen Tod löste grosse Betroffenheit aus. Max Matter hinterliess nicht nur bei der Dorfgemein-
November 1971: «Betr. Frauenstimmrecht wird
de eine grosse Lücke, sondern auch in seiner Fa-
beschlossen, vorerst das Staatsobligatorium ab-
milie, in Vereinen und an seinem Arbeitsplatz
zuwarten …» Dann aber hält die Gleichbe-
bei den Kraftwerken Oberhasli.
rechtigung von Mann und Frau Einzug in die Dorfgemeinde. Am 17. Dezember 1974 wird
Von alters her besteht die Dorfbehörde aus
protokolliert: «Anwesend 73 Stimmberechtigte,
sieben Mann. Einer davon ist Obmann, einer
wovon 10 Frauen …» Ein Jahr darauf wird ein
Vize-Obmann. 1998 wird der Name geändert:
Fräulein als Stimmenzählerin erkoren. 1984
Die Dorfbehörde wird nun Dorfrat genannt.
wird das Amt der Rechnungsrevisorin Frl. H. Rohrbach anvertraut. Wann wird wohl ein-
Bald wird auch entschieden, dass der Dorfrat
mal eine Frau in die Dorfbehörde einziehen?
ab 1. Januar 2001 nur noch fünf Mitglieder hat. Der Dorfobmann wird nach wie vor von der
Verzeichnis der Dorfobmänner
Dorfgemeindeversammlung gewählt, der Vize-
1886
A. Nydegger, Substitut
Dorfobmann aber vom Dorfrat bestimmt. Es
1887
Ed. Jaun, Hotelier
ist eine richtige Kollegialbehörde, es herrscht
1889
Ulrich Steudler, Amtsschreiber
– mit ganz wenigen Ausnahmen – gutes Ein-
1893
Caspar Nägeli, Gerichtspräsident
vernehmen. Gemeinsam geht man die zahl-
1897
Adolf Müller, Oberförster
reichen Probleme an, die ein Unternehmen
1903
Hans Abplanalp, Baumeister
dieser Grösse stellt, man berät, diskutiert und
1907
Johann Mühlemann, Notar
beschliesst. Es werden Aufträge vergeben, Gel-
1910
Otto Jossi, Schulinspektor
der angewiesen, Personalfragen müssen gelöst
1915
Johann Leuthold, Drechslermeister
werden. Die Amtsdauer beträgt vier Jahre, die
1922
Albert Laubscher, Kaufmann
im Austritt befindlichen Mitglieder sind nach
1927
Otto Knittel, Fabrikant
drei Amtsperioden nicht wieder wählbar.
1933
Adolf Brügger, Fürsprecher
1935
Peter Santschi, Lokführer
Was wäre ein Schuljahr ohne Schulreise! Auch
1937
Otto Brügger, Lithograph
die Dorfbehörde frönt diesem Brauch. Frei-
1949
Rudolf Aeberhard, Lokführer
lich wird dabei stets das Angenehme mit dem
1951
Christian Boss, Garagier
Nützlichen verbunden. Deshalb heisst sie auch
1971
André Flotron, Vermessungsing.
«Studienreise». Jahrelang ist Jakob Mettler ihr
1977
Alexander Anderegg, Kaufmann
Organisator, später Edi Sulzer.
76
Ziele sind etwa: Mustermesse Basel; Rheinau-
Haslimuseums. Verdientermassen, einstimmig
werk;
Maschinenfabrik
und mit Akklamation wird er zum Ehrenob-
Oerlikon; Landis & Gyr, Zug; Comptoir Suisse,
mann ernannt. Ebenso wird nach 20-jähriger
Lausanne; Kabelwerk Cortaillod; Sprecher und
Amtszeit als Obmann Christian Boss zum Eh-
Schuh, Aarau. Später wagt man sogar den Sprung
renobmann erkoren.
Glühlampenfabrik;
über die Landesgrenze: Wien, Berlin, Paris … Die Dorfbehörde ist naturgemäss technisch Der folgende Eintrag im Protokoll spricht für
orientiert. Gelegentlich aber muss sie sich mit
sich selbst:
dem Aufforsten von 500 Schwarzkiefern und
Sitzung der Dorfbehörde: 29. Mai 1957
500 Lärchen im Schrändliwald befassen. Für
Anwesend:
Dorfobmann Chr. Boss
das Aussetzen von Alpensteinböcken auf dem
Sekretär:
Pulver
Gletscherhubel bewilligt sie einen Beitrag. Ver-
Mitglieder: –
mutlich war den Steinböcken das Engelhorn-
Verhandlungen: Keine
gebiet zu unruhig. Die Grindelwaldner frohlocken: Die Kolonie hat sich zum Mettenberg
1926: Gerangel um die Wahl des Dorfobmanns.
verzogen. Und nochmals Zoologie: Christian
Der Reihe nach werden fünf Prominente vor-
Lengacher meldet Wanzen im Maschinenhaus.
geschlagen. Keiner ist willens, jeder lehnt we-
Das Dach wird renoviert, desinfiziert, die Zim-
gen Arbeitsüberhäufung ab und schlägt einen
mer neu gestrichen.
anderen vor. Gewählt wird schliesslich Otto Knittel.
1919 wird von der Einwohnergemeinde das ehemalige Hotel Rütli erworben und als Ge-
Das Wirken der Dorfbehördemitglieder reicht
meindehaus eingerichtet. Die Dorfgemeinde
weit über den Dorfbezirk hinaus. Zum Wohle
mietet darin ein Sitzungszimmer und ein Ar-
des Dorfes sind sie als Vertreter der Dorfge-
chiv. Erst 1946 kann sie ein eigenes Verwal-
meinde in vielen Kommissionen und Institu-
tungsgebäude beziehen, angesichts ihrer Ent-
tionen tätig, so z. B. 1980 bei: Verkehrsverein,
wicklung kein Luxus. Eine Liegenschaft an der
Schwimmbadkommission, Gemeinnütziger Ve-
Kreuzgasse wird für Fr. 42 000.– erworben und
rein, Casinoplatz, Englische Kirche, Planungs-
zweckdienlich eingerichtet. 1973 werden Büro
kommission, Sauvage AG, Regionalplanung
und übrige Räume den gesteigerten Anforde-
Oberhasli-Brienzersee, Tennishalle, Forstrevier-
rungen angepasst.
kommission, Meiringen-Hasliberg-Bahnen, Wasseraufsichtskommission.
Die Grenzen des Dorfbezirks werden wieder einmal in Erinnerung gerufen und am 5. März
Gegen Mitte des Jahrhunderts ballen sich wich-
1921 von der Dorfbehörde abgeschritten (vom
tige Aufgaben der Dorfgemeinde zusammen:
Alpbach aus gehend):
– neue Quellfassung am Brünigstein – Erweiterung des Dorfwerks
Südlich an die Aare, soweit das Eigentum
– Netzumbau
der Wwe Boss an dieselbe grenzt, dann an die All-
– Erwerb der Funtenenquellen
mend, abends an die Allmend bis zur südwestlichen
– Bidmi-Werk
Ecke der Alpwegern der Wwe von Bergen, von hier nördlich der March der Alpwegern entlang und dann
Obmann seit 1937 ist Otto Brügger. Initiativ
in gerader Linie durch das Areal der SBB bis an die
und energisch nimmt er die Probleme in An-
Alpwegern des Simon Mäder, von hier der östlichen
griff und führt sie zielbewusst zu Ende. Auch
Grenzlinie dieses Grundstücks entlang bis in die
nach seinem Wegzug aus dem Dorfkreis bleibt
Meiringen-Eisenbolgenstrasse, von da durch das
er Präsident der Baukommission. Er scheut
Strässchen bzw. Weg nach den Längenächern bis in
es nicht, wenn nötig, Kritik zu üben, bleibt
das Strässchen Amthaus-Eisenbolgen und von hier
weiterhin Berater und ist eifriger Förderer des
dem Kirchbergweg entlang bis zum Alpbach. 77
Personal Einige Streiflichter sollen Aufschluss geben über die grossen Veränderungen im Laufe der letzten 125 Jahre:
1893
Installateur Asper der Fa. Studer, Thun, bekommt neue Arbeiter. Arbeitszeit: 10 Stunden täglich Taglohn: Fr. 3.50
1969
Einführung der 44-Stunden-Woche. Gratisstrom für das Personal. 3 Wochen Ferien. Familien- und Kinderzulagen werden dem Reglement der Einwohnergemeinde angepasst.
Zunehmend gewinnt ein gutes Einvernehmen mit dem Personal an Bedeutung:
Der erste Betriebsleiter Chr. Lengacher leistet jährlich über 1000 Überstunden. Nach 10 Dienstjahren erhält er 3 Tage Urlaub.
– Alljährliche Aussprache über Betriebsfragen – Personalabend mit gemeinsamem Nachtessen – Treffen ehemaliger Dorfbehördemitglieder – Feiern von Dienstjubiläen
1911
Dem Gehülfen wird der Stundenlohn von 30 auf 35 Rp. erhöht.
– Einrichtung eines Aufenthaltsraumes – Beiträge an Weiterbildungskurse – Bei der Anschaffung eines Fahrzeuges wird
1920
Stundenlohn des Angestellten W. Lengacher: Fr. 1.–
1933
Der freie Samstagnachmittag wird eingeführt.
die Ansicht des Personals eingeholt 2001 gibt sich die Dorfgemeinde ein Leitbild. «Die Dorfgemeinde fördert die Aus- und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter. Sie zeichnen sich durch Einsatzbereitschaft und fundiertes Fachwis-
1948
Es werden 12 Ferientage gewährt, ebenfalls dem Lehrling.
sen aus. Als fortschrittlicher Arbeitgeber ist sich die Dorfgemeinde ihrer sozialen Verantwortung bewusst und fördert eine teamorientierte, gesunde
1951 Neuer Schichtenplan für das Maschinenhaus: – Sommer: 50 Stunden Arbeitszeit – Winter: 48 ½ Stunden Arbeitszeit
Arbeitskultur.» Grundlage der sozialen Verantwortung bilden die kantonalen Bestimmungen (Personalgesetz
79
und Personalverordnung) sowie das fortschritt-
G. Pulver bringt als Aktuar im Amtshaus die
liche eigene Personalreglement. Alpen Energie
damals übliche, etwas umständliche Kanzlei-
gilt als attraktiver Arbeitgeber, was sich sicher
sprache mit:
in den durchwegs langjährigen Anstellungsverhältnissen zeigt.
«Es wird, gestützt auf diesen Bericht, erkennt, diese Lampen in Classe II zu rubrizieren.» Da wird resümiert, reportiert, man lässt grosse
Dorfkassier
Ökonomie walten. Man schreibt: «Sizung, es giebt, die jezige Spize, hier sei ein Gesez am Plaze» usw.
Das Amt scheint früher nicht sonderlich begehrt gewesen zu sein. In den ersten Jahrzehn-
Ganz anders sein Nachfolger Ad. Mätzener, mit
ten sind viele Namen anzutreffen:
schwungvoller Schrift, bestens versiert in allen
Ad. Müller
finanziellen Geschäften.
Neiger Gertsch
Mit Ernst Pulver wird 1944 der erste vollamt-
Rud. Klein
liche Dorfschreiber und -kassier eingesetzt. Im
G. Mürner
Betrieb der Dorfgemeinde ist der Dorfschreiber
O. Knittel
der ruhende Pol, während die Mitglieder der
Dähler
Dorfbehörde häufig wechseln. Ernst Pulver
Thöni
waltet mit Bravour seines Amtes, volle 36 Jahre lang. Hunderttausende von Franken sind durch
Umso höher ist es zu werten, dass von 1911 bis
seine Hände gegangen, mehr als 2300 Seiten
1944, volle 33 Jahre lang, das Amt gewissenhaft
Protokolle hat er verfasst. Zur Einweihung des
und exakt von Lehrer Melchior Imbaumgarten
Schwimmbades lernt er noch schwimmen.
versehen wird, der während vieler Jahre auch
Viele Jahre amtet er auch als Sekretär der Pri-
noch die Rechnung der Sekundarschule führt.
marschulkommission
Bei Krankheit oder Militärdienst des Schreibers
schen Schwingerverbandes. Ihm steht beim
hilft er auch als Dorfschreiber aus.
Protokollieren sehr oft der Schalk im Nacken.
und
des
Oberländi-
Er schreibt unbekümmert vom «Negerviertel» Seit 1944 ist das Amt des Kassiers und des
«Dampfgässli», der fahrbare Eurolift heisst kur-
Schreibers zu einem Hauptamt vereinigt.
zerhand «Giraff». Der «Giraff» wird 2002 durch ein neues Modell ersetzt.
Dorfschreiber
Der in die Kommission Englische Kirche Delegierte heisst «Hr. Kirchenrat Dr. St.», der für die
1886
von Bergen
alljährliche Exkursion Beauftragte «Hr. Vergnü-
1889
A. Nydegger, Substitut
gungsstudienrat E.S.» oder:
1890
J.F.A. Klein
1913
Hermann Leuthold
nes Frühschoppens den Schopf für den Giraff unter
1916
G. Pulver, Aktuar
die Lupe nehmen.»
1932
Ad. Mätzener
1944
Ernst Pulver
Bald darauf: Dorfbehördesitzung. Sechs Mitglie-
1980
Hans Künzler
der anwesend. «Mit gewaltigem Handmehr wird
2013
Martin Debrunner
beschlossen, dass der Schopf endgültig weg muss.»
«Obmann und Hr. F. werden anlässlich ei-
Unter den ersten Dorfschreibern weist vor
Leicht ironisch, aber überlegen die Antwort auf
allem J.F.A. Klein eine längere Amtszeit von
ein in anmassendem Ton gehaltenes Schreiben
23 Jahren auf.
der Firma: «Ihr Brief, welcher nicht ganz im Rahmen, wie sonst bei gebildeten Leuten üblich, …»
80
aber setzt die moderne technische Erneuerung ein: elektronische Datenverarbeitung, Dictafon, Fotokopierapparat etc. Die Büroverwaltung der Dorfgemeinde besorgen neben Dorfschreiber/-kassier H. Künzler zwei Büroangestellte, wovon eine Lehrtochter, welche die umfangreichen Rechnungs- und Korrespondenzarbeiten besorgen. Der Dorfrat ist bemüht, die Nachfolge des Dorfschreibers/-kassiers rechtzeitig zu regeln. In einer ersten Ausschreibung melden sich keine Kandidaten, welche man für das verantwortungs- und anspruchsvolle Amt anstellen möchte. Eine zweite Ausschreibung, ungefähr ein Jahr später, bringt mehr Glück. Martin Debrunner wird angestellt. Er war vor einem beruflichen Abstecher nach Bern Finanzverwalter der Einwohnergemeinde Meiringen. Hans Künzler war 33 Jahre im Amt. Die Amtsübergabe von ihm an Martin Debrunner als drittem hauptamtlichem Dorfschreiber/-kassier der Dorfgemeinde Meiringen fand per 1. August 2013 im Beisein des Regierungsstatthalters Interlaken-Oberhasli, Walter Dietrich, statt.
Der neue «Giraff»
Betriebschef Es ist für ein Elektrizitätswerk ein gutes Zei«Obmann heisst namentlich die frisch gebackenen Mitglieder Steuri und Fontanive bestens
chen, wenn es während 93 Jahren nur drei Betriebsleiter aufzuweisen hat.
willkommen.» Während der ersten sieben Jahre sind die WärIst es nicht erheiternd, wenn der sonst übli-
ter Ruof und Wettstein für den Betrieb zustän-
che todernste Geschäftsstil gelegentlich durch
dig.
derartige Formulierungen etwas aufgelockert wird?
1896 beginnt Christian Lengacher seine Arbeit im EWM: Im Laufe der nächsten Jahre steigt
Hans Künzler ist der zweite hauptamtlich an-
er dank seiner fachlichen Kompetenz zum Be-
gestellte Dorfschreiber und -kassier. 1975 tritt
triebschef auf. Fritz Ringgenberg hat in seiner
er in den Dienst der Dorfgemeinde und wird
Jubiläumsschrift der markanten Persönlichkeit
1980 Nachfolger von Ernst Pulver.
ein besonderes Kapitel gewidmet.
Längst haben Schreib- und Rechenmaschine
Von 1937 bis 1966 ist sein Sohn Werner Leng-
im Bürobetrieb Einzug gehalten, Adressier-
acher für den Betrieb verantwortlich. Von Ju-
und Buchungsmaschinen folgen nach. Nun
gend auf ist er mit dem EWM vertraut. Er ist 81
ein stiller, gewissenhafter Schaffer, Autodidakt
Nach der Ernennung von Andreas Anderegg
und arbeitet sich zu einem in technischen Be-
zum Betriebschef per 1. Januar 1993 wird die
langen äusserst versierten Betriebsleiter empor.
Funktion «Chefmonteur» nicht mehr weiter besetzt.
1966 folgt ihm Adolf Maurer im Amt. Aufgewachsen in Geissholz, Lehre bei Fritz Steiner, dann am Weissfluhjoch und viele Jahre im Safiental tätig. Er wird 1966 als Betriebsassistent
Im Jubiläumsjahr 1989 im Amt (100 Jahre EWM):
ans EWM berufen und übernimmt drei Monate darauf die Leitung des Werks. Aufschlussreich
Dorfbehörde
sind seine alljährlichen, ausführlichen Berichte
Matter Max, Dorfobmann
über ausgeführte Arbeiten und Installationen
Marggi Bernhard, Vize-Dorfobmann
im ganzen Bereich der Wasser- und Stromver-
Fontanive Roland
sorgung. Sie stellen ein deutliches Spiegelbild
Pulver Samuel
der ungeheuren technischen Entwicklung der
Rolli Alfred
letzten Jahrzehnte dar.
Straub Rudolf Thöni Hans
1993 wird Andreas Anderegg, bisheriger Chefmonteur, zum Betriebschef ernannt und Adolf
Angestellte Betrieb
Maurer auf der Dorfbehörde-Exkursion vom
Abplanalp Ernst, Maschinist/Monteur
20./21. August offiziell verabschiedet.
Anderegg Andreas, Chefmonteur Brechbühl Willy, Maschinist
Per 1. Oktober 1993 wird Simon Zenger zum
Egger Peter, Maschinist
neuen Brunnenmeister ernannt.
Heim Heinz, Elektromonteur Hunziker Thomas, Elektromonteur-Lehrling
Am 1. August 1998 erhält Betriebschef An-
Jaggi Armin, Elektromonteur
deregg mit Urs Linder einen Stellvertreter. Urs
Maurer Adolf, Betriebschef/Brunnenmeister
Linder wird auf den 1. Juli 2005 zum Betriebs-
Rösch Alfred, Maschinist
leiter ernannt.
Willener Hans, Maschinist Wyss Daniel, Elektromonteur
Chefmonteur
Zenger Simon, Monteur Zumbrunn Markus, Elektromonteur
Nach Abschluss der Netzumbauarbeiten und
Verwaltung
dem Wechsel von Walter Christen in die Pri-
Anderegg Beatrice, kaufm. Lehrtochter
vatwirtschaft wird Hans Philipp, 1945 als Mon-
Künzler Hans, Dorfschreiber/-kassier
teur angestellt, zum Chefmonteur ernannt.
Lehmann Max, Einzieher
Unzählige Male ist er auch während der Frei-
Schild Renate, Büroangestellte
zeit, Tag und Nacht ausgerückt, wenn irgendwo eine elektrische Maschine oder ein Apparat
Schwimmbad
den Dienst versagte. Für seine ruhige Art und
Kehrli Hanni
seine Hilfsbereitschaft brachte man ihm im
Kehrli Hans, Badmeister
Dorf viel Sympathie entgegen.
Rechnungsrevisoren Sein Nachfolger, Andreas Anderegg, ist als Chef-
Rohrbach Heidi
monteur der Installationsabteilung und als In-
Wyss Roland
stallationskontrolleur seit 1972 im Amt. Er ist gleichzeitig Stellvertreter des Betriebschefs.
82
Dorfbehörde 1989 (v. l. n. r.): Hans Thöni, Roland Fontanive, Rudolf Straub, Max Matter, Alfred Rolli, Samuel Pulver, Bernhard Marggi
Personal 1989 (hinten v. l. n. r.): Willy Brechbühl, Markus Zumbrunn, Beatrice Anderegg, Renate Schild, Hans Willener, Fred Rösch (vorn v. l. n. r.): Hans Künzler, Armin Jaggi, Ernst Abplanalp, Andreas Anderegg, Heinz Heim, Adolf Maurer, Peter Egger, Daniel Wyss, Simon Zenger (nicht auf dem Bild: Thomas Hunziker) 83
Im Jubiläumsjahr 2014 im Amt (125 Jahre EWM): Dorfrat Brügger Kaspar, Dorfobmann Zumbrunn Alexander, Vize-Dorfobmann Eiholzer Lukas Fuchs Gerhard Leuthold Peter (bis Mai) Rüger Albin (ab Mai )
Angestellte Betrieb Linder Urs, Betriebsleiter Feuz Beat, Betriebsleiter-Stellvertreter Brechbühl Willy, Mechaniker Jaun Christian, Netzelektriker Lüthi Roland, Maschinenmechaniker Santschi Remo, Netzelektriker Winterberger Thomas, Brunnenmeister Wyss Daniel, Elektromonteur
Angestellte Verwaltung Debrunner Martin, Dorfschreiber/-kassier Künzler Hans, alt Dorfschreiber/-kassier Feuz Änni, kaufm. Angestellte Willi Renate, kaufm. Angestellte
Schwimmbad Kehrli Hans, Badmeister Burgener Peter, Badangestellter Zumbrunn Bruno, Badangestellter Tamasova Lucia (Teilzeit) Balasz Simona Corina (Teilzeit)
Sherlock Holmes Museum Dettmar Marlyse, Betreuerin (Teilzeit) Gfeller Colombe, Betreuerin (Teilzeit) Müller Elke, Betreuerin (Teilzeit) Winzenried Christine, Betreuerin (Teilzeit)
84
Dorfrat 2014 (v. l. n. r.): Kaspar Brügger, Lukas Eiholzer, Alexander Zumbrunn, Gerhard Fuchs, Albin Rüger
Personal 2014: (hinten v. l. n. r.): Hans Künzler, Martin Debrunner, Renate Willi, Urs Linder, Remo Santschi, Daniel Wyss, Beat Feuz, Willy Brechbühl (vorn v. l. n. r.): Thomas Winterberger, Christian Jaun, Änni Feuz, Roland Lüthi 85
Finanzen Die Entwicklung der Dorfgemeinde im Laufe
Man vergleiche damit die Rechnungen von
eines Jahrhunderts kann auch an den jähr-
1962 und 1987:
lichen Budgets abgelesen werden:
1880
1962
Einnahmen
Einnahmen
Fr. 463 340.00
Dorftell
Fr. 1300.–
Ausgaben
Fr. 461 191.70
Wasserzinse
Fr. 1950.–
Einnahmenüberschuss
Fr.
Marktgebühren
Fr. 150.–
Beitrag der Einwohnergemeinde
Fr. 1100.– Fr. 4500.–
Ausgaben
2 038.30
1987 Einnahmen
Fr. 2 551 000.–
Ausgaben
Fr. 2 541 000.–
Einnahmenüberschuss
Fr.
Kapitalzinse
Fr. 1720.–
Kapitalablösung
Fr. 1700.–
Trogwartbesoldung
Fr.
Dorfbeleuchtung
Fr. 240.–
Eine Ursache dieser mehr als 500-fachen Stei-
Brunnenmeister
Fr.
gerung in 100 Jahren ist neben der rapiden
Verwaltungskosten*
Fr. 100.–
Unvorhergesehenes
Fr. 230.–
Einnahmenüberschuss
Fr. 400.–
40.– 70.–
Fr. 4500.– Die Ämter waren Ehrenämter
*
10 000.–
Geldentwertung sicher die wirtschaftliche Entwicklung des Dorfes, vor allem des Elektrizitätswerks. Sie hat der Dorfgemeinde zu einer Kapazität verholfen, die es ihr ermöglicht, neben ihrer Hauptaufgabe, der Wasser- und Stromversorgung, bedeutende kulturelle Aufgaben zu übernehmen, die sonst der Einwohnergemeinde anheimgefallen wären.
87
Gelegentlich, besonders in früheren Jahren,
Der Not leidenden Hotellerie und dem Gewer-
herrschte in der Dorfkasse gähnende Leere.
be werden Strompreisreduktionen von 30 bis
Dann wird Kassier Klein «ermächtigt, behufs De-
50 % gewährt. Im Budget der Sekundarschule
ckung der noch ausstehenden und schon längst zur
werden die Posten Schulreise und Besoldung
Zahlung angewiesenen Rechnungen für Beschaf-
des Vorstehers gestrichen. Man spart, be-
fung des Geldes auf gutfindende Weise besorgt zu
schränkt sich auf das Notwendigste und tritt
sein».
an Ort.
Verwaltungskosten im Jahr 1902: Fr. 26.40.
An die Einrichtung eines Denkmals für im Grenzdienst verstorbene Wehrmänner werden
1905: Taglohn von Monteur Frutiger: Fr. 2.50.
ganze Fr. 20.– gespendet, der oberländischen
Den Wärtern wird die Jahresbesoldung von
Hülfskasse für Hotellerie Fr. 500.–.
Fr. 1400.– auf Fr. 1500.– erhöht. «Damit soll es aber sein Bewenden haben.»
«Die Ersparniskasse Interlaken ist zu
Statt des Lohnes werden ihnen Wechsel auf die
ersuchen, vorläufig mit einer Abzahlung von
Spar- und Leihkasse Oberhasli ausgestellt.
Fr. 30 000.– vorlieb zu nehmen und mit den restierenden Fr. 41 000.– zuzuwarten bis zum Eintritt
Nach dem Weggang von Kassier Gutmann im
günstigerer Zeiten.» (1915)
Jahre 1908 wird die Ersatzwahl vorläufig verschoben. Die Funktionen des Kassiers werden
Gegenüber Bürgern, die mit ihren Zahlungen
durch die Spar- und Leihkasse Oberhasli be-
im Rückstand sind, übt die Dorfbehörde grosse
sorgt.
Nachsicht aus. Um ihnen entgegenzukommen, schlägt sie Zahlungen in zehn Annuitäten vor
Der Aktienzeichnung von Fr. 2000.– zu Guns-
oder installiert Münzautomaten.
ten der Lötschbergbahn soll erst zugestimmt werden, wenn die Normalspur Interlaken –
Immerhin hat die Dorfbehörde auch ein wirk-
Meiringen verwirklicht wird.
sames Mittel in der Hand im Kampf gegen Verlustscheine oder Widerspenstige: die Drohung,
«Der Bund» 29. Mai 1913:
das Wasser zu sperren.
Kapitalgesuch. Eine gutsituierte Gemeinde (grosses Dorf, Eisenbahnstation, bedeuten-
Nach Krieg und Krise erholt sich auch die Dorf-
der Fremdenort) mit eigenem Elektrizitätswerk,
kasse wieder. Man erinnert sich der freundeid-
das seit 30 Jahren gute Rendite abwirft, sucht
genössischen Hilfe, die Meiringen nach den
zwecks Erweiterung des Werkes ein Darlehen von
Dorfbränden von 1879 und 1891 erfahren hat.
Fr. 45 000.– aufzunehmen. Offerten …
Der vorgeschlagene Betrag an die Brandgeschädigten von Stein (SG) wird spontan verdoppelt
Ausbruch des Ersten Weltkrieges August 1914:
(April 1947).
«(…) welcher das sofortige Aufhören all und jeden Fremdenverkehrs zur Folge hatte, wo-
An die Ungarnhilfe 1956 leistet die Dorfge-
durch alle Geschäfte unseres Dorfes die Hauptein-
meinde Fr. 1000.–, an die Genossenschaft
nahmen des Jahres verloren. Die Dorfbehörde sieht
Bergsturz Längenacher (1963) Fr. 50 000.–, an
sich in die Notwendigkeit versetzt, den Kassier an-
die Erstellung eines Weges später nochmals
zuweisen, das Inkasso der Ausstände zwar nach
Fr. 5000.–.
Möglichkeit fortzusetzen, alle rechtlichen Schritte dagegen vorläufig zu unterlassen.»
Man vergleiche damit die Dorfrechnung des Sekelmeisters Ulrich Steiner, wie sie F. Ringgen-
Gratifikationen an Lengacher und Ramseyer
berg aus den Anfängen der Dorfgemeinde wie-
werden gestrichen, ebenso alle Amortisatio-
dergibt, um zu erkennen, welche Entwicklung
nen.
sie in zwei Jahrhunderten durchgemacht hat:
88
2 Batzen
– Sportplatzbeleuchtung
29 Pfund
7 Batzen
– Musikgesellschaft
6 Pfund
20 Batzen
Das Einnehmen
36 Pfund
Das Ausgeben bleibt vor als Restanz (1 Pfund = 25 Batzen)
Fr.
4 000.–
neue Instrumente
Fr.
7 000.–
und Uniformen
Fr.
5 000.–
– Tennishalle
Fr. 10 000.–
An der Dorfgemeinde vom Dezember 1969
– Damenskiweltcup
Fr. 10 000.–
wird beschlossen, das Grundstück 524 bei der
– GHK-Aktien
Fr. 11 000.–
Parkanlage des Hotels Sauvage im Halte von
– MHB-Aktien
Fr. 250 000.–
15.11 a zu erwerben. Kosten inkl. GewinnsteuMan könnte seitenlang weiterfahren: Tour
er und Verschreibung: Fr. 166 360.–.
de Suisse, Schlittenhunderennen, Europahilfe, Die Zinssätze der Banken sind ein Spiegelbild
Skirennen, Museum Lanz, Bärewägli, Schu-
der wirtschaftlichen Lage und des verfügbaren
he für Vietnamesen, Klavier für Töchterchor
Kapitals. Im Jahre 1976 senken sie sich rapid
und Sängerbund, Skiwanderloipe, 1912 ein
von 6 ½ auf 5 ¾ und 5 ½ %.
Denkmal für Opfer der Militäraviatik, dem laubgekrönt vom Eidgenössischen Turnfest in
Jahreslöhne der Angestellten brutto:
Genf Heimgekehrten wird ein Fass Bier gespen-
(Hilfsarbeiter bis Betriebschef)
det, an der Tagung der Kp I/36 (Aktivdienst 1939 – 1945) ein Apéritif, dem Jassmeisterfinal
1946
Fr.
4 900.– bis Fr. 8 250.–
Fr. 100.–.
1948
Fr.
5 500.– bis Fr. 9 000.–
1950
Fr.
5 800.– bis Fr. 10 000.–
Man erkennt daraus: Die Dorfbehörde hat stets
1966
Fr. 10 000.– bis Fr. 21 000.–
grosszügig und wohlwollend auf Gesuche re-
1983
Fr. 27 240.– bis Fr. 75 240.–
agiert. Niemand darf ihr vorwerfen, knauserig gewesen zu sein. Höchst selten wird ein Ge-
Für die Maschinisten im Werk kam noch eine
such abgewiesen, so 1907 dem Skiklub für ei-
Zusatzentschädigung hinzu.
nen Skikurs, da «diese Angelegenheit ausserhalb der Aufgaben und Interessen liege».
1964 betrug sie (für die 12-Stunden-Schicht): Einer Ausstellung von Brienzer- und OberNachtschicht Fr.
hasliziegen wird der Beitrag versagt, da sie in
3.00
Interlaken stattfindet.
Tagschicht Fr. 1.50 Sonntag Fr. 4.00
Alljährlich erreichen die öffentlichen AusgaUnübersehbar sind die Unterstützungsgesu-
ben für Kultur und Sport einen ansehnlichen
che, die Jahr für Jahr an die Dorfbehörde ge-
Betrag, 1950 z. B. Fr. 28 000.–.
stellt werden. Als Beispiele von Institutionen, die regelmässig Beiträge erhalten, seien ge-
In den letzten 25 Jahren betrugen die jähr-
nannt: Kindergarten, Frauenverein, Musikfest-
lichen
wochen, Berghilfe, 1.-August-Feier, Eisbahn,
Fr. 53 315.–. Dazu kommen die jährlichen Defi-
Schwingfeste, Freilichtspiele Oberhasli, Sama-
zite von Freibad und öffentlicher Beleuchtung
riterverein, Schützenfeste
von zusammen über Fr. 250 000.–. Diese «Späs-
«freiwilligen
Beiträge»
im
Schnitt
se», wie sie Dorfschreiber Künzler zu nennen pflegte, konnten bisher aus den Einnahmen
Einmalige Beiträge – 1903 Bau der Turnhalle
Fr.
3 500.–
der Rücklieferungen an die BKW gedeckt wer-
– Haslimuseum
Fr.
8 000.–
den. Sie belasteten den Strompreis nicht.
+ Fr.
1 000.–
Fr.
5 000.–
Welches Zutrauen die Dorfbehörde geniesst, er-
– Gemälde Arnold Brügger im Singsaal «Auswanderer»
hellt etwa die Dorfgemeinde vom 14. Juni 1950. 89
Da werden von 15 Stimmberechtigten Beträge
Derart grosse Beträge für öffentliche Zwecke,
in Millionenhöhe genehmigt:
wie sie auf Seite 89 erwähnt worden sind, kann sich nur leisten, wer über eine solide und im-
Betriebsrechnung 1949
mer wiederkehrende Einnahmequelle verfügt.
Einnahmen und Ausgaben je
Fr. 232 692.02
Einlage in Umbaufonds
Fr. 129 228.49
Nun könnte ein «Üssenumler» fragen: Gehen
Aufwand für Bidmi-Werk
Fr. 1 436 455.55
nicht die vielen freiwilligen Unterstützungen
Voranschlag für Arbeiten am Weiher Haselholz
Fr. 110 000.00
Antrag für ein Darlehen (variable Bauschulden) Fr. 500 000.– zu 3 ¼ % fest auf 10 Jahre: SUVAL Fr. 500 000.– zu 3 % fest auf 10 bis 15 Jahre: SUVAL Fr. 900 000.– zu 3 % fest auf 5 Jahre: Kantonal bank von Bern Fr. 300 000.– zu 3 % fest auf 5 Jahre Amts ersparniskasse Oberhasli
und Beiträge auf Kosten des Strompreises? Dem kann mit Recht entgegengehalten werden: Es ist wohl zu verantworten, dass die Kosten vieler Bestrebungen zum Wohle der Bürger von einer Allgemeinheit getragen werden, der sie ja zugutekommen. Es würde zu weit führen, von den oft seitenlangen Verhandlungen über Budget, Anleihen und Amortisationen zu berichten.
Fr. 2 200 000.– Fritz Ringgenberg hat sie in seiner Jubiläumsschrift treffend zusammengefasst: Oder: Dorfgemeinde vom 23. Juni 1977: 15 Stimmberechtigte.
«Anerkannt muss werden, dass viel sauberer Ordnungssinn und hohes Verantwortungsbewusstsein zu Tage treten. Im Grossen und Ganzen
Betriebsrechnung 1976
wurde sorgfältig und sparsam gewirtschaftet.»
Einnahmen
Fr. 1 191 527.45
Ausgaben
Fr. 1 186 156.10
Einnahmenüberschuss
Fr.
5 371.35
Überschuss
Fr.
4 620.60
Abschreibung
Fr.
20 000.00
Wasserrechnung:
Fr. 150 000.– Darlehen an Sauvage AG, beschlossen mit 8:7 Stimmen.
90
Nutzniesser der Dorfgemeinde Sekundarschule Die
ausserordentliche
Dorfgemeinde
vom
1871 gründen neun wagemutige Männer in
18. April 1895 beschliesst einstimmig, die Ga-
Meiringen eine Sekundarschule. Sie bilden ei-
rantie für die Schule zu übernehmen. Während
nen Garantieverein und übernehmen ohne
vollen 36 Jahren hat sie diese Aufgabe erfüllt,
Weiteres die Defizite der ersten Jahre. Die Schu-
namhafte Opfer gebracht und dem Dorf und
le wird am 12. Juni 1871 mit zwei Klassen er-
seiner Umgebung einen grossen Dienst er-
öffnet. Statt der erwarteten 30 Schüler melden
wiesen. Damit hat sie erneut ihre Bereitschaft
sich gleich 56, doch reduziert sich die Schüler-
bekundet, sich neben Wasser- und Stromver-
zahl bald einmal auf 37. Das Schulgeld beträgt
sorgung für kulturelle Werke einzusetzen.
Fr. 50.–. Einwohner- und Burgergemeinde leisten Beiträge.
Zunehmende Schülerzahlen führen im Frühjahr 1898 zur «Creirung» der 3. Klasse, auf ein-
Die Schule findet Unterschlupf im 1861 ge-
stimmigen Beschluss der Dorfgemeinde. Das
bauten, massiven Schulhaus an der Kapellen. In
Schulgeld wird von Fr. 40.– auf Fr. 30.– herab-
den ersten Jahren sind mancherlei Widerstän-
gesetzt, als Jahreslohn der Lehrer Fr. 2800.– in
de zu überwinden. Die beiden Lehrer erhalten
Aussicht genommen, und man ist der Mei-
Weisung, häufig den Pintenkehr zu machen,
nung, dass «allenfalls erst später, wenn es sich
um die «Herren Wirthe» günstig zu stimmen.
gezeigt haben wird, was die Lehrkräfte leisten, auf eine Erhöhung der Besoldung Bedacht zu nehmen
Das Schulgeld wird auf Fr. 40.– herabgesetzt,
ist, für den oder diejenigen Lehrer, deren Leistung
es werden 8 Freiplätze und 7 halbe Freiplätze
sich als tüchtiger erweisen».
gewährt. Die Besoldung der Lehrer wird von Fr. 1800.– auf Fr. 2000.– jährlich erhöht. Kurz
Auch verlangt die Dorfbehörde von der Ein-
vor dem 25-jährigen Bestehen möchte der Ga-
wohnergemeinde für die Sekundarschüler die
rantieverein die Verantwortung für die Schule
gleichen Beiträge, wie sie für die Primarschüler
auf etwas breitere Schultern abwälzen.
ausgerichtet werden. 93
1904 wird die 4. Klasse eröffnet, der Jahres-
Mit dem Mittelschulgesetz von 1957 wird die
lohn der Arbeitslehrerin von Fr. 200.– auf
Sekundarschule als Volksschule der Primar-
Fr. 300.– erhöht, dafür aber ein Jahr später der
schule gleichgestellt. Die Schulgelder werden
Beitrag an den Lateinunterricht gestrichen.
abgeschafft, die Kosten proportional der Schülerzahl auf die Gemeinden verteilt. Während
Die Eröffnung der 5. Klasse ist heftig umstrit-
fast 40 Jahren bleibt die 5-teilige Schule auf
ten. Eine erste Dorfgemeinde beschliesst sie
annähernd gleichem Bestand.
mit 9:7 Stimmen. Dr. Stucki begründet die Erweiterung mit der wachsenden Schülerzahl
Nach erfolgtem Umzug der Primarschule in ei-
und den in Aussicht stehenden Beiträgen der
nen Neubau in der Pfrundmatte wird das alte
Aussengemeinden. Eine Beschwerde gegen die-
Schulhaus mit seinen 60 cm dicken Bruch-
sen Beschluss wird vom Regierungsstatthalter
steinmauern
abgewiesen. Die darauf geforderte a. o. Dorfge-
Zylinderöfen durch Zentralheizung ersetzt
meinde zieht aber den gefassten Beschluss in
und endlich: ein Lehrerzimmer geschaffen.
Wiedererwägung und lehnt mit 30:16 Stimmen
Auch der Aussenanstrich wird erneuert. Lei-
die Errichtung der 5. Klasse ab, wohl aus Angst,
der weicht das warme Rot einem nüchternen
die Strompreise könnten sonst erhöht werden.
Grau.
modernisiert,
die
mächtigen
Die Eröffnung erfolgt einige Jahre später, 1922. Vermehrter Zudrang zur Schule führt Ende der Bald gibt auch das Schulhaus zu reden. 1926
Sechzigerjahre zum Ausbau auf 10 Klassen.
steht im Protokoll:
Dies bedingt einen Neubau an der Kapellen,
«Das Schulhaus entspreche nicht mehr den
der aber mit dem Altbau verbunden bleibt
Bedürfnissen der heutigen Zeit! Es sei in absehba-
und allen zeitgemässen Anforderungen Genü-
rer Zeit ein neues zu bauen.»
ge leistet: 10 Klassenzimmer, Aula mit Bühne, Spezialräume.
Die Dorfbehörde begründet ihre Ablehnung mit dem Hinweis auf ihre momentanen Kapi-
Das alte Schulhaus wird zu Ehren gezogen:
talschulden von Fr. 400 000.–. Später werde
grosse Handfertigkeitswerkstatt, Schul- und
sie nicht abgeneigt sein. Die «absehbare Zeit»
Volksbibliothek, Handarbeiten, Singzimmer,
währte immerhin 25 Jahre.
kaufmännischer Unterricht und Berufsberatung.
1930 geht dann die Sekundarschule an die Einwohnergemeinde über.
Statt der früher üblichen Sportwochen ziehen im Herbst die sechs oberen Klassen zu Stu-
Dorfgemeinde vom 18. Dezember 1930:
dienwochen in irgendeine Gegend des Schwei-
Anwesend:
zerlandes hinaus, während die unteren Klassen
114 Stimmbürger
Traktandum: Garantieerneuerung
das Oberhasli und die näheren Landschaften
der Sekundarschule
kennen lernen.
Die Dorfbehörde beantragt Übergabe der Schule an die Einwohnergemeinde. Zustimmung
Badanstalt
mit 82:18 Stimmen. Dieser Entscheid war fällig, wohnte doch nur noch eine Minderheit der
Die Badanstalt Meiringen ist vermutlich die äl-
Schüler im Dorfkreis.
teste im Berner Oberland, jedenfalls die erste weit und breit.
Der in den folgenden Jahren häufige Lehrerwechsel ist der Schule nicht förderlich. Doch
Schon 1903 wird eine Kommission zum Be-
haben auch fünf Lehrkräfte über 40 Jahre lang
trieb eines Schwimmbades bestellt, werden
der Schule die Treue gehalten.
fünf Jahresbeiträge von Fr. 150.– beschlossen.
94
Initiant und eifriger Förderer ist Dr. Stucki sen.,
bogenfreiheit: Unter dem MIB-Geleise wird ein
die Verwaltung liegt während der nächsten 50
Durchgang geschaffen, das angrenzende Ge-
Jahre in den Händen des Gemeinnützigen Ver-
lände im Abtausch mit der Bäuertgemeinde als
eins Meiringen.
Spiel- und Liegewiese erworben.
Wann das Bad gebaut wurde, ist kaum zu eruie-
Die Einwohnergemeinde ist bereit, 14 Jahres-
ren. 1908, als die Beiträge erneuert werden, be-
raten zu Fr. 6000.– = Fr. 84 000.– beizusteuern.
stand es sicher: Schwimm- und Nichtschwim-
Zwei weitere Hasligemeinden bewilligen zu-
merbecken, einige Kabinen, alles umgeben von
sammen Fr. 250.–, die KWO Fr. 500.– und
einer hohen Bretterwand.
die Erziehungsdirektion des Kantons Bern Fr. 26 170.–. Die Arbeiten werden zum grossen
Schulbaden für die Mädchen von 2 bis 3 Uhr,
Teil an hiesige Firmen vergeben und schreiten
für die Knaben von 3 bis 4 Uhr.
rasch voran.
1929 kam auf Initiative der 9. Sekundarschul-
Am 20. Juli 1957 kann die wohlgelungene An-
klasse und ihrer Lehrer eine Liege- und Spiel-
lage eröffnet werden. Unter grosser Beteiligung
wiese dazu. Trotz allen Mängeln – das Wasser
wird sie mit Darbietungen von Jung und Alt ein-
war entweder warm und trüb oder klar und kalt
geweiht. An die Kosten von Fr. 390 562.– kön-
– haben hier Hunderte von Kindern schwim-
nen aus der laufenden Rechnung Fr. 145 000.–
men gelernt, haben Dutzende von fröhlichen
beigesteuert werden.
Schwimmfesten die Saison beschlossen. Im Vergleich zur ersten Badanstalt präsentiert Am 2. August 1951 regt Paul Lüthi an, die Dorf-
sich die Anlage als moderne Einrichtung, aber
behörde möge die Initiative zum Bau eines
ein Mangel haftet ihr immer noch an: Das Ba-
neuen Schwimmbades ergreifen. Ein Antrag,
dewasser ist oft zu kalt.
eine Rückstellung von Fr. 10 000.– hiefür zu machen, wird zwar verworfen, zwei Jahre da-
Immer häufiger tritt die Forderung nach einer
rauf immerhin Fr. 5000.– bewilligt.
Heizanlage auf. Unter der Leitung von Edi Sulzer jun. geht eine Kommission energisch ans
1954 fragt man sich, ob eine Unterhaltungs-
Werk. Im Mai 1979 liegt ein baureifes Projekt
stätte nötiger sei als ein Schwimmbad. Mitt-
vor: Heizung des Bades mit Wärmepumpen,
lerweilen ist der Zustand der alten «Badi» der-
Umbau Kiosk und Garderobe, WC.
art pitoyabel geworden, dass etwas geschehen muss. Die Dorfbehörde besucht andere Freibä-
An die effektiven Kosten von Fr. 800 000.–
der, man studiert die Platzfrage (Allmend, Län-
werden namhafte Beträge von Bund, Staat,
genacher), bleibt aber am alten Standort.
Gemeinden, Sport-Toto, total Fr. 665 000.–, geleistet. Und siehe da: Im folgenden Jahr ergibt
Architekt Fritz Ramseyer erhält Auftrag für
sich erstmals ein erfreulicher Einnahmenüber-
ein Projekt. Am 27. Juli 1955 stimmt ihm die
schuss, nachdem jahrelang Zuschüsse von
ausserordentliche Dorfgemeinde zu: baureifes
Fr. 10 000.– bis Fr. 20 000.– jährlich nötig gewe-
Projekt für 550 Badegäste, 672 m2 Wasserflä-
sen waren.
che, Filteranlage und Durchlauferhitzer. VorFür die Bemalung der Westfassade wird 1984
anschlag: Fr. 243 000.–.
auf Vorschlag der Dorfbehörde ein Wettbewerb Damit ist aber der verfügbare Raum zwischen
an der Kunstgewerbeschule Bern durchgeführt.
Aare, Alpbach und der Meiringen-Innertkir-
Der erstprämierte Entwurf – farbenfrohe Se-
chen-Bahn
Kabinenge-
gelschiffe – wird mit Fr. 200.– belohnt. Er trägt
bäude mit Kasse, Wasserbecken, Liegeplätze,
der Dorfbehörde eine Auszeichnung des Berner
Filteranlage. Fritz Ramseier möchte mehr Ell-
Heimatschutzes ein.
restlos
ausgenützt:
95
Hans und Hanni Kehrli stehen seit über 20 Jah-
Eisbahn
ren im Dienst als Wärter und Betreuer des Bades. Es ist nicht immer leicht, inmitten turbulenter
Während vieler Jahre war der Betrieb einer Eis-
Jugend, grossem Andrang, Lärm und techni-
bahn Sache des Gemeinnützigen Vereins Mei-
schen Anforderungen einen geordneten Betrieb
ringen. In das unvermeidliche Defizit teilten
zu führen. Die beiden bewältigen es und werden
sich zu je einem Drittel Einwohnergemeinde,
anlässlich des 20. Dienstjahr-Jubiläums geehrt
Dorfgemeinde und GVM.
und belohnt. Einen eigenen Platz besass die Eisbahn nicht. Unter all den Bemühungen der Dorfgemeinde,
Zu Beginn der Dreissigerjahre installierte sie
Kultur, Sport und Tourismus zu fördern, darf
sich im Längenacker; dank günstiger Witte-
das Schwimmbad als wohlgelungenes Werk
rung war sie dort einmal während Wochen un-
und namhafter Beitrag an die Öffentlichkeit
unterbrochen in Betrieb, sodass sich selbst die
bezeichnet werden.
Musikgesellschaft Meiringen zu einem Platzkonzert am Sonntag Vormittag herbeiliess.
Das Schwimmbad hat in der Bevölkerung ei-
Welch ein Anblick, als sich auf der glänzenden
nen hohen Stellenwert. Man will auch, dass das
Fläche, im schönsten Sonnenschein, die Paare
Bad attraktiv und erhalten bleibt. 1994/1995
zu Walzerklängen im Tanze drehten! Spätere
beschliesst die Dorfgemeinde den Bau einer
Standorte waren die Allmend, die Spielwiese
68 Meter langen Wasserrutschbahn und eines
der Badanstalt und der Platz vor der Tennis-
zusätzlichen Planschbeckens auf der Spielwie-
halle.
se. Die Rutschbahn weiss nicht nur Kinder und Jugendliche zu erfreuen, auch Senioren haben
Jahrelang war Otto Brügger auch hier uner-
ihren Spass.
müdlicher Förderer, ehrenamtlicher Eisfabri-
Der Rutschbahnhügel auf der Schwimmbad-Spielwiese 96
In den Jahren 2009 bis 2012 betreibt die Dorfkommission Meiringen-Schattenhalb (eine Kommission des Verkehrsvereins) auf dem Casinoplatz eine gemietete Kunsteisbahn. Nach der Gründung einer Genossenschaft und Kauf der Einrichtungen im 2013, beschliesst der Dorfrat, die Natureisbahn bei der Tennishalle in Zukunft nicht mehr herzurichten, an die Betriebskosten aber einen jährlichen Beitrag zu entrichten.
Kehrichtabfuhr Es gibt wohl kaum ein anschaulicheres Bild der Entwicklung unserer Wohlstandsgesellschaft als die Geschichte der Kehrichtabfuhr von
Die Natureisbahn bei der Tennishalle (Dezember 2006)
1899 bis heute. Für die Monate Mai bis Oktober 1899 wird sie versuchsweise eingeführt, ab Februar 1900 «blei-
kant und Betreuer. Später engagierte man die
bend». Johann Rytz, Sand, betreut noch weitere
Fa. Gsteiger, Badwärter Kehrli, W. Ebersold und
Ämter: Reinigen der öffentlichen Brunnen und
Willi Teige.
Schlammkasten im Dorf, des Sammelreservoirs, dann das Bespritzen der staubigen Strassen und
Schulklassen genossen freien Eintritt und ha-
das Vertragen der Wassertell-Karten. Dafür be-
ben das noble Angebot in den Turnstunden
zieht er eine Jahresbesoldung von Fr. 606.–, also
redlich ausgenützt. Bald einmal hielt auch das
rund 200 Arbeitstage zu Fr. 3.–, «wobei dieser
Eishockey Einzug.
Lohn nach hiesigen Verhältnissen ein guter ist».
Besonders günstig verlief die Saison 1963/64.
1905 übernimmt Johann Huggler, Sigrist, Sand,
«Dank des initiativen Eisbahnwärters wurde mit gutem Erfolg abgeschlossen, so dass heute
die Kehrichtabfuhr für Fr. 208.– jährlich, 1907 wird die Besoldung auf Fr. 300.– erhöht.
eine Reserve von Fr. 2106.90 auf Sparheft angelegt werden konnte.»
Immer wieder treffen Klagen ein über unzeitgemässe Abfuhr, über unterwegs verlorenen
Wurde früher bei grossem Schneefall das Eis-
Kehricht (bei Föhn!). Aber auch der Fuhrmann
feld durch die Buben einer oberen Schulklasse
«leert seinen Kropf»: ungedeckte Kübel, glü-
geräumt – angewandtes Turnen – so steht spä-
hende Asche in den Eimern.
ter ein Schneeräumungsgerät zur Verfügung. Jahrelanges Streitobjekt, ein richtiges «enfant Der Erfolg der Eisbahn ist seit eh und je von der
terrible», ist der «Ghüderwagen». Obschon nach
Witterung abhängig. Wie oft haben Tauwetter
Vorschrift konstruiert, innen mit Blech gefüt-
und Föhneinbruch alle Bemühungen zunichte
tert, er befriedigt nicht. Ihm haften Mängel
gemacht! Es ist daher dem GVM, der Dorfbe-
an. Besonders unpraktisch ist das Entleeren in
hörde und der eingesetzten Eisbahnkommis-
den Junzeln. Man entfernt das Dach, es bessert
sion hoch anzurechnen, dass sie trotz Misser-
nicht. Erfolglos wird er der Gemeinde Innert-
folgen und Rückschlägen immer wieder den
kirchen angeboten. Schliesslich kauft Popularis
Mut aufbringen, zum Wohle der Jugend den
AG für Fr. 300.–, zieht aber davon Fr. 30.– ab,
Versuch zu wagen, eine Eisbahn anzulegen.
wegen gebrochener Deichsel. 97
Man prüft eine Berner Offerte, Marke Ochsner
Mal wöchentlich die Abfuhr. Vielerorts sind
für Fr. 2000.–. Fuhrmann A. Jaun bietet einen
Container aufgestellt. Das Quartier Sandmat-
neuen Wagen für Fr. 3000.– an. Ihm wird be-
te besitzt sogar ein spezielles «Ghüderhüttli»,
deutet, die Anschaffung eines Wagens sei Sache
meist als Garage angesehen.
des Fuhrmanns. Die Suche geht weiter: Marken «Rapid», «Swiss Keromat» finden keine Gnade.
Fuhrleute der Kehrichtabfuhr:
Schliesslich kauft die Dorfbehörde einen Wa-
Johann Rytz, Sand
1890 – 1905
gen in Finsterhennen zum Preis von Fr. 8100.–.
Johann Huggler, Sand
1906 – 1930
Ein Jahr später hängt man ihm eine «Kippbän-
Peter Jaun, Melchplatz
1931 – 1948
ne» an. Der Weisheit letzter Schluss ist – wie
Andreas Jaun, sein Sohn
kann es anders sein – ein Kehrichtauto!
Hans Glarner, Stein Rudolf Glarner, Stein
1949 – 1952 1953 – März 1972
April 1972 – Dez. 1972
Aufwand und Umfang der Kehrichtmenge stei-
Daniel Willi, Hohfluh
gern sich im Laufe der neunzig Jahre gewaltig:
Seit dem 1. Januar 1976 haben sich elf Gemein-
1973 – Jan. 1976
Es ist begreiflich, dass die Dorfbehörde nach
den der Region oberer Brienzersee-Haslital für
dem Einbezug der Aussenquartiere für die Ab-
die Organisation der Kehrichtabfuhr zu einem
fuhr Anstrengungen unternimmt, dieses Ge-
Gemeindeverband zusammengeschlossen.
schäft der Einwohnergemeinde zu überbinden. Obschon sie einen jährlichen Beitrag von Fr. 2000.– anbietet, scheitern diese Versuche so-
Kursaal AG
wohl 1950 als auch 1971. Während Jahrzehnten war die Dorfgemeinde Gelegentlich widersetzt sich auch die Natur: Im
Garant der Sekundarschule, betreute die Keh-
Februar 1952 verunmöglicht grosser Schneefall
richtabfuhr – die Badanstalt betreut sie heute
die normale Abfuhr in die Junzeln. Der Keh-
noch – und war Stromlieferant für das Tram.
richt wird auf dem Alpbachplatz deponiert.
Bei weiteren Unternehmungen beschränkte sie
Nachdem 1972 eine Reglementskommission unter dem Präsidium von Walter Wüthrich ihre Aufgabe erfüllt hat, wird sie in eine Keh-
Entlöhnung
richtkommission umgewandelt. Die Rechnungsablage für 1974 weist auf: Einzug von Gebühren
Fr. 69 145.35
Auslagen (Löhne etc.)
Fr. 60 459.85
Einlage in den Fonds
Fr.
8 685.50
Dies ist aber auch die letzte Eintragung über Kehrichtabfuhr in den Protokollen. Dann herrscht Grabesstille. Daraus ist zu schliessen, dass in der Vereinbarung über Wasser, Strom und Kehricht mit der Einwohnergemeinde vom 13. Mai 1974 die Kehrichtabfuhr in die Obliegenheiten dieser Gemeinde übergegangen ist, wie recht und billig. So wird heute die Kehrichtgebühr (Fr. 75.–) zusammen mit den Gemeindesteuern eingezogen. Ein Kehrichtauto besorgt ein bis zwei 98
1899: 50.– 1905: 208.– 1921: 600.– 1932: 650.– 1941: 800.– 1944: 1 200.– 1947: 1 600.– 1949: 2 000.– 1954: 3 100.– 1959: 4 800.– 1961: 8 000.– 1969: 18 000.– 1973: 33 600.–
Neuer Dienstvertrag, Erweiterung des Distrikts Stein, Oberstein, Sand, Längenacker Im Sommer zweimal wöchentlich Abfuhr Die «Ghüdermenge» nimmt ständig zu. Die Kehrichtgruben in den Junzeln und in Balm sind bald gefüllt. Ochsnerkübel werden vorgeschrieben (Höchstgewicht 25 kg). Einheitssäcke! Container, modernes Fahrzeug
sich auf die Mitarbeit in den Verwaltungsräten
Doch finden in den folgenden Jahren in der
und auf eine grosszügige Unterstützung, die in
Kirche zahlreiche Ausstellungen (Gemälde,
die Hunderttausende von Franken ging.
Fotos, Zeichnungen, Kunsthandwerk) und kulturelle Anlässe statt, veranstaltet von einer ini-
Das Casino, erbaut 1910, hat mancherlei Ver-
tiativen Gruppe unter der Leitung von Arthur
änderungen erfahren. Zeitweise hochstilisiert
Reinhard.
als Kursaal, vom Hotelierverein kritisch betrachtet, bleibt es zündender Gesprächsstoff in
Die Dorfbehörde erwirbt auch das Areal um die
den Verhandlungen der Dorfbehörde.
englische Kirche. Zum Leidwesen der zahlreichen Zuschauer müssen im Park die Schwarz-
«Bereits redet man 15 Jahre lang über den
kiefer und der riesige, wunderschöne Mammut-
Kursaalneubau. Heute ist man bescheidener gewor-
baum (Wellingtonia gigantea, Durchmesser am
den und spricht von einer Unterhaltungsstätte.»
Stock nahezu zwei Meter) gefällt werden, da sie krank sind. Die mächtigen roten Scheiben des
Später übernimmt die Brentel AG den Betrieb,
Stammes finden guten Absatz.
dann wird daraus das Verkehrsbüro. Im April 1958 wird der Abbruch des Gebäudes beschlos-
In Zusammenarbeit mit der Sherlock-Holmes-
sen, 1974 die Liquidation der Gesellschaft
Gesellschaft in England soll ein Museum ge-
durchgeführt.
schaffen werden. Eine Bronzestatue des berühmten erdichteten Detektivs ist bereits auf
Sauvage AG
einen Granitfindling gesetzt worden – les extrèmes se touchent.
Ständige Sorgen bereitet der Dorfbehörde die
Der bauliche Zustand der englischen Kirche
Beteiligung an der Sauvage AG. Erweiterungs-
wird immer schlechter. Das unter Denkmal-
pläne, Investitionen, Defizite, neue Anläufe,
schutz stehende Gebäude wird renoviert, sa-
Konkurs. Beide Unternehmungen, Kursaal wie
niert und ein Innenabgang ins Kellergeschoss
Sauvage, haben die Auswirkungen zweier Welt-
angebaut. Unter Schutz steht aber nicht nur
kriege und die Krise der Dreissigerjahre erfah-
das Gebäude, sondern auch eine davor ste-
ren. Angesichts der Defizite, Diskussionen um
hende ca. 4 Meter hohe Eibe. Sie ist den Bau-
finanzielle Hilfe begreift man den Stossseufzer
arbeiten nicht dienlich. Eine Verschiebung
des Dorfschreibers:
würde nach Angaben einer Spezialfirma ca. Fr.
«Es sei dem Schreibenden verziehen, wenn
10 000.– kosten. Die Dorfbehörde beschliesst
er in den Protokollen nur festhält, dass man einer
deshalb die Fällung des zugegebenermassen
befriedigenden Lösung des Problems keinen Schritt
schönen Baums und stellt beim Gemeinderat
näher gekommen ist.»
das Gesuch um Entlassung aus dem Verzeichnis der schutzwürdigen Objekte. Die Eibe wird
Dorfkern
eines Nachts von noch heute unbekannter frevlerischer Hand gefällt. Der Gemeinderat kann also nur zustimmen … Eine junge Eibe
1974 erwirbt die Dorfgemeinde von der Chris-
wird «zum Trost» gepflanzt.
tian Science die englische Kirche für Fr. 44 500.–. Man befreit sie vom Holzwurm. Weitere Re-
Am 4. Mai 1991 kann im Untergeschoss der
novationen bleiben vorderhand stecken. Die
aus der viktorianischen Zeit stammenden Kir-
eingesetzte Kommission, welche sich mit der
che das von den englischen Architekten John
«Verbesserung des Angebots für den Gast» be-
und Syliva Reid authentisch gestaltete Sherlock
fasst, dreht sich im Kreise.
Holmes Museum eingeweiht werden. Etwa
«Sie hat mit Planen dort aufgehört, wo es angefangen hätte, etwas zu kosten.»
achtzig Mitglieder der Sherlock Holmes Society in viktorianischen Kostümen, jedes eine Figur 99
aus den Geschichten von Sir Arthur Conan
sion immer wieder erneuern. 1906 ist sie erlo-
Doyle darstellend, geben der Eröffnung einen
schen! 1908 wird sie erneuert, «aber zum letzten
würdigen Rahmen. Sogar die Tochter von Sir
Mal bis 26. Dez. 1910 verlängert».
Arthur, Dame Jane Conan Doyle, beehrt den
Grund dieser ständigen Verschleppung ist die
Anlass mit ihrer Anwesenheit.
Befürchtung, eine direkte Linienführung Bahnhof – Reichenbach könnte das Dorf vom Ver-
Auf Initiative von Hans Thöni findet auf dem
kehr abschneiden.
Parkplatz während einiger Sommermonate jeden Samstagmorgen ein bunter Wochenmarkt
Nun geht es auf Biegen oder Brechen. An die
statt. Er wird von Einheimischen mit Gemü-
neu gegründete Trambahn AG zeichnet die
se, Honig und handwerklichen Produkten be-
Dorfgemeinde Aktien für Fr. 60 000.–. Man offe-
schickt. Eine Kaffee-Ecke, organisiert vom Frau-
riert Strom, 15 000 kWh jährlich für Fr. 3500.–.
enverein, darf nicht fehlen, alles wird begleitet
Nach mehr als 20-jährigen Verhandlungen
von Herrn Eichenbergers Drehorgelmusik.
wird 1912 die Bahn gebaut, samt der dazu erforderlichen eigenen Brücke über die Aare in
Die ganze Dorfkerngestaltung befindet sich um
der Nähe der Willigenbrücke.
1990 im Stadium der Planung. Die Dorfbehörde wehrt sich mit Recht gegen eine Verlänge-
Aber schon naht neues Unheil: Der Erste Welt-
rung des Parkplatzes nach Süden. Sie bevorzugt
krieg. Schon am 5. August wird der Betrieb ein-
eine unterirdische Autoeinstellhalle und ist
gestellt, die Fremden sind abgereist. Während
bereit, der Einwohnergemeinde hiefür ein dau-
des Krieges wird zwar der Dornröschenschlaf
erndes, unentgeltliches Baurecht für 3000 m2
des Trams gelegentlich unterbrochen, aber
einzuräumen. Dazu beteiligt sie sich finanziell
ohne Rendite.
an der Platzgestaltung. Von 1920 an wird das Tram wieder in Betrieb
Trambahn
gesetzt, die Auseinandersetzungen zwischen Trambahn AG und Dorfgemeinde gehen munter weiter: Ausstände, Vorschüsse, Reduktion
Was lange währt, kommt nicht immer gut. An
des Aktienkapitals, Defizite, Sanierung. Das
der a. o. Dorfgemeinde vom 15. Juni 1889 wird
Tram bleibt ein Sorgenkind (Zweiter Welt-
beschlossen:
krieg!).
«Einreichung eines Conzessionsgesuches an den Schweiz. Bundesrath für Erstellung einer
Die Tramführer Metry, Sulzer und Amacher, in
Pferdebahn von Meiringen nach der Aareschlucht.»
der Verwaltung als «MSA» zusammengefasst,
Diese war ein Jahr zuvor eröffnet worden.
haben dieses ständige Auf und Ab getreulich
«Dazu wird ein unbeschränkter Credit be-
mitzumachen: Bald füllen Schulklassen die
willigt, in dem Sinne jedoch, dass dabei möglichst
Wagen mit fröhlich-lautem Betrieb, dann wie-
Ökonomie beachtet werde.»
der sind die Wagen nahezu leer.
Projekt: Ing. Studer, Thun. Auf das Budget 1896
Erstmals taucht das Gespenst «Liquidation» in
wird ein Posten «Tramway» Fr. 1500.– gesetzt.
den Protokollen auf. «Abbruchhonegger» offe-
Bis 1899 hat sich die Bahn zum «electrischen
riert Fr. 120 000.–, vermutlich wegen der eiser-
Tramway» durchgemausert, später nennt sie
nen Aarebrücke. Im Juni 1958 wird die Liqui-
sich «Tramwaykonvoi», um schliesslich als elek-
dation beschlossen, Aktienerlös Fr. 2200.– zur
trische Strassenbahn aufzutreten.
freien Verfügung der Dorfbehörde.
Man prüft das System Siemens + Halske. Pro-
Nun steht die Tramhalle leer und heimatlos
jektpläne im Betrage von Fr. 293 000.– werden
da. Sie wird von der Einwohnergemeinde über-
als zu teuer verworfen. Man lässt die Konzes-
nommen und dient als Ausstellungshalle.
100
So verschwindet das Tram nach einem halben
längerung bis Interlaken 1912 – 1916), die
Jahrhundert aus dem Dorfbild, die Schienen
Rothornbahn und die Drahtseilbahn zum Rei-
verschwinden im Asphalt der neu geteerten
chenbachfall. Alle anderen Projekte bleiben
Dorfstrasse. In den Kurven werden sie aber
auf dem Papier – wir sagen heute: gottlob!
bald wieder sichtbar und gefährden den Verkehr. Sie müssen herausgerissen werden. Dies
Erfolglos blieben ebenfalls die Bemühungen
ist das endgültige Ende. An die Stelle des Trams
um eine Erweiterung der Strecke Interlaken –
tritt in den Sommermonaten ein Autobus.
Meiringen auf Normalspur 1905 und 1938.
Mit dem Tram verschwindet auch ein belas-
Auch das von Einwohner- und Dorfgemeinde
tender Faktor des EW-Betriebes: Tram und Kino
im Jahre 1923 eingereichte Gesuch an die SBB,
waren nach dem Umbau auf Wechselstrom die
die Brünigbahn zu elektrifizieren, musste rund
einzigen Bezüger von Gleichstrom.
22 Jahre auf seine Verwirklichung warten, bis eben akuter Kohlenmangel im Zweiten Welt-
Bergbahnen
krieg das Verfahren beschleunigte. Im Zusammenhang mit dem Bau der Kraft-
An der Trambahn AG war die Dorfgemeinde
werke Oberhasli erhält Meiringen eine Bahn-
durch Stromlieferung aktiv beteiligt. Bei ande-
verbindung (MIB) mit Innertkirchen.
ren Unternehmungen trat sie nur als Aktionär oder Gönner auf.
Neueren Datums sind die Bahnen als Folge (oder Ursache?) der mächtigen Entwicklung
Der aufkommende Tourismus bewirkte eine
des Skisportes. Wie Pilze schiessen überall Ka-
Bahngläubigkeit unter den Bürgern, wobei es
binen- und Gondelbahnen, Ski- und Sessellif-
nicht nur bei Ideen und Vorschlägen blieb. Es
te aus dem Boden. Sie entlasten den Skifahrer
wurden ganze Projekte ausgearbeitet und dis-
vom mühsamen Aufstieg («Downhill only!»),
kutiert: eine Sustenbahn, eine Grimselbahn
Felle werden überflüssig.
(oder wenigstens bis Guttannen). Der Studiengesellschaft für eine Bahn Alpbachschlucht –
Erste Gondelbahn im Oberhasli: Wasserwendi –
Hasliberg – Engelberg wurde eine Konzession
Käserstatt (GHK).
für Nutzung des Dorf-, des Goldern- und des Alpbaches erteilt.
An der Meiringen-Hasliberg-Planplattenbahn (MHB) beteiligt sich die Dorfgemeinde mit ei-
An der Dorfgemeinde vom 10. Dezember 1895,
nem Aktienkapital von Fr. 250 000.–.
zusammenberufen «mit der Bewilligung des tit. Regierungsstatthalters und durch hiefür in Ge-
Die Beteiligung an den MHB wird 2004 nach
lübd genommenen Umbieter Johann Ryz», wird
dem Willen der Dorfgemeindeversammlung
beschlossen, eine Konzession für die Bahn
um Fr. 500 000.– erhöht.
Meiringen – Grosse Scheidegg – Grindelwald zu erwerben (48:8 Stimmen). Zweimal reiste eine
2007 fusionieren die mittlerweile in SHK
Deputation von Meiringen und Grindelwald
(Sportbahnen Hasliberg-Käserstatt) umbenann-
zum Regierungsrat nach Bern – die Sache ver-
te GHK und die MHB zur Bergbahnen Meirin-
lief im Sand, ebenso das Projekt einer Bännen-
gen Hasliberg AG. Die neue Unternehmung
bergbahn vom Schulhaus Willigen nach In-
steht aber unter keinem guten Stern. 2013 wird
nertkirchen.
über sie der Konkurs verhängt und das eingesetzte Kapital geht verloren. Sämtliche Anlagen
Von all diesen Projekten sind verwirklicht
werden von einheimischen Investoren aus der
worden: die Brünigbahn 1888 bis Brienz (Ver-
Konkursmasse gekauft und weiterbetrieben.
101
Episoden Dies und das 1891
Werklein. Dem Konkurrenten wird das Hand-
Aus dem Dienstbarkeitsvertrag zwischen der
werk gelegt: Wer Elektrizität bei ihm bezieht,
Dorfgemeinde und 14 Liegenschaftsbesitzern:
dem wird kurzerhand das Wasser gesperrt.
Die Drahtleitungen werden in der Regel durch die Luft geführt, ca. 6 bis 8 Meter über dem Erd-
1910
boden, aber nicht in verkehrsstörender Weise
In den ersten Betriebsjahren wird der Strom
ganz unmittelbar vor Türen oder Fenstern vor-
um 1 Uhr nachts ausgeschaltet. Oft ist aber zu
beigeführt, in angemessener Entfernung von
dieser Zeit noch fröhlicher Fest- und Tanzbe-
den Telegraphendrähten.
trieb in den Hotels. Es wird Verlängerung anbegehrt. Dies kostet Fr. 1.– für jede volle oder an-
1893
gebrochene Stunde, wovon der Wärter 70 Rp.
Kohlenfadenlampen sind anfällig auf Über-
erhält. Oft wird auch mit einer Flasche Wein
strom. Infolge der Unachtsamkeit eines Wär-
oder einem Znüni nachgeholfen.
ters gehen gleich 80 Lampen kaputt. Den Betroffenen wird pro Lampe Fr. 1.– vergütet,
1917
wovon der Wärter die Hälfte zu tragen hat.
Für die internierten französischen Soldaten wird in der Sägerei Jossi, Stein, eine Werkstatt
1905
installiert. Reduzierter Strompreis für den Mo-
Aus den Dienstvorschriften für das Betriebsper-
tor.
sonal: In den Arbeitslokalen und Maschinen-
Die Internierten haben im Casino ein Kino
räumen ist das Zutragen von geistigen Geträn-
eingerichtet. Eintrittsgeld 40 Rp. Dem dirigie-
ken und das Schlafen verboten. Busse Fr. 1.–.
renden Capitaine wird mitgeteilt, wenn ein Erwerb erzielt werde, die Dorfbehörde sich das
1908 Elektrizitäts-
Recht vorbehalten werde, für die Abgabe von und
Wassergewinnung
gehö-
Energie eine Gebühr zu beziehen.
ren zusammen: Ein aus dem Werk ausgetre-
Auch den englischen Internierten im Hotel
tener Wärter baut am Mühlebach ein eigenes
Bahnhof wird Pauschaltarif zugestanden. Im 103
November verlassen die Internierten das Dorf. Zum Abschied werden sie von der Dorfgemeinde beschenkt.
1920 Gesuch des Orchestervereins (Leitung G. Linder) – so etwas gab es also damals – um Gratisabgabe von elektrischer Beleuchtung im Casino. Ihm wurde entsprochen.
1928 D. Grewar, Drogist, rapportiert, dass die Schaltuhr zu seinem Heizofen zum 3. Mal nicht aufgezogen worden sei und er deshalb im ungeheizten Zimmer frieren müsse. Der Kirchgemeinde wird für 3 Stunden pro Woche ein Ofen zu 500 Watt bewilligt, um zu verhüten, dass der übende Organist kalte Finger kriege oder sich einen Katarrh aneigne.
1950 In der Nacht vom 2./3. August werden auf dem Areal des EW Meiringen Bleikabel im Wert von Fr. 600.– bis Fr. 800.– gestohlen. Die Polizei wird avisiert, die Diebe werden erwischt. Das Kriminalgericht von Luzern verurteilt sie zu Fr. 1000.– Schadenersatz.
1954 Max Eichenberger hat auf seinem Grundstück eine Radiosendestation errichtet. Sie wird von der Dorfbehörde genehmigt.
2000 Noch sei der Familie Pulver ein Kränzlein gewunden: Grossvater Gottfried Pulver, Dorfschreiber 1916 –1932 Vater Ernst Pulver, Dorfschreiber/-kassier 1944 –1980 Sohn Samuel Pulver, Dorfbehördemitglied / Dorfobmann 1985–2000 Dies macht 67 Jahre im Dienst und zum Wohle der Dorfgemeinde. Ehre, wem Ehre gebühret!
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Umwelt Hochwasser
Die Liege- und Spielwiese im Schwimmbad ist stark überführt, die Filter- und Umwälzanlagen
2005: Am 22. August um 19.30 Uhr stellt Dorf-
funktionieren, aber das Wasser in den Becken
obmann Graber fest, dass der Dorfrat nicht
ist eine dunkelbraune Brühe. Die Badesaison
beschlussfähig ist. Wegen der andauernden Re-
2005 hat damit ein jähes Ende gefunden.
genfälle drohen Alpbach, Mühlebach und Aare zu überschwemmen. Die Feuerwehr ist bereits
Die Wasserversorgung kann aufrechterhal-
seit Mittag im Einsatz und der Zugang zum Sit-
ten werden, obwohl die Funtenen meterhoch
zungszimmer im Werk ist nur noch über den
überflutet ist. Das Wasser verursacht Schäden
Weg beim Betagtenzentrum vorbei möglich.
im Haus und an den Pumpenmotoren.
Betriebsleiter Linder hat zwei Mitarbeiter ins Haselholz geschickt, um die Wasserfassungen
In den Jahren 2006 bis 2013 sind sehr hohe
Alpbach und Mühlebach sowie die Rechen-
Investitionen im Strom- und Wasserleitungs-
anlagen möglichst lange funktionstüchtig zu
netz, ausgelöst durch die umfassenden Hoch-
halten. Er positioniert auch zwei Mitarbeiter
wasserschutzmassnahmen an Alpbach und
im Gebiet östlich vom Alpbach, um einsatzbe-
Mühlebach, notwendig. Bauherrin des Hoch-
reit zu sein, falls ein Stromausfall nicht zu ver-
wasserschutzes ist die Schwellenkorporation.
meiden sein wird. Urs Linder selber überwacht
Deren Kosten werden von Bund und Kanton
die Anlagen im Kommandoraum und hat mit
subventioniert. Die unvorhergesehenen In-
den eingesetzten Mitarbeitern Kontakt. Der
vestitionen in die Werkleitungen sind von der
Alpbach kommt mächtig und ist dunkelbraun
Dorfgemeinde allein zu berappen. Für das Was-
von Geschiebe und Geröll. Das Getöse ist fast
ser ist ein Preisaufschlag nicht zu vermeiden.
unheimlich. Am nächsten Tag kommen die grossen Schäden an Häusern östlich der Alpbachmauer (ca. 20 Häuser und 30 Stromzähler beschädigt) richtig zum Vorschein.
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Amthaus Die Zeiten ändern sich, politische Strukturen
Der Einwohnergemeinde sind aus finanziel-
und Gebilde werden angepasst. So wird das
len Gründen die Hände gebunden. Trotzdem
einst «reichsfreie» Hasli, der Amtsbezirk Ober-
ist man der Meinung, das für das Oberhasli
hasli, per 31. Dezember 2009 aufgehoben und
bedeutungs-, wenn nicht gar schicksalsvolle,
dem neuen Bezirk Interlaken-Oberhasli zuge-
ehrwürdige Amthaus sollte der Bevölkerung
wiesen. Dies, nachdem nach und nach bereits
als «öffentliches Gebäude» erhalten bleiben. So
das Betreibungs- und Konkursamt, das Unter-
meldet die Dorfgemeinde Kaufinteresse an. Die
suchungsrichteramt, das Richteramt und das
Preisvorstellungen gehen indes so weit ausei-
Grundbuchamt Oberhasli aufgehoben und in
nander, dass das Gebäude nach langwierigen
Interlaken oder weiter «talab» untergebracht
Verhandlungen doch nicht verkauft wird und
wurden.
weiterhin dem im Haus gebliebenen Kantonspolizei-Posten zur Verfügung steht.
Die Regierung will die durch die Reformen betroffenen und frei werdenden Liegenschaften im Kanton (z. B. auch das Schloss Wimmis) verkaufen.
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Zu guter Letzt 1989 …
… und 2014
Es ist einerseits bezaubernd, sich in Gedanken
Schon die Schrift «100 Jahre Elektrizitätswer-
hundert Jahre zurückzuversetzen in die Zeit der
ke der Dorfgemeinde Meiringen» habe ich mit
Petrollampen, staubigen Landstrassen und pus-
meinem früheren Chemie- und Physiklehrer
ternden Dampflokomotiven. Aber ebenso unter-
Arnold Wyss erarbeiten dürfen. Jetzt habe ich
haltsam ist ein Gang durch die technische Ent-
die vergriffene Jubiläumsschrift von 1989 mit
wicklung in dieser Zeit, durch den technischen
der Geschichte und der Entwicklung des Werks
Fortschritt, der eine weitgehende Veränderung
während den letzten 25 Jahren ergänzt. Dabei
in unseren Lebensverhältnissen bewirkte.
habe auch ich festgestellt, dass die Dorfgemeinde mit der Zeit Schritt gehalten und sich
Mit dem Elektrizitätswerk Meiringen hat die
prächtig entwickelt hat.
Dorfgemeinde einen mutigen Beitrag zu dieser
… eine besondere Leistung, wenn man be-
Entwicklung geleistet. Am Ende der hundert
denkt, dass es nicht immer einfach war, einer-
Jahre geziemt es sich, Rückschau zu halten und
seits die Bestimmungen des Gemeinderechts
einen Marchstein zu setzen. Man darf der Dorf-
und andererseits die Vorgaben der Elektrizi-
gemeinde ruhig das Zeugnis ausstellen, mit der
tätswirtschaft, welche von Grundsätzen priva-
Zeit Schritt gehalten und der Bevölkerung ei-
ter (Kapital-)Gesellschaften geprägt sind, unter
nen grossen Dienst erwiesen zu haben.
einen Hut zu bringen.
Zum Schluss sei wiederholt, wie Obmann Otto
Ein Lob sei den Dorfräten, die einer Privatisie-
Brügger noch vor dem Bidmi-Werk die Lage be-
rung «unseres» Gemeindewerks – wie sie als Fol-
urteilt: «Die Lage der Dorfgemeinde ist ja wohl der
ge der Strommarktliberalisierung vielenorts vor-
beste Beweis dafür, dass sich die eigenen Anlagen
genommen wurde – Widerstand geleistet haben.
mit der Zeit lohnen, auch wenn diese unter schwierigen Umständen haben gebaut werden müssen.
Ich bin stolz, dass ich vierzig Jahre im «Dorf-
Die bisherige Entwicklung unseres Werkes zeigt,
werk» mitarbeiten durfte und wünsche auch für
dass sich der Unternehmungsgeist unserer Vorfah-
die Zukunft stets einen Dorfrat, der die seit Jahr-
ren gelohnt hat, die unter finanziell schwierigen
hunderten gewachsene Dorfgemeinde schützen
Verhältnissen das Werk zum Nutzen des Dorfes
und erhalten will. Ich bin überzeugt: diese war,
und der Gemeinde gebaut und erweitert haben.»
ist und bleibt ein Segen für die Bevölkerung.
Arnold Wyss
Hans Künzler, alt Dorfschreiber 111
Quellen
Protokolle der Dorfgemeinde: ab Band IV, 10. März 1886 –1989 und 1990 – 2014 Jahresberichte der Betriebsleiter 1990 – 2013 Geschichte der Landschaft Hasli: Gottlieb Kurz, Christian Lerch, Andreas Würgler, 1979 Chronik denkwürdiger Begebenheiten aus der Lokalgeschichte des Haslethales, insbesondere der Kirchgemeinde Meiringen 1818 –1896 Otto Hopf, Heinz Würgler Aus den Protokollen der Dorfgemeinde Fritz Ringgenberg, zur Kollaudation des Bidmi-Werkes 21. Mai 1950 En Adler steihd uf yser Fahnen Fritz Ringgenberg Edison, SJW-Heft Nr. 2, Ernst Eschmann
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Zum 125-jährigen Bestehen der Elektrizitätswerke der Dorfgemeinde Meiringen wurde die vergriffene Jubiläumsschrift von Arnold Wyss aus dem Jahre 1989 durch Hans Künzler um weitere 25 Jahre ergänzt. Diese Dokumentation schildert die Entstehung und Entwicklung von einem der ersten Elektrizitätswerke der Schweiz – jenem der Dorfgemeinde Meiringen.