Vontobel Asset Management - Investors’ Insight

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Investors’ Insight Vontobel Asset Management

Multi-Asset-Class-Management 2.0 Die Antwort auf das Anlagedilemma der Pensionskassen


Inhaltsverzeichnis

Executive Summary 3 Die richtige Anlagestrategie als Herausforderung für Pensionskassen 4 - Bestimmung des Anlageziels und des Anlagerisikos - Die goldenen Jahre der Kapitalanlage – «Aktien schlagen Obligationen» - Märkte haben sich fundamental geändert - Neue Vorschriften ab 2013 beeinflussen zusätzlich Anlageziel und Risikomanagement Die Antwort ist aktive, nicht passive Anlagestrategie 7 - Die Passivierung bei den Schweizer Pensionskassen - Warum ist «aktiv» vorteilhaft und «passiv» zu relativ? Wenn aktive Anlagestrategie, wie? 8 - Erweiterung der Renditequellen - Fokus auf Portfoliokonstruktion und aktives Risikomanagement - Was ist die neue Benchmark? Der Ansatz von Vontobel: Aktives Multi-Asset-Class-Management 2.0 - Risiko als Steuerrad - Benchmark als Steuerrad

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Spezial-Report (Aon Hewitt): Herausforderungen für Pensionskassen und Unternehmen 14 Glossar 18

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Executive Summary

Institutionelle Anleger im Allgemeinen und Pensionskassen im Speziellen müssen in den kommenden Jahren hohe Anlagehürden meistern. Die von Kurssteigerungen geprägten «goldenen Jahre» sind spätestens seit der Finanzkrise 2007/08 definitiv vorbei. Die globalen Finanzmärkte werden zukünftig von hoher Volatilität, niedrigen Zinsen und erhöhten Korrelationen geprägt sein. Die Frage der Risikodiversifikation und der Anlagezielerreichung werden schwerer beantwortbar. In diesem Umfeld den zur Erfüllung des Leistungsauftrags nötigen Ertrag zu erwirtschaften, ist sehr herausfordernd. Zudem machen regulatorische Änderungen eine klarere Definition eingegangener und zukünftiger Risiken erforderlich. Der Spezial-Report der Pensionskassenexperten von Aon Hewitt als Teil dieser Studie zeigt die Klippen auf, die Pensionskassen und Unternehmen heute und in der Zukunft umschiffen müssen.

zur Verfügung stehen. Die reine Fixierung auf Prognosen ist nicht mehr zielführend. Es gilt, ein «robustes» Anlageportfolio zu erstellen, das genug Flexibilität bietet, um in Schocksituationen gegen Verluste zu schützen, aber auch erlaubt, Marktchancen zu nutzen. Schliesslich sollte bei der Bestimmung einer Benchmark nicht länger die starre Struktur eines Grundportfolios im Vordergrund stehen, sondern die individuellen Vorgaben der Pensionskasse hinsichtlich ihrer Risikofähigkeit und Renditebedürfnisse.

«Renditemaximierung auf Basis eines strikt einzuhaltenden Risikobudgets»

Die Antwort auf diese Herausforderungen ist eine Anlagestrategie, die von einem aktiven, nicht passiven Ansatz geprägt ist. Nur so kann man eingegangene Risiken gut verstehen, Marktchancen konsequent nutzen und kurzfristig reagieren. Neue Renditequellen sind ein Schlüssel zur Verbesserung von Portfolioeigenschaften. Hochverzinsliche Obligationen von Schwellenländern, Unternehmensobligationen und Rohstoffe rücken wegen ihrer attraktiven RisikoRendite-Eigenschaften und aufgrund ihres Beitrags zur Portfoliodiversifikation in den Vordergrund. Ausserdem müssen mehr Ressourcen für die Konstruktion von «intelligenten» Portfolios sowie für aktives Risikomanagement

Vontobel ist einer der erfolgreichsten aktiven Vermögensverwalter in der Schweiz und hat seinen Ansatz über die letzten Jahrzehnte kontinuierlich weiterentwickelt. Wir haben die Lektionen aus den Krisen der vergangenen Jahre sorgfältig analysiert und unsere Methoden entsprechend verfeinert. Wenn wir das Portfolio eines Kunden optimieren, empfehlen wir die Renditemaximierung auf Basis eines strikt einzuhaltenden Risikobudgets vorzunehmen. Wir bezeichnen diese Herangehensweise als «Outcome Driven Investments»-Ansatz. Dieser erfordert ein hohes Mass an Flexibilität bei der Portfoliokonstruktion sowie die Auswahl «robuster», liquider Anlageklassen. Viele dieser Elemente lassen sich auch auf die benchmarkorientierte Welt übertragen. Ein vertieftes Risikoverständnis erlaubt uns, maximale bzw. minimale Gewichtungen effizienter und gewinnbringender umzusetzen. Entscheidend ist bei beiden Ansätzen die grosse Erfahrung unserer Experten. Denn auch in Zukunft werden intelligente Anlageentscheidungen nicht ohne abschliessende, qualitative Bewertung durch Profis möglich sein. Oktober 2012

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Die richtige Anlagestrategie als Herausforderung für Pensionskassen Bestimmung des Anlageziels und des Anlagerisikos Anlageentscheidungen zielen in der Regel darauf ab, Renditen zu maximieren und Risiken zu minimieren. Die langfristige Zielrendite der Pensionskassen beträgt laut der Swisscanto-Studie 20111 im Mittelwert 4,6%. Zur Erreichung dieses Anlageziels dient den Pensionskassen vielfach die sogenannte BVG-2005-Indexfamilie als Orientierung. Sie steckt einen Anlagerahmen und damit indirekt das mögliche Risikomass ab. Die Zahlen 25, 40 und 60 innerhalb der nachfolgenden Indexbezeichnungen bestimmen den Anteil in Prozent, den risikobehaftete Anlagen wie Aktien, Hedgefonds und Private Equity im jeweiligen Gesamtportfolio ausmachen dürfen: BVG-25plus-Index, BVG-40-plus-Index und BVG-60-plus-Index. Mit der Vorgabe eines der oben genannten Indizes geben sich Stiftungsräte oft der Vorstellung hin, das Mass der Risikonahme bestimmt zu haben. Ändert sich jedoch die «Risikolandschaft» des Gesamtmarktes, verliert das einmal festgelegte Risikomass schnell an Bedeutung. Dabei suggeriert ein statisches Indexportfolio ein falsches «Risikogefühl» (siehe Grafik 1). Man kann zum Beispiel die Frage stellen, ob ein Portfolio mit 40% Aktien in jedem Fall sicherer ist als ein Portfolio mit 60% Aktien.

Die von vielen Pensionskassen praktizierte Kombination von fixem Anlageziel und starren Benchmarks führt zu einem Zuviel oder Zuwenig an Risikonahme über die Zeit. Erschwerend kommt hinzu, dass die pfadabhängige Entwicklung des Deckungsgrades, dem Verhältnis zwischen dem verfügbaren Vermögen und den Vorsorgeverpflichtungen einer Pensionskasse, bei der Konstruktion von Benchmarks in der Regel keine Berücksichtigung findet. Dieser Ansatz ist also Ausdruck eines fehlgeleiteten Risikobewusstseins. Vor diesem Hintergrund ist die negative Entwicklung bei den Deckungsgraden kaum verwunderlich. Die goldenen Jahre der Kapitalanlage – «Aktien schlagen Obligationen» Das Vierteljahrhundert zwischen 1982 und 2007 steht für eine aussergewöhnlich lange Zeit weltweiter wirtschaftlicher Prosperität. Es war geprägt von einem günstigen Zinsumfeld und einem stabilen Aufwärtstrend an den Aktienmärkten. «Buy and Hold»-Strategien waren erfolgreich, wobei die sehr gute Performance von Aktien die gute Performance festverzinslicher Papiere schlug. Die Geldpolitik und das Ausgabeverhalten der entwickelten Staaten begünstigte ein positives Wirtschaftsklima, geburtenstarke Jahrgänge traten ins Erwerbsleben ein. Entsprechend posi-

Grafik 1: Entwicklung der Volatilität eines «50/50-Portfolios» (50% Aktien MSCI World; 50% EMU Bond Index (EUR); Rückrechnung) Volatilität (in %) 22

Annualisierte Volatilität eines «50/50-Portfolios»; basierend auf tägl. Renditen über 6 Monate

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8% Durchschnittsvolatilität 7

Portfolio trägt niedrigeres Risiko, als Kunde erwartet. Renditechancen werden nicht voll wahrgenommen.

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Portfolio trägt deutlich mehr Risiko, als Kunde erwartet. Gefahr hoher Verluste.

Quelle: Vontobel Asset Management, Thomson Reuters Datastream 1 «Schweizer Pensionskassen 2011», Swisscanto Asset Management AG, September 2011 4

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Grafik 2: Entwicklung Aktien und Zinsen in verschiedenen Marktphasen Aktien (Indexstand)

Zinsen (in %)

tiv gestalteten sich das Umfeld für Unternehmen und bei den Pensionskassen das Verhältnis von Einzahlenden und Leistungsempfängern. Die Entwicklung des weltweiten Aktienmarktes sowie der Zinslandschaft in der Schweiz während dieser Jahre findet sich im grünen Teil der Grafik 2. In diesem Umfeld niedriger Volatilität, attraktiver Zinsen, geringer Korrelationen und vorteilhafter Aktienmärkte kamen die Schweizer Pensionskassen in der Regel den gesetzlich auferlegten Verpflichtungen nach. Die insgesamt positiv tendierenden Märkte bescherten selbst den weniger erfolgreichen Pensionskassen rund zwei Jahrzehnte lang meist ausreichende Renditen. Märkte haben sich fundamental geändert Seit der Jahrtausendwende zeichnet sich jedoch der Anfang einer grundlegenden Veränderung des Umfeldes ab. Die Gründe hierfür finden sich in geänderten fundamentalen Marktbedingungen, die mit dem Platzen der «Dotcom-» oder «Nasdaq-Blase» ihren Anfang nahmen. Der Fokus der Börse richtete sich auf den Umstand, dass zahlreiche der hoch und sehr hoch bewerteten Technologieund «Start-up»-Firmen bei weitem nicht in der Lage waren, ihre Kapitalkosten zu erwirtschaften.

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Neues Marktregime

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Aktien: MSCI World Net Return, USD - linke Skala Zinsen: CH-Eidgenossen (5 Jahre) - rechte Skala

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Goldene Jahre

Quelle: Vontobel Asset Management, Thomson Reuters Datastream

Im Jahr 2007 fiel die zweite und deutlich grössere Blase in sich zusammen und offenbarte eine weitere dramatische Fehlallokation von Geldern: US-Immobilien, denen über Jahre eine immer grössere Wertsteigerung prognostiziert wurde, verloren dramatisch an Wert. Ursache waren in diesem Fall die Zweifel daran, dass Schuldner unterdurchschnittlicher Bonität die Ratenzahlungen für Hypothekarkredite tatsächlich leisten können. Der Konkurs der USInvestmentbank Lehman Brothers im Jahr 2008 hatte zur Folge, dass Finanzintermediäre nicht mehr bereit waren, sich gegenseitig Geld zu leihen. Dadurch implodierte das mehr als 25 Jahre bestehende «Aktien-schlagenObligationen»-Paradigma vollends. Die Reaktion der Regierungen und Notenbanken liess nicht lange auf sich warten. Ihre hastig eingeleiteten, von Liquiditätszufuhr geprägten Rettungsmassnahmen wie massive Käufe von Staatsobligationen waren darauf ausgelegt, wirtschaftlichen und politischen Schaden abzuwenden. Dies dürfte zwar nötig gewesen sein, doch gleichzeitig wurde eine notwendige Marktbereinigung verunmöglicht. An der Entwicklung der Schuldenkrise in der Europäischen Währungsunion lässt sich verfolgen, dass Stützungsmassnahmen eher Unsicherheit mit sich brachten und dass geldund fiskalpolitische Eingriffe zahlreiche Nachbesserungen erforderten.

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Die Folge der gegenwärtigen Krise sind gestiegene Volatilität, wegen stark erhöhter Geldmengen aussergewöhnlich niedrige Zinsen sowie erhöhte Korrelationen. Experten bezeichnen diese fundamentale Veränderung auch als neues «Marktregime» (gekennzeichnet durch den roten Teil in Grafik 2). Entsprechend haben Obligationenanleger Schwierigkeiten, ergiebige Renditequellen auszumachen, und Aktienanleger sehen sich hohen Wertschwankungen ausgesetzt. Die «Verlässlichkeit» der durch Aktien und Obligationen erwirtschafteten Renditen ist nicht länger gegeben, und das ab den frühen 1980er-Jahren bis 2007 vorherrschende, zu Risiken neigende Verhalten («risk on») der Marktteilnehmer hat in eine ans Irrationale grenzende Risikoabneigung («risk off») umgeschlagen.

Grafik 3: Veränderung der Korrelation ausgewählter Anlageklassen – 2005 versus 2012

2005 Aktien Rohstoffe Obligationen Aktien 1.000 0.146 -0.038 Rohstoffe 0.146 1.000 0.011 Obligationen -0.038 0.011 1.000 2012 Aktien Rohstoffe Obligationen Aktien 1.000 0.651 -0.660 Rohstoffe 0.651 1.000 -0.409 Obligationen -0.660 -0.409 1.000 Grün = schwache Korrelation Rot = deutlich erhöhte positive Korrelation

Grafik 3 gibt Aufschluss über die Entwicklung der Korrelation ausgewählter Anlageklassen zueinander. Die schwachen Korrelationen des Jahres 2005 sind grün wiedergegeben. Im Jahr 2012 zeigt sich eine negative Korrelation von Obligationen zu Aktien und Rohstoffen, dargestellt in Blau. Die deutlich erhöhte positive Korrelation zwischen Aktien und Rohstoffen im selben Jahr ist in Rot wiedergegeben. In diesem schwierigen Umfeld erzielten die Pensionskassen in den Jahren 2006 bis 2011 laut Swisscanto-Studie 20122 je nach Grösse nur noch durchschnittlich zwischen -0,3 und 0,4% Rendite pro Jahr. Neue Vorschriften ab 2013 beeinflussen zusätzlich Anlageziel und Risikomanagement Die regulatorischen Rahmenbedingungen, auf Basis derer Unternehmen über ihre Pensionskassenverpflichtungen Buch zu führen haben, haben sich grundlegend geändert und schaffen mehr Transparenz. Im Zuge der Einführung des neuen Rechnungslegungsstandards IAS 19 («International Accounting Standard») ab dem 1. Januar 2013 kommt es zu bedeutenden Veränderungen für Unternehmen, die nach IAS-Standard bilanzieren. Bislang galt für die Berechnung von Guthaben und Verpflichtungen zweierlei Mass: Der prognostizierte Anlageertrag unterschied sich vom Zinssatz, der bei der Abzinsung der Leistungsverpflichtungen zum Einsatz kam. Ab dem kommenden Jahr jedoch wird die Verwendung eines einheitlichen Zinssatzes für beide Bilanzseiten bei börsenkotierten Unternehmen bindend. Zudem wird die momentan angewandte «Korridor-Methode» mit Inkrafttreten dieses neuen Rechnungslegungsstandards obsolet. Buchhalterische Verluste und Gewinne im Pensionskassenvermögen müssen zukünftig in der Bilanz ausgewiesen werden – bisher wurden sie ausserhalb der Bilanz behandelt. Eine marktnahe Bewertung der Vorsorgeverpflichtungen und deren Abbildung in der

Blau = deutlich erhöhte negative Korrelation Quelle: Vontobel Asset Management, Thomson Reuters Datastream

Bilanz wird also die tatsächliche Lücke zwischen Verpflichtungen und Vermögen der beruflichen Vorsorge jährlich sichtbar machen. Insbesondere bei eigenkapitalschwachen Unternehmen dürfte sich dies durch den direkten Einfluss auf das Verhältnis von Eigen- zu Fremdkapital auf bestehende und zukünftige Kreditverträge auswirken. Die Anpassung buchhalterischer Grundsätze an internationale Standards ist das eine, Entwicklungen in Schweizer Politik und Gesellschaft das andere. Politische Diskussionen etwa zur: • Senkung des Mindestumwandlungssatzes, • Senkung des Mindestzinssatzes oder • Erhöhung des Renteneintrittsalters lösen nicht die Frage nach der richtigen Anlagestrategie in puncto Risiko und Ertrag. Diese regulatorischen Änderungen machen eine wesentlich klarere Definition eingegangener und zukünftiger Risiken nötig und schaffen damit mehr Transparenz. Das Thema Risikomanagement und -bewusstsein wird prominenter und bedingt einen anderen Anlageansatz für risikobehaftete und risikoarme Anlageklassen. Fraglich ist, ob ein passiver Ansatz diese Anforderungen aus Risikomanagement-Gesichtspunkten noch erfüllen kann. Beachten Sie bitte auch den Spezial-Report von Aon Hewitt ab Seite 14.

2 «Schweizer Pensionskassen 2012», Swisscanto Asset Management AG, September 2012 6


Die Antwort ist aktive, nicht passive Anlagestrategie Die Passivierung bei den Schweizer Pensionskassen In den «goldenen Jahren» lagerten Pensionskassen die Verwaltung ihrer Guthaben an Anbieter, die auf aktive Vermögensverwaltung spezialisiert sind, aus. Viele dieser Vermögensverwalter, die eine Mehrrendite im Vergleich zu einer Benchmark zu erzielen versuchen, haben lediglich Durchschnittliches oder Unterdurchschnittliches zustande gebracht – was sich in einem insgesamt vorteilhaften Marktumfeld meist relativierte. Spätestens mit dem zuvor skizzierten Wechsel des Marktumfelds ab 2007 rückte die Diskrepanz zwischen Kosten und Leistung solcher Anbieter in den Fokus. Zahlreiche Pensionskassen entschieden sich in der Folge für passive Anlagestrategien mit dem Hauptaugenmerk auf Kosten. Ist das der richtige Weg, um echte Diversifikation und aktives Risikomanagement zu erhalten? Warum ist «aktiv» vorteilhaft und «passiv» zu relativ? Das neue «Marktregime» ist gekennzeichnet durch • hohe Volatilität, • sehr niedrige Zinsen, • erhöhte Korrelation und wird unserer Einschätzung nach die Märkte in den kommenden Jahren weiter prägen. Wir erachten aus diesem Grund und wegen der zukünftig höheren Anforderungen an das Risikomanagement passive Anlagen als kritisch. Zum einen, da an Indizes gekoppelte Produkte in diesem Umfeld lediglich volatile oder sinkende Renditen erzielen werden. Zum anderen im Hinblick auf die Art der Anlage selbst, da Anlagen in indexnahe Produkte gleichbedeutend sind mit dem Verzicht auf Chancen, die sich aus Abweichungen von der Benchmark ergeben. Aus Risikomanagement-Sicht führen passive Anlagen mitunter zu Konzentrationen von Sektoren und Einzeltiteln, die einer effizienten Portfoliodiversifikation zuwiderlaufen. So übergewichtet der Aktienindex-Anleger jene Aktien und Sektoren, deren Preise im Verhältnis zu den jeweiligen Fundamentaldaten hoch sind, und untergewichtet jene, deren Preise günstig erscheinen. Es wird ebenso in Sektoren investiert, die über keine Zukunftsaussichten verfügen. Bei Engagements in Obligationen-Indizes erhöhen Anleger ihre Gewichtung von Emittenten, die ihre Verschuldung (Leverage) steigern, da deren Anteil am Index mit dem Forderungsbestand ansteigt. Zwar versuchen neue passive Anlageprodukte mit sogenannter Fundamental-Indexierung die geschilderten Mängel zu beheben, doch fliessen in diesem Fall weitreichende subjektive Entscheidungen in die Indexkomposition ein. Indirekt sprechen die erwähnten Beispiele also einer aktiven Vermögensverwaltung das Wort.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass passive Ansätze «zu relativ» sind und es Pensionskassen verunmöglichen, die gesteckten absoluten Anlageziele mit konstantem Risiko zu erreichen. Grafik 4 bietet einen Überblick über die Vorteile des aktiven Investierens. Grafik 4: Vorteile von aktiven Anlageansätzen

Warum aktiv und nicht passiv anlegen? Auf einzelne Unternehmen setzen Fokussierung auf besonders attraktive, unterbewertete Unternehmen. Chancen ergreifen Über- und Untergewichtung von attraktiven Sektoren, Ländern und Regionen. Übergreifende Trends nutzen Frühzeitiges Ausmachen von fundamentalen Trends und strukturellen Überbewertungen («Index folgt Momentum») ermöglicht es, von raschen Sektorrotationen zu profitieren. Von Diversifikation profitieren Indexanlagen bedingen eine ähnliche Entwicklung der zugrunde liegenden Werte und bieten damit häufig keine echte Diversifikation an. Risiken kennen und aktiv steuern Steuerung eingegangener Risiken und klares Verständnis von Indexbestandteilen, z.B. Obligationen-Indizes. Quelle: Vontobel Asset Management

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Wenn aktive Anlagestrategie, wie?

In den vorangegangenen Kapiteln haben wir herausgearbeitet, dass ein neues «Marktregime» neue Lösungen in der Anlage von Balanced-Portfolios erfordert. Vorbei sind die Zeiten, in denen Aktien Obligationen schlagen. Auch aus regulatorischer Sicht ist es notwendig, ein genaueres Verständnis der eingegangenen Risiken auf Kalenderjahressicht zu haben. Voraussetzung dafür sind aktive Ansätze. Im Gegensatz zu eher statischen, mit vielen Restriktionen belegten Ansätzen, sollten moderne Multi-AssetClass-Ansätze vor allem drei Elemente beinhalten: • Erweiterung der Renditequellen, • bessere Portfoliokonstruktion und aktives Risikomanagement sowie • die Definition der richtigen Benchmark.

Anlegern interessante Risiko-Charakteristiken bieten. Vor einem Jahrzehnt war die Ausgangslage noch grundverschieden: schwache Bilanzen, tiefe Ratings und entsprechend ungünstige Risiko-Rendite-Verhältnisse im Vergleich zu Staatsobligationen. Bereits seit 2009 bestätigt sich diese Einschätzung, denn Hochzinsanleihen schnitten deutlich besser als andere Anlageklassen ab (siehe Grafik 6). Was Rohstoffe betrifft, die per Definition keine expliziten Renditen abwerfen, so ist neben der Preisentwicklung vor allem deren geringe Korrelation zu anderen Anlageklassen von Interesse. Laut Complementa-Studie 20123 Grafik 5: Staatsverschuldung von Schwellenländern und Industrieländern % des BIP

Erweiterung der Renditequellen Über die vergangenen Jahrzehnte haben Pensionskassen hauptsächlich zwischen «Aktien Inland» / «Ausland» sowie «Obligationen Inland» / «Ausland» unterschieden. Teilweise wurden den Portfolios Immobilien, Hedgefonds und Private Equity beigemischt.

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Seit dem Ausbruch der Finanzmarktkrise sehen sich Portfoliomanager gezwungen, vermehrt nach Anlagen zu suchen, die noch attraktive Risiko-Rendite-Eigenschaften besitzen. Vergleichen wir die Zeit vor und seit Beginn der Krise, fällt auf, dass Staatsobligationen entwickelter Volkswirtschaften, die konventionellste aller Renditequellen, heute in zwei Kategorien fallen. Einerseits hochriskante Staatsobligationen der Länder der sogenannten europäischen Peripherie und andererseits solche stabiler Volkswirtschaften mit gutem Rating, deren Obligationen aber sehr niedrige Renditen aufweisen.

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Quelle: IWF, World Economic Outlook; Daten ab 01.01.2012 sind Schätzwerte Grafik 6: Wertentwicklung ausgewählter Anlageklassen – 2002 bis 2012

Absolute Rendite (indexiert auf 100) 300 250 200

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100 So besitzen zum Beispiel hochverzinsliche Obligationen der Schwellenländer gewisse 50 Vorteile, die zuvor Staatsobligationen entwickelter Staaten auszeichneten: stabile, mässig verschuldete Volkswirtschaften als Emittenten (siehe Grafik 5) sowie ansprechende Zinssätze. Ebenso sind Unternehmensobligationen interessant: Die Bilanzen der grösseren USUnternehmen beispielsweise sind von hoher Qualität – das heisst, dass Wertschriften solcher Emittenten den 8

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Welche Alternativen stehen uns in dieser Situation zur Verfügung? Drei bisher kaum beachtete Anlageklassen rücken in dieser Situation stärker in den Vordergrund: • Hochverzinsliche Obligationen von Schwellenländern, • Unternehmensobligationen und • Rohstoffe.

Staatsobli.

Quelle: Vontobel Asset Management, Bloomberg 3 «Zur aktuellen Lage schweizerischer Pensionskassen», Complementa Investment-Controlling AG, September 2012


wurden von Schweizer Pensionskassen zuletzt im Durchschnitt lediglich 2,0% in Rohstoffe investiert. Die Pensionskassen müssen mit ihren Stiftungsräten die Lockerung der Anlagerichtlinien und die Erweiterung der Anlageklassen aufnehmen, um die Anlageflexibilität und das Risikomanagement zu verbessern. Fokus auf Portfoliokonstruktion und aktives Risikomanagement In der Vergangenheit entfiel der Grossteil des Aufwands bei der Balanced-Anlage in der Regel auf Prognosen für makroökonomische Indikatoren und zu erwartende Anlagerenditen. Diese Zeit fehlte bei der Konstruktion von Portfolios, mit denen sich in Schockphasen der Märkte das Kundenvermögen besser gegen grosse Verluste absichern lässt. Denn gerade das Vermeiden von Verlusten ist wichtiger als eine reine Optimierung der Rendite. Ein robustes Kundenportfolio ist ultimatives Ziel bei der Portfoliokonstruktion. Was bedeutet «robust»? In erster Linie geht es darum, die langfristigen Eigenschaften von Anlageklassen genau zu verstehen. «Robustheit» heisst dabei, die Anlageklassen in dem jeweiligen Marktumfeld zu identifizieren, die echt diversifizierend sind und zur stetigen Entwicklung des Portfolios («Persistenz») beitragen.

Das jeweils robusteste Portfolio wird schliesslich umgesetzt. Ebenso wichtig ist es, jene Elemente zu bestimmen und einzubauen, die ein typischerweise aktienlastiges Portfolio wirklich diversifizieren können. Bei der Betrachtung zum Beispiel der Entwicklung des US-Aktienmarktes seit 1980 lassen sich 17 Phasen mit Rückschlägen von über 10% identifizieren (siehe Grafik 7). Nennenswerte positive Renditen erzielten in dieser Phase einzig US-Staatsobligationen mit 30-jähriger Laufzeit. Es mag kontraintuitiv sein, in Zeiten von Niedrigzinsrekorden in langlaufende Staatsobligationen zu investieren. Will man jedoch die Performance eines Multi-Asset-Class-Portfolios glätten, ergibt eine Anlage aus dieser Optik derzeit durchaus Sinn. Auch Rohstoffe eigneten sich in den 1970er-Jahren zur Diversifikation: In acht von neun Perioden mit stark negativer Aktienperformance schafften sie einen Ausgleich. Neben dem Fokus auf Portfoliokonstruktion ist es zukünftig entscheidender denn je, permanent die Risiken der verschiedenen Anlageklassen in den Portfolios im Blick zu haben. Nur so sind eine aktive Steuerung der Portfolios und eine Anpassung der Konstruktion möglich. Das Halten von zu viel oder zu wenig Anteilen der einen oder anderen Anlageklasse kann sich negativ auf das Portfolio auswirken.

Grafik 7: Diversifikation Aktienrisiko – in disinflationärem Regime der 1980er-Jahre (mit AAA-Staatsobligationen) und im inflationären Umfeld der 1970er-Jahre (mit Rohstoffen)

US-Staatsobligationen: Disinflationäres Investmentregime S&P 500 Drawdown von 10% und mehr Datum hoch

Datum tief

Renditedifferenz hoch/tief

08.02.1980 28.11.1980 07.10.1983 21.08.1987 13.07.1990 17.07.1998 16.07.1999 24.03.2000 01.09.2000 18.05.2001 04.01.2002 23.08.2003 12.10.2007 16.05.2008 02.01.2009 13.04.2010 07.07.2011

18.04.1980 06.08.1982 15.06.1984 04.12.1987 12.10.1990 09.10.1998 15.10.1999 14.04.2000 06.04.2001 21.09.2001 19.07.2002 04.10.2002 14.03.2008 21.11.2008 06.03.2009 02.07.2010 03.10.2011

-14.8% -26.2% -12.7% -33.3% -18.3% -17.1% -12.1% -11.2% -25.8% -25.2% -27.7% -14.9% -17.5% -43.9% -26.7% -16.0% -18.8%

Rendite USStaatsobli. -7.8% 16.1% -7.9% 1.5% -2.3% 5.6% -3.5% 2.7% 7.5% 5.4% 7.8% 4.7% 10.9% 13.0% -7.7% 11.9% 24.5%

Rohstoffe: Inflationäres Investmentregime S&P 500 Drawdown von 10% und mehr Datum hoch

Datum tief

Renditedifferenz hoch/tief

Rendite Rohstoffe

02.01.1970 23.04.1971 05.01.1973 12.10.1973 15.03.1974 08.11.1974 27.06.1975 31.12.1976 08.09.1978

22.05.1970 19.11.1971 06.07.1973 08.02.1974 04.10.1974 06.12.1974 12.09.1975 03.03.1978 17.11.1978

-22.3% -12.0% -15.5% -17.1% -37.2% -13.2% -12.1% -18.6% -11.6%

5.4% 10.1% 31.1% 19.1% 37.7% -5.4% 22.9% 17.9% 5.4%

Negativ, aber besser als S&P 500 Positiv und besser als S&P 500

Negativ, aber besser als S&P 500 Positiv und besser als S&P 500 Quelle: Bloomberg, US-Staatsobligationen mit 30-jähriger Laufzeit 9


Die Portfoliomanager sollten zu jedem Zeitpunkt ein genaues Verständnis über den Risikobeitrag jeder einzelnen Anlageklasse haben. Äusserst wichtig ist auch eine intelligente Interpretation der Daten. Insofern sind Investitionen in Expertenwissen und spezialisierte Systeme ein zentraler Erfolgsfaktor. Was ist die neue Benchmark? Wie sehen die Lösungen im skizzierten Umfeld aus? Wir empfehlen einerseits einen neuen Fokus: Die Konstante sollte nicht die Struktur des Portfolios («Benchmark», wie z.B. «BVG 40»), sondern die individuellen Vorgaben der Pensionskasse hinsichtlich ihrer Risikofähigkeit und Renditebedürfnisse sein. Dabei müssen beide Komponenten gleich gewichtet werden, das heisst, dass neben Renditeauch Risikoziele in den Anlageauftrag einfliessen.

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Dabei sollte das Risiko zum Beispiel als maximal möglicher Verlust über einen bestimmten Zeitraum definiert werden. Zentrale Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung eines solchen Ansatzes sind minimale Restriktionen bei der Portfoliokonstruktion. Die Benchmark definiert sich dann nicht mehr über Anlageklassen, sondern über den Risikoappetit und implizit abgeleitete Renditeerwartungen. Die Marktbenchmark verändert sich somit zur Kundenbenchmark. Auch Kunden, die weiterhin bevorzugen, ihr Portfolio entsprechend einer vorgegebenen Benchmark zu steuern, empfehlen wir, diese zuvor erläuterten Elemente als zusätzliche Instrumente einzusetzen, um die Portfoliorendite zu optimieren.


Der Ansatz von Vontobel: Multi-Asset-Class-Management 2.0 Investiert werden sollte in Strategien und Vermögensverwalter, die die in den vorangegangenen Abschnitten betrachteten Elemente glaubwürdig umsetzen. Dies bedarf einer sorgfältigen Überprüfung. Der Anleger wird also nicht umhinkommen, sich zu informieren, abzuwägen und Entscheidungen zu treffen. Hierbei spielen die Unternehmenskultur des Vermögensverwalters und seine Fähigkeit, einen bestimmten Ansatz zu verfolgen, eine Rolle. Besteht einmal Klarheit über diese Aspekte, verringert sich das Risiko kostspieliger Wechsel des Vermögensverwalters. Zentral für die Auswahl von Anlageverwaltern sind drei Faktoren: • Expertise und Team, • aktives Risikomanagement sowie • Track Record. Vontobel ist einer der erfolgreichsten aktiven Verwalter von Balanced- und Multi-Asset-Class-Portfolios für institutionelle Kunden in der Schweiz. Wir haben unseren Ansatz über die letzten Jahrzehnte kontinuierlich weiterentwickelt und werden im Folgenden kurz darauf eingehen, wie wir Multi-Asset-Class-Portfolios verwalten und die Erkenntnisse aus den Krisen der letzten Zeit in unseren Ansatz integriert haben. Risiko als Steuerrad Wenn wir Portfolios entsprechend dem Risiko-ErtragsProfil eines Kunden optimieren, bezeichnen wir dies als «Outcome Driven Investments»-Ansatz. Dabei liegt der Fokus auf der Renditemaximierung des Portfolios auf Basis eines strikt einzuhaltenden Risikobudgets. Veränderungen im Marktumfeld führen zu einem Drehen an der «Risikoschraube». Daraus wiederum ergibt sich eine gewollte Dynamik in der Grundstruktur des Portfolios, denn wir gewichten eine Anlageklasse entsprechend ihrem Beitrag zum Gesamtrisiko des Portfolios. Das Festhalten an starren Portfolios und lediglich geringfügige Abweichungen von dieser einmal festgelegten Allokation («Benchmark») sind aus dieser Optik obsolet. Als Risikomass und gleichsam als Wegweiser dient uns dabei der «Value at Risk»

(VaR). Um für sämtliche Marktszenarien gewappnet zu sein, haben wir sehr grosse Bandbreiten bei der Allokation – wir können beispielsweise ganz auf ein Engagement in einer Anlageklasse verzichten. Dies befreit uns von potenziell schädlichen Investitionszwängen und führt zu einer beträchtlichen Flexibilität. Unser Prinzip, ausschliesslich in liquide Anlagen zu investieren, unterstreicht diesen Flexibilitätsanspruch. Indem wir Investitionsbandbreiten pro Anlageklasse ausschöpfen, verfügen wir über eine Vielzahl möglicher Portfolios, die sich alle durch eine grosse «Robustheit» auszeichnen. Dieser Anlageprozess bei Vontobel besteht aus drei Schritten (vergleiche Grafik 8): «Definieren», «Konstruieren» sowie «Anlegen». Im ersten Schritt werden auf Basis der Nutzenfunktion des Kunden das Risikobudget und die entsprechende Investmentperiode definiert, zum Beispiel ein maximaler Verlust von 5% über ein Kalenderjahr. Der Bezug auf ein Kalenderjahr kann insofern zentral sein, da sich dieser Zeitraum mit dem typischen Reportingzyklus der Pensionskassen deckt. Die Stufe «Konstruieren» umfasst eine Optimierung, die zu einem robusten Referenzportfolio führt. Der Schritt «Anlegen» beschreibt die Beobachtung und Anpassung der Anlagestrategie. Hierbei geht es darum, das Portfolio ständig weiterzuentwickeln, gute Anlageideen zu suchen und schlechte Ergebnisse zu verhindern. Der Anlagehorizont beträgt dabei sechs bis 18 Monate. Nichtsdestotrotz spielen auch kurzfristige Elemente eine Rolle. Sie sind vor allem bei der Wahl des Zeitpunkts eines Engagements («Timing») sowie bei hoher Volatilität relevant. In diesem Fall kommt eine weitere Betrachtungsweise, die auf Vorhersagen von Marktentwicklungen über mehrere Wochen bis hin zu sechs Monaten basiert, zum Tragen. Wir versuchen dabei, den Risikoappetit der Marktteilnehmer vorherzusehen und gewinnbringend zu nutzen. In enger Zusammenarbeit mit dem Strategieteam untersuchen unsere Portfoliomanager fortlaufend die aktuelle Risikolandschaft. Sobald wir einen «Regimewechsel» ausmachen, erfolgen Anpassungen in der Grundstruktur des Referenzportfolios.

Grafik 8: Anlageprozess «Outcome Driven Investments»

Definieren

Konstruieren

Anlegen

Nutzenfunktion erkennen, Risikobudget ableiten

Robustes Referenzportfolio entsprechend Marktumfeld konstruieren

Ertrags- und risikoorientiert Portfolio aktiv verwalten

Quelle: Vontobel Asset Management 11


Benchmark als Steuerrad Viele dieser Elemente, wie der Stellenwert des RisikoErtrags-Profils, lassen sich auch in der «relativen Welt» – im Vordergrund stehen hier nicht ein maximaler Verlust («Drawdown») des Kunden, sondern oftmals die maximale/minimale Über- und Untergewichtung einzelner Anlageklassen – anwenden. Für den Portfoliomanager stellt sich die Frage, mit welchen Anlagen er welchen Teil des Risikobudgets ausschöpft. Die Entwicklung der relativen Preise und der entsprechenden Korrelationen sind auch in der benchmarkorientierten Welt zentral. Wir sind der Überzeugung, dass auch ein umfassendes Verständnis der Korrelationen und des Risikoprofils einzelner Positionen oder Anlageklassen einen entscheidenden Mehrwert für das benchmarkorientierte Portfoliomanagement darstellt.

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Dieses Verständnis erlaubt uns, Risiko und Rendite bewusster zu steuern. Die in den Anlagerichtlinien gesetzten Limiten bezüglich maximaler/minimaler Gewichtungen können so wesentlich effizienter und gewinnbringender genutzt werden. Auch in Zukunft werden Anlageentscheide nicht ohne abschliessende qualitative Einschätzung möglich sein. Hierbei geht es um die Fähigkeit, eine aussergewöhnliche Marktentwicklung als potenziell gewinnbringende Ineffizienz zu deuten oder in ihr den «Regimewechsel» zu erkennen, der unter Umständen eine weitreichende Umstrukturierung der Anlagen nach sich zieht. Die gebündelte Erfahrung unserer Experten bei der Beurteilung des Risiko-Ertrags-Umfeldes macht hier den Unterschied.


Autoren dieser Publikation

Christophe Bernard Chefstratege der Vontobel-Gruppe und Vorsitzender des Anlageausschusses von Vontobel Asset Management Christophe Bernard stiess im Februar 2012 zu Vontobel und ist Leiter der Balanced-/Multi Asset Class (MAC)-Boutique. Ferner ist er Vorsitzender des Anlageausschusses. Von 2005 bis 2012 war er bei der Union Bancaire Privée tätig, wo er Chief Investment Officer sowie Mitglied des Geschäftsleitungsausschusses der Bank war. Von 1991 bis 2005 arbeitete Christophe Bernard für die Deutsche Asset Management (DeAM), wo er zwischen 1997 und 1999 Leiter des Equity Portfolio Managements war. Im Jahr 2000 wurde er CIO der Filiale in Frankfurt und 2005 CIO für Europa. Christophe Bernard verfügt über einen Abschluss der Universität ESSEC in Paris in den Bereichen Corporate Finance, Financial Statements und Securities Markets.

Alan Zlatar Head of Multi Asset Class Investments Alan Zlatar ist im Mai 2012 als Head of Multi Asset Class Investments und Deputy Head of Group Investment Strategy zu Vontobel Asset Management gestossen. Bevor er seine Tätigkeit bei Vontobel aufnahm, arbeitete er von 2008 bis 2011 als Leiter Portfolio Management in der Schweizer Niederlassung der Deutschen Bank. In dieser Funktion war er für das Investmentteam verantwortlich, das ausgewogene Multi-Currency-Portfolios, Aktien, Anleihen und indirekte Schweizer Immobilienanlagen verwaltete. Darüber hinaus war er Mitglied des Global Investment Committee von Private Wealth Management der Deutschen Bank. Zuvor war Alan Zlatar Mitglied der Geschäftsleitung und CIO der Privatbank Rüd, Blass & Cie AG. Er war für die Entwicklung und Leitung der Bereiche Portfoliomanagement und Research verantwortlich. Davor war er in unterschiedlichen Funktionen bei Zurich Financial Services, Julius Bär Group Ltd. und Credit Suisse Asset Management tätig. Alan Zlatar verfügt über einen Bachelor of Arts in Wirtschaftspolitik der Universität Genf und arbeitete an Forschungsprojekten in International Economics und Economic History an der University of Oxford.

Arpad Pongracz Head of Outcome Driven Investments Arpad Pongracz stiess im Mai 2012 als Head of Outcome Driven Investments des Bereichs Multi Asset Class zu Vontobel Asset Management. Bevor er für Vontobel tätig wurde, war Arpad Pongracz von 2010 bis 2012 Head of Global Balanced Solutions bei UBP. In dieser Funktion erarbeitete er die InvestmentStrategie und verwaltete globale Multi-Asset-Portfolios für institutionelle Kunden und Privatkunden. Er war überdies Deputy Head of Asset Allocation Committee des Bereichs Asset Management. Arpad Pongracz war von 2008 bis 2010 Head of Total Return Direct Strategies bei Credit Suisse, wo er die Total Return Funds und Portfolios verwaltete, die aus Single Lines, ETFs sowie aus allen Anlageklassen bestehenden Fonds zusammengesetzt waren. Davor war er für Lombard Odier & Cie und Soros Fund Management tätig, wo er CoManager des Quantum Funds war. Arpad Pongracz verfügt über einen Bachelor of Arts in Wirtschaft der Universität Toronto und ist CFA-Charterholder. 13


Spezial-Report (Aon Hewitt): Herausforderungen für Pensionskassen und Unternehmen Martin Siegrist, Pascal Renaud* Das Marktumfeld ist für die Schweizer Pensionskassen bereits seit mehreren Jahren äusserst anspruchsvoll. Die Tiefzinsphase bestraft generell Personen und Institutionen, die Gelder ansparen. Davon sind die Vorsorgeeinrichtungen der zweiten Säule in besonderem Masse betroffen. Zudem schränken enge gesetzliche Rahmenbedingungen und politische Forderungen den Handlungsspielraum der Pensionskassen immer weiter ein. Zu guter Letzt wird auch das überarbeitete Regelwerk von IAS 19, gemäss dem börsenkotierte Unternehmen ihre Vorsorgeverpflichtungen bilanzieren müssen, Auswirkungen auf die Schweizer Vorsorgelösungen haben. Alle diese Aspekte werden in diesem Kapitel näher beleuchtet. Tiefzinsphase belastet Pensionskassen Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: In den letzten zehn Jahren hat eine Pensionskasse eine Rendite von durchschnittlich 3,3% erzielt, wenn sie die Anlagen gemäss dem Pictet BVG Index 25 plus investiert hätte. Bei diesem Index wird davon ausgegangen, dass eine Pensionskasse 65% ihres Vermögens in Obligationen, 20% in Aktien, 10% in Immobilien sowie je 2,5% in Hedgefonds und Private Equity investiert. Bei einem höheren Aktienanteil von 30%, wie er beim Pictet BVG Index 40 plus angenommen wird, lag die durchschnittliche Anlagerendite in den letzten zehn Jahren sogar nur bei 2,72%. Noch trüber lauten die Ergebnisse, wenn nur die letzten fünf Jahre berücksichtigt werden. Gemäss Pictet BVG Index 25 plus resultierte in den letzten fünf Jahren eine durchschnittliche Anlagerendite von 1,36%. Gemäss Pictet BVG Index 40 plus ergab sich in den letzten fünf Jahren sogar eine negative durchschnittliche Anlagerendite von –0,55%. Viele Schweizer Pensionskassen investieren ihr Vermögen mit einer Aktienquote, die zwischen 20% und 30% liegt, wie dies in oben erwähnten Indizes eingerechnet ist. Angesichts dieser tiefen Anlagerenditen verwundert es nicht, dass sich viele Schweizer Vorsorgeeinrichtungen in Schieflage befinden. Denn der Grossteil der Vorsorgeeinrichtungen hätte über den Zeitraum der letzten fünf bis zehn Jah-

re für die Erfüllung der eingegangenen reglementarischen Leistungsverpflichtungen durchschnittliche, jährliche Anlagerenditen von 3,5% und mehr benötigt, um langfristig im finanziellen Gleichgewicht zu bleiben. Die Folge davon ist, dass der Deckungsgrad, der das verfügbare Vermögen zu den Vorsorgeverpflichtungen ins Verhältnis setzt, über die letzten Jahre gesunken ist. Gemäss der jüngsten Pensionskassenstatistik 2010 wiesen per 31.12.2010 gut 30% der Pensionskassen einen Deckungsgrad von über 110% aus, während knapp 20% in Unterdeckung waren und rund 50% zwischen 100% und 110%. Das Bild dürfte sich nach einem wenig erfolgreichen Jahr 2011 heute in etwa gleich präsentieren. Wenn der Deckungsgrad als Fiebermesser für die Gesundheit einer Pensionskasse resp. des ganzen Systems verwendet werden soll, ist allerdings nicht ausser acht zu lassen, dass über 90% der Pensionskassen ihre Rentenverpflichtungen mit einem technischen Zinssatz von über 3% bewerten und sich die tatsächliche finanzielle Lage für Pensionskassen mit hohen Rentenverpflichtungen wesentlich düsterer darstellt. Höhe des Deckungsgrads hängt vom technischen Zinssatz ab Um die hohen technischen Zinssätze erwirtschaften zu können, müssen die Vorsorgeeinrichtungen Anlagerisiken eingehen. Da laufende Renten nicht gekürzt werden können, muss das Anlagerisiko einer Pensionskasse vollumfänglich von den aktiven Versicherten und vom Arbeitgeber getragen werden. Diese Situation kann nur entschärft werden, wenn die technischen Zinssätze auf marktübliche Werte reduziert werden und die neuen Leistungsversprechungen entsprechend angepasst werden. Laufende Rentenverpflichtungen wären entsprechend mit der Rendite risikoloser Anlagen zu bewerten, was beispielsweise für eine zehnjährige Bundesobligation per Ende Juli 2012 rund 0,5% entsprach. Im Vergleich zu einer Bewertung mit einem technischen Zinssatz von 3,0% ergibt sich dadurch ein rund 28% hö-

«Viele Schweizer Vorsorgeeinrichtungen stehen vor grossen Herausforderungen.» 14


Tabelle 1: Deckungsgrad in Abhängigkeit vom technischen Zinssatz

Techn. Zinssatz Vorsorgevermögen Sparkapital Aktive Vorsorgekapital Rentner Wertschwankungsreserven / Unterdeckung Deckungsgrad (A / B x 100)

3.00% 210'000000 100'000000 100'000000 10'000000

2.50% 210'000'000 100'000'000 105'000'000 5'000'000

2.00% 210'000'000 100'000'000 110'250'000 -250'000

1.50% 210'000'000 100'000'000 115'763'000 -5'763'000

1.00% 210'000'000 100'000'000 121'551'000 -11'551'000

0.50% 210'000'000 100'000'000 127'629'000 -17'629'000

105.0%

102.4%

99.9%

97.3%

94.8%

92.3%

Quelle: Aon Hewitt

heres Vorsorgekapital für die Rentner. Je nach Anteil der Rentner am Vorsorgekapital verschlechtert sich der Deckungsgrad der Vorsorgeeinrichtung entsprechend. In der aktuellen Situation erfolgen aufgrund der von den Pensionskassen eingegangenen Leistungsverpflichtungen in der zweiten Säule massive Umverteilungen von den aktiven Versicherten zu den Rentenbezügern. Um diese Umverteilungen zu stoppen, werden die Pensionskassen nicht darum herumkommen, ihre technischen Zinssätze in den kommenden Jahren zu senken. Inwiefern sich der Deckungsgrad einer Vorsorgeeinrichtung verändert, wenn der technische Zinssatz gesenkt wird, hängt von der Versichertenstruktur ab. Je grösser der Anteil des Vorsorgekapitals der Rentner am gesamten Vorsorgekapital ist, desto mehr reduziert sich der Deckungsgrad und damit vermeintlich auch die Gesundheit der Pensionskasse, wenn der technische Zinssatz gesenkt wird. Tabelle 1 zeigt an einem vereinfachten, fiktiven Beispiel, wie sich zwar der Deckungsgrad ändert, wenn der technische Zinssatz gesenkt wird. Da sich die Leistungsverpflichtungen durch die Bewertung der laufenden Renten mit einem höheren oder tieferen technischen Zinssatz nicht verändern, ist die tatsächliche finanzielle Lage jedoch immer die Gleiche. Der Einfachheit halber wurden in diesem Beispiel keine technischen Rückstellungen berücksichtigt. Zu beachten ist weiter, dass viele Pensionskassen heute Periodentafeln anwenden, die sich zur Bestimmung der Lebenserwartung auf die Beobachtung der letzten fünf bis zehn Jahre abstützen. Die Kosten zur Finanzierung der Mehrausgaben an Renten, die mit der künftig steigenden Lebenserwartung einhergehen, werden heute vielfach aus den jährlichen Kapitalerträgen finanziert. Stattdessen könnten die Vorsorgeverpflichtungen aber auch mittels Generationentafeln bewertet werden, die die künftig steigende Lebenserwartung mittels eines mathematischen Modells bereits berücksichtigen. Die Anwendung von Generationentafeln führt zu einer Erhöhung der Vorsorgever-

pflichtungen von rund 5%, was in etwa der Senkung des technischen Zinssatzes um 0,5%-Punkte entspricht. Vorteile der martknahen Bewertung der Vorsorgeverpflichtungen Eine marktnahe Bewertung der Vorsorgeverpflichtungen und die Verwendung von Generationentafeln führt zu einer transparenten Darstellung der tatsächlichen finanziellen Lage, und das verantwortliche Organ kann damit seine Führungsaufgabe informiert wahrnehmen. Führt diese Bewertungsmethodik zu einer Unterdeckung, sind die gesetzlich vorgesehenen Massnahmen einzuleiten. Es ist verständlich, dass die verantwortlichen Stiftungsräte bei einschneidenden Sanierungsmassnahmen zurückhaltend sind. Einerseits führt der Verzicht resp. die Reduktion der Verzinsung des Sparkapitals der aktiven Versicherten bei den älteren Versicherten zu erheblichen Leistungseinbussen, während die Rentner den in ihrem Vorsorgekapital eingerechneten technischen Zinssatz jährlich «erhalten» resp. ihr Vorsorgekapital bei einer Reduktion des technischen Zinssatzes zulasten der Pensionskasse erhöht werden muss. Zudem belasten Sanierungsbeiträge allenfalls über mehrere Jahre das Unternehmensergebnis und laufen Kostensenkungsmassnahmen entgegen. Werden diese Massnahmen aber nicht rechtzeitig eingeleitet, besteht die Gefahr, dass sich die finanzielle Lage vieler Vorsorgeeinrichtung schleichend verschlechtert und ein noch möglicher Interventionszeitpunkt verpasst wird. Vor allem ist die Gefahr gross, dass auch der wichtigste Parameter zur Bestimmung der neuen Altersrenten, der Umwandlungssatz, nicht, zu wenig schnell oder zu spät den aktuellen Gegebenheiten angepasst wird und weiterhin Leistungsverpflichtungen auf zu hohem Niveau eingegangen werden. Fehlender politischer Wille zur Anpassung der Umwandlungssätze Der Umwandlungssatz wird massgeblich vom technischen Zinssatz und der Lebenserwartung beeinflusst. Je tiefer der 15


technische Zinssatz und je höher die Lebenserwartung ist, umso tiefer fällt der versicherungstechnisch korrekte Umwandlungssatz aus. Unter der Annahme, dass neben der Altersrente eine Ehegattenrente von 60% der Altersrente mitversichert ist, ergibt sich bei einem technischen Zinssatz von 2,0% und der Verwendung der Generationentafel BVG 2010 ein Umwandlungssatz von rund 5,0%, wenn ein Mann mit Jahrgang 1947 im Alter von 65 Jahren in Pension geht. Demgegenüber beträgt der Umwandlungssatz für die Leistungen gemäss BVG-Minimum für einen Mann, der 2012 im Alter von 65 Jahren pensioniert wird, 6,9%. Dieser Wert liegt somit um beinahe 40% über jenem Umwandlungssatz, der gemäss den heutigen Marktbedingungen angemessen wäre. Will somit eine Vorsorgeeinrichtung einen Umwandlungssatz von 5,0% im Alter 65 festlegen und trotzdem die gesetzlichen Mindestleistungen erfüllen, muss das reglementarische Alterskapital im Alter 65 dasjenige gemäss BVG-Minimum um rund 40% übersteigen. Der Umwandlungssatz gemäss BVG-Minimum wird zwar bis 2014 auf 6,8% sinken, eine weitere Reduktion auf 6,4% hat die Schweizer Stimmbevölkerung 2010 wuchtig verworfen. Wenn verhindert werden möchte, dass bei Pensionskassen weiterhin im grossen Stil eine Umverteilung von den aktiven Versicherten zu den Neurentnern stattfindet, muss der Umwandlungssatz gemäss BVG-Minimum gesenkt werden oder dieser muss anderweitig, beispielsweise durch zusätzliche Beiträge, finanziert werden. Der fehlende politische Wille, einschneidende Änderungen vorzunehmen, um das System der beruflichen Vorsorge langfristig wieder auf solide Beine zu stellen, stellt für die Pensionskassen eine grosse Herausforderung dar. Erfahrungsgemäss hinkt die Politik den notwendigen Entwicklungen hinterher. Als Beispiel kann der Bericht des Bundesrats über die Zukunft der zweiten Säule genannt werden, der im Dezember 2011 veröffentlich worden ist. So wird darin mehrmals erwähnt, dass ein Umwandlungssatz von 6,4% ab 2015 als angemessen gilt, und es wird unter anderem davon ausgegangen, dass der technische Zinssatz heute eher bei 3,5% als bei 4,0% liegen sollte. Einflüsse durch internationale Rechnungslegungsstandards Die internationalen Rechnungslegungsstandards, allen voran IFRS und US-GAAP, beeinflussen die Entwicklung der beruflichen Vorsorge in der Schweiz immer stärker. Im Bestreben, die Vorsorgeverpflichtungen zu reduzieren, die die Unternehmen in ihren Jahresrechnungen nach IFRS und US-GAAP ausweisen müssen, werden die Schweizer Vorsorgelösungen angepasst. So versuchen immer mehr Unternehmen, die Anlagerisiken für die Lohnteile von aktiven Versicherten, die CHF 125’280.– übersteigen, voll16

umfänglich an die Arbeitnehmer zu übertragen. Dies bedeutet, dass die Versicherten zwischen verschiedenen Anlagestrategien wählen können, im Gegenzug aber das Anlagerisiko vollständig selber tragen müssen. Vielfach werden in diesen Vorsorgeplänen auch nur noch Kapitalleistungen versichert. Der Vorteil für die Unternehmen besteht darin, dass sich die Vorsorgeverpflichtungen nach US-GAAP resp. nach IFRS reduzieren lassen. Dies wird umso wichtiger, als die Korridormethode im Regelwerk von IAS 19 nur noch bis 31.12.2012 zugelassen ist. Mittels Korridormethode musste die effektive Unterdeckung aus der Bewertung nach IAS 19 nur im Anhang ausgewiesen werden, da aufgelaufene, noch nicht amortisierte aktuarielle Verluste mit der Unterdeckung verrechnet werden konnten. Ab. 1.1.2013 muss auch nach IAS 19 die effektive Nettoverpflichtung in der Bilanz aufgeführt werden, und die jährlich anfallenden aktuariellen Gewinne und Verluste, die sich sowohl aus den Annahmen- und Bestandesveränderungen als auch aus der effektiv erwirtschafteten Anlagerendite ergeben, werden jährlich in einem Unterkonto des Eigenkapitals, dem sogenannten «Other Comprehensive Income», verbucht. Diese Regeländerung kann bei einzelnen Unternehmen Auswirkungen auf Kreditverträge mit Banken haben, da sich das Eigen- und Fremdkapitalverhältnis der Unternehmensbilanz verändern wird. Eine weitere bedeutende Neuerung besteht darin, dass der erwartete Anlageertrag anhand des Diskontierungssatzes, der für die IAS-19-Berechnung massgebend ist, ermittelt wird. Bis anhin wurde der Anlageertrag mittels der erwarteten Anlagerenditen pro Anlageklasse und aufgrund der Anlagestrategie der Vorsorgeeinrichtung festgelegt. Der erwartete Anlageertrag lag somit bisher je nach Anlagestrategie deutlich über dem Diskontierungssatz, mit dem die jährlichen Zinskosten berechnet wurden, und führte dadurch zu einer Entlastung der Vorsorgekosten nach IAS 19. Zudem muss neu in der Berechnung der Vorsorgeverpflichtung nach IAS 19 eine Annahme zur künftigen Entwicklung der Sterblichkeit getroffen werden, was beispielsweise mittels Generationentafeln erreicht werden kann. Dadurch werden sich sowohl die Vorsorgeverpflichtung als auch die Vorsorgekosten nach IAS 19 erhöhen. Insgesamt ist davon auszugehen, dass die Unternehmen nicht zuletzt aufgrund der anstehenden Regeländerungen gemäss IAS 19 versuchen werden, in ihren Vorsorgelösungen vermehrt sowohl einen Teil der Anlagerisiken als auch der versicherungstechnischen Risiken an die Arbeitnehmer zu übertragen.


Schlussfolgerungen Viele Schweizer Vorsorgeeinrichtungen stehen vor grossen Herausforderungen hinsichtlich der langfristigen Sicherung der bisherigen und zukünftigen Leistungsversprechungen und des finanziellen Gleichgewichts. Je eher diese angegangen werden, umso mehr Handlungsoptionen bestehen, damit die Pensionskassen allen ihren Versicherten langfristig gute und zuverlässige Leistungen bieten können und die Umverteilung zwischen den einzelnen Destinatärsgruppen auf ein erträgliches und allgemein akzeptiertes Mass beschränkt werden können. Die verantwortlichen Organe werden nicht darum herumkommen, auch einschneidende Änderungen vorzunehmen.

* Die Autoren sind eidg. dipl. Pensionsversicherungsexperten bei Aon Hewitt. Aon Hewitt ist weltweit führender Anbieter von Human-Resources-Lösungen. Das Unternehmen unterstützt seine Kunden bei der Lösung von komplexen Fragen rund um Benefits, Talente und damit verbundene finanzielle Herausforderungen zur Verbesserung ihrer Geschäftsergebnisse. Aon Hewitt ist weltweit mit 29’000 Mitarbeitern in 90 Ländern vertreten. In der Schweiz engagieren sich 200 Mitarbeiter an den Standorten Bern, Genf, Neuenburg, Nyon und Zürich. Weitere Informationen über Aon Hewitt finden Sie unter www.aonhewitt.ch.

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Glossar

Benchmark Vergleichindex gemäss Kundendefinition. Deckungsgrad Der Deckungsgrad einer Pensionskasse ist das Verhältnis zwischen dem vorhandenen Vermögen und dem für die Finanzierung der Leistungen benötigten Deckungskapital. Drawdown (maximaler) Der (maximale) Drawdown zeigt den Verlust von einem Höchstbis zu einem Tiefststand während einer bestimmten Zeitperiode an. Der Drawdown wird üblicherweise als Prozentsatz zwischen dem Höhepunkt und dem Tiefpunkt angegeben. Geld- und fiskalpolitische Eingriffe Geldpolitische Eingriffe sind Eingriffe der Notenbank in den Geldmarkt (etwa Liquiditätszufuhr). Die Schweizerische Nationalbank etwa verfolgt mit diesen Eingriffen ihr oberstes Ziel, die Preisstabilität zu gewährleisten und dabei der konjunkturellen Entwicklung Rechnung zu tragen. Fiskalpolitische Eingriffe sind durch den Staat beeinflusste Steuern und Staatsausgaben und dienen dazu, konjunkturelle Schwankungen auszugleichen. Geldmenge Die Notenbankgeldmenge widerspiegelt die Gesamtheit des von der Notenbank geschaffenen Geldes. Sie umfasst damit den gesamten Notenumlauf sowie Giroguthaben der Geschäftsbanken bei der Nationalbank. Generationentafel Generationentafeln liefern Informationen über die künftige Lebenserwartung mittels eines mathematischen Modells. Indexnahe Produkte Bei indexnahen Produkten handelt es sich um Vermögensanlagen (ein Portfolio, einen Fonds oder ein strukturiertes Produkt), welches Wertpapiere meist im Verhältnis zu ihrer Börsenkapitalisierung, also gemäss der Gewichtung eines spezifischen Indexes, enthält oder dessen Wertentwicklung exakt nachbildet. Hedgefonds Hedgefonds sind Anlagevehikel, welche durch eine spekulative Anlagestrategie charakterisiert sind, wobei typischerweise derivative Finanzinstrumente eingesetzt und Leerverkäufe getätigt werden. Hedgefonds sind zudem durch ein breites Anlageuniversum gekennzeichnet, da in sämtliche Anlageklassen investiert werden kann. Kapitalkosten Unter Kapitalkosten werden die Kosten für das zur Verfügung gestellte Kapital verstanden. Kapitalkosten sind insbesondere für die Bewertung von Unternehmen, Geschäftsbereichen und Projekten entscheidend. Korrelation Die Korrelation stellt das Mass für die Gemeinsamkeit der Schwankungen von zwei Anlagen dar und kann Werte (Korrelationskoeffizienten) zwischen –1 (perfekt gegenläufige Schwankungen) und +1 (perfekt gleichläufige Schwankungen) annehmen. Liquiditätszufuhr Siehe geld- und fiskalpolitische Eingriffe. Marktregime Mittel- bis langfristige Marktphase bestimmt durch Faktoren, wie z.B. Volatilität, Korrelation oder Zinsniveau, die das Risiko-/Ertragsverhältnis eines Portfolios für eine längere Zeitperiode nachhaltig bestimmen.

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Mindestzinssatz Der Mindestzinssatz ist jener Zinssatz, mit dem die vorhandenen Altersguthaben in der Pensionskasse verzinst werden. Er wird vom Bundesrat festgelegt und periodisch überprüft. Multi-Asset-Class-Anlage Eine Multi-Asset-Class-Anlage ist ein Produkt, das in verschiedene Anlageklassen wie Aktien, Obligationen oder Immobilien investiert. Passive Anlagen Siehe indexnahe Produkte. Persistenz Stetiger Verlauf eines Portfolios, d.h. nach oben gerichtete Rendite-Entwicklung mit geringer Wertschwankung in normalem Marktumfeld und deren Abfederung (ohne gezielte Absicherungsmassnahmen) in Stressphasen. Portfoliodiversifikation Der Diversifikationseffekt innerhalb eines Portfolios ergibt sich aus dem Korrelationskoeffizienten (siehe Korrelation). Je niedriger die Korrelation der verschiedenen Anlagen innerhalb eines Portfolios, desto grösser ist der Diversifikationseffekt. Private Equity Von privaten und/oder institutionellen Anlegern bereitgestelltes Eigenkapital, mit dem Beteiligungsgesellschaften (Private-EquityGesellschaften) Unternehmensanteile für einen begrenzten Zeitraum erwerben, um eine finanzielle Rendite zu erwirtschaften. Referenzportfolio Mittel- bis langfristige Grundstruktur des Portfolios, die auf Basis des definierten Risiko-Rendite-Profils, der Charakteristika der Anlageklassen und des aktuellen Marktregimes definiert wird. Dabei werden die Gewichtung und Ausgestaltung der enthaltenen Anlageklassen in den jeweiligen Bandbreiten durch unsere proprietäre Anlagetechnik optimiert. Sobald wir einen Marktregimewechsel ausmachen, erfolgt eine Änderung des Referenzportfolios. Das Referenzportfolio minimiert die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Risikobudgets. Regimewechsel Veränderung der gesamtwirtschaftlichen Marktlage, z.B. in Bezug auf Zinsumfeld und Geldmengen, die zu nachhaltigen Veränderungen der Volatilitäten und Korrelationen der Anlageklassen führt. Risikomass Als Risikomass können verschiedene statistische Masse verwendet werden, mit welchen sich beispielsweise das Risiko einer Anlage bestimmen lässt (siehe auch Volatilität). Umwandlungssatz Vom Gesetzgeber festgelegter Prozentsatz, zu dem das insgesamt vorhandene Altersguthaben in Renten für Leistungsempfänger umgewandelt wird. Dieser beträgt bis zum BVG-Minimum derzeit 6,8% und sagt aus, dass die Höhe der Rente pro CHF 100,– Altersguthaben CHF 6,80 beträgt. Value at Risk (VaR) Der Value at Risk ist der Betrag, der innerhalb eines Anlagezeitraums mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit verloren gehen kann. Der Value at Risk misst somit das Verlustpotenzial einer Anlage. Volatilität Statistische Masszahl für die Messung der Wertschwankung einer Anlage.


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Bank Vontobel AG Gotthardstrasse 43 CH-8022 Zürich Telefon +41 (0)58 283 71 11 Telefax +41 (0)58 283 76 50 www.vontobel.com

Dieses Dokument darf nicht an Empfänger verteilt werden, welche Bürger eines Staates sind oder welche in einem Staat domiziliert sind, in welchem die Verteilung dieses Dokuments eine spezielle Lizenz erfordert oder unzulässig ist. Insbesondere darf diese Broschüre nicht an US Personen oder in den USA verteilt oder weitergegeben werden. Jede Verwendung, insbesondere der gesamte oder auszugsweise Nachdruck oder die Weitergabe an Dritte, ist nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung der Bank Vontobel AG gestattet.

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