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Kolumne

Kambodscha – Armenhaus in Südostasien

Einblicke in ein Land voller Gegensätze.

Wir besuchten das Land, in dem Armut und Ungleichheit nebst historischen Kostbarkeiten und landschaftlicher Schönheit starke Kontraste schaffen. Mit einem knatternden Reisebus machten wir einen Tagesausflug durch die Umgebung der Hafenstadt Sihanoukville.

Vor einem schmutzigen Fischerdorf wurden wir angehalten. Die Fischerboote waren vom nächtlichen Fang zurückgekehrt und hatten den ganzen Fang auf den Asphalt gekippt. «Nun waren keine Fischer mehr zu sehen.» Sie müssten nach der nächtlichen Fahrt jetzt schlafen, wurde uns erklärt. Die Sonne brannte heiss und die Fischhaufen entwickelten einen penetranten Gestank. Frauen und alte Männer sortierten die Fischberge mit einer Art Lawinenschaufeln. Als Hobbyfischer bin ich nicht gerade empfindlich, wenn es irgendwo ein

Peter Santschi Brienz

bisschen nach Fisch riecht. Aber das war nun doch zu viel. Ein Reisekamerad sagte angewidert: «Ich werde auf der ganzen Reise keinen Fisch mehr essen können.»

Der nächste Halt war auf einem von Dschungel überwachsenen Hügel. Ein buddhistisches Mönchskloster war dort. Ein in orange gekleideter Mönch begrüsste uns. Als er vernahm, dass wir von «Switzerland» kämen, geriet er in Eifer. Er zeigte eine Statue im Dickicht und sagte, bei dieser verehren sie den «Dottor Richner», der hier in dieser Gegend vier Spitäler betreibe. Er sei leider zurzeit gerade krank und in «Surich». Aber sie hoffen sehr, er werde wieder gesund und bald zurück sein. Man sei ihm so dankbar! Die Klosterglocke begann zu läuten. Es war elf Uhr. Die Mönche durften beginnen, Geld oder Esswaren für ihr Mittagessen zu sammeln. Eilig machte er sich mit seinem Körbchen auf den Weg. Pikantes Detail: Beim Gehen fischte er ein modernes Handy aus dem orangen Mönchsgewand und erzählte seine interessante Begegnung schon seinen Mitbrüdern.

Wir aber wurden auf einen grossen Markt gebracht und tauchten ins Gewimmel. Es gab wohl alles zu sehen und zu kaufen, was man sich auf ei-

«Eine Kambodschanerin zeigte auf meine Hand und sagte: ‹Mani Kuh!› Des Abwehrens müde fragte ich, was es koste. Also gut, dachte ich und streckte die Hände vor, um die Maniküre über mich ergehen zu lassen.»

nem exotischen Markt vorstellen kann. Aber ich hatte nun vorläufig Eindrücke genug. Unten am Wasser fand ich einen verlassenen Stuhl. Der kam mir gerade recht. Ich setzte mich, um mich ein bisschen auszuruhen.

Aber Ruhe war leider eine Illusion: Sofort setzte eine wahrer Rush auf mich ein. Da hagelte es Angebote für Dienstleistungen: Massagen, Einreibungen, Pulver und Öle – zum Verzweifeln! Schon kam eine magere kleine Kambodschanerin, zeigte auf meine Hand und sagte: «Mani Kuh!» Des Abwehrens müde fragte ich, was es koste. «Tri Singapoh Dollah», meinte sie. Nicht ganz drei Franken – also gut, dachte ich und streckte die Hände vor, um die Maniküre über mich ergehen zu lassen. Meine Frau kam zurück und ich bezahlte.

Ich hielt einen Fünfdollarschein hin und deutete, ich wolle noch zwei zurück. Sie lamentierte und wollte noch zwei dazu. Ich streckte drei Finger hoch wie der Stauffacher beim Rütlischwur und rief: «Tri, tri!» Sie schüttelte entrüstet den Kopf, zeigte auf meine Rechte und sagte: «Tri!», dann auf die Linke, «and Tri». Was für ein fieser Trick. Kein Mensch zahlt bei Maniküre die Hände einzeln. Ich schob meine Note wieder in die Hemdtasche und wetterte: «De lah’s la syn!» Innert Sekunden streckte sie mir die zwei Dollarnoten entgegen und wir schieden friedlich. Meine Frau aber schimpfte: «Hättest du ihr das Geld gegeben. Sie hätte es doch nötig.» Ich fand aber, ein so dreistes Betrugsmanöver dürfe nicht noch belohnt werden. Oder was meinen Sie, liebe Leserin, lieber Leser?

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