Zürichsee
Zürichsee-Zeitung rechtes Ufer Montag, 16. April 2007
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Meilen Forstleute obsiegten in rasantem Kampf gegen die moderne Technik
«Der Gottschalk wäre neidisch» Nachdem ein Team im letzten Moment aus der Sendung «Wetten, dass...?» gekippt worden war, führte es seine Wette in Eigenregie durch. Nach gut zwei Minuten stand fest: Wette gewonnen! Regine Imholz Schon lange vor Beginn des Wettkampfes streben Spaziergänger der Waldhütte Waldfrieden am Pfannenstiel entgegen. Sie alle wollen miterleben, ob die Forstleute ihre verrückte Wette gewinnen werden. Das Team um Revierförster Kurt Gujer hatte mit seiner Idee – mit Motorsäge und Wasserkessel eine Kaffeemaschine zu schlagen – beinahe auch das ZDF überzeugt. Doch im letzten Moment bekamen Gujer und seine Leute eine Absage. «Wir ziehen diese Wette trotzdem durch», beschlossen daraufhin die Forstleute kämpferisch und organisierten den Wettkampf in Eigenregie («ZSZ» vom 10. 4). «Das müssen wir einfach sehen», sagt ein junges Paar aus Stäfa, das mit seinen Velos auf den Pfannenstiel gestrampelt ist. «Das ist ja nicht gerade eine alltägliche Sache.» Auch Silvia Akin aus Uetikon wollte diesen Anlass auf keinen Fall verpassen. «Ich habe über
Nach 2 Minuten und 38 Sekunden kochte der Kaffee im Kessel – Wette gewonnen für die Forstleute. (Gerda Liniger) diese Geschichte in der ‹Zürichsee-Zeitung› gelesen», erzählt die Dame. Nun wolle sie sehen, wie das Ganze überhaupt ablaufe. «Ich trau diesen Mannen einen Sieg absolut zu», betont sie. Rösli Menzi von der Guldenen hat ausgiebig vom Angebot der Festwirtschaft Gebrauch gemacht. «Für heute bleibt meine Küche geschlossen», meint sie resolut und wendet sich dem Dessert zu.
Glamour am Pfannenstiel
Die drei Hauptakteure (von links): Felix Egli, Adi Gerber, Ernst Müdespacher.
Kurz vor zwei Uhr ziehen sich die Wettkämpfer zur mentalen Vorbereitung zurück. Während sie alle doch eine gewisse Nervosität verspüren, können die beiden weiteren Akteure – Gemeindepräsident Kurt Hänggi aus Uetikon und Jürg Meier, Vizepräsident am Bezirksgericht Meilen – gelassen auf ihren Auftritt warten. Hänggi tritt als «Gegner» an der Kaffeemaschine an, und Richter Meier fungiert als Schiedsrichter. «Ich bin einfach gespannt, wer hier gewinnen wird», sagt Hänggi schmunzelnd. – Punkt zwei Uhr treten die Wettkämpfer auf den Platz und be-
steigen das Podium. «Thomas Gottschalk wird heute persönlich moderieren», verspricht Speakerin Katrin Müller Fries. Zum Gaudi der Zuschauer betritt darauf der «Vater» der Idee, Kurt Gujer, im Gottschalk-Look die Bühne: Blonde Locken fallen ihm bis auf die breiten Schultern, und ein goldglänzender Frack versprüht echten Glamour am Pfannenstiel. «Der Thommi wäre neidisch geworden», sagt eine amüsierte Zuschauerin lachend. Spannung macht sich breit unter den Zuschauern. Noch ist niemandem so richtig klar, wie denn die Männer mit einer Motorsäge, einem Feuer und einem Topf schneller Kaffee brauen wollen als eine Kaffeemaschine. Auf «Top, die Wette gilt» legen die Männer los, was das Zeug hält. Felix Egli fräst mit seiner kreischenden Motorsäge durch einen Baumstamm, dass die Späne nur so fliegen. Flugs werden diese von Adi Gerber mit einer Schaufel aufgefangen und an den «Heizer» Ernst Müdespacher weitergereicht. Unter dem Kaffeekessel züngeln die ersten Flammen, während Kurt Hänggi an der Kaf-
feemaschine gespannt das Rinnsal beobachtet, das in die Tasse fliesst. Unter den wachsamen Augen von Bezirksrichter Meier ist Gerber bereits am Spaltstock und hackt Kleinholz fürs Feuer. Es dampft und raucht aus allen Rohren. Alles geht in solch rasender Geschwindigkeit vor sich, dass die Zuschauer den Ablauf kaum mitverfolgen können.
Ein anstrengender Ehemann Nach 2 Minuten und 38 Sekunden steht der Sieger fest: «Wette gewonnen!» Riesenapplaus brandet auf. Die Forstleute haben in einem genialen Wettkampf ihre Überlegenheit bewiesen. Erleichterung macht sich unter den Lokalmatadoren breit. «Die Ideen meines Mannes sind tatsächlich manchmal etwas anstrengend», erklärt Maya Gujer. So schnell werden die Sieger das Fest nicht verlassen. «Jetzt ist Feiern angesagt», erklären sie unisono. Welcher der beiden Kaffees besser schmeckte, entzieht sich der Kenntnis der Schreibenden. Die vollen Tassen wurden als «Beweismittel» sichergestellt.
Maur Die Pfadi drehte am Samstag in Zürich und auf der Forch zwei Kinospots
«Im Kino zu sehen zu sein, ist schon spassig» «Schreiben und nicht in die Kamera schauen», hiess es am Samstag für 18 Pfadis der Abteilung Maur im Schulhaus Balgrist in Zürich: Dort wurde der eine von zwei Kinowerbespots gedreht.
Schliesslich würde man im Spot ja nur die Bewegung der Hände sehen.
Profis und Freiwillige am Werk
Theres Ruef Die Pfadibewegung Schweiz hatte für ihr 100-Jahr-Jubiläum einen Wettbewerb für zwei Kinowerbespots ausgeschrieben, den die Pfadi Maur gewann. Die ausgewählten Spots wollen nicht die Pfadiaktivitäten illustrieren, sondern sozusagen das «Resultat» anstrengender samstäglicher Übungen und Lager: müde Pfadis, die in der Schule und zuhause den versäumten Schlaf nachholen. Der erste Drehort war – und das ausgerechnet an einem Samstag – ein Schulzimmer im Schulhaus Balgrist in Zürich. 18 Viert- und Fünftklässler aus der Pfadi Maur waren nach einem Casting von Regisseur Seismo (Mark Bosshard) als Darsteller auserkoren worden. Mit dabei auch Litchi alias Livia Domenig aus Herrliberg. Die bald Elfjährige ist ihrer Pfadi auch nach ihrem Wegzug treu geblieben. Sie habe gar nicht gewusst, was auf sie zukomme, erzählte sie am Samstag. Der Gedanke, im Kino zu se-
«Action» – und die Kamera läuft: Die Schüler schreiben Aufsätze und werden dabei gefilmt – für einen Werbespot zum 100-Jahr-Jubiläum der Pfadi. (Reto Schneider) hen zu sein, sei aber schon spassig. Litschi wird auch als Sprecherin für die später folgenden Tonaufnahmen eingesetzt.
«Roll Video, roll Camera: Action» Und so präsentierte sich am Samstagmorgen das Bild: Eine Steadycam, geführt vom Profikameramann Urs Schmid, fährt langsam durch eine Klasse, die gerade einen Aufsatz über ein Pfingsterlebnis zu schreiben hat. Schliesslich bleibt sie auf einem Mädchen ruhen, das vom Schlaf übermannt worden war – sie hatte eben ein PfadiPfingstlager hinter sich. Vor jedem «Take» (Aufnahme) bat Seismo um Ruhe,
während die älteren Pfadis die vier Reihen überblickten, ob die Buben und Mädchen auch gerade sitzen und schreiben würden. Vor jeder Aufnahme hiess es: «Roll Video, roll Camera: Action» und der Dreh begann, bis ihn Kameraassistent Lobito von der Pfadi Winterthur mit einem «Cut» beendete. «Nicht in die Kamera schauen», musste Aufnahmeleiter Piano (Michael Bernet) mehrmals ermahnen. Je mehr «Takes» gedreht waren – um den besten auswählen zu können –, desto schwieriger wurde es für einzelne Kinder, sich noch zu konzentrieren. Die einen schrieben tatsächlich, andere taten nur so. «Ich male ein Bild», verkündet einer.
Das Pfaditeam hatte das Glück, neben der eigenen Crew in Max Emmenegger einen erfahrenen Werbefilmer an seiner Seite zu haben. Dank der beiden Profis – und weiteren Freiwilligen – lässt sich das bescheidene Filmbudget von 3400 Franken einhalten. Seismo äusserte sich zufrieden mit dem Verlauf des Morgens: «Es lief alles wie am Schnürchen», stellte er fest. Zuerst einmal habe er das filmtechnische Vokabular lernen müssen. Die Möglichkeiten der auf dem Körper getragenen, 17 Kilo schweren Steadycam hält er für «genial». Die analogen 16-mm-Filme hätten eine viel bessere Qualität als solche, die mit einer digitalen Kamera aufgenommen werden, wusste er. Am Mittag holten die Eltern ihre Sprösslinge im Schulhaus wieder ab. Ihr Einsatz war vorbei. Im zweiten Spot, der anschliessend in einem Privathaus auf der Forch gedreht wurde, kommt nur noch ein Kind vor. Für das Filmteam ist die Arbeit damit noch nicht abgeschlossen: In einem Tonstudio werden die Sprachaufnahmen in Deutsch, Französisch und Italienisch gemacht. Auch eine Hintergrundmusik muss noch eingebaut werden. Ab Sommer sind die beiden Spots dann in den Kinos zu sehen. Die um 8 Sekunden längeren Versionen wird die PR-Agentur der Pfadibewegung Schweiz verschiedenen Fernsehstationen anbieten.
Leserbriefe
Von Mathematik keine Ahnung Zu «Kein Preiseinbruch trotz Fluglärm» (Ausgabe vom 13. April) Entweder hat der Journalist von Mathematik keine Ahnung, oder der Artikel ist zu den Wahlen möglicherweise gekaufte Wahlpropaganda. Man kauft sich ein Eigenheim in «äusserst attraktiver Wohngegend», war dafür auch in der Lage, einen Aufpreis zu bezahlen, und genoss die hohe Lebensqualität. Auch glaubte man, mit Wohneigentum «an bester Lage» eine sichere Altersvorsorge zu haben. Das hat uns in guten alten Zeiten veranlasst, den Aufpreis zu zahlen. Dann wurden die Südanflüge eingeführt, die gegen den kantonalen Richtplan und die eidgenössischen Umwelt- und Raumplanungsgesetze verstossen. Wie steht es jetzt um den Wert der damals erworbenen Liegenschaft? Deren Wert hat sich nicht gesteigert, er ist im besten Fall konstant geblieben, wie es im Artikel heisst. Gleichzeitig vernimmt man, dass die Immobilienpreise in Zollikon, Küsnacht und Erlenbach bis zu 50 Prozent gestiegen sind. Ist das denn kein Wertverlust? Die Bürger, die es vermögen, sind in der Zwischenzeit von Forch, Zumikon, Gockhausen usw. in die ruhigen Dörfer am See oder sonstwohin gezogen. Die Schweizer, die in Zumikon am Chapf, auf der Forch und in Gockhausen ausgeharrt haben und ihre Liegenschaften noch nicht an lärmunempfindliche Ausländer veräussert haben, werden weiterhin für den Rechtsstaat und gegen die illegalen Südanflüge kämpfen. Ursula Hofstetter, Forch
Alles andere als sozial Zu «Jedem denselben Fixlohn zahlen» (Ausgabe vom 11. April) Verargen kann man der Küsnachter Maturandin des Gymnasiums Unterstrass das Essay über das bedingungslose Grundeinkommen gewiss nicht. Denn wie pflegt man – cum grano salis – zu sagen: Wer als Jugendlicher nicht links denkt, hat kein Herz; wer aber als Erwachsener immer noch links ist, hat keinen Verstand. So ist das «Grundgehalt» zwar gut gemeint, führt jedoch zu einem absurden System von giesskannenartig verteilten und umverteilten Subventionen. Anstelle eines effizienten, gerechten Marktes würde ein nicht funktionierendes staatliches Verteilungssystem geschaffen. Als hätten im letzten Jahrhundert nicht genügend planwirtschaftliche Experimente versagt. Was auf den ersten Blick sozial scheint, erweist sich bei genauerem Betrachten alles andere als sozial, denn müsste das bedingungslose Grundeinkommen den nicht in den Arbeitsprozess Integrierten nicht als zynisches Schweige- und Stillhaltegeld erscheinen, so wie dies etwa Robert Nef, Leiter des Liberalen Instituts in Zürich, sieht? Bruno J. Schneller, Küsnacht
Wundersame Inhalte Zu «Pfadi Maur drehen zwei Werbespots fürs Kino» (Ausgabe vom 13. April)
Schön, dass es die Pfadfinderbewegung immer noch gibt. Vor 60 Jahren war ich auch begeistert dabei und habe dabei viel fürs Leben gelernt. Vor allem eigene Verantwortung zu übernehmen und offen zu sein für Unerwartetes. «Allzeit bereit» heisst ja wohl auch heute noch der Wahlspruch. Dass heutzutage sogar ein Werbespot zu drehen möglich ist, finde ich toll. Nur über die geschilderten Inhalte habe ich mich etwas gewundert. Wir hatten noch ein Gesetz auswendig zu lernen. Das ist heute sicher nicht mehr zeitgemäss, aber Hilfsbereitschaft und Rücksichtnahme sind bestimmt auch bei heutigen Pfadis noch eine Selbstverständlichkeit. Sinnvoller, als dreckige Fussstapfen und hingeworfene Kleider als Werbespots zu verwenden, fände ich beispielsweise ein schuhputzendes Pfadi-Kind, das zur Mutter sagt: «Das macht ein Pfadi selber, seit 100 Jahren!» Auch wenn ein Pfadi sagt «sorry», dürfte diese Ausdrucksweise wohl viele Mütter nicht dazu animieren, ihr Kind zu den Pfadis zu schicken. Christine Altmann-Glaser, Feldmeilen