Werkstück Ausgabe 01

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Liebe Leser/innen

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Mit unserem Magazin haben wir uns zweierlei vorgenommen: Wir wollen das Handwerk in all seiner Vielfalt wertschätzen und gleichzeitig Information und Inspiration liefern. Der wahre Drahtseilakt beginnt jedoch mit der Verpackung: ein rein digitales Handwerksmagazin. Wir sind überzeugt, dass die Möglichkeiten, die ein digitales Magazin mit sich bringen, auch im Handwerk Türen aufstoßen wird. Verfügbarkeit, Interaktion, Formatvariation… Das sind nur einige der Begriffe, die uns für digitale Magazine begeistern und auch das ‚Werkstück‘ auszeichnen.

Unser Magazin ist wie das Handwerk selbst: Bei uns stehen Qualität und

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Mehrwert im Mittelpunkt. Wir legen Wert auf Substanz und kommen auf den Punkt. Bei uns kommen die Handwerker als Experten zu Wort und sagen wie es ist. Wir wollen das Bindeglied zwischen handfesten Geschichten und digitalen Möglichkeiten sein. Das Werkstück steht für das Erschaffen. Jeder Handwerksberuf stellt auf die unterschiedlichsten Arten etwas her, was Bedeutung hat. Wir haben diesen Namen für unser Magazin gewählt, weil es für uns die Essenz des Handwerks darstellt. Das Magazin ist unser Werkstück. Wir arbeiten daran. Wir wollen es aufbauen, weiterentwickeln, zur Perfektion bringen. Am liebsten gemeinsam mit unseren Lesern. Daher freuen wir uns auf Ihr Feedback und Ihren Beitrag! Viel Freude beim Lesen! Ihre Theresa Neubauer, Nuna Hausmann und das gesamte Werkstück Team Schauen Sie das Video über die Entstehung an:

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Editorial

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Inhaltsverzeichnis

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Wie benutze ich das Werkstück?

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Der Herr der Schriften

Kurze Anleitung für das digitale Format

Die Entstehungsgeschichte unseres Schriftzugs

01 Entscheiden und Organisieren 26

Raus aus dem Hamsterrad

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Schwarz auf Weiß

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Rechtssicher

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Konflikte als Chance begreifen

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MIt dem Herzen bauen

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4 Jugendliche - 1 Entscheidung

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Alles Einstellungssache

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"Die hauen einfach rein"

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Checkliste

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Die vielfalt des handwerks

Wie Sie Ihre Firma so organisieren, dass Mitarbeiter gerne Verantwortung übernehmen Checklisten machen den Kopf frei Fachkräfte gezielt abwerben Konfliktmanagement ist Führungsaufgabe

Eine Frau behauptet sich in der Baubranche Wie junge Leute zum Handwerk kommen und was Betriebe daraus lernen können Dann klappts auch mit dem Nachwuchs Handwerksbetriebe eröffnen für Flüchtlinge neue Perspektiven Was ist bei der Einstellung von Flüchtlingen zu beachten?

Die Werkstückler – Vom Hopfen bis zur Oper


02 Ordnen und optimieren 106 So senken Sie Montagekosten Die richtige Planung spart Geld

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Im Heck lauert das Kostengrab

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Wie wird mein Auto fit? Mit Sortimo!

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Die Werkstückler

Ordnung im Firmewagen zahlt sich aus

Aus Liebe zur Ordnung. Erfahrungsbericht eines Elektrikers Portraits

03 Digital Schrauben und Klicken 150

Die 7 Tricks im Online Marketing Was lohnt sich wirklich?

160 Handwerk Digital

Erfolgreicher Einsatz der digitalen Möglichkeiten

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Die Werkzeuge des Internets vorgestellt Teil I: Der Blog

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Marke: Nerdy Timber

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Tradition 4.0

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Die Entdeckung der Leidenschaft

Holz und Helden auf YouTube Wie sich Traditionsbetriebe der Zukunft stellen Moderne Filmkunst trifft auf traditionelles Handwerk


04 Entwickeln und Erschaffen 206 Weniger Arbeit, mehr Freizeit

Ein Unternehmerpaar hat den Wechsel geschafft

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Spezialisierung im Handwerk Spitz und breit?

222 Ein Hausbesuch bei Handwerk mit Stil in Stuttgart Flexibiltät, Geduld - und ein kleines bisschen Improvisation

234 Nur Nullen haben keine Kanten

Der neue Trend im Handwerk: Unternehmeswerte leben

242 Marke Handwerker

Persönlichkeit als Alleinstellungsmerkmal

248 Boschs Welt der Werkzeuge Eine kleine Geschichte des Werkzeugs

Flexibiltät und Variabilität: Drei Bosch Projekte stellen sich vor

274 Lieblingsstück

Drei Handwerker und ihre Gesellenstücke

05 Bücken und Heben 286 Von Käfern & Supermännern

Übungen für eine bessere Körperhaltung

298 Dem Alltag gestärkt entgegentreten Gesundheitswerkzeuge für jeden Tag

302 Die Werkstückler Portraits

06 wissen und teilen 314 Nachrichten aus Ihrer Kammer 327 Impressum 328 Weise Worte für den kommenden Monat


Wie benutze ich das wERKSTÜCK?

Werkstück ist ein digitales Magazin und bietet somit die Möglichkeit, Bilder, Videos und Links zu anderen Websites direkt einzubinden. Dadurch können Sie sich über die Werkstück-Themen hinaus informieren und weiterführende Materialien nutzen. Im Gegensatz zu Printmedien ist das Werkstück also nicht nur auf die eigene Ausgabe beschränkt, sondern bietet den Mehrwert, Sie über mehrere Ausgaben und Medien hinweg mit Wissen, Tipps und Inspirationen zu versorgen.

Technisch verwendet das Werkstück dafür die Plattform Issuu . Sie können eine Suchfunktion verwenden und Links zu weiteren Inhalten, Organisationen und Autoren anklicken – Hintergrundwissen, Interaktivität und Transparenz zeichnen das Werkstück aus. Zur besseren Ansicht kann der Vollbildmodus aktiviert werden.

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Die wichtigsten Funktionen: Die Menüleiste am unteren Ende der Seite ist eine nützliche Anwendung. Hier finden Sie fast alle hilfreichen Funktionen, um die Werkstück-Ausgabe zu lesen, zu teilen und das Anzeigeformat anzupassen.

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Zoom: Über den Minus- und Plus-Regler kann die Ansicht der Ausgabe beliebig angepasst werden.

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Seitenzahlen: Mit einem Klick auf die Seitenzahlen kann eine beliebige Seitennummer eingegeben werden. Durch Drücken der Enter-Taste springt das Programm automatisch zu der eingegebenen Seite.

Share

Teilen: Mit dieser Funktion kann die Ausgabe geteilt werden, sowohl über die gängigen sozialen Netzwerke als auch per E-Mail oder über das Erstellen eines Links.

Suchfunktion: Mit der Lupe kann nach Schlagworten, Autoren und Inhalten gesucht werden. Durch Drücken der Enter-Taste werden entsprechende Suchergebnisse angezeigt. Mit einem Klick auf das gewünschte Suchergebnis gelangen die Leser auf den Artikel.

Seitenübersicht: Mit einem Klick auf die Seitenübersicht werden vorherige und folgende Doppelseiten angezeigt. Mit einem Klick auf die gewünschte Seite springt das Programm automatisch zu dieser. Mit den Balken unter den Doppelseiten gelangen Nutzer in eine Übersicht von weiteren Seiten.

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Seitenanzeige: Hierüber können Leser bestimmen, ob ihnen Einzel- oder Doppelseiten angezeigt werden.

Vollbildmodus: Der Vollbildmodus wird aktiviert und das Magazin kann ohne störende Leisten konsumiert werden. Er kann durch das Drücken der ESC-Taste deaktiviert werden.

Lesezeichen (nur in der App): Die Lesezeichenfunktion fungiert wie ein reales Lesezeichen. Sie können sich dadurch merken, wo Sie zuletzt gelesen haben und später an genau dieser Stelle weiterlesen.

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Die Clip-Funktion: Am oberen rechten Rand befindet sich die Clip-Funktion. Damit können Teile einer Seite ausgeschnitten und über soziale Medien oder per E-Mail an Bekannte, Kollegen und Freunde versandt werden. Durch das Bewegen der Ecken kann der Ausschnitt ausgewählt werden.

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Das Inhaltsverzeichnis: Das Inhaltsverzeichnis ist mit Links versehen. Durch einen Klick auf den aufgelisteten Artikel werden Sie automatisch zu diesem geleitet. Auf der ersten Seite eines Artikels finden Sie einen rechteckigen Button mit drei horizontalen Strichen, welcher zurück zum Inhaltsverzeichnis führt.

Issuu-App: Offline kann man die Artikel auch in der App von issuu.com lesen. Hierfür müssen Sie einfach die App im iOS App Store oder dem Google Play Store herunterladen und haben dadurch Zugriff auf alle Magazine.

Für Fragen und Feedback: mail@werkstueck-magazin.de WERKSTÜCK N°1

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In den Artikeln selbst:

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Lesezeit: Um einzuschätzen, wie zeitaufwendig das Lesen eines Artikels ist, finden Sie zu Beginn eines jeden Artikels die Angabe der ungefähren Lesezeit. So können Sie besser überschauen, wann Sie Zeit für welchen Artikel auf bringen können.

Die Links: Farbig hinterlegte Rechtecke sind Links. Fahren Sie mit dem Mauszeiger auf das Rechteck, erscheint eine Angabe, wohin dieser Link Sie führt. Mit Klick auf diesen wird der Link aktiviert. So gelangen Sie zu anderen Websites, weiterführenden Materialien, Videos, anderen Kapiteln und Artikel.

PDF-Button: Am Anfang jedes Artikels (neben den Social Media Buttons) finden Sie einen Button mit einem Drucker. Dieser ermöglicht Ihnen, den Artikel im pdf-Format herunterzuladen, sodass man ihn als Datei auf dem eigenen Computer verwahren und auch im Offline-Modus lesen kann.

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DER HERR DER SCHRIFTEN DIE ENTSTEHUNGSGESCHICHTE UNSERES SCHRIFTZUGS

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Lesezeit: 6 Min

Für unser Magazin Werkstück haben wir uns für den Schriftzug des Covers ein besonderes Projekt ausgedacht: Wir wollen das handwerkliche Element in unser Design integrieren. Und wie könnten wir das besser tun als damit, den Schriftzug bei einem Drucker schwarz auf weiß drucken zu lassen. Dieser handfeste Druck wird anschließend wieder digitalisiert und verbindet somit analoge Druckkunst mit digitalem Design.

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Lesezeit: 4 Min

Text: Nuna Hausmann Fotos: Saskia Bauermeister

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Geduld. Die braucht man, wenn man sich vom digitalen auf das analoge Medium Druck einlässt. Im digitalen Zeitalter erscheinen Buchstaben in Sekundenschnelle auf unseren Bildschirmen und Schriftarten lassen sich in einem Atemzug austauschen. Beim Drucker muss man Freude daran haben, sich auf die Entstehungsgeschichte eines Wortes einzulassen. Das hat Martin Z. Schröder, ein echter Schweizerdegen, Ausdruck für einen Setzer, der auch Buchdrucker ist, und ein passionierter Mensch bis in die Krawattenspitze. Er war also auch der perfekte Kandidat für unsere Idee, den Schriftzug unseres Magazins mithilfe des Drucker-

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handwerks zu erstellen. ‚Werkstück’ aus harten Bleilettern gedruckt, versinnbildlicht die dahinterliegende Handwerkskunst, und damit auch das, was wir mit unserem Magazin zeigen wollen.

Herr Schröder lebt für seine Drucke, kennt sich in seinen Setzkästen besser aus als manch einer in seinen eigenen vier Wänden und hat Ansprüche an seine Schriften und würde daher nie die verstaubte Times New Roman mit einer zu modernen Sans-Serif-Schrift kombinieren. Daher ist er auch selbstständiger Drucker geworden, um sich seine Projekte selbst auszusuchen und kreative Freiheit zu haben. Für unser Projekt hat er sofort Ideen wie wir unseren Schriftzug gestalten können, fischt nach einzelnen Schriftarten in unzähligen Setzkästen und schon tragen wir die erste Druckplatte zu den Druckmaschinen. In seiner Druckerei stehen Maschinen aus dem letzten Jahrhundert bis hin zur modernen Schneidemaschine, die einem

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kleinen Raumschiff gleicht. Nach mehreren Versuchen, Neukombinationen und Tonabstufungen halten wir das erste Ergebnis in unseren Händen. Man denkt plötzlich, die aufgebrachte Zeit und den Ideenprozess auf dem Papier erkennen zu können. Man kann die Farbe mit jedem gedruckten Blatt abnehmen sehen, was dem gedruckten Worten ein neues Aussehen verleiht.

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Herr Schröder verleiht dem Schriftzug noch den letzten Schliff durch Veränderung der Abstände zwischen den Buchstaben, bis sie die perfekte Harmonie zueinander gefunden haben. Dank seiner routinierten Arbeitsweise haben wir unseren Schriftzug schon nach wenigen Durchgängen optimiert und verlassen die gemütliche Werkstatt mit unserem frisch gedruckten ‚Werkstück‘. Wenn sich kein Nachfolger findet, haben die enormen Schätze der Druckerei Schröder eine ungewisse Zukunft - ein Grund mehr, sie durch unser Magazin digital zu verewigen.

Webseite: druckerey.de

NUNA HAUSMANN Arbeitet als selbstständige Kommunikationsdesignerin in Berlin. Davor arbeitete sie bei sozialen Institutionen in Tel Aviv, Buenos Aires und Rom. In ihrer Freizeit beschäftigt sie sich gern handwerklich und baut Möbel und Lampen.

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RAUS AUS DEM HAMSTERRAD

Lesezeit: 7 Min

WIE SIE IHRE FIRMA SO ORGANISIEREN, DASS MITARBEITER GERNE VERANTWORTUNG ÜBERNEHMEN.

Text: Olaf Ringeisen Foto: Mirko Plha Illustration: Mathilde Schliebe

Von der einen zur anderen Baustelle hetzen, Mitarbeiter einweisen, dann wieder ins Büro, das Telefon klingelt und zwischendurch noch Kunden beraten: Viele Handwerksmeister kennen dieses „Hamsterrad“. Der Tag könnte 25 Stunden haben und es würde immer noch nicht reichen. Das habe ich selbst auch durchgemacht und oft wusste ich gar nicht, was ich zuerst erledigen sollte.

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Irgendwann kam ich an den Punkt, an dem ich mich aus dem „Hamsterrad“ befreien wollte. Ich wollte mehr vom Leben haben und nicht nur rund um die Uhr arbeiten. Außerdem wollte ich unbedingt mehr Zeit dafür haben, um mein Unternehmen mit neuen Ideen weiterzuentwickeln. Auf der Suche nach einer Lösung war meine erste Erkenntnis, dass ich nur dann Entlastung bekommen könnte, wenn meine Mitarbeiter mehr Verantwortung übernehmen. Heute weiß ich, dass genau dies der größte Engpass für das Zeitmanagement eines Handwerksmeisters ist. Die Mitarbeiter übernehmen in den meisten Betrieben zu wenig Verantwortung. Das führt dazu, dass der Meister als „Mädchen für alles“ herhalten muss und jede Entscheidung im Grunde selbst trifft. Logisch, dass dabei die Zeit bei entsprechender Auftragslage irgendwann knapp wird.

Wie bekommt der Meister jetzt aber seine Mitarbeiter dazu, mehr Verantwortung zu übernehmen?

SYSTEME HELFEN UNS, BESTÄNDIG DIE GEFORDERTE LEISTUNG ZU BRINGEN.

Der Weg dahin war für mich nicht einfach. Denn kaum jemand beginnt von alleine mehr Verantwortung zu tragen. Die Schuld suchte ich zunächst bei den Mitar-

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beitern, womit ich aber komplett falsch lag. In diesem Zusammenhang zitiere ich gern Reinhard K. Sprenger, der in einem Interview mit dem Magazin IMPULSE sagt: „Hört auf, Mitarbeiter wie Kinder zu behandeln. Erwachsene Leute organisieren Familien, sie bauen Häuser, sie übernehmen Verantwortung in Vereinen, fällen vernünftige und zukunftsorientierte Entscheidungen. Doch in dem Augenblick, in dem sie durch die Pforte des Unternehmens treten, werden sie infantilisiert und entmündigt, dass ich manchmal fassungslos bin.“

Der Meister muss also zuerst einmal selbst bereit sein, Verantwortung abzugeben und den Mitarbeitern etwas zuzutrauen. Dass viele Meister damit Schwierigkeiten haben, lässt sich relativ einfach nachvollziehen. Denn Verantwortung abgeben, bedeutet auch, dass Fehler passieren. Zu Beginn war es für mich schwierig, den Baustellenleiter bewusst entscheiden zu lassen und somit das Risiko von Fehlern einzugehen. Das Problem, das Heft des Handelns nicht aus der Hand geben zu wollen, stelle ich immer wieder bei den Teilnehmern meiner Seminare fest. Erst wenn der Meister seinen Mitarbei-

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tern eine gewisse Eigenständigkeit erlaubt, fangen die Mitarbeiter an, eigene Entscheidungen zu treffen. Denn durch Fehler lernen Menschen. Und nichts ist so motivierend, wie Erfolge durch das eigene Handeln. Und mit jedem Erfolg steigt die Bereitschaft, selbstständig zu ICH WOLLTE handeln. So erhalte ich regelmäßig MEHR VOM LEBEN die begeisterte Rückmeldung von HABEN UND NICHT meinen Seminarteilnehmern, dass NUR RUND UM DIE alleine dadurch, dass sie ihre MitUHR ARBEITEN. arbeiter früher und umfangreicher informieren, diese ganz anders mit- und sogar vorausdenken. Und so spart der Meister nicht nur eine Menge Zeit, sondern der Gewinn steigt auch deutlich.

Verantwortung zu gewähren, ist aber nur ein Schritt auf dem Weg zu einem entspannteren Alltag. Es braucht außerdem ein klares und nachvollziehbares System, an dem sich die Mitarbeiter orientieren können. Dieses bildet die Grundlage, damit ein Mensch bereit ist, selbst Entscheidungen zu treffen. Systeme helfen uns, beständig die geforderte Leistung zu bringen. Wer nur auf Zuruf arbeitet, kann gar keinen Blick für das große Ganze haben. Nur wenn Mitarbeiter wissen, was wann wichtig ist und erwartet wird, können Sie überhaupt eigenständig handeln.

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In meinem E-Book „Die 7 größten Fehler der Baustellenorganisation“ habe ich die Betriebsorganisation in vier Phasen strukturiert:

1. VERKAUF 2. BAUSTELLENVORBEREITUNG 3. BAUSTELLENAUSFÜHRUNG 4. ABRECHNUNG

Jeder Auftrag, egal ob im Wert von 500 oder 100.000 Euro, durchläuft diese vier Phasen. Wenn jeder Phase die wichtigsten Aufgaben zugeordnet sind, können Aufträge anhand einer Checkliste viel leichter abgearbeitet werden. Teilaufgaben lassen sich leichter delegieren. Die Mitarbeiter fühlen sich dann nicht mehr nur als kleines Zahnrad in einem großen Getriebe, sondern verstehen warum was wichtig ist. Wenn das System anfängt zu greifen, ist dies ein wichtiger Schritt „raus aus dem Hamsterrad“.

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OLAF RINGEISEN ist Malermeister und führt seit 2002 in vierter Generation die Malerwerkstatt Ringeisen in Northeim und hat sowohl Krisen als auch Erfolge erlebt. 2007 entwickelte er gemeinsam mit seinen Mitarbeitern einen roten Faden zur Baustellenorganisation und gab dazu drei Jahre lang für Brillux Seminare. 2012 schrieb er mit Prof. Schlegel das Buch Farbspuren – Die Kunst Räume zu gestalten. 2012 gründete er Qualygate, um Handwerkskollegen dabei zu unterstützen, erfolgreicher zu werden.

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SCHWARZ AUF WEISS CHECKLISTEN MACHEN DEN KOPF FREI

Text: Olaf Ringeisen

Systeme helfen uns, beständig die geforderte Leistung zu erbringen. Ein schönes Sprichwort sagt: Wer schreibt, der bleibt. Nutzen Sie Checklisten, um besonders in stressigen Situationen immer an alles zu denken. So sparen Sie eine Menge Zeit. Hier ein paar Ideen für Systeme und Checklisten Terminstation für Bauakten (z. B. classei.de): Angebot fertig geschrieben, zwei Wochen später soll nachtelefoniert werden – einfach in der Terminstation die Akte auf Termin legen

Checkliste für die Baustellenübergabe an den Mitarbeiter: Was muss der Mitarbeiter alles wissen, um den Auftrag eigenständig auszuführen?

Checkliste für die Vorbereitung auf die Abnahme: Welche Leistungen wurden ausgeführt? Entsprechen diese den Erwartungen?

Checkliste

für

Neukunden:

Formulare helfen, schon am Telefon alle wichtigen Informationen abzufragen, etwa um entscheiden zu können, ob der Neukunde für Sie überhaupt interessant ist. WERKSTÜCK N°1

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Tagesplanung: Morgens den Tag planen und die Aufgaben priorisieren: A-, B- und C-Aufgaben. Realistisch bleiben motiviert, wenn am Abend hinter allen Aufgaben Haken stehen.

Erfolgsplaner: Planen Sie Montag früh Ihre Woche: Welche Chancen können Sie nutzen? Worauf sollten Sie besonders achten, um Erfolg zu haben? Dazu gibt es sechs wichtige Bereiche: Verkauf, Baustellenvorbereitung, Baustellenausführung, Abrechnung, Mitarbeiterführung und Sie persönlich.

Vetriebserfolgsanalyse: Notieren Sie sich in einer Checkliste, wie Neukunden auf Sie aufmerksam geworden sind. So können Sie nach zwei bis drei Jahren erkennen, welche Werbemaßnahmen wirklich Erfolg bringen.

Materialcheckliste für die Mitarbeiter: Welche Werkzeuge, Materialien und Maschinen werden für den anstehenden Auftrag benötigt? Das kann bei der Kalkulation schon im Angebot hinterlegt werden und muss dann bei Auftragserteilung nur noch für den Mitarbeiter ausgedruckt werden. Den Gratis Kurs - Die 4 Phasen der Baustellenorganisation - finden Sie unter www.baustellen-optimieren.de

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Fachkräfte gezielt abwerben?

Meist sind Handwerksbetriebe die Leidtragenden. Doch Sie können den Spieß auch umdrehen – wenn Sie sich dabei korrekt verhalten. Text: Jörg Wiebking WERKSTÜCK N°1

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mitarbeiter rechtssicher abwerben Der Kampf um Fachkräfte wird mit immer härteren Bandagen ausgetragen: „Active Sourcing“ heißt dieser neueste Trend im Personalwesen. Gemeint ist das gezielte Abwerben von Mitarbeitern, und das geht an Handwerksbetrieben nicht spurlos vorbei. Warben früher nur Industrieunternehmen ausgebildete Gesellen ab, so sind es heute oft Kollegen, die sich gegenseitig Mitarbeiter ausspannen. Mal lockt eine Stellenanzeige mit Wechselprämien. Oder es ruft sogar ein Headhunter an. Meist jedoch ist es ein persönliches Gespräch, das den Wechsel anbahnt. „Komm doch zu uns, …“, heißt es heute häufiger auf der Baustelle. Kein Wunder, dass immer mehr Chefs Gegenmaßnahmen greifen – und selbst zukünftige Mitarbeiter abwerben. Doch darf ein Unternehmer einfach so Fachkräfte bei der Konkurrenz abwerben? „Im Prinzip ist das Abwerben von Mitarbeitern erlaubt“, sagt die Rechtsanwältin Nathalie Oberthür von der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein. Arbeitgeber müssten sich dabei allerdings an das Wettbewerbsrecht und das Arbeitsrecht halten.

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kurze gespräche am arbeitsplatz So dürfen Sie Kandidaten an ihrem Arbeitsplatz zwar ansprechen oder anrufen. Erlaubt sei allerdings nur eine erste Kontaktaufnahme, betont Oberthür. „Ein längeres Gespräch oder sogar Vertragsverhandlungen am Arbeitsplatz wären kritisch und könnten gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen“, warnt die Juristin. Dann würden Abmahnung, Unterlassungserklärung oder sogar ein Rechtsstreit drohen. Als Arbeitsplatz zählen auch Baustellen oder Geschäftsräume eines Kunden, wenn der Mitarbeiter dort gerade tätig ist. „Ausführlichere Gespräche und Verhandlungen sollte man daher immer außerhalb der Arbeitszeit im eigenen Betrieb oder an einem neutralen Ort führen“, rät Oberthür.

mit wechselprämien locken Sie wollen einen Gesellen mit einer Wechselprämie locken? Im Handwerk ist das eher noch die Ausnahme, in anderen Branchen hingegen längst gang und gäbe. Rechtlich spreche nichts dagegen, erklärt die Expertin.

nicht zum vertragsbruch überreden erlaubt Wettbewerbswidrig wäre es allerdings, wenn Sie Mitarbeiter eines anderen Un-

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ternehmens mit finanziellen Anreizen zu einem Vertragsbruch verleiten. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn Sie einen Mitarbeiter überreden, seine Kündigungsfrist nicht einzuhalten, und ihm dafür die Übernahme von Schadensersatzansprüchen versprechen. Anders sehe die Lage aus, wenn der Mitarbeiter den Vertragsbruch freiwillig begeht, sagt Oberthür. „In der Praxis übernimmt der neue Arbeitgeber oft Vertragsstrafen, aber er darf den Arbeitnehmer nicht aktiv zum Vertragsbruch anstiften.“

Grau Kunden gleich mit abwerben zone Sie interessieren sich nicht nur für die

Arbeitskraft, sondern auch für die Kundenkontakte eines fremden Mitarbeiters? Dann müssen Sie aufpassen, wie weit Sie gehen, warnt die Anwältin. Geschäftsund Betriebsgeheimnisse wie zum Beispiel Kundenlisten dürfe ein Mitarbeiter zwar nicht weitergeben. „Aber was er an Kenntnissen im Kopf hat, darf er in gewisser Weise auch verwerten, da ist die Abgrenzung zum Wettbewerbsverstoß fließend.“ Zumindest fragen dürften Sie die Altkunden des neuen Kollegen, ob sie wechseln wollen.

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Leihkräfte übernehmen

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Trennung nach dem wechsel

Die Übernahme von Mitarbeitern eines Zeitarbeitsunternehmens ist in der Regel unproblematisch. Die meisten Zeitarbeitsfirmen sind auf diesen Wechsel eingestellt und lassen ihn sich bezahlen. Die Übernahmekosten sind häufig gestaffelt: Je länger die Zeitarbeit in Ihrem Betrieb gedauert hat, desto geringer die Übernahmeprovision.

Und wenn der neue Kollege doch nicht in den Betrieb passt? Für abgeworbene Mitarbeiter gelte der gleiche Kündigungsschutz wie für andere Arbeitnehmer, sagt Oberthür. „Wenn sich der Arbeitgeber wieder trennen will, hat der Mitarbeiter meist Pech. Schadensersatzansprüche gibt es in der Regel nicht.“

JÖRG WIEBKING ist leitender Redakteur für die Handwerksmedien bei der Schlüterschen Verlagsgesellschaft, Hannover. Bei der Gestaltung des Magazins Werkstück war er maßgeblich beteiligt und half dem Redaktionsteam mit seiner Expertise rund um Fachthemen und dem richtigen Feingefühl für die Branche.

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SIGNAL IDUNA hält eine große Auswahl an attraktiven Leistungen zur betrieblichen Versorgung für Sie bereit. Bieten Sie Ihren Mitarbeitern das bisschen „mehr“ – mit einer betrieblichen Altersversorgung, Krankenversicherung oder Unfallversicherung. Denn zufriedene Mitarbeiter sind Mitarbeiter, auf die Sie zu 100 % zählen können. Informieren Sie sich jetzt! www.belegschaftsversorgung.de


Text: Ulrike Steinecke

KONFLIKTE ALS CHANCE BEGREIFEN Konfliktmanagement ist Führungsaufgabe

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Stress mit Kunden, Zoff mit Mitarbeitern, schlechte Stimmung oder Streit im Team – Konflikte lauern überall, im beruflichen, wie im privaten Umfeld. Die gute Nachricht: Der richtige Umgang mit Konflikten kann sich gewinnbringend auf Ihren Betrieb auswirken. Daher lohnt es sich, dem Thema Konfliktmanagement Zeit zu widmen und sich zu überlegen, wie Sie in Ihrem Betrieb konstruktiv mit Konflikten umgehen möchten. Konfliktmanagement ist in erster Linie Führungsaufgabe, allerdings profitieren Sie als Chef oder Chefin auch sehr davon, wenn Ihre Mitarbeiter Regeln zur Lösung von Konflikten beherrschen. Und zwar nicht nur dort wo sie im Kundenkontakt stehen, sondern auch in der täglichen Zusammenarbeit mit den Kollegen. Lesezeit: 8 Min

Kleiner Exkurs in das Feld der Kommunikationspsychologie: Wir wissen heute, dass in einer Kommunikation der „Sender“ der Nachricht mit vier Zungen spricht und der „Empfänger“ der Nachricht mit vier Ohren hört („Die vier Seiten einer Nachricht“, Kommunikationsmodell Friedemann Schulz von Thun). Das bedeutet, neben der rein sachlichen Information

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werden drei weitere Aspekte einer Botschaft vom Absender gesendet und drei weitere vom Adressaten empfangen. Verständlich, dass es schon an dieser Stelle zu erheblichen Missverständnissen und sogar zu ersten Konflikten kommen kann.

BEISPIEL Die Frau sitzt am Steuer, der Mann als Beifahrer sagt zu ihr: „Du, da vorne ist grün“ und sie antwortet pampig: „Fährst du oder fahre ich?“ Die vier möglichen Botschaften im „gesendeten Päckchen“ des Mannes: 1. Sachinformation: Die Ampel ist grün. 2. Selbstinformation: Ich habe es eilig. 3. Beziehungsaspekt: Ich traue dir nicht zu, gut Auto zu fahren, du brauchst meine Hilfe. 4. Appell: Gib Gas!

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Die Reaktion der Frau lässt darauf schließen, dass sie die 3. Botschaft „gehört“ hat, was jedoch nicht bedeutet, dass der Mann dies auch „gemeint“ hat. Kommen solche Situationen öfter vor bzw. hat die Frau immer wieder das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden, kann dies zu einem ernsten Beziehungskonflikt führen, wenn nicht rechtzeitig gegengesteuert wird. Die Lösung ist so einfach wie schwer: reden, reden, reden, aber richtig!

SCHRITTE FÜR EIN ERFOLGREICHES KONFLIKTGESPRÄCH Die Vorbereitung Wenn ein Konfliktgespräch ansteht, lohnt es sich, Zeit in eine gewissenhafte Vorbereitung zu investieren. Klarheit schaffen: Woraus besteht genau der Konflikt? Zunächst einmal sollten Sie sich klar darüber werden, was genau das Thema des Konfliktes ist: Gibt es definitive Fakten oder einen konkreten Anlass, sind es diffuse Stimmungen oder unterschwellige negative Gefühle. Was löst der Konflikt in Ihnen aus? Es macht einen Unterschied, ob Sie selbst Teil des Konfliktes sind oder als Chef einen Konflikt „schlichten“ müssen. Werden Sie sich über Ihre eigenen Ge-

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Sachinhalt

Selbstkund­ gabe

Äußerung

Beziehungs­ hinweis

Appell

Empfänger mit vier Ohren

Sender

mit vier Schnäbeln

fühle in dem Konflikt klar. Sind Sie wütend, enttäuscht oder fühlen Sie sich angegriffen? Wie stark sind diese Emotionen und wie sehr belasten Sie sie? Starke negative Emotionen behindern die konstruktive Lösung eines Konfliktes. Sind Sie sich Ihrer Gefühle bewusst, gelingt es Ihnen im Gespräch besser, sie zu kanalisieren. Zahlen, Daten, Fakten Tragen Sie alle Informationen zusammen, die Sie finden können. Häufig erkennen Sie schon bei der Zusammenstellung der Fakten Lösungs- oder Kompromissmöglichkeiten. Formulieren Sie Ihre Ziele und Wünsche in Bezug auf die Lösung. Formulieren Sie Ihre Argumente und überlegen Sie sich, welche Ar-

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gumente Ihr Gesprächspartner anführen könnte. Entwickeln Sie einen roten Faden der Gesprächsführung! Was möchten Sie an welcher Stelle sagen? Wichtig ist dabei auch das Ansprechen der eigenen Gefühle. Wie im 4-Seiten-Modell von Schulz von Thun ersichtlich, weiß Ihr Konfliktpartner nicht automatisch wie Sie denken und fühlen, und das offene Ansprechen kann schon zur verblüffenden Auflösung von Missverständnissen führen. Außerdem wirken Sie dadurch authentisch und schaffen eine Atmosphäre, in der sich auch Ihr Gesprächspartner zutraut, offen zu sein. Am besten schaffen Sie das durch die Formulierung von Ich-Botschaften, die

Nach richt

Appellseite

Sender

Selbstkundgabe

Sachebene

Empfänger

Beziehungsseite

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ein Gespräch auf Augenhöhe ermöglichen („Ich bin wütend“, „Das hat mich sehr geärgert“).

RAHMENBEDINGUNGEN DEFINIEREN Die Auswahl des richtigen Rahmens, in dem das Gespräch stattfinden soll, hat einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf den Erfolg des Konfliktgespräches. Nehmen Sie sich deshalb auch dafür entsprechende Vorbereitungszeit. Termin Suchen Sie einen Termin, an dem ein entspanntes Gespräch für alle Parteien möglich ist. Zeitdruck oder Stress sind nicht förderlich. Raum Auch der Raum, in dem das Gespräch stattfinden soll, kann das Gesprächsergebnis beeinflussen. Zu empfehlen ist eine neutrale Umgebung, in der ein Gespräch in Ruhe und ohne Störungen möglich ist.

DAS KONFLIKTGESPRÄCH n n Sorgen Sie vor dem Gespräch dafür, dass es Ihnen gut geht. Eine gelassene, ausgeglichene Grundhaltung sorgt schon für einen guten Start.

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n n Eröffnen Sie das Gespräch mit der Faktenlage und Ihrer Wahrnehmung dazu, formuliert in Ich-Botschaften (siehe oben).

n n Machen Sie anschließend eine Pause, damit Ihr Gesprächspartner auf Ihre Aussagen reagieren kann. Hören Sie aktiv zu, was Ihr Gegenüber sagt. Nutzen Sie darüber hinaus diese Pause, um sich zu sammeln und auf die nächsten Gesprächsschritte vorzubereiten.

n n Wenn alle Argumente ausgetauscht sind, formulieren Sie Ihr Ziel bzw. Ihren Wunsch und fragen nach dem Ziel bzw. Wunsch Ihres Gesprächspartners.

n n Wenn die Ziele sehr weit auseinanderliegen, finden Sie einen Kompromiss und vereinbaren eine Probezeit und ggf. ein weiteres Gespräch.

ZUSAMMENFASSUNG Konflikte sind unangenehm und es ist normal, dass man ihnen lieber aus dem Weg geht. Machen Sie sich bei jedem Konflikt klar, welche negativen Folgen ein schwelender Konflikt für Sie und Ihren Betrieb langfristig haben kann. Es mag am Anfang Überwindung kosten und unangenehm sein, aber die Vorteile eines guten Konfliktmanagements sollten es Ihnen wert sein:

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n n Der Kunde fühlt sich mit seinen Vorstellungen wahrgenommen, wertgeschätzt und wird bleiben, Sie wahrscheinlich weiterempfehlen.

n n Sie sorgen für eine gute Arbeitsatmosphäre zwischen Ihren Mitarbeitern, was Einfluss auf die Qualität der Arbeit hat.

n n Die bessere Kommunikation im Betrieb vermeidet Fehler und verschafft Ihnen die Informationen, die Sie für die Weiterentwicklung in Ihrem Betrieb benötigen. Ein klarer Wettbewerbsvorteil! Deshalb gilt im Falle von Konflikten das Sprichwort umgekehrt: Reden ist Gold!

Was ist das für einer? Was ist mit ihm?

Wie ist der Sachver­ halt zu verstehen?

Was soll ich tun, denken, fühlen aufgrund seiner Mitteilung?

Wie redet der eigentlich mit mir? Wen glaubt er, vor sich zu haben?

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INFOBOX Die drei Ebenen des aktiven Zuhörens: 1. Wertschätzendes Interesse Konzentration auf das Zuhören.

We i t e r l e s e n : Konfliktmanagement bei der IHK

Grundbotschaft: „Ich bin ganz Ohr“ unterstützt durch zugewandte Körpersprache und kleine sprachliche Signale wie: „Ja“, „Hm“, „Verstehe“ etc. 2. Inhaltliches Verständnis Zusammenfassung der verstandenen Inhalte mit eigenen Worten: „Wenn ich Sie richtig verstehe ...“ oder „Ich würde gerne zusammenfassen, was ich bisher verstanden habe …“ 3. Emotionales Verständnis Sich in die Situation des Gesprächspartners versetzen und dessen Gefühlslage auf den Punkt bringen: „Das war bestimmt sehr unangenehm für Sie” oder „Da haben Sie sich sicher gefühlt wie das fünfte Rad am Wagen”

ULRIKE STEINECKE Seit 2015 Projektmanagerin und Leiterin der Stabsstelle Internationales und Kooperationen der Zentralen Akademie für Berufe im Gesundheitswesen (ZAB) GmbH, Gütersloh; Seit 2010 Coach for professional development, colouRem®- Coach, Wingwave® -Coach und Moderatorin; 2001-2013 Vorsitzende des Deutschen Verbandes für Physiotherapie (ZVK) e. V.

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Text: Simone Bleidt

MIT

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DEM HERZEN

BAUEN


Lesezeit: 7 Min

EINE FRAU BEHAUPTET SICH IN DER BAUBRANCHE

„Das Handwerk ist ein unschätzbarer Glücksfaktor!“ Heike Eberle aus der Pfalz erzählt im Interview, warum es sie in die männerdominierte Baubranche gezogen hat. Die Powerfrau führt in der dritten Generation ein Familienunternehmen und hat sich in der Baubranche behauptet. Ihr Geheimrezept: Feingefühl & Herz. Das Potenzial ist noch lange nicht ausgeschöpft: Der Frauenanteil im Handwerk steigt, doch das betrifft vor allem klassische Berufe. In vielen technischen Handwerksberufen gibt es kaum Frauen. Im Baugewerbe ist nicht mal jede zehnte Auszubildende weiblich. Dabei schneiden Frauen meist besser ab als Männer. Es muss also nicht immer der Sohn sein, der den Betrieb übernimmt. Heike Eberle führt als weibliche Nachfolgerin ein Bauunternehmen mit Erfolg und Feingefühl. In der Baubranche ist immer was los, auch während unseres Interviews. Frau Eberle ist ständig gefragt, nimmt sich aber die Zeit für uns und beeindruckt durch ihre Ehrlichkeit.

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Frau Eberle, Sie sind Geschäftsführerin eines Bauunternehmens in der dritten Generation. Was ist das Besondere an Ihrem Job? Ich liebe die Projektarbeit und mag es, dass nicht jedes Projekt gleich ist. Es gibt viel Abwechslung, immer sind die Anforderungen unterschiedlich. Zudem fasziniert es mich, dass hinter jedem Projekt Menschen stehen, die durch ihren Einsatz etwas Besonderes schaffen. Wie sieht ein klassischer Arbeitstag bei Ihnen aus? (Lacht) Meine Arbeitstage sind fast immer chaotisch. Einen klassischen Tagesablauf gibt es nicht und das ist auch gut so, denn ich mag keine Routine. Wenn ich an den Tag heute denke, ging es mit Mitarbeitergesprächen los, es folgten Telefonate mit Lieferanten und Architekten, ich musste mich um die Buchhaltung kümmern und habe noch einen Blogbeitrag in den Social Media Kanälen gepostet. Ach ja, und eine Antwort auf ein Schimmelproblem in einem Neubau musste her. War die Baubranche schon immer Ihr berufliches Zuhause? Nein, mich hat der Zufall in die Baubranche geführt. Ich war zuvor sechs Jahre bei einem Drogerie-Unternehmen tätig, danach

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Wie unterscheidet sich die Baubranche von anderen Branchen?

Baubranche

kurz in der Foodbranche. Durch Zufall bin ich auf eine Stelle in der Baubranche gestoßen und habe mich gegen 100 männliche Bewerber durchgesetzt! Irgendwann stand der Familienbetrieb meiner Eltern vor neuen Herausforderungen. Ja, seit 2012 bin ich Geschäftsführerin, seit letztem Jahr Inhaberin und Geschäftsführerin.

In der Baubranche wird schlecht kommuniziert. Das ist für mich gut, weil ich anders kommuniziere und das Verbesserungspotenzial gesehen habe. Generell herrscht ein anderes Miteinander, was auch daran liegt, dass die Branche eher altbacken ist. 80 % sind bodenständig und verwurzelt, dadurch fehlt es an Offenheit und neuen Impulsen. Doch auch diese Branche lernt dazu und das ist meine Chance. Berufe am Bau sind bekanntermaßen männerdominiert. Ist das immer noch so und wie setzen Sie sich durch? Ja, das stimmt. Es macht sich zwar langsam ein Wandel bemerkbar, aber es gibt

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immer noch mehr Männer. Ich würde sagen, dass ich mich mit einer Mischung aus Fachkompetenz, Anpackmentalität und Feingefühl behauptet habe. Aber es hat fast sieben Jahre gedauert. Es gab viele Mitarbeiter, die schon lange im Betrieb waren. Dann kommt da eine Frau, ohne technisches Wissen, noch dazu die Tochter des Chefs – das führte zu Akzeptanzproblemen. Zudem glaube ich, dass es wichtig ist, Menschen anzunehmen, wie sie sind. Heute bin ich durch eine transparente Tür für meine ICH WÜRDE SAGEN, Mitarbeiter greif bar DASS ICH MICH MIT und angreif bar.

­E INER MISCHUNG AUS FACHKOMPETENZ, ANPACKMENTALITÄT UND FEINGEFÜHL ­B EHAUPTET HABE.

Wirtschaft und Politik fordern seit Jahren mehr Frauen in technischen Berufen. Andererseits klaffen Theorie und Praxis auseinander. Wie sehen Sie das?

Ja, es wird gefordert, aber im Endresultat haben Frauen keine Chance auf höhere Positionen. Ganz ehrlich: Selbst im eigenen Familienbetrieb hatte ich damit zu kämpfen, dass mein Vater mir Vieles nicht zugetraut hat. Ich glaube fest, dass es in der Umsetzung nochmal 20 Jahre dauert, bis wir dort ankommen, wo wir hinwollen.

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Auf der Website und auf Facebook stehen Sie mit Ihrem Gesicht für den Betrieb. Liegt das daran, dass es Ihnen Spaß macht, oder hat es spürbar positive Auswirkungen, dass Sie das Bauthema weiblich besetzen? Ich würde sagen beides! Ich habe einfach angefangen zu bloggen und dann wurde daraus ein System. Der Baualltag ist sehr stressig, da ist das Schreiben ein Ausgleich. Dann gab es noch dazu positive Resonanz, das motiviert! Um auf das Weibliche zurückzukommen: Erst heute hatte ich eine ältere Dame am Telefon. Sie äußerte den Wunsch, von „Frau zu Frau“ bauen zu wollen. Ich glaube, es gibt Kunden ein gutes Gefühl, auch emotional beraten zu werden – es geht eben nicht immer nur um Technisches. Wie sehen die Trends in der Baubranche für 2016 aus? Ich denke, dass Bauen weiblicher und damit auch emotionaler wird. Die Kundenstruktur am Markt ändert sich. Gerade im privaten Wohnungsbau trifft die Frau zu 80 % die Entscheidungen. Und es wird mehr auf Qualität gesetzt, wertestabiles Sanieren ist ein wichtiges Stichwort. Bei uns in Rheinland-Pfalz wurde zum Beispiel wieder die Bauleiterpflicht eingeführt. Auch das zeigt: Der Trend geht zum Fachpersonal!

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Welche Rolle spielt weibliches Feingefühl in einer Männerbranche? Für mich spielt es eine große Rolle. Ich gehe zu vielen Terminen mit einem männlichen Kollegen. Am Ende der Verhandlung bin ich gedanklich oft schon einen Schritt weiter. Ich empfinde dieses Feingefühl als Geschenk und sehe es als Vorteil. Egal ob Kunden oder Mitarbeiter – wenn ich erkenne, wie jemand tickt, komme ich schneller zum Ziel. Ich lebe diese Intuition heute sehr stark, vielmehr als noch vor 30 Jahren. Das Thema seniorengerechtes Bauen ist für Sie ein Spezialthema, wie kam es dazu? Zum einen weil meine Mutter seit 15 Jahren pflegebedürftig ist. Mein Vater ist ebenfalls im Seniorenalter und unsere Kundenstruktur besteht auch zum größten Teil aus alten Menschen. Es ist für mich einfach ein Herzensanliegen, Menschen dabei zu begleiten, ihr Zuhause auf die dritte und wichtigste Lebensphase vorzubereiten. Sie könnten bauen, was Sie wollen, kein begrenztes Budget und keine Einschränkungen. Was wäre das? Eine spannende Frage, da habe ich so noch gar nicht drüber nachgedacht. Ich könnte

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mir ein außergewöhnliches Firmengebäude mit Wohlfühlcharakter für unsere Mitarbeiter vorstellen, um noch produktiver arbeiten zu können.

HEIKE EBERLE Jahrgang 1967, Dipl.-Betriebswirtin (BA) Geschäftsführerin des Familienbetriebs Eberle Bau Vorbild- und Vollblutunternehmerin "Handwerk bedeutet für mich, mit der Hand sichtbare Ergebnisse zu schaffen und das ist ein unschätzbarer Glücksfaktor" www.eberlebau-landau.de www.facebook.com/Eberlebau

SIMONE BLEIDT Freie Autorin & Bloggerin. Rheinische Frohnatur & Yoga-Junkie. Liebt das Schreiben, die digitale Welt und träumt vom eigenen Buch. Wenn sie nicht gerade in die Tasten haut, ist sie auf der Yogamatte zu finden. Interessiert sich für alles, insbesondere für Menschen. www.about.me/simonebleidt

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4 JUGENDLICHE 1 ENTSCHEIDUNG

Lesezeit: 7 Min

WIE JUNGE LEUTE ZUM HANDWERK KOMMEN UND WAS BETRIEBE DARAUS LERNEN KÖNNEN

Text: Alena Hecker Fotos: Torsten Hamacher

Schrauben, kneten, schleifen, montieren – Handwerker packen mit an, können gestalten und zusehen, wie etwas dank ihrer Arbeit entsteht. Doch Jugendliche in Deutschland haben offenbar andere Interessen. Auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz konkurrieren Schulabgänger seit Jahren vor allem um Stellen im Einzelhandel und dem kaufmännischen Bereich.

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Mathis Pohlgeers kann das nicht nachvollziehen. Als Sohn einer Drechslerin und eines Tischlers war es für den 20-Jährigen schon früh klar, wohin es gehen soll. „Ich war von Kindheit an mit meinem Vater in der Werkstatt und wusste, dass ich auf jeden Fall was mit Holz machen will.“ Mehrere Schulferien nutzt er dafür, um verschiedene Handwerksbetriebe kennenzulernen und sich den Beruf des Zimmermanns anzuschauen. In der neunten Klasse ist es dann so weit: Nach dem Praktikum in einer Zimmerei unterschreibt Mathis den Mathis Pohlgeers Ausbildungsvertrag – und sichert sich damit einen Platz für vier Jahre im Voraus. „Ich wollte einfach sicher sein und nach dem Abi nicht ohne Ausbildungsplatz dastehen.“ Offiziellen Statistiken zufolge ist diese Angst jedoch vollkommen unbegründet.

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„Über Tutorials auf Youtube sind schon viele bekannt geworden.“

Onur Kizil

Laut Zahlen des Bundesinstituts für Berufsbildung blieben im Jahr 2015 insgesamt 41.000 Ausbildungsstellen unbesetzt, so viele wie seit 1995 nicht mehr. Besonders betroffen war erneut das Handwerk. Hier waren zum Stichtag am 30. September noch 14.400 Stellen frei. Um sich vor allem in der jüngeren Generation bekannter zu machen, setzen einige Betriebe bereits auf Facebook-Auftritte, mit denen sie sich und ihre Arbeit präsentieren. Onur Kizil findet das sinnvoll. Der 21-Jährige hat eine Leidenschaft für

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Autos, schraubt gern in seiner Freizeit und kam über einen Bekannten zu einem Praktikum und schließlich auch zur Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker. Im Internet ist er oft auf der Suche nach Erklärvideos, wenn er bei Autoreparaturen nicht weiter weiß. Etwas Ähnliches könnte er sich auch für seinen Ausbildungsbetrieb vorstellen: „Über Tutorials auf Youtube sind schon viele bekannt geworden.“ KFZ-Werkstätten könnten so zeigen, wie ihre Arbeit aussieht und was sie drauf haben.

„Ich bin einfach ins kalte Wasser gesprungen, habe mir alles erklären lassen“

Wiebke Machate wusste anfangs gar nicht, in welche Richtung es für sie gehen Wiebke Machate sollte. Ein Bekannter ihres Vaters bot ihr schließlich ein Praktikum in seinem Unternehmen für Energietechnik an. „Ich bin einfach ins kalte Wasser gesprungen, habe mir alles erklären lassen“, so die angehende Anlagenmechanikerin. „Nie hätte ich gedacht, dass mir das so viel Spaß machen würde.“ Auf der

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Suche nach dem richtigen Beruf hat sich Wiebke Machate unter anderem auf Messen der Arbeitsagentur umgesehen. Mit ihrem jetzigen Ausbildungsbetrieb besuchte sie kürzlich einen Kindergarten und stellte dort sich und ihre Arbeit vor. „So etwas müssten die Unternehmen unbedingt auch in Schulen machen“, empfiehlt Lena Wilhelms sie. Die Firmen könnten sich so bei den Jugendlichen bekanntmachen und zeigen, wie ihre Arbeit und die Berufsaussichten aussehen.

Lena Wilhelms hat während ihrer Zeit auf der Berufsschule für Wirtschaft und Pflege den Spaß am Backen entdeckt und sich nach einem Praktikum für eine Ausbildung im Bäckerei-Handwerk entschieden. Für die Wahl des richtigen Ausbildungsbetriebes baute sie vor allem auf Empfehlungen im Bekanntenkreis und besuchte die einzelnen Bäckereien

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auch persönlich. Trotzdem würde auch sie den Firmen empfehlen, sich insbesondere im Internet zu präsentieren, um Jugendliche auf sich aufmerksam zu machen. „Auf Facebook könnte man Bilder von neuen Backwaren posten oder das Team vorstellen.“ Lena Wilhelms findet es schade, dass ihr Beruf oft als der einer „dummen Verkäuferin“ dargestellt werde. „Die meisten wollen was Höheres und viel Geld verdienen.“ Für sie ist die Ausbildung zur Bäckereifachverkäuferin jedoch genau das Richtige: „Im Büro sitzen wäre nie was für mich. Ich muss etwas Körperliches zu tun haben, mit Kunden reden können. Das macht mir Spaß.“

„Die meisten wollen was Höheres und viel Geld verdienen.“

ALENA HECKER lebt und arbeitet als freie Journalistin in Berlin. Sie schreibt für verschiedene Magazine und Tageszeitungen über Verbraucherthemen aller Art und ist beim rbb-Fernsehen als Autorin tätig. www.alena-hecker.de

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Waldemar Schanz hat sich bewusst für das Handwerk entschieden. Für ihn mussten die Betriebe sich nicht anstrengen, er ist aus Liebe zum Erschaffen zum Handwerk gekommen. Hier erzählt er uns, was die richtige Einstellung zum eigenen Beruf nicht nur für den Handwerker, sondern für den ganzen Betrieb bewirken kann. Wenn man die Leidenschaft und Freude am eigenen Gewerk rüberbringt, dann klappt’s auch mit dem Nachwuchs.

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Fast täglich erleichtern neue, innovative Produkte und Technologien die Arbeit. Das erfordert von jedem Handwerker Flexibilität, Kreativität und Offenheit gegenüber neuen Möglichkeiten. Somit wird im handwerklichen Beruf nicht nur die körperliche Ausdauer, sondern auch die geistige Leistungsfähigkeit gefördert. Man muss natürlich kein geborener Handwerker sein, doch man muss sich bewusst dafür entscheiden. Man muss sein Leben dem Handwerk widmen. Handwerk beansprucht viel Zeit, aber vor allem viel Energie. Sich die ganze Zeit über seine Tätigkeit zu beschweren, wie es viele leider tun, führt meiner Meinung nach zu nichts.

Lesezeit: 4 Min

Text: Waldemar Schanz

Man muss natürlich kein geborener Handwerker sein, doch man muss sich bewusst dafür entscheiden.

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Die innere E ­ instellung ist ­entscheidend Als junger Auszubildender habe ich mich mit voller Begeisterung und Motivation für das Handwerk entschieden. Schnell musste ich feststellen, dass ich so ziemlich der Einzige war, der mit so einer Einstellung seine Zimmererlehre ausübte. Von Beginn an haben mir viele Mitarbeiter geraten, meine Entscheidung noch einmal zu überdenken. „Im Handwerk hat man keine Zukunft mehr”, unkten sie. Nun, zum Glück bin ich von meiner Entscheidung nicht abgewichen. Die stete Weiterentwicklung der eigenen Fertigkeiten und Kompeten-

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Es ist nicht immer einfach, ein Handwerker zu sein, das muss ich zugeben. zen begleitet einen das ganze Leben lang. Ein guter Handwerker ist immer bestrebt sich weiterzuentwickeln. Jeden Tag seine Handwerkskunst zu verbessern, das ist es, was mich an meinem Beruf als Zimmerer so fasziniert und mich jeden Tag aufs Neue antreibt. Und das Handwerk bietet eben unglaublich viele Möglichkeiten, die eigenen Fähigkeiten und Stärken gezielt einzusetzen.

Welche Einstellung hast du zu deiner Arbeit? Die Einstellung, mit der du jeden Tag deiner Arbeit nachgehst, bestimmt den Grad deiner Ausgeglichenheit und Zufriedenheit. Du hast dabei die Wahl, deine Arbeit aus Leidenschaft auszuüben oder sie als notwendiges Übel anzusehen. 67

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Es ist kein Geheimnis, dass die richtige Einstellung zu deiner Tätigkeit der Schlüssel zu Glück und Erfolg ist. Handwerk ist für mich mehr als nur Arbeit. Ich habe mich bewusst für meinen Beruf als Zimmerer entschieden. Ja, es gibt viele Nachteile, doch Handwerk gibt dir auch viel zurück. Besonders, wenn du am Ende eines Projekts das ganze Bild siehst und dir bewusst wird, was du alles geleistet hast. Dabei steht man jeden Tag vor neuen Herausforderungen, die mich manchmal auch an den Rand des Wahnsinns treiben, mir schlaflose Nächte bereiten. Doch dann stehe ich jeden Morgen mit dem Gedanken auf, dass heute ein erfolgreicher Tag wird und alle Sorgen sind Geschichte. Man muss nur bereit sein, sich auf neue Herausforderungen einzulassen. Leider wurde das Image des Handwerkers in den letzten Jahren stark beschädigt. Der geeignete Nachwuchs fehlt. Die Wenigen, die ihren Weg doch noch ins Handwerk gefunden haben, sind oft unmotiviert und antriebslos. Das bedauere ich sehr, denn Handwerk ist ein sehr erfüllender Beruf.

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Deshalb ist es unsere Aufgabe, den Menschen zu zeigen, was Handwerk wirklich bedeutet. Wir müssen das Ansehen des Handwerks wieder vorantreiben. Es wird höchste Zeit, dass wir unsere Einstellung verändern. Es braucht die Leidenschaft der Handwerker, um das Image des Handwerks weiter zu verbessern. Wir müssen unsere Leidenschaft zum Handwerk wiederfinden. Zeigt allen Menschen, dass ihr stolz auf euren Beruf seid!

WALDEMAR SCHANZ Waldemar ist ein Pionier auf seinem Gebiet. Als leidenschaftlicher Handwerker und ambitionierter Blogger hat er es sich auf die Handwerknerds-Fahne geschrieben, seine Zunft ins rechte Licht zu rücken. Sein Anliegen ist es, mehr Menschen für das Wesen des Handwerks zu sensibilisieren und sie dafür zu begeistern.

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„DIE HAUEN EINFACH REIN” Handwerksbetriebe eröffnen Flüchtlingen neue Perspektiven

Lesezeit: 9 Min

Text: Juliane Reichert

Seit dem letzten Jahr suchen geflüchtete Menschen vermehrt Arbeit in Deutschland. Und in den Handwerksbetrieben fehlt der Nachwuchs. Die Handwerkskammer und einige Betriebe haben eins und eins zusammengezählt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Sie ist Flüchtlingsbeauftrage der Handwerkskammer Hannover und ziemlich erschöpft. Das Interview mit uns ist ihr fünftes heute und nebenbei hat sie Öffentlichkeitsarbeit betrieben, mit Ministerien geschrieben und an der Umsetzung ihres Projekts getüftelt. Dessen Fäden laufen bei Sabine Meyer nämlich zusammen. „Der Verwaltungsapparat ist noch am Entstehen, wir sind in kleinen

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Stellenanteilen elf Mitarbeiter und kümmern uns um jeden Schritt der Vermittlung selbst“, erzählt sie. Die ursprüngliche Zellbiologin vermittelt zwischen geflüchteten Menschen und Handwerksbetrieben, die Bedarf an Auszubildenden haben. „Das war alles ein mörderischer Zufall“, beginnt sie. Interkulturelle Kompetenz habe sie durch ihr persönliches und professionelles Umfeld immer besessen. Selbst auf ein solches Projekt gekommen wäre sie allerdings nie. Im Jahr 2008 wurde die Handwerkskammer Hannover Partner im Projekt AZF. Anfangs fristete diese Aufgabenstellung ein Schattendasein und wurde von allen Seiten eher belächelt als bewundert. „Als ich erkannte, dass Für Sabine Meyer die Arbeitsintegration von sind fehlende BeFlüchtlingen ein zukunftsweischulung oder sendes Thema wird, hab' ich Deutschkennnisse es einfach aufgehoben und mich darum gekümmert.“ Das keine unmöglichen Projekt IHAFA – IntegrationsVoraussetzungen. projekt Handwerkliche Ausbildung für Flüchtlinge und Asylbewerber, „und das stammt nicht von mir“, verspricht Meyer, ist ein neues Projekt und wurde 2015 federführend von der Handwerkskammer Hildesheim mit allen Handwerkskammern in Niedersachsen

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Foto: HWK Hannover

initiiert. Im Konkreten geht es also darum, Geflüchteten einen Job im Handwerk zu vermitteln. Das Instrument ist ein Maßnahmenkonstrukt – das ungewöhnlicherweise an das Job-Center und die Agentur für Arbeit gekoppelt ist. „Normalerweise gibt es unterschiedliche Maßnahmenverträge“, so Meyer: „Da greift das SGB II für anerkannte Arbeitssuchende, mit all seinen Unterstützungsmöglichkeiten. Für Menschen, die sich im Status der Gestaltung oder Duldung befinden, ist dieses Projekt eine gewaltige Verbesserung. Weil es auch für sie den Zugang zu den Fördermitteln über das SGB II ermöglicht, also Sprachförderung, Kompetenzfeststellung, all das.“ Thema „Sprache“, überhaupt! Die meisten geflüchteten Menschen kommen mit nur rudimentären

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Deutschkenntnissen, wenig oder keiner Beschulung: für Frau Meyer keine unmöglichen Voraussetzungen. Vorliegen müssen gerade einmal eine eingeschränkte Beschäftigungsbefugnis, eine Bleibeperspektive und ein Sprachniveau von mindestens B1. Denn „Warnschilder und technische Instruktionen sollten neue Mitarbeiter lesen und verstehen können.“ Das ist nachvollziehbar.

VON CASTINGS UND KFZ-MECHATRONIKERN Weniger nachvollziehbar ist für Sabine Meyer und ihr Team allerdings zunächst die Eignung der angehenden Handwerker. Weil es keine Papiere gibt, vor allem aber, weil der geflüchtete Mensch nicht zwingend der Tätigkeit, die er in der Heimat ausgeübt hat, weiterhin nach-


gehen möchte. Ein Leben in Deutschland bietet schließlich nicht nur andere Möglichkeiten, sondern auch neue Bedingungen. „In vielen Ländern werden Jobs nicht nach Eignung vergeben. Da läuft's übers Netzwerk. Und damit meine ich nicht eine Visitenkarte, die ich mal bei einem Empfang eingesteckt habe, sondern familiäre Beziehungen. Unsere Castings sind da für einige schon gewöhnungsbedürftig“, lacht Meyer. Und wenn sie von „Casting“ spricht, geht es nicht etwa um ein Foto, viel eher um ein Leben mit Perspektive. Durch Mailings zwischen Unterstützergruppen, Einrichtungen und Multiplikatoren findet ein erster Abgleich von Anforderungen und Fähigkeiten statt. Die persönlichen Vorstellungen der Flüchtlinge werden mit ersten angefertigten Werkstücken umzusetzen versucht, eigens formulierte Schriftstücke geben Auskunft über Alphabetisierung, Lernstatus und logisches Denkvermögen. „Klar, die persönlichen Wünsche der Bewerber spielen eine Rolle. In erster Linie geht's hier aber nicht um den Traumberuf – sondern

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um Möglichkeiten.“ Die meisten afghanischen Arbeitssuchenden, so Meyer, wollen Kfz-Mechatroniker werden. Dabei sei das Lernpensum dieser Ausbildung völlig unterschätzt und viele sähen erst während eines mehrtätigen Praktikums, wie gut es ihnen alternativ in der Metallverarbeitung gefiele. Auf wiederum einem anderen Blatt steht dann sowieso, was man gut kann und wo Bedarf besteht. So mancher Journalist wäre schließlich auch lieber Sänger.

„ER WAR VERSIERT UND KANNTE SEINEN JOB“ Ein Leben in Deutschland bietet also nicht nur neue Möglichkeiten, sondern auch bestimmte Bedingungen. Heidi Prigge leitet mit ihrem Mann die Bauunternehmung & Fliesenlegerei Prigge. Nach einem Erstkontakt im September letzten Jahres haben sie Gamal aufgenommen. Gamal kommt aus dem Südsudan und bereits während der ersten Tage wurde den Prigges klar, dass Gamal nicht zum ersten Mal Fliesen verlegt. Er sei aufgeschlossen gewesen und an Mitarbeitern sowie Betrieb interessiert. „Er war versiert und kannte seinen Job.“ Zu schön, um wahr zu sein? „Kulturell gab es, sagen wir mal, Problemchen hinsichtlich der Stellung der Frauen. Im Gegensatz zu der Gesellschaft, aus der

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Fotos: HWK Hannover


er kommt, muss er hier auch Weisungen von einer Frau befolgen. Das hat er mittlerweile verstanden; trotzdem wird er seine persönliche Einstellung nicht ändern, zu sehr ist diese im muslimischen Glauben verwurzelt,“ erzählt Prigge. Schnell habe sich herausgestellt, dass Gamal auf seiner Flucht in Hotels in Saudi-Arabien, der Türkei und in Griechenland gearbeitet hat. Die Erzählungen über seinen dortigen Arbeitsalltag zeugen von entsprechender Verwunderung über unseren Acht-StundenTag. Für die Prigges ist GaIntegration geht weit mal eine Bereicherung: „Durch über das Lernen der den täglichen Umgang lernen Sprache hinaus. Vielwir, dass Integration weit über mehr geht es um das das Lernen der Sprache hinausgeht. Viel eher geht es um jeweilige Werteverein Sprechen über das jeweiständnis. lige Werteverständnis. Wegen Ungeziefer hatten die Prigges in ihren Hallen jüngst Gift gestreut. Gamal und Herr Prigge hatten daraufhin Exkremente eines Kleintiers gefunden. „Delikatesse!“, soll Gamal gesagt und gelächelt haben. Im Grunde eine Szene, die sich anböte für Filme, die „Sudanesische Delikatessen“ hießen. Oder „Wo Träume Fliesen legen“.

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EIN MARATHON AUF UNBEKANNTEM TERRAIN In der Regel werden Integrationsprozesse mit solchen Darstellungen romantisiert. Das schürt falsche Erwartungen, Enttäuschung und Wut – ist aber unnötig. Nötig hingegen ist ein transparenter Prozess, den zu durchlaufen möglich ist. Heidi Prigge erzählt von einem „Behördenmarathon“, der die Zustimmung der Ausländerbehörde, die Eintragung in die Lehrlingsrolle, Informationsübergabe an das Sozialamt, das Einholen einer Steuernummer und die Versicherung von Gamal beinhaltet. Es folgt die Beantragung der Einstiegsqualifikation über das Arbeitsamt und die Beschaffung eines Nachweises, dass es auf dem deutschen Arbeitsmarkt keinen Bewerber gibt. „Es gab keine ausgetretenen Pfade, nur Neuland – für uns und für die Behörden,“ erzählt Prigge, mittlerweile froh, dass es ihnen für diesen Marathon nicht an Kondition fehlte. Auch Sabine Meyer wagt sich auf neues Terrain: „Wir müssen mit den Flüchtlingen, diversen Institutionen und dem Job-Center herausfinden, wie das effizienter geht, ohne dass die Beteiligten ihren Frustrationen erliegen. Dafür brauchen wir aber Geduld. Viel zu wollen ist gut, aber man muss ab und an auch sehen, was man geleistet hat“, so Meyer. Und recht hat sie. Bislang hat noch kein durch sie vermittelter Geflüchteter seinen

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Ausbildungsplatz gewechselt. Im Gegenteil, sie erlebt vor allem positive Überraschungen. „Neulich hatte ich ein Mädchen aus Ruanda, die war einfach großartig. Kommt an, lacht mich durch ihre Zahnlücke an, will Metallerin werden und klatscht eine Warteschlange von Männern regelrecht an die Wand“, schwärmt Die packen an und sie. An ihren Bewerbern schätzt haben Mut für sie vor allem, dass es nicht so Neues! viele „Zimperlichkeiten“ wie bei Deutschen gebe. „Die packen an und haben Mut für Neues“. Genau das legen Sabine Meyer und Heidi Prigge auch anderen Handwerksbetrieben ans Herz.

SABINE MEYER ist Projektleiterin in der Handwerkskammer Hannover und Ansprechpartnerin für alle Fragen rund um Flüchtlingsprojekte oder Asylanten im Betrieb.

JULIANE REICHERT Juliane Reichert promoviert in Berlin über Hannah Arendt und schreibt nebenbei über alles zwischen Philosophie, Reisen und Whisky - wenn möglich auch in Kombination. In ihrer Freizeit tut sie genau dasselbe.

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mitarbeiter rechtssicher abwerben

Checkliste Lesezeit: 4 Min

Was ist bei der Einstellung von Flüchtlingen zu beachten?

Text: Nuna Hausmann

Wir haben die wichtigsten Fragen für Sie beantwortet. Ihre Frage ist nicht dabei? Dann schreiben Sie uns eine E-Mail an mail@werkstueck-magazin.de

wann kann ein flüchtling arbeiten? Aufenthaltserlaubnis = Arbeitserlaubnis währenddessen: Aufenthaltsgestattung unsichere Version: Duldung

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Eine Aufenthaltserlaubnis und dadurch die Möglichkeit zu arbeiten erhalten Flüchtlinge aus Nicht-EU-Ländern, die aus humanitären oder politischen Gründen Asyl erhalten. Die Antwort auf einen Antrag hierfür kann sich bis auf unbestimmte Zeit hinziehen, daher erhalten die Flüchtlinge währenddessen eine Aufenthaltsgestattung, die ihnen erst nach drei Monaten erlaubt zu arbeiten. Die Arbeit muss während dieser Zeit durch die Agentur für Ar-

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beit erlaubt werden. Die Sicherung einer dauerhaften Erlaubnis ist dadurch aber leider keinesfalls gegeben. Die unsichere Version eines Aufenthaltstitels ist die Duldung. Der Asylantrag wurde in diesem Fall zwar abgelehnt, die Person aber aus humanitären Gründen nicht abgeschoben. Flüchtlinge mit einer Duldung brauchen eine Arbeitserlaubnis von der Agentur für Arbeit. Diese verteilt die Agentur je nach Situation des Arbeitsmarktes in der jeweiligen Branche. Daher können geduldete Flüchtlinge erst drei Monate nach ihrer Einreise arbeiten.

welche hindernisse gibt es bei der einstellung? Die Arbeitsagentur prüft, ob es in Deutschland oder in der EU einen passenden Bewerber für die Stelle gibt. Diese sogenannte Vorrangprüfung lässt jedoch noch kein Arbeitsverhältnis zustande kommen, auch wenn sich Flüchtling und Arbeitgeber schon einigen würden. Daher muss der Handwerksbetrieb die Prüfung durch das Arbeitsamt abwarten, bevor er sich mit möglichen Kandidaten in Verbindung setzt. Diese Regelung wird aber gerade von der Politik auf Zulässigkeit geprüft und soll auf Vorschlag demnächst für zwei Jahre ausgesetzt werden. Die Prüfung entfällt jedoch, wenn der Bewerber schon

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Vorrangprüfung = Prüfung, ob es in Dtl./ EU passenden Bewerber für die Stelle gibt (Stand: April 2016) entfällt bei:

––15 Monate rechtmäßiger Aufenthalt in Dtl. ––Mangelberuf ––Gewerk mit besonders starkem Fachkräftemangel ––qualifizierte Arbeitskräfte mit anerkanntem Abschluss APRIL 2016


seit 15 Monate rechtmäßig in Deutschland lebt oder wenn es ein Bewerber auf einen der Mangelberufe ist oder wenn es um ein Gewerk geht, in dem besonders starker Fachkräftemangel herrscht. Auch qualifizierte Arbeitskräfte, die ihre Abschlüsse anerkennen lassen können, werden von dieser Regelung ausgenommen. Bei geduldeten Flüchtlingen zählen diese Sonderregelungen wiederum nicht. Weiterführende wichtige Links: 88 Anerkennung der Arbeitstitel 88 Fachkräfte ­bedarf

Für ein reibungslosen Ablauf wird ein Mitarbeiter, der den gesamten Prozess organisiert, für die Einstellung zugewiesen. Vom Aushang im Flüchtlingsheim bis zur Einstellung gibt es viele Hürden und viel Bürokratie zu überwinden. Diesen Weg sollte man als Unternehmen gemeinsam mit dem Flüchtling gehen, Mitarbeiter in die Verantwortung nehmen und Ansprechpartner bereitstellen.

praktikum für flüchtlinge?

Ein Praktikum, das nicht unter den Mindestlohn fällt und höchstens drei Monate dauert, können Flüchtlinge auch ohne Absetzung durch die Agentur für Arbeit beginnen. Ausgenommen sind davon die Pflichtpraktika einer schulischen oder universitären Veranstaltung.

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was muss man bei arbeitsverträgen beachten? Flüchtlinge mit einer Arbeitserlaubnis sind deutschen Arbeitnehmern gleichgestellt und erhalten einen regulären Arbeitsvertrag. Für eine Aufenthaltserlaubnis auf Zeit kann vorerst ein befristeter Vertrag die erste Zeit überbrücken und ein Arbeitsverhältnis und dadurch ein Einkommen für den Flüchtling ermöglichen. Der Vertrag kann auch so gestaltet sein, dass der Arbeitsvertrag so lange bestehen bleibt, wie die Arbeitserlaubnis gewährt wird. So kann die gesamte Dauer ausgenutzt werden, ohne neue Verträge und Verlängerungen abschließen zu müssen.

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Regulärer Arbeitsvertrag für Flüchtlinge mit Arbeitserlaubnis Befristeter Vertrag für Flüchtlinge mit Aufenthaltserlaubnis flexibel gestaltbar

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Wie stellt man sie dar?

Die Vielfalt des Handwerks

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Vo m H o p f e n b i s z u r O p e r Für einen kurzen Augenblick in andere Arbeitswelten eintauchen. An der Freu­ de des jeweiligen Gewerkes teilhaben. Die Sicht auf ihr Handwerk nachemp­ finden. Das wollen wir mit unseren por­ trätierten Handwerkern auch Ihnen er­ möglichen. Dabei zeigt sich nicht nur die Vielfalt der Gewerke innerhalb des Handwerks, sondern auch unterschied­ lichste Persönlichkeiten und Lebens­ geschichten. Für unsere erste Ausgabe wählten wir verschiedene Menschen und Betriebe aus Berlin. Weitere Städte werden folgen, aus allen Himmelsrich­ tungen, denn das Digitale kennt keine Landesgrenzen. Unsere Portraits finden sie überall im Heft verteilt. Sie können sie an der Überschrift "Werkstückler" erkennen.

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– Werkstückler –

Thorsten Schoppe Brauer

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Fotos: Jan Motyka

Thorsten Schoppe Brauer www.pfefferbraeu.de

Für das Pfefferbräu, das Restaurant und Brauerei in sich vereint, stellt Thorsten Schoppe das hauseigene Pfefferbräu her. Seit seiner Eröffnung hat das Pfefferbräu nun schon die eigene Brauerei für frisches Bier direkt aus dem Kessel im Schankraum. Unter seinem eigenen Namen braut er das ­Schoppe Bräu, bei dem er seine Kreativität mit ­experimentelleren Bieren ausleben kann. Wie sind Sie zu Ihrem Beruf gekommen? Das war tatsächlich Zufall. Ich wollte eigentlich Lehrer werden und bin zum Arbeitsamt gegangen und habe mir angeschaut, was ein Lehrer so machen muss, kann und verdient und das hat mir alles nicht so gut gefallen und über ein paar Umwege bin ich dann auf Braumeister gestoßen. Und weil das so ein lustiger, exotischer Beruf ist, habe ich gedacht, das könnte zu mir passen, und habe dann einfach angefangen. Im Nachhinein habe ich

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Braue

festgestellt, mein Nachname kommt sogar vom Bierbrauen, also vermutlich war es Intuition, die mich zu diesem Beruf gebracht hat. Was begeistert Sie an Ihrem Beruf? Kreativität, würde ich sagen. Ich habe mich bewusst dagegen entschieden, in eine große Brauerei zu gehen und da am Freitag um 14 Uhr den Hammer fallen zu lassen. Ich wollte immer was eigenes machen, und hier kann ich bestimmen und kann neue Sachen ausprobieren. So kann ich Abwechslung haben und mir wird nicht langweilig. Was begeistert Sie am Handwerk? Es ist einfach etwas, das mir liegt, ich bin nicht so ein Mensch, der den ganzen Tag am Schreibtisch sitzt. Ich beweg mich einfach gern. Im Handwerksberuf muss man sich bewegen und es ist etwas, was einen bewegt. Was haben Sie nicht erwartet, als Sie Ihren Beruf anfingen? So viel Presse und Interesse von einer breiten Öffentlichkeit. Was bedeutet Ihr Beruf für Sie in einem Satz? Etwas herzustellen, was anderen Leuten Freude bereitet.

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Sebastian Rost Stuckateur

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Texte: Nuna Hausmann Fotos: Saskia Bauermeister

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Sebastian Rost Stuckateur, Ornament & Architektur www.sebastian-rost.de

Der Stuckateurmeister und Restaurateur Sebastian Rost hat seinen Ein-Mann-Betrieb zu einer großen Firma ausgebaut, die mit ihren 27 Mitarbeitern gerade die Stuckarbeiten für die Staatsoper Berlin übernimmt. Sein Spezialgebiet sind denkmalgeschützte Häuser und Häuserfassaden, an die er auch gern noch selbst Hand anlegt, wenn es die Büroarbeit zulässt. Wie sind Sie zu Ihrem Beruf gekommen? Ich wurde nicht zum Abitur zugelassen und da sagte mein Vater: „Bewirb dich mal bei der VEB-Denkmalpflege, das Handwerk hat goldenen Boden”. Ich war der Einzige, der ohne Beziehungen zugelassen wurde. Sie boten mir an, zwischen Stuckateur und Zimmermann zu wählen. Ich wusste zwar, was ein Zimmermann ist, aber unter dem Beruf Stuckateur konnte ich mir nichts vorstellen. Und bei Zimmermann dachte ich: bloß nicht die schweren Bal-

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ken schleppen, also werd' ich mal Stuckateur. So viel zu meiner Entscheidung, diesen Beruf zu erlernen – Glück gehabt! Was begeistert Sie an Ihrem Beruf? Er ist sehr vielfältig. Mit Stuck kann man einfach unglaublich viele Dinge tun. Stuck und Putz kann ganz viele Oberflächen veredeln, die Möglichkeiten sind riesig. Ich kann Gewölbe bauen, ich kann Ornamente frei Hand modellieren, ich kann Marmor imitieren … man kann einfach alles damit machen. Was begeistert Sie am Handwerk? Meine Töchter habe ich darauf eingeschworen, dass sie einen Handwerksberuf lernen müssen. Sie müssen nicht Handwerker werden, aber sie sollen zumindest eine Ausbildung haben – etwas Handwerkliches erlernt haben. Diese Idee, dass man etwas hinterlässt, was sichtbar ist, was andere Leute betrachten, befühlen und bemerken können, das macht für mich das Handwerk aus. Was haben Sie nicht erwartet, als Sie Ihren Beruf anfingen? Ich bin mit einer ganz großen Arroganz in diesen Beruf gegangen. Ich hatte eine sehr gute Schule besucht und dachte, Handwerker sind alle doof. Mein erster Tag in der Werkstatt lief aber ganz anders

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ab. Ich habe mich vorgestellt und dann gab es die erste Pause. Da saß der eine in der Ecke und hat ein Buch über Rom gelesen und schon bald begann eine rege Diskussion über die Geschichte Roms. Man

Ich begeistere meine Kunden für die Schönheit ihrer denkmalgeschützten Häuser und zeige ihnen, dass die Handwerkskunst, die darinsteckt, etwas sehr Besonderes ist. sprach über Dinge, die ich nicht kannte. Ich war nicht sehr geschichtsaffin, Mythologie war eher eine Stärke von mir. Ich war ehrlicherweise überrascht, welche Intelligenz vorherrschte, beziehungsweise welche Bildung ich antraf!

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Fotos: Saskia Bauermeister

Matt Beels Gitarrenbauer, Guitar Wars Werkstatt www.guitarwars.de

In seinem Laden im Prenzlauer Berg repariert Matt Beels Gitarren für die Hauptstädter. Seit 13 Jahren in Deutschland, hat der Amerikaner mit seinem handwerklichen Betrieb hier ein festes Standbein gefunden, das ihn mit Berlin verbindet. Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf? Es war erstmal nur ein Hobby, weil ich Gitarren schon immer toll fand und es geliebt habe dieses Instrument zu spielen. Es macht wenig Sinn, mit Instrumenten zu arbeiten und nicht selber testen zu können wie das Instrument klingt. Der Aufbau von Gitarren hat mich schon immer fasziniert, und ich fing an sie zu reparie-

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Gitarren

ren und selber zu bauen. Es war die Zeit, wo man in Amerika einzelne Gitarrenteile kaufen und dadurch seine ganz individuelle Gitarre zusammenbauen konnte. Nach meiner Ausbildung habe ich das Ganze dann zu meinem Beruf gemacht. Was mögen Sie am liebsten an Ihrem Beruf? Ich erfreue mich an dem gesamten Arbeitsablauf. Klar gibt es kleine Arbeiten, die langweilig sind, so wie überall, aber das ist nicht ausschlaggebend. Was mich am meisten erfüllt, ist die Genugtuung, ein Instrument von A nach B zu bringen. Ich bekomme viele Gitarren, die in einem fürchterlichen Zustand sind. Wenn ich eine Gitarre wieder reparieren kann, bin ich sehr stolz. Was mögen Sie am Handwerk? Ich mochte es schon immer, mit Werkzeug zu arbeiten. Mein Vater hat viel im Haus gearbeitet und es lagen immer ein paar Werkzeuge bei uns herum. In der Garage hatten wir eine Bandund eine Tischsäge und das hat auf jeden Fall geholfen, mich für die handwerkliche

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Arbeit zu interessieren. Handwerkliche Arbeit ist zufriedenstellend. Du kannst etwas erschaffen, mit nur wenigen Mitteln. Du kannst Sachen retten, ihnen dabei behilflich sein, weiterzuleben. Das finde ich cool. Was haben Sie nicht erwartet, als Sie Ihren Beruf anfingen? Ich hatte eigentlich keine wirklichen Schwierigkeiten, damit Geld zu verdienen. Ich habe schnell und einfach Kunden gefunden, das hatte ich mir schwerer vorgestellt. Ich kann davon leben und es kamen keine großen Überraschungen auf mich zu - zumindest nicht, womit nicht jeder Gründer rechnen muss. Was bedeutet Ihr Beruf für Sie in einem Satz? Ich hole das Beste aus den Gitarren heraus und gebe ihnen dadurch eine zweite Chance.

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ORDNUNG I S T DA S H A L B E L E B E N Zeit sparen, Ordnung halten. Leichter gesagt als getan, wenn das Werkzeug im Koffer herumfliegt und alles kreuz und quer liegt. Rund um das Thema Ordnung soll es daher auf den nächsten Seiten gehen. Jörg Wiebking gibt Tipps rund um Kostensenkung bei der Montage, und unser Partner Sortimo zeigt, wie das Innere des eigenen Wagens um ein Vielfaches ordentlicher werden kann.

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So senken Sie Montagekosten!

Lesezeit: 10 Min

Praxistipps aus dem Tischlerhandwerk: Die richtige Planung spart Geld

Runter mit Kosten und unproduktiven Arbeitszeiten: In der Montage haben viele Betriebe noch reichlich Luft. Es geht um viel Geld – das Sie durch bessere Planung sparen könnten.

Die Montage beim Kunden ist für viele Handwerksbetriebe ein wichtiger Teil der Leistungserbringung. Hier wird Geld verdient. Und hier geht oft viel kostbare Zeit verloren. „Wenn zum Beispiel in Tischlereien bis zu ein Drittel der Arbeitszeiten auf Montage entfällt, ist die Optimierung in diesem Bereich sehr wichtig“, betont Ralf Bickert vom Technologiezentrum Holzwirtschaft (TZH) in Dortmund. Auf durchschnittlich 11 Prozent schätzt er den Anteil der Störzei-

Text: Jörg Wiebking

ten bei einem Montageeinsatz. Das alleine sind schon 52,8 unproduktive Minuten pro Monteur und Tag. Viel Zeit geht nach Bickerts Erfahrung in der Vor- und Nachbereitung der eigentlichen Montage verloren. Mehr als 100 Montageeinsätze von 7 Tischlereien haben Mitarbeiter des TZH begleitet und analysiert. Dabei haben sie Erstaunliches beobachtet – und Tipps entwickelt, die auch für andere Gewerke hilfreich sein dürften:

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Foto: Saskia Bauermeister

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AN DEN BESTEN ORIENTIEREN!

„Wer wirklich wissen will, was an Zeitersparnis drin ist, der sollte sich die besten Betriebe anschauen“, rät Bickert. Während einer der besten Teilnehmer der Studie auf durchschnittlich 66 Prozent echte Montagezeit kam (Störzeiten: 1 Prozent), landete ein Vergleichsbetrieb bei gerade einmal 14 Prozent Montagezeit (Störzeiten: 27 Prozent ). O RG A N I S AT I O N & KO M M U N I K AT I O N

„Viele Tischler meinen, dass es vor allem um ein technisches Problem geht, das sich mit ein paar Hilfsmitteln lösen lässt“, hat Bickert festgestellt. Seine Erfahrung sieht anders aus. „Oft sind es organisatorische Fragen. Strukturen und Kommunikation sind die zentralen Themen.“ Wenn Mitarbeiter während der Rushhour durch die Stadt fahren, den Hausmeister suchen müssen und Werkzeug nicht dabei haben, dann hat das viel mit Organisation und Kommunikation zu tun.

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SENSIBILISIEREN & BETEILIGEN

Nur die Monteure wissen, was auf den Baustellen schiefläuft und woran das liegt. Oft halten Gesellen Probleme während der Montage jedoch für ganz normal. „Dass der Schlüssel für den Bauzaun gefehlt hat oder erst noch ein Vorsprung weggestemmt werden musste, ist vielen Mitarbeitern keine Erwähnung wert.“ Doch ohne solche Rückmeldungen kann es keine Verbesserungen geben.


Wichtige Zeitkiller verbergen sich hinter den Posten, die zu jeder Montagevor- und -nachbereitung gehören: Auftragsbesprechung, Fahrzeugbeladung, Reisezeiten, Baustelleneinrichtung, Baustellenräumung und Aufräumarbeiten.

4 BEISPIELE

So leicht lassen sich Abläufe verändern

Wo viel Zeit verloren geht, macht Bickert an einigen Beispielen deutlich:

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Beispiel Aufmaß: Wichtige Informationen sammeln und weitergeben

Informationen, die der Chef beim Aufmaß sammelt, werden oft nicht genutzt oder weitergegeben. „Es wäre doch nützlich, wenn der Chef beim Aufmaß registriert, dass der nächstgelegene Parkplatz 400 Meter entfernt ist“, meint Bickert. Zumindest sollten

die Gesellen das vor dem Einsatz wissen. Noch besser wäre es, wenn der Chef sich schon vorher nach einem vernünftigen Zugang umsieht, damit seine Mitarbeiter nicht zu viel Zeit mit Schleppen vertun müssen.

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Beispiel Planung: Nicht am falschen Ende sparen

Auch in der Planung und Fertigung können Betriebe dazu beitragen, die Montagezeiten beim Kunden deutlich zu verringern. „Wer zum Beispiel bei Konstruktion und Beschlägen nicht vorausschauend plant, muss damit rechnen, dass die Montage entsprechend kompliziert ist und länger dauert“, warnt Bickert.

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Beispiel Vorbesprechung: Warum nicht am Abend vorher?

In vielen Betrieben ist es Standard, Aufträge am frühen Morgen vor dem ersten Einsatz zu besprechen. „Was spricht eigentlich dagegen, diese Besprechung am Abend vorher durchzuführen?“, fragt der Experte. Der Vorteil: Mitarbeiter können sich morgens auf dem Weg in den Betrieb schon einmal Gedanken über die vor ihnen liegende Aufgabe machen. „Wenn dann Fragen auftauchen, kann sie der Mitarbeiter noch vor dem Einsatz klären.“

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Beispiel Fahrzeiten: Behandeln Sie Ihren wichtigsten Mann auch so!

Der wichtigste Mann in einem Montageteam ist fast immer auch derjenige, der den Wagen zur und von der Baustelle fährt. „Dass derjenige den Wagen fährt, der die Baustelle organisiert, die wichtigsten Aufgaben wahrnimmt und oft auch die schwerste körperliche Arbeit leistet, ist völlig unsinnig“, meint Bickert. Dieser Mitarbeiter wäre seiner Ansicht nach auf dem Beifahrersitz besser aufgehoben. „Dann kann er auf der Hinfahrt anhand von Unterlagen schon die Baustelleneinrichtung planen oder per Handy Fragen klären und auf der Rückfahrt zum Beispiel den Montagebericht ausfüllen.“ Bickerts Rat: „Um die unproduktiven Fahrtzeiten besser zu ­nutzen, kann es sich für einen Betrieb lohnen, einem anderen Mitarbeiter den Führerschein aufzustocken, damit der wichtigste Mann Kopf und Hände frei hat.“

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Im Heck lauert das Kostengrab Ordnung im Firmenwagen zahlt sich aus Wer die Montagekosten senken will, sollte auch die Ausstattung seiner Firmenwagen auf den Prüfstand stellen. Denn Mitarbeiter, die ständig im Heck ihres Wagens abtauchen, kramen und suchen, machen keinen guten Eindruck – und verbrennen bares Geld. Drei Minuten Suche nach einem Steckschlüssel? Macht 2,10 Euro für eine typische Tischlerei mit 70 Cent Arbeitskosten pro Minute. Fünf Minuten Ein- und Ausräumen, um an den Wechsel-Akku zu kommen, der hinter ein paar Paletten gerutscht ist? Schon sind weitere 3,50 Euro futsch. Kosten, die eine professionelle Fahrzeugausstattung mit einem cleveren Ordnungssystem ohne weiteres einsparen kann.

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UND SO EIN ORDNUNGSSYSTEM IST ZUM BEISPIEL GLOBELYST VON SORTIMO. Globelyst ist die bewährte Fahrzeugeinrichtung von Sortimo, die ein maximales Maß an Flexibilität bei größtmöglicher Sicherheit und Ordnung bietet. Dabei kann das Regalsystem an die individuellen Arbeitsabläufe unterschiedlichster Branchen angepasst werden und hilft dem Handwerker so dabei, sich professionell, sicher und wirtschaftlich auf die eigentliche Aufgabe konzentrieren zu können.

Ganz einfach im Baukastensystem, lassen sich die Regale, die es für unterschiedlichsten Nutzfahrzeugtypen gibt und die fest in das Auto montiert werden, bestücken.

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S O RT I M O „ O R D N U N G F Ü R M E H R E F F I Z I E N Z “ Die Sortimo International GmbH ist führender Hersteller von Fahrzeugeinrichtungen und mobilen Transportlösungen. Neben Regalsystemen für alle leichten Nutzfahrzeuge produziert Sortimo BOXXen- und Koffersysteme für Handwerk, Handel und Industrie. Das Unternehmen hat seinen Firmensitz und einzigen Produktionsstandort im bayerischen Zusmarshausen und beschäftigt rund 1.000 Mitarbeiter weltweit. Mit neun Niederlassungen und 23 Sortimo-Stationen in Deutschland sowie der Präsenz in über 35 Ländern ist Sortimo international ausgerichtet. www.sortimo.de

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Wer sich vorher über das umfangreiche Programm informieren möchte, kann sich die Broschüre hier downloaden. BROSCHÜRE

Sortimo HD – für alle die es härter mögen!

Nicht ganz so einfach, wie die Bestückung des Globelyst, hat es uns die Sortimo HD-Einrichtung gemacht. Das „Heavy-Duty“-System für die besonders extremen Beanspruchungen haben wir einem echten Härtetest unterzogen. Sehen Sie selbst, wer als Sieger aus dem Wettbewerb hervorgegangen ist. DA S V I D E O G I B T E S H I E R Z U S E H E N :

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WIE WIRD MEIN AUTO FIT? MIT SORTIMO!

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Text: Alena Hecker Fotos: Cristopher Santos

Die gezeigten Beispiele von vollständig sortierten Nutzfahrzeugen wecken sofort das Neid-Gefühl. Doch wie kommt man selbst an ein solch durchorganisiertes Auto, ganz auf die eigenen Bedürfnisse des Betriebs abgestimmt? Werkstück hat den gesamten Prozess mitverfolgt und die Austattung des Betriebsfahrzeugs des Elektrikers Elektro Lemme aus Ahrensfelde verfolgt. Wir nehmen Sie mit aufs Beratungsgespräch bis hin zur finalen Abnahme des Wagens!

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ür ID gsdatum

DER PROZESS Elektro Lemme GmbH 20160302_11233_ASNE_13140 2015-01-26 Verkaufsberater / Daniel Markowski

BERATUNGSGESPRÄCH BEIM KUNDEN S. 122

ückseite (Maßangaben sind unverbindlich)

PLANUNG & AUFMASS S. 126

UMBAU DES WAGENS S. 128

ÜBERGABE DES FAHRZEUGS BEIM KUNDEN S. 130

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Aus Liebe zur

ORDNUNG Erfahrungsbericht eines Elektrikers Schon mal eine kleine Schraube in einer großen Werkzeugkiste gesucht? Oder sich darüber geärgert, dass der Hammer mal wieder nicht an seinen üblichen Platz zurückgelegt wurde? Im Privathaushalt bieten solche Situationen die ideale Vorlage für einen handfesten Streit über Ordnung und Sauberkeit. Nach der Versöhnung ist dann meist alles vergessen und jeder legt die Dinge wieder dahin, wo es ihm gerade passt.

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Wer jedoch beruflich darauf angewiesen ist, auch kleinste Teile schnell und zuverlässig am richtigen Platz zu finden, kann sich Unordnung schlichtweg nicht leisten. Tischler, Mechaniker und viele andere Handwerker, die ihren Service vor Ort beim Kunden anbieten, nutzen ihr Fahrzeug häufig als eine Art rollendes Lager. Hier bewahren sie ihre Werkzeuge für die alltägliche Arbeit auf, lagern Ersatzteile und transportieren wichtige Arbeitsgeräte. Wer dabei mit System und Ordnung an die Auf bewahrung seiner Utensilien herangeht, ist klar im Vorteil.

Andreas Lemme arbeitet als selbstständiger Elektriker in Berlin-Ahrensfelde. Ende der 1990er Jahre hat er den Betrieb seines Vaters übernommen. Zu der Zeit wurde die Firma noch vorwiegend für Arbeiten im Kabeltiefbau engagiert, doch nach und nach strukturierte Lemme um: „Wir sind jetzt vor allem

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im Gewerbebereich und in Privathaushalten unterwegs, haben Großkunden in der ganzen Region Berlin-Brandenburg" Wenn im Supermarkt eine Leuchte oder auch die Datenanbindung der Kassen nicht funktioniert - ist Elektro Lemme gefragt. Dementsprechend häufig sind er und seine Mitarbeiter unterwegs. „In unseren Fahrzeugen transportieren wir unter anderem Leuchtmittel und unterschiedliche Arten von Messgeräten“, zählt der Elektriker auf. Da der Kunde pro Auftrag in der Regel nur eine Anfahrt bezahlt, setzt der Firmenchef auf große Fahrzeuge, in denen er möglichst alles mitnehmen kann, was er vor Ort braucht. Damit die Dinge dort auch wirklich an ihrem Platz liegen und schnell zur Hand sind, lässt er die

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Firmenwagen mit professionellen Auf bewahrungssystemen ausstatten. Die Sortimo International GmbH gilt hierbei als führender Hersteller. Seit mehr als 40 Jahren entwickelt das Unternehmen individuelle Fahrzeugeinrichtun-

genau in einen Metallkoffer passten – die Geburtsstunde des legendären KM 321, mittlerweile als Industriestandard bekannt. Auch bei Elektro Lemme in Ahrensfelde sind die Metallkoffer, die noch zu Zeiten des Seniors angeschafft wurden, immer noch treu im Ein-

gen für Firmen in den Bereichen Handel, Handwerk und Industrie. Angefangen hat alles zu Beginn der 1970er Jahre mit einer Idee von Herbert Dischinger, Gründer eines Großhandels für Befestigungstechnik in Augsburg. Um die Unmengen von Schrauben und Dübel ordentlich verstauen zu können, entwickelte er kleine Boxen aus Kunststoff, die haar-

satz. Muffen, Klemmen und kleinere Bauteile finden hier ihren Platz. „Mir geht es zum einen um die sichere Auf bewahrung“, erklärt der Unternehmer. Niemand könne es sich leisten, Leuchtmittel im Wert von 20 bis 40 Euro pro Stück durch schlechte Ladung oder Bremsmanöver zu zerstören. Genauso wertvoll ist Andreas Lemme aber auch seine Arbeits-

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zeit: „Eine Stunde kostet 40 Euro. Wenn Sie davon zehn Minuten lang eine Schraube suchen, dann tut das jedem weh.“ Bei Sortimo hat er sich für einen seiner neuen Wagen Schubboxen fertigen und einbauen lassen. Dafür diskutiert er vorab mit seinen Mitarbeitern darüber, welche Arbeitsmaterialien an welchem Platz im Fahrzeug verstaut werden müssen: „Wenn Kollegen da gute Ideen entwickeln, werden die auch umgesetzt.“ Danach geht es an die konkrete Planung. Zusammen mit Daniel Markowski, technischer Verkaufsberater von Sortimo, überlegt Lemme, wie das Aufbewahrungssystem zusammengesetzt und eingebaut werden kann. Diese Beratung erfolgt immer beim Kunden vor Ort. „Es ist wichtig, sich das anzuschauen und zu fühlen“, so der Elektriker. Immerhin gehe es dabei um eine Menge Geld. In seinem Vorführwagen kann der Verkaufsberater ganz praktisch demonstrieren, wie die unterschiedlichen Boxen und

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Schubfächer funktionieren, Kunden können sich von der Qualität des Materials überzeugen, selbst Hand anlegen oder auch Probestehen. „Mein Chef sieht es nicht gern“, sagt Markowski augenzwinkernd, als er sich auf die moderne Alternative zum legendären KM 321 stellt. „Aber ich sage immer: Stellen Sie sich drauf, springen Sie drauf – es hält.“ Schließlich erstellt Markowski zusammen mit seinem Kunden am Laptop einen Plan, wie das fertige System im Fahrzeug aussieht: „Ähnlich wie bei der Küchenplanung wird dabei ausgetüftelt, was wie am besten reinpasst.“


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Als Verkaufsberater hat ­ Daniel Markowski immer wieder mit Unternehmern zu tun, bei deren Ordnungssinn er am liebsten die Hände über dem Kopf zusammenschlagen würde.

endlich als viel zu teuer ablehnte. „Einen Monat später kam dann plötzlich der Auftrag bei Sortimo rein, der Kunde hatte noch nicht einmal den Preis nachverhandelt.“

Einmal arbeitete er für einen potenziellen Kunden ein Konzept Angebot für Elektro Lemme GmbH 20160302_11233_ASNE_13140 aus, AngebotsID das der Handwerker letztErstellungsdatum 2015-01-26

Als Markowski nach dem Grund für den Sinneswandel fragte, erzählte der Handwerker, er sei

Ersteller

Ansicht linke Seite

Ansicht rechte Seite

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Verkaufsberater / Daniel Markowski


mit seinem Wagen von der Polizei angehalten worden und habe wegen Überladung und fehlender Sicherheit einen Punkt in Flensburg bekommen. „Das hat ihm dann doch zu denken gegeben“,

"MARKOWSKI ERSTELLT ZUSAMMEN MIT KUNDEN AM Angebot für Elektro Lemme GmbH LAPTOP EINEN PLAN, WIE DAS AngebotsID 20160302_11233_ASNE_13140 FERTIGE SYSTEM IM FAHRZEUG Erstellungsdatum 2015-01-26 Ersteller AUSSIEHT."Verkaufsberater / Daniel Markowski Ansicht Rückseite (Maßangaben sind unverbindlich)

so Markowski. „Es ist ganz gut, wenn der Handwerker zu uns kommt, weil er begreift: So geht’s nicht weiter.“ Für den Elektriker Andreas Lemme geht es bei den Ordnungssystemen auch um die richtige Außenwirkung. „Es ist die Frage, wie Sie beim Kunden erscheinen. Wenn Sie die Tür aufmachen und alles purzelt raus“, er wiegt den Kopf hin und her, „naja…“ Mit der Ausstattung seines neuen Fahrzeugs in-

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des ist er voll zufrieden. „Es ist genau das, was wir haben wollen und genau das Prinzip, wie es benötigt wird.“ Nachdem er mit seiner ersten Ausrüstung von Sortimo fast 20 Jahre lang gut zurechtgekommen ist, freut sich der Firmenchef jetzt über einige Neuerungen. Den klassischen Metallkoffer hat er gegen das Nachfolgemodell mit transparentem Deckel eingewechselt. „Da hat man auch die Übersichtlichkeit von oben, weil man direkt sieht, was im Koffer ist.“ Ebenfalls praktisch findet er die Rollwagen, auf die sich die Kunststoff boxen ganz einfach übereinanderstapeln und einklicken lassen. „Damit kann man sein Material direkt an die Montagestelle rollen, dort aufklappen und

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daran arbeiten.“ Auf der Baustelle sei das auch eine Frage des Arbeitsschutzes: „Wenn ein Kollege im Supermarkt bei laufendem Betrieb vor dem Maggi-Regal steht und oben an der Decke ein Leuchtmittel repariert, kann er sich mit seinen Werkzeugen nicht ausbreiten, wie er will.“ Die Auf bewahrungsbox helfe dann dabei, dass es auf der Baustelle trotz der Reparaturarbeiten sauber und übersichtlich bleibe. „Hier in die Schublade kommen sämtliche Messwerkzeuge, in die Boxen kleine Leuchtmittel, da unten wird dann die Leiter reingeschoben. Aber die Jungs wissen schon, was wo rein soll.“ Schließlich haben alle seine Mitarbeiter ein Interesse daran, dass sie ihre Arbeit zügig und reibungslos machen können. Mit ein bisschen Ordnung im System geht das am besten. Daniel Markowski

Berater

Sortimo Niederlassung Berlin Elektro Lemme

für


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Bis zur Übergabe des fertigen Fahrzeugs vergehen in der Regel drei Wochen.

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Hier geht's zu Sortimo

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– Werkstückler –

Fred Jacob Korbmachermeister

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Fotos: Cristopher Santos

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Fred Jacob Korbmacher und Skulpteur www.flechtwerkberlin.de

Obwohl die Familie Jakob schon seit 1918 für das Flechthandwerk steht, wurde Korbmacher Fred Jakob von seinem Vater motiviert, doch etwas „anständiges“ zu machen. Deshalb wurde er erst einmal Elektromechaniker, kam aber schließlich doch zur Familientradition zurück. Seitdem ist er nicht mehr zu bremsen, sein Handwerk hat er zur Perfektion geführt und neben den praktischen Werkstücken seines Standes, wie Stühle und Körbe, eine künstlerische Komponente erschaffen. So hat er bereits zahlreiche deutsche Opernhäuser bestückt, das Ballett des Friedrichstadt-Palasts mit Baströcken ausgestattet und selbst amerikanische Theaterhäuser beliefert. Für seine artistischen Kunstobjekte erhielt er 2001 daher den Landespreis ‚Gestaltendes Handwerk’ der Handwerkskammer Berlin. Den Spagat zwischen Handwerk und Kunst hat er wahrlich geschafft, repariert er doch einerseits weiterhin Stühle für Kunden, gleichzeitig waren seine Objekte schon in einer Londoner Galerie zu bewundern.

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– Werkstückler –

Christian Gottschlich F l e i s c h e r m e i s t e r m i t Tr a d i t i o n

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Fotos: Cristopher Santos

Christian Gottschlich FEINKOST FLEISCHEREI www.fleischerei-gottschlich.de

Die Fleischerei Gottschlich ist ein Meisterbetrieb mit langer Tradition – bereits seit sechs Generationen verkauft die Familie Gottschlich hier Fleisch- und Wurstwaren aus eigener Herstellung nach originalen Familienrezepten. Der Betrieb ist ein Vorreiter der Bio-Bewegung, verzichtet er doch bereits seit über 15 Jahren auf Tiermehl, Antibiotika und Medikamente.

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Fleischerei mit Tradition: Foto aus alten Tagen (Quelle: Webseite des Betriebs )

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– Werkstückler –

Martina Hagedorn Friseurmeisterin


Fotos: Cristopher Santos


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www.hhkreativekoepfe-friseur.de 147

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7 TRICKS

DIE IM ONLINE-MARKETING WAS LOHNT SICH WIRKLICH?

Lesezeit: 6 Min

Text: Frank Bärmann

Böse Zungen behaupten: Das Handwerk und das Internet – zwei Welten prallen aufeinander. Doch ist das wirklich so? Ich behaupte: Nein. Auch im Handwerk hat ein Generationenwechsel stattgefunden, das Klischee vom Handwerker, der noch nicht einmal seinen PC anschalten kann, ist einfach falsch. Sicher gibt es noch ein paar Internet-Verweigerer, aber gerade die jungen Handwerksmeister sind internetaffin und höchst wissenshungrig, was Online-Marketing angeht.

01 WERKSTÜCK N°1

DIE EIGENE WEBSITE Im Grunde beginnt Marketing im Internet immer mit einer eigenen Internetseite. Wer als Unternehmen heute keine

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tägliche Internetnutzung: 108 Minuten Menschen nutzen das Internet, um Firmen in ihrer Umgebung zu finden & Angebote zu vergleichen:

80 %

65 % 18–39 Jahre

aller Befragten

48 % der Handwerker in Deutschland haben eine eigene Website haben eine mobil 15 % optimierte Version

Präsenz im Internet hat, findet bald nicht mehr statt. Laut ARD/ZDF-Onlinestudie lag im Jahr 2015 die durchschnittliche tägliche Dauer der Internetnutzung bei 108 Minuten. Laut einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Innofact, die im Auftrag von Gelbe Seiten Marketing erstellt wurde, gehen 65 Prozent der Befragten zuerst ins Internet, um Firmen in ihrer Umgebung zu finden und Angebote zu vergleichen. Bei den 18- bis 39-Jährigen sind es sogar 80 Prozent, die im Netz nach einem geeigneten Fachmann suchen. Nur wer eine optisch ansprechende, möglichst aktuelle und auf dem Smartphone nutzbare Internetseite bietet, hat überhaupt eine Chance, auf Dauer von neuen Kunden gefunden zu werden. Dennoch präsentieren sich gegenwärtig lediglich 48 Prozent der Handwerker in Deutschland mit einer eigenen Website. Das sagt eine forsa-Studie, ebenfalls im Auftrag von Gelbe Seiten Marketing. Und: laut der Studie bieten nur 15 Prozent der Handwerker eine mobil optimierte Version ihrer Internetpräsenz an. Heutzutage kostet eine einfache, aber ansprechende und mobil nutzbare Internetpräsenz kein Vermögen mehr. Mit einfachen Bordmitteln (zum Beispiel einem Webbau-

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kasten oder einem Content Management System wie Wordpress oder Joomla) lassen sich Webpräsenzen schon ab 1000 € erstellen. Erst mit der Internetpräsenz macht weitergehendes Online-Marketing Sinn. Denn wohin sollen die Menschen sonst geleitet werden, wenn es keine Website gibt?

02 BLOG

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EIN BLOG FÜR GESCHICHTEN UND DEN BLICK HINTER DIE KULISSEN Ein Blog, das haben Sie sicher schon mal gehört. Blog ist eine Abkürzung für das Wort „Weblog“, was sich aus den Worten Web und Log – also Internet und Logbuch – zusammensetzt. Ein Weblog oder eben Blog ist ein im Internet geführtes Tagebuch. Und nein, das ist nicht so ein Mädchending. Ein Blog ist immer dann sinnvoll, wenn eine Person oder ein Unternehmen regelmäßig etwas zu erzählen hat, was andere interessieren könnte. Daran scheitern leider viele Blogprojekte. Doch ich bin der Ansicht, dass ein Blog eines Handwerkers durchaus gute Erfolgschancen hat. Ein Blog muss regelmäßig, mindestens ein bis zwei Mal pro Woche mit einem kurzen Beitrag gefüllt werden. Hier spielt Ihnen Ihre tägliche Arbeit mit den Kunden in die Karten. Sie und Ihre Mitarbeiter sind draußen, auf Baustellen, bei Kunden. Sie haben jeden Tag etwas zu berichten und zu zeigen:

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Witziges, Trauriges, Spannendes, Aktuelles. Sie können Vorher-Nacher-Geschichten illustrieren, von zufriedenen Kunden erzählen oder von der Panne der Woche. Warum ist ein Blog so genial für Handwerker? Weil die Auswahl eines Handwerkers sehr oft mit Sympathie, mit Vertrauen, mit dem richtigen Bauchgefühl zu tun hat. Wenn man vier Malerbetriebe zur Auswahl hat, wählt man denjenigen, den man persönlich kennt, den man empfohlen bekommen hat oder den man mit Bildern und Geschichten kennenlernen kann – zum Beispiel im Blog. Es gibt wirklich etliche gute Handwerker-Blogs, die zeigen, dass es funktioniert. Schauen Sie mal rein bei: Sie alle nutzen ihren Blog, um den Lesern

Blogempfehlungen

Fleischerei Freese

Maler Heyse

Maler Deck

Hobby bäcker Geissler

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Geschichten über sich, ihre Projekte, ihr Unternehmen, ihr Team zu erzählen, einen Blick hinter die Kulissen zu gewähren und Tipps und Tricks zu verraten.

03 SOCIAL MEDIA

SOCIAL MEDIA IST NICHT NUR FACEBOOK Besonders das Thema Social Media spaltet die Handwerkerschaft: Die einen winken ab, die anderen sind fasziniert von den Möglichkeiten und sind sehr erfolgreich mit Facebook, Twitter, Instagram und Co. Eines ist klar, das Engagement in sozialen Netzwerken kostet zwar wenig Geld, aber viel Zeit. Und Zeit ist offenbar ein knappes Gut bei vielen Handwerkern. Also sollte man sich im Vorfeld genau überlegen, wo man aktiv werden will und welche Ziele man damit verfolgt. In den meisten Fällen ist Facebook die Nummer eins, denn wenn man von Social Media spricht, meinen die meisten Facebook. Doch nicht immer ist es die sinnvollste Wahl. Facebook ist für Unternehmen – und das gilt für die großen genauso wie die kleinen – anspruchsvoll und aufwendig. Man muss schon sehr regelmäßig Beiträge schreiben, die Nutzer aktiv ansprechen und ihnen gute und nützliche Inhalte bieten. Anders als bei einem Blog kann man bei Facebook aufgrund der gebotenen Kürze der Beiträge kaum echte Geschichten

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erzählen. Falsch ist hier, nur das eigene Unternehmen werbeartig darzustellen. Viel besser ist es, über erfolgreiche Kundenaufträge zu berichten, Kunden zu Wort kommen zu lassen und den Lesern kurze Tipps zu geben, was man selbst tun kann, wenn es mal tropft, leckt oder der Schuh drückt.

04 BILDER & VIDEOS

Instagram Foto-Community, Dienst zum Teilen von Fotos & Videos

GESCHICHTEN ERZÄHLEN MIT BILDERN UND VIDEOS Die meisten Handwerksbetriebe stellen etwas her: Schmuck, Uhren, Treppen, bunte Wände, Küchen, Möbel usw. Man hat etwas zu zeigen. Die sozialen Netzwerke eignen sich besonders, visuell zu arbeiten. Insbesondere Pinterest und Instagram sind hier zu nennen. Bei beiden werden Bilder und Videos präsentiert, Text und Informationen sind knapp gehalten. Hier bietet sich die beste Gelegenheit, Geschichten mit Bildern und Videos zu erzählen. Zum Beispiel könnte ein Tischler die Entstehung eines ausgefallenen Tisches mit Fotos erzählen – vom Baum zum Tisch – oder ein Maler die Verwandlung eines Raumes –von Farbtristesse zu Farbharmonie.

Instagram ist besonders bei jüngeren Menvsco schen enorm beliebt und angesagt. Die nur Zum Bilderbearbei- auf dem Smartphone nutzbare Plattform ten gibt es unzähbietet Gelegenheit, Schnappschüsse, Bilder lige Apps: VSCO zählt zu den belieb- und Videos mit den richtigen Schlagworten testen aufgrund (Hashtags #) in die Instagram-Welt zu sender hochqualitati- den. Viele andere werden darauf aufmerkven Farbfilter.

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sam. In Deutschland ist das Potenzial von Instagram für Unternehmen noch lange nicht ausgeschöpft. Generell gilt für Social Media: Binden Sie Ihre Mitarbeiter ein. Lassen Sie von ihnen Fotos und Berichte erstellen, die Sie als Inhaber dann veröffentlichen können. Vor Ort beim Kunden passieren die interessanten Geschichten. Auch Ihre Azubis sind wahre Social Media-Kenner.

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KUNDEN INFORMIEREN PER WHATSAPP

Ebenfalls seit einiger Zeit auf dem Höhenflug: die Messaging-Lösung WhatsApp. Eigentlich wird WhatsApp für die Kommunikation zwischen Menschen und Gruppen genutzt. Deshalb können sich auch nur Menschen Nachrichten senden, die in der Kontaktliste des anderen eingetragen sind. Das war bisher auch die Hürde, die Unternehmen daran gehindert hat, WhatsApp als Marketingkanal zu nutzen. Doch es gibt tatsächlich Einsatzbereiche, in denen Unternehmen WhatsApp Whatsapp erfolgreich nutzen. Die Fleischerei Stroh aus plattformübergrei- Wadern bietet jedem Kunden die Möglichfende, mobile keit, sich per WhatsApp die WochenangeNachrichten-App bote auf das Smartphone senden zu lassen. Möglich machen das sogenannte Broadcastlisten. Dazu regisitrieren sich die Nutzer unter fleischerei-stroh.de/whatsapp und nehmen die entsprechende Mobilnummer in ihre Kontakte auf. WHATSAPP

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Ähnliches ist übrigens über den Kurznachrichtendienst Twitter möglich, wie das Beispiel der Metzgerei Mülhaupt aus Waldshut zeigt.

06 PORTALE

BEWERTUNGSPORTALE UND BEWERTUNGSSYSTEME Gute Bewertungen sind Empfehlungen. Wer gute Bewertungen erhält, bekommt neue Kunden. Das gilt im Internet ebenso wie in der realen Welt. Deshalb gibt es für alle erdenklichen Branchen Bewertungsportale. Ein Portal für Dienstleister ist zum Beispiel https://www.kennstdueinen.de . Aber auch handwerkerportal.de bietet die Möglichkeit, nach Handwerkern mit guten Bewertungen zu suchen. Hier können Sie sich als Handwerksbetrieb überall eintragen. Noch besser als die Empfehlung im Internet ist die Empfehlung durch Kunden vor Ort. Der Anbieter Veristore aus Aachen arbeitet mit einem System, über das die Kunden direkt nach der Leistungserbringung ihre Bewertung abgeben können – einfach mit dem Tablet oder iPad. Die Bewertungen werden dann auf der Internetseite durch Stern-Symbole gezeigt. Das schafft Transparenz und stärkt das Vertrauen anderer Kunden.

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GOOGLE

GOOGLE ADWORDS – BEZAHLT IN GOOGLE NACH OBEN KOMMEN Wer möchte mit seiner Internetseite nicht gerne bei Google in den Suchergebnissen ganz oben stehen? Denn wer oben steht, wird häufiger angeklickt. Das ist gar nicht einfach. Doch es gibt mehrere Möglichkeiten, dennoch in Google an die Spitzenplätze und damit in den Blick der Suchenden zu rutschen. Eine Möglichkeit sind die lokalen Suchergebnisse. Man registriert sich bei Google My Business und legt eine Seite für sein lokales Unternehmen an. Diese Einträge werden dann in den lokalen Ergebnissen, zum Beispiel bei der Suche nach einem Schreiner in Köln, ganz oben angezeigt – zusammen mit einer Karte aus Google Maps. Die Eintragung ist kostenlos und einfach. Die zweite Möglichkeit sind bezahlte Anzeigen, sogenannte Google Adwords. Hierfür legt man sich in Google Adwords ein Konto an, erstellt eine Anzeige und legt die Suchbegriffe fest, unter denen die Anzeige in den Suchergebnissen eingeblendet werden soll. Zahlen muss man nur, wenn der Nutzer auf die Anzeige klickt, und zwar meistens einen Cent-Preis. Doch Achtung! Wählt man zu allgemeine Suchbegriffe, die viele Wettbewer-

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ber auch ausgewählt haben, zahlt man viel mehr Geld pro Klick. Zudem passt die Anzeige dann meistens nicht zu dem konkreten Bedürfnis des Suchenden. Wer nur „Schreiner“ angibt, wird viel Geld verbrennen. Wer „Schreiner“ in Kombination mit seinem Ort anlegt, also zum Beispiel Köln, findet eher die richtigen Kunden. Noch besser ist eine Spezialisierung wie „Schreiner“, „Ladenbau“ und „Köln“. Wer Google Adwords richtig nutzt, landet mit wenig finanziellem Aufwand ganz weit vorne in den Suchergebnissen. Das Internet ist keine Bedrohung für das Handwerk, sondern eröffnet ihm neue Chancen und Möglichkeiten. Die Ängste vieler Handwerker vor dem unendlichen Netz, insbesondere vor sozialen Netzwerken sind weitgehend unbegründet, solange man verständig damit umgeht, umsichtig arbeitet und sich Rat von Experten holt. Hier helfen zum Beispiel die Berater der Handwerkskammern oder unabhängige Experten.

FRANK BÄRMANN Frank Bärmann ist als PR-, Content-PR- und Social Media-Experte für Beratung, Strategie, Planung, das Community Management und alle Texte der Agentur conpublica zuständig. Diese hat sich auf Content Marketing, Educational Marketing und Public Relations für Unternehmen spezialisiert. conpublica.de

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handwerk digital

Text: Sarah Miranda

Ob Facebook, WhatsApp oder Twitter & Co. – die sozialen Medien sind in unserem Privatleben längst angekommen. Aber kann man sich diese Kommunikationswege auch im Beruf zunutze machen? Wir zeigen Beispiele auf, wie Social Media auch im Handwerk sinnvoll eingesetzt werden können.

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Lesezeit: 10 Min

Erfolgreicher Einsatz der digitalen Möglichkeiten – das ist der Berliner Handwerker Mark Schulte. Sein Fahrzeug, mit dem er durch die Hauptstadt und Umgebung tourt, ist gleichzeitig sein Büro – daher muss er immer und überall erreichbar sein. Sein wichtigstes Werkzeug? WhatsApp. Der kostenfreie Messaging-Dienst ist in Zeiten von Datenflatrates bereits für viele unabdingbar geworden. Mark Schulte setzt ihn darüber hinaus schon seit Jahren clever ein, um sich wichtige Vorteile zur verschaffen. In vielen Lebensbereichen zählt heute Schnelligkeit – und da macht das Handwerk keine Ausnahme. Die Kunden haben eine hohe Erwartungshaltung: Sie möchten schnell einen Handwerker finden, der jederzeit erreichbar ist, dann ein zügiges Angebot bekommen und natürlich nicht lange auf die Ausführung warten. Um sich einen Vorteil zu verschaffen, reicht es aber meist nicht, die Erwartungen zu erfüllen – sie müssen idealerweise übertroffen werden. Mit WhatsApp fällt der Erstkon-

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takt vielen Kunden leichter und es besteht sogar die Möglichkeit, ein erstes Foto mitzuschicken. So kann sich Mark Schulte sofort ein Bild machen – viele Rückfragen oder sogar ein Besuch vor Ort erübrigen sich oft. Während der Arbeit wird er zudem nicht ständig von Anrufen unterbrochen. Das spart sowohl Zeit als auch bares Geld und vor allem Nerven. Ein erstes Angebot kann schneller und effektiver erstellt werden, was den Kunden oft schon positiv überrascht. Mark Schulte ist ein Allrounder, der viele Leistungen anbietet. So stehen unter anderem Maler- und Holzarbeiten, Montieren, Möbelbau und auch technische Reparaturen in seinem Portfolio. Um für

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sein breitgefächertes Angebot zu werben, hat er schon vieles ausprobiert: Er verteilte Flyer, schaltete Anzeigen in lokalen Zeitungen und nutzte diverse digitale Medien. Mit Abstand ist Facebook sein Favorit. „Gefühlt hat für mich jeder Mensch Facebook in seiner Tasche, erst recht in meiner Generation.“ Mit rund 26 Millionen Nutzern in Deutschland setzt Mark auf den beliebtesten Social-Media-Kanal. Bilder, Texte und Videos bieten zahlreiche Möglichkeiten, das eigene Unternehmen einfach und kostengünstig darzustellen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass ein Bild oft mehr sagt als viele Worte. Anhand verständlicher Fotos zeigt Mark auf seiner Facebook-Seite immer wieder Beispiele seiner Arbeit. Damit präsentiert er nicht nur sein Portfolio, sondern vermittelt gleichzeitig Vertrauen, Fachwissen und Know-how. Dennoch ist es auch bei Facebook nicht leicht sich durchzusetzen, in der langen Timeline steht man in Konkurrenz zu anderen Marken, Freunden, News und Veranstaltungen. Um eine große Followerzahl in kurzer Zeit zu generieren, nehmen Unternehmen teilweise

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viel Geld in die Hand. Doch Mark Schulte setzt auch hier auf Kreativität und wirbt beispielsweise mit einem 5-%-Rabatt für jeden, der die Seite teilt. So treibt er das organische Wachstum an und konnte innerhalb eines Jahres schon über 2.000 Fans erreichen. berlinerhandwerker

Transparenz und Ehrlichkeit – die Zutaten für den Erfolg Einen ganz neuen, bewussten und vor allem ehrlichen und transparenten Ansatz verfolgt der junge Metzgerbetrieb „Kumpel & Keule“ aus Berlin. Damit ist nicht nur die gläserne Metzgerei in der Markthalle Neun in Berlin-Kreuzberg gemeint, sondern auch der Umgang mit Social Media. Im Vordergrund steht neben Handwerk, Herkunft des Fleisches und Geschmack auch Transparenz – und davon konnten sich Kunden und Fans von der ersten Mi-

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nute an über die sozialen Kanäle überzeugen. Um genau zu sein, sogar noch früher, denn die Vertragsunterzeichnung beim Notar war der Startschuss für die Soci-

al-Media-Aktivitäten. „Unsere Fans konnten live dabei sein, als der erste Presslufthammer in den Boden stach.“ Nach Facebook sind Instagram und Twitter die wichtigsten Kanäle für „Kumpel & Keule“. Den Vorteil von Instagram sieht Mit-Gründer Hendrik vor allem in der Bildstärke und kürzeren Taktung. Wäh-

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rend auf Facebook längere Geschichten erzählt werden, überzeugen bei Instagram Fotos und erreichen dort vor allem die Zielgruppe Generation Y, die stark am Bereich Food interessiert ist. Der Nachrichtenkanal Twitter wird zum Dialog genutzt – über Szene und Kundschaft hinaus bis hin zu internationalen Kontakten. Den engen Austausch mit Kunden und Fans sieht Henrik dabei als einen der größten Vorteile – man erntet Lob und Kritik, kann in den Dialog einsteigen und diesen teilen. Dabei bleibt die tägliche Arbeit nicht unbelohnt, denn man sieht, auf welchem Teller abends landet, was morgens noch in präziser Handarbeit zerlegt und hergestellt wurde. So wichtig wie in der Wurstherstellung sind auch bei Social Media die richtigen Zutaten. Da Henrik professioneller Fotograf ist, hat er glücklicherweise gutes Equipment zur Hand. Doch im Arbeitsalltag entsteht auch viel mit dem iPhone. Viel wichtiger als aufwendige Fotoshootings oder spezielle Management-Apps sind auch hier Ehrlichkeit und Transparenz. Statt die Kanäle für Werbung zu nutzen,

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sollte man authentisch und aktuell sein, eine Meinung vertreten und auf Augenhöhe kommunizieren. Wichtig: nicht nerven und relevant bleiben. Daher kann es auch mal vorkommen, dass mehrere Tage nichts gepostet wird, bei Events oder besonderen Anlässen dagegen umso mehr. Manchmal kann die Nachrichtenflut dann so hoch sein, dass zügiges Antworten zur Herausforderung wird. kumpelkeule kukberlin

Ein ganzheitliches Konzept über alle Kanäle hinweg Dass Social Media nicht nur etwas für neue, junge Handwerksbetriebe ist, zeigt der Malerfachbetrieb Heyse aus Hannover. Das alteingesessene Familienunternehmen wurde 1937 in Breslau gegründet und wird heute in der 4. Generation von Matthias Schultze geführt. Schon früh erkannte er die Chancen, die das Internet bietet und fing bereits 2006 an, die ers-

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ten Netzwerke zu nutzen. Seit 2010 ist Social Media nun nicht mehr aus der Unternehmenskommunikation wegzudenken, den Erfolg beweisen die Followerzahlen auf allen Kanälen. So setzt Matthias Schultze unter anderem auf YouTube – mit über 30 Millionen Nutzern in Deutschland die reichweitenstärkste Videoplattform. Authentische Mitarbeiterporträts und Einblicke in die Lösungen und Produkte tragen zur Kundenbindung und Imagebildung bei. Das Format Video wird immer beliebter, insbesondere auch, um Antworten zu finden. Diese führen die Nutzer weiter auf das unternehmenseigene Blog oder die Website und dort können sie mit effektiven Maßnahmen oft als Neukunden gewonnen werden. Ein Kanal, der insbesondere im Handwerk noch selten genutzt wird: Pinterest. Die Plattform für virtuelle Pinnwände spricht besonders Frauen an, denn hier stehen Themen wie Lifestyle, Wohnen, Mode und Beauty im Vordergrund. Diese Zielgruppe erreicht Schultze mit thematisch sortierten Pinnwänden und ausdrucksstarken Bildern von exklusiven Arbeiten, Tapeten, Bädern, Farbtönen und Fassaden. Werden diese angeklickt, landen die Betrachter direkt auf der Website und können Kontakt aufnehmen. „Die Verlinkung der Bilder zu unseren Landingpages ist eine wertvolle Währung, denn so steigt stetig unsere At-

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traktivität im Netz, was Google wiederum veranlasst, uns weit oben in den Trefferlisten zu ranken.“ Für eine bestmögliche Präsentation der Produkte setzt das Unternehmen auf professionelle Fotos, gute Videos und eine attraktive Website. Regelmäßige Blogartikel und die Vernetzung von On- und Offlinemedien sind wichtig, um Aufmerksamkeit zu generieren. Zudem weist das Unternehmen in seinen Radiospots auf die sozialen Kanäle hin. Für Schultze ist Social Media inzwischen zum Fulltime-Job geworden. Sein umfassendes Know-how nutzt er nicht nur fürs eigene Unternehmen, sondern gibt in Vorträgen sowie auf dem Blog auch wertvolle Tipps zum Thema Social Media im Handwerk. www.youtube.com/user/HEYSE37 www.pinterest.com/malerheyse www.blog.maler-heyse.de

SARAH MIRANDA Als Social-Media-Managerin ist Sarah in der digitalen Welt und den sozialen Netzwerken zu Hause. Als Ausgleich zum digitalen Alltag schnappt sie sich gerne mal ein Buch und bloggt darüber auf Gemischte Tüte Glück.

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DIE „WERKZEUGE DES INTERNETS“ VORGESTELLT: TEIL 1

DER BLOG Lesezeit: 7 Min

Text: Alexander Noack

Man könnte sie als klassisches Onlinetool bezeichnen – die Website. Wir sind HSB Noack, ein Handwerksunternehmen mit den Geschäftsfeldern Heizung, Sanitär und Brunnenbau. Den Werdegang unserer Website brunnen-bohren.info möchten wir in diesem ersten Beitrag der Reihe „Onlinetools“ gerne näher vorstellen.

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„WIR VERSUCHEN, TECHNISCH UND OPTISCH IMMER AM BALL ZU BLEIBEN.”

Wer nach Informationen zu geplanten handwerklichen Vorhaben und nach Handwerkern an sich sucht, recherchiert heutzutage fast ausschließlich im Internet. Da tut man gut daran, mit seinem Betrieb auch online vertreten zu sein. Um auch unser Unternehmen digital vorzustellen, planten wir zunächst nur die Einrichtung einer normalen Internetpräsenz. Da wir eine gewisse Internetaffinität besitzen und eben doch durch und durch Handwerker sind, dachten wir uns: „Das können wir auch selbst.“

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Mittlerweile ist aus der Website als digitale Visitenkarte ein umfassender Ratgeber-Blog zum Thema Brunnenbau geworden. Denn nachdem wir uns in die Thematik der Erstellung einer Website eingearbeitet hatten, kamen wir zwangsläufig auch zu der Frage: Wie finden uns interessierte Nutzer im Internet? Während wir darüber nachdachten, stellten wir fest, dass in unserem Geschäftsfeld Brunnenbau bisher kaum gebündelte Informationen online zu finden waren. Das war die Lücke, die wir füllen konnten. Das Konzept stand schnell fest, der „Brunnenbau-Ratgeber mit Tipps vom Handwerksmeister“ war geboren. Die Lernerfahrungen dabei waren riesig. Das fing mit dem Erwerb einer Domain an und reichte weiter über das Mieten von Webspace bis hin zur Einrichtung der Website. Dabei gibt es viele Details zu beachten und man bleibt an so manchem Stolperstein hängen. Die ersten Resultate waren auch wenig ansehnlich. Wir haben uns aber ständig nach guten Beispielen im Netz umgesehen und die dort gefundenen Anregungen bei uns umgesetzt. Freilich gibt es Unternehmens-Websites, die besser aussehen als unsere Internetpräsenz. Wir sind mit dem aktuellen Stand aber ganz zufrieden. Und wir hören jetzt mit dem Tüfteln und Lernen ja nicht auf. Wir versuchen, technisch und

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WIR WOLLTEN ETWAS DIREKTES UND EHRLICHES PRÄSENTIEREN.

optisch immer am Ball zu bleiben. Der initiale Aufwand beim Einlesen in die Thematik und Erstellen der Website war sehr hoch. Neben der besagten Internetaffinität brachten wir aber die richtige Mischung aus Herzblut, Neugier und Durchsetzungswillen mit, die man braucht, um sich in ein Thema einzuarbeiten, das man zuvor nur von der Nutzerseite her kannte. Der nächste Schritt, die Suchmaschinenoptimierung, forderte uns dann nochmal gehörig heraus. Um unsere Ratgeberbeiträge auffindbar machen zu können, mussten wir viel über die Spielregeln von Google & Co lernen. All das hätten wir natürlich auch an eine Agentur auslagern können, was uns aber zu teuer war. Außerdem wollten wir etwas Direktes und Ehrliches präsentieren. Das Know-How

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für die Erstellung der Ratgeber hätte zudem keine Agentur bieten können. Wie um unsere „analogen“ Projekte müssen wir uns auch um unsere digitale Präsenz regelmäßig kümmern. So zum Beispiel bei der Wartung der Website, dem Erstellen neuer Beiträge und der Beantwortung regelmäßig eingehender E-Mails mit Fragen von Nutzern. Was haben wir davon? Vielen reicht eine bloße Internetpräsenz und die Registrierung des Unternehmens bei Google. So wird der Handwerksbetrieb bei lokalen Suchergebnissen auch stets gefunden… als einer unter vielen. Aber mit einer guten Seite, auf der nützliche Informationen zu finden sind, hebt man sich ab. Mit unserem Ratgeber-Blog erreichen wir außerdem solche Interessenten, die zunächst nur auf der Suche nach generellen Informationen zu ihrem Brunnenprojekt sind, aber noch nicht direkt nach einem Brunnenbauunternehmen Ausschau halten. Wir haben also nicht nur ein Alleinstellungsmerkmal, sondern auch eine höhere Reichweite. Über das direkte Feedback zu unseren Artikeln oder über Anfragen per E-Mail erhalten wir einen Einblick in die Bedürfnisse potenzieller Kunden, wie wir ihn sonst im

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direkten Kundenkontakt nicht bekommen. Dadurch gewinnen wir ein besseres Kundenverständnis, was uns wiederum im täglichen Geschäft bei der Lösungsfindung hilft. Summa summarum können wir das Experiment Ratgeber-Blog für uns als klaren Erfolg verbuchen. Das muss aber nicht zwangsläufig auf alle anderen Handwerksbranchen zutreffen. Interessant ist ein solches Website-Modell für alle beratungsintensiven Branchen. Schafft man es, mit seinen Ratgeber-Beiträgen gut bei ALEXANDER NOACK Google auffindbar zu sein, dann liest der mögliche Kunzuständig für die Website von de auf den eigenen Seiten HSB Noack Meisterbetrieb für genau das, was als VorabinHeizung, Sanitär & Brunnenformation für die eigenen bau. Geschäftsabläufe besonders www.brunnen-bohren.info relevant ist. Das spart Zeit bei der späteren Beratung und sorgt bestenfalls für Kundenbindung, bevor überhaupt ein direkter Kontakt stattgefunden hat. Besonders wichtig ist uns, dass die Beiträge dem Kunden einen wirklichen Mehrwert liefern Der informative und ehrliche Weg erhöht nicht nur die Reichweite und Kundenbindung, sondern auch das Vertrauen in uns.

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MARKE: NERDY TIMBER

Text: Nuna Hausmann

Holz und Helden auf YouTube

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Lesezeit: 3 Min

Ein tolles Beispiel für Leidenschaft im Handwerk und die Enstehung einer Marke ist der YouTube-Kanal von Zimmermann Paul Robben. Auf YouTube können Menschen und Firmen ihre Videos auf einem eigenen ­Account, auch Kanal genannt, hochladen und dadurch regelmäßige Besucher und ‚Abonnenten‘ gewinnen. Handwerker sind hier noch relativ spärlich vertreten, doch Innungen und Handwerkskammern sind bereits mit ihren eigenen Videos präsent. Der Kanal von Paul Robben sticht heraus, weil er in seinem Metier recht einzigartig ist und weil er in Bild und Ton die Begeisterung und Leidenschaft für die Umsetzung ziemlich schwieriger und aufwendiger Holzprojekte transportiert. Das zeigen auch die stetig steigenden Fan- und Abonnentenzahlen seines Kanals. Als Nerdy Timber lebt er seine Tischlerkünste in kreativen Projekten und lehrreichen Bastelanleitungen aus. Diese sind nicht nur für gelernte Tischler interessant, sondern auch für Fans von Heldengeschichten und Videospielen. Denn der Nerdy Timber bastelt Schilder, Helme und Rüstun-

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Videotutorial: Masterschwert

gen diverser berühmter Gestalten aus der Film- und Video­spielewelt. Durch YouTube erlangt er Bekanntheit weit über seinen Heimatort Laufach hinaus. Diese „YouTube-Prominenz“ spornt ihn einerseits bei seinen Projekten weiter an, andererseits hilft sie ihm, auf sein Talent aufmerksam zu machen. Wie er zu seiner visuellen Nebenbeschäftigung kam und was es für ihn bedeutet, vor der Kamera die Holzbretter zu schwingen, erzählt er in diesem Video:

Videotutorial: Hylian Shield

PAUL ROBBEN ÜBER SEINEN WEG ZU YOUTUBE:

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Echt Bosch!

„Da geht einfach alles“

Einfach mehr.

NEU! Der GSR 14,4/18 V-EC FC2 Professional mit FlexiClick 5-in-1-System. Volle Flexibilität: Das FlexiClick-System mit Bitaufnahme, Winkel-, Exzenterund Schnellspannbohrfutteraufsatz kommt einfach überall ran – und mit dem SDS-Plus Hammeraufsatz auch mühelos durch Beton. Blaue Elektrowerkzeuge: Für Handwerk und Industrie. www.bosch-professional.com


TRADITION WIE SICH 4.0 TRADITIONSBETRIEBE DER ZUKUNFT STELLEN

Wer heute fleißige Handwerker sehen will, schaut am besten ins Internet. Immer mehr Betriebe bieten hier ihre Dienste an. Altbewährtes trifft auf Neuland. Experten schätzen das als Chance ein, gerade für die kleinen Handwerksbetriebe. Oft seien derartige Modernisierungsmaßnahmen überlebenswichtig.

Foto: Teja Habbishaw

Lesezeit: 11 Min

Text: Marion Sendker

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Er sollte gar kein Handwerker werden. Teja Habbishaws Vater schickte seinen ältesten Sohn darum raus in die weite Welt, damit irgendwas „Vernünftiges“ aus ihm werde – nur bitte nicht Handwerker. Denn die Teppichweberei der Habbishaws – ein Familienunternehmen in damals zweiter Generation – würde keine Zukunft mehr haben: zu gering der Absatz, zu groß der Wettbewerb, zu teuer die Produktion, zu billig die Konkurrenz. Das Familienunternehmen ist in einem kleinen Ort im „nordhessischen Outback“ gelegen, wie Teja Habbishaw schmunzelnd bemerkt. Damals zählte der Ort noch etwa 40 Einwohner und einen Bach, aber weder Bäcker noch Breitbandanschluss. Mitten im Nichts und Nirgendwo habe die Zunft keine Zukunft mehr, nicht im 21. Jahrhundert, davon war Vater Habbishaw überzeugt. Also reiste sein Sohn weit: zum Zivildienst nach Santa Babara in Kalifornien, als Entwicklungshelfer nach Kenia und für humanitä-

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re Projekte nach Bangladesch. Später lebte er ein paar Jahre in Österreich, war dort Hotelmanager und jettete durch Europa, bis er wieder in Deutschland Fuß fasste und eine Orthopädiemarke auf baute. „Aber dann hat mich das alles irgendwie frustriert“, erzählt Teja Habbishaw heute.

Er wollte zurück ins Provinznest Rückersfeld bei Homberg und im kleinen Handwerksbetrieb seines Vaters arbeiten. Der winkte zuerst entschieden ab, denn die Teppichweberei war aufgrund von Wirtschaftskrise und fehlenden Gegenmaßnahmen zu einem sinkenden Schiff geworden. Die missliche Lage schreckte

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Teja Habbishaw aber nicht ab, sondern spornte ihn an. Seine Aufgabe: der Teppichmanufaktur eine Zukunft schaffen, ohne dass der Familiencharakter auf der Strecke bleibt.

DAS GEHEIMNIS: „STAY TUNED“ Die Traditions-Weberei der Familie Habbishaw ist kein Einzelfall. Der Spagat zwischen Hergebrachtem und Moderne ist zum täglichen Brot vieler kleinund mitteständischen Handwerksbetriebe geworden. Auf der einen Seite stehen die Seniorhandwerker, wie Dietrich Habbishaw, die dem Altbekannten anhängen. Lieber den Betrieb einstellen als etwas völlig Fremdes wagen, wie zum Beispiel eine Instagram-Kampagne, einen Online-Shop oder über Facebook mit Kunden zu kommunizieren. „Visionär“ nennt die junge Generation das, „verrückt“ zweifeln die Alten.

MIT DEM MUT DER JUNIOREN UND DER ERFAHRUNG DER SENIOREN LASSE SICH DER WANDEL SCHAFFEN.

„Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, und es ist immer schwer, Veränderungen zur Akzeptanz zur verhelfen – gerade wenn sie visionär sind. Dazu gehört Mut“, sagt Michael Köster, IT-Berater im Team CIO

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Advisory von KPMG Consulting. Mit dem Mut der Junioren und der Erfahrung der Senioren lasse sich der Wandel schaffen. „Stay tuned!“, lautet sein Rat an alle Handwerksbetriebe. Es gelte, die eigenen Sorgen und Vorbehalte zu überwinden und sich aktiv mit den neuen Möglichkeiten zu beschäftigen. Köster nennt das einen „positiven Konservatismus“: „Man sollte zwar die Elemente bewahren, die sich bewährt haben, aber ihre Bewährung doch stets hinterfragen. Neue Entwicklungen sollten nicht ausgeblendet, sondern studiert werden.“ Dabei können ganz neue Formen der Unternehmensführung oder der Vermarktung entstehen. So zum Beispiel bei Pfeiffer-Lederwaren, einer kleinen Handschuh-Manufaktur in Erlangen. Seit bereits 140 Jahren stellt das Familienunternehmen Handschuhe her. Nicht solche, wie es sie in den großen Geschäften und Kaufhäusern zu erwerben gibt, sondern Unikate, Wunschanfertigungen. Hugenottische Flüchtlinge hatten die Tradition des Handschuhmachens einst nach

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KUNDEN SCHÄTZEN INDES DIE HOHE QUALITÄT DER HEIMISCHEN HANDSCHUHE, WENNGLEICH DER PREIS ZUNÄCHST ABSCHRECKT.


Erlangen gebracht. Heute ist der Beruf „Handschuhmacher“ in Deutschland fast ausgestorben. Es lohne sich einfach nicht mehr, bedauert Anette Pfeiffer, die Inhaberin des Betriebs: „Wir verkaufen bis zu 500 Handschuhe pro Jahr. Die Kosten für eine Produktion in Deutschland können wir bei den Lohnvorschriften hier nicht decken; außerdem gibt es kaum noch Näherinnen, von Handschuhmachern ganz zu schweigen.“ Einer der letzten dieser Art ist ihr Schwiegervater Jürgen Pfeiffer. Er stellt noch geringe Stückzahlen in Deutschland her, ein Großteil der Arbeit musste nach Ungarn outgesourct werden. „Dort gibt es noch Näherinnen, die jetzt das für uns machen, was früher Heimarbeiterinnen in Deutschland getan haben“, sagt Anette Pfeiffer. Neben neuen Handschuhen hat der Betrieb noch einen Überhang von Stücken aus den 1970ern, die sich gut verkaufen. Marke: Vintage ungetragen. Die Arbeit von Pfeiffer-Lederwaren ist traditionell bewährt. Man könne den Unterschied zu Handschuhen aus dem Großhandel fühlen. Das gelte auch für teure Markenprodukte: „Sie passen einfach

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HIER GEHT'S ZUR WEBSEITE www.pfeiffer-ledermode.de

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nicht mehr richtig.“ Pfeiffer schiebt das auf die Verlagerung der Arbeit nach Asien, wo es das Handwerk des Handschuhmachers derart nicht gibt. Kunden schätzen indes die hohe Qualität der heimischen Handschuhe, wenngleich der Preis zunächst abschreckt: Ein Paar kostet im Schnitt fünf bis zehn Mal so viel wie das Pendent vom Fließband. Um gegen den Mainstream bestehen zu können, ohne auf die eigenen Werte zu verzichten, musste der Betrieb neue Wege gehen: Facebook-Profil, Online-Shop, neue Serviceleistungen wie Reparaturangebote von Schirmen und Handschuhen. Lokal und regional habe das Wirkung gezeigt, man sei jetzt besser vernetzt. Aber der große Erfolg bleibt noch aus: „Wir können grade so überleben.“ Als nächstes Projekt möchte Pfeiffer darum das Warenlager mit dem Online-Shop synchronisieren. „Im Lager habe ich 1000

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Handschuhe, online sind nur 50 davon zu sehen.“ Auch über neue Vertriebswege wie Amazon habe man nachgedacht, gibt sie zu. Das Unternehmen hatte dem Familienbetrieb eine Zusammenarbeit angeboten; zu Konditionen aber, die für Pfeiffer-Lederwaren weder rentabel noch mit der Firmenphilosophie vereinbar waren.

HANDWERK FINDET IM INTERNET STATT Gerade die Interaktion über Facebook eröffnet neue Dimensionen für Kommunikation mit potenziellen Kunden. Auch eine eigene Website gehört mittlerweile zum guten Ton. „Was die Gelben Seite früher waren, ist das Internet heute“, weiß Köster. Wenn der Onlineauftritt gelingt, bedeutet das in der Regel Aufschwung und steigende Umsätze. Wird die Internetseite aber vernachlässigt oder nur halbherzig angelegt, wenden sich potentielle Kunden unmittelbar ab. Der Schritt, online zu gehen, sollte also gut überlegt sein, rät Köster. Es bestehe kein Grund für überhastete Eile – gerade in der eher traditionellen Handwerksbranche. „Das Problem im Bereich der Digitalisierung ist in meinen Augen die Tatsache, dass die Innovation eine ‚fachfremde‘ ist, also nicht aus der eigenen Industrie stammt. Die Geschwindigkeit, mit

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der disruptive Geschäftsmodelle in der Vergangenheit beispielsweise dem Einzelhandel zugesetzt haben, erzeugt naturgemäß Vorbehalte und Ängste.“ Manche Handwerksbetriebe beschränken sich darum online auf das Nötigste und halten ihren Auftritt klein und kompakt: Informationen zu den Produkten, eine kurze Vorstellung des Familienbetriebes und die Kontaktdetails; eine digitale Visitenkarte eben. In den Augen des Unternehmensberaters ist so etwas das Minimum. „Der einzige Fehler, den Handwerksmeister und Geschäftsführer von Handwerksbetrieben jetzt machen können, ist, sich nicht mit den res novae zu beschäftigen und davon auszugehen, ihr Unternehmen sei nicht betroffen“, warnt der Experte. Köster schlägt vor, sich einen Tag lang explizit Zeit zu nehmen: Informationen einholen, die eigene Situation analysieren und dann überlegen, welche Potentiale die neuen Möglichkeiten dem eigenen Betrieb bieten. AUS DER NOT EINE TUGEND GEMACHT So erging es auch Teja Habbishaw, als er in den Familienbetrieb eingestiegen ist. Er hat lange recherchiert, Modelle gesucht und Informationen ausgewertet, bis ihm die rettende Idee kam. „Mass Custo-

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HIER GEHT'S ZUR WEBSEITE www.habbishaw.de


mization“ heißt der Ansatz, der das Geschäft wieder ankurbelte. In mühsamer Kleinarbeit erarbeiten er, sein Vater und ein externer Berater einen Online-Konfigurator, mit dem der Kunde seinen Teppich selbst gestalten kann. Die Habbishaws geben Grundmuster und Farben vor, dann sind der Phantasie des Kunden keine Grenze mehr gesetzt. „Das kommt sehr gut an“, bewertet Teja Habbishaw den Konfigurator. Den Online-Service gibt es auf der Website des Handwerksbetriebs, die zugleich innovativ wie hochwertig und überschaubar wie simpel zu bedienen ist. Für Auf bau und Design sind Vater und Sohn verantwortlich: „Klar gab es da Situationen, in denen uns nur ein Kompromiss weitergebracht hat“, erinnert sich Teja Habbishaw. So war Vater Habbishaw zum Beispiel ein übersichtlicher und einfacher Auf bau wichtig, während sein Sohn in ganz anderen Dimensionen

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DER SCHRITT, ONLINE ZU GEHEN, SOLLTE GUT ÜBERLEGT SEIN, RÄT KÖSTER.

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schwebte. Mit dem Endprodukt ist indes die ganze Familie zufrieden. Auch wenn jetzt dank Digitalisierung alles anders ist, ist die Tradition der Manufaktur doch geblieben. Viel mehr noch: Sie ist gestärkt geworden. Digitalisierung und Tradition seien im Übrigen keine Gegensätze, betont Köster: „Ich würde eher von einer Entwicklung sprechen, einer Überführung in die Gegenwart.“ Die Investition in neue Tablets oder das Eröffnen eines neuen Vertriebswegs ändere die Kultur nicht in einer Weise, die die teilweise langjährige Tradition eines alteingesessenen Betriebs obsolet erscheinen lasse. „Das Handwerk war immer stark darin, neue Fertigkeiten und Technologien zu entwickeln.“ So wie bei den Habbishaws: Seitdem der Betrieb online ist und sie den „Do-it-yourself“-Teppich-Design-Service anbieten, hat sich die Auftragslage erheblich gebessert. „Wir haben so viel zu tun wie noch nie.“ Und das obwohl die Laufkundschaft der Teppichmanufaktur gleich Null ist. Denn heute leben nur noch 23 Personen in Rückersfeld. Der Betrieb der Habbishaws ist in der Gegend mittlerweile wieder ein starker Arbeitgeber – dem Internet sei Dank.

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„DAS HANDWERK WAR IMMER STARK DARIN, NEUE FERTIGKEITEN UND TECHNOLOGIEN ZU ENTWICKELN.“


MARION SENDKER studiert in Köln Rechtswissenschaften. Vorher lebte und arbeitete sie als freie Journalistin unter anderem in Münster, Rom und Istanbul. Foto: Ralf Spangenberg

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DIE ENTDECKUNG DER LEIDENSCHAFT MODERNE FILMKUNST TRIFFT TRADITIONELLES HANDWERK

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Lesezeit: 8 Min Text und Fotos: Matei Plesa

Der Videokünstler und Fotograf Matei ­P lesa hat sich für ein besonderes Projekt entschieden. Fernab der konkurrenzbehafteten Medienwelt, in der er sonst Werbevideos und Produktfotografie erstellte, fand er sich plötzlich in kleinen Dörfern bei traditionsreichen Handwerkern wieder, die ihn seine wahre Leidenschaft erkennen ließen: Geschichten erzählen mit der nötigen Ruhe und Präzision, wie sie auch die Protagonisten in seinen Videos ihren Werkstücken schenken. Hier stellt er sich und sein Videoprojekt „Faszination Handwerk“ (Fascinatia Mestesugului) über das Leben und Arbeiten verschiedenster rumänischer Handwerker vor.

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Was machst du beruflich und von welchen Projekten kannst du uns erzählen? Mein Name ist Matei Plesa ich bin Fotograf und Videograf/Kameramann aus ClujNapoca, aber ich arbeite auf der ganzen Welt. Mit meinem Handwerk hoffe ich, Geschichten zu erzählen, die das Potenzial haben, Menschen eine neue Perspektive zu eröffnen. Seit fast vier Jahren drehe ich Dokumentarfilme über Handwerker; ihr Leben, ihre beruflichen und privaten Erfahrungen. Durch diese Arbeit habe auch ich zahlreiche beruflich und privat lohnende Erfahrungen gemacht und Fähigkeiten geschult. Meine Leidenschaft gilt meinem Nebenprojekt namens „Fascinatia Mestesugului“ (zu Deutsch „Faszination Handwerk“), in dem ich in Kurzgeschichten und Fotos das Handwerk und seine Tradition in ganz Europa, hauptsächlich aber in meinem Heimatland Rumänien, dokumentiere.

Wieso hast du dieses Projekt ins Leben gerufen? Ich habe damit begonnen, während ich in Bukarest Musikvideos drehte, da ich ziemlich schnell gemerkt habe, dass das nicht

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die Welt ist, in der ich mein Leben verbringen will. Das Musikgeschäft ist hart und jeder kämpft darum, es möglichst schnell, möglichst weit nach oben zu schaffen . Schon damals, und immer noch, will ich mein Leben, meine Arbeit und meine Projekte aber vor allem genießen, ich will Sorgfalt walten lassen, so wie es ein gewissenhafter Handwerker tut. Begonnen hat das Projekt aber aus schierer Neugierde und auch einem guten Stück Frustration: Ich wollte in einem Bereich arbeiten, in dem es wärmer und menschlicher zugeht, also fragte ich einen lokal ansässigen Schuster, ob es mir erlauben würde, eine kurze künstlerisch wertvolle Do-

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kumentation über seine Arbeit zu drehen; und so hat alles begonnen. Nach und nach hat das Projekt dann immer mehr Bedeutung für mich persönlich angenommen und ich habe mehr Zeit und auch Geld hineingesteckt, um die besten Handwerker und die besten Lebensgeschichten dahinter zu entdecken. Die Lebensgeschichte hinter jedem einzelnen Handwerker ist der wichtigste Aspekt des Projektes, weil es diese Geschichten sind, die Menschen motivieren, ihrer Leidenschaft zu folgen. Handwerker haben nicht selten große Opfer gebracht, um ihr Leben ihrer Leidenschaft zu widmen und darin liegt das Hauptmotiv des gesamten Projektes.

Hattest du vor dem Projekt bereits eine Verbindung zum Handwerk? Nein, von einer vorherigen Nähe zum Handwerk kann man bei mir nicht sprechen, ich habe zwar in der Schule einen Werkstoffkurs Keramik belegt, dann aber bald angefangen stattdessen Videos zu drehen und Fotos zu machen und dem Handwerk den Rücken gekehrt.

Was hast du während der Drehs für das Projekt alles erlebt? Indem ich das Leben von Handwerkern dokumentiert habe, habe ich gelernt, auf

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natürliche und menschliche Weise zu leben, weit weg von den typischen Zerstreuungen des modernen Alltags. Heutzutage kann man so leicht in einen Trott gelangen, aus dem es schwer auszubrechen ist und in dem man den Blick für das wirklich Wichtige verliert. Oft stelle ich selbst fest, dass ich zu viel arbeite und vergesse, Zeit mit den Menschen um mich herum zu verbringen oder einfach mal eine Pause einzulegen. Technologie sollte kein Selbstzweck sein, sondern ein Mittel, mit

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Menschen in Verbindung zu treten und die Welt menschlicher und natürlicher zu machen. Ich denke, die Welt sollte gemeinschaftlich mal einen Moment innehalten, um zu sehen, was auf ihr passiert und es dann besser zu machen.

Welchen Problemen sahen sich die von dir porträtierten Handwerker gegenüber? Für uns war es sehr traurig, festzustellen, dass einige mit ihrem Handwerk nicht mehr ihren Lebensunterhalt verdienen können. Hier spreche ich besonders von Handwerkern in meiner Heimat Rumänien, die oft wirklich sehr arm sind und sich schwer tun, sich durch ihr Handwerk ein menschenwürdiges Leben zu sichern. Auch habe ich die Enttäuschung vieler Handwerker darüber beobachten können, dass ihr Können heutzutage nicht

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mehr wertgeschätzt wird. Die alten, traditionellen Handwerkskünste geraten immer mehr in Vergessenheit; junge Leute wollen sie nicht mehr erlernen, geschweige denn ihren Lebensunterhalt damit bestreiten.

Wie stehen die Menschen in deinen Dokumentationen zu ihrem eigenen Berufsbild und wie empfinden sie seine Präsentation in einem Projekt wie diesem? Lass es mich so sagen: Die allermeisten der Handwerker haben ihr gesamtes (Arbeits-)Leben lang immer das gleiche getan. Das allein finde ich wahnsinnig faszinierend. So habe ich sie also gefragt, wie man es schafft, jeden Tag das gleiche zu tun und alle haben Enthusiasmus und Leidenschaft für Ihre Arbeit als Motivation angegeben. Es scheint, als

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treibe die Leidenschaft den Enthusiasmus an; und so entstehen einzigartige Objekte.

Was fasziniert dich am Handwerk? Neben den Menschen, die ich durch mein Projekt kennenlernen kann, interessiert mich auch der künstlerische Aspekt der Arbeit. Ich liebe es, leidenschaftliche Menschen bei der Arbeit zu dokumentieren, man kann die Liebe für ihr Handwerk förmlich in den Bildern und Videos spüren. Ich bin selbst leidenschaftlich und ambitioniert, und wenn ich einen Vollblut-Handwerker bei der Arbeit sehe, fühlt es sich an, als ob neben ihm nichts anderes mehr existiert und ich ihn bis in alle Ewigkeit filmen oder fotografieren könnte. Als ich mit dem Projekt begann, wollte ich unbedingt Videosequenzen drehen, in denen man sehen kann, wie ein Handwerker mit seinen Händen etwas schafft; seine Finger, wenn sie ein Stück Ton formen oder mit einem kleinen Meißel feinste Details in Metallen wie Gold und Silber oder auch Holz kreieren. So etwas sieht man nicht jeden Tag beziehungsweise sehen die meisten von uns es überhaupt nie, und vielleicht fasziniert es gerade deshalb so sehr.

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MATEI PLESA Matei Plesa ist Fotograf und Videograf/Kameramann aus ClujNapoca (Rumänien). Er arbeitet auf der ganzen Welt für Firmen und Magazine. Für sein privates Projekt portraitiert er Handwerker und ihre Geschichten. Matei Plesa fascinatiamestesugului.com/ro/

DIE VIDEOS GIBT ES HIER ZU SEHEN:

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WENIGER ARBEIT, MEHR FREIZEIT EIN UNTERNEHMERPAAR HAT DEN WECHSEL GESCHAFFT

Text: Alexander Kords

Das Doppelleben als Handwerker, Unternehmer und Familienmitglied belastet den Alltag eines jeden Handwerksbetriebs. Wir stellen Menschen vor, die erfolgreich die Balance zwischen all diesen Rollen für sich gefunden haben Seit fast 25 Jahren leitet Jochen Ulken aus dem niedersächsischen Westerstede seine eigene Zimmerei. Zu Beginn seiner Selbstständigkeit hatte er sehr viel Arbeit und kaum Freizeit. Das hat sich aber stark gewandelt, vor allem seit seine Frau Birgit in den Betrieb mit eingestiegen ist.

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Lesezeit: 9 Min

Illustration: Mathilde Schliebe


Beschreiben Sie zu Anfang bitte kurz Ihre Tätigkeit. Jochen Ulken (JU): Ich bin Zimmermeister

und habe 1992 in dritter Generation eine Zimmerei übernommen. Im Jahr 2009 haben wir uns dem Franchise-Verband Einer. Alles. Sauber angeschlossen. Seitdem organisieren wir Umbauarbeiten an Einfamilienhäusern. Wir beauftragen Elektriker, Heizungsbauer, Klempner, Fliesenleger – also alle Handwerker, die man braucht, um einen Umbau in einem Haus zu bewältigen. Die Kunden zahlen einen Festpreis, und ich rechne das mit meinen Kollegen ab. Wie empfanden Sie die Arbeitsbelastung, als Sie Ihren Betrieb übernommen haben? JU: Ich kannte das ja schon ein

bisschen von meinem Vater: Es war normal, dass er die Abende, die Samstage und teilweise auch die Sonntage im Büro verbrachte. Außerdem hat er ganztägig auf der Baustelle mitgearbeitet. Genau so habe ich 1992 auch angefangen. Heute frage ich mich, wie ich das damals eigentlich alles

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geschafft habe. Mittlerweile ist es so, dass ich gar nicht mehr auf der Baustelle arbeite. Ich würde mein Arbeitspensum sonst nicht bewältigen können. Wie kommt es, dass Sie heute nicht mehr auf die Baustelle müssen? JU: Wir haben uns an einen Franchise-Verband angeschlossen. Dadurch haben wir uns ein bisschen umgestellt und können unsere Arbeit wesentlich besser organisieren. Meine Frau unterstützt mich zudem im Betrieb und hat auch eine Ausbildung als Wohnberaterin im Handwerk gemacht. Was sind für Sie und für Ihre Partner die Vorteile an diesem neuen Arbeitsmodell? Birgit Ulken (BU): Ein wesentlicher Aspekt sind

die Erleichterungen in der Verwaltung. Viele Handwerker verbringen gerade die Abende und Wochenenden damit, Anfragen zu bearbeiten, Angebote und Rechnungen zu schreiben, Kosten zu kalkulieren usw. Das liegt nicht jedem und kann auf Dauer zu einer enormen Belastung werden. Bei dem neuen Arbeitsmodell kann sich aber jeder auf seine eigenen Stärken konzentrieren, weil bestimmte Aufgaben abgegeben werden. Der eine leistet gute Arbeit auf der Baustelle, der andere behält Formalia, Finanzen oder die Kundenberatung im Blick.

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Bevor Sie in das Franchise-System eingestiegen sind, haben Sie also auch den Business-Plan selbst erstellt? JU: Genau. Früher hatten wir

immer den bekannten Slogan im Kopf: „Selbstständig“ bedeutet „selbst“ und „ständig“.

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DER EINE LEISTET GUTE ARBEIT AUF DER BAUSTELLE, DER ANDERE BEHÄLT FORMALIA, FINANZEN ODER DIE KUNDENBERATUNG IM BLICK.

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Wirtschaftsplanung war gar nicht so präsent. Wir haben damals nach einem recht einfachen Motto gearbeitet: Was an Aufträgen reinkam, das haben wir erledigt. Ich hatte zwar über die Jahre die Erfahrung gemacht, dass man immer einen bestimmten Umsatz erreicht, aber hatte das nicht als Ziel ausgegeben. Jetzt haben wir Zielzahlen, auf die wir hinarbeiten. Wie viele Stunden pro Woche verbringen Sie im Betrieb? JU: Ich denke, das werden immer noch 45

bis 50 Stunden sein. Wie sieht Ihre Arbeitsteilung aus? JU: Zum ersten Kundengespräch gehen

wir zusammen, um die Wünsche genau aufzunehmen. Dabei testen wir auch, ob die Kunden wirklich das benötigen, was wir verkaufen und was wir leisten können. Zuweilen stellen wir im Vorgespräch fest, dass Kunden nicht zu uns passen oder wir nicht zu ihnen. Meine Frau macht die Beratung, wie das Ergebnis aussehen soll, also das Badezimmer, die Fliesen, die Tapeten und so weiter. Ich kümmere mich dann um die Kalkulation. Wenn wir das Angebot fertig haben, laden wir unsere Kunden ein und präsentieren es gemeinsam.

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BU: Wir haben festgestellt, dass in 90 Pro-

zent der Fälle die Frau die Entscheidungen trifft. Es ist auch so, dass ich viele Dinge anders höre und wahrnehme als mein Mann. Er sieht eben vor allem das Technische. Die Aufgabenteilung hat sich bei uns gut eingespielt, und wir machen das nur noch so. Sind Sie schon seit Anfang an, also 1992, im Betrieb Ihres Mannes tätig? BU: Nein, ich habe als Floristin gearbei-

tet. Meine Mitarbeit ergab sich erst mit der Neuausrichtung und unserem Einstieg in den Franchise-Verband. Letzterer hat mich sogar erst dazu ermuntert, in der Firma mitzuarbeiten. Mir war vorher gar nicht so klar, wie viele reiz- und verantwortungs-

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volle Aufgaben ich übernehmen kann. Ich gehe zum Beispiel auch auf Baustellen und kontrolliere dort. Oder ich nehme Außentermine wahr, damit mein Mann im Büro bleiben kann. Wie viel Freizeit haben Sie? BU: Wenn ich von mir ausgehe: Ich plane

meinen Sport fest ein. Ich mache seit über 14 Jahren Yoga, und die Zeit muss sein, die nehme ich mir einmal pro Woche. JU: Mein Ziel ist es, täglich um 18 Uhr aus

dem Büro heraus zu sein. Ab und zu klappt das nicht, weil wir auch viele Außentermine haben, da wird es manchmal später. Den Samstag versuche ich komplett arbeitsfrei zu halten. BU: Und dass du einmal pro Woche Fahrrad

fährst… JU: …genau. Zum Ausgleich fahre ich Fahr-

rad. Dafür halte ich mir einen Abend pro Woche frei. Meistens ist das der Mittwoch: Da versuche ich, spätestens zwischen 14 und 15 Uhr Feierabend zu machen. Das klappt aber leider nicht immer. Was machen Sie, wenn Sie zusammen freie Zeit haben? JU: Uns ist die Familie wichtig, wir haben

seit zwei Jahren einen kleinen Enkelsohn.

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Außerdem gehen wir gerne gemeinsam auf Konzerte und fahren an freien Wochenende hinauf an die Küste. Haben Sie das Gefühl, dass Sie eine gute Balance zwischen Arbeit und Freizeit gefunden haben? BU: Noch nicht ganz, da wollen wir noch

hin. Was bei uns bis jetzt schwierig zu realisieren ist, ist ein jährlicher Urlaub von 14 Tagen am Stück. Das hätten wir gerne regelmäßig, klappt aber noch nicht immer. Wie ist das derzeit mit Urlaub bei Ihnen? BU: Wir gönnen uns im Frühjahr und im

Herbst jeweils eine Woche Urlaub auf den Ostfriesischen Inseln. Da herrscht dann auch immer striktes Arbeitsgesprächsverbot. Haben Sie noch weitere Vorstellungen, wie Sie den Ausgleich zwischen Arbeit und Freizeit besser schaffen können? JU: Für mich selbst wünsche ich mir, dass ich besser abschalten kann. Das fällt mir schwer, auch am Wochenende. Da bin ich zwar nicht im Büro, habe aber trotzdem immer noch die Arbeit im Kopf. Das ist überwiegend eine mentale Sache, da braucht man gute Ablenkung.

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Welchen Ratschlag würden Sie einem Berufseinsteiger in Ihrer Branche geben? JU: Dass er auf alle Fälle Spaß daran haben

muss, mit Kunden umzugehen. BU: Es liegt nicht nur an dem, was man

in seinem handwerklichen Bereich kann. Ich behaupte, dass Handwerker heute mehr mitbringen müssen als ein gutes Handwerk. Meiner Meinung nach wird den Schülern in den Berufs- und Meisterschulen zu wenig kaufmännisches Wissen vermittelt. Sie müssen das Verkaufen genauso gut beherrschen wie ihr Handwerk. Darum möchte ich den jungen Menschen raten, dass sie sich mit dem Kaufmännischen beschäftigen, wenn sie sich selbstständig machen wollen. Was man noch nicht verkauft hat, kann man nicht bauen. Ein finales Wort? BU: Ich würde jedem jungen Menschen sa-

gen: Probier’s aus, versuch es! In der heutigen Zeit haben viele keinen Mut mehr, sich selbstständig zu machen. Keiner möchte mehr das Risiko tragen. Deshalb denke ich immer, dass man es ausprobiert haben muss. Selbst wenn man dann scheitert, ist das nicht schlimm, weil man es versucht hat. Wenn man es nicht probiert, weiß man nicht, ob man es kann.

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FÜR MICH SELBST WÜNSCHE ICH MIR, DASS ICH BESSER ABSCHALTEN KANN.


ALEXANDER KORDS Jahrgang 1980, hat Linguistik und Philosophie in Erfurt studiert. Anschießend arbeitete er ein Jahr lang in den USA, seit 2011 gehört er der schreibenden Zunft an. Mit Frau und Kind lebt er in Wiener Neustadt und hat kürzlich mit der Holzarbeit begonnen. Erstes erfolgreiches Projekt: die Nachtschränkchen in seiner Wohnung. www.kords.net

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SPEZIALISIERUNG IM HANDWERK

Text: Sascha Trynoga

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SPITZ UND BREIT? Unter dieser Überschrift kann man sich nun einiges vorstellen. Zum Beispiel das einsame Dasein auf einer rauschenden Party. Bevor nun Ihre Synapsen auf Reisen gehen und sich in die falsche Richtung bewegen: Nein, es geht nicht um hormonelle Überschüsse bei der Abendgestaltung, sondern um das Leistungsspektrum eines Handwerksbetriebs. Lesezeit: 6 Min

Achtung, zurück in die Realität! Es geht um das Leistungsspektrum. Kennen Sie diese Handwerker-Autos, die regelrecht zugepflastert sind mit Leistungen? Alles aus einer Hand. Von A wie Abriss bis Z wie Zementieren. Das macht mich als Kunden doch nachdenklich, oder? Das kann Ihnen natürlich egal sein, wenn Ihre Kunde genau darüber nicht nachdenken. Denen geht’s dann aber auch nur um „unten rechts”. Den Preis. Aber möchten Sie wirklich solche Kunden? Niemand kann alles. Schon gar nicht alles in gut. Erst recht nicht perfekt. Ich selbst bin in einem Handwerk tätig, dass ziemlich viele Leistungen an sich reißt. Natürlich kann man das auch auf andere

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Gewerke eins zu eins übertragen. Manchmal finden sich sogar Überschneidungen. Merken Sie, wie schwammig das Ganze dann wird? Wenn der Kunde nicht einmal mehr unterscheiden kann? Trockenbauer streichen dann plötzlich Wände. Der Hausmeisterservice macht sowieso alles. Und der Dachdecker macht plötzlich Winterdienst. Mein Handwerk? Das Malerhandwerk. An diesem Beispiel zähle ich mal auf, was man da so anbieten könnte: tapezieren, streichen, dämmen, verlegen, verputzen, gestalten, lackieren, montieren, reinigen, einrüsten … puh. Nicht nur, dass man ein großes Auto (wahlweise komplizierte Homepage oder mit Text zugepflasterte Flyer etc.) braucht, um alle Leistungen zu präsentieren, nein, wer liest das dann alles überhaupt? Das nächste Problem: Das alles, dieses riesige Leistungsangebot, können die anderen genauso gut. Schwammig. Vergleichbar.

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SPITZ STATT BREIT! Spitz statt breit ist eine bekannte Strategie, um sich am Markt zu positionieren. Experte zu werden. Und dies auch so zu kommunizieren. Diese eine Leistung oder dieses eine Tätigkeitsfeld, das mir bzw. Ihnen besonders am Herzen liegt. Marketing? Strategie? Brauchen Sie nicht? Auftragsbücher voll? Rendite stimmt? Dann lesen Sie ab hier einfach nicht mehr weiter. Ist man Experte in seinem Bereich und hat sich diesen Ruf somit aufgebaut, wird der Rest zum Selbstläufer. Interessanter Nebeneffekt: Man schafft sich seinen eigenen Markt, seine Nische. Das wirkt sich durchaus positiv auf den Gewinn aus. Darf ich kurz das Beispiel meiner Firma erzählen? Ich habe vor zwei Jahren die Leistungen zusammengestaucht. Konsequent. Wärmedämmung? Nein, machen wir nicht mehr. Trockenbau? Nein, machen wir nicht mehr. Industrieanstriche? Nein, machen wir nicht mehr.

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Was geblieben ist, ist die Konzentration auf mineralische Spachteloberflächen für Böden, Wände und Nassbereiche, verziert mit Malerarbeiten für Wunschkunden. Wahrscheinlich haben Sie nun ähnliche Gedanken wie ich damals. Bricht dann nicht der Umsatz ein? Habe ich dann noch genug zu tun für meiSEIEN SIE KONSEne Mitarbeiter? GlauQUENT. SAGEN SIE ben Sie mir, so eine “NEIN!” ZUR VERVerschlankungskur GLEICHBARKEIT, tut gut. Und nein, ZUM PREISDUMPING. der Umsatz brach ÜBERDENKEN SIE IHR nicht ein. Er stieg soANGEBOT. gar. Voraussetzung ist, klar nach außen zu kommunizieren: ‚Wir sind Experten für Leistung XY‘ – was in Zeiten sozialer Netzwerke und Internetmarketing relativ kostengünstig umsetzbar ist. Weiterhin umgeht man so den Preiskampf. Beispiel? Oft war es so, dass auf den Baustellen ein anderer Malerbetrieb die Wände gespachtelt, geschliffen und gestrichen hat. Wir waren nur für unsere Spachtelungen da. Bei gleichem Umsatz

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in der Hälfte der Zeit. Das dieser Prozess natürlich nicht von heute auf morgen Ergebnisse bringt, sollte Ihnen klar sein. Nach zwei Jahren ziehe ich jedoch ein positives Resümee. Seien Sie konsequent. Sagen Sie „nein” zu Vergleichbarkeit und Preisdumping! Überdenken Sie Ihr Angebot. Martialisch ausgedrückt: Stoßen Sie mit einem spitzen Angebot in den Markt! Das Breite trifft nicht die Kunden, die Sie haben wollen. Ganz simpel: spitz statt breit.

SASCHA TRYNOGA Sascha Trynoga ist Malermeister aus Wuppertal und spezialisiert auf fugenlose Wand- und Bodenflächen. Wenn er nicht gerade den Farbeimer schwingt, gibt er Seminare und schreibt seinen Blog über Social Media im Handwerk. Als freier Autor schreibt er für die Fachzeitung Malerblatt. Social Media und ­Internetmarketing nutzt er bereits seit ca. 5 Jahren.

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Text: Jessika Gehring Fotos: Helena Melikov

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einen bringt ein Bruch mit dem Arbeitgeber dazu, sich auf dem Stellenmarkt umzusehen – andere nutzen die Gelegenheit, den Traum von der Selbstständigkeit zu realisieren: so wie Thomas Rodens. Dass sein Konzept in einer Branche, die sich in weiten Teilen durch Billiganbieter mehr und mehr deprofessionaliert, so erfolgreich würde, hatte er zwar gehofft – ob er genügend Kunden überzeugen können würde von seinem „Handwerk mit Stil“, konnte er jedoch damals nicht vorhersehen. Ein Hausbesuch. Wer die Ladenfläche von Thomas Rodens betritt, fühlt sich nicht wie in einem Geschäft – vielmehr wie in einem Wohnzimmer, das man gerne zum eigenen machen würde. Das ist auch der tiefere Sinn: Alle Sachen, die ausgestellt sind – vom Fußboden über den „Wohnzimmertisch“ und Teppich bis zur Deckenverkleidung – hat Thomas Rodens selbst angefertigt und entsprechend konzipiert. Er arbeitet mit Liebe zum Detail, nichts wird dem Zufall

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Flexibilität, Geduld -– und ein kleines bisschen Die Improvisation

„ Er arbeitet mit Liebe zum Detail, nichts wird dem Zufall überlassen.”

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überlassen. Auch nicht seine Selbstständigkeit. Der gelernte Maler- und Lackierermeister mit einer Zusatzausbildung als Betriebsmanager war als Angestellter in seinem ehemaligen Handwerksbetrieb schon länger unzufrieden. Ein Bruch mit dem Arbeitgeber ließ ihn umdenken. Doch er musste klein anfangen. Zwar garantierten ihm treue und namhafte Kunden, erhalten zu bleiben, trotzdem reichte es anfangs für nicht mehr als ein Kellerbüro in Stuttgart-Feuerbach. Mit Leiter und Farben im Keller seines Wohnhauses fing er an. Seine Frau war zu diesem Zeitpunkt hochschwanger. Nach einiger Zeit musste er zusätzlich auf die Kellerräume der Nachbarn ausweichen. „Aber nach fünf Jahren sind die Räumlichkeiten fast auseinandergeplatzt – und ich musste den großen Schritt wagen und expandieren“, so der 34-Jährige.

„ Es bringt nichts, etwas nur so halb zu machen. Lieber einmal und dann aber richtig”

Seine wichtigste Tugend über die Jahre: Geduld. „Es bringt nichts, etwas nur halb zu machen. Lieber einmal und dann rich-

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tig“, so der 34-Jährige. Das habe ihn schon sein Vater gelehrt – einer seiner wichtigsten Mentoren. „Das Gras wächst bekanntlich nicht schneller, wenn man dran zupft“, lacht Thomas Rodens. Wer wachsen wolle, vor allem als Unternehmer im Dienstleistungssektor, müsse neben Geduld auch jede Menge Flexibilität mitbringen. Nur wer sich voll und ganz auf seine Kunden einlassen kann und bereit ist, Neues auszuprobieren, kann gute Arbeit leisten. „Man muss Dienstleister für den Kunden und nur für den Kunden sein“, so die Devise von Handwerk mit Stil. Ein Problem, das ihn als Selbstständigen ständig begleitet: die geeigneten Fachkräfte für seine Ansprüche zu finden. Gerade auf dem deutschen Markt seien die Erwartungen an Dienstleister extrem hoch, so Thomas Rodens: „Die Kunden erwarten auch von der Handwerkskunst, einer Kunst, die man also hauptsächlich händisch ausführt, dass keinerlei Makel am fertigen Produkt auftreten – sie haben Erwartungen wie an einen Mercedes, der aus der Lackieranlage rauskommt.“ Kunden, die nicht einschätzen können, was tatsächlich möglich und umsetzbar ist, müsse man entsprechend darauf aufmerksam machen. Mit dieser Taktik fährt Thomas Rodens gut – Ehrlichkeit und gleichzeitig Perfektionsanspruch.

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Gerade durch seine hohen Ansprüche an sich und seine Kunst muss er sich umso mehr auf seine Mitarbeiter und deren Arbeit verlassen können. Aktuell beschäftigt er neben Vorarbeitern und Gesellen noch vier weitere Meister, seine Frau und eine Halbtagssekretärin kümmern sich um Büroaufgaben. Doch der Mangel an guten Auszubildenden sei gravierend: „Wir haben hier oft Praktikanten und auch viele Bewerber auf einen Ausbildungsplatz, aber es ist schwierig, tatsächlich einen geeigneten Azubi zu finden, der auch zu uns passt.“ Im Dienstleistungssektor werden händeringend Nachwuchskräfte gesucht, gerade in der traditionell geprägten Handwerksbranche. Flexibel sollen sie sein und die Bereitschaft mitbringen, sich mit Neuem auseinanderzusetzen. Der Wille, stets dazuzulernen, sei selten geworden, so Thomas Rodens.

„ SEINE KUNST LEBT VIEL VON MUND-ZU-MUNDPROPAGANDA.” “

Sein eigenes Netzwerk besteht aus vielen Handwerkern mit unterschiedlichsten Leistungsprofilen, um seinen Kunden ein breitgefächertes Angebot bieten zu können. Fassadenbau, Stuckateur-Arbeiten und Oberflächengestaltung sind nur ein kleiner Teil seines Repertoires der Raum-

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gestaltung, auch die ökologische Seite seiner Arbeit wird immer wichtiger: von lösemittel- und emissionsfreien über allergiegetestete, bis hin zu rein natürlichen und ökologischen Materialien. Doch auch als profilierter und erfahrener Dienstleister muss Thomas Rodens des Öfteren Diskussionen über seine Preise führen. Mittlerweile gibt es Handwerker aus aller Herren Länder, die gleiches versprechen – und teilweise bis zu 30 Prozent weniger dafür verlangen. Aber den Unterschied mache letztlich immer noch die tatsächliche Qualität: Dafür entsprechende Preise zu zahlen, sollte eigentlich selbstverständlich sein. Doch Thomas Rodens lässt im Zweifel seine Produkte, sein Handwerk nach Maß, wie er es nennt, für sich sprechen. Davon lebt sein Geschäft – außer einer Webseite, Facebook-Seite und bedruckten Autos macht er keine Werbung. Seine Kunst lebt viel von Mund-zu-Mund-Propaganda. Ein zufriedener Kunde bringt meistens einen Neuen mit sich. Auch wenn die digitale Vermarktung von Billigprodukten aus China nicht unbemerkt an ihm vorbeigeht, will er sich mit einmaliger Qualität und Leistungsbereitschaft von der Konkurrenz abheben. Die gäbe es nun mal nicht für wenig Geld. Seine Kunden wissen und schätzen das, so der Jungunternehmer.

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Doch es ist jeden Tag harte Arbeit. Als Thomas Rodens nach fünf Jahren in Kellerräumen eine größere geeignete Location für seine Kunst suchte, wusste er: Wenn er seinen Erfolg weiter ausbauen wollte, bedurfte es einer Räumlichkeit, in der er sein Handwerk präsentieren kann und die gleichzeitig genug Arbeits- und Lagerfläche für sämtliche Farben, Werkzeug und Materialien bietet. Die jetzigen Räumlichkeiten, zentral in Stuttgart gelegen, sind seine Inspirationsquelle geworden. Keine Ecke wurde unbedacht von ihm gestaltet. Und jede lässt sich über ihren eigentlichen Zweck hinaus nutzen: In Kooperation mit Künstlern finden hier Lesungen, philosophische Ausstellungen und eine Vernissage im Rahmen der Stuttgarter Langen Nacht der Museen statt. Inspirationen geben und sie selbst immer wieder aufs Neue erleben – dafür nimmt er sich auch einmal im Jahr eine kleine Auszeit. Ein verlängertes Wochenen-

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de fährt er dann in eine Metropole oder in die Berge, an Orte, an denen er noch nie war. „Konzeptionswochenende“ nennt der 34-Jährige diese kleine Auszeit von Job und Familie, die er zum Nachdenken, Runterkommen und Kreativsein nutzt. Sich Auszeiten wie diese zu nehmen, alleine eine Ausstellung zu besuchen oder auch mal eine halbe Stunde in einem leeren Raum zu sitzen, um Ideen zu entwickeln, kann er wärmstens empfehlen, es weitet den eigenen Blickwinkel. Mit seinen Kunden hält er es ähnlich: Die Vorgespräche hält er nur so lang wie nötig, anschließend begibt er sich allein in den zu gestaltenden Raum oder beschäftigt sich manuell mit dem zu bearbeitenden Material. Nur so kann er etwas Einmaliges für seine Kunden entwickeln. Das sei schließlich deren Wunsch: „Meine Kunden sind meistens Leute mit dem notwendigen Geld für Handgefertigtes, aber es fehlt ihnen an Zeit. Ich nehme mir die-

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se Zeit“, so Thomas Rodens. Man müsse aber auch damit klarkommen, dass die eigenen Visionen den Kunden nicht immer sofort ansprechen. Und damit umzugehen wissen: „Man darf als dienstleistender Künstler nicht auf seinen Vorstellungen beharren oder Kunden etwas anbieten, das nicht hundertprozentig das Ihrige ist“, so der Handwerker und Jungunternehmer. Gegebenenfalls müsse man komplett stoppen und von vorne anfangen. Nur so finde man heraus, was der Kunde tatsächlich will, nur zufriedene Kunden kommen wieder. Genau diese Unterschiede von Kunde zu Kunde, von Anspruch zu Anspruch müsse man sich im Dienstleistungssektor nicht nur immer wieder vergegenwärtigen, sondern sie auch lieben. Thomas Rodens braucht die Abwechslung der Ansprüche, den ständigen Wechsel zwischen Beton, Stroh oder Holz. Auch wenn er selbst immer weniger vor Ort am Umbau beteiligt ist, die Ideen stammen alle von ihm. Mittlerweile betreut Rodens Projekte von Fliesenumgestaltung bis hin zu einer Farbumgestaltung in einem 4000 qm² großen Anwesen in Nigeria. Doch in den acht Jahren seiner Selbstständigkeit hat er auch gelernt, dass nicht immer alles reibungslos läuft. Dann denkt er

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an die Lebensweisheit, die ihm sein Lehrmeister mitgegeben hat und die gleichzeitig der beste Tipp ist, den Thomas Rodens in seiner Lauf bahn bekommen hat: „Du kannst so gut sein wie du willst, du musst im Zweifel auch mal improvisieren können“. Weiterführende Links: www.handwerkmitstil.de handwerkmitstil

JESSICA GEHRING Die Masterandin Jessica Gehring studiert Kommunikationsmanagement an der Universität Hohenheim. Neben einer Leidenschaft für Menschen und Kultur des Nahen Ostens, liebt sie es Dinge selbst zu gestalten - von außergewöhnlichem Essen bis zur eigenen Garderobe.

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Markenaufbau

Der neue Trend im Handwerk: Unternehmeswerte leben

Text: Andrea Eigel

Maler Mustermann wird niemals den Nimbus eines Mercedes haben. Bäcker Beispiel ist kein BMW. Augenoptiker Alfa kann nur von einem Image, wie Apple es hat, nur träumen. Das war einmal. Die Trendsetter unter den Betrieben machen es derzeit vor: Unternehemswerte nach innen und außen leben – mit Mut zu einem klaren Profil und den eigenen Einstellungen, zu gelebter Unternehmenskultur und kluger Kommunikation mit kleinen Mitteln.

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NUR NULLEN HABEN KEINE KANTEN


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AMBITIONIERT

Ambitioniert und gut im Geschäft: Diese Handwerksmeister treibt längst nicht mehr um, woher sie den nächsten Auftrag bekommen, egal welcher Art. Sie wollen die Aufträge, die Spaß machen. Sie wollen die Aufträge, die sich lohnen. Sie wollen die Aufträge, hinter denen Wunschkunden stehen, mit denen das Arbeiten SIE WOLLEN DIE Freude und nicht AUFTRÄGE, DIE Stress macht. Sie SPASS MACHEN. wollen die guten SIE WOLLEN DIE und engagierten AUFTRÄGE, DIE Mitarbeiter, mit SICH LOHNEN. denen sich all das auch verwirklichen lässt. Sie wollen raus aus dem Image des x-beliebigen Handwerksbetriebs. Hin zu einem Unternehmen, das wertgeschätzt und anerkannt wird. Hin zu Leistungen, die begehrt und etwas Besonderes sind. Hin zu einem guten Ruf bei Jobbewerbern, die den Betrieb aus der Fachkräftemangel-Bredouille bringen. Ob das ein bisschen viel Wollen ist? Viel eher deutet sich hier ein neuer Trend im Handwerk an. Diese Handwerksmeister wollen weg vom austauschbaren Betrieb, hin zum Handwerksunterneh-

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men mit klarer Marken-Kante. Denn das machen die großen Konzerne vor: Wer ein Markenprodukt, eine Markenleistung statt No-Name-Ware verkauft, verkauft sie zu besseren Preisen. Wer eine Marke ist, bindet seine Kunden nicht nur sachlich, sondern auch emotional an sich. Wer Markencharakter hat, weckt Begehrlichkeiten und setzt eine Weiterempfehlungskette in Gang. Und nicht zuletzt: Wer als Marke wahrgenommen wird, kann sein Image, seine Angebotspalette deutlich besser steuWER ALS MARKE WAHRern und seinen Betrieb GENOMMEN WIRD, KANN als ganzen nach den eiSEIN IMAGE, SEINE ANgenen Vorstellungen geGEBOTSPALETTE DEUTstalten. Das klingt alles LICH BESSER STEUERN gut. Und das Beste: Es ist UND SEINEN BETRIEB ALS machbar. GANZEN NACH DEN EI-

GENEN VORSTELLUNGEN GESTALTEN.

DER KERN IST DAS PROFIL

Jeder Betrieb hat eine unverwechselbare DNA. Nur: Die Mehrheit macht sich die eigene Besonderheit nicht bewusst, arbeitet nicht damit und versäumt, sie Mitarbeitern und Kunden klar zu vermitteln. Womit schon die erste Aufgabe auf dem Weg zur Marke ins Visier genommen wäre: die Profilbildung. Profil ist nicht das, was Kunden und Mitar-

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beiter von einem Betrieb selbstverständlich erwarten: dass eine KFZ-Werkstatt Autos repariert, ein Stuckateur verputzt oder ein Raumausstatter Vorhänge näht, ist keine bemerkenswerte Überraschung. Profil ist dagegen, was den Raumausstatter von seinen Raumausstatter-Kollegen unterscheidet, seine Einzigartigkeit ausmacht und von ihm mit tiefster Überzeugung gelebt wird. Für diese Profilbildung gibt es handfeste Ansatzpunkte. Profilbildung kann beispielsweise über einen funktionalen Gesichtspunkt wie eine klare fachliche Spezialisierung erfolgen: Da gibt es den Friseur, der sich der Königsdisziplin der Haarkoloration, der Blondierung, ganz verschrieben hat. Oder den österreichischen Küchenbauer, dessen Spezialität haustiertaugliche Küchen sind – neben dem gesamten gewohnten Service. Profil lässt sich auch aus Stärken gewinnen, die im Betrieb schlummern und das Bild

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des Betriebs auf emotionale Art aufladen: nachgewiesene Kompetenz, eine besondere Firmengeschichte, Auszeichnungen oder private Talente des Betriebsinhabers sind hier die Schatzkästchen, in denen das eigenständige Profil zu finden ist. So, wie es ein Maler aus Schwaben macht, indem er seine Liebe zur MuNACHGEWIESENE KOMsik mit seiner PETENZ, EINE BESONDELiebe zur FarbRE FIRMENGESCHICHTE, gestaltung im AUSZEICHNUNGEN ODER wahrsten SinPRIVATE TALENTE DES INne in Einklang HABERS SIND HIER DIE bringt. Profil SCHATZKÄSTCHEN, AUS sprudelt auch ­D ENEN DAS EIGENSTÄN­ aus Quellen, DIGE PROFIL SCHÖPFT. die die Haltung eines Betriebs, sein überbetriebliches Engagement oder seine Bodenständigkeit und Regionalität zum Thema haben oder die Menschen hinter dem Betrieb in den Mittelpunkt stellen: Ein kleines Holzbauunternehmen am Bodensee setzt darauf und vermittelt das Bild von den ehrlichen, kernigen Zimmermännern und -frauen extrem griffig und glaubwürdig. Die größte Herausforderung auf dem Weg zum eigenen Markenprofil

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besteht darin, sich für einen schlüssigen betrieblichen Charakter zu entscheiden – und all das andere, was man vielleicht auch noch ist, wegzulassen. Vielleicht eckt man damit öfter an, vielleicht verliert man etwas an Stromlinienförmigkeit, womöglich kann man sich dann nicht mehr hinter einer schwammigen Kontur verstecken. Doch das ist gewollt. Weil, provokant zugespitzt: Nur Nullen haben keine Kanten.

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EINE MARKE HAT GESTALTUNGSFREIHEIT Steht das Markenprofil, muss es natürlich sicht- und spürbar übersetzt werden für die Menschen, die der Betrieb erreichen will. Das beginnt bei der genauen Skizzierung der Kunden- und der Mitarbeiterpersönlichkeiten, die angesprochen werden sollen. Und es umfasst die Ausrichtung der gesamten Kommunikation, vom Erscheinungsbild und von Werbemitteln bis zur Websitegestaltung und dem Social-Media-Auftritt, auf das Profil und den Markenkern des Handwerksbetriebs. Die Umsetzung dieser Maßnahmen geht selbstredend nicht von heute auf morgen: Eine Marke zu führen und sie zu etablieren – das ist auch im Handwerk kein Sprint, sondern ein Marathon. Doch diese Ausdaueraufgabe scheint den Betrieben, die sich auf den Markenweg begeben haben, sehr viel Freude zu machen: Eine genaue Vorstellung von der eigenen Marke ist für den Betrieb ein wertvoller

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Kompass, der die Marschrichtung vorgibt – über Vieles muss dann nicht mehr langwierig nachgedacht und diskutiert werden. Der Hauptgewinn für einen Betrieb, der als Marke wahrgenommen wird, ist jedoch das Mehr an Handlungsfreiheit, das immer mehr Handwerksmeister anstreben: Denn Markenbetriebe gestalten ihren Markt selbst, statt Spielball des Markts zu sein.

ANDREA EIGEL Die Expertin für Handwerk und Mittelstand berät und trainiert seit über 20 Jahren Unternehmer und ihre Mitarbeiter in besserer Kommunikation

und

zielgerichtetem

Marketing. Ihr begehrtestes Thema bei Vorträgen, Seminaren und den individuellen Beratungen ist derzeit die Fragestellung: Wie wird mein Betrieb zur Marke? Mehr zu ihrem Beratungs-, Seminar- und Vortragsangebot zu diesen Themen stellt sie vor auf www. handwerkstrainerin.de

. Foto: Kaleidoskop Marketing-Service GmbH

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Text: Claus Böbel

Persönlichkeit ALS ALLEINSTELLUNGSMERKMAL

Fotos: Saskia Bauermeister Jan Motyka Cristopher Santos

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MARKE HANDWERKER


Von der Aussage „Der ist aber eine Marke“ (im übertragenen Sinne – auf eine Person bezogen) zu „Das ist eine Marke“ (im werblichen Sinne – auf ein Unternehmen gemünzt) ist es ein unerwartet kurzer Weg. Den kann jeder Handwerksunternehmer gut gehen und so sein Unternehmen noch erfolgreicher am Markt positionieren. Er muss sich für diese „Reise“ auch nicht zwingend mit einer teuren Kampagne zum Markenauf bau ausstatten, er benötigt nur eines: Den Mut, sich selbst treu zu sein. Geschäfte werden seit jeher zwischen Menschen gemacht. Selbst Großunternehmen reduziert der Kunde auf Personen: auf das Gesicht aus der Werbung, auf die Stimme an der Hotline, auf den Verfasser der Mail, auf den Servicetechniker vor Ort… Je größer das Unternehmen ist, umso mehr wird versucht, verschiedene Charaktere gleichzuschalten. Prozesse werden definiert, damit das Unternehmen nach außen mit einer „aalglatten“ Stimme spricht. Heraus kommt oft der kleinste gemeinsame Nenner. Damit gehören sie allenfalls zum guten Durchschnitt, heben sich aber nicht durch außergewöhnliche Merkmale oder individuelle Besonderheiten von ihren Mit-

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bewerbern ab. Jedem von uns fallen sicher einige Beispiele aus allen Lebensbereichen dazu ein. Möchten Sie so auftreten? Ja nicht anecken, um keinen potenziellen Kunden zu verlieren? Mit dieser Strategie sind Sie beliebig austauschbar. Eine graue Maus unEINE MARKE ZU SEIN, ter vielen…

HEISST ECKEN UND KANTEN ZU ZEIGEN. DAZU GEHÖRT DER MUT, AUTHENTISCH ZU SEIN.

Wollen Sie nicht lieber einen Platz im Kopf und im Herzen des (Neu-)Kunden erobern – damit er bei Bedarf an Sie denkt? Dann seien Sie ein Typ mit Ecken und Kanten, eine Marke eben. Das ist wesentlich vielversprechender, als „Everybodys Darling“ sein zu wollen. Gerade Handwerksbetriebe als inhabergeführte Unternehmen bringen hierfür die besten Voraussetzungen mit. Eine Person oder Familie steht an der Spitze der Firma und gibt ihr nach außen Gesicht und Stimme. Unverwechselbar – sofern der Mut besteht, authentisch zu sein. Ich persönlich verkaufe in meinem Betrieb deshalb so, wie ich es als Verbraucher beim Einkauf selbst gerne hätte, und

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nicht so, wie es laut „Schulbuch des Marketings“ sinnvoll wäre. Ich mache mir immer wieder bewusst, was mich als Kunde beim Einkauf erfreut und warum ich welche Kaufentscheidungen treffe. Und diese Motive setzte ich dann passend abgewandelt in meinem Betrieb um. Mich nervt es zum Beispiel, wenn ich in einem Laden etwas kaufe und einige Tage später sehe, dass der Artikel jetzt rabattiert ist. Deshalb gibt es bei mir keine Rabattaktionen. Aus einer Beobachtung im Urlaub ist ein neuer Geschäftszweig entstanden. Wir waren zu einer Betriebsführung in einer Glashütte. Der Betriebsleiter erklärte der Gruppe die Glasherstellung. Wir Touristen nahmen das mehr oder minder interessiert zur Kenntnis. Das Interesse stieg schlagartig, als uns angeboten wurde, doch mal selbst eine Glaskugel zu blasen. Daraus abgeleitet, ist bei mir das WurstERlebnis entstanden. Eine MITMACH-Betriebsführung, die – wann immer möglich – der Chef selbst durchführt. Nichts nervt mich mehr als eine Telefonnummer, die mich zuerst in ein sprachgesteuertes Menü führt und letztlich zu einem Call-Center-Mitarbeiter mit Gesprächsleitfaden, in dem der Gesprächsprozess mehr oder minder vorgegeben ist. Bei mir im Betrieb dürfen die Mitarbeiter am Telefon „frei Schnauze“ reden und entscheiden. 245

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Sollte das nicht möglich sein, wird der Telefonhörer eben sofort an Chef oder Chefin weitergereicht.

FANS UND „FEINDE“ Mit vielen solchen Kleinigkeiten stellen Sie Ihre unternehmerische Person als Marke in den Vordergrund. Und das Schöne daran: Eine Persönlichkeit kann im Gegensatz zu einer Leistung und/oder einem Angebot niemals von anderen kopiert werden. Sicher machen Sie sich damit nicht nur Freunde. Das ist als inhabergeführter Handwerksbetrieb auch gar nicht nötig. Sie müssen nicht wie ein Großkonzern Ihre Produkte und Dienstleistungen an eine große anonyme Kundenmasse verkaufen. Ihnen reichen echte Fans, die Ihnen individuell Ihre Leistungen abkaufen. Doch damit nicht genug. Solche Fans sind erstklassige Botschafter Ihrer Marke und erzählen freiwillig in Ihrem Umfeld von „ihrem tollen Handwerksmeister“. Diese Fankultur können Sie als Meister Ihres Fachs noch verstärken, indem Sie interessierten Kunden bereitwillig Wissen weitergeben – in Workshops oder als kostenpflichtige Beratung. Beispiele hierfür:

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kulinarische Kurse von Lebensmittelhandwerkern, Do-it-yourself-Kurse von Bauhandwerkern oder Reparaturkurse rund ums Haus und Auto.

ZEIGEN SIE GESICHT – BEKENNEN SIE FARBE Der Mut, ein Unternehmen so eng mit der Unternehmerperson zu verknüpfen, ist aber erst die halbe Miete auf dem Weg zu einer persönlichen Marke. Die andere Hälfte besteht aus der konsequenten Kommunikation dieser „Marke ICH“. Dabei ist Ihr Gesicht genauso wichtig wie das Firmenlogo und sollte künftig so oft wie möglich zu sehen sein. Vom Baustellenbanner über Printwerbung (Anzeigen, Visitenkarten, Briefpapier, Verpackung …) bis hin zur Website oder dem Firmenwagen. Zusätzlich hilft ein markantes Erscheinungsbild dabei, sich unverwechselbar in das Gedächtnis (potenzieller) Kunden zu brennen. Beispiele hierfür sind Kleidungsstücke in den Firmenfarben oder markante Accessoires, die durch Form und/oder Farbe an das Unternehmen erinnern. Ich persönlich gehe sogar so weit, dass ich diese Form der Werbung meist auch im Privatleben nutze. Ich „kann nicht nicht kommunizieren“. Das nutze ich und zeige, dass ich mit Leib und Seele zu meinem Beruf und meinem Unternehmen stehe.

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CLAUS BÖBEL Inhaber einer kleinen Handwerksmetzgerei im fränkischen 350-Seelen-Ort Rittersbach. Gut die Hälfte des Umsatzes erzielt er online mit dem umfangreichsten Webshop seiner Branche. Er veranstaltet WurstERlebnis-Seminare und hält Vorträge zu seinem Erfolgsrezept „small talk statt BIG DATA – was nicht kommuniziert wird, ist nicht existent!“ www.umdieWurst.de

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ANDERE LÄNDER, ANDERE WERKZEUGE EINE KLEINE GES CHICHTE DES WERKZEUGS

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Text: Alexander Kords

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Es gab eine Zeit, da galt der Mensch in der Wissenschaft als einziges Lebewesen, das sich gewisse Tätigkeiten mittels Werkzeugen einfacher gestaltet. Heute ist diese Theorie eindeutig widerlegt. Doch während sich die wenigen Tiere, die ebenfalls Werkzeuge benutzen, auf simple Konzepte, wie das Schlagen mit Steinen oder das Graben mit Stöcken, beschränken, haben menschliche Werkzeuge im Laufe der Evolution eine erhebliche Komplexität und Vielfalt erlangt. Zudem haben Elektrizität und Motorisierung dafür gesorgt, dass Sägen, Hämmer, Bohrer und Co. ihre Arbeit höchst effizient und kräfteschonend für den Menschen verrichten.

Einige der Werkzeuge, die wir noch heute häufig verwenden, wurden bereits vor Millionen Jahren „konzipiert“. Schon für unsere Vorfahren machte es einen Unterschied, ob sie Nüsse knacken oder Fleisch verarbeiten wollten. Dementsprechend nutzten schon sie unterschiedlich komplexe Werkzeuge: Zum Nüsse-Knacken braucht man nur einen beliebigen Stein,

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mit dem man solange auf die Nuss einschlägt, bis die Schale zerbricht und das genießbare Innere freigibt. Um Löcher in weiche Materialien zu bohren oder diese zu zerteilen, wird der Stein präpariert, also gezielt angespitzt oder mit Kerben versehen. Auf der nächsten Stufe wird der Stein sogar durch Metall ersetzt und ein Griff hinzugefügt, um die Führung des Werkzeugs angenehmer zu gestalten. Die ältesten Werkzeuge, die bislang von Archäologen ausgegraben wurden, sind rund 3,3 Millionen Jahre alt und lagerten auf dem Gebiet des heutigen Kenia. Gefunden wurden knapp 150 Steinstücke. Dass diese nicht aus natürlichen Gründen scharfe Kanten haben, sondern von den Vorfahren des Menschen entsprechend bearbeitet wurden, war den Forschern ebenso schnell klar wie ihr Verwendungszweck: das Abschaben der Fleischstücke von Knochen, das Knacken harter Schalen und das Auf brechen von Baumrinde, um die dahinter lebenden und (nach damaligem Verständnis) leckeren Insektenlarven zu erreichen. In verschiedenen Regionen der Welt ist es bis heute üblich, für verschiedene Tätigkeiten Werkzeug aus Stein zu ver-

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wenden. So nutzt man beispielsweise im Westen Afrikas Hämmer aus Stein zum Kaltschmieden, also zur Bearbeitung von Metall ohne dessen vorherige Erhitzung. Und beinahe überall auf dem Globus sind vereinzelt noch immer Wind- und Wassermühlen in Betrieb, die zwischen zwei drehenden Mühlsteinen Getreide zu Mehl zerreiben. Wer sich eine kleine Getreidemühle für die eigene Küche zulegt, der hat üblicherweise die Wahl zwischen Mahlsteinen aus Basalt, Granit, Keramik und Stahl – wobei die Mühlen mit steinernem Innenleben das Korn sehr viel feiner mahlen als die, die ein anderes Material verwenden. Ein weiteres Anwendungsgebiet von Stein im Werkzeugbereich wird auf Japanisch „Toishi“ genannt. Dabei handelt es sich um den sogenannten Japanischen Wasserstein, der im Land der aufgehenden Sonne zum Schärfen von Messern verwendet wird. Vor seiner Nutzung wird der Stein kurz in Wasser gelegt – daher die deutsche Bezeichnung. Was das bewirkt? Der nasse Stein kühlt einerseits das Messer beim Schleifen und sorgt andererseits für ausreichend Schleifpartikel. Wenn man weiß, dass in Japan der Besitzer eines Messers sowohl mit diesem als auch

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mit dem Schleifstein eine Einheit eingeht, kann man sich vorstellen, wie viel Zeit und Energie üblicherweise in die Pflege des Werkzeugs fließt. Apropos Japan: Dort nutzt man zum Sägen keinen Fuchsschwanz wie in vielen anderen Teilen der Welt, sondern eine „Nokogiri“. Das ist die Bezeichnung für eine Säge, die nicht beim Stoßen und Ziehen Holz abträgt, sondern lediglich beim Ziehen. Das liegt daran, dass sie nur auf einer Seite Zähne hat. Der größte Vorteil dieser Bauweise ist, dass die Klinge mit 0,3 bis 0,6 Millimetern extrem dünn sein kann. Dadurch „frisst“ die Säge zur Seite hin weit weniger Holz und der Schnitt wird entsprechend feiner. Dazu kommt, dass der Benutzer bei weitem nicht so viel Kraft aufwenden muss wie bei europäischen Sägen mit beidseitiger Verzahnung. Dennoch ist (aus gutem Grund) noch niemand auf die Idee gekommen, bei einer der in den USA und Kanada so beliebten Holzfällermeisterschaften (Lumberjack Championships) mit einer Nokogiri anzutreten. Dort werden je nach Disziplin noch immer Motor-, Bügel- oder Trummsäge verwendet. Übrigens gibt es auch in Europa eine Region, in der das Holzfällen als Sport betrieben

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wird. Im Baskenland gehören seit dem Mittelalter entsprechende Wettbewerbe zum Programm beinahe jedes Stadtfestes: Baumstämme müssen so schnell wie möglich mit einer Axt durchgeschlagen werden. Dabei spricht sich der Name dieser Duelle, „Aizkolaritza“, beinah genauso schwer aus, wie die Aufgabe knifflig ist. Das konzeptionell neueste unter den heute gängigen Werkzeugen ist übrigens der Schraubendreher. Das liegt vor allem daran, dass die Schrauben, die es herauszudrehen galt, erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts in Massen hergestellt wurden. Interessanterweise wurde der Schraubendreher schon fast 200 Jahre früher erfunden, allerdings zunächst nur für Schrauben, deren Gewinde mühsam von Hand gefeilt werden mussten. Und als es dann endlich den Schraubendreher gab, hatten die Handwerker zunächst Schwierigkeiten, sich an das neue Gerät zu gewöhnen – lange Zeit schlugen sie ihre Schrauben wie Nägel mit dem Hammer ins Holz und zogen sie erst dann mit dem Schraubendreher fest. Dass letzterer heute gerne mal als Meißel oder als Nageleisen zweckentfremdet wird, beweist einmal mehr, wie vielfältig einsetzbar die Werkzeuge von heute sind.

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Vom Bootbauen bis zum Staudamm: Werkstück stellt Ihnen Geschichten und Projekte vor, die ohne die professionellen Alleskönner von Bosch nicht zu realisieren wären. Jedes Projekt ist einzigartig und zeigt, wie vielfältig einsetzbar Bohrhammer, Handkreissäge und Co. sind. Viel Spaß bei der Erkundung der Bosch-Welt!

Text: Jeschenko Agentur Berlin GmbH

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FLE XIBILITÄT UND VIELFALT: DREI B OS CH PROJEKTE STELLEN SICH VOR DIE POESIE EINES B OHRHAMMERS

STREETART-KÜNSTLER VHILS EROBERT URBANE LEBENSRÄUME Er bricht Fassaden auf, um Verborgenes sichtbar zu machen: Für den portugiesischen Street­art-Künstler Alexandre Farto alias Vhils gehört das Zerstören zum Erschaffen. Mit seiner speziell entwickelten Meißeltechnik – für die er als einziges Elektrowerkzeug einen Bohrhammer benutzt – legt er das frei, was sich hinter der Fassade der Großstadt verbirgt: das Gesicht des einzelnen Menschen. So erzählen seine Porträts, die sich zum Teil überlebensgroß über eine ganze Hauswand erstrecken, von Individualität und kultureller Vielfalt

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und stellen damit die Ziele und Zwänge der modernen Gesellschaft infrage. Putz, Mauerwerk und Beton bilden die Schichten, die die Gesichter seiner Helden zum Leben erwecken und ihnen die Tiefe und Intensität geben, die den Betrachter innehalten lassen.

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Zu sehen sind seine Werke beispielsweise in London, Paris, Berlin, Lissabon, Rio de Janeiro, Las Vegas oder Shanghai. Mal haben seine Gesichter einen lokalen Bezug, mal transportiert er sie in einen anderen „Lebensraum“, um auf Gegensätze aufmerksam zu machen und an „Vergessene“ zu erinnern. So auch bei seinem aktuellen Projekt in der brasilianischen Millionen-Metropole Recife: hier hat er das Gesicht eines Dorfschullehrers der Guarani Indianer in die Fassade eines Wohnhauses „graviert“ – und damit auf das Schicksal der Dorf bewohner im Kampf um die Bewahrung traditioneller Lebensformen aufmerksam gemacht.

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VHILS ERSCHAFFT KUNST MIT DEM BOHRHAMMER So individuell wie die Menschen, die Vhils in seiner Kunst zeigt, sind auch die Wände und Fassaden, auf denen seine Porträts entstehen. „Manche haben ein Innenleben, das weicher als ihre Oberfläche ist, bei anderen ist es genau umgekehrt. Für Projekte wie beispielsweise in Recife, wo wir in großer Höhe auf einer Hebebühne arbeiten, benötigen wir einen Akku-Bohrhammer, der es uns ermöglicht, unsere Meißeltechnik an die individuelle Struktur einer Wand und an die Umstände vor Ort anzupassen. Dabei muss man sehr präzise arbeiten und äußerst kontrolliert bohren. Hat man beispielsweise eine Schicht

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S zu viel weggenommen, lässt sich dieser Arbeitsschritt nur schwer rückgängig machen“, erklärt der Künstler. „Unsere Arbeit beginnt mit dem Entwurf eines Bildes, das wir verfeinern, in dem wir es in Farbschichten in schwarz, grau und braun dividieren. Diese Farbschichten werden dann mithilfe einer Projektion an die Wand gebracht, die Anzahl der Schichten richtet sich dabei nach der Beschaffenheit der Wand. Die größte Herausforderung bei dieser Arbeit ist dann der Moment, wenn man den Bohrhammer ansetzt, wenn man die Struktur der Wand tatsächlich zu fühlen beginnt. In diesem Moment zeigt sich dann auch die Qualität deines Werkzeuges: Es ist das richtige, wenn es sich richtig anfühlt.“

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HIER GEHT ES ZUM

INFOBOX PRODUKT

AKKU-B OHRHAMMER VON B OSCH

Von kleineren Bohrungen in Mauerwerk bis hin zu umfangreichen Meißelarbeiten in Serienanwendungen – der Akku-Bohrhammer GBH 36 V-LI Plus Professional ist für eine große Bandbreite ausgelegt und daher insbesondere bei Einsätzen auf Gerüsten und Hebebühnen besonders vielseitig einsetzbar. Mit einem 3,2 Joule starken Schlagwerk sowie robustem Motor sorgt er für eine hohe Bohr- und Meißelleistung: Er erzielt nicht nur deutlich bessere Ergebnisse als ein vergleichbares Netzgerät der Drei-Kilo-Klasse, sondern ist auch schneller – das haben Tests der SLG Prüf- und Zertifizierungs GmbH ergeben. Gerade bei Einsätzen in

LEISTUNGSSTÄRKE „FÜHLEN“: KONTROLLIERTES UND PRÄZISES ARBEITEN

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M VIDEO Mauerwerk bietet der GBH 36 V-LI Plus Professional einen besonderen Vorteil: Er verfügt über eine integrierte Electronic Rotation Control (ERC), deren Sensor ein plötzliches Blockieren erkennt und den Motor sofort abschaltet, um das Handgelenk des Anwenders zu schonen. Für das notwendige „Feingefühl“, bietet der Akku-Bohrhammer eine zusätzliche Funktion: Ist die Electronic Precision Control (EPC) aktiviert, wird die Maximalleistung des Bohrhammers auf 70 Prozent bei langsamerem Hochlauf limitiert und ein Abrutschen beim Anbohren verhindert – so schreibt sich Poesie mit dem Bohrhammer.

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VON DER KAHLEN WAND ZUM FREIZEITVERGNÜGEN EINE BOULDERHALLE 250.000 VERSCHRAUBUNGEN

Der Name „Café Kraft“ ist unter Klettersportlern legendär. Mit dem Entstehen der Sportart in den 1970er Jahren trafen sich im Pegnitztal Kletterbegeisterte aus aller Welt. Mittlerweile ist Bouldern, also das Klettern in Absprunghöhe ohne Gurt und Seil, ein Trendsport. Das „Café Kraft“ gibt es bereits in Nürnberg – und jetzt auch in Stuttgart-Vaihingen. Der Umbau einer bestehenden Lager- in eine Boulderhalle mit 1.600 Quadratmetern Kletterfläche stellte das Bau-Team vor eine besondere Herausforderung. Für die Konstruktion der Kletterwände und die Anbringung der Klettergriffe mussten mehr als 250.000 Verschraubungen vorgenommen werden.

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H „Ich habe im Verlauf des Projektes gemerkt, dass ohne ein gutes Team und gutes Werkzeug so ein Projekt nicht zustande kommt“ – Dominik Siegesmund, verantwortlich für die Leitung der neuen Boulderhalle, weiß, wovon er spricht. Er hat den Umbau vom ersten Tag an begleitet. Wie alle Mitglieder des Bau-Teams hat er Wandteile mit Sand und Farbe beschichtet, Flanschmuttern eingesetzt, Holzkonstruktionen verschraubt, Klettergriffe angebracht. Die besonderen Anforderungen an die Werkzeuge beschreibt er so: „Wir müssen extrem viel und schnell schrauben – Spax-, Statik- und Inbusschrauben mit unterschiedlichen Durchmessern und unterschiedlichen Längen. Akku-Bohrschrauber die extrem leistungsstark sind und lange laufen, sind daher ideal. Sie müssen gleichzeitig sehr leicht sein, damit wir ermüdungsfrei arbeiten können.“

ECKEN, NISCHEN, SCHRÄGE WINKEL „Eine weitere Herausforderung waren die vielen Verschraubungen in Randbereichen und Nischen, wenn wir die Wandteile auf den Subkonstruktionen befestigt haben. Die haben wir alle mit den FlexiClick-Auf-

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sätzen gemeistert“, so Dominik Siegesmund weiter. „Flexibler und vielseitiger geht es nicht“, schwärmt er und ergänzt: „Das Verbinden der Aufsätze mit den Akku-Schraubern ist dabei denkbar einfach: aufsetzen, drehen bis zum Klicken und schon kann’s losgehen mit dem Um-dieEcke-Schrauben oder In-Beton-Bohren. Mit dem Exzenteraufsatz kommt man sogar bis elf Millimeter an eine Kante heran. Und für unterschiedliche Arbeitspositionen kann man die Aufsätze direkt auf dem Gerät justieren.“ Schon bevor mit der Eröffnung des neuen Café Kraft in Stuttgart ein Lebenstraum in Erfüllung geht, stand für Dominik Siegesmund fest: „Ich habe gutes Werkzeug und ein gutes Team!“

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AKKU-SCHRAUBER VON B OSCH

Das Bau-Team der Boulderhalle hat diese Herausforderung mit Profi Akku-Bohrschraubern von Bosch angenommen, die dank ihrer Ausstattung mit bürstenlosem EC-Motor bei Serienanwendungen einen neuen Maßstab setzen: Im Dauereinsatz vor Ort waren der GSR 10,8 V-EC HX Professional sowie der GSR 18 V-EC Professional. Maximale Flexibilität bei Verschraubungen an besonders engen Stellen oder Bohreinsätzen in Beton konnte zudem das 5-in-1-Akku-Bohrschrauber-System FlexiClick von Bosch beweisen. Für das Team der Boulderhalle mussten die Akku-Bohrschrauber extrem leistungsstark und leicht sein und lange laufen. Wie zum Beispiel der GSR 10,8 V-EC HX Professional, der ganztägig für Verschraubungen in Holz und Metall eingesetzt wurde. Mit

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DAS IDEALE TEAM FÜRS „UM-DIE-ECKESCHRAUBEN“ UND ANDERE B OHRKÜNSTE

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einem Gewicht von nur 700 Gramm und einer Kopflänge von 135 Millimetern ist dieses Gerät das leichteste und kleinste in der 10,8 Volt-Klasse. Es bietet einen Universalbithalter und arbeitet mit einem maximalen Drehmoment von 20 Newtonmetern sowie einer maximalen Drehzahl von 1.300 Umdrehungen pro Minute. Ebenso wie der GSR 18 V-EC Professional, mit dem das Bau-Team sogar Vier-Millimeter-Statikschrauben mit einer Länge von bis zu 200 Millimetern verarbeitet hat, ist dieser Akku-Bohrschrauber mit einem EC-Motor ausgestattet. Darüber hinaus bietet Bosch als erster Hersteller auch einen Bohrhammeraufsatz, mit dem der Akku-Schrauber zum Bohrhammer wird. Für jede Ecke und Kante das richtige Gerät, damit aus einer glatten Wand nach harter Arbeit ein Sportparadies entstehen kann.

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MAMMUTPROJEKT STAUDAMM ELEKTROWERKZEUGE IM EXTREMEINSATZ

Das Wasserkraftwerk Foz Tua befindet sich im Norden Portugals am Fluss Tua, einem Nebenfluss des Douro, etwa auf Höhe der Stadt Porto. Hier entsteht auf Initiative des portugiesischen Stromkonzerns Energias de Portugal (EDP) ein großer Stausee. Ziel des Unternehmens ist es, die Energieabhängigkeit Portugals zu verringern und damit die Eigenständigkeit des Landes zu fördern. So soll das Potenzial der Wasserkraft genutzt und auf eigene erneuerbare Energien gesetzt werden. Die geschätzte Gesamthöhe der Investitionen für die Realisierung

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des Projekts und der entsprechenden Infrastruktur beträgt etwa 400 Millionen Euro – weitere Projekte sind geplant. Die Entstehung des Stausees Foz Tua hat enorme Auswirkungen auf die lokale Wirtschaft, denn ein großer Anteil der mehr als 1.000 Arbeitskräfte stammt aus der Region.

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O BALANCEAKT UNTER SCHWIERIGSTEN BEDINGUNGEN

Neue Bosch Bohrhammer nutzt Schlosser Mário Santos beim Einsatz an der mehr als 100 Meter hohen Staumauer und für Bohrungen im Beton-Boden. „So können die Sockel für mehrere Pfeiler befestigt werden, die sich über die gesamte Breite der Staumauer erstrecken, um anschließend eine Abdeckung und einige Balken anzubringen. In vertikaler Position zum Boden ist das Werkzeug leicht zu bedienen und verfügt über eine sehr hohe Bohrleistung“, so Santos. An anderer Stelle – unterhalb der über den Fluss Tua führenden Eisenbahnbrücke – musste der Bosch Bohrhammer ebenfalls volle Kraft beweisen. Mit einem Meißel bohrte Santos durch stabilen Beton, um die Bewehrung offenzulegen. Das Projekt erfordert schwierige Arbeiten an unwirtlichen Stellen, wie zum Beispiel Bohrungen in Beton, auf einer Leiter stehend. Oder es wird in drei Meter Höhe eine Stützkonstruktion an der Staumauer angebracht. Hier braucht

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man Bewegungsfreiheit, da hilft es enorm, nicht am Kabel zu hängen. Zu schwer in der Hand liegen darf das Werkzeug auch nicht, da oft über Kopf gearbeitet wird. Der ebenfalls im Einsatz befindliche Akku-Drehschlagschrauber erfüllt all diese Eigenschaften und schaltet auch bei Kontakt mit Wasser nicht ab ein nicht unwichtiges Detail bei der Verwirklichung eines Staudammprojekts. Hier zeigt sich, wie wichtig das richtige Werkzeug ist, um die Wassermassen erfolgreich in ihre Schranken zu weisen.

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INFOBOX PRODUKT

ZWÖLF-KILOB OHRHAMMER GBH 12-52 D PROFESSIONAL

AKKU-B OHRHAMMER GBH 36 VF-LI PLUS PROFESSIONAL

AKKU-DREHSCHL AG- SCHRAUBER GBH 36 VF-LI PLUS PROFESSIONAL

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Für die anspruchsvollen Aufgaben an der Staumauer und am Sockel der Eisenbahnbrücke der Douro-Strecke an der Mündung des Flusses Tua standen den Arbeitern unter anderem leistungsstarke Profi-Elektrowerkzeuge von Bosch zur Verfügung: der Zwölf-Kilo-Bohrhammer GBH 12-52 D Professional, der Akku-Bohrhammer GBH 36 VF-LI Plus Professional, der Akku-Drehschlagschrauber GDS 18 V-EC 250 Professional und die Handkreissäge GKS 55+ GCE Professional.

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WEITERE INFOS ZU DEN POWER TO OLS UNTER W W W.B OSCH-PT.C OM

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Lieblingsstücke

Text: Barbara Engels

Das Gesellenstück ist für viele Handwerker ein wichtiger Teil ihres Werdegangs. Drei Handwerker stellen uns ihre Abschlussarbeiten vor.

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Lesezeit: 5 Min

Jan van Riesenbeck - Tischler, Berlin Jan, dein Tischler-Gesellenstück ist ein echter Allrounder … Ich wollte ein Möbelstück bauen, in dem ich in erster Linie meinen Plattenspieler und die dazugehörigen Platten unterbringen kann. Gleichzeitig wollte ich aber auch etwas Wandelbares und nicht allzu Klobiges entwerfen und mich durch Materialwahl und Form von anderen Hifiund DJ-Möbeln absetzen. Welche Materialien hast du gewählt? Mein Gesellenstück soll mich noch lange begleiten und mit mir, beziehungsweise durch meinen Gebrauch, altern. Ich habe mich deshalb für Materialien wie Leder und Kupfer entschieden. Diesen Materialien sieht man die tägliche Nutzung an. So wird das Möbelstück auch im Laufe der Jahre noch weiter von mir geprägt und entfaltet dadurch eine große Individualität. Das heißt, dein Gesellenstück hat einen festen Platz in deiner Wohnung? Ja. Um zu garantieren, dass mein Gesel-

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lenstück nicht allzu schnell aus der Wohnung fliegt, habe ich die oberen Elemente so konzipiert, dass sie jederzeit ausgetauscht werden können. Zurzeit nutze ich das Möbelstück als Couchtisch und Plattenregal. Allerdings können die Tischelemente aus Räuchereiche und Kupfer zum Beispiel auch durch Sitzkissen ersetzt werden. Dann wird aus dem Tisch eine Bank. Das Möbelstück hast du im Rahmen deiner Gesellenprüfung im Juni 2014 gefertigt. Würdest du heute etwas anders machen? Ich bin mir nicht sicher, ob ich den Schubkasten in der Mitte nochmal einbauen würde, da dieser ursprünglich nur entstanden ist, um die Vorgaben der Prüfung zu erfüllen. Andererseits gefällt mir das Möbel mittlerweile so, wie es ist, sehr gut. Ich würde also wahrscheinlich doch eher nichts ändern. Arbeitest du heute noch als Tischler? Teilweise. Ich bin Werkstudent bei einer Möbelfirma in Berlin. Seit Oktober studiere ich allerdings Produktdesign an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee und orientiere mich ein wenig weg vom eigentlichen Tischlerhandwerk und hin zu Konzeption und Entwurf.

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Inwiefern verändert sich die Tischlerbranche? So wie die meisten Handwerksbranchen durchlebt auch das Tischlerhandwerk zurzeit einen großen Wandel. Die Arbeit mit Massivholz zum Beispiel macht einen immer geringeren Teil der Produktion aus, da leider nur noch wenige Leute sich solche Möbelstücke leisten können. Welche Rolle spielt die Digitalisierung? Auch im Tischlerhandwerk wird in Zukunft noch mehr auf computergesteuerte Maschine gesetzt werden, als das ohnehin schon der Fall ist. Die große Masse der Tischlerarbeiten wird so immer mehr industrialisiert werden, während es nur noch einige wenige wirklich gute Tischler geben wird, die noch das ursprüngliche Handwerk beherrschen. Sie besetzen damit gewissermaßen eine Luxusnische.

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Gesellenstück

Sebastian Rost - Stuckateur, Berlin Könnten Sie Ihr Gesellenstück heute noch herstellen? Ja, natürlich. Haben sich die Werkzeuge/ benötigten Fähigkeiten verändert? Meine Fähigkeiten haben sich weiterentwickelt, es gibt heute traditionelle Werkzeuge, die in der ehemaligen DDR nur schwer oder gar nicht zu beschaffen waren. Silikone zum Abformen sind besser geworden. Wie lang liegt das Gesellenstück bei Ihnen zurück und was hat sich seit der Zeit verändert in Ihrem Handwerk? Mein Gesellenstück habe ich vor 30 Jahren angefertigt. Unser Handwerk gibt es schon seit fast 5000 Jahren. Eventuelle Technologiesprünge sind somit immer sehr klein. Handmaschinen ( Bohrmaschinen, Rührwerke, Hubzeuge) sind besser geworden Die Gebindegrößen sind kleiner geworden, früher wog zum Beispiel ein Sack Zement 50 kg, heute sind es 25 kg. Der Trockenbau hat sich als eigenständiges Gewerk etabliert, früher hat das der Stuckateur mitgemacht.

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Foto: Saskia Bauermeister

Wie haben Sie sich weiterentwickelt? Ich habe einen größeren Überblick, habe viele Dinge gelernt, die ich damals noch nicht konnte, habe viel mehr Übung und die Fähigkeit entwickelt, sehr effizient zu arbeiten. Ich habe mich weiterqualifiziert, Meister, Restaurator im Handwerk, Dipl.-Ing. Architektur. Wie hat sich die Technik weiterentwickelt? Wie schon gesagt, kaum.

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Tim Gravert - Raumausstatter, Köln Tim, dein Gesellenstück würde wunderbar in jede Berliner Hipster-Wohnung passen … Ich habe den Sessel 2007 im Rahmen meiner Gesellenprüfung zum Raumausstatter gepolstert und bezogen. Damals musste ich mir ein Konzept ausdenken, ein Kundenprofil, auf das ich hinarbeiten musste. Das war dann ein junges Pärchen, das einen alten Sessel neu haben wollte. Neben diesem traditionell gepolsterten Damensessel mit Heftung gehörten zu der Prüfung noch Dekorationen und einige andere Sachen. Man gestaltet eine komplette Koje. Würdest du den Sessel heute nochmal so gestalten? Nein, ich würde eine andere Farbe und einen anderen Stoff nehmen. Der grobmaschige Stoff war mal leicht schimmernd und hat sich damals bei meinem Ausbilder, einem Raumausstatter in der Nähe von Köln, am besten verkauft. Heute würde ich vielleicht Kord nehmen, obwohl das dann wieder mit der Heftung schwierig ist. Auf jeden Fall würde ich nichts Glattes verwenden.

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Arbeitest du immer noch als Raumausstatter? Nein, und ich habe nach dem Sessel auch nie mehr gepolstert. Ich bin selbstständiger Handwerker und mache im weitesten Sinne Messe- und Setbau sowie Veranstaltungsdekoration. Das hat sich einfach so ergeben, wie so viele Dinge in meinem Leben. Inwiefern hast du dich als Handwerker weiterentwickelt? Ich bin vielseitiger geworden und fokussierter. Ich arbeite nicht mehr einfach drauflos, sondern denke mehr darüber nach, was ich machen will. Ich stecke mehr Zeit in die Konstruktion selbst und bin kreativer. Hat sich die Messebaubranche in den vergangenen Jahren verändert? Die Werkzeuge, mit denen wir arbeiten, werden immer präziser. Meistens habe ich einen Akkuschrauber in der Hand. Da kann ich immer schneller Aufsätze wechseln, immer genauer arbeiten. Generell

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müssen wir in immer kürzerer Zeit Stände auf bauen. Die bestehen aber auch zunehmend aus Stecksystemen, das heißt, viele Teile kommen vorkonstruiert an und wir stellen sie dann zusammen. Würdest du dein Gesellenstück verkaufen? Nein, das bleibt in meiner Wohnung. Ich hatte den Sessel sogar mal meiner Mutter geschenkt, aber dann musste ich ihn doch wiederhaben. Alle, die in meine Wohnung kommen, sprechen mich auch immer auf den Sessel an.

BARBARA ENGELS Barbara Engels ist Wirtschaftswissenschaftlerin und Journalistin. Ihr Steckenpferd ist die Digitalisierung. Sie hat Volkwirtschaftslehre in Berlin, New York und Barcelona studiert und bei der Handelskammer in Tel Aviv gearbeitet.

Foto: Institut der deutschen Wirtschaft Köln

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HALTUNG + BEWEGUNG Text:

Johannes Reiter

Fotos: Saskia Bauermeister Cristopher Santos Jan Motyka

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KAPITAL KÖRPER Eines der Probleme im heutigen Alltag, die bei vielen Menschen zu Beschwerden führen, ist die Fehlhaltung unseres Körpers am Arbeitsplatz. Diese entsteht zum einen durch wirkliche Fehlhaltungen, wenn zum Beispiel die Ergonomie eines Arbeitsplatzes nicht an den jeweiligen Körperbau des Arbeitenden angepasst ist, zum anderen aus der Schwächung sowie Verkürzung und Verspannung von Muskulatur und Gewebe im Körper, wenn die Körperhaltung am Arbeitsplatz über mehrere Stunden täglich beibehalten oder in einer zu einseitigen Bewegung belastet wird. Handwerker sind meist nur in ihrer zweiten Rolle als Unternehmer und Chef an den Schreibtisch gebunden, in ihrer ‚Schaffenszeit‘ bewegen sie sich

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Lesezeit: 6 Min

Wie die Körperhaltung die Gesundheit beeinflusst


und machen sich die Hände schmutzig. Die körperliche Arbeit ist auch Teil der Befriedigung, da man körperlich spüren kann, dass der Arbeitstag erfolgreich und produktiv war. Dennoch gibt es auch in Handwerksberufen einseitige Bewegungen und sich wiederholende Sequenzen von Handgriffen, die nur bestimmte Teile der Muskulatur betreffen und den Rest des Körpers unbewegt lassen, und die so zu Überlastung an den entsprechenden Stellen führen. Dieser repetitiven Abläufe sollte man sich bewusst werden und versuchen, Ausgleich zu schaffen und Zeit zu finden, den gesamten Körper durchzubewegen. Nur so können sich auch die Handwerker bei ihrer körperlichen Arbeit sicher sein, dass der gesamte Körper bewegt wird und dadurch die im gesamten Körper gestärkte Muskulatur das Arbeitspensum ohne Langzeitschäden übersteht.

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VON KÄFERN UND SUPERMÄNNERN

Übungen für eine bessere Körperhaltung

Heute möchte ich Ihnen Tipps geben, die Sie sehr einfach in Ihren Alltag integrieren können, um Gesundheit und Wohlbefinden zu steigern. Auch wenn ich als Spezialist in den Bereichen Kraft-, Fitness- und Bewegungstraining eigentlich sehr individuell und zielgerichtet mit Menschen arbeite, konzentriere ich mich in diesem weitläufigen Format auf die Probleme und Fehlhaltungen, die in vielen Berufen Verbreitung finden. So sind bei vielen Menschen ähnliche Muster zu erkennen. Genau auf diese wollen wir heute eingehen. Lesen Sie hier, mit welchen Bewegungen und Übungen Sie einem Großteil der Beschwerden vorbeugen können.

Betrachten wir den menschlichen Körper vom Kopf bis zur Sohle, lässt sich oft eine Verkürzung der Muskulatur im vorderen Schulter- und Brustbereich feststellen. Die Muskeln im hinteren Nacken- und Schulter­ bereich sowie im oberen Rücken sind häufig so abgeschwächt, dass die Kombination dieser bei­ den Phänomene zum vielfach zu beobachten­ den leichten Rundrücken im Bereich der Brust­ wirbelsäule führen kann. WERKSTÜCK N°1

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VIDEO ANSCHAUEN!

Die erste Übung stärkt den Bereich der hinteren Schulter, den Nacken und die Wirbelsäule. Beugen Sie im Stand leicht in die Knie und neigen den Oberkörper gerade bis auf ca. 45° bis 50° nach vorne. Heben Sie nun Ihre Arme langsam, bis Sie eine aktive Muskelspannung zwischen den Schulterblättern spüren. Halten Sie die Position für ein bis zwei Sekunden und beginnen Sie von vorn. Trainieren Sie nun verschiedene Regionen des Schulterbereichs, indem Sie die Arme in verschiedenen Positionen Richtung Decke heben. Führen Sie zunächst zwei Sätze à 10 Wiederholungen durch und steigern Sie sich langsam auf 20 Wiederholungen.

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Bei vielen Menschen ist die Muskulatur des gesamten Rumpfbereichs generell zu schwach. Das gilt für die verschiedenen vorderen und diagonalen Bauchmuskeln ebenso wie für die Muskulatur im Bereich der Len­ denwirbelsäule. Für diesen Bereich werde ich gleich drei Übungen vorstellen. Ein etwas weicherer Untergrund wie ein Tep­ pich oder eine Yogamatte machen die Übungen angenehmer.

KÄFER-ÜBUNG

Begeben Sie sich in die Rückenlage und strecken Sie Arme und Beine senkrecht nach oben. Senken Sie nun den rechten Arm und das linke Bein kontrolliert ab, bis sie ein bis fünf Zentimeter über dem Boden sind. Achten Sie darauf, dass der untere Rücken stets den Kontakt zum Boden behält. Halten Sie die Position für ein bis zwei Atem-

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züge und kehren Sie dann langsam in die Ausgangsposition zurück. Wiederholen Sie die Übung in der Diagonale mit dem linken Arm und dem rechten Bein – 10 bis 20 Wiederholungen insgesamt. Achten Sie darauf, das Bein, welches zur Decke gestreckt ist, mit der Bauchmuskulatur in dieser Position zu halten, während Sie das andere absenken, sodass die Hüfte stabil bleibt und Sie nicht ins Hohlkreuz fallen.

SEITSTÜTZ

Für die zweite Übung begeben Sie sich in eine liegende Seitposition und stützen sich auf den Unterarm. Drücken Sie die Hüfte vom Boden weg, sodass nur noch Unterarm und Füße als Stützen dienen. Ziel ist es, durch die Körperspannung eine gerade Linie von den Füßen bis zum Kopf halten zu können.

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Nach 10 bis 20 Sekunden in der Stützhaltung wechseln Sie die Seite und wiederholen die Übung so lange, bis beide Körperseiten je viermal im Stütz gehalten wurden.

SUPERMANN-ÜBUNG IN BAUCHLAGE Begeben Sie sich in die Bauchlage und strecken Sie die Arme nach vorn. Spannen Sie das Gesäß an und heben Sie langsam Beine und Arme vom Boden ab, sodass in der Endposition nur noch Bauch und Hüfte am Boden bleiben. Halten Sie die Position für zwei bis drei Sekunden, kehren Sie in die Ausgangsposition zurück und entspannen Sie dort für einen Atemzug. Wiederholen Sie die Übung und steigern Sie sich langsam auf zehn Wiederholungen.

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In einem fließenden Übergang knüp­ fen die Muskeln der Hüfte und der Bei­ ne an den Rumpfbereich an. Der Hüft­ beuger an der Vorderseite der Hüfte neigt zu Verkürzung. Die Muskeln der Körperrückseite sind häufig im Bereich des Gesäßmuskels abgeschwächt sowie in den Kniebeugern (hinteren Oberschenkel) ebenfalls abgeschwächt und verkürzt.

BRÜCKE

Nehmen Sie eine liegende Rückenposition ein und stellen Sie die Beine so auf, dass die Fersen ca. 10 bis 20 cm vom Gesäß entfernt in den Boden drücken. Heben Sie das Becken vom Boden ab, bis Sie eine gerade Linie von den Schultern bis zu den Knien bilden. Hierbei ist es wichtig, die Gesäßmuskulatur zu

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aktivieren und am höchsten Punkt die Spannung für zwei bis drei Sekunden zu halten, ohne dabei in ein Hohlkreuz zu drücken. Arbeiten Sie sich langsam auf 20 Wiederholungen hoch und wiederholen Sie die Übung für zwei Sätze.

STANDWAAGE

Stellen Sie sich aufrecht hin, strecken Sie die Arme zu den Seiten aus und ziehen Sie sie auf Schulterhöhe leicht nach hinten. Verlagern Sie Ihr Gewicht langsam auf ein Bein und heben Sie das andere vom Boden ab. Beugen Sie sich mit geradem Oberkörper von der Hüfte aus nach vorne – das Standbein darf leicht gebeugt sein – und strecken Sie das schwebende Bein nach hinten aus, bis Sie eine leichte Dehnung im hinteren Oberschenkel des Standbeines spüren.

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Halten Sie die Position für zwei bis drei Sekunden, bevor Sie sich langsam wieder aufrichten und auf das andere Bein wechseln. 10 Wiederholungen auf jeder Seite.

Die Kombination aus schwacher Rumpf- und verkürzter und geschwächter Hüft- und Bein­ muskulatur führt dazu, dass der Lendenwirbel­ bereich zu hohe Stützkräfte zu tragen hat und so anfällig für Verletzungen wird.

JOHANNES REITER ist ausgebildeter Personal Trainer und Kettlebell Instructor aus München und hat sich vor zwei Jahren damit selbstständig gemacht. Seit 20 Jahren betreibt er begeistert verschiedenste Sportarten, wobei Mountainbiken dabei immer die Konstante bleibt. Seit 2015 betreut er Kunden für das Fit Team und gibt unter anderem Kurse für den Sportverein MTV 1879 und die Stadt München. Seine Schwerpunkte sind Kraftaufbau, Ernährung und Gesundheitstraining.

Foto: Julian Fischer

starkundgesund.de

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DEM ALLTAG GESTÄRKT ENTGEGENTRETEN GESUNDHEITSWERKZEUGE FÜR JEDEN TAG! Text: Johannes Reiter

Trinken Sie gleich nach dem Aufstehen viel Wasser! Die Flüssigkeitszufuhr (am besten ein großes Glas Wasser, ½ Liter) direkt nach dem Aufstehen hilft, die über Nacht aufgestauten Abbauprodukte des Körpers schnell auszuscheiden. Dadurch fühlen Sie sich leichter und können gut hydriert in den Tag starten. Während eines stressigen Arbeits-

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alltags bleibt das Trinken meist auch auf der Strecke, daher hilft es zusätzlich, den Wasserverlust der Nacht vorzeitig auszugleichen.

Mehr Ruhepausen! Für den Weg zum Kunden nehmen Sie sich fünf Minuten mehr Zeit, um noch einmal kurz Luft holen zu können und den Kopf freizubekommen, bevor es

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zum nächsten Projekt geht. Oder 5 Minuten früher zum Termin erscheinen. Wenn es Ihnen auch nur in 50 Prozent der Situationen gelingt, diese Taktiken durchzuführen, ­haben Sie schon einige entspannte Momente mehr im Alltag.


Bewegungs­ routine am Morgen

Starten Sie den Tag, indem Sie Ihren Körper mit leichten, kreisenden Bewegungen in alle Richtungen einmal richtig durchbewegen und aufwachen lassen. Die Knie zum Abschluss einmal beugen und strecken und dabei die Schultern und Arme leicht kreisen. Die bewusste Konzentration auf den Körper hilft Ihnen, sich den Tag über auf Ihren Körper konzentrieren zu können, um angespannte und angestrengte Körperhaltungen schneller wahrnehmen und dagegen vorgehen zu können.

Gemüse als Hauptnahrungsmittel

Planen Sie ihre Freizeit!

Ein einfacher Tipp: 50 % Ihres Tellers sollte mit Gemüse belegt sein, dann bleiben noch 25 % für Kohlenhydrate und 25 % für Proteine. Wenn Sie abnehmen möchten, einfach die Kohlehydrate durch Proteine ersetzen.

Besonders Selbstständige neigen dazu, ihre Freizeit schnell aus den Augen zu verlieren. Daher ist es für die Lebensqualität wichtig, feste Termine mit den eigenen Interessen wie Familie, Hobbys und Freunde, frühzeitig zu planen und umzusetzen.

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Werden Sie Beweglicher! Besonders Yoga kann einen sehr guten Ausgleich zum Arbeitsalltag bieten. Die ruhigen Bewegungsabläufe stärken Ausdauer und Körperspannung. Mit den verschiedenen Haltungen dehnen Sie verkürzte Muskulatur, stabilisieren Ihren Rumpf, arbeiten an der Haltung der Wirbelsäule und gleichen Dysbalancen zwischen den Körperseiten aus. Wer nicht gleich in einen Kurs investieren möchte: auf Youtube gibt es viele kostenlose Videos!

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Gerät für zuHause

Wenn Sie einige kleine Geräte zu Hause haben, ist die Chance, den inneren Schweinehund mal auszutricksen, sehr viel höher. Dafür empfehle ich eine Klimmzugstange sowie ein Paar Hanteln oder Kettlebells. Viele Übungen können allein mit dem eigenen Körpergewicht durchgeführt werden – einem gesunden, fitten Körper steht nun nichts mehr im Wege.


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FAHRZEUGEINRICHTUNG FÜR EXTREMSTE BELASTUNGEN


– Werkstückler –

Andreas Neumann Rahmenbauer

Fotos: Jan Motyka

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Andreas Neumann Bilderrahmen Landwehr www.bilderrahmen-landwehr.de

Die Bilderrahmenwerkstatt Landwehr ist eine der größten Berliner Rahmenhersteller. Um die Rahmen optimal auf Kunstwerke anzupassen, werden sie in enger Zusammenarbeit mit Künstlern, Sammlern, Museen und Galerien gefertigt. Der Meisterbetrieb hat seine eigene Tischlerei, in der auch individuelle Rahmen gefertigt werden können. In der Manufaktur werden Rahmen gefärbt oder in althergebrachter Technik poliment-vergoldet. Keilrahmen, säurefreie Passpartouts, Spezialgläser sowie Trocken- und Nasskaschierung für Fotoarbeiten sind nur einige der speziellen Angebote der Rahmenwerkstatt.

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Karsten Witte Sattler

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Fotos: Cristopher Santos

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Karsten Witte Sattlerei und Produktdesign www.arrit.com

Viele Sattlereien sind als sogenannte Autosattlereien in Autofirmen aufgegangen. Sattler für die natürliche Pferdestärke gibt es nur noch wenige. Herr Witte ist einer von ihnen, er betreibt seinen eigenen Betrieb bereits seit Ende der 90er Jahre. Er entwickelt Ideen und Produkte im Bereich Reitsport, Bekleidung und Industrie und hat schon das eine oder andere Patent angemeldet. Besondere Anerkennung erhielt er 2004 durch den Designer Award für einen von ihm entworfenen Dressurreitsattel. Von Herrn Witte und seinem Team werden Satteltermine und Sattelseminare gehalten und Reparaturen für alle Marken durchgeführt.

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NACHRICHTEN AUS IHRER KAMMER Text: Jörg Wiebking

Lesezeit: 8 Min

Astrid Funck

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KOMPETENZZENTRUM DIGITALES HANDWERK IST GESTARTET. „Wir wollen unsere Betriebe bei der Digitalisierung passgenau auf den Weg bringen“, betonte Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer auf der Internationalen Handwerksmesse in München und gab den Start frei für das neue Netzwerk von Kammern, Verbänden und wissenschaftlichen Instituten. Handwerksbetriebe zu Themen rund um die Digitalisierung zu informieren, bei der Implementierung digitaler Geschäftsprozesse zu unterstützen und die digitalen Fähigkeiten der Betriebe zu stärken, sollen die Aufgaben des Zentrums sein. „Wir wollen den Betrieben digitale Leuchtturm-Projekte präsentieren und sie so infizieren“, erklärte Wollseifer. Das Kompetenzzentrum Digitales Handwerk wird im Rahmen der Initiative Mittelstand-Digital des Bundeswirtschaftsministeriums gefördert.

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Bundesweit wird das Zentrum vom Heinz-Piest-Institut an der Universität Hannover gesteuert. „Um konkurrenzfähig zu bleiben, müssen sich gerade Handwerksbetriebe mit den neuen Technologien auseinandersetzen“, betont Walter Pirk, Leiter des neuen Zentrums. Das Institut koordiniert auch die vier regionalen Schaufenster: Das Kompetenzzentrum Nord unter der Leitung der BFE Oldenburg informiert über neue Informations- und Kommunikationstechnologien. Das Kompetenzzentrum West unter der Leitung der Handwerkskammer Koblenz hat die digitale Geschäftsmodellentwicklung im Blick.

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Das Kompetenzzentrum Ost unter der Leitung der Handwerkskammer Dresden adressiert das Thema IT-gestützte Angebotserweiterung. Das Kompetenzzentrum Süd unter der Leitung der Handwerkskammer Oberfranken ist auf den Einsatz neuer Produktionstechnologien fokussiert. (frö)

NACHFOLGER DRINGEND GESUCHT Wie bereiten sich Handwerksunternehmer auf die Betriebsübergabe vor? Und was sind dabei die größten Hürden? Das beantwortet eine aktuelle Umfrage.

In vielen Betrieben steht in den kommenden Jahren ein Generationswechsel an. Geeignete Nachfolger finden sich jedoch nicht auf Knopfdruck. Unternehmer sind daher gut beraten, die Übergabe frühzeitig und systematisch vorzubereiten. Wie groß der Handlungsbedarf mittlerweile ist, zeigt eine Umfrage zum Thema Betriebsnachfolge im Handwerk, die der ZDH gemeinsam mit 40 Handwerkskammern für das erste Quartal 2015 durchgeführt hat. 9234 Betriebe beteiligten sich daran. Hier eine Auswahl der Ergebnisse:

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1. Übergabepläne der Betriebe In den kommenden fünf Jahren plant beinahe jeder vierte Inhaber, seinen Betrieb an einen Nachfolger zu übergeben (18,2 Prozent) oder zu schließen (6,6 Prozent). Größere Betriebe mit mindestens fünf Mitarbeitern sind deutlich häufiger auf der Suche nach einem Nachfolger – mehr als jeder vierte Betrieb soll in den nächsten fünf Jahren übergeben werden. Zum Vergleich: Bei den Einpersonenbetrieben sind es nur 8,4 Prozent, und bei den Betrieben mit zwei bis vier Beschäftigten 19,9 Prozent.

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2. Vorbereitung der Übergabe Link zur Umfrage

Von den Inhabern, die sich auf die Übergabe ihres Betriebes vorbereiten, hat bereits fast jeder fünfte einen Übergabeplan erstellt (19,7 Prozent). Erste Anlaufstelle für die Beratung ist für 76,2 Prozent der Betriebe der Steuerberater. Intensiv genutzt werden auch die Beratungs- und Informationsangebote der Handwerksorganisationen: Mehr als jeder dritte Inhaber greift auf die Expertise der Fachberater für Betriebsnachfolge zurück (34,9 Prozent). Sie ermitteln unter anderem den Wert des Unternehmens und helfen bei der Entscheidung für eine Übergabeform wie Verpachtung, Verkauf oder Verrentung. An Informationsveranstaltungen der Handwerksorganisationen haben 19,6 Prozent der Betriebe teilgenommen, und 11,9 Prozent nutzen deren Medien, um sich zu informieren. 3. Hürden bei der Betriebsübergabe Die größte Hürde für einen erfolgreichen Übergabeprozess stellt für die Betriebsinhaber im Handwerk die Suche nach einem geeigneten Nachfolger dar (26,8 Prozent). 13,8 Prozent der Inhaber stellt die Ermittlung des Unternehmens-

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werts vor größere Herausforderungen, und die eigene Ertragsschwäche stellt vor allem kleinere Betrieb mit bis zu vier Beschäftigten vor Probleme bei der Betriebsübergabe. Bei den Solounternehmern berichten 16,5 Prozent davon, bei den Betrieben mit zwei bis vier Beschäftigten sind es 12,6 Prozent. Auch die nicht ausreichende Sicherung der Altersversorgung durch die Übergabe stellt vor allem für die Inhaber kleiner und mittelgroßer Handwerksbetriebe ein Problem dar, und zwar für etwa jeden zehnten Betrieb mit bis zu neun Beschäftigten. Darüber hinaus sehen die befragten Übergeber und Nachfolger noch weitere Hürden. Dazu gehören Marktveränderungen (8,9 Prozent), steuerrechtliche Aspekte (6,2 Prozent), die Übernahme von Personal durch die Nachfolger (5,2 Prozent), die Ermittlung der Miet- oder Pachthöhe (5,2 Prozent), die Finanzierung notwendiger Investitionen (3,9 Prozent) und baurechtliche Auflagen (2,4 Prozent). 4. Ermittlung des Unternehmenswertes 38,2 Prozent der Befragten haben noch keine Bewertung vorgenommen oder geplant, und 31,7 Prozent machten dazu

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keine Angaben. Bei den anderen hat in den meisten Fällen der Steuerberater den Wert ermittelt (15 Prozent), und 9,2 Prozent erledigten dies selbst. Das von den Betriebsberatern der Handwerksorganisationen entwickelte Bewertungsverfahren wurde bereits bei 3,5 Prozent der Betriebe zur Wertermittlung eingesetzt. Auf den hinteren Rängen landet die Bewertung durch freiberufliche Unternehmensberater (1,2 Prozent)

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oder sonstige Personen und Institutionen (1,3 Prozent). Das dürfte den Autoren der Studie zufolge vor allem auf die vergleichsweise hohen Kosten zurückzuführen sein, die mit der Beauftragung von Unternehmensberatern oder Wirtschaftsprüfern verbunden sind. Gute Zeiten also für ehrgeizige Handwerker, die über ein eigenes Unternehmen nachdenken: „Eine Betriebsübernahme im Handwerk bietet wie die Existenzgründung ideale Chancen für eine berufliche Karriere, ein gutes und sicheres Einkommen und hohe gesellschaftliche Anerkennung“, sagt der Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), Holger Schwannecke. Bei der Übernahme eines bestehenden Betriebes werde naturgemäß eine funktionierende Organisation mit Mitarbeitern und Kunden erworben, darin sehe er einen wesentlichen Vorteil. Die Betriebsberater und Nachfolgemoderatoren der Handwerksorganisationen unterstützen die Übergeber und ihre Nachfolger dabei, eine für beide Seiten faire Lösung zu finden und den Übergang zu meistern.

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Foto : HWK

MIT RESTEN ZUM DESIGNPREIS Ute Ketelhake stellt Knüpfteppiche her. Anspruchsvoll gestaltet, fair produziert, bezahlbar und nachhaltig. Dafür gibt es jetzt den Staatspreis für Design. Design ist ein wichtiger Erfolgsfaktor im Handwerk. Durch die Kombination aus handwerklicher und gestalterischer Kompetenz entwickeln Handwerksbetriebe innovativ und individuell Alleinstellungsmerkmale – und heben sich so

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von der industriellen Serienfertigung ab. Wie kreativ Handwerker dabei sind, zeigt beispielhaft der Wettbewerb um den „Staatspreis für das gestaltende Handwerk“, den das niedersächsische Wirtschaftsministerium regelmäßig vergibt. So geht der mit 5000 Euro dotierte Preis dieses Jahr an die Textildesignerin Ute Ketelhake aus Springe für ihre „Second Life Rugs“ genannten handgeknüpften Teppiche. Ketelhakes Arbeiten überzeugten „auf ganzer Linie“, heißt es in der Begründung der Wettbewerbs-Jury. Ihre Haptik und Plastizität sprächen für sich. „Wer einen Second Life Rug sieht und befühlt, der will ihn eigentlich sofort mit nach Hause nehmen. Kein Muster, kein Dekor unterbricht die formale Gestaltung der handgeknüpften, hochflorigen Teppiche, deren Material Ketelhake selbst entwickelt hat und die im geschlossenen Kreislauf hergestellt werden.“ Genauso „überzeugend“ fand die Jury „die zeitgemäße Herangehensweise“, mit der die Unternehmerin „alles dafür tut, um ein rundum faires, in Deutschland produziertes Exponat zu schaffen“. Denn die „Second Life Rugs“ zeichnen sich auch durch ganz besondere Eigenschaften und Pro-

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Mehr Infos:

www.secondliferugs. com

duktionsbedingungen aus: Sie verarbeite ausschließlich hochwertige, ökologisch erzeugte Wolle von Merino-Schafen, sagt die Textildesignerin. Und dafür müsse nicht ein Schaf geschoren werden, denn in diese Teppiche „gelangen nur Schurwollreste aus der Bekleidungsindustrie“. Daher der Begriff „Second Life“. „Diese Reste werden zunächst gefilzt, also durch Waschen verdichtet. Dabei arbeite ich mit betreuten Werkstätten zusammen“, erklärt Ketelhake. "So entstehen aus den Wollresten dicke Teppichfransen, die ich dann mit der Hand zu Teppichen knüpfe.“ Jeder „Second Life Rug“ sei ein Unikat, betont die Unternehmerin. Farben, Formen, Maße? Über all das entscheiden die Wünsche ihrer Kunden. Und nicht nur das: Ihre Teppiche seien gut für das Raumklima,

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denn die Wolle absorbiere Formaldehyd, Nikotin und Schwefeldioxid und reguliere die Feuchtigkeit im Raum. Nicht zuletzt seien sie kompostier- und recycelbar. Diese Eigenschaften sind Ketelhake wichtig: „Nach der langen Zeit in der Industrie wollte ich ein Produkt entwickeln, dass politisch korrekt ist, fair in Deutschland gefertigt wird, keine Abfälle hinterlässt und bei dem ein geschlossener Kreislauf möglich ist.“ Oder wie es die Jury des Staatspreises zusammenfasst: „Auf diese Weise entsteht ein Produkt, das nicht nur die Emotion, sondern auch den Verstand erreicht.“

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Foto : Jan Motyka


impressum EMAIL

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WEBSITE

www.werkstueck-magazin.de

REDAKTIONELLE LEITUNG Theresa Neubauer, Nadine Steinmetz, Nuna Hausmann OPERATIONS DIRECTOR

Nadine Steinmetz

CONTENT MANAGEMENT

Nuna Hausmann, Jörg Wiebking

CREATIVE DIRECTION UND LAYOUT REDAKTEURE (TEXT)

Theresa Neubauer

Frank Bärmann, Simone Bleidt, Claus Böbel, Andrea Eigel, Barbara Engels, Astrid Funck, Jessika Gehring, Nuna Hausmann,

Alena Hecker, Alexander Kords, Sarah Miranda, Theresa Neubauer, Alexander Noack, Jeschenko MedienAgentur Berlin GmbH, Juliane Reichert, Johannes Reiter, Olaf Ringeisen, Waldemar Schanz, Maureen Schneider, Marion Sendker, Ulrike Steinecke, Klaus Steinseifer, Sascha Trynoga, Jörg Wiebking REDAKTEURE (FOTO)

Saskia Bauermeister, Torsten Hamacher, Helena Melikov, Jan Motyka, Cristopher Santos

LAYOUT & ILLUSTRATION VIDEO KORREKTUR

Marie Darme, Theresa Neubauer, Mathilde Schliebe

Claus Kuhlmann, Matei Plesa, Paul Robben, Johannes Reiter Alexander Kords, Antje Ritter, Stefanie Kießling, Sarah Struck, Gabriele Schweickhardt

WERKSTÜCK wird von der Schlüterschen Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, HansBöckler-Allee 7, 30173 Hannover herausgegeben. Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Für unverlangt eingesandtes Text- und Bildmaterial wird keine Haftung übernommen. Die Schlütersche Verlagsgesellschaft übernimmt keinerlei Garantie und Haftung für die Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit der bereitgestellten Informationen. Alle Angaben sind ohne Gewähr.

Lasse Drews,

VERKAUF

Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH Hans-Böckler-Allee 7, 30173 Hannover Telefon: +49 (0)511 8550 2477; mobil +49 (0) 171 767 679 E-Mail: Drews@schluetersche.de

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DIE VERGANGENHEIT SOLLTE EIN SPRUNGBRETT SEIN, NICHT EIN SOFA.“ (MAURICE HAROLD MACMILLAN)

SIE SIND ES, DIE ALS VORBILD VOR IHREM UNTERNEHMEN STEHEN, DIE DIE ZUKUNFT IM HANDWERK UND IN IHREM UNTERNEHMEN IN DER HAND HALTEN. KLAUS STEINSEIFER


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