architectum 01/2016

Page 1

I N T E RN ATIONAL ES MAG AZIN F Ü R ZI EGELARC HI TEK TU R DAC H U N D FA S S A D E

01 2016

www.architectum.com

#18


02 | EDITORIAL | IMPRESSUM

26

CHRISTOF DOMENIG CEO CLAY BUILDING MATERIALS EUROPE

EDITORIAL Zeitgemäße Architektur benötigt zeitgemäße Baustoffe. Ziegel sind und waren immer am Puls der Zeit, innovativ und modern. Unser Ziel ist es, zeitgenössische Architektur mit einer großen Bandbreite an Produktideen zu unterstützen. Architekten übernehmen eine tragende Rolle, sie verwirklichen die Träume des Bauherrn, in Kombination mit den Wünschen der Industrie. Dadurch entstehen einzigartige Projekte: Eine schneeweiße Fassade in Belgien zeigt dies genauso deutlich wie die farbenfrohe Umsetzung eines Jugendclubs in den Niederlanden. Oft müssen sich kreative Umsetzungen aber auch erst Platz verschaffen: beim Projekt Forest Mews wurde alte Bausubstanz genutzt, um neuen Wohnraum zu ermöglichen. Gegensätzlich dazu das Weingut Wutte. Die außergewöhnliche Gebäudehülle macht optisch auf sich aufmerksam, stellt aber auch gleichzeitig eine Verbindung mit der Landschaft her. Durch die offene Konstruktion verschmelzen Innen und Außen. So unterschiedlich die Projekte auch sein mögen, ein ganz wichtiger Aspekt vereint alle: die Qualität der Architektur und des Wohlfühlens. Bauen mit Ziegel schafft Behaglichkeit und steht für hohe Wohnqualität, heute noch genauso wie vor hundert Jahren. Christof Domenig

IMPRESSUM HERAUSGEBER Wienerberger AG, 1100 Wien VERLAG Österreichischer Wirtschaftsverlag GmbH, 1120 Wien CHEFREDAKTION Andrea Blama (Wienerberger AG) MITARBEIT Tom Dearden (UK), Susanne Gorny (AT), Susanne Karr (AT), Sabine Merlevede (BE), Arnaud Mounier (FR), Bianca Murphy (DE), Pavla Peterkova (CZ), Martin Schröder (NL), Alexa Uplegger (GER) GRAFIK UND DESIGN Simon Jappel (Österreichischer Wirtschaftsverlag) DRUCK Stiepan & Partner Druck GmbH, Hirtenbergerstraße 31, 2544 Leobersdorf PRODUKTION Ueberreuter Druckzentrum GmbH

WIENERBERGER AG CLAY BUILDING MATERIALS EUROPE A-1100 Wien, Wienerberg City Wienerbergstraße 11 T +43 (1) 601 92-10551 marketing@wienerberger.com www.clay-wienerberger.com www.architectum.com twitter.com/architectum youtube.com/wienerbergerofficial


INHALT | 03

24

20

08

04 05

NEWS

ERFRISCHENDER ­ZWISCHENSTOPP IN BEEINDRUCKENDER ­ZIEGELARCHITEKTUR MASSSTABSÜBUNG Belgien

UNGEWÖHNLICHE VARIATION ­EINES KLASSISCHEN THEMAS Tschechien

SUCHE NACH EINER VERBINDUNG VON ALT UND NEU Belgien FAS S ADE

Interview

Österreich

12 14

16

ALFRED MUNKENBECK

DA CH

08

34

18

APARTMENTS FÜR BETREUTES WOHNEN

20 24 26

ZWISCHEN HIMMEL UND MEER

18

28

NACHVERDICHTUNG MIT ­ÜBERRASCHENDER ­ERSCHEINUNG

32

MARKANTES ZUSAMMENSPIEL VON FLÄCHE UND ÖFFNUNG

34

FRISCHE AUSSTRAHLUNG FÜR EIN JUGENDZENTRUM

Großbritannien

Deutschland

Belgien

Frankreich

UNTER EINEM DACH Irland

ECKGEBÄUDE VERLEIHT STADTVIERTEL CHARAKTER Belgien

Niederlande


04 | NEWS | NEUE PRODUKTE

E4 BRICK HOUSE™ VON WIENERBERGER UK ­G EWINNT DEN HOUSING INNOVATION AWARD Der Housing Innovation Award in Großbritannien feiert den Pioniergeist im Wohnungsbaubereich und macht auf originelle Projekte und Dienstleistungen aufmerksam. Wienerberger UK ist stolz darauf, diesen Award zu gewinnen und betrachtet die Auszeichnung als besondere Bestätigung dafür, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben und zugleich als fantastische Anerkennung für alle, die an der Entwicklung dieses Projektes in den letzten drei Jahren beteiligt gewesen sind. Das e4 brick house™ von Wienerberger wurde entwickelt um auf den Bedarf an bezahlbarem, nachhaltigem Wohnraum in Großbritannien zu reagieren. Das Model des e4 brick house™, das in Zusammenarbeit mit ARUP, einem weltweit tätigen Ingenieur- und Beratungsunternehmen im Bausektor, entwickelt wurde, konzentriert sich auf die vier Grundpfeiler von Wienerbergers globalem e4-Konzept – energy, economy, environment and emotion (Energie, Wirtschaft, Umwelt und Emotion). Dem Model liegt ein Ansatz zugrunde, der die Bausubstanz an erste Stelle rückt und eine Gebäudehülle aus Ziegeln verwendet, um einen verringertem Energiebedarf und folglich niedrigere Betriebskosten für den Nutzer zu ermöglichen. Die Marketingleiterin Annette Forster sagte hierzu: „Wir freuen uns außerordentlich, dass das Wienerberger e4 brick house™ den Preis in der Kategorie „Most Innovative New Product“ bei den Housing Innovation Awards gewonnen hat. Bei unserem e4 brick house geht es um die Schaffung besserer Wohnhäuser und die Nutzung neuer und effizienterer Wege, um dies zu erreichen.“ www.wienerberger.co.uk

EINFÜHRUNG DES NEUEN LINAQUA – ­K ERAMISCHE FARBENPRACHT HERGESTELLT IN EINEM 100 JAHRE ALTEN RINGOFEN Aufgrund ihres unvergleichlichen und fantastischen Farbspiels ist die Linaqua Sichtziegelserie ein absolutes Muss für alle Bauherren, die auf einen Neubau mit ausdrucksstarker Architektur und Erscheinung schwören oder ein charaktervolles Haus renovieren wollen. Die handgeformten Linaqua Ziegel verdanken ihr unverwechselbares Erscheinungsbild einem eigens entwickelten Herstellungsprozesses in unserem Werk in Maaseik, Belgien, bei dem die Nutzung von Wasser eine Schlüsselrolle zukommt. Aufgrund dieser Behandlung gelangt die reine Farbe des Tons ungehindert an die Oberfläche. Während des Brennvorgangs entsteht so ein ausdrucksstarkes, intensives Farbspektrum. Die LinaquaSerie wird in einem Ringofen aus dem Jahr 1911 nach traditionellen Methoden gebrannt. www.wienerberger.be

ACTUA TITANIUM FÜR DÄCHER UND ­FASSADENVERKLEIDUNGEN – MODERNER DENN JE Actua, ein flacher Falzziegel und das herausragende Produkt des Koramic Ziegelsortiments, ist nun in einer neuen Farbe erhältlich: mit „Titanium Black“ steigt die Zahl der verfügbaren Farben auf acht. Bei dieser neuen Variante handelt es sich um ein satiniertes tiefes Schwarz, das Ihr Haus in einzigartiger Weise verschönern wird. Entworfen für Projekte mit einem besonders modernen Erscheinungsbild, kann Actua Titanium Black als Dacheindeckung oder Fassadenverkleidung dienen. Diese in Frankreich produzierte Variante wurde entwickelt, um auf den aktuellen Designtrend zu dunkleren Farben und mehr Individualität zu reagieren. www.wienerberger.fr


Thomas Dusek

ALFRED MUNKENBECK | INTERVIEW | 05

MODERNE OHNE NÜCHTERNHEIT Vor der Gründung seines eigenen Büros Munkenbeck + Partners sammelte Alfred Munkenbeck Erfahrung in einigen der renommiertesten Architekturbüros weltweit. Diese erstklassige Berufserfahrung und der Besuch der Harvard University, als Ausbildungshintergrund, verleihen seiner Arbeit eine facettenreiche Perspektive. Neben einer Reihe von anderen Auszeichnungen hat sein Büro mehrfach den prestigeträchtigen RIBA Award gewonnen und konnte im Museum of Modern Art, New York ausstellen. Im folgenden Interview erläutert Alfred Munkenbeck, Jurymitglied des Brick Award 2016, die besondere Fassadengestaltung seines preisgekrönten Projekts „Gee Street“, den energieeffizienten Ansatz, der zu dieser speziellen Lösung geführt hat, und seine Vorliebe für Ziegel. Ihr Projekt in der Gee Street, für das Sie den „Brick Award“ im Jahr 2013 gewonnen haben, mutet inmitten der umgebenden Gebäude als eine sehr leichte Konstruktion an. Betrachtet man die Konzeption der Fassade stellt sich heraus, dass diese ein Gespür für die umliegenden Gebäude hat, bei denen es sich fast ausschließlich um Fabrikgebäude aus dem letzten Jahrhundert handelt. Der Stil nennt sich „light industrial“. Es handelt sich tatsächlich um mehrgeschossige Lofts. Dieser Gebäudetyp ist faszinierend. Auf die ersten Gebäude dieser Art bin ich in New York gestoßen, in SOHO, South of Houston Street, Manhattan. Später habe ich herausgefunden, dass mein Urgroßvater dort ein Geschäft hatte, so dass es quasi eine direkte Verbindung zu dieser Zeit in der Geschichte gibt. Um 1900 herum erfand mein Urgroßvater in Brooklyn den Badeanzug. Davor mussten alle

unbequeme Badekostüme im Viktorianischen Stil tragen, um Schwimmen zu gehen. Als er von Irland nach Amerika kam, begann er mit dem Verleih von Badeanzügen, und er begann ebenfalls damit, diese viel kleiner zu gestalten. Er führte ein recht großes Unternehmen. Mein Vater hat mir erzählt, dass er als kleiner Junge immer dort entlanggelaufen sei und fasziniert gewesen sei von den Gebäuden, in denen in zahllosen Reihen Frauen an Nähmaschinen saßen und diese Badeanzüge produzierten. Es ging dort zu wie heutzutage in Pakistan. Und diese wunderschönen Gebäude aus Gusseisen stehen dort noch immer. Zunächst zogen dort Künstler ein, und heute natürlich eine zunehmende Zahl von Hedgefonds-Managern, die in großzügigen Apartments wohnen wollen. Die Raumhöhe macht das Wohnen dort sicherlich sehr angenehm, genauso wie der riesige Raum...


06 | INTERVIEW | ALFRED MUNKENBECK

... und natürlich auch die Glasflächen. Da es um die Jahrhundertwende kaum elektrisches Licht gab, war Gasbeleuchtung die Regel. Aus diesem Grund versuchten Fabrikbesitzer so viel natürliches Licht wie nur möglich zu nutzen. Folglich verfügten diese Gebäude über riesige verglaste Flächen und die filigranen, reich verzierten gusseisernen Fassaden. Diese wunderschönen Fabrikgebäude dienten Ihnen folglich als wesentliche Inspirationsquelle für Ihr Projekt in London Clerkenwell. Genau, die Gebäude in diesem Teil Londons stammen aus der gleichen Periode, sie wurden um 1910 erbaut. Und auch dort handelt es sich um eine Art Fabrikgebäude. Jetzt mieten Firmen wie Google diese Räume, denn die alten Bauwerke sind zu interessanten Büroflächen geworden. Also zeigt sich das gesamte Viertel heute als Mischung aus Wohnungen und Büros. Ganz genau. Was ich so spannend an diesen Gebäuden finde ist, dass es sich um allgemeingültige Bauten handelt. Mich interessieren Gebäude, die keine offensichtlichen Funktionen haben, die im Laufe der Zeit für verschiedenste Dinge genutzt werden können. Bei dem Gebäude, das wir in der Gee Street realisiert haben, hatte der Gemeinderat klugerweise gefordert, dass es zu einem Viertel für Wohnnutzung und zu drei Vierteln für Büronutzung ausgelegt werden musste. Ursprünglich hatten wir Büros geplant, weil der Bauherr Büros vermieten wollte. Obwohl wir nun gezwungen waren, ein Viertel als Wohnungen auszulegen, haben wir dennoch die Erscheinung des Gebäudes unverändert beibehalten. Wenn man das Gebäude in der Gee Street genau betrachtet, kann man nicht erkennen, wo sich die Apartments befinden und wo die Büros.

Die Materialwahl lag also nahe, wenn man einen Blick auf die Nachbargebäude wirft. Eines ist offensichtlich: während in Manhattan Gusseisen vorherrscht, wurde in London mehr Ziegel verwendet. Recht schlanke Ziegelsäulen mit großen, dazwischenliegenden Glasflächen. Folglich war es selbstverständlich, Ziegel als Material einzusetzen. Außerdem kann ich Fenster, die sich öffnen lassen, nicht ausstehen. Jedes Mal wenn man ein solches öffenbares Fenster hat, hat man auch große, fette Fensterrahmen, die Beschläge müssen irgendwo platziert werden und man denke nur an die ziemlich hässlichen Scharniere. In der Architektur versuche ich, das zu vermeiden. Wenn wir zum Beispiel Glas verwenden, möchte ich eine Glasscheibe ohne Rahmen. Bei diesem speziellen Gebäude haben wir die Ziegel durchlässig gemacht. Eigentlich sollten die Ziegel in ihrer normalen Position hochkant vermauert werden, aber wir haben sie auf die Seite gedreht, so dass die Luft durch die Löcher dringen kann. Hinter den Öffnungen befindet sich ein Paneel, das man allerdings nicht sehen kann. Auf diese Weise verfügt das Gebäude nun über ein experimentelles Luftdurchmischungs-Belüftungssystem. Also eine Lösung nach Ihrem Geschmack sowie praktischen Überlegungen. Sie ist praktisch. Und das Erscheinungsbild gefällt mir einfach sehr, entweder Glas oder diese sehr leichten Ziegel. Die Beschläge, Türen, Handgriffe sind nirgendwo sichtbar, sie sind alle verborgen. Es ist eine sehr saubere Fassade, die aber dennoch funktioniert und sehr raffiniert aussieht. Sie haben nun eine schöne und funktionelle, durchlässige Fassade. Aber wie steht es mit dem Heizen? Das ist ein interessanter Punkt. Insbesondere in Bürogebäuden produ-


Dennis Gilbert

ALFRED MUNKENBECK | INTERVIEW | 07

zieren Menschen, Beleuchtungskörper und Computer enorme Menge an Wärme. Auf dem Tisch jedes Mitarbeiters steht ein Computer, der ein Kilowatt Wärme produziert. Wenn sich also 20 Computer in einem Raum befinden, ergibt das 20 Kilowatt Wärme. Das ist so, als würden fünf bis sechs Heizlüfter arbeiten, die ganze Zeit auf voller Leistung. In einem Büro sammelt sich viel zu viel Wärme. Wenn man ein gut isoliertes Bürogebäude hat, benötigt man folglich keine Heizung, solange die Temperatur nicht unter null Grad sinkt. Dann braucht man für eine Woche im Jahr ein bisschen Heizungswärme. Die Planer haben dieses Konzept zuerst nicht verstanden und wollten das Gebäude mit Fernwärme versorgen. Wir aber blieben dabei: Dies wird ein sehr umweltfreundliches Gebäude, es wird so umweltfreundlich, dass wir Eure Heizung überhaupt nicht wollen. Damit hatten sie echte Schwierigkeiten. Wie sieht es mit den Sommermonaten aus, benötigen Sie irgendein Kühlsystem? Unser Gebäude funktioniert folgendermaßen: Nachts leiten wir kalte Luft durch das Gebäude. Im Inneren werden sie überall Beton sehen. Wir blasen Luft durch die Geschosse. Nachts saugen wir Luft aus großer Höhe und leiten sie durch das gesamte Gebäude. Selbst in den heißesten Sommern herrschen nachts nur 12, 15 Grad. Am Morgen liegt die Temperatur der Wände bei, sagen wir 15 Grad. Die Luft wird wärmer sobald man den Computer oder das Licht anschaltet. Die Wände und Decken bleiben hingegen kühl und strahlen die Kühle dauerhaft ab. Am Nachmittag dann, wenn die Kälte verbraucht ist, gehen die Mitarbeiter nach Hause. Das Konzept basiert auf einer Zeitschiene, nach der man die Kälte mitten in der Nacht bis drei Uhr morgens ins Gebäude holt und diese Kühle wiederum bis drei Uhr nachmittags an die Büroräume abgibt. Alles beruht also auf dieser Art Verzögerung. Für drei Wochen im

Jahr benötigen wir zusätzlich ein wenig Klimatisierung. Über den Rest des Jahres reicht die nächtliche Kühlung vollkommen aus. Das Gebäude verfügt über eine Reihe ausgefeilter Sensoren auf dem Dach, die entscheiden, ob entweder Außenluft ins Gebäude geleitet oder umgewälzte Luft genutzt wird. Wenn es sehr heiß ist, kann man die Luft im Gebäude immer und immer wieder umwälzen und durch das Hinzufügen von etwas Frischluft von außen den Sauerstoffgehalt verbessern, oder man nutzt große Mengen Außenluft. Die Ausrüstung auf dem Dach spürt, was benötigt wird. Es handelt sich somit um ein Gebäude, das bei Temperaturbedingungen zwischen 0 und 28 Grad nahezu ohne künstliche Heizung oder Kühlung auskommt. Dieser energieeffiziente Ansatz resultiert somit aus dem Baumaterial Ziegel? Aus der perforierten Ziegelfassade und der Betonkonstruktion im Inneren. Dieser Ansatz hätte sich auch nur mit Ziegeln realisieren lassen. Ich persönlich liebe die Beschaffenheit, diese unglaublich winzigen Löcher. Es ist ein stranggepresstes Material und wenn es gebrannt ist, hält es genau so zusammen. Es ist ein natürliches und vielseitiges Baumaterial. Absolut. Es gibt nichts Natürlicheres als das, was man aus dem Boden ausgräbt. Es ist allerdings auch ein sehr zerbrechliches Material. Ja, es ist sehr leicht. Und gerade weil es über diese kleine Löcher verfügt, ist es ein guter Dämmstoff. Ziegel hat außerdem diese grundlegende Eigenschaft, die ich so sehr schätze: es ist erhitzter Schmutz und damit das grundlegendste Baumaterial, das es gibt. Ziegel ist buchstäblich gebrannte Erde … wie der italienische Name „terra cotta“ besagt.


08 | DACH | ÖSTERREICH


ÖSTERREICH | DACH | 09

ERFRISCHENDER ­Z WISCHENSTOPP IN BEEINDRUCKENDER ­Z IEGELARCHITEKTUR Der Neubau der Buschenschenke des Weinguts Wutte in der Südsteiermark ist ein besonderes Projekt. Nicht nur architektonisch, sondern auch auf Grund der verwendeten Materialen. Dieses Buschenschenkenkonzept verbindet Modernität und Tradition.


010 | DACH | ÖSTERREICH


ÖSTERREICH | DACH | 011

B

ereits während der zehnmonatigen Bauzeit haben zahlreiche Interessenten die Arbeiten verfolgt. Das Projekt mit dem steilen Tondach, der großen Glasfront und der vom Giebel bis zum Boden reichenden Ziegelfassade ist sehr imposant. In Markus Spitzbart + Partners hat die junge Winzerfamilie einen Partner für außergewöhnliche Architektur und die Erarbeitung des Gesamtkonzepts gefunden. Er verstand die besonderen Anforderungen und brachte diese professionell auf den Punkt.

INFO PROJEKT Wutte Weingut

ARCHITEKT Markus Spitzbart + Partners

BAUHERR Mario Wutte

VERWENDETE PRODUKTE Tondach Altstadtpaket Tasche eckig Engoben weiß-grau antik

BAUJAHR Juni 2015

SPEZIELLE ANFORDERUNGEN Wutte im südsteirischen Fresing war eine der letzten „KuchlBuschenschenken“. Im Jahr 2007 übernahm Mario Wutte mit seiner Frau Eva den Betrieb und begann zunächst mit der Sanierung anderer Bereiche, bevor er sich an die größte Herausforderung, die Modernisierung der Buschenschenke, wagte. Dafür gab es zwar eine Reihe von Ideen und Skizzen, sie erfüllten aber alle nicht die Erwartungen. ARCHITEKTUR AUF DEN PUNKT GEBRACHT Auffällige Merkmale des Neubaus sind das steile Dach und die lückenlose Einkleidung des Baukörpers mit Dachziegeln. Verlegt wurden rund 16.000 Stück

des Dachziegels in der Farbe Weiß-Grau-Antik engobiert. Die Ziegel zeichnen sich durch ihre besondere Farbe, die Oberfläche und unterschiedliche Längen aus und verleiht dem Gebäude eine natürliche Struktur und Patina. Durch das Steildach macht der in einer Kurve gelegene Heurige optisch auf sich aufmerksam und bietet durch die Verglasung der gesamten Front Einblick bis tief in das Gebäude. Der Innenbereich umfasst den Gastraum mit der dahinterliegenden Küche und die Wohnung der Seniorchefin. Bei der Gestaltung wurden die Vorstellungen der Familie umgesetzt, die Wert auf Wärme und Gemütlichkeit im Gastraum legte. Warme Materialien wie Tonziegel, Lärchenholz sowie die charakteristische Ausführung des Bodens verleihen der Buschenschenke ihre ganz eigene Identität. Das neue Gebäude erweist sich seit der Eröffnung im Juni 2015 als Besuchermagnet. Nicht nur die anfänglich skeptischen Einheimischen kann die Familie bei sich begrüßen, es kommen auch Kollegen aus den angrenzenden Bundesländern, um sich selbst ein Bild zu machen. „Wir haben es auf den Punkt gebracht, in der ganzen Region gibt es nichts annähernd Vergleichbares“, freut sich Bauherr Mario Wutte.


012 | DACH | BELGIEN


BELGIEN | DACH | 013

MASSSTABSÜBUNG Im Jahr 1996 ließen die Domincanessen-Schwestern das alte Kloster am Vlamingdam in der Innenstadt von Brügge abreißen und durch einen Neubau ersetzen. 2011 wurde dieses Gebäude in eine Einrichtung für betreutes Wohnen mit dem Namen Engelendale (Tal der Engel) umgebaut. Drei Jahre später wurde die Zahl der Wohneinheiten von 40 auf 96 mehr als verdoppelt. Die Ausweitung auf ein angrenzendes Grundstück und Arbeiten am Bestandsgebäude ermöglichten diesen Ausbau.

A

uf Wunsch der damaligen Oberin entwickelte der Architekt Gino Debruyne 1995 ein flexibleres Klostergebäude, das pflegebedürftigen Personen Wohnraum bot, als sich die Klostergemeinschaft verkleinerte. Zu diesem Zweck konzipierte Debruyne größere Gemeinschaftsräume im Erdgeschoss, Zimmer mit sanitären Anlagen sowie breite Korridore und berücksichtigte den Einbau intelligenter Technologien und Versorgungsleitungen. Eine keramische Verkleidung aus Sicht- und Dachziegeln stellte sicher, dass sich das Gebäude in sein innerstädtisches Umfeld einfügt. Die geringe Gebäudehöhe und die zurückgesetzte Fassade des Wohngeschosses ermöglichen eine besserer Belichtung und mehr Privatsphäre zur Straße und den Nachbarn hin. NEUE GELEGENHEIT Nach dem Umbau in eine Einrichtung für betreutes Wohnen mit dem Namen „Woonzorgcentrum Engelendale“ wurde einige Jahre später ein Ausbau erforderlich, um die wirtschaftliche Rentabilität der Einrichtung zu erhalten. Eine passende Gelegenheit ergab sich, als ein angrenzendes Grundstück zum Verkauf stand. Statt eines langen Gebäudes entwarf der Architekt Gino Debruyne drei Baukörper mit je zwei Stockwerken und einem Giebeldach, die in einen Innenhof mäandern. Sie bieten betreute Wohnräume, Studios sowie Wohnungen entlang der Kapelstraat für noch mobile Ehepaare. Zwischen dem Kloster und dem Erweiterungsgrundstück befindet sich der neue Haupteingang mit einem Empfangsbereich. NEUER RAUM ZUM WOHLFÜHLEN Für die Realisierung der drei Gebäude wurden die gleichen keramischen Materialien wie für das Kloster verwendet. Allerdings entschied sich der Architekt für einen längeren Ziegel, der mit Dünnbettmörtel vermauert wurde. Einige der Ziegelenden am Sockel der Fassade sind grün glasiert und stellen einen spielerischen Be-

„DIE WELLENFÖRMIGE ANORDNUNG DER GEBÄUDE BILDET EINE PROMENADE MIT STÄNDIG WECHSELNDEN BLICKEN IN DEN INNENHOF.“ zug zum Klostergarten her. Ausschnitte senken das optische Profil des Dachs und stärken das Image der Stadtwohnungen. Zwischen den beiden Flügeln der bestehenden Pflegeeinrichtung setzte der Architekt einen neuen, schwebenden Glaskörper, der als Wohn- und Therapiebereich für die Bewohner auf diese Etage dient. Im hinteren Teil der Einrichtung grenzt ein moderner Erweiterungsbau mit einem begrünten Dach an die Cafeteria. Ein Gartenhäuschen wurde durch ein Gebäude mit Wohnungen ersetzt, die den alten Klostergarten und zwei Gartenpavillons überblicken.

INFO PROJEKT WZC Engelendale Expansion

ARCHITEKT Gino Debruyne & Architects

BAUHERR vzw Volkswelzijn Bruge

VERWENDETE PRODUKTE Terca Olm Koramic Plain Tile 301

FLÄCHE 4.500 m²

BAUJAHR 2014


014 | DACH | TSCHECHIEN

UNGEWÖHNLICHE VARIATION ­E INES KLASSISCHEN THEMAS INFO PROJEKT Ungewöhnliche Variation eines ­Einfamilienhauses

ARCHITEKT Aleš Gadlina

BAUHERR privat

VERWENDETE PRODUKTE Porotherm 44 & 30 Tondach Stodo 12

FLÄCHE 221 m²

FOTOGRAFEN Jiří Vaněk und Jana Labuťová

Die Geschichte eines Hauses in Nordmähren begann mit strengen behördlichen Auflagen, die ein traditionelles Erscheinungsbild des ­Gebäudes forderten. Aleš Gadlina ist jedoch bekannt für seine unkonventionelle ­Architektur, gepaart mit seinem Mut, sich über gängige Standards hinwegzusetzen und mit Formen zu experimentieren. Dieses Haus mit Schrägdach und Dachziegelverkleidung überschreitet bei weitem seine sonst charakteristische Ausdrucksweise.


TSCHECHIEN | DACH | 015

D

ie Investorin war mit der Region bereits vertraut. Sie hatte lange in dieser Gegend gearbeitet und wollte nun zusammen mit ihrer Familie dort leben. Sie entschied sich für Aleš Gadlina als Architekt aufgrund seiner originellen Denkansätze. „Ich habe es sehr geschätzt, dass die Bauherrin sehr klare Ziele verfolgte. Sie ließ mir genügend Raum für meine Fantasie“, bemerkt Gadlina. „Ein modernes und gemütlich eingerichtetes Haus für eine vierköpfige Familie, mit einem großen Gemeinschaftsbereich; Architektur ohne Einschränkungen – eine Traumprojekt für jeden Architekten.“ MODERNE ARCHITEKTUR IM RAHMEN STRENGER BAUVORSCHRIFTEN Der Bebauungsplan für das kleine mährische Dorf definiert feste Regelungen für Neubauten. Die Vorgaben umfassten die respektvolle Einhaltung der traditionellen architektonischen Merkmale, einschließlich eines Satteldachs mit einer vorgeschriebenen Neigung von 25% und einer Ziegeleindeckung. Aleš Gadlina gelang es allerdings, den Anforderungen der Bauordnung mit einem völlig anderen Ansatz zu entsprechen. Auf den ersten Blick erscheint das Gebäude wie ein rollendes Gewirr aus großen Kreide- oder Marmorblöcken. Tatsächlich aber erwächst das Haus aus einem exakten geometrischen Grundriss: zwei Blöcke von unterschiedlicher Größe und in der Höhe leicht versetzt folgen

der Geländekontur und gleiten den Hang mit einer Neigung von 25° hinunter. Die ursprünglichen Flachdächer verwandeln sich so in Steildächer. Weiterhin realisierte der Architekt die geforderte Dacheindeckung mit Tonziegeln. Im oberen Bereich des Grundstücks verschmelzen die beiden Blöcke miteinander, während sich die Komposition nach unten hin öffnet und eine V-Form beschreibt. Beide werden im Inneren miteinander verbunden; sie werden durch einen offenen Raum mit einem direkten Treppenaufgang zusammengeführt, der wie eine klar definierte Achse vom Hauseingang hinauf zur Terrasse vor dem Wohnzimmer führt. Die Gestaltung des Hauses entspricht den seitens der Baubehörde auferlegten Anforderungen und ist dennoch geprägt vom Erscheinungsbild seiner modernen Architektur und einem vollkommen anderen Wesen als man ausgehend von den geltenden Bauvorschriften hätte erwarten können. TECHNOLOGIE IM DIENSTE DER BEHAGLICHKEIT Die Bauweise basiert auf bewährten Technologien – die Wände bestehen aus keramischen Blockziegeln und monolithischem Stahlbeton. Aleš Gadlina entwirft normalerweise Passivhäuser, deshalb verfügt das Einfamilienhaus über großzügig verglaste Flächen und wurde mit Jalousien ausgestattet. Der tiefe, offen gestaltete Innenraum fördert eine ungehinderte Luftzirkulation.


016 | DACH | BELGIEN

SUCHE NACH EINER VERBINDUNG VON ALT UND NEU Das Quartier „Groen Steenbrugge“ liegt am Rand der UNESCO-Stadt Brügge direkt am Kanal nach Gent. Das 3.000 Quadratmeter große Grundstück stößt nur mit der östlichen Schmalseite an die den Wasserweg begleitende Straße und ist dadurch gut vom Verkehr abgeschirmt. Am Zugang steht ein passables altes Herrenhaus, das instandgesetzt und mit einem neuen Dach versehen für Studentenwohnungen ausgestattet wurde. Zuvor grenzte hier eine heruntergekommene Großgarage an. Fast zwanzig Jahre lang hatte die Natur das Gelände und das leerstehende Gebäude überwuchert.

A

rchitecten Groep III rissen die Garage ab und errichteten ihr neues Büro als viergeschossiges Gebäude gegenüber dem Herrenhaus. Diese beiden hohen Häuser betonen den Zugang zum Grundstück, das sich mit einem breiten Fußund Radweg in die Tiefe fortsetzt. Anstelle einer parzellierten Aufteilung mit Straße, Parkplätzen und

Gehweg teilen sich acht Häuser die Fläche. Für die Autos gibt es 27 unterirdische Stellplätze, die über eine jeweils private Treppe von jedem Haus aus zugänglich sind. „Ein verantwortlicher und vernünftiger Gebrauch des vorhandenen Raums war der Ausgangspunkt der Planung“, erläutern die Architekten ihr Konzept. Die Vielfalt der Nutzungen mit Wohnhäu-


BELGIEN | DACH | 017

sern, Studentenzimmern und Büroflächen führte zu unterschiedlichen Baukörpern, die sich entsprechend orientieren,verdichten und ihre Bedeutung zeigen. ATTRAKTIVES UMFELD FÜR UNTERSCHIEDLICHSTE AKTIVITÄTEN Tagsüber kann hier viel passieren: Kinder können vor den großen Fenstern des Büros spielen, Studenten und Familien verabreden sich am Gartengrill oder die Nachbarn treffen sich zu einem Plausch. Es ist ein großer gemeinsamer Platz entstanden, der dennoch die Privatheit der Bewohner respektiert. Der neue Pfad von der Hauptstraße stellt eine alte Verbindung zwischen dem angrenzenden Wohngebiet und der Klappbrücke am Kanal her. RICHTUNGSWEISEND FÜR NACHHALTIGKEIT Die Grundrisse der Häuser sind kompakt ausgelegt. Über einem Großraum im Erdgeschoss für Kochen, Essen und Wohnen folgen im Obergeschoss drei

Zimmer mit Bad und Toilette, dann der Dachboden. Das Haus am Rand mit der Zufahrt zur gemeinsamen Garage ist etwas großzügiger ausgefallen. Die Ausstattung hinsichtlich Umweltstandards blieb den Bewohnern überlassen. Die Architekten zeigten ihnen, was sie an energiesparender Technik investieren konnten, also für Geothermie, Gründächer, kontrollierte Wohnungslüftung, Photovoltaikpaneele, zusätzliche Wärmedämmung, Regenwassernutzung etc. Ihr eigenes Bürohaus diente dabei als Vorbild. Hier reicht eine Wärmepumpenbohrung 122 Meter tief in die Erde. Was die Häuser bereits gemeinsam haben, sind die Ziegelfassaden. Dafür wurden ganz einfache Steine verwendet. Unterschiede ergeben sich erst durch eine Variation bei den Verbänden und Fugenbreiten (Dünnbettfugen bei den Wohnhäusern und geklebte beim Bürogebäude). Die Farben der Ziegel setzen sich in den Dachziegeln fort.

INFO PROJEKT Groen Steenbrugge

ARCHITEKT Architecten Groep III

BAUHERR privat

VERWENDETE PRODUKTE Terca Wasserstrich K ­ ogelbloem Koramic Plato

FLÄCHE Bürogebäude 1.000 m², Wohnhäuser gesamt: 1.304 m²

BAUJAHR August 2012

FOTOGRAF Architecten Groep III


018 | FASSADE | BELGIEN

APARTMENTS FÜR BETREUTES WOHNEN Im Jahr 2014 wurde die St. Camillus-Wohnanlage des ‚Sisters of Antwerp‘-Krankenhauses mit Apartments für betreutes Wohnen erweitert. Unter Berücksichtigung der Lage am Rande eines großen Innenbereiches und in der Nähe einiger signifikanter Gebäude wurde der Bau mit viel Sorgfalt durchgeführt. Die Wahl der Tonziegel und dezente architektonische Details erzielen eine starke Ausdruckskraft und ermöglichen gleichzeitig eine erfolgreiche Eingliederung.

F

rüher gehörte der Innenbereich zu einem Kloster, von dem nur noch eine Kapelle erhalten ist, die sich direkt an das St. Camillus-Pflegeheim schmiegt. Diese Pflegeeinrichtung wurde vor zirka 25 Jahren nach dem Abriss des Klosters errichtet. Im Jahr 2010 beauftragte man das Architekturbüro Stramien, die Möglichkeiten einer Erweiterung auf dem Grundstück zu untersuchen. Das erste Ergebnis des Masterplans und detaillierter Studien war ein Gebäude mit 18 betreuten Wohnungen, drei Studios und einer Hausmeisterwohnung.

ERHALTUNG DES RAUMS Architekt Bart Verheyen erklärt hierzu: „Wir positionieren das Gebäude am Rand des Innenbereichs, so dass kaum Grünfläche beansprucht wird und die Bewohner einen schönen Ausblick genießen. Auf der Vorderseite grenzt der Neubau an die Straße, somit wird die Pflegefunktion sowohl wörtlich als auch symbolisch in die Umgebung eingebettet. Die Längsseite leitet Bewohner und Besucher in den Innenbereich.“


BELGIEN | FASSADE | 019

INFO PROJEKT Erweiterung der St. Camillus-Pflegeeinrichtung

ARCHITEKT Stramien cvba

BAUHERR Gasthuis Zusters Antwerpen GZA

VERWENDETE PRODUKTE Terca Passiebloem

FLÄCHE 2.610 m²

BAUJAHR 2014

FOTOGRAF Chak Lopez

ANPASSUNG AN DIE NACHBARSCHAFT Für die Fassadenverkleidung wurden Sichtziegel mit violetten, braunen und orangenen Farbnuancen ausgewählt. Verheyen fährt fort: „Wir wollten eine optimale Integration in das bestehende Umfeld erreichen. Ausschlaggebende Faktoren waren neben den Grünflächen die große Pflegeeinrichtung für betreutes Wohnen, die mit braun gefärbten Ziegeln verkleidet ist, und die St. Laurentius-Kirche im Art-déco-Backsteinstil, die in den 1930er Jahren erbaut wurde. Die Farbtöne der ausgewählten Ziegel harmonieren wunderbar mit den Bestandsgebäuden.“ KOMBINATION ALTER UND NEUER TECHNIKEN Die Ziegel wurden mit architektonischen Mitteln angeglichen: Die horizontalen und vertikalen Lagen des Mauerwerks entsprechen dem Mauerwerk der Kirchenfassade. Dank der hohen Frostbeständigkeit der Ziegel konnten die Mauern mit Fugenmörtel ausgeführt werden. Der Mörtel wurde eingefärbt und erzeugt Schattenfugen, welche die Ausdruckskraft der Ziegelfassade zusätzlich betonen. Das Resultat ist ein Gebäude, das den Zusammenhalt und die Homogenität des Grundstücks verstärkt, seinen

„DURCH EINE VERBINDUNG DES INNENBEREICHS MIT DEN UMLIEGENDEN STRASSEN WIRD DER VORMALS PRIVATE RAUM IN EINE OFFENE, ZUGÄNGLICHE GRÜNFLÄCHE FÜR DAS GESAMTE VIERTEL VERWANDELT.“ Nutzen betont und zugleich seine eigene unverwechselbare Identität hervorhebt. Die nächste Phase umfasst die Erweiterung der bestehenden Pflegeeinrichtung selbst. Die Baugenehmigung hierfür liegt bereits vor, nur die Finanzierung muss noch geklärt werden. Es ist beabsichtigt für diesen Bauabschnitt die gleichen Materialien und Details einzusetzen.


020 | FASSADE | FRANKREICH


FRANKREICH | FASSADE | 021

ZWISCHEN HIMMEL UND MEER In diesem Wohnungsbauprojekt mit einer einwandigen Argelite-Verkleidung, im Dünkirchener Bezirk Grand Large, hauchte das Architekturbüro Babel einer Vision neues Leben ein. Diese lässt die Baumaßnahme zugleich wirtschaftlich und poetisch wirken. Die Gebäude mussten thermischen, finanziellen und architektonischen Einschränkungen gerecht werden, und dennoch gelang es den Architekten, die Bauten mit ihrer Inspiration zu füllen.


022 | FASSADE | FRANKREICH


FRANKREICH | FASSADE | 023

D

ie Mehrfamilienhäuser in Dünkirchens Stadtviertel Grand Large erforderten den Einsatz von Baumaterialien mit sehr guten Wärmedämmeigenschaften und hoher Widerstandsfähigkeit, insbesondere aufgrund des Meeresklimas (Wind, Salz, Luftfeuchtigkeit). Ton erwies sich schnell als naheliegende Wahl wegen seiner Fähigkeit, den äußerst rauen klimatischen Bedingungen standzuhalten, und seinem ausgezeichneten Isolierungsvermögen. Zudem wollte Babel die Möglichkeit haben, ein breites Spektrum von Grautönen einsetzen zu können. Die Agentur entschied sich für Argelite, ein „perfekter Kompromiss zwischen hoher technischer Leistungsfähigkeit und einem konkurrenzfähigen Preis“. So war es möglich, mit einem einfach zu montierenden, einwandigen Produkt und einem Format, das eine horizontale Anbringung zulässt, zu arbeiten. EINE VON DER NORDSEE INSPIRIERTE FARBPALETTE Obwohl das Projekt in das größere Bauvorhaben des Architekten Nicolas Michelin in Grand Large eingefügt werden musste gelang es Babel, den Amsterdamer Häusern Anerkennung zu zollen, indem sie zwei halbe Fassaden so gegeneinander versetzten, dass sie vom Meer heranrollenden Wellen

gleichen. Die dezenten Färbungen der Verkleidung bilden ein gestaffeltes Arpeggio von Farbtönen. Die wechselnden Grautönen erinnern an Himmel und See, die unterschiedlichen Weißtöne sind den Wellen und Wolken an der Côte d‘Opale nachempfunden. Es entsteht ein reflektierender Effekt, ähnlich dem von glitzernden Pfützen. Kein Zweifel, wir befinden uns in Dünkirchen, ganz nahe an der Grenze zu dem „flachen Land“ – den Niederlanden. LEBENSWERTE ARCHITEKTUR Für Michel Seban, einem der Partner bei Babel, „muss sich ein Gebäude vor allem an seine Bewohner anpassen, indem rationale Entscheidungen getroffen werden, um so das Leben der Menschen einfacher und schöner zu gestalten“. Es gibt zum Beispiel keine Erdgeschosswohnungen in den Häusern in Dünkirchen, ganz einfach weil auch Seban „nicht darin wohnen wollen würde“. Dennoch fügt der Architekt auch eine künstlerische Note hinzu wenn er anmerkt, dass er versuche eine „poetische Dimension“ zum Ausdruck zu bringen. Letztendlich möchte er, dass jeder Betrachter in der Lage ist, „sich selbst eine Geschichte zu erzählen“, wenn er vor den Gebäuden steht und einen Teil seiner eigenen Fantasie darauf projiziert.

INFO PROJEKT Mehrfamilienhäuser, Grand Large in Dünkirchen

ARCHITEKT Babel (Michel Seban, Elisabeth ­Douillet, Bernard Mauplot)

BAUHERR Nacarat / Beci

VERWENDETE PRODUKTE einwandiges Argeton Argelite-System in unterschiedlichen Farben

FLÄCHE 3.682 m²

BAUJAHR 2015

FOTOGRAF Mathieu Ducros


024 | FASSADE | IRLAND

UNTER EINEM DACH Ein großes Einfamilienhaus in Belfast lotet aus, wie Haushalte bestehend aus mehreren Generationen zusammenleben können, wobei das Haus gleichzeitig gemeinschaftlich genutzte und private Wohnbereiche bietet und so ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Unabhängigkeit, Privatsphäre und Gemeinschaft erzielt.

I

m Jahr 1991 musste die Familie der Auftraggeber aus ihrem Haus in der Knock Road in Belfast ausziehen. Das Umweltamt hatte einen Teil des Gartens inklusive des roten viktorianischen Backsteinhauses erworben, um den Ausbau einer vorhandenen Straße durchführen zu können. Das Haus wurde damals abgerissen, während ein beträchtlicher Teil des Grundstücks im Besitz der Familie verblieb. Das geplante Straßenausbauprojekt führte zu erheblichen Herausforderungen an die Gestaltung des Neubaus in Bezug auf Erschließung, Privatsphäre und Lärm. Die Vorgaben verlangten nach einem großzügigen Einfamilienhaus mit einer separaten Einliegerwohnung für die Großeltern mit eigenem

Eingang, aber interner Verbindung. Zusätzlich zu den üblichen Räumen eines Einfamilienhauses wurde ein großer Wohnbereich für gesellige Treffen im großen Rahmen benötigt. Der Bauherr wollte ein modernes, von natürlichem Licht durchflutetes Haus mit Satteldach, welches an das ursprüngliche rote Backsteinhaus der Familie erinnern sollte. DESIGNANSATZ Das große Haus erforderte die Entwicklung einer wirtschaftlichen Lösung, so umfasst der Entwurf zwei ähnliche, lineare Pavillons aus rotem Backstein, deren Giebelseiten die Frontansicht bestimmen. Beide Gebäudevolumen werden durch ein großzügiges, zweigeschossiges Eingangsatrium verbunden. Die Pavillons wurden


IRLAND | FASSADE | 025

versetzt zueinander angeordnet, um Außenbereiche zu schaffen und den Maßstab des Gebäudes optisch zu verringern. Diese Grundrissanordnung formt separate Eingänge aus und definiert die Funktionen im Inneren des Hauses. Der Flügel zum Garten umfasst den öffentlichen Bereich mit allen Wohnflächen und dem Gästezimmer. Die Wohnbereiche im Erdgeschoss sind linear angeordnet und verfügen über großzügige Fensterflächen mit tiefen Laibungen, die Ausblicke in den Garten bieten. Der nordöstliche Gebäudeteil ist eher privat und beherbergt die Schlafzimmer der Familie im ersten Stock und die Wohnung der Großeltern im Erdgeschoss. Letztere schließt direkt an das Eingangsatrium an und gewährt ungehinderten Zugang zu Stellflächen und der Garage. Rote Ziegel wurden aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit Belfaster Backsteinen des späten 19. Jahrhunderts und den feinen Variationen in Farbe und Form ausgewählt. Das Mauerwerk ist bündig und gebürstet ausgeführt, wobei tiefe Laibungen und Rücksprünge den Fassaden eine flächige, skulpturale Qualität verleihen, die durch verzinkte Bleche und Holzverkleidungen harmonisch ergänzt wird.

INFO PROJEKT Mehrgenerationenhaus

ARCHITEKT John Kennedy Architects

BAUHERR Cary Thompson

VERWENDETE PRODUKTE Terca Mellowed Red

FLÄCHE 570 m²

BAUJAHR 2013

FOTOGRAF Donal McCann


026 | FASSADE | BELGIEN


BELGIEN | FASSADE | 027

ECKGEBÄUDE VERLEIHT STADTVIERTEL CHARAKTER Auf einem strategisch günstig gelegenen Eckgrundstück – das allerdings hinsichtlich seiner Form und Ausrichtung keineswegs ideal ist – haben die Architekturbüros MS-A und V+ ein stadtbildprägendes Gebäude errichtet. Aufgrund seines markanten Erscheinungsbildes, der privaten Außenbereiche, lichtdurchfluteter Wohnungen und der Achtung des öffentlichen Raums gewann das Konzept eine Auszeichnung der Föderation Wallonien-Brüssel.

D

as relativ kleine Eckgrundstück mit Nord-Ausrichtung liegt direkt in der Sichtlinie der Van Praet-Brücke, einem wichtigen Zugangspunkt im Norden von Brüssel. Auf der Suche nach einem Konzept für ein Gebäude mit drei Sozialwohnungen, als Teil eines größer angelegten Stadterneuerungsprojektes, lobte die Gemeinde Schaerbeek einen Wettbewerb aus. Die Architekten von MS-A und V+ sorgten bei der Jury für eine große Überraschung. Aufgrund der einzigartigen Lage und als Gegengewicht zu dem hohen Gebäude auf der gegenüberliegenden Seite der Lambermont Lane entwarfen sie einen noch höheren Baukörper mit ikonischem Ausdruck, der Platz für fünf große Wohnungen bietet. MEHR WOHNRAUM Indem das Grundstück auf der Südseite teilweise unbebaut bleibt, schufen die Architekten einen atmenden Raum im Innenbereich und Platz für nach Süden ausgerichtete Fassaden und Terrassen. Ein Überhang an der Rue FrançoisJoseph Navez ermöglicht die Anlage eines breiteren Gehweges und eines großzügigen Eingangsbereiches. In den unteren drei Stockwerken befinden sich drei Wohnungen mit je zwei Ebenen, die alle von einem zentralen Treppenhaus erschlossen werden. Die Schlafzimmer liegen etwas erhöht auf der Nordseite.

kel zueinander angeordnet werden. Zusammen mit wechselndem Sonnenlicht erhält die Fassade so eine ganz besondere Textur.

INFO PROJEKT Passivhaus mit 5 Sozialwohnungen

WEISSE ZIEGEL Das Gebäude wurde mit geklebten weißen Sichtziegeln verblendet. Architekt Julien Deloffre (MS-A) führt dazu aus: „Schon in der Wettbewerbsphase waren wir auf der Suche nach einem möglichst weißen Tonziegel, da wir ein sehr robustes Gebäude schaffen wollten. Langfristig sind Tonziegel beständiger in Bezug auf Instandhaltung und Erscheinung. Um zu vermeiden, dass der Fassade die gebührende Betonung fehlt, entwickelten wir eine Fassade mit flacher Oberfläche anstatt einer Ausführung, bei der die Ziegel in einem bestimmten Win-

PREISGEKRÖNTE ARCHITEKTUR Die war­ tungs­freundliche Fassadenverkleidung, die budget­ freundliche Bauweise und eine Subvention von Seiten der Leefmilieu Brussel Authority (Brüsseler Institut für Umweltmanagement) kompensierten die zusätzlichen Ausgaben für die Ziegelfassade und deren Behandlung mit einer graffitiabweisenden Beschichtung. Das Projekt gewann 2015 eine Auszeichnung der Föderation Wallonien-Brüssel für öffentliche Entwicklungen in der Kategorie ‚Sozialer Wohnungsbau‘.

ARCHITEKT MS-A und V+

BAUHERR Gemeinde Schaarbeek – Bauunternehmen: RenovaS vzw

VERWENDETE PRODUKTE Terca Knabe F1

FLÄCHE 1.000 m²

BAUJAHR 2015


028 | FASSADE | GROSSBRITANNIEN

NACHVERDICHTUNG MIT ÜBERRASCHENDER ­E RSCHEINUNG Dunkle Ziegelfassaden stemmen sich gegen die Straße, werden nach oben hin immer feiner, immer zierlicher, bis sie schließlich unter Stuck und getischlerten Giebeln an den Himmel stoßen. Hinter so manchem Vorhang, scheint es, lugen ab und an Oscar Wilde, Charles Dickens und die Geschwister Brontë hervor. Forest Hill, weit draußen an der Peripherie, irgendwo im Südosten Londons. Die viktorianischen Ziegelhäuser sind eine Pracht.


GROSSBRITANNIEN | FASSADE | 029


030 | FASSADE | GROSSBRITANNIEN

INFO PROJEKT Forest Mews

ARCHITEKT Robert & Jessica Barker

BAUHERR privat

VERWENDETE PRODUKTE Terca Marziale

BAUJAHR 2014

FOTOGRAF Robert Barker

H

inter dem Augenscheinlichen, wir befinden uns an der Ecke von Waldram Park und Sunderland Road, offenbart sich ein kleines Dorf in der Stadt, eine idyllische Wohnanlage mit viel Grün und rotem Ziegel. „Zwei Jahre lang haben wir nach einem passenden Grundstück für uns gesucht“, erinnern sich Robert und Jessica Barker, „und dann, eines Tages, sind wir auf dieses alte, heruntergewirtschaftete Anwesen im Hinterland der viktorianischen Häuser gestoßen, auf dem sich ein Stall, eine Baracke und ein verwinkeltes, fast abbruchreifes Haus befanden.“ Die hohe Vorstellungskraft des Architekten-Ehepaars konnte sich gegen die anfänglichen Zweifel durchsetzen. Man hat die Chance ergriffen, die alten Häuser abgetragen und sie durch drei entlang der Grundstücksgrenze aufgefädelten Einfamilienhäuser ersetzt. DAS PASSENDE FINDEN „An der Bauweise hatten wir überhaupt keine Zweifel“, sagen die beiden. „Es musste, allein schon örtlich bedingt, Ziegel sein. Nach dem einen perfekten Produkt allerdings haben wir lange Zeit gesucht.“ Mit Musterziegeln und etlichen Materialproben – von gelblich changierend bis zum dunklen, ockerfarbenen Klinker – hat man sich damals in der alten Wohnung noch umgeben, bis der richtige gefunden war. Die vielen Farben und heterogenen Oberflächen knüpfen im Charakter an die umliegenden Siedlungsbauten aus der Ära von Queen Victoria an.

STRENGE GEOMETRIE TRIFFT AUF NATUR Der erste Eindruck: viele Säulen, viele Pfeiler, fast barcodeartig umschließen sie einen dreieckigen Innenhof, dazwischen eine Freifläche mit polygonalen Betonplatten und kreuz und quer verlaufenden Grasstreifen. Die ungewöhnliche Geometrie hat einen guten Grund: Einerseits sorgt der hohe Grünanteil dafür, dass die Erde bei starken Regenfällen Wasser speichert und in unterirdische Zisternen weiterleitet. Trotz ihrer topografischen Lage unter Straßenniveau bleiben die Häuser dadurch trocken. Andererseits ist den großen Glasflächen zwischen den schlanken Ziegelfassaden zu verdanken, dass die Innenräume trotz Hinterhoflage und einseitiger Belichtung hell und lichtdurchflutet sind. ATMENDE WÄNDE Alle drei Häuser sind zweigeschossig ausgeführt und weisen einen schmalen, langen Grundriss auf. Jedem der drei Wohneinheiten – eine davon bewohnen die Architekten selbst, die anderen beiden haben sie an ein Paar und eine Familie vermietet – ist ein privater Freiraum in Form eines kleinen, intimen Atriums zugeschalten. Die Hauptfassade ist mit Streckmetall beplankt. Schon jetzt klettern die ersten Pflanzen hoch. In ein paar Jahren, so der Plan, sollen die Ziegelbauteile fest von Grün umschlossen sein. Mehr noch als heute wird Forest Mews dann hinter einem Schleier aus Märchen und Moderne verschwunden sein.


GROSSBRITANNIEN | FASSADE | 031


032 | FASSADE | DEUTSCHLAND


DEUTSCHLAND | FASSADE | 033

MARKANTES ZUSAMMENSPIEL VON FLÄCHE UND ÖFFNUNG Die Stadt Bremen hat in den letzten Jahren auf der Halbinsel Stadtwerder ein neues Wohngebiet entwickelt. Eine Besonderheit bildete das für 22 Einfamilienhäuser vorgesehene Baufeld B3. Um urbane Identität zu erzeugen, formulierten die Stadtväter neben einem städtebaulichen Rahmenplan eine Gestaltungsfibel und lobten einen Architekturwettbewerb aus.

A

rchitekt Rainer Schürmann entwarf das Wohnhaus Wasserkunst für dieses Gebiet. Die Wertschätzung des Planers für Mies van der Rohe lässt sich im gesamten Entwurf deutlich ablesen – außen wie innen. Aufgrund des Leitbildes war die Kubatur eines dreigeschossigen Wohnhauses mit Flachdach weitgehend vorgegeben. Dagegen ließ der Materialkanon für die Fassade durchaus Freiräume zu. Schürmann interpretierte das klar strukturierte Stadthaus mit Fronten aus Wasserstrichziegeln. Mit dieser Material- und Farbwahl orientierte er sich an der Klinkerverblendung eines benachbarten Wasserwerkes. MODERN INTERPRETIERTES STADTHAUS Die orangebunt changierenden Vormauerziegel variieren nach Ton und Brandbedingungen auch in der Textur. Durch die unverwechselbare Oberflächenstruktur wird jeder Ziegel zum Unikat. Ästhetisch überzeugend: Die geschlossenen Fassadenflächen werden durch großzügige Eckfenster und zentral eingerückte Loggien gegliedert. Auf der Eingangsseite besticht eine perforierte Ziegelfassade, die eine extravagante vertikale Gebäudeachse markiert. Hier wurde der Blockverband ganzsteinig ausgeführt – vom Fundament bis zum Dach. Die Rückseite des Bereiches ist mit einer Plexiglas-Doppelstegplatte verschlossen. Witterung und Kälte bleiben also draußen, das Licht kann jedoch ungehindert eindringen. Innen wie außen entstehen so ungewöhnliche Lichteffekte.

INFO PROJEKT Haus Wasserkunst

ARCHITEKT Rainer Schürmann

BAUHERR Rainer und Gunda Schürmann

VERWENDETE PRODUKTE Terca Wasserstrich Oranje Spezial

LICHT UND ORDNUNG ALS GESTALTUNGSMITTEL Die klare Gliederung des Baukörpers findet sich auch im Inneren wieder. Er ist von einer regelmäßigen Teilung in ein drei mal vier Meter-Raster geprägt, das sich in allen Geschossen wiederholt. Licht und Ordnung werden so zu wesentlichen Gestaltungselementen der Architektur. Die Interpretation des kubischen Stadthauses hat auch verschiedene Jurys überzeugt, etwa beim Bauherrenpreis Bremen 2012, dem Brick Award 2014 sowie dem Fritz-Höger-Preis für Backstein-Architektur 2014.

BAUJAHR 2012

FOTOGRAF Stefan Müller


034 | FASSADE | NIEDERLANDE

FRISCHE AUSSTRAHLUNG FÜR EIN JUGENDZENTRUM Der in Nuland lebende Architekt Ad van den Bosch hat sich schon immer aktiv in der Jugendarbeit und bei kulturellen Aktivitäten seines Viertels engagiert. „Im Rahmen eines Programms der Provinz zur Erneuerung von Dörfern wurden Mittel für den Abriss des alten Jugendclubs und den Bau des neuen D’n Hazenkamp-Gebäudes zur Verfügung gestellt”, erinnert sich van den Bosch. „Anfangs kamen die Leute und wollten meinen Rat. Das resultierte dann in dem Wunsch, dass ich den neuen Jugendclub entwerfen und realisieren sollte.”

D

er Jugendtreff wurde von mehreren Vereinen genutzt, dies wurde im Entwurf und der Umsetzung des neuen Gebäudes berücksichtigt. „Zunächst führten wir Gespräche mit dem Wohlfahrtskomitee bezüglich der Erscheinung des Gebäu-

des gegenüber seiner Umgebung“, berichtet van den Bosch. „Das gebaute Umfeld hat eine recht neutrale Farbe. Ich war der Meinung, dass der Jugendtreff ein frisches Aussehen verdient. Da es ein Gebäude für Jugendliche ist, wurden lebendige Farben verwendet.


NIEDERLANDE | FASSADE | 035

Außerdem sollte es als markanter Baukörper aus seinem Umfeld herausstechen, das heißt, eine Art Erkennungszeichen sein, das Aufmerksamkeit auf sich zieht. Diese Lösung war in der Tat erfolgreich”, bestätigt van den Bosch. Für van den Bosch war es von Anfang an klar, dass dieses einprägsame Aussehen durch den Einsatz von Ziegel erreicht werden musste. „In den Dörfern in Brabant wird Backstein sehr häufig verwendet. Um den Neubau in seine Umgebung einzufügen, wurde entschieden, die Fassade in Ziegel auszuführen. Um eine ansprechende Farbmischung zu finden, lies sich van den Bosch in der Wienerberger Niederlassung in Zaltbommel beraten. „Die Ausstellung von Wienerberger umfasst das komplette Ziegelsortiment in unterschiedlichen Farben”, erklärt van den Bosch. „Wir haben alle möglichen Farben nebeneinander gelegt. Es hat eine ganze Zeit gedauert, bis wir die endgülti-

ge Mischung aus unterschiedlichen Farbtönen gefunden hatten. Außerdem mussten wir die Abmessungen und Formate der Ziegel berücksichtigen.“

INFO

ZUKUNFTSFÄHIG Ein Gebäude, das als Treffpunkt für eine ganze Reihe von Jugendklubs dient, muss schon etwas aushalten. Van den Bosch sagt dazu: „Der Innenausbau ist relativ stoßfest ausgeführt. Die Innenräume sind sehr ansprechend mit Edelstahlblechen und Holzverkleidungen an den Wänden gestaltet, und alle Türen verfügen über eine Kunststoffbeschichtung. Alles muss sehr robust sein, damit es auch in absehbarer Zeit noch gut aussieht.” Auch im Hinblick auf Nachhaltigkeit wurde mit Blick auf die Zukunft geplant. „Am Ende entschied man sich für eine energieeffiziente Heizungsanlage und Sonnenkollektoren auf dem Dach“, sagt van den Bosch.

ARCHITEKT

PROJEKT D’n Hazenkamp Ad van den Bosch

BAUHERR Gemeinde Maasdonk

VERWENDETE PRODUKTE Terca hand-geformt, Sandtoft Flach Dach Matt Schiefer glasiert

BAUJAHR 2013

FOTOGRAF Ruud Peijnenburg


www.architectum.com


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.